Bildung und Digitalisierung für ältere Menschen - Im Fokus: Ländlicher Raum - PUBLIKATION NR. 56
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PUBLIKATION NR. 56 Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. Bildung und Digitalisierung für ältere Menschen Im Fokus: Ländlicher Raum 1
Inhalt Vorwort von Franz Müntefering 3 Einführung: Ein weites Feld 4 Lernen im Alter: Ältere lernen anders 6 Interview mit Prof. Dr. Elisabeth Bubolz-Lutz Bildung im ländlichen Raum: Hohe Bereitschaft bei Älteren 8 Interview mit Bernhard Eder Jung und Alt gemeinsam 10 Erfolgreiche Tandems 10 Mehr als Technikschulung 12 Anwendungen im Alltag 14 Auf Entdeckungsreise 14 Zeitgemäßes Vernetzen 16 Besondere Zielgruppen 18 Nützliche Technik 18 Erfahrungen sammeln 20 Aufsuchende Angebote 22 Beratung zu Hause 22 Seniorenzentren 24 Hemmschwellen abbauen 24 Ausblick: Digitale Dörfer 27 Interview mit Nicola Röhricht BAGSO: Bildung als Schlüssel zu Teilhabe 28 www.wissensdurstig.de: Nie zu alt für Neues 30 Links und weitere Informationen, Bildnachweise, Impressum 31 2
Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, L ernen beginnt mit dem ersten Atemzug, und es hört auch im Alter nicht auf. Und doch verändert es sich im Laufe des Lebens. Während in der Jugend die Orientierung auf den Beruf im Vordergrund steht, bietet Lernen im Alter die Chance, für sich selbst zu entscheiden: Was möchte ich noch er- fahren, was noch erleben? Lust auf das Leben und Neugierde sind dabei eine gute Voraussetzung. Lesen und zuschauen, diskutieren und schreiben, reisen und organisie- und Bildungsangebote. Eine wichtige ren, singen und malen, und, und, und Rolle spielen dabei die digitalen Medi- – vieles davon schafft gute Gelegen- en, denn sie bieten neue, ortsunabhän- heiten, mit anderen Menschen zusam- gige Möglichkeiten des Lernens und menzukommen. Zum Älterwerden ge- der Kommunikation. Deshalb wollen hört auch, dass wir die Veränderungen wir Seniorinnen und Senioren auch bei uns in der Kommune und in der für digitale Medien begeistern. Welt nicht ignorieren, sondern ver- Lassen Sie sich von den in diesem stehen und daran mitwirken, sie ver- Themenheft vorgestellten Bildungs- nünftig, also menschlich, zu gestalten. projekten inspirieren. Und wenn Sie Bescheid zu wissen, hilft dabei! selbst gute Ideen haben, um älteren Menschen bringen unterschiedli- Menschen Bildung und Teilhabe zu er- che Erfahrungen mit dem Lernen mit, möglichen, oder wenn Sie erfolgreiche mehr oder weniger, gute oder schlech- Beispiele kennen, die sich zur Verbrei- te. Manche sind bereits motiviert, an- tung empfehlen – bitte melden Sie sich. dere wollen erst noch begeistert wer- Wir sind interessiert. den. Deshalb braucht es vielfältige Bildungsangebote. Auch von Ort zu Ort sind die Voraussetzungen unter- Ihr schiedlich. Insbesondere im ländlichen Raum kann es schwierig sein, zum nächsten Internet-Treffpunkt zu kom- men. Gleichwertige Lebensverhältnis- Franz Müntefering se in den Regionen zu schaffen, ist eine BAGSO-Vorsitzender wichtige Zukunftsaufgabe. Das gilt auch für Begegnungsmöglichkeiten 3
EINFÜHRUNG Ein weites Feld Bildung und Digitalisierung für ältere Menschen im ländlichen Raum W ir alle lernen lebenslang. Doch verändert sich im Alter die Mo- tivation zu lernen. Bildung ist dann we- und Senioren auch auf dem Weg in die digitale Welt unterstützen (ab S. 10). Die Projekte wurden von einer Fach- niger außengesteuert und dient kaum jury ausgewählt und erhielten einen noch der Erreichung extern gesetzter Zuschuss von bis zu 5.000 Euro aus Ziele – man lernt vielmehr für sich Mitteln des Bundesministeriums für selbst. Bildung ist im Alter von zentra- Familie, Senioren, Frauen und Jugend ler Bedeutung, um das eigene Leben zu (BMFSFJ). Bildungsangebote zur Digi- gestalten und zu bereichern, die Eigen- talisierung sind nicht nur ein wichtiger ständigkeit zu erhalten, den Alltag zu Bereich der gesamten Angebotspalette erleichtern und Beziehungen zu knüp- für Ältere, sie sind vor allem für Se- fen. Wie Bildung im Alter gelingen niorinnen und Senioren, die auf dem kann und wie Bildungsangebote für Land leben, von großer Bedeutung, Ältere unter den besonderen Bedin- weil sie deren gesellschaftliche Teilha- gungen des ländlichen Raums gestaltet be verbessern können. werden können, ist Thema dieses Hef- Die Digitalisierung ist ein weites tes. Feld – sie kann aber gerade in länd- Im Interview betont die Erzie- lichen Gebieten von großem Vorteil hungswissenschaftlerin Prof. Dr. Elisa- sein, nicht zuletzt für ältere Menschen, beth Bubolz-Lutz, wie wichtig selbst- deren Mobilität eingeschränkt ist, weil bestimmtes Lernen in non-formalen sie zum Beispiel nicht (mehr) Autofah- Zusammenhängen ist. Bildungsan- ren oder weil die Verkehrsanbindung gebote für ältere Menschen sollten an in ihrer Region schlecht ist. Ihnen hilft Alltagsfragen anknüpfen und auf per- das Internet, um mit ihrer Familie und sönlichen Austausch und Begegnung ihrem Freundeskreis in Kontakt zu setzen (S. 6). Der Soziologe und Theo- bleiben, Bankgeschäfte und Behörden- loge Bernhard Eder weist darauf hin, angelegenheiten zu erledigen, Einkäu- dass sich viele ältere Menschen frei- fe zu tätigen und sich zu informieren. willig engagieren wollen. Sie benötigen Das Internet und digitale Medien bie- Angebote, um sich für ein Engagement ten vor allem aber auch neue Zugänge entscheiden und die dafür notwendi- zu Bildung, unabhängig von dem Ort, gen Kompetenzen trainieren zu kön- an dem man lebt. nen (S. 8). Der Bedarf an Bildungsangebo- Den Schwerpunkt dieses Themen- ten zu digitalen Themen ist weiterhin heftes bilden 17 sogenannte Leucht- hoch, wenngleich der Prozentsatz der turmprojekte aus dem gesamten Bun- Älteren, die das Internet nutzen, kon- desgebiet: Bildungsangebote für Ältere tinuierlich steigt. Nach Angaben des im ländlichen Raum, die Seniorinnen Statistischen Bundesamts waren im 4
EINFÜHRUNG ersten Quartal 2017 in Deutschland 50 oder den eigenen Interessen mit Hilfe Prozent der Personen ab 65 Jahren im des Internets nachzugehen. Internet unterwegs. 2007 waren es 19 Digital gestützte Angebote spielen Prozent, 2012 bereits rund 32 Prozent. bereits heute eine zentrale Rolle für Die vorgestellten Leuchtturmpro- ältere Menschen auf dem Land. Ihre jekte aus dem ländlichen Raum er- Bedeutung wird aber noch weiter zu- mutigen zur Nachahmung. Gemein- nehmen, prophezeit die Leiterin der sam ist ihnen, dass sie versuchen, den Servicestelle "Digitalisierung und Bil- konkreten Nutzen digitaler Medien für dung für ältere Menschen" der BAGSO, den Alltag und die individuelle Situ- Nicola Röhricht, im Interview über ation von Seniorinnen und Senioren „Digitale Dörfer“ (S. 27). Die BAGSO aufzuzeigen. Die gewählten Wege sind engagiert sich seit vielen Jahren in der ganz unterschiedlich – häufig spielt Entwicklung von Bildungsangeboten der intergenerationelle Austausch eine für ältere Menschen mit dem Schwer- wichtige Rolle, einige Projekte wählen punkt Digitalisierung (S. 28). Seit 2017 einen spielerischen Zugang oder loten bietet sie mit der Servicestelle „Digita- kreative Anwendungen der Technik lisierung und Bildung für ältere Men- aus. Allen Projekten ist es ein Anliegen, schen“ eine zentrale Anlaufstelle so- nicht nur die technische Handhabung wohl für interessierte Ältere als auch von Geräten zu vermitteln, sondern für Multiplikatoren an (S. 30). Ziel der auch die Gemeinschaft zu fördern – Servicestelle ist es, möglichst vielen zwischen den Generationen, innerhalb Menschen im Alter einen Zugang zu der älteren Generationen, innerhalb Bildung und damit zu Teilhabe zu er- eines Vereins oder einer Gemeinde – möglichen. 5
LERNEN IM ALTER Ältere lernen anders Interview mit der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Elisabeth Bubolz-Lutz Lernen ältere Menschen anders als viele ältere Menschen sind Angebote jüngere? attraktiv, bei denen Alt und Jung über Ältere kann man nicht über einen gemeinsame Themen ins Gespräch Kamm scheren – insofern gibt es auch kommen. Vorbehalte bestehen hin- bezüglich des Lernens viele individu- gegen vielfach gegenüber traditionell elle Unterschiede. Natürlich wird vor ausgerichteten Seniorenbegegnungs- allem das gerne aufgenommen, was stätten – kaum jemand rechnet sich besonders interessant erscheint, sei es, selbst gern der Gruppe der „Alten“ zu. weil es etwas mit dem eigenen Leben Deshalb werden Zugänge über die jün- und den persönlichen Fragestellungen geren Generationen immer wichtiger. zu tun hat, sei es, weil es einen beson- Es gilt, neue Formen für Bildung an deren Nutzen verspricht. attraktiven Orten und auch im Alltag zu entwickeln, die Freude machen und Für Bildungsangebote im ländlichen zum Nachdenken sowie zu gemeinsa- Bereich gilt es, passende Formen zu finden, mem Tun anregen. die das eher selbstorganisierte Lernen im Dorf mit Angeboten in nahe liegenden Was heißt das für Bildungsanbieter – Städten verbindet. speziell im ländlichen Raum? In der Bildungspraxis stoßen gerade Es gibt Besonderheiten, die das Ler- solche Angebote zunehmend auf Inte- nen im Alter erleichtern – etwa, dass resse, die gezielt auf persönlichen Aus- man auf bereits erfolgreich entwickel- tausch und Begegnung setzen, die dar- te Lernstrategien zurückgreifen kann auf gerichtet sind, dass sich Menschen oder in der Lage ist, Wesentliches von an Orten in ihrem Wohnumfeld treffen Unwesentlichem zu unterscheiden. Es und sich Lernen und Alltagsgestaltung gibt aber auch Beschränkungen, die et- miteinander verzahnen. Bildungsan- was mit dem Alter selbst zu tun haben: bieter sollten Älteren mehr Mitwirkung So braucht es zum Beispiel mehr Wie- bei der Gestaltung ihrer Programme derholungen, bis man sich Informatio- einräumen, und Kommunen sollten nen einprägt, auch die Reaktionszeit die Teilnahme durch gute Rahmen- verlängert sich. Vieles lässt sich hier bedingungen ermöglichen. Bildungs- aber durch Übung ausgleichen. angebote müssen erreichbar und auch für weniger mobile Menschen zugäng- Wie lassen sich ältere Menschen am lich sein. Zudem dürfen sie nicht zu besten motivieren? teuer sein. Es braucht dazu offene Bil- Persönliche Interessen, Neigungen dungsräume, in denen nicht Leistung, und aktuelle Alltagsfragen – all das sondern (intergenerationelle) Begeg- schafft Anknüpfungspunkte. Für sehr nungen und Gespräche an erster Stelle 6
LERNEN IM ALTER Wissen Verstehen Information Eingebundenheit Freiheit Beheimatung Selbstbestimmung Zugehörigkeit Partizipation Lust und Erfolg beim Lernen steigen durch das Aspekte, die das Lernen Erleben von... im Alter begünstigen. Ausrichtung Kompetenz- Aus: Handreichung. Wie auf Ziele & Sinn entwicklung Bildung im Alter gelingt. eigenes Leben Selbstwirksamkeit BAGSO, Bonn 2019, S. 23. Sicheren und anregenden (Lern-) Orten stehen. Gelegenheiten sollten geschaf- die Gesellschaft außerordentlich be- fen werden, das eigene Wissen weiter- deutsam. Wir leben vom Austausch zugeben, es mit Gleichgesinnten zu tei- von Wissen, Erfahrungen und von len und in die Tat umzusetzen, z. B. in gegenseitiger Unterstützung. Dazu bürgerschaftlichem Engagement, das braucht es eine Kultur des „ins Ge- anderen zugutekommt. Für Bildungs- spräch Kommens“, des „aufeinander angebote im ländlichen Bereich gilt es Zugehens“ und des „gemeinsamen zudem, passende Formen zu finden, Engagements“. Hier sind die Nieder- die das eher selbstorganisierte Lernen lande oder Schweden besonders gut im Dorf mit Angeboten in nahe liegen- aufgestellt. In diesen Ländern gehören den Städten verbindet. Im Bereich des Bildung und Lernen im Alter einfach Lernens für Bürgerengagement zeigen dazu. Aber auch in Deutschland gibt Erfahrungen, dass das möglich ist und es viele sehr gute Ansätze. Unsere Bil- angenommen wird: Einerseits werden dungsorganisation muss sich dahinge- Fortbildungsveranstaltungen zentral hend verändern, dass sie Selbstorgani- angeboten, andererseits findet die Um- sation und das selbstbestimmte Lernen setzung dann im kleineren Kreis im der Älteren fördert. Dorf statt. Das spart Ressourcen und regt an, über den eigenen „Tellerrand“ hinauszuschauen, von anderen zu ler- nen und dann das umzusetzen, was in ZUR PERSON der Nachbarschaft gebraucht und ge- wünscht wird. Elisabeth Bubolz-Lutz ist Professorin für Geragogik Welche Bedeutung haben Bildung an der Universität Duisburg- und Lernen im Alter für die Gesell- Essen und Direktorin des schaft? Forschungsinstituts Gerago- Bildung im Alter – als Verknüpfung gik e. V. in Düsseldorf. von Reflexion und Handeln – ist für 7
BILDUNG IM LÄNDLICHEN RAUM Hohe Bereitschaft bei Älteren Interview mit dem Diplomtheologen und Soziologen Bernhard Eder Haben Seniorinnen und Senioren wusste Formate an informeller Bildung spezifische Bedürfnisse, die man als für Alt und Jung, vor allem durch ge- Bildungsträger aufgreifen sollte? sellige Aktivitäten. Am ehesten werden Ältere Menschen haben im Wesent- durch Kirchengemeinden, Heimat-, lichen dieselben Bildungsbedürfnisse Musik- Schützen- und Sportvereine und -orientierungen wie Erwachse- Angebote in der unmittelbaren Wohn- ne generell, mit einer Ausnahme: die umgebung gemacht. Ein Spezifikum berufliche Bildung spielt eine gerin- von Bildungsträgern im ländlichen ge Rolle, da viele in der Rentenphase Raum sind Landwirte als Zielgruppe. leben. Abgesehen davon sind sie am In Großstädten ist der Januar für die gesamten breiten Spektrum von The- Erwachsenenbildung eher eine „Sau- men und Bereichen interessiert – an re-Gurken-Zeit“. In diesem Zeitraum persönlichkeitsorientierter, kultureller, ist man weniger bildungsaffin. Völlig religiöser, gesundheitsbezogener, poli- anders ist die Situation bei Landwirten: tischer und ästhetischer Bildung. Im Januar gibt es auf den Bauernhöfen weniger zu tun. Somit ist er ein güns- Eine beträchtliche Zahl älterer Menschen tiger Monat, um etwas für die eigene will sich freiwillig engagieren. Sie brauchen Weiterbildung zu tun. eine Weiterbildung, die sie gezielt auf ihren Spielt Digitalisierung eine Rolle? freiwilligen Einsatz vorbereitet. Auch wenn die Zahl der älteren Off- Liner rapide abnimmt, sind manche Ob Kochen, Klönen, Tanzen, Wande- Seniorinnen und Senioren mit Com- rungen, Studienreisen oder Vorträge puter und Internet nicht vertraut. Das zu historischen Themen, ältere Men- gilt vor allem für die Betagten. Aber schen sind gerne dabei. Da sie in der die Bildungsbereitschaft zu Themen Regel nicht in ein beruflich bedingtes der Informations- und Kommunikati- Zeitkorsett eingebunden sind, haben onstechnologie ist hoch. Ich habe gute sie grundsätzlich mehr verfügbare Zeit Erfahrungen mit zwei Formaten der für Bildung, die sie nach meiner Erfah- digitalen Bildung für ältere Menschen rung gerne dafür nützen. Seniorinnen erlebt. Zum einen, wenn junge Men- und Senioren sind in Veranstaltungen schen ältere Menschen in die „Geheim- der Erwachsenenbildung zahlenmäßig nisse“ des Smartphones einweihen. gut repräsentiert. Für Jugendliche ist das Smartphone ein multipel genutztes Instrument, für Gibt es Besonderheiten im ländli- Seniorinnen und Senioren eher ein Te- chen Raum? lefon. Das andere Format ist: Alt ver- Auf dem Dorf gibt es traditionsbe- hilft Alt zu einer Entdeckungsreise in 8
BILDUNG IM LÄNDLICHEN RAUM die digitale Welt. Ältere Menschen mit guten Kenntnissen zu Computer und Internet und mit didaktischem Ge- spür erschließen betagten Menschen diese Bereiche mit viel Beratungsauf- wand und motivierender Seelenmas- sage. Hier finden sich 80-Jährige ein, die sich eigentlich geschworen haben, nie ein Notebook anzurühren und die auch mal den Hilferuf ausstoßen: „Hil- fe, ich habe das Internet gelöscht.“ bildung, die sie gezielt auf ihren frei- willigen Einsatz vorbereitet, in der sie Worin bestehen die Chancen und He- die dafür notwendigen Kompetenzen rausforderungen für Bildungsarbeit trainieren und Gewissheit über ihr En- mit Älteren? gagement-Projekt finden. Die nachberufliche Lebensphase um- So werden zum Beispiel in Stein- fasst eine lange Zeit, statistisch be- heim in Ostwestfalen Bürgerinnen trachtet circa 20 Jahre, mit sehr und Bürger, die 75 Jahre und älter sind unterschiedlichen Lebenslagen und und zu Hause wohnen, im Rahmen ei- Lebensorientierungen. Da gibt es den nes Hausbesuchs durch Ehrenamtliche fitten Marathonläufer und die de- umfassend zu Angeboten rund um das menzkranke Frau im Pflegeheim. Den Älterwerden informiert. Die Katho- unterschiedlichen Situationen älterer lische Landvolkshochschule Harde- Menschen mit adressatengenauen Bil- hausen bereitet diese Ehrenamtlichen dungsangeboten gerecht zu werden, durch den Kurs „Türöffner“ auf ihren ist eine große und spannende He- Einsatz vor. rausforderung. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit Bildungsangeboten gemacht, die Menschen gezielt auf ihr Leben nach ZUR PERSON der Berufsphase vorbereiten. Sie er- Bernhard Eder, Diplom- halten dabei Klarheit, welche Träume theologe und Soziologe M.A., sie verwirklichen wollen und welche Dozent an der Katholischen Talente sie entfalten möchten, unter- Landvolkshochschule füttert mit vielen Informationen und Hardehausen. Impulsen. Eine beträchtliche Zahl älterer Menschen will sich freiwillig engagieren. Sie brauchen eine Weiter- 9
JUNG UND ALT GEMEINSAM Erfolgreiche Tandems In Utting und Bersenbrück unterstützen Schülerinnen und Schüler ältere Menschen im Umgang mit digitalen Medien. I n Utting in Oberbayern gibt es seit 2014 einen generationsübergreifen- den Medienkurs. Organisiert wird er so lange, bis sie wirklich aufgenommen wurden.“ Inzwischen haben bereits 125 äl- vom Verein Füreinander, der sich in tere Menschen den Kurs durchlaufen, dem Ort am Ammersee um die Anlie- manche besuchen ihn nur ein halbes gen älterer Menschen kümmert. Jahr, manche bleiben länger. Auch bei den Schülerinnen und Schülern gibt Ich freue mich über die Gemeinschaft, es Wechsel: Sie beginnen in der Regel die da stattfindet. in der 10. Klasse und hören spätestens nach dem Abitur auf. Manfred Hausen Jeden Mittwoch treffen sich muss deshalb immer wieder neue Ju- Schülerinnen und Schüler von gendliche finden. Wenn Plakate in den Gymnasien aus der Umgebung Schulen nicht die gewünschte Wirkung mit Seniorinnen und Senioren, zeigen, greift der 72-Jährige zu unkon- um deren Fragen rund um Laptop, ventionellen Maßnahmen: „Ich habe Tablet oder Smartphone zu beantwor- mich auch schon mit einem Schild auf ten. Bewährt hat sich ein 1:1-Konzept. den Bahnsteig gestellt, von dem aus die Das heißt, ein junger und ein älte- Schülerinnen und Schüler nach Hause rer Mensch bilden ein Paar, das dann fahren, um zu werben.“ Für ihr sozia- über Monate kontinuierlich zusam- les Engagement erhalten die Jugend- menarbeitet. „Ich freue mich über die lichen ein Zertifikat, das sie später für Gemeinschaft, die da stattfindet“, sagt ihre Bewerbungen verwenden können. Manfred Hausen, der Leiter des Pro- „Das sind großartige junge Leute, jekts “ICH & DU & WIR im Netz“. ich staune wirklich, mit welcher Zu- „Die Pärchen setzen sich gemütlich zu- wendung die sich zu den Seniorinnen sammen und sprechen das durch. Die und Senioren setzen“, erzählt Manfred jungen Leute machen das nicht blitzar- Hausen. „Das ist auch meine Haupt- tig, weil sie es schnell können, sondern motivation, das zu machen, weil ich wiederholen die Dinge ganz fröhlich sehe, wie gut das läuft und wie herzlich die Beziehungen sind.“ ICH & DU & WIR im Netz | Utting, Bayern Füreinander e.V. mit Förderverein Seniorenhilfe e.V. Utting E-Mail: info@uttinger-helfen-uttingern.de http://www.füreinander.eu/ http://uttinger-helfen-uttingern.de/projekte 10
JUNG UND ALT GEMEINSAM I m niedersächsischen Bersenbrück können Seniorinnen und Senioren alle 14 Tage eine „Mediensprechstun- das dann mit den digitalen Medien erarbeitet wird. Dadurch fühlen sich unterschiedliche Leute angesprochen“, de“ aufsuchen. Wer Fragen hat zum sagt Linster. Die Bandbreite reicht von Umgang mit Smartphone, Tablet oder alltäglichen Fragestellungen, wie der Computer, kommt in die Bibliothek Gestaltung eines Fotobuchs, bis hin zu im Medienforum und erhält dort Hilfe. politischen Themen wie „Fake News“. Das Gebäude befindet sich direkt neben den Berufsbildenden Schulen Das geht sehr gut, wenn man Jung und des Landkreises Osnabrück. Eine Zu- Alt zusammenführt. sammenarbeit lag daher nahe, und die Erfahrungen sind durchweg posi- Manchmal beraten die Schülerin- tiv, berichtet Gabriele Linster, die Se- nen und Schüler die Seniorinnen und niorenbeauftragte der Samtgemeinde Senioren auch zu Hause, erzählt Lins- Bersenbrück: „Das geht sehr gut, wenn ter: „Die Samtgemeinde Bersenbrück man Jung und Alt zusammenführt.“ besteht aus mehreren Mitgliedsge- Die „Mediensprechstunde“ ist ein meinden. Wir haben ein großes Ein- fester Teil des Stundenplans der Schü- zugsgebiet, und manchmal stellen sie lerinnen und Schüler. „Wir arbeiten fest, dass sie aus demselben Ort kom- mit der Altenpflegeklasse zusammen, men und verabreden sich dann dort.“ also jungen Menschen, die sowieso Die „Mediensprechstunde“ gibt es einen Draht zu älteren Leuten haben“, seit April 2017, und Linster schätzt, erklärt Linster. „Meistens fragen sie in dass bereits mehr als 200 Menschen ihrer Pause bei uns nach, wie viele Se- das Angebot genutzt haben. niorinnen und Senioren da sind und sprechen sich dann in der Klasse ab, wer zu uns kommen kann.“ Auch in Bersenbrück arbeitet man nach dem Mediensprechstunde | Bersenbrück, Niedersachsen 1:1-Konzept. Seniorenbeauftragte der Samtgemeinde Die „Mediensprechstunde“ ist je- Bersenbrück doch keine reine Technikberatung. E-Mail: linster@bersenbrueck.de „Wir beschäftigen uns jedes Mal mit http://www.medienforum-bersenbrueck.de einem bestimmten Thema, das vorher in der Zeitung angekündigt wird und 11
JUNG UND ALT GEMEINSAM Mehr als Technikschulung Projekte in Bernsdorf und Göttingen setzen auf den Dialog zwischen den Generationen – auch mit kreativen Mitteln. D as Mehrgenerationenhaus im sächsischen Bernsdorf ist eine Anlaufstelle für Menschen jeglichen Umgang mit Smartphones, Tablets und internetfähigen Fernsehgeräten bis hin zu sozialen Medien wie WhatsApp, Alters. Ein neues Projekt rückt jetzt Instagram und Snapchat. Sie werden den Dialog zwischen den Generatio- dabei von der Schule und vom Mehr- nen in den Mittelpunkt. „Wir erhielten generationenhaus begleitet, die Gestal- vermehrt Anfragen von Menschen ab tung der Workshops liegt jedoch in ih- 60, die fragten, ob wir ihnen nicht den ren Händen. Außerdem dokumentiert Umgang mit Smartphone, Tablet und eine Gruppe den gesamten Prozess in Apps erklären könnten“, erzählt Silvio einem Film. Thieme, der Leiter des Jugendtreffs im Für die Jugendlichen ist dies auch Mehrgenerationenhaus. eine Chance, ihre Lebenswirklichkeit anderen Generationen zu vermitteln, Ziel ist es, auf beiden Seiten mehr glaubt Thieme. „Die ältere Generation Verständnis zu schaffen. hat Fragen, die sich nicht nur auf die Funktionsweise der Geräte beziehen, „Diese Generation bekommt Geräte sondern auch auf die Mediennutzung von ihren Kindern und Enkeln ge- der Jugendlichen oder auf Themen schenkt, um mit ihnen zu kom- wie Datenschutz und Sicherheit im munizieren, kann aber damit nicht Netz, die von Jüngeren meist nicht so umgehen.“ Thieme wandte sich da- ernst genommen werden.“ Ziel ist es, raufhin an die örtliche Oberschule auf beiden Seiten mehr Verständnis und entwickelte gemeinsam mit dem zu schaffen. „Wir hoffen, dass die Äl- Lehrerkollegium das Projekt „Digital teren besser verstehen, womit sich die trifft Analog“, das sich über ein Schul- Kinder beschäftigen, dass sie die Dinge jahr erstreckt. selbst nutzen können und gleichzeitig Schülerinnen und Schüler der mit ihren Fragen die Jugendlichen zur Klasse 7 bereiten Workshops für Ältere Reflektion anregen.“ zu verschiedenen Themen vor – vom Digital trifft Analog - Ein Dialog intergenerativer Lebenswelten | Bernsdorf, Sachsen RAA Sachsen e.V. E-Mail: thieme@raa-sachsen.com https://www.raa-sachsen.de/mehrgenerationen- haus-bernsdorf 12
JUNG UND ALT GEMEINSAM G enerationen verbinden ist auch das Ziel des Projekts „Senior*innen drehen Kurzfilme mit dem Smart- stimmten Erkrankungen umgeht.“ Er habe keine reine Technikschu- lung machen wollen, erklärt Hantscher: phone", das die Altenpflegefachschule „Für mich ist Filmen eine Art Vehikel: in Göttingen startete. Ausgangspunkt Man steigt in ein Thema technisch ein war, „dass viele Menschen, die dieses und hangelt sich daran entlang, um Gerät täglich nutzen, gar nicht wissen, sich intensiver mit einem Thema zu welche kreativen Möglichkeiten es bie- beschäftigen.“ tet“, sagt Projektleiter Cornelius Hant- scher. Dies gelte nicht nur für ältere, Viele Menschen, die das Smartphone sondern auch für junge Menschen. täglich nutzen, wissen gar nicht, welche Zunächst erhielten zwei Altenpfle- kreativen Möglichkeiten es bietet. geklassen eine Einführung in das Fil- men – von Beleuchtung über Ton bis Weil die Teilnehmenden so begeis- zur Wahl eines ansprechenden Bild- tert waren, überlegt die Altenpflege- ausschnitts. Parallel dazu wurden in fachschule, das Filmen mit Seniorin- der Stadt und im Umland Seniorinnen nen und Senioren fortzuführen. Ideen und Senioren über 60 gesucht, die be- gibt es viele: „Es gibt im Lehrplan reits ein Smartphone nutzen und Lust zum Beispiel das Thema Kriegskinder. hatten, mehr damit zu machen. Das Bisher wird das über Texte vermittelt. Projekt startete mit vier Senioren, die Wir überlegen, ob wir nicht mit den von sieben Schülerinnen und Schülern Schülerinnen und Schülern in Pflege- in das Filmen eingeführt wurden. An- einrichtungen gehen und dort mit schließend überlegten sie gemeinsam Smartphones Interviews machen.“ eine Geschichte und drehten einen fünfminütigen Film. „Der Prozess war hochinteressant, beide Seiten haben Senior*innen drehen Kurzfilme mit dem unheimlich voneinander profitiert“, Smartphone | Göttingen, Niedersachsen erzählt Hantscher. „Unser ältester Teil- Bildungsvereinigung Arbeit und Leben nehmer war 88 Jahre alt. Er hat in dem Niedersachsen Süd gGmbH Film eine Art fiktives Gespräch mit E-Mail: cornelius.hantscher@aul-nds.de seinem Urenkel darüber geführt, was https://www.aul-nds.de/standorte/region-sued Altern bedeutet und wie er mit be- 13
ANWENDUNGEN IM ALLTAG Auf Entdeckungsreise In Erding und in Thüringen können Ältere Stadt und Natur mit Apps erkunden. M an lernt Dinge leichter, wenn man Spaß dabei hat, lautet die Devise des Projekts „Senioren auf Grundlage des Spiels ist eine App, die derzeit gemeinsam mit einer Schu- le entwickelt wird. „Wir arbeiten mit digitalen Pfaden“. Im bayerischen Schülerinnen und Schülern eines Erding wird deshalb eine digitale Gymnasiums zusammen, die von einer Schnitzeljagd durch die Stadt vorbe- Medientrainerin und zwei Expertin- reitet, erzählt Carina Dollberger vom nen für Produktenwicklung unterstützt Katholischen Bildungswerk im Land- werden“, berichtet Dollberger. Die App kreis Erding. „Das wird eine Stadt- will gut vorbereitet sein, sodass sie tat- führung sein, bei der sich Seniorin- sächlich für ältere Menschen attraktiv nen und Senioren spielerisch mit dem und anwendbar ist. Die 11. Klasse des Smartphone beschäftigen und sehen, Anne-Frank-Gymnasiums hat deshalb wie hilfreich dies auch im Alltag sein zunächst Seniorinnen und Senioren kann.“ befragt, um herauszufinden, welche Stationen und Aufgaben sie bei der Die Produktentwicklung ist für uns alle ein digitalen Schnitzeljagd besonders in- spannender Lernprozess, der schon jetzt teressieren. Außerdem werden Grund- mehrere Generationen umfasst. schülerinnen und Grundschüler die App gemeinsam mit ihren Großeltern Die Schnitzeljagd führt z. B. in die testen. städtische Bücherei oder ins Museum. „Die Produktentwicklung ist für An jedem Ort muss eine Frage beant- uns alle ein spannender Lernprozess, wortet werden, bevor es dann weiter- der schon jetzt mehrere Generationen geht. „Die Stadtgeschichte ist vielen umfasst“, erzählt Dollberger. Wenn die Bürgerinnen und Bürgern Erdings ein Vorbereitungen abgeschlossen sind, Anliegen. Und indem sie sich damit werden Erdinger Seniorinnen und Se- beschäftigen, lernen sie auf lustvolle nioren mithilfe der App nicht nur ihre Weise neue technische Möglichkei- Stadt auf neue Weise erkunden kön- ten kennen“, so die Hoffnung der Bil- nen, sondern auch die technischen dungsreferentin. Möglichkeiten ihres Smartphones. Senioren auf digitalen Pfaden | Erding, Bayern Katholisches Bildungswerk Landkreis Erding e. V. E-Mail: c.dollberger@kbw-erding.de https://www.kbw-erding.de 14
ANWENDUNGEN IM ALLTAG I n Thüringen sind Seniorinnen und Senioren ebenfalls digital unterwegs – und zwar in der Natur. Angestoßen weil die Apps sehr einfach zu bedienen sind und die Seniorinnen und Senioren das selbst umsetzen konnten“, erzählt wurde das Projekt „Digital im Grü- Kürth. „Man braucht dafür kein In- nen“ vom Verband der Naturfreunde, formatikstudium, und es klappt selbst der in Thüringen neun Ortsgruppen mit den einfachsten Smartphones ganz vor allem im ländlichen Raum hat. gut.“ Das Projekt verbindet nicht nur „Die Vorstände der Gruppen sind Bewegung in der Natur mit neuen häufig im Rentenalter und haben Zeit, Medien. Kürth freut sich auch, dass Wanderungen vorzubereiten. Sie hat- auf diese Weise der Austausch gestärkt ten großes Interesse, etwas Neues aus- wird zwischen der älteren Generation, zuprobieren“, erzählt Martin Kürth die traditionell mit der Wanderkarte von der Geschäftsstelle des Landesver- unterwegs ist, und der jüngeren, die bands in Erfurt. „Die Naturfreunde im alles mit dem Smartphone regelt. Landkreis Gotha haben zum Beispiel schon seit Jahren Wanderungen mit Die Reaktionen sind sehr positiv, das einem GPS-Gerät gemacht und woll- Projekt hat den Nerv der Zeit getroffen. ten die Möglichkeiten kennenlernen, die ein Smartphone bietet.“ Vier Ortsgruppen der Naturfreun- Die Seniorinnen und Senioren de in Thüringen haben sich bereits wählten aus den Vorschlägen der beteiligt. Martin Kürth ist zuversicht- Geschäftsstelle geeignete Apps aus, lich, dass schon bald alle Gruppen die bereiteten Wanderungen vor, und los zusätzlichen Möglichkeiten nutzen ging’s durch den Thüringer Wald und werden: „Die Reaktionen sind sehr durch den Nationalpark Hainich. Eine positiv, das Projekt hat den Nerv der App wurde zur Streckenplanung ge- Zeit getroffen.“ nutzt, eine weitere, um eine digitale Schnitzeljagd zu veranstalten. Als be- liebt erwies sich auch eine App, die Digital im Grünen | Thüringen den Wanderweg im Nachhinein als NaturFreunde Thüringen e. V. 3D-Geländemodell darstellt – samt den E-Mail: kuerth@naturfreunde-thueringen.de Fotos, die unterwegs aufgenommen https://digitalimgruenen.blog wurden – und daraus einen kurzen Videofilm herstellt. „Das hat großen Spaß gemacht, 15
ANWENDUNGEN IM ALLTAG Zeitgemäßes Vernetzen Im Berchtesgadener Land und in Neukirchen steht der praktische Nutzen digitaler Medien für das tägliche Leben im Vordergrund. O b Schneeschippen oder Rasen- mähen, Grabpflege, Papierkrieg oder Besorgungen – es gibt viele Din- dienen“, sagt Reinhold Walter, der für die Umsetzung des Projekts „Vernet- zung der Nachbarschaftshilfe durch ge, die im Alter zunehmend beschwer- Einsatz digitaler Medien“ zuständig lich sind. Wenn man in einer länd- ist: „Die App bietet den ganzen Kata- lichen Gegend wohnt, kommt hinzu, log der Hilfeleistungen. Ich klicke das dass man häufig große Entfernungen Gewünschte an und definiere, ob es ein zurücklegen muss, um Dinge zu erle- bestimmter Termin sein soll oder nach digen. Unterstützung bietet in diesen Absprache – das war‘s. Diese Nach- Fällen die Nachbarschaftshilfe. richt geht unmittelbar an die Personen, die die entsprechende Hilfe anbieten. Im Vordergrund steht das schnelle Sie können dann direkt Kontakt zu den Vernetzen, das zeitgemäße Vernetzen Hilfesuchenden aufnehmen.“ untereinander. Für Seniorinnen und Senioren, die Unterstützung bei der Anwendung be- Im Berchtesgadener Land gibt es zwei nötigen, planen die Vereine Schulun- Vereine, die Hilfeleistungen vermitteln: gen. Zunächst würden sich vermutlich den Generationenbund und die Senio- viele weiterhin an die Geschäftsstelle rengemeinschaft. Bisher wenden sich wenden, sagt Walter. „Aber wir gehen die Hilfesuchenden telefonisch an die davon aus, dass sich das in naher Zu- Geschäftsstellen der Vereine. Die Mit- kunft verändern wird.“ Weil der Be- arbeiterinnen schauen dann nach, wer darf an Nachbarschaftshilfe enorm die angeforderte Hilfe leisten könn- gestiegen ist, werden noch mehr Per- te und versuchen, die entsprechende sonen benötigt, die Unterstützung Person anzurufen. Ein umständliches anbieten. Auch dabei könnte die App und zeitraubendes Verfahren. helfen, erklärt Reinhold Walter. Das Um die Abläufe zu vereinfachen, neue Verfahren sei für jüngere Men- haben die beiden Vereine eine App schen attraktiv, weil es direkter ist: entwickelt. „Sie ist kinderleicht zu be- „Im Vordergrund steht das schnelle Vernetzen, das zeitgemäße Vernetzen untereinander.“ Vernetzung der Nachbarschaftshilfe durch Einsatz digitaler Medien | Berchtesgadener Land, Bayern Generationenbund BGL e.V. E-Mail: g.u.wolf@t-online.de https://www.generationenbund-bgl.de https://www.seniorengemeinschaft-bgl.de 16
ANWENDUNGEN IM ALLTAG A uch im sächsischen Neukirchen im Landkreis Zwickau gibt es einen Verein, der ehrenamtliche Initiativen unterstützt, vor allem im Bereich der Seniorenselbsthilfe. „Wir sind schon seit 2006 hier im ländlichen Raum mit Informationen, die man sonst hier im Bildungsangeboten engagiert und da- ländlichen Raum nie erfahren würde. durch auch ziemlich bekannt“, erklärt Wir haben hier im Ort zum Beispiel Heidi Fengler-Kuna vom Verein Viel- keinen Bahnhof. Man muss also schau- falt für Bürger. Obwohl Neukirchen en, wann fährt der Zug von wo ab und sehr abgelegen ist, besuchen pro Jahr wie komme ich dort hin? Wann ist etwa 3.000 Menschen aus der gesam- irgendeine Veranstaltung? Wann hat ten Region die Begegnungsstätte des der Arzt Sprechzeiten? Das sind die Vereins. Für Fengler-Kuna hat das gro- Dinge, um die es vor allem geht.“ ße Interesse einen einfachen Grund: „Wir hören halt immer nach, was die Bei uns kann man spontan vorbei- Leute bewegt und was sie wollen. Wir kommen und muss sich nicht für sind flexibel in unseren Angeboten zehn Wochen festlegen. und gehen auf die Wünsche der Men- schen ein, die zu uns kommen.“ Heidi Fengler-Kuna glaubt, dass Ein Thema, das die Menschen be- Vereine Vorteile haben gegenüber an- wegt, ist die Digitalisierung: „Die älte- deren Bildungsanbietern: „Die Leute re Generation ist sehr stark an Bildung besuchen uns sehr gerne, weil wir uns interessiert, die wollen nicht abgehängt ein bisschen von der Volkshochschule werden und wollen mitreden können.“ unterscheiden. Bei uns kann man Der Verein startete deshalb das Pro- spontan vorbeikommen und muss sich jekt „Im Alltag digital unterwegs“. nicht für zehn Wochen festlegen. Aber Es richtet sich an über 50-Jährige, die das geht natürlich nur im ehrenamtli- an fünf Terminen in kleinen Gruppen chen Bereich.“ in die Nutzung von Smartphone und Tablet eingeführt werden. Zum wei- Im Alltag digital unterwegs | Neukirchen, Sachsen teren offenen Austausch bietet der Vielfalt für Bürger e. V. Neukirchen Verein einen Stammtisch an, für Ein- E-Mail: h.fengler-kuna@vfb-neukirchen.de zelberatung ein Internetcafé. Im Mit- http://www.vfb-neukirchen.de/im-alltag-digital- telpunkt steht dabei der konkrete Nut- unterwegs.html zen der Technik, sagt Fengler-Kuna: „Es geht vor allem um praktische 17
BESONDERE ZIELGRUPPEN Nützliche Technik Projekte in Schloen und im oberen Fuldatal zeigen, wie Menschen mit Handicaps von der Digitalisierung profitieren können. A ls wir den Verein 2009 gründeten, wollten wir keine Strick- und Hä- kelwettbewerbe veranstalten, wie das ich eine Bahnfahrkarte, wenn es in meinem Ort keinen Automaten gibt? „Wir wollen keine IT-Spezialisten aus- sonst hier üblich ist, sondern die di- bilden, sondern zeigen, welche Freu- gitalen Medien in den Vordergrund de es macht, die digitalen Medien im stellen“, erzählt Klaus Heidrich. „Wir Alltag zu nutzen“, erklärt Heidrich. bereiten die Menschen darauf vor, die „Das Wichtigste ist Solidarität. Wenn Zukunft richtig einzuschätzen und mit jemand ein Problem hat, dann wendet den Enkelkindern mitreden zu kön- er sich an die Gruppe, und irgendeiner nen.“ Heidrich ist Vorsitzender des kann ihm dann helfen.“ Dem Projekt Vereins Humanitas-Müritz, der sich ist es gelungen, ganz unterschiedliche in der mecklenburgischen Gemeinde Menschen zusammenzubringen: „Bei Schloen-Dratow für Ältere und Men- uns machen viele mit, die gesundheit- schen mit Behinderungen einsetzt. lich eingeschränkt sind – psychisch oder körperlich. Die vergessen ihre Das Wichtigste ist Solidarität. Wenn Sorgen, weil wir uns mit Gott und der jemand ein Problem hat, dann wendet er Welt beschäftigen.“ Wenn es kompliziert wird, holen sich an die Gruppe, und irgendeiner sich die Online-Füchse einen Dozen- kann ihm dann helfen. ten oder eine Dozentin vom Projekt „Digital-Kompass“ der BAGSO auf Ein Projekt des Vereins sind die die Leinwand. Diese Videokonferen- „Schloener Online Füchse“. Die zen sind möglich, weil Neu-Schloen Gruppe trifft sich jeden Mittwoch in einen schnellen Internetanschluss hat einem Gutshaus in Neu-Schloen, um – als einziger Ort weit und breit. „Den sich über Fragen aller Art auszutau- haben wir uns dreieinhalb Jahre lang schen: Wie kann ich online einkau- hart erkämpft“, erzählt Klaus Heidrich fen, wenn der nächste Supermarkt 30 stolz. „Die Gemeinde Schloen hat nur Kilometer entfernt ist? Wie bekomme 534 Einwohner. Aber weil wir hier zusammenhalten und sich alle beteiligt haben, haben wir jetzt schnelles Inter- Schloener Online Füchse | Neu-Schloen, net. Dieses kleine Monopol zieht Leute Mecklenburg-Vorpommern aus dem gesamten Umland an.“ Humanitas-Müritz e. V. E-Mail: humanitas-mueritz@gmx.de http://www.humanitas-mueritz.verein.me 18
BESONDERE ZIELGRUPPEN I m hessischen Ebersburg-Weyhers gibt es alle zwei Wochen ein „Smar- tes Frühstück“, zu dem Interessierte aus ängste abbauen will. Unterstützt wird Susanne Beh von einem Technik- botschafter, der Interessierte auch zu der gesamten Region Oberes Fuldatal Hause besucht. Die Geräte nicht nur eingeladen sind. Wer Fragen zu seinem zu sehen, sondern auch tatsächlich an- Smartphone oder Tablet hat, kann sie zuschaffen, sei durchaus eine Hürde, hier stellen. Das Besondere dabei: Das erklärt Beh. Frühstück findet im Treffpunkt „Alte Post“ statt, einem Haus der Gemeinde, Wir zeigen älteren Menschen und ihren das mit allerlei Technik aufwartet. „Wir Angehörigen die Praxis und den konkreten zeigen, was man in einer Wohnung alles Nutzen technischer Lösungen. zur Unterstützung einrichten kann, um auch mit Handicaps möglichst lan- Sie ist jedoch überzeugt davon, dass ge selbstständig wohnen zu können“, die Bedeutung von Smart-Home-Sys- erzählt Susanne Beh vom Verein Mitei- temen künftig zunehmen wird, ins- nander-Füreinander Oberes Fuldatal. besondere in Verbindung mit Sprach- Wer das Haus betritt, erlebt, dass steuerung. „Für Menschen mit Mo- automatisch das Licht angeht, sieht den bilitätseinschränkungen oder Men- beleuchteten Handlauf an der Treppe schen, die ihre Finger nicht mehr so und die elektrische Herdüberwachung gut bewegen können und deshalb in der Küche. „Unser Ansatz ist nied- Schwierigkeiten bei der Bedienung von rigschwellig“, erklärt Beh. „Wir zeigen Smartphone oder Tablet haben, ist es älteren Menschen und ihren Angehö- sehr hilfreich, wenn sie einfach sagen rigen die Praxis und den konkreten können: ‚Licht an, Jalousie rauf, mach Nutzen technischer Lösungen.“ Beh 20 Grad warm‘. Natürlich gibt es viele, bietet auch spezielle Führungen durch die Bedenken zum Datenschutz haben, das Haus an, erklärt und berät. „Das aber für viele ist der Nutzen einfach reicht von ganz einfachen Sachen, größer.“ wie zum Beispiel speziellem Geschirr, Besteck und elektrischem Dosenöff- Hilfreiche Technik im @lltag | Ebersburg, Hessen ner über Hausnotrufgeräte bis hin Miteinander-Füreinander Oberes Fuldatal e. V. zu Smart-Home-Komponenten: Wie E-Mail: aal-projekt@ebersburg.de kann ich das Licht steuern? Wie kann https://www.mit-und-fuer.de/projekte-footer ich Heizkörper steuern?“ „Hilfreiche Technik im @lltag“ heißt das Projekt, das Berührungs- 19
BESONDERE ZIELGRUPPEN Erfahrungen sammeln In Schorndorf werden Menschen mit erhöhtem Lernbedarf an digitale Medien herangeführt, in Ostfriesland geflüchtete Menschen. W ie kann man Menschen, denen der Umgang mit dem Smart- phone schwer fällt, gut anleiten? Diese Und Rolf Failmezger ergänzt. „Wir wollen ja nicht auf fremden Handys ‚rumfummeln‘, sondern wollen, dass Frage beschäftigt ein ehrenamtliches die Leute das selber machen, also einen Beratungsteam, das im Familienzen- handlungsorientieren Ansatz.“ trum im baden-württembergischen Ein Schwerpunkt des Projekts Schorndorf seit mehr als fünf Jahren „Das Smartphone als Instrument der älteren Menschen bei Fragen rund um Alltags-/Lebensbewältigung“ ist des- Computer und Internet Hilfe anbietet. halb, neue didaktische Methoden zu entwickeln. Die Mitglieder des Teams Wir wollen ja nicht auf fremden Handys suchen unter anderem nach techni- ‚rumfummeln‘, sondern wollen, dass die schen Lösungen, um das Smartphone Leute das selber machen. auf einem großen Bildschirm zu spie- geln. Dann könnten sie die Funktionen Da sich inzwischen die meisten auf dem Monitor erklären, während Fragen auf das Smartphone beziehen, die Ratsuchenden die Schritte auf hat sich die Beratungssituation verän- ihrem Gerät nachvollziehen. „Wir wol- dert, erzählt Lothar Poloczek. „Mit dem len spezielle Arbeitsplätze aufbauen, Notebook oder dem PC sitzt man als damit Menschen, die Schwierigkeiten kleine Gruppe vor dem Bildschirm und mit dieser Technologie haben, zu uns kann wunderschön zusammen arbei- kommen und mit unserer Hilfe üben ten. Beim Smartphone geht das nicht. können“, erklärt Poloczek. Das Gerät ist klein, und jedes funktio- Das Angebot richtet sich an Ältere, niert anders, also müssen wir es erst an Menschen, die motorisch oder mal in die Hand nehmen. Aber keiner visuell eingeschränkt sind, und an gibt es gerne aus der Hand, und wenn Menschen mit funktionalem Analpha- man mit Menschen zusammensitzt, betismus. Um sie gut anleiten zu kön- die sehr langsam begreifen, dann ist es nen, setzt das ehrenamtliche Team ein ständiges Hin- und Herreichen.“ nicht nur auf speziell ausgerüstete Ar- beitsplätze, sondern auch auf ein reduziertes Lerntempo und einen ho- Das Smartphone als Instrument der Alltags-/Lebens- hen Anteil an Übungs- und Trainings- bewältigung | Schorndorf, Baden-Württemberg phasen. Mehrgenerationenhaus Familienzentrum Schorndorf e.V. E-Mail: familienzentrum@schorndorf.de http://www.familienzentrum-schorndorf.de 20
BESONDERE ZIELGRUPPEN I n der Stadt Norden, unweit der Nordseeküste, möchte man ebenfalls weitere Zielgruppen erreichen. Hier ist Offenen Treff im Mehrgenerationen- haus Erfahrungen mit digitalen Me- dien sammeln. Die Volkshochschule die Kreisvolkshochschule für die kom- stellt Tablets zur Verfügung, die zum munale Bildungsarbeit in der länd- Beispiel dazu genutzt werden können, lichen Region Ostfriesland mit ihren um mit Angehörigen im Herkunfts- rund 90.000 Einwohnerinnen und Ein- land zu skypen. wohnern zuständig. „Als große Volks- hochschule mit 300 Festangestellten Wir wollen die Möglichkeiten, die wir übernehmen wir aber auch viele an- hier haben, miteinander verweben und dere Aufgaben im Landkreis“, erzählt speziell unsere Kontakte zu älteren Olaf Topf. geflüchteten Menschen nutzen. So ist die Bildungseinrichtung unter anderem Träger eines Mehrge- Olaf Topf denkt bereits über nerationenhauses (MGH) und einer weitere Querverbindungen nach: „Wir Freiwilligenagentur. „Eine weitere Be- haben noch einen anderen Com- sonderheit ist, dass wir seit drei, vier puterkurs für Seniorinnen und Se- Jahren auch in der Flüchtlingsarbeit nioren im Haus. Vielleicht haben sehr aktiv sind“, erklärt Topf. „Wir be- diejenigen, die schon ein bisschen treiben ein Integrationszentrum, in weiter sind, Interesse, unser Team dem geflüchtete Menschen wohnen, zu unterstützen.“ Der Offene Treff und beschäftigen Alltagsbegleiter und sei ein idealer Ort der Begegnung: Integrationsbegleiter.“ „Ich kann mir vorstellen, dass bei Diese vielfältige Struktur bildet Treffen zwischen geflüchteten Men- den Hintergrund für das Projekt schen und anderen Seniorinnen und „MGHdigital“ – ein Bildungsange- Senioren neben der digitalen Bildung bot, das sich insbesondere an älte- auch Deutschlernen ein Thema sein re Menschen mit Migrations- bzw. könnte.“ Fluchthintergrund richtet, die von Bil- dungsangeboten bisher nicht erreicht MGHdigital | Norden, Niedersachsen wurden. „Wir wollen die Möglichkei- Kreisvolkshochschule Norden gGmbH ten, die wir hier haben, miteinander E-Mail: o.topf@kvhs-norden.de verweben und speziell unsere Kontakte https://kvhs-norden.de zu älteren geflüchteten Menschen nut- zen.“ Angeleitet von Ehrenamtlichen und Freiwilligen können sie bei einem 21
AUFSUCHENDE ANGEBOTE Beratung zu Hause In Torgelow und Augsburg besuchen Ehrenamtliche ältere Menschen, um Fragen rund um das Internet zu klären. D as Mehrgenerationenhaus in Torgelow in Mecklenburg-Vor- pommern bietet Technikschulungen dann fährt er von Haus zu Haus und hilft beim Umgang mit den Geräten.“ Dabei legt er lange Strecken zurück, an. Aber die Koordinatorin des Hau- denn die Region rund um Torgelow ses, Brigitte Seifert, hat die Erfahrung ist dünn besiedelt. Auf einem Quad- gemacht, dass immer wieder Seniorin- ratkilometer leben gerade einmal 43 nen und Senioren zu ihr kamen und Personen. Das Internet ist deshalb von sagten: „Wenn ich zu Hause bin, sieht besonderer Bedeutung: „Online-Ein- mein Bildschirm ganz anders aus, und kaufen spielt eine wichtige Rolle, denn dann weiß ich wieder nicht, was ich wenn man etwas Spezielles haben machen soll.“ Das brachte sie auf die möchte, muss man 50 Kilometer nach Idee, einen Seniortrainer mit Schwer- Neubrandenburg oder 75 Kilometer punkt Digitalisierung anzufragen, ob nach Greifswald fahren“, erklärt Sei- er nicht Hausbesuche machen könne, fert. Viele Ältere wollten oder könn- um nicht nur ältere Frauen und Män- ten aber nicht mehr Autofahren, und ner sondern auch Langzeitarbeitslose die Verkehrsanbindungen seien nicht besser zu erreichen. besonders gut. Sehr wichtig sei auch der Wunsch nach Kommunikation mit Viele haben Kinder, die anderswo Arbeit der Familie: „Viele haben Kinder, die gesucht haben, und man staunt, wie die anderswo Arbeit gesucht haben, und Älteren versuchen, über Skype oder über man staunt, wie die Älteren versuchen, ihr Smartphone in Kontakt zu bleiben. über Skype oder über ihr Smartphone in Kontakt zu bleiben.“ Das Projekt „Hilfe beim Umgang Brigitte Seifert rechnet damit, dass mit Computer, Tablet und Smart- die Nachfrage nach Technikberatung phone“ kommt sehr gut an, erzählt im häuslichen Umfeld zunehmen wird. Seifert. „Unser Seniorentrainer ist ein Deshalb hat das Mehrgenerationen- ehemaliger Lehrer, und er hat richtig haus in Torgelow vorsorglich bereits viel zu tun. Die betreffenden Personen fünf weitere ältere Menschen als so- rufen im Mehrgenerationenhaus an, genannte „SilverSurfer“ ausgebildet, die ehrenamtlich technische Beratung leisten können. Hilfe beim Umgang mit Computer, Tablet und Smart- phone | Torgelow, Mecklenburg-Vorpommern Volkssolidarität Uecker-Randow e.V. E-Mail: hdbg@volkssolidaritaet.de https://www.volkssolidaritaet.de/uecker-randow-ev/ begegnung-kultur/mehr-generationen-haus/ 22
AUFSUCHENDE ANGEBOTE A uch der Katholische Deutsche Frauenbund in Augsburg bietet nicht nur Internetkurse, sondern auch Dozentinnen die Technik Männern er- klären, sei hingegen kein Problem. Der Besuchsdienst werde tendenziell mehr Schulungen zu Hause an. „Wir wollen von Frauen angefragt, aber auch von damit auch diejenigen erreichen, die Männern, und die Rückmeldungen hochaltrig und mobil eingeschränkt seien durchweg positiv. sind“, sagt Bildungsreferentin Maria Hierl. Interessierte Seniorinnen und Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Senioren aus den ländlichen Regionen die Frauen in den Kursen andere Fragen rund um Augsburg können sich bei der stellen und ein anderes technisches Geschäftsstelle des Verbands melden Verständnis haben als Männer. und sogenannte „Social-Media-Beglei- terinnen“ anfordern. Die ehrenamtlich Die „Social-Media-Begleiterin“ be- arbeitenden Frauen wurden für diese sucht Interessierte zehn Mal eine Stun- Aufgabe vom Zentrum für Allgemei- de lang, um auf individuelle Fragen ne Weiterbildung der Universität Ulm rund um Laptop, Tablet oder Smart- technisch und pädagogisch geschult. phone einzugehen. Letztlich sei der Das Projekt „Voll im Leben – Zeitaufwand für die ehrenamtlichen Bleiben Sie in Kontakt durch´s Inter- Beraterinnen aber wesentlich höher, net!“ komme sehr gut an, berichtet erzählt Hierl. „Sie bleiben in der Regel Hierl. Das Angebot richtet sich sowohl länger, bekommen Kaffee und Kuchen, an Frauen als auch an Männer, die Be- denn die Seniorinnen und Senioren ratung machen jedoch ausschließlich freuen sich, dass jemand kommt und Frauen. Das habe natürlich mit dem mit ihnen spricht.“ Charakter des Verbands zu tun, erklärt die Bildungsreferentin, sei aber auch eine bewusste Entscheidung gewesen: Voll im Leben – Bleiben Sie in Kontakt durch´s „Bei unseren Internetkursen ist das Internet! | Augsburg, Bayern Erfolgskonzept, dass nur Dozentinnen Bildungswerk des KDFB Diözesanverband unterrichten. Wir haben die Erfah- Augsburg e.V. rung gemacht, dass die Frauen in den E-Mail: frauenbund.referentinnen@bistum- Kursen andere Fragen stellen und ein augsburg.de anderes technisches Verständnis ha- https://www.frauenbund-augsburg.de/ ben als Männer. Bei Dozenten trauen themen-projekte/voll-im-leben sie sich oft nicht, nachzufragen.“ Dass 23
SENIORENZENTREN Hemmschwellen abbauen Seniorenzentren im Westerwald, in Illingen und Burgdorf un- terstützen ältere Menschen beim Einstieg in die digitale Welt. D ie Bewohnerinnen und Bewoh- ner des AWO-Seniorenzentrums im rheinland-pfälzischen Höhr-Grenz- zögerlich, aber dann haben sie sich doch getraut“, erzählt Kulicke. Das Kegeln auf der Spielkonsole hausen kegeln jede Woche. Das brach- sollte den Bewohnerinnen und Be- te die Ehrenamtskoordinatorin des wohnern des Seniorenzentrums den Hauses, Berit Kulicke, auf die Idee, Einstieg in die digitale Welt erleichtern. etwas Neues auszuprobieren. Da sie seit „Wir haben uns für eine langsame Her- Langem mit dem örtlichen Jugendzen- anführung entschieden, die auch Spaß trum zusammenarbeitet, weiß sie, dass macht.“ Künftig soll ihnen ein Compu- auch Kinder gerne kegeln – allerdings ter zur Verfügung stehen, den sie unter auf ihrer Wii-Konsole. „Wir dach- Anleitung nutzen können, um mit An- ten, dann kegeln die mal zusammen“, gehörigen, die weit entfernt wohnen, erzählt Kulicke. zu skypen, eine E-Mail zu schreiben oder eines Tages vielleicht auch online Wir haben gemerkt, gerade was einkaufen zu können. die Digitalisierung betrifft, kommen „In unserem Haus leben sehr vie- wir ohne intergenerationelle Projekte le hochaltrige Menschen“, berichtet Berit Kulicke. „Für die ist die digita- nicht sehr weit. le Welt eine große Herausforderung.“ Im September 2018 startete das Die Hemmschwelle gegenüber digi- Projekt „Kegeln mal anders“: Die talen Geräten sei höher als vermutet, Kinder im Alter von acht bis dreizehn die Zusammenarbeit mit Kindern und Jahren kamen mit ihrer Spielkonsole Jugendlichen mache das Ganze jedoch in das Seniorenzentrum und erklärten ein bisschen leichter. „Unsere Bewoh- den Bewohnerinnen und Bewohnern, nerinnen und Bewohner mögen diesen wie man mit einem Controller in der Austausch zwischen den Generationen Hand kegelt. „Wir hatten eine Lein- generell sehr gern. Aber wir haben ge- wand aufgebaut, das hat die Senio- merkt, gerade was die Digitalisierung rinnen und Senioren schon neugierig betrifft, kommen wir ohne intergene- gemacht. Sie waren zunächst etwas rationelle Projekte nicht sehr weit.“ Kegeln mal anders | Höhr-Grenzhausen, Rheinland-Pfalz AWO Seniorenzentrum Kannenbäckerland E-Mail: Olga.Ganis@AWO-rheinland.de https://awo-blog.info/kegeln-mal-anders/ 24
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