BIOMETRISCHE GRUNDLAGEN - BFARM
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Einführung in Planung und Auswertung klinischer Prüfungen: Biometrische Grundlagen PD Dr. Thomas Sudhop Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 1 Klinische Prüfung / Klinische Studie (Clinical Trials Regulation) Klinische Studie Biomedizinisches Experiment mit Arzneimitteln am Menschen zur gezielten Untersuchung von Wirksamkeit, Sicherheit oder Pharmakokinetik von Arzneimitteln Klinische Prüfung Sonderform einer Klinischen Studie mit Abweichungen bzgl. der Behandlungszuweisung oder der Behandlungsüberwachung von der normalen Behandlungspraxis Beide Experimentformen versuchen eine Aussage für eine Population zu generieren anhand von Daten, die (lediglich) aus einer Stichprobe aus der Population ermittelt wurden. Grundsätzliche Fragestellungen: • Ist die Fragestellung von klinischer Relevanz? • Ist die Stichprobe repräsentativ für die Population? Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 2 1
Fragestellungen Klinischer Studien Explorative Studien • i.A. keine statistischen Tests • Methodik kann variabel an die Fragestellung während der Analyse angepasst werden • Deskriptive Analytik • Lagemaße, Streumaße • Konfidenzintervalle (‐> Übergang in die analytische Statistik) Konfirmatorische Fragestellungen • i.A. Anwendung statistischer Tests • Vorherige Festlegungen erforderlich • Primäre Zielgröße(n), sekundäre Zielgrößen … • Irrtumswahrscheinlichkeiten … Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 3 Beispiele für explorative Analysen Pharmakokinetik • AUC, Cmax, tmax, t1/2 • Häufig Geometrischer Mittelwert • Bestimmung aus logarithmierten Werten Bestimmung einer Wirkdifferenz • Mittelwert mit Streuungsparameter Bestimmung eines Verhältnisses • Odd‘s Ratio • Risk/Hazard Ratios Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 4 2
Konfirmatorische Fragestellungen • Prüfung einer vorab festgelegten Hypothese • Entscheidung, ob an der vorab festgelegten Hypothese festgehalten wird oder diese Hypothese verworfen werden muss, erfolgt auf der Basis einer experimentellen Beobachtung • Die Daten der Beobachtungen in einem Experiment sind „Realisationen“ von Zufallsvariablen, die sich bei Wiederholungen des Experiments immer wieder etwas unterscheiden • Daher besteht keine absolute Sicherheit, ob die Hypothese tatsächlich zutrifft oder nicht • Aber: Mit Hilfe statistischer Tests wird versucht die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen zu kontrollieren Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 5 Falsifikationismus Vereinfacht formuliert basiert der Falsifikationismus auf der Annahme, dass sich wissenschaftliche Hypothesen niemals sicher beweisen lassen, aber gegebenenfalls widerlegen lassen Beispiel • Forschungsfrage: „Sind alle Schwäne weiß?“ • Hypothese: „Alle Schwäne sind weiß“ (‐> schwierig alle Schwäne zu sichten) • Die Hypothese lässt sich aber durch das (Beobachtungs‐)Experiment widerlegen, wenn z.B. ein schwarzer Schwan gesichtet wird • Wenn im Experiment also tatsächlich ein schwarzer Schwan gesichtet wurde, muss die Hypothese „Alle Schwäne sind weiß“ falsch sein • ‐> Die Alternative „nicht alle Schwäne sind weiß“ muss dann folglich stimmen Nach diesem Prinzip werden viele statistische Tests in der Medizin durchgeführt: • Die Widerlegung einer (fehlerhaften) Hypothese führt zur Akzeptanz der Alternativ‐ Hypothese (in einem vollständigen Hypothesenmodell) • D.h. viele Tests haben nicht den Beweis der Grundhypothese (H0‐Hypothese) zum Ziel, sondern deren Widerlegung Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 6 3
Fragen zum Schwäne‐Experiment „Wie viele Schwäne muss ich denn beobachten, um sicher zu sein, dass alle Schwäne weiß sind – oder einer dabei ist, der nicht weiß ist?“ • 5? • 100? • 100000? >>> Fallzahlschätzung für ein Experiment „Wie sicher bin ich denn, wenn bei 100 Schwänen nur weiße dabei waren, dass es nicht auch „nicht‐weiße“ Schwäne gibt?“ >>> Irrtumswahrscheinlichkeit Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 7 Hypothese‐Modelle am Beispiel einer Arzneimittelstudie 0) „Das Arzneimittel wirkt nicht (Falls man einen Effekt sieht, war dieser zufällig)“ 1) „Das Arzneimittel wirkt (Die beobachtete Wirkung war systematischer Natur)“ • Die beiden Hypothesen schließen sich aus • Wenn die Hypothese unter 0) wahr ist, muss die alternative Hypothese unter 1) falsch sein, und umgekehrt • Weicher formuliert: Wenn angenommen wird, die Null‐Hypothese (H0) sei falsch, dann muss daraus gefolgert werden, die Alternativ‐Hypothese (H1 oder HA) ist wahr Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 8 4
Konsequenzen einer Entscheidung für eine falsche Hypothese: Vergleich zum Justizsystem 0) „Das Arzneimittel wirkt nicht“ => „Der Angeklagte ist nicht schuldig“ 1) „Das Arzneimittel wirkt“ => „Der Angeklagte ist schuldig“ Welche Fehlannahme (d.h., welcher Irrtum) ist „schlimmer“? • In der Rechtsprechung gilt: „In dubio pro reo – Im Zweifel für den Angeklagten“ • Würde fälschlicherweise die obige Hypothese H0 widerlegt (verworfen), würde deshalb fälschlicherweise die Hypothese H1 als wahr angenommen Ein Unschuldiger würde fälschlich verurteilt • Das ist auf jeden Fall zu vermeiden • Lieber einen Täter im Zweifel „davon kommen lassen“, als einen Unschuldigen zu verurteilen Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 9 Statistischer Test Hypothesengenerierung Untersuchung zum Einfluss einer medizinischen Intervention • H0: Die Intervention hat keinen Einfluss auf Erkrankungsverlauf • H1: Die Intervention hat einen Einfluss auf Erkrankungsverlauf Bezogen auf gemessene Differenzen einer Stichprobe (z.B. vorher‐nachher‐ Vergleich) • H0: Die Differenz („vorher‐nachher“) ist nicht „0“ verschieden • H1: Die Differenz ist von „0“ verschieden (d.h. die Intervention hat Einfluss!) Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 10 5
Aufbau eines Testhypothesen‐Modells • Die Null‐Hypothese (H0) geht von keinem systematischen Unterschied aus. Falls Unterschiede gefunden werden, werden diese als zufällig und nicht als systematisch betrachtet • Die Alternativ‐Hypothese (H1 / HA) ist die logische Umkehrung der Null‐ Hypothese, d.h. es existiert ein systematischer Unterschied • Gefundene Unterschiede sind nicht zufällig, sondern systematisch • Null‐ und Alternativ‐Hypothesen müssen sich gegenseitig ausschließen und alle Möglichkeiten abdecken • Wenn H0 falsch ist, muss H1 wahr sein • Wenn H0 wahr ist, muss H1 falsch sein Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 11 Statistische Fehler Fehler 1. und 2. Art Wirklichkeit (objektiv richtig) AM wirkt! AM wirkt nicht (Zufall)! (H1ist wahr) (H0 ist wahr) Falsch Richtig AM wirkt! positiv (H1 ist wahr‐> positiv (Fehler 1. Art H0 ablehnen) (Power = 1‐β) Testergebnis = α‐Fehler) (auf der Basis der Stichprobe) Falsch Richtig AM wirkt nicht! negativ negativ (H0 beibehalten) (Fehler 2. Art (1‐α) = β‐Fehler) Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 12 6
Testergebnis und Wirklichkeit Statistische Fehler ‐Fehler (FALSCH POSITIVES TESTERGEBNIS) • Eine Wirkung wird angenommen, wo keine ist • H0‐Hypothese wird abgelehnt, obwohl H0 in Wirklichkeit wahr ist • Es wird angenommen das Arzneimittel wirkt, obwohl? ‐Fehler (FALSCH NEGATIVES TESTERGEBNIS) • Eine vorhandene Wirkung wird nicht erkannt • H0‐Hypothese wird akzeptiert, obwohl H1 in Wirklichkeit wahr ist • Es wird angenommen das Arzneimittel wirkt nicht, obwohl? Welcher Fehler ist „schlimmer“ und ist daher eher zu vermeiden? Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 13 Signifikanz‐Niveau Konsequenzen eines falsch‐positiven Tests • Uneffektive Behandlung • Risiko ohne Nutzen („Nihil nocere“) • Kosten ohne Nutzen Fazit • Das Risiko eines falsch positiven Tests ist zwar nicht vermeidbar, sollte aber vorher bekannt sein und durch vorherige Festlegung eines ‐Niveaus (Signifikanz‐ Niveaus) kontrolliert werden • Festlegung der maximalen Wahrscheinlichkeit ein falsch positives Testergebnis zu akzeptieren (Irrtumswahrscheinlichkeit) • Übliche Werte für • 0,05 (5%), 0,01 (1%), 0,001 (0,1%) ... • Das Signifikanz‐Niveau muss vorher im Experimentierplan (Prüfplan) festgelegt werden Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 14 7
Festlegung der Test‐Hypothesen H0: „AM wirkt nicht“ / H1: „AM wirkt“ und Festlegung des stat. Verfahrens Ablauf eines statistischen Tests Festlegung des Höchstwertes für den Fehlers 1. Art (α‐Fehler) Üblich α < 0,05 (
Statistische Testverfahren Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 17 Zweistichproben‐Tests Vergleich zweier Gruppen Parametrische Tests Nicht‐parametrische Tests Verbundene Gepaarter Wilcoxon Daten* (gepaart) t‐Test signed‐ranks Test unverbundene t‐Test für Mann‐Whitney U Daten unverbundene Test Daten *Verbunden bedeutet: Bestimmte Datenpunkte der beiden Stichproben sind miteinander korreliert, d.h. sie bilden Datenpaare, z.B. weil sie vom gleichen Individuum stammen (Beispiel: Vorher/Nachher‐Vergleiche) Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 18 9
Parametrische vs. nicht‐parametrische Testung • Bei der parametrischen Testung wird die gesamte Information der Stichprobe , d.h. z.B. die absolute Differenz zum Lagemaß (z.B. zum arithm. Mittelwert), herangezogen • Bei nicht‐parametrischer Testung werden die Absolutwerte durch z.B. Rangwerte ersetzt, d.h. es wird nur noch die relative Position in einer Stichprobe zur Berechnung herangezogen, nicht aber die absolute Lage Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 19 Studie: Neue Tablette zur RR‐Senkung Diastolischer Blutdruck (mmHg) vor Behandlung nach Behandlung Differenz Vorzeichen 97 95 ‐2 ‐ 96 90 ‐6 ‐ 98 94 ‐4 ‐ 99 89 ‐10 ‐ 90 88 ‐2 ‐ 89 82 ‐7 ‐ 90 90 0 0 95 85 ‐10 ‐ 91 95 4 + 90 90 0 0 94 96 2 + ‐3.18 Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 20 10
Studie: Neue Tablette zur RR‐Senkung Gepaarter t‐Test (t‐Test für verbundene Stichproben); α = 0.05 (5%) Diastolischer Blutdruck (mmHg) vor Behandlung nach Behandlung Differenz 97 95 ‐2 96 90 ‐6 98 94 ‐4 99 89 ‐10 90 88 ‐2 89 82 ‐7 90 90 0 95 85 ‐10 91 95 4 90 90 0 94 96 2 ‐3.18 p‐Wert (gepaarter t‐Test, 2‐seitig) 0.0472 Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 21 Interpretation des p‐Wertes Im Voraus definiertes Signifikanzniveau = 0,05 Ermittelter p‐Wert im gepaarten t‐Test: p = 0,047 = 4,7/100 = 4,7% = 47/1000 p < 0,05, 5%) Interpretation des p‐Wertes (p = 0,047) • Bei 1000‐facher Wiederholung des Experiments würde bei 47 Experimenten eine Differenz von 3,18 mmHg oder mehr im diastolischen Blutdruck zufällig beobachtet werden, ohne dass das Arzneimittel tatsächlich wirkt • Die Wahrscheinlichkeit, dass die im Experiment gefundene Differenz von 3,18 mmHg zufälliger Natur ist und nicht auf einem systematischen Effekt beruht, ist 4,7% (und damit kleiner als das vorher festgelegte Signifikanzniveau von 5%) • Da der p‐Wert kleiner als das vorher festgelegte Signifikanzniveau ist, wird der gefundene Unterschied nicht als zufällig sondern als systematisch betrachtet, d.h. wir sind hinreichend sicher, dass die gefundene Differenz auf den Effekten der Intervention basiert (Einnahme der neuen Tablette) und nicht eine zufällige Beobachtung darstellt • Ein solche Differenz wird „signifikant“ genannt, man spricht von einem „signifikanten Unterschied“ Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 22 11
Abhängigkeit des p‐Wertes Von welchen Parametern wird der p‐Wert beeinflusst? • Umfang der Stichprobe („Fallzahl“) • Tatsächlicher Gruppenunterschied in der Stichprobe • Streuung in der Stichprobe Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 23 Studie: Neue Tablette zur RR‐Senkung Gepaarter t‐Test (t‐Test für verbundene Stichproben); α = 0.05 (5%) Vor Therapie Nach Therapie Differenz 97 95 -2 96 90 -6 98 94 -4 99 89 -10 90 88 -2 89 82 -7 90 90 0 95 85 -10 91 95 4 90 90 0 94 96 2 Differenz -3,18 p-Wert (2-seitiger verbundener t-Test) 0,04720228 Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 24 12
Studie: Neue Tablette zur RR‐Senkung Gepaarter t‐Test (t‐Test für verbundene Stichproben); α = 0.05 (5%) Vor Therapie Nach Therapie Differenz 97 95 -2 96 90 -6 98 94 -4 99 89 -10 89 82 -7 90 90 0 95 85 -10 91 95 4 90 90 0 94 96 2 Differenz -3,30 p-Wert (2-seitiger verbundener t-Test) 0,0620570 Entfernung eines Datensatzes aus der Stichprobe führt trotz Zunahme der RR‐Senkung (‐ 3,30 vs. ‐3,18) zu einer „Verschlechterung“ des p‐Wertes (p > 0,05): Senkung des RR nicht mehr statistisch signifikant! ‐> Effekt wird nur als zufällig betrachtet! Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 25 Einfluss der Fallzahl • Eine zu geringe Fallzahl kann falsch negative statistische Testergebnisse bewirken (Fehler 2. Art / ‐Fehler) • Experimente müssen die notwendige statistische Power aufweisen, um signifikante Ergebnisse liefern zu können • Fazit: Beim Design eines Experiments ist eine Fallzahlabschätzung notwendig! Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 26 13
‐Fehler und Statistische Power ‐Fehler • Definition: Wahrscheinlichkeit H0 nicht zu verwerfen, obwohl H0 falsch ist • „Auf der Basis des Testergebnis halten wir an der Null‐Hypothese fest, dass das Arzneimittel keine systematische Wirkung hat; die beobachteten Unterschiede waren zufälliger Natur“ (>>>falsch negatives Ergebnis) Statistische Power (1‐) • Definition: Wahrscheinlichkeit H0 zu verwerfen, wenn H0 falsch ist, d.h. die Wahrscheinlichkeit eine “reale” Differenz auch als solche mit dem Test zu belegen • Vereinfacht: Wahrscheinlichkeit ein signifikantes Testergebnis zu erhalten (wenn ein „wirklicher“ Unterschied besteht) Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 27 Vermeidung von ‐Fehlern Power‐Schätzung Power‐Schätzung • Wenn die statistische Power eines Studiendesigns nur 50% beträgt und die Fallzahl entsprechend geschätzt wird, wird jede 2. Studie mit dieser Fallzahl keine signifikanten Unterschiede anzeigen, obwohl eine systematischer Unterschied existiert • Konfirmatorische Studien: Power 80% • Große Phase III Studien: 85‐90% Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 28 14
Zusammenhang zwischen Power & Fallzahl GPOWER ‐ Version 2.0 Franz Faul & Edgar Erdfelder Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 29 Fallzahl beeinflussende Faktoren Signifikanz‐Niveau () n • Je niedriger das angestrebte , um so höher die erforderliche Fallzahl Power (1‐) • Je größer die gewünschte Power, um so höher die erforderliche n Fallzahl Power Geschätzte Differenz n • Je kleiner die nachzuweisende Differenz, um so höher die erforderliche Fallzahl µPBO - Z99 Geschätzte Standardabweichung n • Je größer die Standardabweichung (SD), um so höher die erforderliche Fallzahl SD Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 30 15
Fallzahlberechnung (Differenztestung) 1. Festlegung von und gewünschter Power und Festlegung ob ein‐ oder zweiseitig getestet werden soll und welcher geeigneter Test verwendet werden soll • z.B. = 0.05 (5%), power = 80%, 2‐seitiger t‐test (two‐tailed) 2. Schätzung der nachzuweisenden Differenz (=Effekt) • Ist die Schätzung klinisch relevant? 3. Schätzung der erwarteten Varianz/Standardabweichung • Möglichst realistische Werte aus vorangegangenen Experimenten oder der Literatur verwenden 4. Effektstärke berechnen • Effekt / Standardabweichung 5. Fallzahlberechnung durchführen (oder durchführen lassen!) • Ist die geschätzte Fallzahl klinisch realisierbar? • Ist die geschätzte Fallzahl adäquat zum klinischen Problem? • Anpassung der Fallzahl an die geschätzte Drop‐Out‐Rate Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 31 Beispiel einer Fallzahlschätzung • = 5%, 2‐seitiger t‐Test • Power = 80% • Annahmen für geschätzte Differenz der Gruppenmittelwerte & SD • Effekt: xPBO ‐ xTestsubstanz ~ 13 mmHg • SDpooled ~ 16 • Effektstärke = 13/16 = 0,8125 • Fallzahlberechnung • 2 x n = 50, n = 25 • Ggf. Anpassung an antizipierte „Drop out“‐Rate Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 32 16
Signifikant ≠ Relevant Unabhängig von der Teststatistik ist die klinische Relevanz der beobachteten Unterschiede zu bewerten • Ist eine signifikante Senkung des diastolischen Blutdrucks von 0,9 mmHg wirklich auch klinisch relevant? • Wie viele Patienten müssten im obigen Beispiel behandelt werden, um einen Schlaganfall zusätzlich zu verhindern? (Number‐needed‐to‐treat) Umgekehrt: Ist ein nicht‐signifikantes Ergebnis ohne Information? • Ist eine Senkung des diastolischen Blutdrucks um 12 mmHg mit einem p‐ Wert von p=0,055 in einer Studie mit 13 Patienten wirklich ein Beweis, dass das Arzneimittel nicht den Blutdruck senkt? Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 33 Konfidenzintervalle und statistische Tests Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 34 17
Konfidenzintervalle x = 6 mmHG • 95%‐KI für einen Mittelwert: Das 3 mmHG 9 mmHG Intervall, in dem mit 95%iger Wahrscheinlichkeit der „wahre“ Mittelwert liegt x = 12 mmHG • 99%‐KI: Das Intervall für einen Wert, in dem mit 99%iger Wahrscheinlichkeit der „wahre“ 13 mmHG 1 mmHG Mittelwert liegt • Die Breite des KI hängt ab • Vom Stichprobenumfang: Je kleiner die Stichprobe umso größer das KI x 1,96 * SEM • Von der Präzision des KI: 99%‐KI ist breiter als 95%‐KI SD SEM n Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 35 Vergleich p‐Wert eines gepaarten t‐Test mit dem Konfidenzintervall für Differenz Beispielstudie zum RR‐Senker • Mittlere Differenz ‐3,18 mmHg, SD 4,76 mmHg, p=0,0472 • 95%‐Konfidenzintervall der Differenz [‐5,94 ; ‐0,42 mmHg] Interpretation • Die wahre RR‐Differenz der Population liegt mit 95%iger Wahrscheinlichkeit in dem Intervall [‐5,94 ; ‐0,42 mmHg] >> ist also kleiner als Null „0“ • Mit mindestens 95% Wahrscheinlichkeit ist die Null („0“) nicht im Konfidenzintervall enthalten, d.h. es wird mit 95% Wahrscheinlichkeit ein systematischer Effekt der Behandlung beobachtet • Die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachtete Differenz nur zufälliger Natur ist, liegt unter 5% • Es wird daher mit höchstens 5% Irrtumswahrscheinlichkeit angenommen, dass die beobachtete RR‐Senkung systematischer Natur sei, also das AM die Blutdrucksenkung hervorgerufen hat Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 36 18
Konfidenzintervalle Beispiel für Verhältnisse Fiktives Beispiel: Odd‘s Ratio (OR) für Depressionen in Abhängigkeit vom Geschlecht bei 2 verschiedenen Studien Bedeutung der OR in den Studien • > 1: Depressionsrisiko für Frauen gegenüber Männern erhöht • = 1: Risiko für Frauen gleich hoch • < 1: Risiko für Frauen erniedrigt Fiktive Studie A • OR für Depressionen bei Frauen: 2,8 95%KI: [1,4; 4,2] • >>> „Frauen haben ein erhöhtes Depressionsrisiko“ Fiktive Studie B 1,4 4,2 • OR für Depressionen bei Frauen: 2,8 95% KI:[0,9; 5,7] 0,9 5,7 • >>> „Frauen haben kein erhöhtes Depressionsrisiko“ 1,0 2,8 Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Abteilung 10 „Informationstechnik / Klinische Prüfung“ Kurt‐Georg‐Kiesinger‐Allee 3 53175 Bonn Ansprechpartner PD Dr. med. Thomas Sudhop thomas.sudhop@bfarm.de www.bfarm.de Tel. +49 (0)228 99 307‐3424 Thomas Sudhop | Einführung in die Planung Klinischer Studien | 18.01.2022 38 19
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