Bildungsort Esstisch! - Workshop 2 Bildungsanlässe rund um den Esstisch - Verbraucherzentrale Hessen
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Bildungsort Esstisch! Workshop 2 Bildungsanlässe rund um den Esstisch Gabi Dillenburger BEP - Multiplikatorin
Der Esstisch: ◼ Ort der Nahrungsaufnahme ◼ Ort der sinnlichen Wahrnehmung ◼ Ort der Ernährungsbildung ◼ Ort für Physiologische Kompetenzen/Feinmotorik ◼ Ort für Sprache und Kommunikation ◼ Ort für Gestaltung ◼ Ort für soziale Gemeinschaft ◼ Ort für Partizipation ◼ Ort für Konflikte ◼ Ort für vielfältige Lernerfahrungen
Esstisch: Ort der Nahrungsaufnahme ◼ Mahlzeiten sollen am Esstisch eingenommen werden ◼ Die Kinder sollen durch Erwachsene dabei begleitet werden ◼ Die Gestaltung der Verpflegung muss: ◼ mit den Eltern abgestimmt sein um eine ausgewogene Ernährung sicher zu stellen ◼ eine gesundheitsfördernde und vielfältige Lebensmittelauswahl sicherstellen.
Esstisch: Ort der sinnlichen Wahrnehmung ◼ Kinder lernen bewusst Geschmack, Optik, Geruch, Beschaffenheit, Konsistenz und Geräusche kennen und beschreiben (vgl. Höhn Kariane: Essen bildet, Praxis Kompakt, Kindergarten heute: s.10 ff.) ◼ Prägung des sensorischen Gedächtnisses ◼ Geschmacksvielfalt für natürliche Lebensmittel ◼ Appetitanregung durch Farbenvielfalt und Gerüche ◼ Kennenlernen verschiedener Lebensmittel und deren Konsistenzen ◼ Kinder „begreifen“ Nahrungsmittel mit allen Sinnen
Esstisch: Ort der Ernährungsbildung ◼ Kennenlernen von Lebensmittel- und Speisenvielfalt ◼ Muster für das spätere Essverhalten ◼ Sättigungsgefühl erspüren und lernen: ◼ „Was passt in meinen Magen“ vs. „Was passt auf meinen Teller“ ◼ Wie esse ich was ◼ Löffel, Gabel, Messer,…. Finger
Esstisch: Ort für physiologische Kompetenzen/Feinmotorik ◼ Zungenbewegung ◼ Training der Lippenaktivität ◼ Trainieren des Schluckens ◼ Kiefer-, Mund-, Gesichtsmuskulatur trainieren und kauen lernen ◼ beim Essen versch. Gegenständen einsetzen, beidhändig nutzen, hantieren und somit die Auge-Hand-Koordination trainieren (vgl. Höhn Kariane: Essen bildet, Praxis Kompakt, Kindergarten heute, S.11.)
Esstisch: Ort für Sprache und Kommunikation ◼ Mitteilung über Handzeichen und Sprache ◼ Erlernen und Anwenden von Bezeichnungen für Nahrungsmittel und Tätigkeiten beim Essen (Wortschatz erweitern) ◼ Nonverbaler und verbaler Austausch von Kindern und Erwachsenen über Wohlbefinden, Vorlieben Abneigung… ◼ Beteiligung an Tischgesprächen ◼ Speisekarte „lesen“ und mitgestalten (vgl. Höhn Kariane: Essen bildet, Praxis Kompakt, Kindergarten heute, S.12.)
Esstisch: Ort für Gestaltung ◼ Planen, Einkaufen ◼ Vorbereiten, Zubereiten ◼ Tischdecken ◼ Tischdeko mitgestalten ◼ Essen anrichten ◼ Essen auf dem Teller zurecht richten ◼ Abräumen, Aufräumen
Esstisch: Ort der sozialen Gemeinschaft Erwachsene und andere Kinder in Ko-Konstuktion: ◼ als Vorbilder ◼ als Lernbegleiter in Verhaltens- und Kommunikationsregeln, bei Ritualen und der Esskultur ◼ als Begleiter beim Zurechtfinden in einer unbekannten Esskultur und unbekannten Speisen ◼ als Unterstützer bei der Nahrungsaufnahme – z.B. Umgang mit Besteck ◼ gem. Regeln aushandeln, beschließen und einhalten ◼ Kompromisse schließen ◼ Teilen und Abwarten lernen ◼ Verantwortung übernehmen (vgl. Höhn Kariane: Essen bildet, Praxis Kompakt, Kindergarten heute, S.12)
Esstisch: Ort für Partizipation Voraussetzung dafür schaffen Erwachsene, wenn sie: ◼ Eine dialogische Haltung einnehmen ◼ den Kindern genügend Zeit einplanen und lassen ◼ aktiv zuhören ◼ die partizipativen Versuche der Kinder respektieren und ermutigenden Zuspruch geben ◼ Lösungssuche gemeinsam mit den Kindern angehen ◼ größtmögliche Beteiligung für Kinder im päd. Alltag einräumen ◼ die Rahmenbedingungen schaffen (Raum, Zeit, Material…)
Esstisch: Ort für Konflikte Verschiedene Meinungen und Lebenserfahrungen treffen aufeinander: (Team, Eltern…) ◼ Muss der Teller leer gegessen werden? ◼ Das Gemüse muss zumindest probiert werden! (Probierlöffel?) ◼ Freies oder gemeinsames Frühstück ◼ Essen in der Gruppe oder im „Bistro“ ◼ Süßes und nochmal Süßes…
Esstisch: Ort für vielfältige Lernerfahrungen ◼ Lebensmittelkunde ◼ Autonomie ◼ Selbstwirksamkeit ◼ Mathematik ◼ Farben und Formen ◼ Werte ◼ Achtsamkeit, Ökologie, Nachhaltigkeit ◼ Und vieles mehr…
Bildungs- und Erziehungsziele: Das Kind lernt seinen Körper wahrzunehmen, Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen und seine Gesundheit zu übernehmen. Es erwirb entsprechendes Wissen für ein gesundheitsbewusstes Leben und lernt gesundheitsförderndes Verhalten. (BEP, 2016, S.60) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Literatur: ◼ Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0-10 Jahren in Hessen, 2016 ◼ Bostelmann, Antje/ Fink, Michael: Mahlzeiten in der Kinderkrippe, Lernchancen erkennen und Esssituationen einfühlsam begleiten, Verlag Bananenblau 2014 ◼ Franz, Margit: Mahlzeit, der Kita-Speiseplan in Bildern, Don Bosco Verlag 2016 ◼ Franz, Margit: Essen und trinken in der Kita, Fotokarten, Don Bosco Verlag 2019. ◼ Gutknecht, Dorothee/ Höhn, Höhn, Kariane: Essen in der Kinderkrippe, Achtsame und konkrete Gestaltungsmöglichkeiten, Verlag Herder 2017 ◼ Höhn, Kariane: Essen bildet, Mahlzeiten als Lernsetting entdecken, Praxis kompakt, Kindergarten heute, Herder Verlag 2017 ◼ Bildmaterial „Die Wilde 15 e.V.“ Kinderkrippen Fulda
Zusammenfassung Workshop 2 Breakout-Session 20.10.2020 Diskussion in kleinen virtuellen Gruppen zu folgender Fragestellung: Wie erinnern Sie Ihre eigenen Erfahrungen als Kind rund ums Essen? Welchen Einfluss hat diese Erfahrung heute auf Ihr Verhalten gegenüber Kindern bzw. auf Ihren beruflichen Auftrag in einer frühkindlichen Bildungseinrichtung? Gruppe 1 Hier sprachen Teilnehmer aus Kita, Kindertagespflege und einer Waldkita über ihre eigenen positiven und negativen Erfahrungen rund ums Essen. Im päd. Alltag war allen der Austausch und die Absprache mit den Eltern über Bezugspunkte rund ums Essen wichtig. Die Beteiligung auch schon der jüngsten Kinder bei der Gestaltung der Essenssituation wurde genannt. In der Waldkita werden Kinder beteiligt, indem einmal wöchentlich gemeinsam das Lieblingsessen eines Kindes am Lagerfeuer zubereitet wird. Gruppe 2 Alle Teilnehmer haben in ihrer Kindheit keine guten Erfahrungen rund um die Mahlzeiten gemacht und möchten dies jetzt anders machen. Offen blieb: Wie schaffen wir es, damit Kinder gerne essen? Gruppe 3 Hier wurde sich an gut oder weniger gut riechende Gerichte erinnert und dass manches Essen auch verweigert wurde. Die Gruppe tauschte sich darüber aus, wie in der Kita die Mahlzeiten gestaltet werden. Ideenaustausch: Tischsprüche wählen Kinder mit aus, auch Tischsprüche von zu Hause werden mitgebracht. Gruppe 4 Hier waren die eigenen Erfahrungen sehr unterschiedlich. Zum einen gab es beim Essen keinen Zwang, zum anderen aber auch die Aufforderung: „Der Teller wird leer gegessen“ Es wurde sich erinnert, dass es bei Oma am besten roch und schmeckte. Austausch über Faktoren für eine gute Atmosphäre bei den Mahlzeiten in der Kita ergab: es braucht ausreichend Personal, kleine Gruppen und Zeit. Gruppe 5 Hier wurde erzählt, dass Oma und Mutter immer frisch gekocht haben, dass die Mahlzeiten die Zeit für Gemeinschaft, Geselligkeit und Freundschaft war und ist. Es wurde sich an die eigene Kindergartenzeit erinnert und die Vorbilder der Kindheit. In der Kita gibt es derzeit viele Erschwernisse, z. B. durch die Unverträglichkeiten der Kinder für verschiedene Speisen, die eingeschränkten Beteiligungsmöglichkeiten seit Corona, die oft zu kurzen Phasen für das Essen.
Breakout-Session 21.10.2020 Gruppe 1 Eine Teilnehmerin vergleicht die Essenssituation in Ihrer Kindheit „wie beim Militär“, denn man musste still und gerade am Esstisch sitzen, reden durften nur die Erwachsenen. Heute regt Sie Kommunikation an, Geselligkeit und Freude beim Essen sind Ihr wichtig. Die Mahlzeiten in der Kita Ihres Kindes erlebt eine Teilnehmerin als richtig toll: es wird sich Zeit für das gemeinsame Essen genommen, Kinder können sich selbst nehmen was und wie viel sie wollen, keiner „muss“ aufessen, wer möchte „kann“ probieren… Gruppe 2 Die Kindheitserinnerungen waren in dieser Gruppe sehr unterschiedlich: es musste probiert werden, nicht ausgespuckt, sondern runtergeschluckt werden, Teller immer leergegessen werden, Reste wurden von der Mutter aufgegessen, es gab kein Trinken vor und während dem Essen (trinken macht satt)…Heute kommt z.T. bei manchen Gerichten Ekel auf, weil sie mit Abscheu gegessen werden mussten, ober man bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn man den Teller nicht leer isst. Andere bekamen sogar ein Extra „Kinderessen“ gekocht, wenn das andere nicht geschmeckt hat. Gruppe 3 Die Erfahrungen rund ums Essen gehen auch in dieser Gruppe weit auseinander: Zuneigung und Belohnung mit Essen und Süßigkeiten und damit verbundenes Übergewicht wurden genannt, aber auch die Essenssituation zum Beziehungssaufbau, Vertrauen schaffen und Zeit für gute Gespräche. Positiv wird der Wandel der Essenssituation in der Kita wahrgenommen: kein Probierzwang, Erzieher als Vorbilder, Beteiligung der Kinder, der große Stellenwert des gemeinsamen Essens (Ersatz für Familienessen). Gruppe 4 Einstimmige Erfahrung dieser Gruppe sind schöne gemeinsame Mahlzeiten in der Familie. Dies wird auch an die eigene Familie weitergegeben: 1x am Tag Zeit zusammen beim Essen verbringen, um sich auszutauschen, vom Tag zu erzählen. Eine Teilnehmerin wurde als Kind in der Kita zum Gemüse essen gezwungen und musste sich anschließend erbrechen. Daher ist ihr heute in der päd. Arbeit besonders wichtig, dass es keinen Zwang gibt, Essen ein schönes Erlebnis mit Kommunikation ist und der Erzieher immer als positiver Begleiter bei den Mahlzeiten dabei ist und Kinder mit einbezieht. Gruppe 5 Auch hier gab es in der Kindheit Zwang beim Essen, der Vater übte seine Macht aus und bestand darauf, dass Teller leer gegessen werden mussten. Essen wurde im T-Shirt oder in der Hand versteckt, oder man ging zur Toilette und spuckte es aus. Einig waren sich alle: Gutes wird weitergegeben-schlechte Erfahrung wird umgewandelt. Der Esstisch ist daher ein Ort der Kommunikation, an dem man mit Familie und Freunden zusammenkommt. Allen sind die Gespräche am Tisch wichtig, leider fehlt oft die Zeit.
Mitgebrachtes: Die Teilnehmer brachten zum Workshop Gegenstände mit, die sie folgender Maßen mit Bildung am Esstisch verbinden: ◼ Essstäbchen – interkulturelles Essen ◼ Zulege Besteck – Autonomieerfahrung ◼ Messer und Gabel – deutsche Esskultur ◼ Besteck - Erziehungsmodell „Richtig Essen“ ◼ Uhr – Regeln, Pünktlichkeit ◼ Uhr - Zeit für Interaktion ◼ Kerze – gute Atmosphäre ◼ Kerze - Tisch schön decken ◼ Besteck – Förderung der Motorik ◼ Besteck – zum Ausprobieren ◼ Löffel – erstes Hilfsmittel unserer Kultur ◼ Mit Besteck essen – sauber bleiben ◼ Hände – essen auch mal fühlen ◼ Schöpflöffel – selbst Essen nehmen, Partizipation ◼ Messer und Gabel – Feinmotorik ◼ u.v.m.
Gruppenübung „Punkten“:
Gruppenübung „Punkten“: Es fällt auf, dass einige Bildungsbereiche weniger „gepunktet“ wurden. Gemeinsam wurde diskutiert in welcher Weise Mathematik, Technik und Naturwissenschaften am Esstisch berücksichtigt werden können. Ideen hierzu sind: ◼ Eindecken des Tisches, zählen des Bestecks für eine Anzahl Personen (Mathematik) ◼ Anzahl der Zutaten für Speisen (Mathematik) ◼ Abwiegen, Messen (Mathematik, Naturwissenschaft) ◼ Einschenken, ausprobieren wieviel hineinpasst (Naturwissenschaft) ◼ Konsistenzen von Lebensmitteln (Naturwissenschaft) ◼ Küchengeräte (Technik) ◼ Herstellung von Lebensmitteln, z. B. Apfelsaftpresse (Technik) ◼ u.v.m.
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