Bewertung der aktuellen Situation am Flughafen München

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Bewertung der aktuellen Situation am Flughafen München

Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN)
Dr. rer. nat. Josef Felber, Dick Schiferli,
Dr. rer. nat. Christine Margraf, Dr. rer. nat. Christian Magerl
14.12.2011 – aktualisierte und korrigierte Fassung für das Hauptsacheverfahren

Anlass:
Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit eines Sofortvollzuges spielt insbesondere die
Frage eine Rolle, inwieweit am Flughafen München dringend aktuell ein Bedarf gegeben ist.
Mit einem Baubeginn erst nach Entscheidung über die Klagen im Gerichtsverfahren würde
sich die Inbetriebnahme der Bahn vermutlich um 2 Jahre verzögern. Die Bauzeit der Bahn
und der Betriebsanlagen selbst wird in den Zeitplänen der FMG mit 3 Jahren angenommen.
Die Frage ist somit, wie dringlich eine 3. Bahn bereits im Jahr 2015 ist, oder ob nicht auch
eine Inbetriebnahme erst im Jahre 2017 zumutbar wäre.
Hierfür spielt die aktuelle Entwicklung am Flughafen München und ihr Vergleich mit den
Prognosen eine wichtige Rolle.

Methodik:
Auswertung der Flugpläne der letzten Jahre, und zwar getrennt nach jeweils Sommer-
Vergleich und Winter-Vergleich) (Quelle: FMG, homepage), der Entwicklung der Flugbewe-
gungen (Quelle: FMG, homepage).

Ergebnisse:

1. Auswertung der bisherigen Entwicklung der Flugbewegungen:

Die aktuelle Entwicklung der Flugbewegungen am Flughafen München erfüllt nicht die 2010
aktualisierte Intraplan-Bedarfs-Prognose (Stand 2010).
Laut Prognose der Intraplan sollen im Basisszenario (mittlere wirtschaftliche Entwicklung) im
Jahr 2020 gesamt 536.000 und in 2025 gesamt 590.000 Flugbewegungen stattfinden. Für
das Szenario mit niedrigem Wirtschaftwachstum betragen die Prognosen 493.000 (2020)
bzw. 537.000 (2025). Daraus berechnet die Intraplan ein durchschnittliches jährliches
Wachstum 2009 bis 2025 von 2,5% (Basisszenario) bzw. 1,9% (niedriges Szenario). Rech-
net man die für 2020 angegebenen Werte entsprechend um, resultiert in 2009 – 2020 ein
prognostiziertes Wachstum von 2,8% (Basissz.) bzw. 2,0% (niedriges Sz.). Zu diesen Wer-
ten kann die aktuelle Entwicklung in Bezug gesetzt werden.

MUC hatte seinen Spitzenwert bisher in 2008 mit 432.000 FB. 2009 erfolgte ein Rückgang
der Flugbewegungen um –8,2%. Der Prognose von Intraplan (2007) von 455.900 Flugbe-
wegungen stand eine Realität von 396.800 Flugbewegungen gegenüber. Auch die Passa-
gierzahlen gingen 2009 um –5,4% zurück. Wie die Grafiken der FMG selbst zeigen, ist dies
ein beispielloser Einbruch in der Geschichte des Flughafens.
Die Prognosen der ADV und der IATA, wonach 2010 „eine überproportionale Erholung“ bzw.
ein überdurchschnittliches Wachstum um knapp 8% beim Passagieraufkommen eintreten
werde, war für MUC nicht zutreffend bzw. hat nicht zu einer Zunahme der Flugbewegungen
geführt: mit knapp 390.000 FB gab es 2010 sogar noch einen weiteren Rückgang bei den
Flugbewegungen!

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Gegenüberstellung der verschiedenen Prognosen von Intraplan und der Realität der Flugbewegungen am Flughafen München:
Darstellung der Prognose 2007, der Prognose 2010 - Basisszenario, der Prognose 2010 - niedriges Wirtschaftswachstum und der Realität der
Flugbewegungen.
Für 2011 wird wie im Text dargestellt ein Wert von ca. 407.000 FB angenommen (Detaillierte Zahlen der xls-Tabelle: siehe Anhang).

                  Prognose FMG 2007
  600000
                  Prognose FMG 2010 (Basisszenario, 2,5%)
                  Prognose FMG 2010 (niedriges Wachstum, 1,9%)
                  Realität FB
  550000
                  Forecast 2012

  500000

  450000

  400000

  350000

  300000
           2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025

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Nicht einmal die „Erholung“ des sicherlich als sehr gut zu bezeichnenden Jahres 2011 führt
zur Erfüllung der Prognosen für 2011. Das Wachstum der Flugbewegungen liegt nach weni-
gen Monaten mit deutlicher Erholung nach der Wirtschaftskrise seit Juni 2011 wieder auf
sehr niedrigem Niveau. Im Mittel der vergangenen drei Monate (Sep., Okt. Nov. 2011) ging
die Anzahl der Flugbewegungen um rund –0,1% zum Vorjahr zurück. Laut monatlichem Ver-
kehrsbericht der DFS vom November 2011 wird für 2011 ein Bewegungsaufkommen von ca.
407.000 Flugbewegungen erwartet (ohne Berücksichtigung von wetterbedingten. Daher wird
sich bis Ende des Jahres voraussichtlich ein Minus von rund 4000 Bewegungen im Vergleich
zu 2006 (ges. 411 Tsd. FB) ergeben. Wenn man die Sondereffekte Wetter (Vulkanasche)
und Pilotenstreik in der Bilanz 2010 berücksichtigt, würde dies insgesamt eine nur eine mar-
ginale Steigerung im Jahr 2011 bedeuten.
Die zu erwartende Anzahl Flugbewegungen 2011 würde unter der Prognose von Intraplan
(2010) für das Basisszenario und sogar noch unter der Prognose von Intraplan (2010) für
das Szenario mit niedrigem Wirtschaftswachstum (s.u.) liegen.
Zum Vergleich: Laut Prognose Intraplan (2010) sind für 2011 ca. 419.100 FB prognostiziert
(laut der Intraplan-Prognose 2007 waren für 2011 sogar ca. 481.000 FB prognostiziert!)
Für 2012 rechnet selbst die Lufthansa wieder mit einem geringeren Wachstum: Nach einem
wachstumsstarken ersten Halbjahr 2011 „sehen wir an den verhaltenen Vorausbuchungen
für das letzte Quartal 2011 und das nächste Frühjahr, dass wir das Wachstumstempo nicht
durchhalten können.“ (SZ 22.09.2011, ähnlich im Aktionsrundbrief November 2011). Grund
ist die schlechtere wirtschaftliche Entwicklung. Im Dritten Quartalsbericht kündigt Lufthansa
an: „Bei den Planungen für 2012 bleibt die Konzernspitze auf der Bremse. Das Flugangebot
soll 2012 statt um neun Prozent nur um drei Prozent wachsen und dies vor allem durch den
Einsatz größerer Flugzeuge.“ Auch kündigte Lufthansa an, das sich der Gewinn des Vorjah-
res (2010) wohl nicht mehr steigern lasse. In einem Interview in der SZ erklärte Lufthansa-
Manager Thomas Klühr am 22./ 23.10.2011: „Tatsächlich erwarten wir für 2012 ein schwieri-
ges Jahr.“. Ferner in der SZ vom 28.10.2011: „Lufthansa beerdigt ihre großen Wachstums-
pläne.“
Selbst die ICAO nimmt nach einem Nachholeffekt in 2011 mit höheren Steigerungsraten
wieder eine Konsolidierung an (siehe PfB S. 645). Die IATA hat im Dezember 2011 verkün-
det, dass sie für 2012 massive Schwierigkeiten gerade für die europäische Fluggesellschaf-
ten erwartet: schwaches wirtschaftliches Umfeld, Ticketsteuern, neue Kosten für Emissions-
rechte, zudem steigende Ausgaben für Kerosin.
Erst vor kurzem haben Air Berlin und Lufthansa angekündigt, die Zahl der geplanten Flüge
deutlich zu reduzieren (Lufthansa) bzw. die Flotte um gut 10 % auszudünnen (Air Berlin).
Unter http://www.ftd.de/unternehmen/handel-dienstleister/:verkleinerte-flotte-lufthansa-chef-
stutzt-fluglinie-zusammen/60121733.html ist zu lesen, dass 2012 die Flotte netto um 6 Ma-
schinen verkleinert wird (38 alte, kleine weg und 32 neue, größere dazu). Das bewirkt 3%
mehr Sitzplätze (ursprünglich +9%), wird aber de facto zu weniger Bewegungen führen.
Diese Entwicklungen und Prognosen selbst der Luftfahrtbranche lassen für 2012 erwarten,
dass das Wachstum geringer als prognostiziert stattfindet und die Diskrepanz zwischen
Prognose und Realität noch größer wird.
Aus den verschiedenen derzeit verfügbaren Informationsquellen (Flugplanentwürfe, Ankün-
digung / Streichung von Verbindungen, Slotauslastung in S12 nach Erstkoordinierung, PM
der Luftfahrtgesellschaften, etc.) lässt sich als Forecast für 2012 eine Steigerung der Flug-
bewegungen von rund 0% – 1% zum Vorjahr nennen. Allerdings ist bei einer weiteren wirt-
schaftlichen Eintrübung sogar ein realer Rückgang zum Vorjahr nicht auszuschließen.
In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die geringere Anzahl an Flugbewe-
gungen als prognostiziert unter anderem auch darauf zurückzuführen ist, dass sich die mitt-
lere Anzahl von Passagieren je Flugzeug am Flughafen München in den letzten Jahren deut-
lich gesteigert hat und bereits heute fast Werte erreicht, die in der Luftverkehrsprognose für
2020 angenommen werden.

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Unser Erachtens wird es extrem unwahrscheinlich, dass FMG ihre Prognosen jemals wieder
einholt. Tatsächlich kann unter den momentanen wirtschaftlichen Umständen davon ausge-
gangen werden, dass in den nächsten Jahren das Aufkommen an Flugbewegungen im we-
sentlich stagnieren wird (dabei können die Passagierzahlen wegen Einsatz größeres Geräts
trotzdem ansteigen). Mindestens ergibt sich daraus aber, dass weder ein Sofortvollzug
noch eine für die nächsten Jahre absehbare Notwendigkeit für die 3. Bahn begründet
werden kann, wenn die Flugbewegungen derzeit unter dem Niveau des Jahres 2006
liegen und im Vergleich zu den Prognosen um Jahre zurückliegen und wenn gleichzei-
tig der Auslastungsgrad der Passagier-Flugzeuge (Passagiere/ Flugzeug) heute schon
so hoch ist wie von Intraplan für 2020 angenommen (s.u. Kap. 3).

Bereits im Jahr 2008 hatte der BN darauf hingewiesen, dass die Intraplan-Bedarfsprognosen
von 2007 für 2020 angesichts zahlreicher aktueller Entwicklungen nicht haltbar sein wird.
Noch im Erörterungstermin Ende 2008 hatte die FMG diese Prognose vehement verteidigt.
Nur ein Jahr später musste die FMG die Bedarfsprognose jedoch aktualisieren und eine
neues Bedarfsgutachten von Intraplan (2010) erstellen lassen. Die Prognose wurde kurz
gesagt um 5 Jahre nach hinten geschoben. Fakt ist, dass die Prognosen des BN für die
Flugbewegungen 2009 genauer waren als die der Firma Intraplan! Es ist nicht erkennbar,
weshalb die Intraplan-Prognose 2010 besser und glaubwürdiger geworden sein sollte.
Auch die aktuelle Situation erinnert sehr an die 2008 vorliegende: es ist absehbar, dass die
Euro-Finanzkrise und eine drohende Wirtschaftskrise ebenfalls Auswirkungen haben, die von
Intraplan nicht berücksichtigt sind. In den letzten Monaten wurden zahlreiche Wirtschafts-
prognosen nach unten korrigiert (s.u.). Auf diesen Punkt wird in einer weiteren aktuellen Stel-
lungnahme des BN eingegangen, er kann aber als Beleg dienen, dass die Intraplan-
Prognose 2010 absehbar vor einer ähnlichen Situation steht wie die mittlerweile verworfene
Prognose 2007. Darauf deutet auch die Entwicklung am Flughafen München hin.
Wenn der PFB (S. 674) feststellt: „Derzeit kann letztlich als unbestritten gelten, dass trotz der
veränderten Rahmenbedingungen das Luftverkehrsaufkommen in den nächsten zehn bis 15
Jahren kontinuierlich steigen und es nicht zu einem Trendbruch im Bereich der Luftverkehrs-
nachfrage kommen wird.“, ist das zumindest für den Flughafen München nicht in derart ra-
santem Tempo feststellbar, dass sich daraus ein Sofortvollzug ableiten ließe. Im übrigen hat-
te man auch 2008 versucht, die Einbrüche nur als „Delle“ kleinzureden. Ein Rückgang und
Einbruch über 3 Jahre hin, ist jedoch nicht mehr als kontinuierliches Wachstum zu bezeich-
nen – es deutet vieles darauf hin, dass auch künftig kein kontinuierliches Wachstum anzu-
nehmen ist. Die Brisanz und Dauer der Wirtschaftskrise ist in den aktualisierten Gutachten
unterschätzt, die drohende europa- bzw. weltweite Finanzkrise ist keinem der neuen Gutach-
ten berücksichtigt.

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2. Auswertung der Flugpläne

Eine Auswertung des aktuellen Flugplans sowie der früheren Flugpläne zeigt folgendes:
Die angemeldeten Flugbewegungen für den Winter-Flugplan 2011/12 liegen unter dem Ni-
veau des Winterflugplan 2003. Da die angemeldeten Bewegungen i.d.R. nicht alle ausge-
führt werden (Winter!), ist somit die reale Zahl der Flugbewegungen sogar noch niedriger zu
erwarten.

                                      Angemeldete Flüge
 175.000
 170.000
 165.000
 160.000
 155.000
 150.000
 145.000
 140.000
 135.000
           Winter   Winter   Winter    Winter   Winter   Winter   Winter   Winter   Winter
           2003     2004     2005      2006     2007     2008     2009     2010     2011

                                      Angemeldete Flüge
 270.000
 265.000
 260.000
 255.000
 250.000
 245.000
 240.000
 235.000
 230.000
 225.000
 220.000
 215.000
           S ommer S ommer S ommer S ommer S ommer S ommer S ommer S ommer S ommer S ommer
             2003    2004    2005    2006    2007    2008    2009    2010    2011 2012 F

Der Sommerflugplan 2011 lag auf dem Niveau zwischen 2004 und 2005.

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Entgegen der Behauptung in dem neuen Gutachten von Airport Research Center (Dez.
2010: S.22: Destinationen haben kontinuierlich zugenommen) ist für Destinationen festzu-
stellen, dass diese nur bis 2005 zugenommen haben, dann jedoch wieder abgenommen und
erst seit 2010 wieder zugenommen haben.
Interessanterweise macht die Intraplan in ihrer Prognose keine Angabe zu den Destinationen
in 2025 und kommentiert auch nicht den Sachverhalt, dass sich die Anzahl der Destinationen
in den letzten Jahren sogar rückwärts entwickelt hat (siehe Daten in Anlage).

3. Vergleich mit dem Szenario „niedriges Wirtschaftswachstum“

Das HWWI-Gutachten 2010 und die Intraplan-Bedarfsprognose 2010 hatten das „Basissze-
nario“ des Wirtschaftswachtums 2010 für wahrscheinlicher angenommen als das Szenario
„niedrigen Wirtschaftswachstums“. Dies ist mittlerweile in Frage zu stellen (vgl. hierzu weitere
Stellungnahme des BN).
Wir verweisen hier stellvertretend nur auf die aktuellen Zahlen von Prognos für das Wirt-
schaftswachstum bis 2035 in Bayern (1,2%), Deutschland (1,0%) und China (6%), die weit-
gehend dem „niedrigen Szenario“ des HWWI entsprechen (1,3% Bayern / 1,0% Deutschland
/ 6,4 Südostasien). Für 2012 haben sowohl der Sachverständigenrat („Wirtschaftsweise“) in
seinem Jahresgutachten (SZ 09.11.11) als auch Wirtschaftsforschungsinstitute im Oktober
2011 ihre Wachstumsprognosen reduziert auf 0,9% bzw. 0,8% (von ursprünglich 2%).
Damit ist mehr denn je das niedrige Szenario und nicht das Basisszenario derzeit als das
wahrscheinlichste Szenario - mindestens für die kurz- und mittelfristige Entwicklung - zu be-
trachten.
Laut Prognose mit dem niedrigen Wirtschaftswachstum sind für 2025 nur 537.000 FB (50,6
Mio. Passagiere) prognostiziert, d.h. deutlich weniger als in der Prognose mit dem Basissze-
nario (für 2025: 590.000 FB / 58,2 Mio. Passagiere).
Für 2020 prognostiziert die Luftverkehrsprognose mit dem niedrigen Wirtschaftswachstum
493.000 FB (44,2 Mio. Passagiere), d.h. ebenfalls deutlich weniger als in der Prognose mit
dem Basisszenario (für 2020: 536.000 FB / 49,8 Mio. Passagiere).

Wie an anderer Stelle der Klageschrift des Bund Naturschutz (Kap. C.II.1.1.6 der Klageschrift
Kaltenegger vom 03.11.2011) aufgezeigt wird, sind die Annahmen der Intraplan hinsichtlich
der Entwicklung der Flugzeuggrößen nicht zutreffend. Der Wert von 99 Passagieren pro
Passagierflugzeug, den Intraplan für 2020 annimmt, wird bereits 2011 mit 98,4 nahezu er-
reicht. Im Zeitraum 2002 – 2011 hat sich dieser Wert um durchschnittlich über 3,4% pro Jahr
erhöht. Selbst wenn man in Zukunft sehr konservativ nur von einer weiteren Steigerung von
1,5% ausgeht – also weniger als die Hälfte des bisherigen Wachstums, so würden die von
der Intraplan im niedrigen Szenario angenommenen Passagierzahlen zu einem gesamten
Bewegungsaufkommen (d.h. Summe Passagierflugzeuge, Fracht und Sonstige) von rund
420.000 in 2020 bzw. 447.000 in 2025 führen. Selbst bei einem deutlich höheren Wachstum
der Passagierzahlen als dies die Intraplan annimmt, werden also die Bewegungszahlen bis
weit nach 2020 oder sogar 2025 unter dem Wert von 480.000 Flugbewegungen bleiben, den
die Intraplan als Bewegungsaufkommen für den Prognose-Nullfall in 2025 angibt. Es ist also
unter den momentanen wirtschaftlichen Umständen und der aktuellen Entwicklung der Flug-
zeuggrößen selbst unter den Passagierprognosen der Intraplan nicht davon auszugehen,
dass vor 2020 ein Bedarf für einen Ausbau der Start- und Landebahnkapazitäten absehbar
ist.

Dabei muss ergänzend erwähnt werden, dass die von der Intraplan angegebenen 480.000
Flugbewegungen noch keinen Sättigungswert für das 2-Bahnsystem darstellen (siehe auch
die Ausführungen in der Klageschrift des Bund Naturschutz zur Alternativenprüfung/ Nullva-

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riante). Insbesondere ist der Flughafen München keineswegs so stark ausgelastet wie von
der FMG immer behauptet. Es ist über den ganzen Tag verteilt Kapazität frei ist, speziell
wenn man den laut Gutachter DFS bei weiterhin guter Servicequalität möglichen Koordinati-
onseckwert (KEW) von 93 Bewegungen pro Stunde verwendet. Hierzu liegt dem ergänzen-
den Klageschreiben (Schriftsatz Kaltenegger) eine ausführliche eigene Dokumentation der
Slotauslastung bei (Felber, 12.12.2011 für den Bund Naturschutz).

Angesichts dieser Sachverhalte kann auch das Planungsziel eines Koordinationseckwertes
von 120 FB/ h nicht begründet werden, zumal der Koordinationseckwert kein Ziel als solches
ist, sondern nur Mittel zum Zweck wäre (nämlich zur Abwicklung eines in absehbarer Zeit
tatsächlich vorhandenen Bedarfes an Flugbewegungen). Auch weitere Planungsziele hän-
gen alle von einem tatsächlich gegebenen Bedarf ab und können daher nicht per se als Be-
gründung, und schon gar nicht für einen Sofortvollzug gelten. Die Planungsziele Sicherheit
und 4-Minuten-Kriterium bzw. komfortable Umsteigezeiten wären im übrigen bei Eintreten
des Szenarios niedrigen Wirtschaftswachstum und Beibehaltung des 2-Bahnsystems weiter-
hin genauso erfüllbar.

Insofern leitet sich weder aus der aktuellen Situation am Flughafen München noch aus
der für 2012 abschätzbaren Situation ein zwingender und erst recht kein dringender
Bedarf für einen Sofortvollzug ab. Auch ist aus der aktuellen Situation für einen übli-
chen Prognosezeitraum keine Notwendigkeit für die 3. Bahn begründbar.

Eine Neubewertung des tatsächlichen Bedarfs ist unter Einbeziehung der aktuellen Entwick-
lungen und unter Einbeziehung der tatsächlichen (deutlich höheren als von Intraplan berech-
neten) Kapazität des 2-Bahn-Systems dringend nötig.

Anlagen: Daten

                                                                                            7
Anlage:
1a) Auswertung Winterflugpläne

                 Ziele          Länder            Fluggesellschaften    Angemeldete Flüge
Winter 2003              172                 58                    82               151.000
Winter 2004              195                 70                    88               155.000
Winter 2005              192                 67                    91               156.000
Winter 2006              192                 67                    94               161.000
Winter 2007              198                 67                    91               172.000
Winter 2008              203                 65                    84               164.000
Winter 2009              220                 65                    90               154.000
Winter 2010              214                 68                    99               151.200
Winter 2011              206                 68                   100               150.000

1b) Auswertung Sommerflugpläne

                                               Inner-                       Lang-             Angemelde-te
                  Ziele        Länder         deutsch      Kontinental     strecke               Flüge
Sommer 2003          208                62       x              x                    x              234.000
Sommer 2004         x            x               x              x                    x              240.000
Sommer 2005         x            x               x              x                    x              252.000
Sommer 2006         x            x               x              x                    x              257.000
Sommer 2007          239                              19             163                 57         265.000
Sommer 2008          249                69            21             175                 52         264.000
Sommer 2009          229                70            20             160                 49         241.000
Sommer 2010          218                66            20             154                 44         247.000
Sommer 2011          223                68            20             154                 49         247.000
Sommer 2012 F                                                                                       248.500

                                                                                                 8
2. Auswertung Flugbewegungen (Quelle FMG, homepage, Luftverkehrsprognose Intraplan
2007 und aktualisierte Luftverkehrsprognose 2010)

                          1992            1993           1994        1995     1996     1997      1998     1999   2000     2001     2002         2003
Prognose FMG
2007
Prognose FMG 2010 (Basisszenario, 2,5%)
Prognose FMG 2010 (niedriges Wachstum, 1,9%)
Realität FB              192200          192200         199900      214000 233300 267800 278400 299100 319000 337700 344400 355600

 2004      2005       2006        2007          2008      2009       2010      2011     2012       2013      2014       2015     2016         2017

                      411000     425000     439000       454000     469000    481000   495000     509000    523000   537000      551000       565000
                                                                    407.800 419.100 430.700 442.700 454.900 467.500 480.500 493.800
                                                                    404.700 412.800 421.000 429.400 438.000 446.700 455.600 464.700
 383100    398800     411300     431800     432300       396805     389.939 407.000

  2018        2019       2020            2021          2022        2023       2024       2025

 579000     593000      607000
 507.500    521.600     536.000     546.400        557.000        567.800    578.800   590.000
 473.900    483.400     493.000     501.500        510.200        519.000    527.900   537.000

                                                                                                                                          9
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