BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt

 
WEITER LESEN
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE
ÖSTERREICH 2020+
VIELFALT ERHALTEN – LEBENSQUALITÄT
UND WOHLSTAND FÜR UNS UND
ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN!
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
IMPRESSUM

Eigentümer und Herausgeber:
BUNDESMINISTERIUM
FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT,
UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT
Stubenring 1, 1010 Wien

bmlfuw.gv.at

Projektleitung: BMLFUW, Abt. I/3, Gabriele Obermayr
Projektmanagement: Umweltbundesamt, Maria Stejskal-Tiefenbach
Autoren: Umweltbundesamt, Maria Stejskal-Tiefenbach, Wolfgang Rabitsch, Thomas Ellmauer, Elisabeth Schwaiger, Bernhard Schwarzl, Helmut Gaugitsch, Gebhard Banko
Photos: BMLFUW/A. Haiden; Umweltbundesamt, Wolfgang Rabitsch, Thomas Ellmauer
Lektorat: Umweltbundesamt, Maria Deweis
Die Arbeiten der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+ wurden aus Mitteln des Bundes, der Länder und der Europäischen Union unterstützt.

Druck:
Janetschek, 3860 Heidenreichstein
Gedruckt nach der Richtlinie „Schadstoffarme Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens.

Alle Rechte vorbehalten.

Wien, Dezember 2014
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
VORWORT

       ÖSTERREICH IST EIN LAND DER VIEL-                      Mein großer Dank gilt allen Mitgliedern der Natio-
FALT. Schöne Kulturlandschaften, die Vielfalt an              nalen Biodiversitäts-Kommission, die diese Strate-
Pflanzen, Tieren und Lebensräumen machen unser                gie erarbeitet und einstimmig empfohlen hat. Jetzt
Land einzigartig. Sie sind die Grundlagen für ein             geht es darum die notwendigen weiteren Schritte
lebenswertes, gesundes und wirtschaftlich starkes             zur Umsetzung der österreichischen Ziele und Maß-
Land. Diese Grundlagen gilt es zu sichern – für uns           nahmen zur Biodiversität zu setzen. Das ist eine
und unsere zukünftigen Generationen.                          gemeinsame Aufgabe, die ich auch von allen Akteu-
Die Biodiversitäts-Strategie 2020+ zielt darauf ab,           ren und Stakeholdern der Biodiversitätspolitik Öster-
die Biodiversität in Österreich zu erhalten, den Ver-         reich einfordern werde!
lust an Arten, genetischer Vielfalt und Lebensräu-            Unser Ziel ist ein lebenswertes Österreich mit reiner
men sowie deren Verschlechterung einzubremsen                 Luft, sauberem Wasser, einer vielfältigen Natur
und die Ursachen der Gefährdungen aktiv anzuge-               sowie sicheren, qualitativ hochwertigen und leistba-
hen und zu minimieren.                                        ren Lebensmitteln!
                                                              Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+ ist
                                                              eine wesentliche Grundlage dafür!

                                     ANDRÄ RUPPRECHTER
                                     Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
                                     Umwelt und Wasserwirtschaft

                                                    ---   3     ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
INHALTSVERZEICHNIS

5    VORBEMERKUNG

6    EINLEITUNG

9    HANDLUNGSFELD – BIODIVERSITÄT KENNEN UND ANERKENNEN
9    Ziel 1 Bedeutung der Biodiversität ist von der Gesellschaft anerkannt
10   Ziel 2 Biodiversitätsforschung und Biodiversitätsmonitoring sind ausgebaut

12   HANDLUNGSFELD – BIODIVERSITÄT NACHHALTIG NUTZEN
12   Ziel 3 Land- und Forstwirtschaft tragen zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität bei
14   Ziel 4 Wildtierbestand und Fischbestand sind an naturräumliche Verhältnisse angepasst
16   Ziel 5 Tourismus und Freizeitaktivitäten erfolgen im Einklang mit Biodiversitätszielen

18   HANDLUNGSFELD – BIODIVERSITÄTSBELASTUNGEN REDUZIEREN
18   Ziel 6 Energieversorgung erfolgt biodiversitätsschonend
19   Ziel 7 Schadstoffeinträge sind reduziert
21   Ziel 8 Negative Auswirkungen invasiver gebietsfremder Arten sind reduziert
22   Ziel 9 Biodiversitätsgefährdende Anreize, einschließlich Subventionen, sind abgebaut oder umgestaltet

23   HANDLUNGSFELD – BIODIVERSITÄT ERHALTEN UND ENTWICKELN
23   Ziel 10 Arten und Lebensräume sind erhalten
25   Ziel 11 Biodiversität und Ökosystemleistungen sind in den Bereichen Raumordnung und
             Verkehr/Mobilität berücksichtigt

27   HANDLUNGSFELD – BIODIVERSITÄT WELTWEIT SICHERN
27   Ziel 12 Beitrag zur Bewältigung der globalen Biodiversitätskrise ist geleistet

29   QUELLEN

32   ANHANG
33   Überblick zu Zielen, Umsetzungsverantwortung und Evaluierungsparameter
39   Überblick zu Zielen, Maßnahmen und deren Bezug zu weiteren Zielen

                                                   ---   4   ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
VORBEMERKUNG

      MIT DER VORLIEGENDEN BIODIVERSI-                        jeweiligen Finanzrahmengesetze vorgesehenen
TÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ erfüllt Ös-                   Mittel zu bedecken.
terreich die Bestimmungen im Artikel 6 des Über-              Die aus VertreterInnen aller gesellschaftlichen
einkommens über die biologische Vielfalt (BGBL.               Gruppen zusammengesetzte Nationale Biodiversi-
213/1995). Demnach hat jede Vertragspartei                    täts-Kommission wird die Umsetzung der Strategie
(a) nationale Strategien, Pläne oder Programme zur            und Erreichung ihrer Ziele begleiten und überprü-
    Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologi-           fen. Die Mitglieder der Kommission berichten jähr-
    schen Vielfalt zu entwickeln oder zu diesem               lich über die in ihrem Zuständigkeitsbereich gesetz-
    Zweck ihre bestehenden Strategien, Pläne und              ten Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie und
    Programme anzupassen, […]; sowie                          Erreichung ihrer Ziele. 2017 werden diese jährli-
(b) die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der                 chen Berichte zusammengefasst und der Kommissi-
    biologischen Vielfalt, [...] in ihre diesbezügli-         on vorgelegt. Im Jahr 2020 sollen in einem umfas-
    chen sektoralen oder sektorenübergreifenden               senden Evaluierungsbericht die Veränderungen
    Pläne, Programme und Politiken einzubeziehen.             gegenüber 2010 – sofern nicht andere Referenzjahre
                                                              für Berichtspflichten vorgegeben sind – dargelegt
                                                              werden. Allfällige Anpassungen und weitere strate-
                                                              gische Planungen werden ab 2020 entwickelt.

                                                              DER PROZESS ZUR ENTWICKLUNG DER NEUEN
                                                              BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+

                                                              2012 wurde vom BMLFUW gemeinsam mit den
                                                              Bundesländern und Umweltbundesamt ein breites,
                                                              partizipatives Projekt zur Entwicklung einer neuen
                                                              Biodiversitäts-Strategie für Österreich gestartet. Ein
Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+                 erster Entwurf der Biodiversitäts-Strategie Öster-
formuliert in fünf Handlungsfeldern und zwölf Zie-            reich 2020+ wurde vom Umweltbundesamt auf
len die Schwerpunkte, an denen sich die Akteure               Basis der Ergebnisse von sieben thematischen
aus Bund, Länder und Gemeinden, NGOs sowie alle               Workshops erarbeitet. An diesen Workshops sowie
anderen relevanten Stakeholder künftig orientieren            der weiteren Entwicklung der Strategie und Ab-
sollen, um die Biodiversität und ihre Ökosystem-              stimmung haben die für den Bereich der Biodiversi-
leistungen langfristig zu erhalten und zu fördern.            tät relevanten Stakeholder und Entscheidungsträge-
Für den Erhalt der Biodiversität ist ein stärkeres und        rInnen auf verschiedenen Ebenen ‒ Ministerien,
gemeinsames Engagement dringend nötig.                        Bundesländer, Sozialpartner, Interessensvertretun-
Die Umsetzung der Biodiversitäts-Strategie ist                gen, WissenschafterInnen, ExpertInnen, Grundbe-
eine gemeinsame Aufgabe. Die Umsetzung der                    sitzerInnen, NGOs u. v .a. m. ‒ teilgenommen. Die
Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+ erfolgt in          Nationale Biodiversitäts-Kommission hat in ih-
rechtlicher und administrativer Hinsicht durch die            rer Sitzung am 28. August 2014 einhellig der
gemäß Bundesverfassung zuständigen Gebietskör-                vorliegenden Strategie zugestimmt und diese
perschaften sowie den in der Strategie genannten              dem Bundesminister für Land- und Forstwirt-
weiteren Akteuren und Stakeholdern im Bereich der             schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft empfohlen.
biologischen Vielfalt. Die Finanzierung soll durch
einen breiten Mix an öffentlichen und privaten Mit-
tel sowie durch Inanspruchnahme der EU-Ko-
finanzierung erfolgen. Die Finanzierung der Umset-
zung ist für den Bund durch die im Rahmen der

                                                    ---   5     ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
EINLEITUNG

      BIOLOGISCHE VIELFALT, DIE VIELFALT                                Zu den wesentlichen Gefährdungen der Biodiversi-
VON MIKROORGANISMEN, PILZEN, PFLANZEN                                   tät zählen neben dem Klimawandel, der Ausbrei-
UND TIEREN IST FÜR DIE MENSCHHEIT UNENT-                                tung gebietsfremder invasiver Arten, dem Dünge-
BEHRLICH. Sie schafft im Zuge der Stoffkreisläufe                       mittel- und Pestizideinsatz die zunehmende Boden-
saubere Luft und sauberes Wasser, sorgt für frucht-                     versiegelung durch Siedlungs- und Infrastruktur-
bare Böden und trägt zum Klima auf der Erde bei.                        baumaßnahmen, auch im Bereich der städtischen
Darüber hinaus ist Vielfalt Voraussetzung für unse-                     Grünräume sowie der Haus- und Kleingärten. Dies
re Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden in                            führt zu Verlust sowie zur Fragmentierung wich-
einer lebenswerten Umwelt sowie die Verfügbarkeit                       tiger Lebensräume.
von nachwachsenden Rohstoffen, u. a. für Kleidung                       Luftschadstoffe durch den Verkehrs- und den Ge-
oder Baumaterial.                                                       werbe- und Industriebereich haben die Standortbe-
Der Biodiversitätsverlust ist neben dem Klimawan-                       dingungen in Waldgebieten und Grünlandstandorten
del als die kritischste globale Umweltbedrohung zu                      verändert. Schwermetalle und Streusalz führen zu
       1
sehen. Über die Höhe der anthropogen verursach-                         Beeinträchtigungen der Bodenlebewelt.
ten Aussterberate gibt es unterschiedliche Schät-                       Kommunale Grünflächen wie Parkanlagen, Indust-
zungen; alle weisen jedoch eine deutlich höhere                         rie- und Gewerbebrachen, Hausgärten, aber auch
Verlustrate als unter natürlichen Bedingungen aus.                      Infrastrukturbegleitflächen nehmen einen erhebli-
Weltweit sind rund 60 % aller Ökosysteme, 25 %                          chen Teil der Gesamtfläche Österreichs ein und sind
der Säugetiere, 13 % der Vögel und 41 % der Am-                         damit grundsätzlich in der Lage, auch einen wichti-
                    2
phibien gefährdet. Seit 1900 sind weltweit 75 %                         gen Beitrag zur Verbesserung der Artenvielfalt zu
der genetischen Vielfalt landwirtschaftlicher Kultu-                    leisten.
                         3
ren verloren gegangen.                                                  Land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen
                                                                        nehmen in Österreich ca. 80 % der Landesfläche
ÖSTERREICH IST REICH AN BIOLOGISCHER                                    ein. Auf etwa 25 % der Landesfläche Österreichs
VIELFALT ‒ DIE JEDOCH AUCH GEFÄHRDET IST                                wird in regional unterschiedlicher Intensität produk-
                                                                        tionsorientierte konventionelle und Bio-Land-
Aufgrund seiner klimatischen und topographischen                        wirtschaft betrieben. Die von Menschen geprägten
Verhältnisse hat Österreich eine große biologische                      Kulturlandschaften sind wichtiger Lebensraum für
Vielfalt und zählt auch im mitteleuropäischen Ver-                      viele Tier- und Pflanzenarten. Die Art der Nutzung
gleich zu den artenreichsten Ländern. Die regional                      dieser Flächen sowie generell deren Erhalt spielen
angepasste landwirtschaftliche Produktion in Öster-                     für die biologische Vielfalt daher eine wichtige
reich trägt auch zu einer genetischen Vielfalt von                      Rolle. Um die vielfältigen Funktionen dieser Flä-
Ökotypen, Sorten und Rassen bei. Diese Vielfalt zu                      chen auch in Zukunft gewährleisten zu können, ist
erhalten ist Zielsetzung zahlreicher politischer Pro-                   es wichtig, eine Balance zwischen „Schützen und
gramme und Projekte. In den letzten Jahren haben                        Nützen“ zu finden. Nur eine standortangepasste,
diese verstärkten Bemühungen im Natur- und Arten-                       ressourceneffiziente Landbewirtschaftung trägt der
schutz zu einer Abschwächung des Artenrückgan-                          Versorgungssicherheit Rechnung. 56 % des Grün-
ges in einigen Bereichen geführt. In anderen Be-                        landes werden in Österreich laut Grünem Bericht
reichen der biologischen Vielfalt konnte noch keine                     2013 extensiv genutzt, ein im Vergleich zu anderen
Trendwende erreicht werden.                                             Ländern überdurchschnittlich hoher Anteil.
                                                                        Die Roten Listen für ausgewählte Tiergruppen in
                                                                        Österreich zeigen, dass bei den Säugetieren 37 %,
1
    Europäische Kommission (2011): Mitteilung der Kommission an         bei Vögeln 36 %, Kriechtieren 64 %, Lurchen und
    das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen
                                                                        Fischen je 60 % einer Gefährdungskategorie zuge-
    Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der
    Regionen. Lebensversicherung und Naturkapital: Eine                 ordnet sind. Bei den Farn- und Blütenpflanzen wa-
    Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020. Brüssel,          ren vor rund 15 Jahren 40 % gefährdet. Von den
    3.5.2011, KOM(2011) 244 endgültig                                   488 in Österreich vorkommenden Biotoptypen, die
2
    http://www.iucnredlist.org/about/summary-statistics
3
                                                                        vielfach auch durch die sich wandelnde Nutzung
    www.fao.org/worldfoodsummit/english/fsheets/environment.pdf

                                                              ---   6     ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
und Bewirtschaftungsweise des Menschen entstan-
den sind, wurden 246 in den Kategorien gefährdet
und stark gefährdet eingestuft, 33 sind von der voll-
ständigen Vernichtung bedroht. Fünf Biotoptypen
                            4
sind vollständig vernichtet. Gemäß Art. 17 Bericht
2013 sind im Grünland 17 % der Schutzgüter ge-
mäß FFH-RL in der alpinen und 5 % der Schutzgü-
ter in der kontinentalen Region in einem günstigen
                    5
Erhaltungszustand.

ERFOLGE IM BIODIVERSITÄTSSCHUTZ –                                            Zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit werden so-
BEISPIELE                                                                    wohl durch öffentliche Einrichtungen wie auch
                                                                                           6
                                                                             durch NGOs Kampagnen durchgeführt, Informati-
Die Gesamtfläche der naturschutzrechtlich verord-                            onsmaterial erarbeitet, Besucherzentren errichtet,
neten Gebiete beträgt 27 % des Bundesgebietes.                               Führungen angeboten, und diverse Medien genutzt.
Davon sind aktuell 16 % der Bundesfläche als Natu-                           Die Kampagne „vielfaltleben“ hat mit großem Er-
ra 2000-Gebiet, Nationalpark oder Naturschutzge-                             folg Schutzprojekte aber auch Projekte zur Verstär-
biet streng geschützt und fast 11 % entfallen auf                            kung des Bewusstseins der Öffentlichkeit durchge-
weniger streng geschützte Gebiete, wie z. B. Land-                           führt. Ein Biodiversitäts-Gemeinde-Netzwerk wur-
schaftsschutzgebiete.                                                        de errichtet. Im Rahmen des Projektes „National-
Projekte zur Verbesserung der ökologischen Situa-                            parks Austria Öffentlichkeitsarbeit 2012‒2014“
tion erfolgen durch öffentliche wie auch private                             wurden öffentlichkeitswirksame Maßnahmen durch-
Organisationen, vielfach mit EU-Ko-Finanzierung.                             geführt. Mit diesen österreichweiten Informations-
Mit dem Österreichischen Programm für Umweltge-                              Kampagnen soll der Bekanntheitsgrad und die Be-
rechte Landwirtschaft (ÖPUL) und den Wald-                                   deutung der Biodiversität erhöht werden.
Umweltmaßnahmen (WUM) wird eine umweltge-                                    Es wurden zahlreiche, spezifische Naturschutzmaß-
rechte, extensive und den natürlichen Lebensraum                             nahmen durchgeführt, u. a. für gefährdete Pflanzen-
schützende Land- und Forstwirtschaft gefördert.                              und Tierarten, wie z. B. Sand-Schwertlilie, Fluss-
Diese Maßnahmen leisten daher wichtige Beiträge                              perlmuschel, Greifvögel, Tagfalter und Käfer. Moo-
zur Erreichung der Biodiversitäts-Ziele im landwirt-                         re und Fließgewässer wurden renaturiert, Wiesen
schaftlichen Bereich. In der europäischen Union ist                          und Wälder durch extensive Bewirtschaftung öko-
Österreich Vorreiter im Biolandbau. Mit der Förde-                           logisch verbessert. Für Vögel und Amphibien wur-
rung von seltenen Kulturpflanzensorten und von                               den Nist-, Brut- oder Laichstätten geschaffen.
Pflanzensorten für den Biolandbau werden Maß-
nahmen zur Erhöhung der genetische Diversität in                             DIE RAHMENBEDINGUNGEN DER
der Landwirtschaft gesetzt. Österreich verzichtet                            BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+
aus ökologischen, gesundheitspolitischen sowie
sozio-ökonomischen Gründen auf den landwirt-                                 Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+ ist in
schaftlichen Anbau gentechnisch veränderter Orga-                            eine Vielzahl von rechtlichen und politischen Rah-
nismen (GVO). Die Erhaltung und Verbesserung                                 menbedingungen eingebettet. Die wesentlichen
der biologischen Vielfalt wird von einer nachhalti-                          rechtlichen Grundlagen auf internationaler und EU-
gen Waldbewirtschaftung gefördert. Zum Beispiel                              Ebene bilden das Übereinkommen über die biologi-
können kleinflächige Nutzungen im Kleinwald ein                              sche Vielfalt, die Fauna-Flora-Habitat- und die
Mosaik an Lebensräumen schaffen. Insbesondere                                Vogelschutz-Richtlinie, die Wasserrahmenrichtlinie
Förderungen aus der EU-Umwelt-Förderschiene                                  und die neue Verordnung zu gebietsfremden invasi-
„L'Instrument Financier pour l'Environnement“                                ven Arten. Auf nationaler Ebene sind die Natur-
(LIFE) wurden in Österreich für die Renaturierung                            schutzgesetze der Bundesländer maßgeblich, die
von Lebensräumen eingesetzt.                                                 durch weitere Rechtsnormen der Länder, wie bei-
                                                                             spielsweise Artenschutz- und Schutzgebietsverord-
4
    Zehnter Umweltkontrollbericht. Umweltsituation in Österreich.
                                                                             nungen ergänzt werden. Bedeutung für die biologi-
    REP-0410, Umweltbundesamt, Wien                                          sche Vielfalt hat auch die Nationalpark-Strategie.
5
    Umweltbundesamt (2013): Ausarbeitung des österreichischen
                                                                             6
    Berichtes gemäß Art. 17 FFH-Richtlinie, Berichtszeitraum 2007‒               Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental Organisation
    2013. Bericht im Auftrag der Verbindungsstelle der Länder, Wien.             NGO)

                                                                   ---   7       ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
Darüber hinaus sind gesetzliche Regelungen wie              Vision und Ziel der EU-Biodiversitäts-
z. B. das Forstgesetz, und Regelungen aus anderen
                                                            Strategie 2020
Sektoren, die einen wesentlichen Einfluss auf die
Landnutzung haben, wie beispielsweise die Raum-
                                                            Die Vision für 2050
planung, Verkehrsplanung, Wasserwirtschaft, Jagd
und Fischerei von Bedeutung. Auch bilden die ein-           Schutz, Wertbestimmung und Wiederherstellung
schlägigen Protokolle der Alpenkonvention, Berner-,         der biologischen Vielfalt und der von ihr erbrach-
Bonner- und Ramsar-Konvention, als auch das                 ten Dienstleistungen – des Naturkapitals – der
Umwelt-Strafrecht sowie die Aarhus-Konvention               Europäischen Union aufgrund des Eigenwerts der
wichtige Rahmenbedingungen. Die EU-Biodiversi-              biologischen Vielfalt und ihres fundamentalen
täts-Strategie 2020, die Strategien des Bundes und          Beitrags zum Wohlergehen der Menschen und
der Länder zu verschiedenen Themenbereichen                 zum wirtschaftlichen Wohlstand, um katastropha-
stellen wesentliche politische Ziele und Absichten          le Veränderungen, die durch den Verlust der bio-
dar. Auch die Strategien oder Planungskonzepte              logischen Vielfalt verursacht werden, abwenden
anderer Sektoren sind für die biologische Vielfalt          zu können.
relevant, wie z. B. die Energiestrategie Österreich,
der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, die         Das Ziel für 2020
Österreichische Tourismusstrategie, das Österrei-
                                                            Aufhalten des Verlustes an biologischer Vielfalt
chische Raumentwicklungskonzept, der Gesamtver-
                                                            und der Verschlechterung der Ökosystemdienst-
kehrsplan Österreich oder Planungen auf regionaler
                                                            leistungen in der Europäischen Union und deren
Ebene, wie regionale Entwicklungsprogramme oder
Flächenwidmungspläne.                                       weitest mögliche Wiederherstellung bei gleich-
Im Grunde ist festzuhalten, dass nahezu alles               zeitiger Erhöhung des Beitrags der Europäischen
menschliche Tun und damit auch nahezu alle recht-           Union zur Verhinderung des Verlustes an biolo-
lichen Bestimmungen auf den Erhalt und die Ent-             gischer Vielfalt weltweit.
wicklung der biologischen Vielfalt Einfluss haben           Europäische Kommission (2011): Mitteilung der Kom-
können. Der Schutz der biologischen Vielfalt trägt –        mission an das Europäische Parlament, den Rat, den Eu-
und soll auch in Zukunft – zum Erhalt des Wirt-             ropäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den
schaftsstandorts Österreich beitragen. In vielen            Ausschuss der Regionen. Lebensversicherung und Natur-
Bereichen ist es daher wichtig, gesamtheitliche             kapital: Eine Biodiversitäts-Strategie der EU für das Jahr
Lösungsstrategien unter Einbindung aller gesell-            2020. Brüssel, 3.5.2011, KOM(2011) 244 endgültig.
schaftlichen Akteure zu entwickeln.

                                                  ---   8    ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
HANDLUNGSFELD –
        BIODIVERSITÄT KENNEN UND
        ANERKENNEN

       ZIEL 1 BEDEUTUNG DER BIODIVERSITÄT                       --- Verbesserung des Wissenstransfers zwischen
IST VON DER GESELLSCHAFT ANERKANNT                                  Wissenschaft und Gesellschaft, insbesondere
                                                                    EntscheidungsträgerInnen in der Wirtschaft,
 --- Die Wertschätzung der Biodiversität in der                     Multiplikatoren und naturnutzenden Berufs-
     Gesellschaft hat sich erhöht (2020).                           gruppen, HausgartenbesitzerInnen und Erho-
 --- Mehr Partner aus verschiedenen Bereichen                       lungssuchenden
     und ein erhöhter Anteil der allgemeinen Öf-                --- Ausbau der Lehrpläne aller Bildungsstufen im
     fentlichkeit unterstützen die Erhaltung und                    Hinblick auf das Verständnis von Biodiversität,
     die Entwicklung der biologischen Vielfalt.                     deren Dynamik und umfassenden Wert, auf das
 --- Verstärkte Beteiligung der betroffenen Öf-                     Konzept der Ökosystemleistungen sowie auf
     fentlichkeit bei biodiversitätsrelevanten Pro-                 Handlungsoptionen für den Erhalt der Biodiver-
     jekten ist erreicht.                                           sität
                                                                --- Ausbau der Angebote in der Erwachsenenbil-
HINTERGRUND                                                         dung, z. B. http://www.vhs.or.at/, LFIs und
Verantwortung für die Erhaltung der Biodiversität                   NGOs, insbesondere auch Weiterbildungs- und
wird nur dann wahrgenommen werden, wenn das                         Beratungsveranstaltungen für Land- und Forst-
Wissen über Arten, Ökosysteme und deren komple-                     wirtInnen und BeraterInnen
xe Wechselwirkungen verfügbar ist. Auch das Wis-                --- Weiterentwicklung des Angebotes öffentlicher
sen inwieweit persönliche und politische Entschei-                  Medien (ORF) im Rahmen ihres Bildungsauf-
dungen die Biodiversität beeinflussen können, muss                  trages
vorhanden sein. Es braucht die Integration von Bio-             --- Verstärkte Nutzung von social media, z. B.
diversitätsanliegen in allen relevanten Fachplanun-                 Facebook, Twitter, Blogs, Apps, um junge
gen oder Strategien (z. B. Tourismusstrategie, Ener-                Menschen zu erreichen
giestrategie, Infrastrukturprojekte, Raumplanung).              --- Bewusstseinsbildung zur Erhaltung der Bio-
                                                                    diversität auf Flächen mit Vorbildwirkung im
MASSNAHMEN                                                          öffentlichen Raum (Gemeinden, Städte, öffent-
--- Zielgruppenorientierter Ausbau der Öffentlich-                  liche Einrichtungen)
    keitsarbeit, z. B. Erfordernisse zur praktischen
    Umsetzung der EU-Naturschutz-Richtlinien,
    Bedeutung von Ökosystemen und ihrer Leistun-
    gen, Zusammenhänge zwischen Konsumverhal-
    ten und Biodiversität sowie Bewirtschaftung
    und Biodiversität, insbesondere auch für
    Grundeigentümer und Landnutzungsberechtigte
--- Fortsetzung und Entwicklung österreichweiter
    und spezifischer Kampagnen, z. B. vielfaltleben,
    Nationalparks Austria,
    www.naturbeobachtung.at, Natur im Garten,
    Biodiversität in der Stadt, www.muttererde.at
--- Einrichtung von sektorenübergreifenden Platt-
    formen, z. B. Biodiversität und Gesundheit,
    „Business and Biodiversity“

                                                      ---   9     ---
BIODIVERSITÄTS-STRATEGIE ÖSTERREICH 2020+ - VIELFALT ERHALTEN - LEBENSQUALITÄT UND WOHLSTAND FÜR UNS UND ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN SICHERN! - bmlrt
Evaluierungsparameter:                                                 ZIEL 2 BIODIVERSITÄTSFORSCHUNG UND
                                                                           BIODIVERSITÄTSMONITORING SIND
    --- Aktivitäten zur Förderung der Biodiversi-
                                                                           AUSGEBAUT
        tät (MOBI B1)
    --- Anzahl der positiven Medienberichterstat-                              --- Kenntnisse über die Biologie und Ökologie
        tungen über Biodiversität und Natur-                                       von Arten und Lebensräumen sowie zur Ta-
        schutz (Clippings)                                                         xonomie sind ausgebaut (2020+).
    --- Anzahl der Partner der Kampagne                                        --- Kenntnisse über die Zusammenhänge zwi-
        vielfaltleben                                                              schen menschlichem Handeln und Biodiver-
    --- Anerkennung der Bedeutung der Werte der                                    sität sind verbessert (2020+).
        Biodiversität durch die Gesellschaft sowie                             --- Daten zu Status und Trends von Arten, deren
        durch spezifische, biodiversitätsrelevante                                 genetischer Diversität und Lebensräumen
        Sektoren (österreichweite, repräsentative                                  sowie Einflussfaktoren und Erhaltungsmaß-
        bzw. sektorale Umfragen)                                                   nahmen sind vorhanden (2019, 2020+).
    --- Auswertungen von Zuseherquoten relevanter                              --- Erkenntnisse und Daten werden in politi-
        Sendungen im Fernsehen (ORF sowie ande-                                    schen Entscheidungen berücksichtigt.
        rer Sender)
    --- Zugriffe/Bewertungen in ausgewählten bio-
                                                                           HINTERGRUND
        diversitätsrelevanten social media (likes)
                                                                           Fundierte wissenschaftliche Grundlagen zu den
        z. B. Nationalparks Austria
                                                                           aktuellen Herausforderungen, sei es der Zusammen-
    --- Wissensvermittlung im Biologieunterricht in
                                                                           hang von Landnutzungsänderungen, Ökosystemleis-
        Pflichtschulen (Messgröße: Schulstunden)
                                                                           tungen und Biodiversität, oder Klimawandel und
    --- Besuche von Schulklassen/Unter-
                                                                           Biodiversität, sind auch Voraussetzungen für eine
        nehmen/Institutionen in Nationalparks, Na-
                                                                           Bewertung der Gefahren und Risiken für die Bio-
        turparks oder anderen Schutzgebieten
                                                                           diversität und die angemessene Entwicklung von
    --- Anzahl errichteter Kommunikations- und
                                                                           Maßnahmen. Der österreichische Rat für Forschung
        Vernetzungsplattformen zum Thema Bio-
                                                                           und Technologieentwicklung empfiehlt übergrei-
        diversität
                                                                           fende Schwerpunktsetzungen über alle Ressortzu-
    --- Höhe der ausgegebenen Mittel für biodiversi-
                                                                           ständigkeiten für ausgewählte Schwerpunktthemen
        tätsbewusstseinsbildende Maßnahmen in
                                                                           mit gesellschaftlicher oder strategischer Bedeutung
        Förderbereichen (z. B. Ländliche Entwick-
                                                                           für Österreich. Biodiversitätsforschung ist ein Mus-
        lung-LE, Europäische Territoriale Zusam-
                                                                           terbeispiel für die Notwendigkeit, sektorenübergrei-
        menarbeit-ETZ, LIFE)
                                                                           fend vorzugehen und bietet sich als ein „Bund-
    --- Anzahl von neuangelegten Biodiversitätsflä-
                                                                           Bundesländer-Kooperationsprojekt“ an.
        chen im öffentlichen Raum
                                                                           Biodiversitätsmonitoring ist erforderlich um Zu-
                                                                           standsveränderungen der biologischen Vielfalt zu
Umsetzungsakteure7: Ämter der Landesregierun-                              verfolgen. Auf Basis von Daten aus bestehenden
gen, BMBF, BMLFUW                                                          und auch eigens eingerichteten Monitoring-Projek-
Weitere Akteure: Ausbildungs- und Weiterbil-                               ten und weiteren Aktivitäten (z. B. Biotopkartierun-
dungseinrichtungen (Universitäten, Fachhochschu-                           gen) zur Erfassung von Arten und Lebensräumen
len, Volkshochschulen, Schulen), ASFINAG, BFW,                             werden Berichte, z. B. nach Art. 17 der FFH-Richt-
BMWFW, Botanische und Zoologische Gärten,                                  linie und Art. 12 der Vogelschutz-Richtlinie, er-
EVUs, LFIs, Naturkundliche Museen, Naturschutz-                            stellt.
akademien, ÖBB, Städte und Gemeinden sowie                                 Technologische Entwicklungen und Innovationen
NGOs                                                                       werden als Voraussetzung für die Sicherung von
                                                                           Lebensqualität und Wohlstand für zukünftige Gene-
                                                                           rationen gesehen. Die notwendige Stärkung der
                                                                           Forschung, Entwicklung und Umsetzung neuer
                                                                           Technologien innerhalb und außerhalb Österreichs
                                                                           muss mögliche Auswirkungen auf die biologische
                                                                           Vielfalt einbeziehen.

7
    Die Listung der Akteure erfolgt in alphabetischer Reihenfolge

                                                                    ---   10    ---
MASSNAHMEN                                                                --- Förderung von wissenschaftlichen Sammlungen
--- Bekenntnis zur organismischen und ökosyste-                               unter Berücksichtigung innovativer Entwick-
    maren Biodiversitätsforschung sowie einer lö-                             lungen und moderner Technologien und Ver-
    sungsorientierten transdisziplinären Forschung                            netzung von Datenprovidern (z. B. Global Bio-
    in nationalen Forschungsprogrammen, insbeson-                             diversity Information Facility-GBIF, Biofresh,
                                                                                                                  9
    dere zu Einflussfaktoren auf die Biodiversität                            Austrian Barcoding of Life-ABOL)
--- Bewertung der Gefahren und Risiken sowie der                          --- Entwicklung von Methoden zur Integration von
    Chancen für die Steuerung der Einflussfaktoren                            Biodiversitätsauswirkungen in Lebenszyklusana-
    auf die Biodiversität und daraus abgeleitet die                           lysen (Life Cycle Assessment-Methoden) in
    Entwicklung von Handlungsoptionen für                                     Abstimmung mit den relevanten internationalen
    Schutzmaßnahmen (inkl. Beweissicherung/Er-                                Entwicklungen
    folgskontrolle)                                                       --- Überprüfung bestehender biodiversitätsrelevan-
--- Förderung von open-access Publikationen ent-                              ter Monitoringprogramme hinsichtlich ihrer Aus-
                                        8
    sprechend der Berliner Deklaration                                        sagekraft in Bezug auf Klimawandelanpassung
--- Erfassung und regelmäßige Überwachung (Mo-                            --- „Horizon scanning“ von Entwicklungen und
    nitoring), primär von EU-rechtlichen Schutzgü-                            Gefährdungsfaktoren der Biodiversität z. B.
    tern (gemäß FFH- und Vogelschutz-Richtlinie)                              Szenarien- und Prognosemodellentwicklungen
    sowie weiterer Ausbau und Harmonisierung be-                          --- Etablierung neuer Konzepte zur Erhebung der
    stehender Datenmanagementstrukturen für die                               Biodiversität unter Mithilfe der Bevölkerung
    Erfassung, Haltung und Auswertung relevanter                              (z. B. Citizen Science mit Smartphone Apps)
    Informationen, z. B. für die Berichtslegungen                             und von LandbewirtschafterInnen (z. B. aktiver
    gemäß Art. 17 der FFH-Richtlinie und Art. 12                              Einbezug von Land- und ForstwirtInnen in Bio-
    der Vogelschutz-Richtlinie sowie für andere                               diversitätsmonitoring-Projekte) in Zusammen-
    verpflichtende Berichtslegungen, z. B. CBD,                               arbeit mit der Erfassung durch Experten
    Ramsar, Alpenkonvention                                               --- Erfassung der Bodenbiodiversität und deren
--- Aktualisierung ausgewählter Roter Listen für                              Ökosystemleistungen
    Österreich und auf Bundesländerebene, Erarbei-
    tung neuer Roter Listen für ausgewählte Arten-                             Evaluierungsparameter:
    gruppen mit hohem Indikatorwert oder hoher
                                                                               --- Anzahl der Berichte und peer-reviewed10
    Relevanz für Ökosystemleistungen
                                                                                   Publikationen zur Biodiversitätsforschung
--- Ausbau von flächendeckenden Biotopkartierun-
                                                                                   mit Beteiligung nationaler Einrichtungen
    gen
                                                                               --- Reduktion der Anzahl der Schutzgüter
--- Weiterführung der im Rahmen der Österreichi-
                                                                                   von europäischer Bedeutung, die derzeit
    schen Raumordnungskonferenz begonnenen
                                                                                   noch als „unknown“ eingestuft sind (für
    Arbeiten zur Entwicklung einer österreichwei-
                                                                                   EU-Berichtspflichten)
    ten Landnutzungserhebung gemäß Landinfor-
                                                                               --- Fläche, die durch aktuelle Biotopkartie-
    mationssystem Austria/LISA-Standards
                                                                                   rungen abgedeckt ist
--- Ausbau der Ausbildung im Bereich Biodiversi-
                                                                               --- Anzahl/Teilnehmer an biodiversitätsbezoge-
    tätsforschung, taxonomischer Grundlagenfor-
                                                                                   nen Weiterbildungs- und Beratungsveranstal-
    schung sowie der taxonomisch-systematischen
                                                                                   tungen für Land- und ForstwirtInnen und an-
    Wissensvermittlung in der Lehramts- und Wis-
                                                                                   dere Akteure
    senschaftsausbildung an Universitäten, Fach-
    hochschulen und außeruniversitären Einrichtun-
    gen                                                                   Umsetzungsakteure: Ämter der Landesregierun-
                                                                          gen, BMWFW
8
    Berliner Deklaration über den offenen Zugang zu wissenschaftli-
                                                                          Weitere Akteure: AGES, außeruniversitäre For-
    chem Wissen zielt darauf ab, das Internet als Instrument zur Ver-     schungseinrichtungen, BFW, BMG (GVO For-
    breitung von wissenschaftlichen Kenntnissen zu fördern. Diese         schung), BMLFUW, BMVIT, Fachhochschulen,
    Möglichkeiten der Wissensverbreitung über das Internet müssen         LKÖ, LFBÖ, Naturwissenschaftliche Sammlungen,
    nach dem Prinzip des offenen Zugangs (Open Access-Paradigma)
                                                                          ÖAW, Schutzgebietsverwaltungen, Umweltbundes-
    gefördert werden.
    http://openaccess.mpg.de/68053/Berliner_Erklaerung_dt_Version         amt, Universitäten sowie NGOs
    _07-2006.pdf.
                                                                          9
    Eine weitere Entwicklung erfolgte durch die Deklaration von San            www.freshwaterbiodiversity.eu, ABOL: Austrian Barcode of Life
                                                                          10
    Francisco, die die Nutzung von Primärdaten fordert. Auch diese             Beurteilung wissenschaftlicher Arbeiten durch unabhängige
    wurde von österreichischen Forschungseinrichtungen unterzeichnet.          FachexpertInnen

                                                                   ---   11     ---
HANDLUNGSFELD –
            BIODIVERSITÄT NACHHALTIG
            NUTZEN

       ZIEL 3 LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT                                 wie ihre Habitate sind von der Fortführung einer
TRAGEN ZUR ERHALTUNG UND VERBESSERUNG                                   extensiven Nutzung abhängig. Mehr als 80 % der
DER BIODIVERSITÄT BEI                                                   Landesfläche Österreichs ist Kulturlandschaft. Etwa
                                                                        ein Drittel wird landwirtschaftlich genutzt, davon
     --- Erhöhung der Flächen mit biodiversitätsrele-                   etwas mehr als die Hälfte als Grünland, der Rest
         vanten Agrarumweltmaßnahmen (2020).                            wird als Ackerland bewirtschaftet. Die Sicherung
     --- Der Erhaltungszustand von Arten und Le-                        eines dynamischen, ländlichen Raumes mit Erhalt
         bensräumen, die von der Land- oder Forst-                      seiner vielfältigen Aufgaben und Funktionen für die
         wirtschaft abhängen oder von ihr beeinflusst                   Gesellschaft muss auch in Zukunft gewährleistet
         werden, ist gemessen am Referenzszenario                       sein. Nahezu die Hälfte der Landesfläche ist mit
         2010 messbar verbessert (2020).                                Wäldern bedeckt, die zum überwiegenden Teil auch
     --- Verbesserung der Entwicklung beim Farm-                        forstwirtschaftlich genutzt werden. Zentrale Bedeu-
                                    11
         land Bird Index (2020) .                                       tung kommt auch der Raumordnung mit ihren pla-
     --- Gesamtbestand der seltenen Nutztierrassen                      nerischen Vorgaben zur Siedlungs- und Verkehrs-
         ist stabil bis leicht steigend.                                entwicklung zu. Eine zu intensive, mit zu hohem
     --- Zahl der Bienenvölker ist auf 400.000 erhöht                   Dünger- und Pestizideinsatz arbeitende Landwirt-
         (2020).                                                        schaft hat ebenso wie die Nutzungsaufgabe negative
     --- Totholzanteil und Altbäume, besonders in                       Auswirkungen auf Biodiversität und damit verbun-
         den bisher gering ausgestatteten Naturräumen                   dene Ökosystemleistungen. Die land- und forstwirt-
         des Alpenvorlandes, insbesondere des Mühl-                     schaftliche Nutzung unterliegt regional unterschied-
         und Waldviertels und des sommerwarmen                          lichen Rahmenbedingungen und erfordert somit
         Ostens ist erhöht (2020+).                                     standortangepasste Konzepte zur Biodiversitätsbe-
     --- Traditionelles Wissen ist erhalten (2020).                     wertung und -förderung.
                                                                        Für die Landwirtschaft und in geringem Ausmaß für
HINTERGRUND                                                             die Forstwirtschaft von besonderer Bedeutung ist
Die Art und Intensität der land- und forstwirtschaft-                   die Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik
lichen Nutzung ist entscheidend für das Vorkom-                         (GAP) der Europäischen Union. Ihre Wirksamkeit
men und den Zustand von zahlreichen Arten und                           ist, auch durch die spezifische Zielausrichtung,
Lebensräumen in der Kulturlandschaft. Ein hoher                         unterschiedlich stark ausgeprägt. Das ÖPUL trägt
Anteil semi-natürliche Flächen (z. B. Brachland) an                     mit seinen Maßnahmen direkt und indirekt zur Er-
der landwirtschaftlichen Fläche ist dabei entschei-                     haltung der Biodiversität bei, indem es z. B. auch
dender Faktor für Ausbau und Erhalt der Biodiversi-                     die Anpassung der modernen Landnutzung an die
tät. Dabei ist es wichtig, die wirtschaftlichen und                     Bedürfnisse von Arten und Lebensräumen ermög-
sozialen Rahmenbedingungen, die die land- und                           licht. Die Dokumentation der Landschaftselemen-
                                                                          12
forstwirtschaftliche Praxis stark beeinflussen und                      te gibt wichtige Informationen über die strukturel-
vor allem auch durch den Handel und die verarbei-                       le Vielfalt in der Kulturlandschaft. Die Herausforde-
tende Industrie geprägt werden, mit zu berücksich-                      rung der Zukunft ist die Erhaltung und Förderung
tigen. Viele heute als naturschutzfachlich wertvoll                     der Biodiversität mit nachhaltiger Ernährungssiche-
angesehene Biotoptypen wurden insbesondere auch                         rung und -sicherheit („food security“) in Einklang
durch die traditionelle Land- und Forstwirtschaft                       zu bringen.
geschaffen; zahlreiche Tier- und Pflanzenarten so-

11                                                                      12
     Eine Trendumkehr beim Farmland Bird Index wird auch zusätzli-           AMA-Erhebung der Landschaftselemente: Bäume/Büsche; He-
     che Maßnahmen anderer Sektoren erfordern.                               cken/Ufergehölze; Gräben; Feldgehölze etc.

                                                                 ---   12     ---
Aufgrund der hohen Waldausstattung ergibt sich der                                  ex-situ (in Sammlungen wie botanischen Gär-
große Stellenwert des Waldes für den Schutz der                                     ten, Genbanken)
heimischen Arten und Lebensraumvielfalt. Aller-                              ---    Sicherung der Ackerbegleitarten
dings steht auch die Waldbiodiversität im Span-                              ---    Sicherung des freien Tausches von Saatgut
nungsfeld vielfältiger, gesellschaftlicher und wirt-                                seltener Sorten
schaftlicher Ansprüche an den Wald. Um die Nutz-,                            ---    Stärkung des Bewusstseins über die Bedeutung
Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung des                                       traditioneller Formen der Nutzung der biologi-
        13
Waldes langfristig zu sichern, bedarf es intakter                                   schen Vielfalt und der damit verbundenen kul-
Waldökosysteme. Ausreichend große Prozess-                                          turellen Vielfalt in Österreich sowie Förderung
schutzgebiete dienen dem Schutz von Arten und                                       des lokalen Erfahrungswissens über traditionel-
Lebensgemeinschaften, die an frei ablaufende, na-                                   le Kulturarten und der genetischen Vielfalt
                                            14
türliche Prozesse im Wald gebunden sind.                                            (Sorten, Ökotypen, landeskultureller Wert)
Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist eng mit                             ---    Fortführung nationaler Dialoge in der Land-
traditionellem Wissen und Gebräuchen verbunden,                                     und Forstwirtschaft, insbesondere zur Umset-
insbesondere im Alpenland Österreich. Österreich                                    zung von EU-Vorgaben (z. B. Saatgut-Dialog,
hat sich dazu bekannt, das Wissen und die Praktiken                                 Walddialog, Natura 2000-Plattform)
im Umgang mit der Natur zu erhalten.                                         ---    Umsetzung von effektiven Maßnahmen zum
                                                                                    Schutz von Honig- und Wildbienen
MASSNAHMEN                                                                   ---    Umsetzung der Maßnahmen des Österreichi-
--- Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen                                         schen Wald-Ökologie-Programms (ÖWÖP),
    zur Gewährleistung eines „günstigen Erhal-                                      insbesondere über das Programm für die Länd-
    tungszustandes“ für die FFH-Schutzgüter der                                     liche Entwicklung 2014–2020
    Agrarlandschaft und der Wälder, wie z. B. in-                            ---    Schaffung von Anreizen in der Ländlichen
    terdisziplinäre und partizipativ entwickelte pra-                               Entwicklung 2014–2020 zur Erhöhung des An-
    xisnahe Bewirtschaftungsleitlinien                                              teils an Alt- und Totholz, insbesondere für
--- Effektive Nutzung verfügbarer Mittel für Flä-                                   Waldgebiete mit einem geringen Totholzanteil,
    chenzahlungen sowie Projektförderungen zum                                      nach fachlichen Kriterien
    Schutz der Biodiversität im Programm für die                             ---    Umwandlung und Überführung von naturfernen
    Ländliche Entwicklung                                                           Beständen und Erhöhung des Anteils der an den
--- Einrichtung von 5 % ökologischer Vorrangflä-                                    Klimawandel angepassten Baumarten der po-
    chen (z. B. Blühstreifen) in der Form, dass bio-                                tentiellen natürlichen Waldgesellschaften
    diversitätsbezogene Ökosystemleistungen, Ver-                            ---    Erhöhung der Fläche von eingriffsfreien Berei-
    netzungs- und Trittsteinfunktionen durch Agrar-                                 chen in Nationalparks (insbesondere Waldflä-
    umweltmaßnahmen optimiert werden                                                chen) entsprechend den Zielsetzungen der öster-
--- Erhaltung von Dauergrünland, insbesondere von                                   reichischen Nationalpark-Strategie und im Ein-
    extensiven Flächen sowie weiterer Flächen mit                                   klang mit den Empfehlungen des Beirats Natio-
    hohem Wert für den Naturschutz. Erhaltung des                                   nalparks Austria sowie Identifizierung und Prü-
    aktuellen Anteils der High Nature Value-HNV-                                    fung der Einrichtung weiterer, für den Prozess-
    Flächen sowie eine biodiversitätsfördernde Of-                                  schutz geeigneter Gebiete im Rahmen von
    fenhaltung der Kulturlandschaft durch Maß-                                      Schutzgebietskonzepten mittels Vertragsnatur-
    nahmen im ÖPUL                                                                  schutz
--- Beibehaltung der spezifischen Unterstützung                              ---    Erfassung, Sicherung und nachhaltige Entwick-
    von landwirtschaftlichen Betrieben zur Erhal-                                   lung von naturnahen Waldbeständen im Rah-
    tung der Biodiversität insbesondere in benach-                                  men geeigneter Förderprogramme nach entspre-
    teiligten Gebieten                                                              chendem Interessensausgleich sowie durch Er-
--- Sicherung und Ausbau der regional angepassten                                   gänzung des Netzwerkes der Naturwaldreserva-
    Nutztierrassen in-situ, on-farm (in landwirt-                                   te mit den noch nicht enthaltenen Waldgesell-
    schaftlichen Betrieben) sowie ex-situ, auch von                                 schaften in ausreichender Größe und Berück-
    Honigbienen                                                                     sichtigung von Altbeständen mit weit zurück-
--- Sicherung von Kulturpflanzensorten in-situ, on-                                 reichender Habitattradition, unabhängig von der
    farm (in landwirtschaftlichen Betrieben) sowie                                  Waldgesellschaft
                                                                             ---    Prüfung der Möglichkeiten der Umsetzung des
13
     Forstgesetz 1975 (BGBl. 440/1975) i.d.g.F.
                                                                                    Woodland Bird Index
14
     Im Sinne der EU-Biodiversitäts-Strategie 2020 (Ziel 2, Ziel 3)          ---    Ausbau der biologischen Landwirtschaft

                                                                      ---   13     ---
Evaluierungsparameter:                                     ZIEL 4 WILDTIERBESTAND UND FISCHBESTAND
                                                            SIND AN NATURRÄUMLICHE VERHÄLTNISSE
 --- Fläche mit biodiversitätsrelevanten Agrar-
                                                            ANGEPASST
     umweltmaßnahmen
 --- Höhe der Ausgaben für biodiversitätsrele-                  --- Forst-Jagd-Dialog wird fortgesetzt (2014).
     vante Maßnahmen des Agrarumweltpro-                        --- Populationsgröße und Populationsstruktur
     gramms                                                         beim Schalenwild sind bestmöglich an den
 --- Obstsortenvielfalt (MOBI G5)                                   jeweiligen Lebensraum angepasst (2020+).
 --- Natürlichkeit der Baumartenzusammen-                       --- Wildeinflusssituation ist verbessert (2020+).
     setzung (MOBI W1)                                          --- Akzeptanz der Beutegreifer ist bei der Be-
 --- Totholz (MOBI W2)                                              völkerung erhöht (2020+).
 --- Biodiversitätsindex Wald                                   --- Erhaltungszustand der FFH-Fischarten und
 --- Erhaltungszustand der Arten und Lebens-                        Gewässer-Lebensraumtypen ist um 50 % bzw.
     raumtypen der FFH-Richtlinie (Art. 17 Be-                      100 % verbessert.
     richt) sowie Status der Vogelarten der Agrar-              --- Gefährdungsstatus von zumindest 15 % der
     landschaft und der Wälder der Vogelschutz-                     Fischarten ist verbessert (2020+).
     richtlinie (Art. 12 Bericht)                               --- Guter Zustand bzw. gutes ökologisches Po-
 --- Gefährdungsstatus ausgewählter Artengrup-                      tential nach Wasserrahmen-Richtlinie sind
     pen und Biotoptypen der Agrarlandschaft                        bis 2015 bzw. 2021/2027 erreicht.
     und der Wälder (Rote Liste)                                --- Die Fischereiwirtschaft ist nachhaltig
 --- Farmland Bird Index                                            (2020+).
 --- Anzahl und Fläche der Naturwaldreservate
 --- Erhaltungswürdige Nutztierrassen (MOBI G6)
 --- Arten und Sortenvielfalt in der landwirt-              HINTERGRUND
     schaftlichen Produktion in Österreich                  Die Jagd bewirtschaftet die Wildbestände und damit
 --- Anzahl Bienenvölker                                    auch ihre Ökosysteme. Durch die jagdliche Bewirt-
 --- Fläche und Anteil von Wäldern mit der über-            schaftung entstehen mitunter Konfliktpotenziale zu
     geordneten Zielsetzung der Biodiversitätser-           anderen Nutzergruppen, wie z. B. zur Forstwirtschaft,
     haltung durch aktive Maßnahmen (gem.                   Landwirtschaft, zum Verkehrs- und Siedlungswe-
     MCPFE Assessment Guidelines-Kategorien                 sen, zu Tourismus und Naturschutz. Die Art der
     1.3)                                                   Bewirtschaftung der Wildbestände ist für den Erhalt
 --- Zahl der biodiversitätsrelevanten, auf die             der Biodiversität von großer Bedeutung. Die Wild-
     Land- und Forstwirtschaft bezogenen öster-             einflusssituation zeigt in vielen Teilen des österrei-
     reichischen Traditionen im Verzeichnis des             chischen Waldes keinen Trend zu einer raschen,
     Übereinkommens zur Erhaltung des immate-               signifikanten Verbesserung. Wenn durch Wildver-
     riellen Kulturerbes                                    biss eine natürliche Verjüngung von Waldbeständen
                                                            nicht möglich ist, kann dies z. B. durch Baumarten-
                                                            entmischung zu einer Verringerung der Biodiversi-
Umsetzungsakteure: Ämter der Landesregierun-                tät im Wald führen (Österreichisches Wildeinfluss-
gen, BMLFUW                                                 monitoring, WEM; Österreichische Waldinventur,
Weitere Akteure: AGES, BFW, Botanische und                  ÖWI). Eine gemeinsame Verständigungsbasis ist
Zoologische Gärten, Landesjagdverbände,                     von grundlegender Bedeutung für die erfolgreiche
Land&Forst Betriebe, Landwirtschaftskammern,                Umsetzung von Maßnahmen zur Biodiversitätser-
LFIs, ÖBf AG, Schutzgebietsverwaltungen, Städte             haltung. Einerseits werden im österreichischen
und Gemeinden, Universitäten, WKÖ sowie Arche               Walddialog wald-wildrelevante Themenstellungen
Noah, und weitere NGOs                                      behandelt und andererseits wurde 2012 der österrei-
                                                            chische Forst-Jagd-Dialog ins Leben gerufen. Die
                                                            partizipativ erarbeiteten „Prinzipien, Kriterien und
                                                            Indikatoren einer nachhaltigen Jagd“ stellen gene-
                                                            rell eine wichtige Grundlage dar.
                                                            Im Jahr 2012 wurde von den Repräsentanten der
                                                            Landesjagdverbände und der Forstwirtschaft die
                                                            „Mariazeller Erklärung“ unterzeichnet, die u. a. das
                                                            Ziel vorsieht, dass die Verjüngung der am Standort

                                                     ---   14    ---
typischen Baumarten grundsätzlich dem natürlichen                            --- Gezielte Bewirtschaftung der Schalenwildbe-
                                       15
Potenzial entsprechend erfolgen kann.                                            stände zum Erhalt und zur Verbesserung der
Grosse Beutegreifer können im Management von                                     Waldbiodiversität
Schalenwildbeständen/Verbissproblematik eine                                 --- Abstimmung der Ausbildungsinhalte von Jagd
Rolle spielen, da sie Einfluss auf Verteilung und                                und Forst insbesondere hinsichtlich Wildein-
Populationsgröße des Schalenwildes haben. Durch                                  flusserkennung, -bewertung und ganzheitlicher
Schadenspräventionsmaßnahmen (Herdenschutz)                                      Maßnahmenableitung
sowie angemessene Schadensabgeltung kann die                                 --- Erstellung und Umsetzung österreichweit und
Akzeptanz für große Beutegreifer erhöht werden.                                  mit Stakeholdern akkordierter Managementplä-
Die Fischfauna ist in Österreich insbesondere durch                              ne für Beutegreifer (Bär, Wolf, Luchs, Greifvö-
Unterbrechungen des Gewässerkontinuums durch                                     gel), die auch Maßnahmen für den Interessens-
Migrationshindernisse, wie Kraftwerke, Wehre,                                    ausgleich, einschließlich Schadensprävention
Hochwasserschutzmaßnahmen, Schifffahrt, Was-                                     (z. B. Herdenschutz) und Öffentlichkeitsarbeit
serentnahmen (z. B. Bewässerung), Veränderungen                                  sowie die Regelung von Entschädigungsfragen,
des Abflussregimes Wasserstandschwankungen,                                      beinhalten
Uferverbau, Gewässernutzung (z. B. Tourismus)                                --- Verbesserung der Morphologie, Hydrologie und
und vereinzelt Abwasserbelastungen (inkl. hormo-                                 des ökologischen Zustandes der Gewässer im
nell wirksamer Substanzen) beeinflusst. Lokal kön-                               Rahmen der Umsetzung der Vorgaben der Was-
nen wirtschaftliche Schäden durch Fischprädatoren                                serrahmen-Richtlinie (WRRL)
entstehen (z. B. in Fischteichen). Laut Roter Liste                          --- Errichtung funktionsfähiger Fischaufstiegshil-
sind 65 % der heimischen Fischarten einer Gefähr-                                fen gemäß den Vorgaben des Nationalen Ge-
dungskategorie zugeordnet. Die Fischerei, die in                                 wässerbewirtschaftungsplans, Überprüfung be-
Österreich vor allem als Freizeitfischerei Stellen-                              stehender Fischaufstiegshilfen und allenfalls ih-
wert hat, beeinflusst durch den Besatz und Entnah-                               re Verbesserung, Fischschutzeinrichtungen an
me das gewässertypische Artenspektrum der aquati-                                Wasserkraftanlagen sowie Verwendung von
schen Biozönosen.                                                                fischschonenden Turbinentypen im Rahmen der
                                                                                 Umsetzung der Vorgaben der WRRL
MASSNAHMEN                                                                   --- Festsetzung und Kontrolle des Höchstbesatzes
--- Sektorenübergreifende Abstimmung der Jagd                                    bzw. Beschränkung auf bestimmte standorttypi-
    mit der Land- und Forstwirtschaft, Verkehrs-,                                sche Fischarten
    Siedlungs- und Erholungsnutzung, Tourismus                               --- Verbot der Freisetzung invasiver gebietsfremder
    sowie Naturschutz und Raumplanung                                            Fisch-, Flusskrebs- und Muschelarten
--- Fortführung des Forst- und Jagddialogs sowie                             --- Wiedereinbürgerung erloschener Bestände hei-
    die verstärkte Kommunikation der Mariazeller                                 mischer Fische, Flusskrebse und Muscheln nach
    Erklärung an alle Naturnutzer                                                situationsbezogener naturschutzfachlicher Prü-
--- Verstärkte Berücksichtigung der Kriterien für                                fung unter Berücksichtigung der IUCN-Kri-
                                                                                        16
    eine nachhaltige Jagd                                                        terien sowie verstärkte Produktion von autoch-
--- Prüfung der Einführung von wildökologischen                                  thonen Besatzfischen zur Stützung geschwäch-
    Raumplanungsinstrumenten in allen Bundeslän-                                 ter Bestände
    dern und Abstimmung überregionaler Beja-                                 --- Entwicklung von Kriterien und Indikatoren für
    gungserfordernisse                                                           eine nachhaltige Fischerei und Aquakultur
--- Berücksichtigung von überregionalen und regi-                            --- Fortführung der Dialogplattform „Informations-
    onalen Wildkorridoren, Migrationsachsen und                                  tagung EU-Fischereiangelegenheiten und
    -hindernissen in der örtlichen und überörtlichen                             Aquakultur“ (IFA)
    Raumplanung                                                              --- Regelmäßige Erstellung von Bewirtschaftungs-
--- Abstimmung erforderlicher revierübergreifen-                                 plänen für Seen zur nachhaltigen Nutzung der
    der Bejagungsmethoden sowie von Lebens-                                      Bestände
    raumverbesserungsmaßnahmen                                               --- Führung von jährlichen Ausfang- und Besatz-
--- Fortführung des Österreichischen Wildein-                                    statistiken
    flussmonitorings (WEM) und der Verjüngungs-                              --- Umsetzung der Vorgaben der Aquakulturricht-
    und Verbiss-Erhebungen der Österreichischen                                  linie i.d.g.F. (2006/88/EG) und der österreichi-
    Waldinventur (ÖWI)
                                                                             16
                                                                                  https://portals.iucn.org/library/sites/library/files/documents/2013-
15
     http://www.tjv.at/uploads/mariazeller_erklarung_rep._osterreich.pdf          009.pdf

                                                                      ---   15     ---
schen Strategie zur Förderung der nationalen              ZIEL 5 TOURISMUS UND FREIZEITAKTIVITÄTEN
   Fischproduktion (Aquakultur 2020) unter Be-               ERFOLGEN IM EINKLANG MIT
   achtung ökologischer Auflagen                             BIODIVERSITÄTSZIELEN

                                                                 --- Biodiversitätsziele sind in Tourismuspolitiken
 Evaluierungsparameter:
                                                                     und Leitbildern integriert (2020+).
 --- Wildeinfluss auf die Waldverjüngung                         --- Kooperationen zwischen Tourismus und Na-
     (WEM und ÖWI)                                                   turschutz sind ausgebaut (2020).
 --- Status und Trend der Fischarten (Rote
     Liste)
 --- Anzahl der Verfahren mit Bezug zu §16 (5)               HINTERGRUND
     Forstgesetz („Waldverwüstung durch Wild“)               Die biologische Vielfalt ist für Tourismus und Frei-
 --- Schälschäden (ÖWI)                                      zeitaktivitäten von großer Relevanz. Ein intakter
 --- Status und Trend von Beutegreifern (Rote                Natur- und Landschaftsraum ist ein wichtiger Wett-
     Liste, FFH-RL)                                          bewerbsvorteil und eine Basis für den Tourismus.
 --- Akzeptanz der Beutegreifer in der Bevölke-              Die Zonen mit der größten Tourismusintensität
     rung (repräsentative Umfrage)                           liegen vielfach in alpinen Regionen und in Schutz-
 --- Ökologischer Zustand der Fließgewässer und              gebieten. Insbesondere in massentouristischen Zen-
     Seen (gemäß WRRL)                                       tren sowie ökologisch sensiblen Naturräumen kann
 --- Anteil der nachhaltig in Österreich produzier-          es zu einer Übernutzung natürlicher Ressourcen und
     ten Fische am gesamtösterreichischen Fisch-             damit zu negativen Auswirkungen auf die Biodiver-
     konsum                                                  sität sowohl innerhalb als auch außerhalb von
                                                             Schutzgebieten kommen. Erhebliche Flächen wer-
                                                             den durch den Bau touristischer Infrastrukturein-
Umsetzungsakteure: Ämter der Landesregierun-                 richtungen (z. B. Hotels, Parkplätze, Beschnei-
gen, BMLFUW                                                  ungsteiche) versiegelt oder werden durch touristisch
Weitere Akteure: BFW, Bundesamt für Wasser-                  motivierte Maßnahmen homogenisiert (z. B. Planie-
wirtschaft, Energiewirtschaft, Fischereiverbände,            rung von Schipisten). Freizeitaktivitäten können zu
Fischzüchter, Gemeinden, Gewerbe und Industrie,              Störungen von Arten beispielsweise bei der Brut,
Jagdverbände, Landwirtschaftskammern,                        bei der Futtersuche oder bei der Winterruhe führen.
Land&Forst Betriebe, ÖBf AG, Schutzgebietsver-               Hinzu kommt, dass mit diesen Aktivitäten ein Neu-
waltungen, Tourismusverbände, Universitäten,                 oder Ausbau von Infrastrukturmaßnahmen verbun-
Wasserwirtschaft sowie NGOs                                  den ist. Es ist daher wichtig, dass Tourismus- und
                                                             Freizeitaktivitäten gelenkt werden und auf ökolo-
                                                             gisch sensible Gebiete besonders Rücksicht ge-
                                                             nommen wird. In die Richtlinie Umweltzeichen für
                                                             Tourismus und Freizeitwirtschaft wurden Biodiver-
                                                             sitätskriterien aufgenommen.

                                                             MASSNAHMEN
                                                             --- Partizipative Festlegung von naturräumlichen
                                                                 und klimatischen Grenzen für touristische Infra-
                                                                 struktur auf Basis der regional differenzierten
                                                                 Biodiversitäts-Leitbilder und Anpassung von
                                                                 Ausbauvorhaben an diese Planung und gegebe-
                                                                 nenfalls Prüfung der Möglichkeiten eines Rück-
                                                                 baus
                                                             --- Reduktion des weiteren Flächenverbrauches
                                                                 durch touristische Infrastrukturmaßnahmen
                                                             --- Ausbau von Besucherlenkungsmaßnahmen
                                                                 innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten in
                                                                 Abstimmung mit Grundeigentümern
                                                             --- Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Natur-
                                                                 schutz und Tourismus, insbesondere durch

                                                      ---   16    ---
Schutzgebietsverwaltungen, Schutzgebietsbe-                Evaluierungsparameter:
       treuerInnen und anderen regionalen Akteuren
                                                                  --- Anzahl der Betriebe mit dem Umweltzei-
---    Umsetzung des Protokolls Tourismus der Al-
                                                                      chen Tourismus und Freizeitwirtschaft
       penkonvention
                                                                  --- Anzahl von Betrieben bzw. Projekten mit
---    Kooperation zwischen Tourismus und Ver-
                                                                      Kooperationen zwischen Schutzgebiets-
       kehrsbetreibern zur Entwicklung von sanften
                                                                      verwaltungen, regionalen Akteuren und
       Mobilitätsangeboten (Anreise, Mobilität vor
                                                                      Tourismus
       Ort) mit dem Ziel den an den Tourismus gekop-
                                                                  --- Anzahl von Schutzgebieten als Unterzeichner
       pelten motorisierten Individualverkehr zu redu-
                                                                      der Europäischen Charta für Nachhaltigen
       zieren
                                                                      Tourismus (Europarc Federation), Anzahl der
---    Entwicklung von naturverträglichen Angeboten
                                                                      Charta-Partner
       und Naturerlebnisräumen, auch in Siedlungsge-
       bieten und Naherholungsräumen
---    Überprüfung von Möglichkeiten zur Einhebung            Umsetzungsakteure: Ämter der Landesregierun-
       eines Biodiversitätsbeitrages für die Nutzung          gen, Tourismusverbände und -kooperationen
       naturnaher Lebensräume durch Tourismus und             Weitere Akteure: BMLFUW, BMWFW, CIPRA
       Freizeitaktivitäten auf freiwilliger Basis             Österreich, Österreichische Hoteliervereinigung,
---    Entwicklung und Umsetzung eines österreich-            Österreich Werbung, WKÖ, Alpine Organisationen
       weiten Konzepts für Tourismus und Natur-               sowie andere NGOs
       schutz, mit Ausweisung von Ruhegebieten nach
                       17
       Tiroler Vorbild
---    Weiterentwicklung und Evaluierung von Maß-
       nahmen zur Offenhaltung der Kulturlandschaft
       als Grundlage für multifunktionale Tourismus-
       gebiete
---    Evaluierung von Auswirkungen der Touris-
       muswirtschaft auf die Biodiversität

17
     http://www.tiroler-
     schutzgebiete.at/schutzgebiete/ruhegebiete.html

                                                       ---   17    ---
Sie können auch lesen