GRUBISO - Grundbildung im Sozialraum - Aufbau von niedrigschwelligen Lernangeboten und Ansprache von Menschen mit geringen Lese-Schreib-Kompetenzen
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GRUBISO — Grundbildung im Sozialraum PRAXISBERICHT Aufbau von niedrigschwelligen Lernangeboten und Ansprache von Menschen mit geringen Lese-Schreib-Kompetenzen
Inhaltsverzeichnis 3 Vorwort 4 Vorstellung des Projektes und der Hauptziele 6 Volkshochschule im Bildungsforum Potsdam und Projektpartner: Potsdamer Tafel e. V. und Nachbarschafts- und Begegnungshaus Friedrich-Reinsch-Haus 10 Sensibilisierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und aufsuchende Arbeit 14 Offene Lerncafés 24 Öffentlichkeitsarbeit 29 Fazit 30 Impressum 2
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, es gibt einen Weg zurück zum Lernen! Und Projekte, die diesen Weg weisen, liegen mir sehr am Herzen. Schließlich ist und bleibt das Thema relevant: Rund 6,2 Millionen Menschen in Deutschland können zwar teilweise einfache Sätze lesen, jedoch komplexere Sachverhalte nicht erfassen. Als ich 2018 die Schirmherrschaft für das Projekt Grundbildung im Sozialraum ( GRUBISO ) übernahm, war ich optimistisch und sehr gespannt auf die Arbeit in einem Stadtteil mit vielen sozialen He- rausforderungen. Meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht: Die Lern- und Beratungsangebote vor Ort sind sehr erfolgreich und haben viele Potsdamerinnen und Potsdamer für das wichtige The- ma Grundbildung sensibilisiert. Ich freue mich deshalb sehr, dass es der Volkshochschule im Bil- dungsforum Potsdam mit GRUBISO gelungen ist, innerhalb von drei Jahren niedrigschwellige und gut besuchte Lernangebote im Potsdamer Stadtteil Schlaatz zu etablieren. Gleichzeitig wurde ein umfassendes Netzwerk für die Grundbildung in der Stadt Potsdam und im Land Brandenburg aufgebaut. GRUBISO hat offene und kostenfreie Grundbildungsangebote für Menschen geschaffen, die nicht ausreichend lesen, schreiben oder rechnen können. In den Lerncafés sind alle Interessierten willkom- men. Es ist schön zu sehen, mit wie viel Freude, Fleiß und Energie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich dort treffen, austauschen, gemeinsam mit Ehrenamtlichen oder für sich allein lernen. In dieser Broschüre können Sie etwas über das Konzept erfahren und sich von den Erfahrungen, Beobachtungen und Ideen für Ihre Tätigkeit im Bereich Grundbildung inspirieren lassen. Ich wünsche der Volkshochschule als GRUBISO-Trägerin, dass auch nach dem Ende des Projektes viele Menschen ihren Weg dorthin finden, um sich ( wieder ) für das Lernen, das Lesen und das Schreiben zu begeistern und neu durchzustarten! Dr. Manja Schüle Schirmherrin GRUBISO und Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg Potsdam, im Juli 2021 3
Gering Literalisierte aus dem Potsdamer Stadtteil Schlaatz für das Lernen zu gewinnen und zu aktivieren, das war die Aufgabe von GRUBISO, einem Projekt der Volkshochschule im Bildungsforum Potsdam. Die Zielgruppe waren Deutsch sprechende Erwachsene im Stadtteil, die Defizite im Lesen, Schreiben, Rechnen oder eine geringe Medienkompetenz haben. Der Schlaatz wird in Potsdam als ein Stadtteil mit » Entwicklungsbedarf «1 eingestuft. Er ist geprägt durch eine – verglichen mit anderen Potsdamer Stadtteilen – hohe Arbeits- losenquote2 und eine Konzentration sozioökonomischer Problemlagen. Anknüpfungspunkte für GRUBISO bildeten die lebensweltlich orientierten Angebote der zwei Kooperationspartner, die für das Projekt gewonnen werden konnten: das Nachbarschafts- und Begegnungshaus Friedrich-Reinsch-Haus der Sozialen Stadt ProPotsdam gGmbH und die Potsdamer Tafel e. V. Beide Institutionen haben ihren Tätigkeitsschwerpunkt im Stadtteil. Die Aktivierung und Gewinnung der Zielgruppe erfolgte durch aufsuchende Arbeit sowie niedrigschwellige Schnupper- angebote in den Partnereinrichtungen. Ziel war es, über den Beziehungsaufbau und den starken Bezug zu Alltagsthemen der Menschen im Stadtteil eine regelmäßige Teilnahme an den offenen Lernangeboten zu erreichen. Passend für diese Lernangebote wurden lebensweltlich orien- tierte Lehr- und Lernmaterialien zu den Themen Ernährung, Einkaufen, Alltag & Finanzen konzipiert, erprobt und durch- geführt. Die Lehr- und Lernmaterialien wurden sowohl für einen assistierten Einsatz in den Lerncafés als auch für das selbstorganisierte und selbstregulierte Lernen entwickelt. Die Projektlaufzeit war zwischen Januar 2019 und Oktober 2021. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung. Diese Handreichung gibt einen Einblick in die Arbeit von GRUBISO und Empfehlungen für den Aufbau von offenen Lernangeboten im Sozialraum für Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten. Projekthaus erlenhof 32 – Markt- platz am Schlaatz, Büro GRUBISO. Die begleitenden » GRUBISO-Materialien für Angebote im Sozialraum « finden Sie im Dokumentationsordner » GRUBISO – Grundbildung im Sozialraum « oder als Down- load auf der Website der Volkshochschule Potsdam unter Grundbildung. 1 Landeshauptstadt Potsdam, Fachbereich Stadtplanung und Stadt- erneuerung: Schlaatz_2030, Integriertes Entwicklungskonzept, Soziale Stadt am Schlaatz, Potsdam, 2019. Seite 1. 2 Die Arbeitslosenquote am Schlaatz lag 2019 bei 12,1 % ( in Potsdam gesamt: 6,8 %). Siehe: Landeshauptstadt Potsdam, Statistik und Wahlen, 2019. 5
Volkshochschule im Bildungsforum Potsdam und Projektpartner: Potsdamer Tafel e. V. und Nachbarschafts- und Begegnungshaus Friedrich-Reinsch-Haus Volkshochschule im Bildungsforum Potsdam Die Volkshochschule Potsdam ist das kommunale Weiterbildungszentrum der Landeshauptstadt Die Volkshochschule im Potsdamer Potsdam.3 Sie verfügt über langjährige, fundierte Bildungsforum am Platz der Einheit. Kenntnisse und Erfahrungen in der Grundbildungs- arbeit. Bereits seit 1993 bietet sie regelmäßig kosten- lose Grundbildungskurse an und war Modellstandort verschiedener Projekte.4 Unter dem Motto » Bildung für alle! « ist die Volkshochschule seit 2015 Trägerin eines Grundbildungszentrums. Neben den offenen Lerncafés des Grundbildungszentrums bietet die Volkshochschule auch verschiedene Kurse an: u. a. Lesen und Schreiben von Anfang an, Lesen und Schreiben am PC, Einfach Potsdam – Stadtgeschich- te einfach erklärt, Englisch von Anfang an, Einstieg ins E-Learning. Volkshochschule und Grundbildungs- zentrum arbeiten in Potsdam mit über 20 Partnern5 zum Thema Grundbildung zusammen, woraus sich viele Kooperationen ergeben haben: z. B. Schulungs- angebote für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie Studierende ( Leichte Sprache u. a. ), gemein- same Veranstaltungen und Aktionen ( bspw. Informa- tionsangebote in den Einrichtungen zu den Angeboten der Volkshochschule ) sowie Grundbildungsangebote ( wie Museumsführungen in Leichter Sprache ). 3 Vgl. Leitbild der Volkshochschule im Bildungsforum Pots- dam: http://vhs.potsdam.de/vhsneu/ueber-uns/leitbild, [ Stand: 09.06.2021 ] 4 EQUALS ( 2008 bis 2010 ), AlphaKommunal – Kommunale Strategie für Grundbildung ( 2012 bis 2015 ), EU-Programm ERASMUS+ » Back to learning « ( 2018 bis 2020 ), GRUBISO – Grundbildung im Sozialraum ( 2019 bis 2021 ). 5 Bürger- und Mehrgenerationenhäuser, Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk ( EJF ), Fachhochschule Clara Hoffbauer, Heinrich von Kleist Schule ( 2. Bildungsweg ), Industrie- und Handelskammer Potsdam, Jobcenter, Kultür Potsdam, Museum Barberini, Oberlin-Werkstätten, Soziale Stadt ProPotsdam gGmbH, Landeshauptstadt Potsdam Bereich Arbeit und Beschäftigung, Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, TÜV Rheinland, Verkehrsbetrieb in Potsdam 6 GmbH, Zentrum für Therapie der Rechenschwäche u. a.
Mit dem Projekt GRUBISO wurde die Basis für ein sich ihr Handeln u. a. an Teilhabe, Humanität und Grundbildungsangebot im Potsdamer Stadtteil sozialer Verantwortung aus: » Jeder Mensch soll Schlaatz gelegt, die Arbeit mit Ehrenamtlichen aus- Chancen zur persönlichen, kulturellen, sozialen, geweitet, drei Lerncafés aufgebaut und v. a. verschie- schulischen und beruflichen Entfaltung erhalten. dene Möglichkeiten der Ansprache von Menschen [ … ] Tafeln übernehmen durch ihr Handeln soziale mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen erprobt. Verantwortung und erinnern die Gesellschaft an ihre Verpflichtung gegenüber bedürftigen und aus- gegrenzten Menschen. [ … ] Sie unterstützen Initia- Potsdamer Tafel e. V. tiven, die auf diese Stärkung der aktiven Bürger- schaft und Selbsthilfe ausgerichtet sind. « 6 Der Kooperationspartner Potsdamer Tafel unter- Durch die Kooperation mit dem Grundbildungspro- stützt jede Woche über 1.200 Bedürftige. Die Kundin- jekt GRUBISO wurde Benachteiligten ein Zugang zu nen und Kunden kommen aus dem gesamten Stadt- Bildung ermöglicht. gebiet Potsdams, da es nur eine Ausgabestelle gibt. Neben den Mitarbeitenden unterstützen 80 bis 90 6 Leitbild der Tafel Deutschland: https://tafel.de/ueber-uns/ Ehrenamtliche die Einrichtung. Laut Leitbild richtet unsere-werte/leitbild, [ Stand: 17.05.2021 ]. 7
PROJEKTPARTNERSCHAFTEN Das Projekt besuchte die Tafel binnen der Projekt- laufzeit von 34 Monaten ca. 20-mal an verschiedenen Wochentagen zu den Ausgabezeiten, zu denen jeweils etwa 100 Kundinnen und Kunden vor Ort waren, mit einem Schnupper- und Informationsangebot. Mit dem GRUBSIO-Lastenfahrrad konnten Bücher und Getränke zur Tafel transportiert und dort ausgegeben werden. Die Mitarbeiterinnen von GRUBISO kamen hier mit vielen Menschen – Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, ehrenamtlich Interessierten sowie Lerninteressierten – ins Gespräch. Anfang Februar 2019 wurde der Potsdamer Tafel das GRUBISO-Projektteam durch seine Leiterin vorgestellt. GRUBISO führte für die ehrenamtlich Mitarbeitenden Sensibilisierungsschulungen direkt in der Einrichtung durch und präsentierte das Pro- jekt, seine Zielsetzung sowie die wichtigsten Aspekte zum Thema Alphabetisierung und Grundbildung. Dies brachte Diskussionen und viel Gesprächsbedarf mit sich. Die Sorge der ehrenamtlich Mitarbeitenden war, dass das Projekt für sie Mehrarbeit bringen könnte. Im persönlichen Gespräch konnte darauf Mit dem Lastenrad eingegangen und diese Bedenken entkräftet werden. und Büchertisch In regelmäßigen Abständen konnte GRUBISO wäh- bei der Potsdamer Tafel. rend der Lebensmittelausgabe einen Stand mit Infor- mationsmaterialien und Angeboten aufbauen und mit den Wartenden ins Gespräch kommen. Dadurch wurde das Projekt bei der Tafel schnell bekannt und es konnten Gespräche mit potenziellen Teilnehmen- den geführt und ehrenamtlich Mitarbeitende für die Lerncafés gewonnen werden. Insbesondere die niedrigschwelligen Angebote, wie z. B. die Ausgabe von Heißgetränken im Winter, Bastel- tische für Kinder und Angebote zum Thema Gesunde Ernährung, eröffneten GRUBISO den Zugang zu den Menschen. Nachdem das GRUBISO-Projektteam vor Schnupperangebot Ort bekannt war, berichteten regelmäßig Menschen mit Kaffee, Kuchen von ihren Schriftsprachschwierigkeiten, darunter und Kreativtisch. sowohl Personen mit Muttersprache Deutsch als auch Zugewanderte, die schon lange in Deutschland leben. Im Ergebnis fanden nur wenige den Weg ins Lerncafé. Die Hemmschwelle war für viele Kundin- nen und Kunden der Potsdamer Tafel zu hoch und der erste Schritt zu schwierig. Ein Lernangebot direkt vor Ort – wie ursprünglich angedacht – ließ sich aufgrund der räumlichen Gegebenheiten leider nicht realisieren. 8
GRUBISO-Plakat vor dem Friedrich- Reinsch-Haus. Nachbarschafts- und Begegnungs- haus Friedrich-Reinsch-Haus der Sozialen Stadt ProPotsdam gGmbH Hervorzuheben ist die Verbundpartnerschaft mit Leitung und Mitarbeitende des FRH unterstützten dem Begegnungs- und Nachbarschaftshaus Friedrich- GRUBISO intensiv, berieten Menschen mit Schwie- Reinsch-Haus der Sozialen Stadt ProPotsdam gGmbH rigkeiten beim Lesen und Schreiben, vermittelten direkt im Stadtteil Schlaatz. Seit 2007 wird hier Lernende in die dort ansässigen Lerncafés und be- Gemeinwesen betrieben. Das Friedrich-Reinsch-Haus teiligten sich an der Öffentlichkeitsarbeit. GRUBISO ( FRH ) ist ein sehr lebendiger Ort. Seine vielen Pro- nahm regelmäßig an öffentlichkeitswirksamen Ver- jekte und Angebote unterstützen die Bürgerinnen anstaltungen des Hauses teil. Da eine qualifizierte und Bürger bei den alltäglichen Herausforderungen pädagogische Mitarbeiterin des Projektes über das und tragen den Lebenswirklichkeiten der Menschen FRH angestellt war, arbeiteten FRH und GRUBISO vor Ort Rechnung. Ein Arbeitsschwerpunkt des sehr erfolgreich Hand in Hand. Rückblickend war Hauses sind die sehr niedrigschwelligen Angebote es für alle Beteiligten eine sehr gewinnbringende im Bereich Alltagswissen sowie Schriftsprache.7 Den Kooperation. Mitarbeitenden ist das Phänomen der geringen Litera- lität aus der täglichen Arbeit hinreichend bekannt. Der hohe Bekanntheitsgrad im Stadtteil, die zahl- In die Beratungs- und Unterstützungsangebote kom- reichen beliebten Angebote und das große Netzwerk men viele Erwachsene mit Grundbildungsdefiziten.8 des Friedrich-Reinsch-Hauses sowie seine Bürger- nähe hatten an der zielführenden Arbeit des Projek- Die Personalstruktur setzt sich aus festen Mitarbei- tes einen entscheidenden Anteil. Besonders erwäh- tenden und ehrenamtlich Tätigen zusammen. nenswert ist an dieser Stelle das hohe Interesse Im Laufe des Projektes gelang es durch Schulungs- und Engagement aller Mitarbeitenden im Friedrich- termine und viele eins-zu-eins-Gespräche, einen Reinsch-Haus als ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Großteil der Menschen, die im Friedrich-Reinsch- Haus ein- und ausgehen, für das Thema Geringe Literalität zu sensibilisieren. In unterschiedlichen Kursen und Veranstaltungen stellte sich GRUBISO vor, beantwortete Fragen und konnte Ehrenamtliche sowie Lernende akquirieren. 7 Soziale Stadt ProPotsdam gGmbH, Tätigkeitsbericht 2019, S. 36: http://soziale-stadt-potsdam.de/taetigkeitsberichte.html, [ Stand: 16.04.21 ]. 8 2014 erhielten der Trägerverein des Hauses Soziale Stadt Potsdam e. V. ( heute Soziale Stadt ProPotsdam gGmbH ) gemeinsam mit dem kommunalen Wohnungsbauunternehmen ProPotsdam GmbH den Anerkennungspreis » Soziale Stadt Potsdam 2014 « für die integrative Sozialraumarbeit. Weiter war das Haus 2018 für den » Nachbar- schaftspreis « nominiert und gehörte zu den Finalisten des » European Responsible Housing Awards « in der Kategorie » Local Social Sustainability « im Jahr 2016. 9
Sensibilisierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und aufsuchende Arbeit Sensibilisierungsschulung für Akteure im Stadtteil und Kooperationspartner. Netzwerke Einrichtungen und Institutionen sowie und Arbeitskreise Arbeitskreise für Kooperationspartnerschaften: Bei der Gewinnung gering Literalisierter liegt der → Nachbarschafts-, Begegnungs- Schlüssel zum Erfolg in der Vernetzung all derer, die und Bürgerhäuser im Sozialraum tätig sind. Neben den Projektpartnern → Mehrgenerationenhäuser fand GRUBISO weitere Kooperationspartner über → Familienzentren bestehende Netzwerke und Arbeitskreise. GRUBISO tauschte sich mit unterschiedlichen Einrichtungen → Wohnungsgenossenschaften und Institutionen im Sozialraum aus. Unter dem → Kitas und Schulen Motto » Geh dahin, wo die Menschen sind! « kam es → Arztpraxen vielfach zu einer Zusammenarbeit. → Spendenläden Ein wichtiges Netzwerk für GRUBISO war der Regio- → Schuldnerberatungen nale Arbeitskreis ( RAK ), in dem Akteure des Stadtteils → Wohngruppen für junge Erwachsene einmal monatlich zum Austausch zusammenkom- → soziale Beratungsstellen für Familien men, aus den jeweiligen Einrichtungen berichten → Bildungsträger, Jobcenter und gemeinsam Veranstaltungen planen. Hierzu ge- und Jugendberufsagentur hören u. a. Bürger- und Nachbarschaftshäuser, Kitas, ein Kinderclub, ein Jugendclub, Streetworker, ein → Beratungsangebote für den beruflichen Familienzentrum, Schulen, Weiterbildungsangebote, ( Wieder -)Einstieg Schuldnerberatung und Wohnungsgenossenschaften. → Berufsbildungswerk und Schulen Das allgemeine Interesse der regionalen Akteure und für den zweiten Bildungsweg die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Pro- → Arbeitskreise für Soziale Arbeit jekt waren von Anfang an groß. Die gemeinsame → Arbeitskreise zur Integration und Inklusion Arbeit im Stadtteil war durch ein sehr enges wie ver- trauensvolles Miteinander und eine starke gegensei- → Arbeitskreise zur Grundbildung tige Unterstützungsbereitschaft geprägt. 10
So konnten bedarfsorientierte Angebote entwickelt Die Projekterfahrungen zeigten, dass Weiterbil- und umgesetzt werden, wie zum Beispiel mit dem dungsangebote für sozialräumliche Einrichtungen Familienzentrum, dem AWO-Frühstückstreff im am besten auf deren Bedürfnisse zugeschnitten, Nachbarstadtteil und einem AWO-Beratungsangebot praxisnah und zeitlich überschaubar sein sollten. in einer Kita. Gemäß dem Motto der Volkshochschule Potsdam » Bildung für alle! « war es einer der Leitge- danken GRUBISOs, einen niedrigschwelligen Zugang PRAXISBEISPIEL zu Bildung für alle Deutsch sprechenden Erwachse- Leichte Sprache für den konkreten nen am Schlaatz zu bieten. Für eine stadtweite Ver- Arbeitsalltag netzung und Vorstellung des Projektes erwiesen sich Für einige Einrichtungen – u. a. für das Jobcenter außerdem Besuche in verschiedenen Arbeitskreisen Potsdam – bot GRUBISO eine Leichte-Sprache- der Stadt und des Landes Brandenburg ( Netzwerk Schulung an, die auf die konkreten Bedürfnisse Grundbildung, Arbeit Inklusiv, Wohnungslos, Sozial- und Dokumente bzw. Materialien für die Öffent- recht, Schule und Wirtschaft ) sowie die Vorstellung lichkeitsarbeit zugeschnitten war. Hier konnten im Jobcenter Potsdam und in der Jugendberufs- Mitarbeitende mit Materialien aus ihrem Arbeits- agentur als hilfreich. alltag Regeln der Leichten Sprache und deren Besonders hervorzuheben sind die ebenfalls im Anwendung üben. Regionalen Arbeitskreis vertretenen Projekte des Projekthauses erlenhof 32, in dem sich auch das GRUBISO-Büro befand. Die Mitarbeitenden aus dem Bereich Arbeit und Beschäftigung der Stadt- verwaltung Potsdam arbeiteten eng mit GRUBISO Aufsuchende Arbeit: zusammen. Kundinnen und Kunden der Beratungs- angebote besuchten auf Empfehlung auch die Lern- Schnupperangebote angebote von GRUBISO. Schnupperangebote dienen dazu, einen ersten Kontakt zu Menschen mit Lese- und Schreibschwie- rigkeiten, aber auch Multiplikatorinnen und Multi- Sensibilisierung plikatoren herzustellen. Es handelt sich dabei um und Schulungen niedrigschwellige Angebote bei sozialräumlichen Partnern, auf Veranstaltungen und Festen im Stadt- Für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie teil. Neben Informationen zum Projekt und den Lern- Kooperationspartner konzipierte GRUBISO eine Sen- cafés empfahl es sich, kleinere Aktionen durchzu- sibilisierungsschulung zum Thema Geringe Literali- führen. Bei GRUBISO waren es Angebote zu den The- tät, die stetig weiterentwickelt und auf die jeweiligen menschwerpunkten Einkaufen, Ernährung und Alltag Zielgruppen zugeschnitten wurde. Als besonders & Finanzen. Zielsetzung war, Interesse zu wecken, ins praktikabel hat sich eine kurze Schulungsvariante von Gespräch zu kommen, Vertrauen zu gewinnen und maximal einer Stunde erwiesen, da viele der sozial- kleine Impulse zu den jeweiligen Schwerpunkten zu räumlich tätigen Akteure in der Regel stark in ihr All- geben und somit auch dem Bildungsauftrag nachzu- tagsgeschäft eingebunden sind und nur wenig Zeit kommen. Interessierte wurden dann ins Lerncafé haben. Dabei ging es vor allem um das Erkennen, An- bzw. zu Erstgesprächen in das GRUBISO-Büro einge- sprechen und Unterstützen von gering literalisierten laden. Menschen. Ergänzend wurde ein Handzettel 9 mit den wichtigsten Informationen zu geringer Literalität GRUBISO führte Schnupperangebote in verschiede- und den Angeboten von GRUBISO für die Weitergabe nen sozialräumlichen Einrichtungen am Schlaatz in den Institutionen entwickelt. durch und entwickelte Materialien für die aufsuchen- den Angebote. Darüber hinaus bot GRUBISO eine Schulung für Leichte Sprache an und konzipierte eine etwa dreistündige Intensivschulung für ehrenamtliche Lernbegleitende, inklusive Materialien.10 9 Alle Materialien finden Sie in den »GRUBISO-Materialien für Angebote im Sozialraum « im Dokumentationsordner oder zum Download auf der Website der Volkshochschule Potsdam unter Grundbildung. 10 Siehe dazu die Broschüre » Ehrenamtliche Lernbegleitung in offenen Angeboten der Alphabetisierung und Grundbildung « und die dazugehörige Materialiensammlung. 11
SENSIBILISIERUNG VON MULTIPLIKATORINNEN UND MULTIPLIKATOREN Mit dem Konzept »Fit für die Schule « startete GRUBISO eine Reihe von Angeboten für Eltern von Vorschul- kindern in einer Potsdamer Kita in Kooperation mit dem AWO-Büro KINDER(ar)MUT. Das Angebot schulte Eltern von Vorschulkindern, ihre Kinder auf den Schul- anfang gut vorzubereiten und lud dazu ein, verschie- dene Materialien und Übungen auszuprobieren, z. B. zu Anlauten, Silben, Zahlen, Fein- und Grobmotorik usw. Das Angebot wurde sehr gut angenommen. Um speziell gering literalisierte Eltern zu erreichen, war es erforderlich, Sozialarbeiter*innen bzw. Erzie- her*innen zu sensibilisieren und zu bitten, gezielt Eltern anzusprechen und für dieses Angebot zu ge- winnen. Die Schnupperangebote konzipierte GRUBISO niedrig- schwellig und bedarfsgerecht, dafür war es wichtig, eng mit den Mitarbeitenden der sozialräumlichen Im Familienzentrum zum Einrichtungen zusammenzuarbeiten und sich gut auf weihnachtlichen Familiencafé die jeweilige Zielgruppe einzustellen. Positive Erfah- mit Eltern und Kindern. rungen machte das Projekt mit Aktionen, die das An- gebot der jeweiligen Einrichtung sinnvoll ergänzten, auf die Bedürfnisse der konkreten Zielgruppe ein- gingen und die Mitarbeitenden vor Ort möglichst Im Familienzentrum nahm das Projekt alle zwei Mo- entlasteten. Dafür wurden vor Konzepterstellung Ge- nate am wöchentlich stattfindenden Familiencafé spräche mit den zuständigen Leitungen bzw. Sozial- teil. Die Mitarbeiterinnen brachten Kreativangebote pädagoginnen und Sozialpädagogen geführt sowie in Leichter Sprache mit oder gestalteten Aktions- gegenseitige Vorstellungen aufeinander abgestimmt. tische zum Thema Ernährung für Eltern und Kinder. Regelmäßig besuchte GRUBISO außerdem das Früh- stücksangebot der AWO in einem Begegnungszent- rum und brachte kleine Kostproben sowie die dazu- gehörigen Rezepte in Einfacher Sprache mit, z. B. für leicht zuzubereitende Aufstriche. Vor der Ausgabestelle der Tafel schenkte GRUBISO heiße Getränke aus – neben Tee und Kaffee auch Powerdrinks wie Switchel. Zu Ostern gestaltete GRUBISO einen Frühlingstisch mit in Zwiebelschale gefärbten Eiern und Brot mit Kräuterquark. Die An- leitung fürs Färben und das Rezept für Kräuterquark wurden in Einfacher Sprache an die Kundinnen und Kunden der Tafel verteilt. Zur Weihnachtszeit bastelten die Pädagoginnen mit Eltern und Kindern des Familienzentrums Weih- nachtssterne aus Butterbrottüten und im Pandemie- Jahr gab GRUBISO zur Weihnachtszeit Bastelbögen Schraubgläser mit Gewürzen für zu Hause aus. für das » Schnupper- Experiment «, siehe Praxisbeispiel auf Seite 13. 12
PRAXISBEISPIEL Die tolle Knolle – Lernen mit allen Sinnen Dieses Angebot vermittelt Informa- Für den Geschmackssinn Für den Sehsinn und zum Lesen tionen zu unterschiedlichem Knollen- Material zum Thema Schmecken: Bild- und Lesematerialien: gemüse und eignet sich zur Erntezeit Zahnstocher, Thermoskanne, Ingwer- Rezepte mit Knollengemüse in Einfa- im Herbst oder Winter. Sie brauchen Stückchen, Ingwer-Wasser cher Sprache und Informationen zu Folgendes für Ihr Schnupperangebot den Knollen in Form von laminierten bzw. Ihren Aktionstisch: Anleitung: Karten. Geschälte Ingwer-Stückchen werden auf Zahnstochern zum Probieren an- Anleitung: Für den Geruchssinn geboten. Ingwer-Knollen werden mit Auf den selbst hergestellten, laminier- Material zum Thema Riechen: heißem Wasser übergossen und stehen ten Bildkarten befindet sich auf der fünf Schraubgläser, Teebeutel zum als Ingwer-Wasser in einer Thermos- Vorderseite eine Abbildung des jewei- Befüllen, kleine Mengen von Ingwer kanne bereit. ligen Knollengemüses. Auf der Rück- ( gemahlen ), Zimt, Knoblauch, Kümmel, seite findet man Informationen zum Kurkuma ( gemahlen ), Ingwer- und Namen und zur gesundheitsfördernden Für den Tastsinn Kurkuma-Knolle zum Anschauen und Wirkung. eventuell geschnitten zum Probieren. Material zum Thema Fühlen: Fragestellung: Sack oder großer blickdichter Beutel Anleitung: » Welche Knolle ist abgebildet? Welche oder auch Kopfkissenbezug, ganze Die Lebensmittelproben kommen in die Wirkung hat sie für Ihre Gesundheit? « Knollen wie etwa Ingwer, Rettich, Teebeutel, damit man sie nicht sieht. Rübchen, Kohlrabi, Rote Bete, Karotte, Dann in die Schraubgläser stecken und Pastinake, Petersilienwurzel, Sellerie, Für die Kinder zuschrauben. Die Teilnehmenden öff- Kartoffel, Süßkartoffel, Steckrübe, nen die Schraubverschlüsse nachein- Material für Kartoffeldruck: Kurkuma und weitere. Auch alte Gemü- ander, schnuppern daran und erraten, Wasserfarben, Pinsel, Wassergläser, sesorten und exotische Knollen, wie welches Lebensmittel/Gewürz darin Zeitungspapier zum Abdecken des Ti- etwa Topinambur, sind spannend und steckt. sches, ca. 6 Kartoffeln, Plätzchenaus- regen zum Gespräch an. stecher, Messer Fragestellung: Anleitung: » Welches Gewürz ist ein Knollen- Anleitung: Alle Knollen befinden sich in einem gemüse? « Kartoffeln einmal mittig durchschnei- Sack. Teilnehmende stecken die Hand den. Plätzchenausstecher aus Metall Antwort: hinein und befühlen die Knollen im oder Plastik eignen sich sehr gut, um » Ingwer und Kurkuma. « Sack, ohne sie sehen zu können. Motive hineinzustechen. Plätzchenaus- Im Anschluss können Ingwer- und Fragestellung: stecher mit etwas Druck vorsichtig bis Kurkuma-Knolle gezeigt werden. » Was sind das für Knollen? « zum Anschlag in die Kartoffel drücken. Teilnehmende können kleine Stück- Dann mit einem kleinen Schälmesser Die erratenen Knollen werden aus chen davon probieren. überstehende Kartoffelreste abschnei- dem Sack genommen und nochmals den. Fertig ist der Kartoffelstempel mit präsentiert. Herz, Stern, Blume, … 13
Offene Lerncafés Das Lerncafé Zu den Kernaufgaben von GRUBISO gehörten der Im Lerncafé wird ohne Druck und ohne vorgegebenen Aufbau und die Implementierung von Lerncafés im Lehrplan gelernt und geübt. Dabei wird immer der Stadtteil Schlaatz. In der Startphase des Projektes individuelle Lernstand berücksichtigt und auf die oft wurden viele wertvolle Erfahrungen gemacht, die alltagsorientierten Bedarfe der Teilnehmenden nach und nach in den Gestaltungsprozess einge- eingegangen. In die Lerncafés von GRUBISO kamen flossen sind. Besuchende mit dem vorrangigem Ziel, ihre Schreib- kompetenz und insbesondere ihre Rechtschreibung Lerncafés in der Grundbildung sind offene und kosten- sowie ihr Leseverstehen zu verbessern, um zum freie, niedrigschwellige Lernangebote für Erwachsene Beispiel eigenständig Formulare auszufüllen, eine ab 18 Jahren mit Grundbildungsbedarf. Die Angebote Bewerbung zu schreiben, im Internet zu recherchie- richten sich an gering Literalisierte, die als Erst- und ren, offizielle Briefe und E-Mails zu verfassen, am Muttersprache Deutsch haben oder gutes Deutsch Computer zu arbeiten, Unterstützung für das Nach- sprechen. Der Besuch in einem Lerncafé kann ganz holen des Schulabschlusses zu erhalten u. v. m. unverbindlich sein und geschieht normalerweise ohne Der soziale Austausch untereinander spielte eben- Anmeldung. Auch ein spontaner Erstbesuch war in falls eine wichtige Rolle, allerdings brauchte es Zeit, den GRUBISO-Lerncafés möglich. Zusätzlich wurde bis die Menschen, die regelmäßig kamen, einander ein Gespräch angeboten, in dem sich die pädagogi- vertrauten und sich öffneten. Mit der Zeit entstand sche Fachkraft in einem geschützten und ruhigen so eine sehr motivierende und lernfördernde Atmo- Raum persönlich über Wünsche, Ziele und Lernstand sphäre, in der sich alle Beteiligten wohlfühlten. mit den Interessierten austauschen konnte. Dieses Geleitet und organisiert wurden die Lerncafés von Gespräch ersetzte in der Regel eine umfängliche einer qualifizierten und angestellten Fachkraft, Diagnostik, die für viele als Testsituation abschre- sprich, einer ausgebildeten pädagogischen Mitarbei- ckend wirkte und nach Erprobung in der Anfangs- terin des Teams. Außerdem unterstützten Ehrenamt- phase nur noch in Einzelfällen durchgeführt wurde. liche die Lerncafés und ermöglichten somit eine Waren die Menschen im Erstgespräch offen dafür, intensive Begleitung der Lernenden bis hin zur Ein- wurden kleinere Lese- und Schreibübungen ange- zelförderung. boten, um den Kenntnisstand zu ermitteln. 14
Lernen im Lerncafé ist … Ein drittes Lerncafé befand sich im Konferenzsaal des Projekthauses, in dem GRUBSIO auch mit seinem … flexibel: Lernende müssen sich nicht Büro beheimatet war. Auch hier profitierte GRUBISO dafür anmelden, sie können einfach von den Mitarbeitenden im Haus. Die Kolleginnen vorbeikommen. und Kollegen des Bereichs Arbeit und Beschäftigung … kostenfrei. der Landeshauptstadt Potsdam beraten und verweisen … individuell: Lernende bringen eigene Menschen, die in den Arbeitsmarkt ( wieder- )einsteigen Materialien und Lernwünsche mit. wollen. Potentielle Lernende konnten direkt an … gemütlich: die Atmosphäre ist locker, GRUBISO verwiesen werden. es gibt Tee, Kaffee und Kekse oder Obst. Beide Räume, in denen die Lerncafés stattfanden, … entspannt: kein Druck, das Wichtigste waren sehr groß und mit multifunktionalem Mobiliar, ist die Freude am Lernen, Lernende können wie beweglichen Tischen und stapelbaren Stühlen, in ihrem eigenen Tempo lernen. ausgestattet. Die Tische konnten ohne Schwierigkeiten im Raum bewegt und somit unterschiedliche Lern- settings geschaffen werden. In den Lerncafés wurden Lernorte und Lernzeiten auch Convertibles von GRUBISO und ein mobiler GRUBISO hat insgesamt drei Lerncafés implemen- Drucker genutzt. tiert. Zwei Lerncafés wurden direkt beim Koopera- tionspartner, dem Nachbarschafts- und Begeg- Es bewährten sich unterschiedliche Lernzeiten. nungshaus FRH, eröffnet. Das Lerncafé war die So wurden sowohl vormittags als auch nachmittags ideale Ergänzung zu den niedrigschwelligen Bera- Termine angeboten. Wobei Lerncafés am Nachmittag tungs- und Unterstützungsangeboten des Hauses, und Spätnachmittag im Allgemeinen besser in den die im Stadtteil allgemein gut angenommen werden: Lebens- und Arbeitsalltag der Teilnehmenden zu inte- Vielfach wurden Menschen mit Lese- und Schreib- grieren waren. Die Teilnehmenden kamen nach der schwierigkeiten von Mitarbeitenden und Ehrenamt- Arbeit oder anderen Verpflichtungen. Am Vormittag lichen des Nachbarschaftshauses an die Lerncafés kamen eher Menschen, die nicht berufstätig waren. vor Ort verwiesen. Dabei war es von großem Vorteil, Die bevorzugten Lerntage waren Dienstag, Mittwoch dass die Menschen an einem ihnen bereits vertrau- und Donnerstag. ten Ort lernen konnten. REI TENF KOS ng nmeldu oh ne A GRUBISO Besser lesen, schreiben und rechnen VHS Volkshochschule Postkarte mit Lernzeiten und Kontakten auf der Rückseite. 15
OFFENE LERNCAFÉS An den Lernstandorten wurde auf die Möglichkeit eines barriere- und stigmatisierungsfreien Zugangs für die Teilnehmenden geachtet, um den Raum für alle zu öffnen, Mut zu machen und ein integratives Angebot zu offerieren. Neben Spielen, Materialien, Convertibles, inklusive der Möglichkeit des Druckens, waren die Lernorte auch mit Büchern in Einfacher Sprache ausgestattet. Es wurden außerdem Kaffee, Tee, frisches Obst und Gebäck zur Verfügung gestellt. Lernmaterialien Die Lerncafés konnten direkt vom Marktplatz bzw. Im Bereich Grundbildung stehen mittlerweile viele über einen kleinen Garten, der im Sommer auch von Materialien kostenfrei – oftmals als Download im den Besucherinnen und Besuchern der Lerncafés Internet – zur Verfügung. Darüber hinaus konnten genutzt wurde, betreten werden. Die Räumlichkeiten Lernmaterialien entwickelt, gekauft und erprobt waren von außen einsehbar, was jedoch nicht nach- werden. Der Inhalt des Materialschranks wuchs mit teilig war. Im Gegenteil: Viele Menschen kamen auch der Zeit. Die auf Seite 17 vorgestellten Materialien spontan ins Lerncafé und fragten nach dem Angebot. sind eine – bewusst übersichtlich gehaltene – Aus- Die Vertrautheit der Bürgerinnen und Bürger mit wahl, die sich als besonders hilfreich und Erfolg ver- dem Ort erwies sich als großer Vorteil. sprechend in den GRUBISO-Lerncafés erwiesen hat. Beide Orte waren gut mit öffentlichen Verkehrsmit- Im Laufe des Projektes rückte die digitale Grundbil- teln zu erreichen. dung zunehmend in den Mittelpunkt. Nicht nur im Beruf, auch im Alltag werden digitales Know-how und dafür notwendige Schlüsselkompetenzen immer wichtiger.11 Die Umstände während der pandemiebe- dingten Lockdowns 2020 und 2021 haben dies umso deutlicher gezeigt: Online ein Buch zu entleihen, über E-Mails mit Schulen zu kommunizieren, die Kin- der fürs Homeschooling in eine Video-Konferenz ein- zuloggen oder selbst online zu lernen – das alles ist für Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten oft eine sehr hohe Hürde. Häufig fehlt es an techni- schen Voraussetzungen, notwendigen Kenntnissen und am Mut, sich auf Neues einzulassen. GRUBISO verfügte mit 12 Convertibles, zwei mobilen Druckern, einem Beamer zzgl. Mäusen und Kopfhö- rern über eine gute technische Ausstattung. In den Lerncafés zeigte sich, dass Teilnehmende aufge- schlossen waren und Berührungsängste abbauten, wenn sie ohne Druck und in Begleitung von Ehren- amtlichen digitale Möglichkeiten ausprobieren konnten. Projektleitung und pädagogische Mitar- beitende nutzten Weiterbildungsangebote des DVV Das Lerncafé im Friedrich-Reinsch-Haus. und des AlphaDekaden-Projektes eVideo. GRUBISO entwickelte Lehr- und Lernmaterialien zu den Themen Ernährung, Einkaufen und Alltag & Finanzen für die Alpha-Level 1–4. Die 10 Lernsets finden Sie als Download auf der Website der VHS Potsdam unter Grundbildung. 11 Vgl. auch: Grotlüschen, Buddeberg, Grell: Digitale Praktiken und Grundkompetenzen, Präsentation der LEO-Ergebnisse, 2018. 16 https://www.alphadekade.de/files/2019%2005%2008%20Digital%20Klaus%20Buddeberg.pdf, [ Stand: 22.02.2021 ].
Tisch mit Lernmaterialien. Lehr- und Lernmaterialien für niedrigschwellige und alltagsorientierte Lernangebote :12 → Lesen und vorlesen: → Rechnen : Bücher in Einfacher Sprache, Oldenburger Lese- Rechenwürfel, Rechenplättchen, Spielgeld, kartei des ABC-Projektes, Zeitungen – wie die Einmal-Eins-Spiele, Arbeitsblätter der Website DVV-Zeitung APOLL – oder Internetportale in Grundschulkönig. Einfacher Sprache – z. B. des Deutschlandfunks, → Weitere Grundbildungsthemen: der Apotheken-Umschau oder des Bundeszen- Buchstäblich fit ( Ernährung ), Muster-Formulare trums für Ernährung ( BzfE ). und Muster-Briefe des CurVe-Projektes ( finanzielle → Schreiben lernen, Rechtschreibung Grundbildung ), Impulskarten des Trierer Projektes und Grammatik: Knotenpunkte ( Gesundheit, Alltagsrechnen und Silbenschieber, Buchstaben- und Silbenplättchen, weitere Themen ). Anlauttabelle. Lehrwerke wie » Hamburger ABC « → Spielen: und » Lernwerkstatt – Lesen und Schreiben «. Scrabble, Würfelspiele, Konzentrationsspiele. Kostenfreie Arbeitsblätter zum Download, z. B.: → Vertiefung der Deutschkenntnisse DVV-Rahmencurriculum Lesen und Schreiben für Deutsch Lernende: sowie DVV-Rahmencurriculum kompakt, GRUBISO- Lehrwerke für die Niveaustufen B1 bis C1 des GER. Lernmaterialien, Deutsch und deutlich, Lesejule, Kostenfreie Arbeitsblätter finden sich u. a. Grundschulkönig. auf den Websites: Deutsche Welle, Levrai, Deutsch → Kreatives Schreiben: und deutlich. Wort-Bild-Karten ( z. B. vom Bundesverband → Kostenfreie Lernportale und -apps: für Alphabetisierung und Grundbildung e. V. ), vhs-Lernportal, App Irmgard, Schlaukopf. Comic- und Bildergeschichten ( u. a. » Vater und Sowie berufsbegleitend: Beluga, eVideo, Sohn «, » Der kleine Herr Jakob « ), Fotokarten ABC-Lernwerkstatt. und Story-Cubes.13 12 Die detaillierte Linkliste zu den erwähnten Materialien finden Sie auf der Seite 31. 13 Story Cubes sind Würfel mit Symbolen zu Verben und Hauptwörtern, die zum Schreiben anregen. 17
OFFENE LERNCAFÉS Lernbegleitung in den Lerncafés Die Arbeit der pädagogischen Mitarbeiterinnen mit den Lernenden wurde von Ehrenamtlichen unter- stützt. In den Lerncafés von GRUBISO war immer min- „Ich bin Yvonne. Ich komme seit eini- destens eine pädagogische Mitarbeiterin vor Ort, die gen Jahren. Am Dienstag wegen Mathe den Lernort vorbereitete, passende Materialien und und am Mittwoch wegen Deutsch. Angebote heraussuchte und gemeinsam mit Ehren- Beide Sachen machen mir Spaß. Alle amtlichen das Setting gestaltete und durchführte. unterstützen mich. Das finde ich toll. Die Pädagogin unterstützte Lernende und Ehrenamt- liche und war somit das » Gesicht « des Lerncafés. Die Jetzt habe ich meinen Schulabschluss pädagogischen Mitarbeitenden sollten in Grundbil- 10. Klasse geschafft.“ dung und Alphabetisierung qualifiziert sein. Yvonne Ein Spezifikum des Projektes war der Einsatz von ehrenamtlichen Lernbegleitenden in den Angeboten von GRUBISO. Aus Erfahrungen der Volkshochschule Potsdam mit den offenen Lernangeboten im Bereich Grundbildung war bekannt, dass man dem hohen Anspruch der individuellen Unterstützung der Lernen- den am besten in der Eins-zu-eins-Betreuung gerecht wird. Daher arbeitete GRUBISO mit Start des Projektes an einem Konzept zur Gewinnung und Professionali- sierung von ehrenamtlichen Lernbegleitenden. Zu Beginn der Projektphase wurde bei den Partnern, im Netzwerk, bei Multiplikatorinnen und Multiplika- toren, im Stadtteil und auf zahlreichen Veranstaltungen und Festen für die ehrenamtliche Mitarbeit bei GRUBISO mithilfe von Flyern und Aushängen gewor- ben. Akquiriert wurden Ehrenamtliche außerdem über Berichte in kostenfreien Stadtmagazinen und Stadtteilzeitungen, die Website der VHS Potsdam sowie die Vorstellung auf einer Ehrenamtsbörse und in Ehrenamtsvereinen. Im Ergebnis wurden in der Yvonne ist Mitte dreißig und besuchte gesamten Projektlaufzeit 32 Interessierte für das Eh- bis vor Kurzem eine Schule auf dem renamt erreicht. Nach dem ersten Kennenlernen und zweiten Bildungsweg. Sie hat ihren Informationsaustausch zu den Aufgabeninhalten Mittleren Schulabschluss nachgeholt, unterstützten in den Lerncafés 10 ehrenamtliche ist hoch motiviert und vom Lernen Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter regelmäßig begeistert. Nach dem Schulabschluss die Arbeit mit den Lernenden. stehen ihr viele Wege offen. Sie möchte eine Ausbildung machen und sucht In der Anfangszeit kamen die Teilnehmenden noch einen Ausbildungsplatz. sehr unregelmäßig in die Lerncafés. Die Ehrenamt- lichen hingegen erschienen zuverlässig. Oft waren nicht genug Lernende vor Ort, um die Ehrenamtli- chen zu beschäftigen. GRUBISO bot den Ehrenamt- lichen dennoch ein regelmäßiges Kommen an, unterwies sie in Lernmaterialien und -methoden, sensibilisierte sie in Gesprächen und stellte ihnen die Lernenden vor. Diese Kontinuität erwies sich für die Ehrenamtlichen als wichtig, um Interesse und Motivation hochzuhalten. 18
Entscheidend für eine gute Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen und Lernenden waren sowohl regel- mäßige Gespräche und Rückmeldungen als auch „Ich bin Konstantin. Ich komme aus ein feinfühliger Umgang mit der Gesamtsituation Russland, lebe und arbeite schon lange und den jeweiligen Präferenzen. Um flexibel zu sein, in Deutschland. Ich möchte auf der keine Abhängigkeiten entstehen zu lassen und das soziale Miteinander im Lerncafé lebendig zu gestal- Arbeit E-Mails fehlerfrei schreiben. Ich ten, war es dem Team wichtig, dass Ehrenamtliche habe immer Angst, etwas falsch zu mit vielen verschiedenen Lernenden zusammen- machen. Das ist mir dann peinlich. Im arbeiteten. Lerncafé lerne ich besser zu lesen und zu schreiben.“ Die 10 Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter fanden Konstantin sich in ihre Aufgaben sehr gut ein und wurden zu einem unverzichtbaren Bestandteil von GRUBISO. Ausführlichere Informationen und Handreichungen zum Thema Ehrenamt finden Sie in der Broschüre » Ehrenamtliche Lernbegleitung in offenen Angebo- ten der Alphabetisierung und Grundbildung « im Dokumentationsordner oder als Download auf der Website der Volkshochschule Potsdam unter Grund- bildung. Teilnehmende der Lerncafés Die Zielgruppe der GRUBISO-Lernangebote war viel- fältig. Neben Menschen mit Deutsch als Erstsprache kamen auch Menschen mit Deutsch als Zweitsprache und sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen. Besu- chende wurden mit Alpha-Level 1 bis 4 eingestuft, wobei die Mehrzahl der Lerncafé-Teilnehmenden über das Level 3 und höher verfügte. Die Lerncafés wurden ungefähr zu gleichen Teilen von Männern und Frauen mit einer Altersstruktur zwischen 18 und Konstantin ist Mitte vierzig, berufstätig, 60 Jahren besucht, der Großteil war unter 40 Jahre arbeitet im Schichtdienst und wohnt alt. Die Motivation der Teilnehmenden war sehr seit über 20 Jahren in Deutschland. unterschiedlich. Manche wollten ihren Alltag besser Er hat nie einen Sprachkurs besucht bewältigen, einen Bildungsabschluss nachholen oder und spricht sehr gut Deutsch, doch einen beruflichen Aufstieg schaffen, einige wünschten beim Lesen und Schreiben hat er große sich, » die Kinder schulisch unterstützen zu können «. Schwierigkeiten. Alle zwei Wochen kommt er ins Lerncafé. Sein Ziel ist es, Die meisten Lerncafé-Besuchenden hatten allerdings besser lesen und schreiben zu lernen. keine Kinder im Kleinkindalter. Damit gab es keinen Konstantin kocht und bäckt gern in sei- Bedarf an der ursprünglich geplanten Kinderbe- ner Freizeit, bringt selbst gebackene treuung parallel zu den Lernzeiten. Die Erfahrungen Kekse und die Rezepte ins Lerncafé mit. zeigen, dass Eltern jüngerer Kinder zeitlich oft weniger Ins Gespräch kommt er mit den ande- flexibel und mit multiplen Problemlagen konfron- ren Besuchenden des Lerncafés über tiert sind, was sie daran hindert, regelmäßig Lernan- Essen und Trinken in Deutschland und gebote zu besuchen. Aufsuchende Angebote in Fami- in seiner Heimat. lieneinrichtungen wurden hingegen dankend angenommen. 19
OFFENE LERNCAFÉS Die Lernenden kamen mit unterschiedlichen Lern- wünschen in die Lerncafés. Im Vordergrund stand oft der soziale Austausch. So unterhielten sie sich mit der Pädagogin, den Ehrenamtlichen oder mit den anderen Lernenden zu Alltagsthemen bzw. „Ich bin Sven und arbeite in den Oberlin- Problemen während einer Tasse Tee oder Kaffee. Werkstätten. Ich habe bei GRUBISO an- Das Gefühl, nicht alleine zu sein, bestärkte Lernende, gefangen, um wieder schreiben zu ler- individuelle Bedürfnisse zu äußern und sich nicht nen. Ich möchte besser schreiben. Aber zu schämen, wenn sie beim Formularausfüllen oder ich lerne auch gern am Computer. Bewerbungsschreiben Unterstützung benötigten. Die Lernenden schätzten, dass sie ernst genommen Kommt alle vorbei. Es macht Spaß!“ wurden und Hilfe bekamen sowie offen über Proble- Sven me und Schwierigkeiten sprechen konnten. Lerncafés sind Orte, wo nicht nur miteinander, son- dern auch voneinander gelernt wird. Hier profitieren alle voneinander: Muttersprachler*innen mit Lese- Schreib-Schwierigkeiten, Menschen mit Beeinträch- tigung und Zugewanderte mit Zweitsprache Deutsch. Voneinander lernen bedeutet auch, andere Kulturen, Religionen, Essgewohnheiten, Sitten und Bräuche, Feinheiten der deutschen Sprache und die Regeln, die für die europäische Gesellschaft wichtig sind, kennenzulernen. Nicht nur das eigene Lernen steht im Vordergrund, sondern auch der Wunsch, anderen etwas beizubringen. Auch das war in den GRUBISO- Lerncafés für viele eine große Motivation, regelmä- ßig zu kommen. Die Lerninhalte selbst waren sehr vielfältig. Viele kamen ins Lerncafé, um besser und sicherer in der Rechtschreibung zu werden. Einige wollten eine Urlaubs- oder Einladungskarte fehlerfrei verfassen, Sven ist Mitte fünfzig, arbeitet in den andere freuten sich, wenn sie eine E-Mail von Kolle- Werkstätten und wohnt in einem Wohn- ginnen und Kollegen oder von Vorgesetzten beant- heim. Seit Beginn der Projektzeit kommt worten konnten, ohne sich dafür schämen zu müs- er regelmäßig ins Lerncafé, um Lesen, sen, dass sie die Groß- und Kleinschreibung nicht Schreiben und Rechenkenntnisse zu richtig beherrschten. Für viele war es schwierig, verbessern, andere zu treffen und sich eigene Texte strukturiert zu formulieren. Sie übten mit ihnen auszutauschen. Sein erster dies regelmäßig im Lerncafé. Wunsch im Lerncafé war, eine Geburts- tagseinladung oder eine Urlaubskarte Teilnehmende, die in der Ausbildung waren oder an seinen Onkel alleine schreiben zu ihren Schulabschluss nachholen wollten, benötigten können. Und er möchte sicherer im mitunter Unterstützung bei Power-Point-Präsenta- Umgang mit Geld werden. Er erzählt tionen oder hinsichtlich ihrer mathematischen Grund- gerne von den Urlaubsorten, die er kenntnisse. Im Lerncafé fühlten sie sich gut aufge- besucht hat. hoben, da sie gemeinsam mit einer ehrenamtlichen Lernbegleitung sehr individuell lernen konnten. 20
Teilnehmende mit Migrationshintergrund, die sehr gut Deutsch sprechen und verstehen, können ebenfalls Grundbildungsangebote wahrnehmen, wenn sie Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schrei- „Ich bin Monika. Seit vielen Jahren be- ben haben. Ihre Motivation ist es oftmals, eine suche ich das Lerncafé. Seit 2 Jahren Ausbildung zu absolvieren oder eine bessere Arbeit lerne ich am Computer. Ich schreibe in Deutschland zu finden. gerne Texte und E-Mails. Ich suche In- formationen im Internet. Ich lese Nach- Lernende aus den Werkstätten14 übten bei GRUBISO richten. Ich höre Musik am Computer. etwa den Umgang mit Geld, um mehr Eigenständig- keit zu erlernen. Sie wollten sicherer in den Grund- Ich lerne gern mit anderen zusammen.“ rechenarten und in Rechtschreibung werden. Oft Monika war es auch wichtig, die Feinmotorik zu trainieren. Viele Besuchende der Lerncafés wollten zwar ein Lernangebot wahrnehmen, sich aber nicht verbind- lich anmelden. Die Möglichkeit, spontan entscheiden zu können, ob sie ins Lerncafé gehen und auch wie lange sie bleiben möchten, war für viele von Vorteil. Lerncafé Spezial: Ernährung, Einkaufen, Alltag & Finanzen Neben den wöchentlich stattfindenden Lerncafés wurden Lerncafés Spezial durchgeführt. In einem etwa zweimonatigen Rhythmus wurden diese Son- derveranstaltungen mit den Themenschwerpunkten Einkaufen, Ernährung oder Alltag & Finanzen angebo- ten. Die Workshops und Vorträge wurden gemeinsam mit und für die Lernenden aus den Lerncafés und andere Interessierte ausgerichtet. Hierfür wurden Monika ist Anfang siebzig. Sie möchte externe Dozierende eingeladen, unter anderem aus digitale Medien nutzen können, an der der Verbraucherzentrale. Themen der Workshops Gesellschaft teilhaben und mit ihren waren beispielsweise »ABC der gesunden Ernährung«, Kindern und Enkeln Kontakt halten. » So sparen Sie Kosten für Heizung, Wasser und Sie hat sich einen Computer und ein Strom « oder »Besser wirtschaften im Alltag«. Diese Smartphone gekauft, aber sie braucht Spezialangebote wurden gut angenommen. Die Ein- Hilfe bei der Nutzung der Geräte. Im ladung erfolgte mitunter über kooperierende Ein- Lerncafé fühlt sie sich gut aufgehoben richtungen im Sozialraum, die die Spezialangebote und kommt, wenn sie Hilfe benötigt. zum Teil mit ganzen Gruppen besuchten. Dies erwies sich als sehr erfolgreicher Ansatz, um Teilnehmende zu akquirieren. 14 Berufliche Rehabilitation für Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen. 21
OFFENE LERNCAFÉS Lernen unter Pandemiebedingungen Während der Covid 19-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 wurden die Lerncafés aufgrund von Lock- downs immer wieder geschlossen. Dies stellte GRUBISO vor neue Herausforderungen und erforderte innova- tive Herangehensweisen. Der Kontakt mit Lernenden und Ehrenamtlichen wurde auf unterschiedlichen Wegen aufrecht gehalten. Grüße wurden beispiels- weise per E-Mail, Telefon, über SMS oder Messenger- Dienste verschickt. Materialien, wie kleine Aufgaben, kurze Lesetexte und Schreibimpulse wurden per Post an die Lernenden versandt. Zusammenfassend gab es verschiedene Varianten des Lernens: Gemeinsames Kochen mit jungen 1. Zusenden von Arbeitsblättern: Erwachsenen im Lerncafé Spezial. Die Teilnehmenden brachten die ausgefüllten Blätter vorbei oder fotografierten sie ab und sand- ten sie per E-Mail oder Messenger-Dienste zurück. 2. Betreuung am Telefon: Materialien wurden per Post verschickt, zu Hause bearbeitet und mit der Post zurückgeschickt. Gemeinsam konnten die Aufgaben dann am Tele- fon besprochen, korrigiert und vorgelesen werden. 3. Videoplattform der VHS-Cloud: Die Lernenden wurden per Telefon oder E-Mail informiert und durch die Anmeldung navigiert. Nur vereinzelt nahmen die Lernenden an diesem Angebot teil, da hierfür gute digitale Vorkennt- nisse oder eine Begleitung von einer Vertrauens- person nötig waren. 4. E-Mails: Hier stehen alle Zutaten für das Menü bereit. Einige der Lernenden aus den Lerncafés haben eigene E-Mail-Postfächer und konnten darüber Aufgaben und Materialien erhalten, bearbeiten und als E-Mail Anhang zurücksenden. Diese Mate- rialien wurden dann von GRUBISO kommentiert oder berichtigt und zurückgeschickt. Nach der Wiedereröffnung der Lerncafés im Au- gust 2020 erfolgte eine Erhebung zur technischen Ausstattung der Lernenden. Sukzessive wurden die Teilnehmenden der Lerncafés in die VHS-Cloud ( vhs.cloud ) eingeführt bzw. im selbstständigen Lernen mit Lernportalen unterwiesen. Als Anfang November die Lerncafés erneut schließen mussten, wurden die Teilnehmende wiederholt individuell und über verschiedene Kanäle wöchentlich mit Lern- stoff versorgt. 22
PRAXISBERICHT Lerncafé Spezial » ABC der gesunden Ernährung « Der zweitägige Workshop zum Thema gesunde Ernährung fand gemeinsam mit einer Dozentin statt. Das Angebot wurde u. a. über Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus unterschiedlichen Einrichtungen im Stadtteil beworben. So kamen beispielsweise über einen Bildungsträger Teilnehmende einer AGH ( Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädi- gung ) oder junge Erwachsene mit ihren Sozialpäda- goginnen aus einer Wohngruppe. Workshop-Inhalte Tag 1 Das eigene Essverhalten und die Ernährungs- Tag 2 Es steht ein jahreszeitlich passendes Menü pyramide werden besprochen. Grundlage sind die auf dem Plan, welches in der Küche des sozialräum- Unterrichtsmaterialien für Erwachsene » Buchstäb- lichen Partners mit allen Teilnehmenden gekocht lich fit – Besser lesen und schreiben mit den Themen und anschließend gemeinsam gegessen wird. Ernährung und Bewegung «, die vom Bundeszentrum In kleinen Gruppen werden die Bestandteile des für Ernährung ( BZfE ) entwickelt wurden: Menüs nach Rezepten in Einfacher Sprache gekocht. 1. In Gruppenarbeit Stichpunkte sammeln, z. B.: Gerade der zweite Tag bereitete allen Teilnehmen- Welche persönlichen Ernährungsbedürfnisse den großen Spaß. Es wurde viel über persönliche kennst du von dir? ( Kulinarischer Steckbrief ) Vorlieben, Rezeptideen, Ernährungsmodelle und Was weißt du über Lebensmittel und Ernährung? Themen rund ums Essen diskutiert. Das gemeinsame Wann erlebst du Essen als Bereicherung im Alltag? Menü haben alle dann sehr genossen. 2. Vorstellung der Ernährungspyramide Die Rezepte zu einem ausgewählten Menü finden und Übungen dazu Sie im Anhang in den » GRUBISO-Materialien für 3. Sinnexperiment mit einer Weintraube und Angebote im Sozialraum « im Dokumentationsordner einer Rosine ( oder auch einer Vollmilch- und oder als Download auf der Website der Volkshoch- Bitterschokolade ). Anhand der Lebensmittel schule Potsdam unter Grundbildung. kann gefühlt, geschaut und geschmeckt werden. Die Gelder für den Einkauf der Lebensmittel wurden Was ist der Unterschied? über die Projektförderung des BMBF zur Verfügung Wie sieht das aus? Wie schmeckt es? usw. gestellt. Im Anschluss werden Filmausschnitte aus der NDR- Dokumentation mit Esther Schweins » Mehr wissen – besser leben: Lebensmittelverschwendung « gezeigt und darüber diskutiert. 23
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