Biblisches Wörterbuch - Ulrich Laepple (Hrsg.) in Verbindung mit Hartmut Bärend und Wolfgang Neuser

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Ulrich Laepple (Hrsg.)
         in Verbindung mit
Hartmut Bärend und Wolfgang Neuser

Biblisches Wörterbuch
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                  Ein Autorenverzeichnis der Einzelartikel finden Sie auf Seite 622,
                  eine Liste der verwendeten Abkürzungen auf Seite 620.

2. Auflage 2014

© 2010 SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG
Bodenborn 43 · 58452 Witten
Internet: www.scmedien.de | E-Mail: info@scm-brockhaus.de

Umschlaggestaltung: Dietmar Reichert, Dormagen
Satz: Satz & Medien Wieser, Stolberg
Druck und Bindung: CPI–Ebner & Spiegel, Ulm
Gedruckt in Deutschland
ISBN 978-3-417-26632-0
Bestell-Nr. 226.632
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                                   Vorwort
Wer Christ werden und Christ bleiben will,        sammenhängen. Aber es gibt Schlüsselbe-
braucht die Bibel. Eine Christin, ein Christ      griffe, die diese Botschaft tragen, die sie auf-
will auf Dauer nicht »aus zweiter Hand« le-       schließen und Grundworte, ohne die sie
ben, sondern dem biblischen Wort selber be-       nicht sein könnte, was sie ist. Solche Grund-
gegnen. Wenn die Bibel Begleiterin unseres        worte sind ihre Bausteine. In diesem Wör-
Alltags geworden ist, machen wir häufig die       terbuch ist fast 200 von ihnen in einzelnen
beglückende Erfahrung: Sie spricht direkt in      Artikeln besondere Beachtung geschenkt
unseren Lebensalltag hinein.                      worden.
   Aber wir kennen auch die andere Erfah-             Mit dem Biblischen Wörterbuch haben
rung, dass wir erwartungsvoll die Bibel zur       wir Menschen vor Augen, für die die Bibel
Hand nehmen und über Begriffe stolpern,           Neuland ist. Dazu gehören die, die angefan-
die uns fremd oder unklar sind. Wir blättern      gen haben, sich Gott anzuvertrauen und Je-
dann vielleicht in unterschiedlichen Über-        sus kennenzulernen. Wir denken aber auch
setzungen, rätseln bei manchen Ausdrücken         an die vielen Ehrenamtlichen und Haupt-
über den Sinn und ahnen mehr als dass wir         amtlichen in der Gemeinde, die nicht theo-
wüssten, was sie bedeuten. Das kann die           logisch ausgebildet sind. Sie stehen immer
Freude am Bibellesen trüben und sie als ein       wieder vor der besonderen Aufgabe, in
fremd bleibendes und unzugängliches Buch          Dienstgruppen, Hauskreisen, im Kirchen-
erscheinen lassen, das ein heutzutage leben-      vorstand, in gemeindlichen Ausschüssen
der Mensch eben doch nicht verstehen kann.        oder Jugendgruppen in einer Kurzandacht
   Denn wer unter Jugendlichen kann heute         ein Bibelwort auszulegen. Dieses Wörter-
das Wort »Zion« erklären? Woher soll ein          buch mit seinen vielen Querverweisen kann
vor Kurzem Christ gewordener Mensch wis-          ihnen dabei weiterhelfen. Es wird jedoch –
sen, welche Weite und Tiefe das Wort »Se-         gerade wegen seiner Allgemeinverständ-
gen« hat, was für ein Fest hinter »Passah«        lichkeit – auch den theologisch Ausgebilde-
steht, was es mit dem »Sabbat« auf sich hat       ten nützlich sein. Oft sind gerade sie in ihrer
oder was gemeint ist, wenn im Neuen Testa-        täglichen Arbeit darauf angewiesen, Be-
ment vom »Handauflegen« und vom »Heili-           deutung und Hintergrund eines biblischen
gen Geist« die Rede ist und warum das Wort        Begriffs ohne wissenschaftliches Beiwerk
»Rechtfertigung« für einen evangelischen          schnell erfassen zu müssen. Sie können
Christen unentbehrlich ist? Angesichts eines      dies hier durch einen sicheren Zugriff auf
unvergleichbaren Abbruchs der Traditionen         einen Artikel tun, der kurz und bündig das
des Christlichen in unserem Land – nicht          gesuchte Wort oder den erfragten Zusam-
nur, was die Bibelkenntnis, sondern über-         menhang erklärt.
haupt was den Umgang mit Kirche und                   Die Besonderheit des vorliegenden Bib-
Glauben betrifft –, ist die Hilfe einer Worter-   lischen Wörterbuchs liegt jedoch vor allem
klärung heute nötiger denn je.                    darin, dass jeder Artikel im jeweils dritten
   Die biblische Botschaft ist gewiss ein         Abschnitt (»Der Begriff heute«) Linien zu
Ganzes, lebt von kleineren und großen Zu-         unserer heutigen Lebenswirklichkeit zieht.
Vorwort                                                                                     4

Die Verfasser haben gerade diesem dritten         weniger bekannten Autorinnen und Auto-
Teil eine besondere Aufmerksamkeit ge-            ren. Durch ihre Kenntnis und ihre Liebe zur
schenkt. Denn die Zeiten ändern sich schnell,     Heiligen Schrift ist es gelungen, ein neues
und mit ihnen die Sprache, die Verstehens-        Wörterbuch vorzulegen.
horizonte und die Vorstellungswelt. Man              Zu danken ist sodann den beiden Mit-
denke nur daran, wie die elektronischen Me-       herausgebern, Pfr. Hartmut Bärend und Prof.
dien – Computer, Handy, Fernsehen – unse-         Dr. Wolfgang Neuser. Ersterer hat – zuletzt
re Lebenskultur, auch unsere äußeren und          als Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft
inneren Bilder und unser Denken verändert         Missionarische Dienste (AMD) – mit seiner
haben! Zeitgemäßheit ist darum ein wichti-        Leidenschaft für die Bibel und für die Ver-
ges Kriterium für den Zugang zur christli-        breitung des Evangeliums über Jahrzehnte
chen Botschaft. Und doch kann »Zeitge-            das Leben der Kirche und der theologischen
mäßheit« nicht das einzige Kriterium für          Landschaft in Deutschland mitgeprägt und
ein biblisches Wörterbuch sein. Denn die          zu diesem Wörterbuch zahlreiche Anre-
Bibel, so wie sie ist, nötigt uns, auch in eine   gungen gegeben. Letzterer stand viele Jahre
andere, frühere Zeit, in eine andere, frühere     als Generalsekretär der großen Arbeit des
Kultur und Sprache hineinzugehen.                 CVJM-Gesamtverbands vor und gestaltete
   Ist diese Mühe wirklich nötig?                 als erster Direktor der CVJM-Hochschule
   Viele haben heute die Neigung, den Weg         die kirchliche Bildungslandschaft in unse-
»in die fremde Welt der Bibel« als unnöti-        rem Land mit.
gen Umweg zu Gott anzusehen. Es hat eine             Nicht zuletzt ist Frau Elke Mania ein
besondere Faszination, dem Göttlichen »un-        großer Dank auszusprechen. Sie hat die
mittelbar« zu begegnen, besonders in den          Manuskripte gesichert und Ordnung in den
vielen Spielarten der Esoterik und östlicher      Schriftverkehr gebracht. Ihre Übersicht und
Religiosität. Christen aber brauchen die Bi-      ihre Impulse haben zum Gelingen des Wör-
bel als »Mittlerin«, als Brücke zu Gott. Wir      terbuchs entscheidend beigetragen.
brauchen sie, weil sie das Zeugnis des Got-          Die Herausgeber dieser neuen Auflage
tes ist, der sich in einer bestimmten Zeit und    freuen sich über den Zuspruch, den dieses
an bestimmten Orten in bestimmter Sprache         Wörterbuch seit seiner 1. Auflage erfahren
offenbart hat. Sie fordert uns auf, uns und       hat.
unseren Glauben an ihr zu »bilden«. Wie ge-          Die vorliegende Auflage ist durch den
schieht das? Ein holländischer Theologe           zusätzlichen Artikel »Klagen/Weinen« er-
drückte es so aus: »Das Wort bringt den           gänzt worden, der in einem Biblischen Wör-
Geist an die Herzen heran; der Geist bringt       terbuch nicht fehlen darf.
das Wort in die Herzen hinein« (Hendrikus            Wir wünschen den Leserinnen und Le-
Berkhof ). Glauben weckend und Glauben            sern bei der Lektüre Entdeckerfreude an
bildend zeigt uns das gemeinsame Werk             den einzelnen biblischen Wörtern, die nichts
von Wort und Geist den Gott, der über Abra-       weniger sind als Bausteine für das lebendige
ham, Mose und die Propheten und abschlie-         Wort, durch das Gott zu uns Menschen
ßend in Jesus Christus zur Welt kommt. Ein        spricht.
großer Reichtum wartet da auf uns!                                             Ulrich Laepple
   Es ist nach verschiedenen Seiten ein
herzlicher Dank auszusprechen: Zuerst ge-
genüber den zahlreichen bekannten oder
5                                                        Abendmahl/Mahl des Herrn

                                          A

Abba → Vater/Abba                             erte es zusammen mit seinen → Jüngern am
Abbild → Götze/Götzendienst/Abbild            Abend, bevor er starb. Die Juden gedenken
                                              bei diesem Mahl im Rahmen einer ausführ-
                                              lichen Liturgie der Rettung aus dem Skla-
Abendmahl/Mahl des Herrn                      venhaus Ägyptens. Beim Verteilen des un-
                                              gesäuerten Brotes erklärt der Hausvater:
I. Wortbedeutung                              »Dies ist das Brot der Betrübnis, das unsere
   Der Ausdruck »Abendmahl« oder »Mahl        Väter gegessen haben, als sie aus dem Lan-
des Herrn« ist von 1Kor 11,20 abgeleitet      de Ägypten auszogen.« Vielleicht hat Jesus
(kyriakon deipnon). Wo sonst im NT der Be-    an dieser Stelle an jenem letzten Passahmahl
griff deipnon (»Mahl«) auftaucht (vgl. Mk     mit seinen Jüngern in die überlieferte Pas-
6,21; Lk 14,12.16; Joh 12,1; 13,2; 21,20),    sahliturgie eingegriffen und die auf ihn be-
bezieht er sich immer auf die Hauptmahl-      zogenen Einsetzungsworte »Dies ist mein
zeit, die am Abend stattfand (daher auch      Leib …, dies ist mein Blut« gesprochen.
»Abendmahl«), manchmal auch auf ein              b) Das Verständnis des Abendmahls ist in
Festmahl (Mt 23,6; Offb 19,9.17).             der Urgemeinde jedoch auch geprägt von
   Der Ausdruck erinnert uns daran, dass      Jesu Tischgemeinschaft mit Zöllnern und
das Mahl des Herrn nach einer normalen        Sündern (vgl. Mk 2,13-17). Indem Jesus zu
Mahlzeit eingesetzt und auch in der Urge-     ihnen kam, mit ihnen aß und trank, brachte
meinde so gefeiert wurde. Im NT wird es       er ihnen die barmherzige Nähe Gottes, die
auch »Brotbrechen« (Apg 2,42.46; 20,7.11;     → Vergebung der Sünden. Diese Gemein-
1Kor 10,16) genannt oder mit dem Aus-         schaft mit dem »Freund der Zöllner und
druck »Tisch des Herrn« (1Kor 10,21) um-      Sünder« (Mt 11,19) bekundet die christliche
schrieben.                                    Gemeinde, wenn sie das Herrnmahl feiert.
                                                 2.) Ein zeichenhaftes Mahl
II. Die Begriffe in der Bibel                    Menschen kennzeichnen wichtige Ent-
   Den Einsetzungsbericht finden wir in den   scheidungen durch zeichenhafte Handlun-
drei ersten Evangelien (Mt 26,26-29; Mk       gen: Unterschriften, Handschlag, Ringaus-
14,22-25; Lk 22,15-20) und bei Paulus in      tausch. Die Bibel ist voll von Symbolen
1Kor 11,23-25.                                oder – wie man auch sagt – Zeichenhand-
   1.) Wie kam es zur Einsetzung              lungen.
       des Abendmahls?                           Dem Volk des Neuen → Bundes hat Je-
   a) Das Abendmahl ist im Zusammenhang       sus zwei solcher Handlungen mitgegeben,
mit dem Passahmahl (→ Passah) entstan-        die das ganze → Evangelium enthalten: die
den, das die Juden einmal im Jahr feierten    → Taufe und das Abendmahl. Letzteres ist
(Mk 14,12-16; Lk 22,15). Das Passahmahl       zunächst ein Mahl, das die wichtigsten Ele-
hat das Verständnis der christlichen Feier    mente jeglichen Mahles enthält: Essen und
mitgeprägt (vgl. 1Kor 5,7). Auch Jesus fei-   Trinken; Brot, das uns nährt, Wein, der uns
Abendmahl/Mahl des Herrn                                                                   6

erfrischt und guttut. Ein Mahl ist immer ein     auszog« (vgl. 2Mo 13,8). Ähnlich bekennt
Zeichen der Gemeinschaft, nicht nur zwi-         der gläubige Teilnehmer am Herrnmahl:
schen Menschen (vgl. Lk 15,2; Mt 11,19),         »Dies ist der Leib, den Jesus für mich gege-
sondern auch zwischen Gott und den Men-          ben hat, das Blut, das er für mich vergossen
schen (vgl. 5Mo 12,7; 2Mo 24,11). Beim           hat.«
Abendmahl sind Brot und Wein eine »geist-           Der Tod Jesu eröffnet den Weg eines neu-
liche Speise« und ein »geistlicher Trank«        en »Auszugs aus Ägypten«, aus der Knecht-
(1Kor 10,3-4), also Elemente, die einen          schaft dieser Welt in die wahre → Freiheit.
geistlichen Sinn haben. Weil mit dem Essen       Am Herrnmahl teilnehmen heißt, diese Be-
und Trinken eine Gemeinschaft mit Jesus          freiung für sich in Anspruch zu nehmen.
hergestellt wird, darum ist das Essen und        (→ Auszug)
Trinken auch mehr als nur ein zeichenhaftes         4.) Ein Mahl mit dem Herrn
Geschehen. Es ist ein Pfand, das bewirkt,           Ein Mahl ist immer ein Zeichen der
was es bedeutet (vgl. 1Kor 10,16: »… ist         → Gemeinschaft (vgl. Lk 15,2; Mt 11,19).
das nicht die Gemeinschaft …?«). Am              Gott kann mit Sündern keine Gemeinschaft
Abendmahl teilnehmen heißt bekennen: Ich         haben, aber durch den Tod Jesu ist diese Ge-
brauche Jesus so notwendig wie Speise und        meinschaft wiederhergestellt worden. Das
Trank (vgl. Joh 4,12-14; 6,51.53-57). Sei-       Abendmahl vergegenwärtigt zugleich Mittel
nen Leib essen heißt, sich durch den             und Ergebnis dieser Wiederherstellung der
→ Glauben sein Leben anzueignen; sein            Gemeinschaft zwischen Gott und uns (vgl.
Blut trinken heißt, seinen Tod für sich in An-   Lk 14,16ff; 15,23ff ).
spruch zu nehmen.                                   5.) Ein Bundesmahl
    3.) Ein Gegenbild des Passah- bzw.              »Dieser Kelch ist der neue → Bund in
        Ostermahls                               meinem Blut, das für euch vergossen wird«
    Das letzte Mahl des Herrn mit seinen         (Lk 22,20). Am Berg Sinai hat Gott mit sei-
Jüngern war gewiss kein normales Passah-         nem Volk einen Bund geschlossen (2Mo
mahl, weil die Osterlämmer erst nach Jesu        24,3-8), der durch ein Mahl besiegelt wurde
Tod auf Golgatha im Tempel geschlachtet          (V. 9-11). Diesen Bund hat jedoch das Volk
wurden. Viele Juden jedoch feierten Ostern       → Israel gebrochen, weil es das Gesetz nicht
ohne Osterlamm. Etliche Gruppen hielten          gehalten hat. Darum haben die → Propheten
sich an einen anderen Kalender als die           einen neuen Bund verheißen, der auf der
→ Hohenpriester. Unzweifelhaft haben Je-         Vergebung der Sünden und der Zuwendung
sus und die Jünger bei dieser Zusammen-          Gottes zu allen Menschen – über Israel
kunft an das Passahmahl gedacht (vgl. Mk         hinaus – basiert.
14,12.14-16; Lk 22,16). Auch Paulus zieht           Die Besprengung mit dem Bundesblut
den Vergleich zwischen dem Tod Jesu und          (2Mo 24,8) bedeutete für alle Besprengten
dem Osterlamm (1Kor 5,7).                        Teilhabe an dem Bund (vgl. Hebr 9,20). So
    Wie das Blut der Osterlämmer die Israe-      bekennen alle, die aus dem Abendmahls-
liten vor dem Würgeengel bewahrte, so be-        kelch trinken, dass sie an der → Vergebung
wahrt das Blut Jesu vor dem kommenden            der Sünden teilhaben, die durch den Tod
→ Gericht. Durch das Teilnehmen am Pas-          Jesu »für viele«, d.h. nach hebr. Sprach-
sahmahl wurde jeder Gast in die Zeit des         gebrauch: für alle, zugänglich wurde.
ersten Passahmahls versetzt. »Dies hat der          6.) Ein Opfermahl
Herr für mich getan, als ich aus Ägypten            Wenn Jesus das Brot bricht und sagt:
7                                                             Abendmahl/Mahl des Herrn

»Dies ist mein Leib«, so meint er mit »Leib«      schaft mit dem Herrn und mit allen anderen
nicht ein Etwas, sondern sich selber. Denn        Teilnehmern. Jesus ist nicht nur gestorben,
das Wort für »Leib« bezeichnet im Aramäi-         um uns mit Gott zu versöhnen, sondern
schen, der Sprache, die Jesus gebrauchte,         auch, »um die verstreuten Kinder Gottes zu-
die ganze Person. Deshalb kann man über-          sammenzubringen« (Joh 11,52).
setzen: »Das bin ich, der für euch dahinge-          Die Einsetzungsberichte des Abend-
geben wird.« Und wenn Jesus sagt: »Dies ist       mahls sind umgeben von Ermahnungen zur
mein Blut …, das vergossen wird für viele         Einheit und gegenseitigen → Liebe (Lk
zur Vergebung der Sünden« (Mk 14,24), so          22,22-27; Joh 13,14; 15,12; 17,21). Diese
wird vollends deutlich, dass Jesus sein Ge-       tägliche Tischgemeinschaft verband die ers-
schick als stellvertretendes Sühneleiden          ten Christen zu einer unzertrennlichen Ein-
deutet.                                           heit (Apg 2,42.46-47). Darum versündigten
    Eine Vorschattung für das sühnende Ge-        sich die Korinther so schwer gegen den Leib
schehen findet sich schon im AT. Einerseits       Christi: Durch die Teilnahme am Abend-
gilt: »Wer sündigt, soll sterben« (Hes 18,4).     mahl bezeugten sie: Wir sind mit allen Mit-
Andererseits bietet Gott in seiner → Gnade        beteiligten ein Leib. Doch durch ihr Verhal-
dem Sünder einen Stellvertreter an: Ein un-       ten widerlegten sie dieses Zeugnis: Die
schuldiges Tier stirbt an seiner Stelle. Der      einen aßen alles selbst und ließen die ande-
Opfernde legt seine Hand auf das Tier, be-        ren Glieder hungrig (1Kor 11,21). Glieder
kennt seine Sünden, die nun durch diese           eines Leibes verhalten sich anders (12,25).
symbolische Identifizierung auf das Opfer         Ein solch zwiespältiges Verhalten straft der
übergehen, und tötet das unschuldige We-          Herr (11,30).
sen. Er bezeugt damit: Ich hätte diesen Tod          8.) Ein Gedächtnismahl
verdient, aber Gott ist mir gegenüber gnä-           »Das tut zu meinem Gedächtnis« (Lk
dig. Er hat den Tod dieses Tieres an meiner       22,19; 1Kor 11,24). Gedächtnismahle waren
Stelle angenommen. Nun ist zwischen ihm           in der antiken Welt üblich. Am Todestag ei-
und mir alles in Ordnung. Er kann wieder          ner Person versammelten sich jedes Jahr
Gemeinschaft mit mir haben und bezeugt es         Freunde und Verwandte zu einem Mahl,
durch ein gemeinsames Mahl (vgl. 3Mo 7,9-         während dem man Geschichten aus dem Le-
21; 28,34; 5Mo 12,7.12).                          ben des Verstorbenen erzählte. Es ist not-
    So ist die Teilnahme am Herrnmahl auch        wendig, dass wir regelmäßig daran erinnert
an erster Stelle das Bekenntnis, dass wir den     werden, dass wir nicht durch vergängliche
Tod verdient haben, der durch das gebroche-       Dinge losgekauft wurden, sondern mit dem
ne Brot und den vergossenen Wein versinn-         kostbaren Blut des tadellosen, unbefleckten
bildlicht ist, dass ihn aber Jesus auf sich ge-   → Lammes: → Christus (1Petr 1,18-19).
nommen hat und wir dadurch nun wieder                In der hebr. und ebenso der griech. Welt
Gemeinschaft mit dem Herrn haben können.          hatte das Wort »Gedächtnis« (anamnesis)
Im Tod Jesu sind alle → Opfer des alten           eine weit tiefere Bedeutung als bei uns. Es
Bundes erfüllt und vollendet.                     wird als eine Vergegenwärtigung von Ver-
    7.) Ein Gemeinschaftsmahl                     gangenem verstanden und bedeutet – wie
    »Denn ein Brot ist’s: So sind wir viele ein   beim Symbol – die Begegnung und Ver-
Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben«      schmelzung von Zeichen und Wirklichkeit.
(1Kor 10,17). Durch die Teilnahme am              So sollten z.B. die Passahfestteilnehmer die
Herrnmahl bezeugen wir unsere → Gemein-           Bitterkräuter kauen, um an der Bitterkeit des
Abendmahl/Mahl des Herrn                                                                  8

Sklaventums in Ägypten Anteil zu bekom-        hat seinen Jüngern versprochen, dass sie an
men. Gamaliel, zu dessen Füßen Paulus als      seinem Tisch in seinem Reich essen und
Schüler gesessen hatte, lehrte: Jede Genera-   trinken würden (Lk 22,28-30). Auch Johan-
tion, jeder Mann muss sich selbst als aus      nes sieht den Beginn des Reiches Gottes in
Ägypten befreit ansehen. Jeder Israelit        der Vision eines großen Hochzeitsmahls
muss wissen, dass er es ist, der aus der       (Offb 19,6-9). Ein Hochzeitsmahl ist ein
Knechtschaft erlöst wurde (vgl. 2Mo 13,8;      großes Fest- und Freudenmahl. Darum wur-
5Mo 26,6-8).                                   de das Abendmahl bei den ersten Christen
    So begreift der Glaube des Abendmahl-      »mit Freude« (Apg 2,46) und in der Hoff-
teilnehmers die Wirklichkeit der → Erlö-       nung auf die → Wiederkunft des Herrn be-
sung, die auf Golgatha geschah. Wenn das       gangen.
Brot gebrochen und gereicht wird, erfasst          Der Ruf »Maranatha« (»Unser Herr,
der Glaube, was ihm gültig mit dem Zeichen     komm!« oder »Unser Herr kommt«; 1Kor
des Brotes bezeugt wird: dass Jesu Leib für    16,22) gehörte von Anfang an zur Abend-
ihn am Kreuz dahingegeben wurde. Wenn          mahlsliturgie. Darum waren auch Lob- und
der Wein gereicht wird, dann erfasst der       Dankgebete Hauptbestandteil des Abend-
Glaube, was ihm gültig und verlässlich mit     mahls. Von daher kam es zu der Bezeich-
dem Zeichen des Weines bezeugt wird: dass      nung »Eucharistie« (= Danksagung).
das Blut Jesu für ihn vergossen wurde. So                    Alfred Kuen / Fritz Grünzweig
wird dem Empfangenden der Tod seines
Retters für seine Sinne vergegenwärtigt, so-   III. Die Begriffe heute
dass er Gottes Gnade rühmen kann: Ja, er           Was geschieht eigentlich beim Abend-
starb für mich. Denn »Gedächtnis« bedeute-     mahl? Durch die Teilnahme am Abendmahl
te auch: Bekenntnis. Somit könnte der Be-      erfahren wir die Vergangenheit, die Gegen-
fehl des Herrn auch umschrieben werden:        wart und die Zukunft Gottes. Wir haben An-
Solches tut, um euch zu mir zu bekennen –      teil am göttlichen Geheimnis (= lat. sacra-
da ihr durch meinen Tod erlöst seid            mentum), das sich in Christus offenbart.
(→ Bekennen/Bekenntnis).                       Dabei lassen sich die verschiedenen bib-
    9.) Ein Hoffnungsmahl                      lischen Aspekte des Abendmahls und ihre
    Dieses Bekenntnis ist zugleich Verkündi-   Konsequenzen in drei Schritten darstellen.
gung im Vorletzten und Ankündigung des             1.) Vergangenheit: Wir erinnern uns
Letzten: »Denn sooft ihr von diesem Brot               (Gedächtnismahl)
esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt          Jesus feierte am letzten Abend vor seiner
ihr den Tod des Herrn, bis er kommt« (1Kor     Kreuzigung mit den Jüngern das Passah-
11,26; vgl. Mt 26,29; Mk 14,25). Die Aus-      mahl. Wenn wir heute das Abendmahl fei-
sage Jesu: »Ich sage euch, dass ich nicht      ern, erinnern wir uns deshalb auch an Gottes
mehr trinken werde vom Gewächs des             befreiendes Handeln: So wie er Israel aus
Weinstocks bis an den Tag, an dem ich aufs     der Gefangenschaft befreit hat, so hat Jesus
Neue davon trinke im → Reich Gottes« (Mk       Menschen von ihrem Gefangensein in
14,25), stellt das Abendmahl insbesondere      Schuld und ihrer gesellschaftlichen Außen-
in den Horizont des Kommenden.                 seiterstellung befreit, indem er ihnen ohne
    Jesus hat öfter das kommende → Reich       Gegenleistung einen Platz an seinem Tisch
Gottes mit einem großen Festmahl vergli-       anbot.
chen (Mt 22,2-14; 25,10; Lk 14,16-24). Er          Das muss Konsequenzen für unsere eige-
9                                                           Abendmahl/Mahl des Herrn

ne Abendmahlspraxis haben. Keiner sollte        dem Abendmahl auftauchen, sollten wir
aufgrund seiner sozialen Stellung oder wes-     uns an Jesu Weisung erinnern: »Tut dies zu
halb auch immer schief angesehen werden.        meinem Gedächtnis.«
Vor Gott und am Tisch des Herrn sind wir            2.) Gegenwart: Wir erfahren Gemein-
gleich, einer wie der andere angewiesen auf             schaft (Gemeinschaftsmahl)
das Brot des Lebens.                                Das Abendmahl ist in dreifacher Hinsicht
    Im letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern     auch ein Gemeinschaftsmahl, denn wir er-
gibt er ihnen Anteil an dem, wofür er gelebt    fahren Gemeinschaft mit Gott, untereinan-
hat und gestorben ist. Er nimmt sie durch       der und mit der Weltchristenheit.
seine Person in Gottes Gnadenbund auf. Da-          a) Gemeinschaft mit Gott: Jesus selbst
bei geht es um Leben und Tod. Deshalb soll-     stellt durch das Abendmahl unsere gestörte
te jedes Abendmahl auch in einer angemes-       Verbindung zu Gott wieder her. Wenn ich
senen (je nach Kirche oder Gemeinde auch        glaube, dass sein Leib und sein Blut auch
unterschiedlichen) liturgischen Form und        für mich gegeben wurden, dann bin ich ver-
mit feierlichem Ernst und der Würde des         söhnt mit Gott. Dies muss bei der Frage, wer
Anlasses entsprechend gefeiert werden.          eigentlich am Abendmahl teilnehmen darf,
Paulus erinnert die Gemeinde in Korinth,        bedacht werden. Wir gehen alle als Sünder
die aus dem Mahl des Herrn eine Art »Bot-       an den Tisch des Herrn, keiner von uns hat
tleparty« gemacht hatte, zu Recht an die tie-   diesen Platz verdient, aber indem wir teilha-
fe Bedeutung des Abendmahls: »Ihr verkün-       ben an Jesu Leib und Blut, haben wir auch
digt den Tod des Herrn« (1Kor 11,26).           teil an dem, wofür er steht, nämlich an der
    Die Erinnerung an Jesu letzte Mahlzeit      uns mit ihm versöhnenden Liebe Gottes.
mit seinen Jüngern vor seinem Tod sollte        Wir werden seine Tischgenossen und Gäste.
uns sensibel für die Form machen, in der        Wer gläubig am Abendmahl teilnimmt, ist
wir Abendmahl feiern. So kommt es wohl          bereit, sich die Sünden vergeben zu lassen.
nicht so sehr darauf an, ob wir den »Saft       Wer dazu nicht bereit ist, sollte auf eine Teil-
der Reben« in Form von Traubensaft oder         nahme verzichten.
Wein zu uns nehmen, denn nicht der Wein,            b) Gemeinschaft untereinander: Jesus
sondern der Kelch ist das Symbol; was aller-    feierte das Mahl mit Thomas, dem Zweifler,
dings bei der Diskussion über die Verwen-       Petrus, dem feigen Angeber, und Judas, dem
dung von Einzelkelchen eine Rolle spielen       Verräter, und er feiert es noch heute mit je-
sollte. Wichtiger ist die Bedeutung, die Je-    dem, der sich von ihm dazu einladen lässt.
sus ihm gibt. (Vgl. 1Kor 11,25; Lk 22,20:       Er ist der einladende Gastgeber, wir sind sei-
»Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem       ne Gäste. Damit wird ein Wesensmerkmal
Blut, das für euch vergossen wird.«)            der christlichen Gemeinde deutlich. Sie ist
    Jesu Umgang mit den Kindern lässt heute     kein Verein oder Freundeskreis, der sich sei-
viele Gemeinden über die Frage einer mög-       ne Mitglieder nach Zuneigung aussucht,
lichen Zulassung von Kindern zum Abend-         sondern Gott selbst stiftet in Jesus Christus
mahl nachdenken. Immerhin erscheint die         ihre Gemeinschaft. Das macht es zwar
Praxis der Säuglingstaufe einerseits und der    manchmal schwer, verpflichtet aber zu ei-
ausschließlichen Zulassung von Erwachse-        nem liebevollen Umgang innerhalb der Ge-
nen zum Abendmahl andererseits in dieser        meinde. Die Stärke einer Gemeinde misst
Kombination nicht jedem überzeugend. Bei        sich nicht an der Verbundenheit der sowieso
allen Fragen und Schwierigkeiten, die mit       befreundeten Glieder, sondern an der Art,
Ältester                                                                                   10

wie mit denen umgegangen wird, die Jesus         einiges über das Reich Gottes, denn Jesu
selbst an seinen Tisch eingeladen hat und        Worte deuten bildhaft an, dass es dort
die der ein oder andere von sich aus nie in      Lammbraten zu essen und Wein zu trinken
sein Haus eingeladen hätte. Gemeinde und         geben wird.
Gemeinschaft entstehen am Tisch des                 Für uns heute ist wichtig, beim Feiern des
Herrn. Und das Abendmahl erinnert uns            Abendmahls diesen Festcharakter nicht »un-
auch an unseren Nächsten, der unsere Hilfe       ter den Tisch« fallen zu lassen. Die Ein-
oder Unterstützung braucht.                      ladung aus Ps 34,9: »Schmecket und sehet,
   c) Gemeinschaft mit Christen in aller         wie freundlich der HERR ist«, muss auch
Welt: Taufe und Abendmahl sind die beiden        eine Auswirkung für die Durchführung des
von Jesus selbst eingesetzten Sakramente         Abendmahls haben. Es sollte auch etwas
bzw. Zeichenhandlungen. Sie werden von           zum Schmecken geben: richtiges Brot, gute
allen christlichen Gemeinschaften – wenn         Musik, echte Freude und geistvolle Stär-
auch in unterschiedlicher Form – praktiziert     kung.
und weisen so immer auch über die einzelne          In jedem Abendmahl nehmen wir ein we-
Gemeinde hinaus. Das Bild des Leibes und         nig die himmlische Festtafel vorweg und
die Art der von Jesus eingesetzten Symbol-       dürfen so erleben, wie Raum und Zeit bei
handlung mahnen seine Gemeinde zur Ein-          Gott zusammenfallen. Wir sitzen mit Jesus
heit. Es ist ein Brot, von dem alle essen, ein   und seinen Jüngern ebenso an einem Tisch
Kelch, von dem alle trinken sollen. Wenn         wie mit allen Geschwistern, die er uns zur
heute ausgerechnet das Abendmahl immer           Seite gestellt hat. Und wir werden an seinem
wieder zum Streitthema zwischen christli-        Tisch wieder mit denen vereint sein, die der
chen Kirchen und Gemeinden wird, zeigt           Tod von uns getrennt hat, denn Christi Tod
gerade das unsere Unvollkommenheit und           hat ihren Tod überwunden.
Vergebungsbedürftigkeit. Wir müssen ler-                                    Peter Böhlemann
nen, Unterschiede zu akzeptieren und sensi-
bel mit den verschiedenen Auffassungen der
Kirchen und Gemeinschaften umzugehen.            Ältester
Das Abendmahl ist kein Kampfinstrument,
um die Ökumene zu erzwingen, sondern             I. Wortbedeutung
ein Versöhnungsinstrument, um zu erhoffen,          Sowohl das hebräische als auch das grie-
dass die durch den Heiligen Geist geschenk-      chische Wort für »Ältester« kann zweierlei
te Einheit der Christen auch äußerlich Ge-       bedeuten: entweder den Menschen, der in
stalt gewinnt.                                   hohem Alter steht (im Gegensatz zur jün-
   3.) Zukunft: Wir feiern (Festmahl)            geren Generation), oder den Ältesten als ei-
   Kein Bild wird in der Bibel so häufig für     nen Amtsinhaber. Während jedoch mit dem
das Himmelreich verwendet wie das des            betreffenden hebräischen Wort Erfüllung
Festmahls. Auch Jesus verwendet es oft.          und Grenzen des Alters bezeichnet werden,
Das letzte Mahl mit seinen Jüngern hatte         redet das griechische nur positiv und ehren-
ebenfalls diesen Festcharakter. Jesus selber     voll vom Alter, wenn es »Ältester« (presby-
sorgte dafür, dass ein guter Raum zum Fei-       teros) gebraucht. Für die negativen Seiten
ern zur Verfügung gestellt wurde, mit Kis-       des Alters (Abnehmen der Kräfte, Be-
sen, Braten und Wein. Und wir erfahren aus       schwerlichkeit usw.) sind hier andere Wör-
dem Bericht der Evangelien über dieses Fest      ter reserviert. Die beiden Bedeutungen »alt
11                                                                                   Ältester

an Jahren« und »Ältester« müssen auseinan-      jeder König in der frühen Königszeit Israels
dergehalten werden, weil nicht jeder alte       angewiesen (1Sam 15,30; 2Sam 31,17;
Mann ein Ältestenamt innehat und umge-          17,4.15; 19,12).
kehrt jüngere Menschen ein Ältestenamt ha-          Wenn die Ältesten in der späteren Kö-
ben können.                                     nigszeit in ihrer Bedeutung auch etwas zu-
    Wenn sich heute in Schottland, Amerika      rücktreten, so bleiben sie doch eine wichtige
und anderswo Glieder evangelischer Kir-         Gruppe innerhalb der Führungsschicht Isra-
chen »Presbyterianer« nennen, so geht diese     els. Wenn die → Propheten die Führer Isra-
Bezeichnung auf das griechische presbyte-       els im Namen des Herrn tadeln müssen,
ros zurück. Sie zeigt an, dass in den presby-   kommen auch die Ältesten an die Reihe
terianischen Kirchen das Ältestenamt die        (z.B. Jes 3,14-15; 9,15-16).
zentrale Instanz ist.                               Was aber macht die besondere Stellung
                                                der Ältesten im Volk Israel aus? Welche
II. Der Begriff in der Bibel                    Aufgaben waren ihnen gegeben? In 5Mo
A. IM ALTEN TESTAMENT                           wird deutlich, dass die Ältesten richterliche
    1.) Älteste im alten Israel                 Aufgaben zu erfüllen hatten. Die Ältesten
    Wie ihre Umwelt kannten auch die israe-     einer Stadt waren verantwortlich, dass z.B.
litischen Stämme seit eh und je die besondere   ein flüchtiger Mörder ausgeliefert (5Mo
Stellung von Ältesten. So ist in den Ge-        19,11-13) oder eine Klage wegen → Un-
schichtsbüchern des AT bei näherem Hinse-       zucht richterlich geprüft (5Mo 22,13-21)
hen keineswegs nur von großen Einzelgestal-     wurde. Aber auch die Entscheidung wichti-
ten wie einem Mose oder David die Rede.         ger militärischer und politischer Fragen
    Zwischen Mose und dem Volk stehen die       muss in ihren Händen gelegen haben (Ri
Ältesten als Vertreter des Volkes. Ihnen hat    11,5; 1Sam 8,4; 2Sam 5,3).
er zuerst die bevorstehende Befreiung aus           2.) Älteste im Jerusalemer Hohen Rat
Ägypten anzukündigen (2Mo 3,16; 4,29).                  und in örtlichen jüdischen Gemein-
Mit ihnen gilt es dann, vor den Pharao zu               den
treten (2Mo 3,18) und die Vorbereitungen            In → Jerusalem entstand ungefähr seit
zum heiligen → Passahmahl zu treffen            dem 4. Jh. v.Chr. ein »Ältestenrat«. Aus die-
(2Mo 12,21). Am Sinai steigen auch 70 Äl-       sem entwickelte sich mit der Zeit der (aus
teste mit Mose und Aaron den Berg hinauf        dem NT bekannte) Hohe Rat. Bis zur Zeit
und warten betend in der Mitte zwischen         Jesu hatten sich drei Gruppen von Ratsmit-
dem Volk und Mose (2Mo 24,1.9). In einer        gliedern herausgebildet: die → Hohenpries-
der zahlreichen Stunden der → Anfechtung        ter, die Schriftgelehrten und die Ältesten
in der Wüste schließlich werden Mose 70         (Mk 11,27; 14,43.53; vgl. auch 8,31). Damit
Älteste an die Seite gestellt, die nun in ein   aber hatte sich der Begriff des Ältesten ge-
regelrechtes Ältestenamt eingesetzt werden      wandelt. Waren früher einmal alle Glieder
(4Mo 11).                                       des Rates »Älteste« genannt worden, so be-
    David wird von den Ältesten Israels zum     zeichnete man zur Zeit Jesu nur noch dieje-
König gesalbt (2Sam 5,3). Sie hatten von        nigen Ratsmitglieder als Älteste, die den rei-
Samuel die Einsetzung eines Königs ver-         chen Stadtadel Jerusalems vertraten. Diese
langt (1Sam 8,4-5). Um ihre Gunst hatte Da-     bildeten neben den → Priestern und Theo-
vid schon vorher geworben (1Sam 30,26-          logen die Gruppe der Laien im Jerusalemer
31). Auf ihre Unterstützung blieb überhaupt     Hohen Rat (→ Pharisäer). Nebst diesen Äl-
Ältester                                                                                 12

testen des Hohen Rates gab es im Judentum      die Ältesten zu Gebet und → Salbung mit Öl
aber auch Inhaber eines Ältestenamtes in       rufen lassen.
Ortsgemeinden außerhalb Jerusalems (Lk            2.) Die Ältesten sind besonderen Anfech-
7,3). Ja, sogar in Jerusalem selbst wurden     tungen ausgesetzt, etwa der Kritiksucht ge-
neben den Ältesten des Hohen Rates auch        wisser Gemeindeglieder. Zum Schutz der
die Vorstandsmitglieder einer Synagogen-       Ältesten wird Timotheus daher in 1Tim
gemeinde »Älteste« genannt, wie eine wie-      5,19 nahegelegt: »Gegen einen Ältesten
derentdeckte Inschrift zeigt.                  nimm keine Klage an ohne zwei oder drei
                                               → Zeugen« (1Tim 5,19). Damit ist aber
B. IM NEUEN TESTAMENT                          auch gesagt, dass die Ältesten nicht nach ei-
    1.) Die werdende Kirche hat das jüdische   genem Gutdünken schalten und walten dür-
Ältestenamt übernommen und selbst Älteste      fen. Sie haben sich begründeter Kritik zu
eingesetzt. In der Urgemeinde in Jerusalem     stellen. Schließlich wird den Ältesten im
gibt es nach einiger Zeit des Gemeinde-        NT reichlich Anerkennung gezollt (1Tim
wachstums Älteste (Apg 11,30). Mit den         5,17). Sie werden bei der → Wiederkunft
→ Aposteln zusammen bilden diese ein ent-      des »Erzhirten« → Jesus Christus »die un-
scheidendes Gremium der Gesamtkirche           vergängliche Krone der → Herrlichkeit
(Apg 15; 16,4; vgl. auch 21,18). Daneben       empfangen« (1Petr 5,4). Im letzten Buch
kennt das NT die Ältesten aber vor allem       der Bibel sieht der Prophet Johannes sogar
als Leiter und Hirten einer einzelnen Orts-    24 himmlische Älteste, die sich vor dem
gemeinde (Apg 14,23; Tit 1,5; ein Vergleich    ewigen Gott niederwerfen (Offb 4) und im
von Tit 1,5 und 1,7 zeigt, dass in der Früh-   überaus herrlichen himmlischen Lobgottes-
zeit »Ältester« und → »Bischof« oder »Auf-     dienst von Offb 5 allen → Engeln, ja jedem
seher« gleichbedeutend waren). In Apg          Geschöpf im Lobgesang vorangehen (vgl.
20,17-35 richtet sich Paulus ein letztes Mal   Jes 24,23).
an die Gemeindeältesten von Ephesus und                                Alfred Zimmermann
legt ihnen dringend ans Herz, der Zukunft
wachsam entgegenzugehen. Sie sollen an         III. Der Begriff heute
seiner Stelle dafür sorgen, dass die → Ge-        1.) Das Amt des Ältesten
meinde geistlich geleitet (»geweidet«), vor       Auch wenn die Begrifflichkeit sich unter-
Irrlehre geschützt und ermahnt wird (V. 28-    scheidet – viele Gemeinden haben das Amt
31). – Auch 1Petr 5,1-5 zeigt die Ältesten     des Ältesten. Allerdings wechseln die Be-
als → Hirten der Gemeinde. Dabei wird          zeichnungen. In Freikirchen kann das Gre-
deutlich, dass es ihnen immer um das Wohl      mium der Ältesten z.B. auch »Bruderrat«
der Gemeinde gehen soll. So werden sie         oder »Gemeindeleitung« genannt werden.
denn ermahnt, das ihnen anvertraute Amt        Häufig wird man durch Berufung in dieses
freiwillig, uneigennützig, hingebungsvoll      Amt gewählt – durch die bestehende Ge-
und demütig auszuführen. Sie sollen Vorbil-    meindeleitung oder die gesamte Gemeinde.
der der Gemeinde sein. – Nach Jak 5,14 sind    In landeskirchlichen Gemeinden heißen die
den Ältesten insbesondere auch die Kranken     Ältesten Kirchenvorstand oder »Presbyter«
der Gemeinde anvertraut. Es ist aber darauf    (griech. Bezeichnung für »Ältester«). Im
zu achten, dass die Initiative von den kran-   landeskirchlichen Rahmen werden die Kan-
ken Gemeindegliedern ausgehen soll, nicht      didaten meist durch wahlberechtigte Ge-
von übereifrigen Ältesten selbst. Sie sollen   meindemitglieder zu Ältesten gewählt.
13                                                                                 Ältester

    Die Chancen des Ältestenamts bestehen       einer bloßen Verwaltung bürokratischer Not-
darin, dass …                                   wendigkeiten.
– eine Gemeinde nicht nur von einem                 Älteste sollten Menschen zu einem
   hauptamtlichen Geistlichen geleitet wird,    Christsein führen, das in die Mitarbeit mün-
   sondern sich die von Gott geschenkte Ga-     det. Ein Leiter wird also Christen nicht aus
   benvielfalt einer Gemeinde in der Ge-        der Mitarbeit herausdrängen, sondern sie er-
   meindeleitung widerspiegelt.                 mutigen und befähigen, eigenständig Auf-
– die Ältesten geistliche Impulse in das Ge-    gabenbereiche zu übernehmen.
   meindeleben geben können.                        Eine visionär geprägte Gemeindeleitung
– die Lehre in der Gemeinde anhand der          wird nicht nur Zuspruch erfahren. Verän-
   Schrift kritisch geprüft wird: »Prüft aber   derungen im Gemeindeleben provozieren
   alles und das Gute behaltet« (1Thess         auch Widerspruch. Zur Leitungsverantwor-
   5,21).                                       tung eines Ältesten gehört deshalb ein hohes
– eine Kontinuität in der Gemeindeleitung       Maß an Charakterfestigkeit. Umstrittene Be-
   auch dann gewahrt bleibt, wenn etwa der      schlüsse gilt es im loyalen Miteinander nach
   Pfarrer bzw. Pastor oder andere hauptamt-    außen hin gemeinsam zu tragen.
   lich tätige Personen der Gemeinde ihre           b) Seelsorgliche Verantwortung (Apg
   Stellen wechseln.                                   20,17.28; 1Tim 5,17; Jak 5,14)
   Immer mehr Gemeinden stehen vor dem              Älteste sind nicht zur ausschließlichen
Problem, keine Kandidaten für das Ältesten-     Leitungsverantwortung, sondern zum ganz-
amt zu finden. So kann es vorkommen, dass       heitlichen Hirtendienst berufen, der eine
Personen gewählt werden, deren Qualifika-       seelsorgliche Verantwortung einschließt.
tion für das Amt leider nur darin besteht,          Das → Gebet für die Kranken gehört ge-
dass sie sich zu einer Kandidatur bereit er-    nauso dazu wie die Beobachtung von Bega-
klärt haben.                                    bungen und Begrenzungen der Mitarbeiter
    Das Ältestenamt hat heute nur dann eine     und Mitältesten. Die Bereitschaft, auch Kon-
Chance, eine segensreiche Wirkung für die       flikte bzw. Sünde bei Gemeindegliedern
Gemeinde zu entfalten, wenn mit den Kan-        in geeigneter Form anzusprechen, verlangt
didaten vor einer Wahl die Aufgabenberei-       eine gereifte Persönlichkeit des Ältesten
che dieses Amtes geklärt werden.                (Mt 18,15ff ).
    a) Leitungsverantwortung (Apg 2,22-29;          2.) Gefahren und Grenzen
       15,2; 16,4)                                  Zum Amt der Ältesten gehört die Re-
    Älteste leiten die Gemeinde. Verantwort-    chenschaft, die sie für ihren → Dienst ge-
liche Leitung lebt aus der Glaubensbezie-       genüber → Gott und den Gemeindegliedern
hung zu Jesus (→ Verheißung) und fragt,         abzulegen haben. Wie alle Amtsträger und
welchen Blick der Auferstandene für die         -trägerinnen stehen auch sie in der Gefahr,
Gemeinde hat. Die Vision sollte dann in ein-    ihr Amt aus Eitelkeit auszuführen. Viele un-
zelne Ziele umgesetzt werden. (Beispiel:        geistliche Streitereien werden durch Ego-
Die Vision besteht darin, Eltern mit Kindern    ismus, der mit Macht und ehrgeiziger Ein-
zum Glauben zu führen. Die mögliche Um-         flussnahme zu tun hat, hervorgerufen.
setzung in ein Ziel könnte bedeuten, famili-        Die Ältesten haben sich immer wieder
enfreundliche Gottesdienste anzubieten.)        auf die gemeinsame Vision auszurichten,
Ohne Visionskraft, die von der Bibel ge-        dass der gemeinsame Dienst dazu geschieht,
prägt wird, verkommt Gemeindeleitung zu
Amen                                                                                      14

dass Jesus und seinem → Reich die Ehre          sie, was ein anderer sagt: »Ja, gerade so ist
gegeben wird.                                   es.«
   Eine andere Gefahr besteht darin, dass          3.) In Jes 65,16 wird Gott »Gott des
die Ältesten durch die Gemeindearbeit in        Amen« (so wörtlich) genannt. Das will sa-
unguter Weise überfordert und verschlissen      gen, dass → Gott zuverlässig ist, da er zu
werden. Der Ältestenrat, besonders aber die     seinem → Wort steht. Entsprechend wird Je-
hauptamtlich Tätigen, haben darauf zu ach-      sus Offb 3,14 »der Amen« genannt, denn in
ten, dass die Ältesten das richtige Maß zwi-    ihm hat Gott seine → Verheißungen, seine
schen Überforderung und Unterforderung          → Treue zu dieser Welt, Wirklichkeit wer-
finden.                                         den lassen (2Kor 1,20). Er ist die »Zuverläs-
   → Bischof/Vorsteher; → Dienst /Amt;          sigkeit« Gottes in Person.
→ Hirte                                            4.) Jesus leitete manche Worte mit
                       Andreas Hannemann        »Amen, amen« ein. Damit zeigte er, dass
                                                hinter seinem Wort in besonderer Weise
Ärgernis → Anstoß /Ärgernis                     Gott der Vater steht, auf den man sich ver-
Allmacht → Macht/Allmacht                       lassen kann (Mt 6,2.5.16; 8,10; 10,23; 18,3;
                                                19,28; 25,40; Joh 5,19.24-25 u.a.).

                                                III. Der Begriff heute
Amen                                               Leider ist heute das Amen bisweilen nur
                                                noch eine Formel, die ein → Gebet ab-
I. Wortbedeutung                                schließt. Das kann zu Gedankenlosigkeit
   »Amen« bedeutet »So ist es!«. Sprach-        führen. Wie kann man helfen?
lich hängt es im Hebr. und Griech. mit »fest,      1.) Entscheidendes wäre damit gewon-
zuverlässig sein«, mit »Glaube«, »Treue«,       nen, wenn man an Gott lernt, dass er es mit
»Wahrheit« zusammen. »Amen« betont al-          seinem → Heil, seiner → Treue ganz ernst
so, dass auf Gott Verlass ist. Martin Luther    meint. Wo Gott in Jesus »Amen« gesagt hat,
übersetzt es mit »wahrlich«.                    wird er mich nicht enttäuschen. Inmitten so
                                                vieler Worte, die von Menschen gebrochen
II. Der Begriff in der Bibel                    werden, meint er es ernst.
   1.) Ein Einzelner oder das Volk antwortet       2.) So kann man selber neu Amen sagen
auf Worte anderer mit »Amen«. Dadurch er-       lernen. Amen soll Ausdruck eigener Ver-
klären sie, dass sie mit dem Gesagten ein-      lässlichkeit und Treue sein. Zunächst im
verstanden sind, z.B. mit Prophezeiungen        → Gebet vor Gott. Dann auch unter uns
(Jer 11,1-5; 28,6) oder mit Fluchworten         Menschen. In einer Zeit, in der Worte so oft
(5Mo 27,15ff; Neh 5,13).                        gedankenlos und unzuverlässig sind, sollten
   2.) In diesem Sinne sprach man das           Christen vorleben, dass ein »Ja« wirklich Ja,
»Amen« auch im → Gottesdienst. So preist        ein »Nein« wirklich Nein ist, unsere Worte
Esra Gott, während das Volk mit erhobenen       also verlässlich sind (Mt 5,37; 12,36).
Händen durch »Amen, amen« das Lob als              3.) Warum sollten wir uns nicht dafür
eigenes anerkennt (Neh 8,6; vgl. 1Chr           einsetzen, dass die Gemeinde im → Gottes-
16,36; 1Kor 14,16). In Offb 22,20 antwortet     dienst auf die Predigt (→ Predigen/Verkün-
die → Gemeinde glaubend mit »Amen« auf          den) und auf Gebete laut mit »Amen« ant-
Gottes »Ja«. Damit anerkennt und bestätigt      wortet? In der Gebetsgemeinschaft ist es
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weithin noch gute Sitte, dass die Anwesen-      mós bzw. lat. tentatio. Es geht dabei um pas-
den die Bitte oder das Lob Gottes jedes ein-    sives Versucht- (oder Angefochten-)Wer-
zelnen Gebetes mit lautem »Amen« bestäti-       den, aber auch um aktives Versuchen, Auf-
gen, womit wir nichts anderes tun, als zu       die-Probe-Stellen, Prüfen. Die Subjekte und
sagen: »Amen, ja, das gilt«, oder: »Amen,       Objekte der Versuchung können dabei
ja, das meinen wir auch.« Auf diese Weise       wechseln. Es kann sinnvoll sein, beide
könnte unter uns die Zuverlässigkeit Gottes     Begriffe im Deutschen zu unterscheiden
zeichenhaft unterstrichen werden.               (s. III. 5).
                           Wolfgang Bittner
                                                II. Die Begriffe in der Bibel
Amt → Dienst/Amt                                A. IM ALTEN TESTAMENT
                                                    Hier kann Gott durchaus als Subjekt der
                                                Versuchung erscheinen, insofern er die
                                                Glaubenstreue seines Volkes oder das Ver-
Anfechtung/Versuchung                           trauen Einzelner auf die Probe stellt, um so
                                                die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens offen-
I. Wortbedeutung                                zulegen (5Mo 8,2; 13,4; 2Mo 20,20; 1Mo
   Dass die beiden Begriffe in enger Verbin-    22,1.12; Ri 2,22).
dung zueinander stehen, ist nur noch im             1.) Abraham wird versucht (1Mo 22)
Rahmen ihrer religiösen Deutung verständ-           »Nach diesen Geschichten versuchte
lich. Wer heute etwas »anfechtet«, der be-      Gott Abraham …«, indem er ihn aufforder-
streitet die bisherige Rechtmäßigkeit. Dass     te, seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern.
Anfechtung darüber hinaus als »Infragestel-     Diese berühmt gewordene Erzählung nimmt
lung« auch den eigenen → Glauben infrage        den Leser so gefangen, dass er möglicher-
stellt, das kann wohl nur der ahnen, der auch   weise an seiner eigenen Gottesvorstellung
als an → Jesus Christus glaubender Mensch       zu zweifeln beginnt. Denn in dieser Erzäh-
lebt. Insofern ist nicht nur der Glaube, son-   lung wird die Frage nach dem Ursprung der
dern auch die Anfechtung nicht jedermanns       Versuchung radikal auf Gott zurückgeführt.
Sache (2Thess 3,2).                             Es handelt sich nicht um eine Krankheit,
   Der Begriff »Versuchung«, der mit »ver-      eine Naturkatastrophe, eine Beeinflussung
suchen, ausprobieren, auf die Probe (!) stel-   durch fremde → Götzen o.Ä. Die »Ver-
len« zusammenhängt, ist noch etwas be-          suchung Abrahams überstieg bei Weitem al-
kannter, teils aufgrund seines Vorkommens       les, was man sonst in Israel unter Ver-
im Vaterunser, teils deswegen, weil eine        suchung oder Prüfung verstehen mochte«
Schokoladenfirma sich seit Jahren damit         (Gerhard von Rad). Aber die Pointe der Er-
brüstet, die »süßeste Versuchung« herzu-        zählung liegt nicht in einer pädagogischen
stellen.                                        Gehorsamsethik, sondern in dem alleinigen
   Im AT gibt es für beide Begriffe nur ein     Herrschaftsanspruch Gottes: Er ist der Sou-
Wort (nasah), wobei »versuchen« und »prü-       verän, und der → Mensch ist nicht in der
fen« schon von Anfang an auch auf die Got-      Position, Gottes (An-)Weisungen oder seine
tesbeziehung angewandt wurden (s.u.). So-       »Verborgenheit« vor den Richterstuhl mensch-
wohl im NT wie auch in der späteren lat.        licher → Vernunft oder ethischer Humanität
Übersetzung gibt es ebenfalls nur ein Wort      zu zerren (vgl. Röm 9,20-21).
für unsere beiden Begriffe: griech. peiras-         Damit wird die Frage nach dem Verursa-
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