BMWi-Forschungsförderung zur nuklearen Sicherheit - Projektförderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur ...
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1 Z I E L E U N D H E R AU S F O R D E R U N G E N 1 BMWi-Forschungsförderung zur nuklearen Sicherheit Projektförderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Sicherheitsforschung für kerntechnische Anlagen 2021–2025 bmwi.de
Impressum Herausgeber Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Öffentlichkeitsarbeit 11019 Berlin www.bmwi.de Stand Januar 2021 Diese Publikation wird ausschließlich als Download angeboten. Gestaltung PRpetuum GmbH, 80801 München Bildnachweis Becker Technologies GmbH / S. 26 BGZ / S. 12 Framatome GmbH / S. 9 GRS gGmbH / S. 13, 23, 33 IAEA ImageBank / S. 48 Studsvik / S. 34 S. Schefer / swisstopo / S. 36, 40, 43 S. Mrugalla / BGR / S. 37 Zentraler Bestellservice für Publikationen der Bundesregierung: E-Mail: publikationen@bundesregierung.de Telefon: 030 182722721 Bestellfax: 030 18102722721 Diese Publikation wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahl- kampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament.
3 Inhalt 1 Ziele und Herausforderungen ...................................................................................................................................................................................................................................... 5 Reaktorsicherheitsforschung (A)...............................................................................................................................................................................................................................................8 Forschung zur verlängerten Zwischenlagerung und Behandlung hochradioaktiver Abfälle (B).......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................10 Endlagerforschung (C)....................................................................................................................................................................................................................................................................................12 Forschung zu Querschnittsfragen (D).....................................................................................................................................................................................................................14 Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung.................................................................................................................................................................................................14 Internationale Zusammenarbeit..........................................................................................................................................................................................................................................15 2 Zuständigkeiten und Aufgabenverteilung ........................................................................................................................................................................ 17 3 Forschungsschwerpunkte ..................................................................................................................................................................................................................................................... 20 A. Forschungsgebiet Reaktorsicherheit..............................................................................................................................................................................................................22 FuE-Bereich A1: Prüfung und Bewertung der Sicherheit von Komponenten und Strukturen........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................22 FuE-Bereich A2: Nachweisverfahren zur Beherrschung von Transienten, Stör- und Unfällen..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................25 FuE-Bereich A3: Wechselwirkung Mensch-Technik und probabilistische Sicherheitsanalysen..................................................................................................................................................................................................................................................................................28 B. Forschungsgebiet verlängerte Zwischenlagerung und Behandlung hochradioaktiver Abfälle........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................32 FuE-Bereich B1: Verlängerte Zwischenlagerung............................................................................................................................................................32 FuE-Bereich B2: Abfallbehandlungs- und Konditionierungsoptionen für die Endlagerung................................................................................................................................................................................................................................................................................................................33 FuE-Bereich B3: Behandlungs- und Entsorgungsmethoden..........................................................................................................34 C. Forschungsgebiet Endlagerung ..............................................................................................................................................................................................................................36 FuE-Bereich C1: Standortauswahl.....................................................................................................................................................................................................................36 FuE-Bereich C2: Sicherheits- und Endlagerkonzepte; Endlagertechnik und (geo-)technische Barrieren....................................................................................................................................................................................................................................................38 FuE-Bereich C3: Sicherheitsnachweis.......................................................................................................................................................................................................41 D. Querschnittsfragen...................................................................................................................................................................................................................................................................................45 FuE-Bereich D1: Wissens- und Kompetenzmanagement.......................................................................................................................45 FuE-Bereich D2: Sozio-technische Fragestellungen............................................................................................................................................46 FuE-Bereich D3: Kernmaterialüberwachung (Safeguards)....................................................................................................................47 4 Umsetzung des Förderprogramms ........................................................................................................................................................................................................... 49 Hiermit legt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Programm seiner Projektförderung zur Sicherheitsforschung für kerntechnische Anlagen für die Jahre 2021 – 2025 vor.
4 Vorwort Das am 26. August 2020 verabschiedete Konzept der Drei mit hochkarätigen Vertreterinnen und Vertre- Bundesregierung zur Kompetenz- und Nachwuchs tern aus Forschung und Anwendung besetzten entwicklung für die nukleare Sicherheit bildet in Arbeitsgruppen unter Leitung der Professoren Dirk unserer durch den Beschluss zum Ausstieg aus der Bosbach, Klaus-Jürgen Röhlig und Robert Stieglitz nuklearen Stromerzeugung geprägten Zeit einen sowie der Koordinierung durch die Projektträger wesentlichen Grundstein für die zukünftigen nuk- GRS (PT GRS) und Projektträger Karlsruhe (PTKA) learen Aktivitäten in Deutschland. Dazu leisten ist es zu verdanken, dass eine aktuelle, ausgewo- BMWi-geförderte Projekte der anwendungsorien- gene und zukunftsfähige Forschungsagenda ent- tierten Grundlagenforschung zur Sicherheit kern- standen ist, die die Vorgaben des 7. Energiefor- technischer Anlagen einen maßgeblichen Beitrag. schungsprogramms in allen Aspekten ausfüllt. Jetzt Deren Forschungsergebnisse tragen dazu bei, dass sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch im Hinblick auf Anlagen jenseits unserer Lan- am Zug, das BMWi-Projektförderprogramm nukle- desgrenzen der relevante Stand von Wissenschaft are Sicherheit 2021– 2025 in Anspruch zu nehmen und Technik zum Wohle von Mensch und Umwelt und mit klugen Projektvorschlägen zu Erkenntnis- vorangetrieben wird. Dabei reicht das Spektrum gewinn und technologischer Innovation für dieser sicherheitsgerichteten Forschung von der Mensch und Umwelt beizutragen. Betrachtung bestehender Reaktortypen, ihrer Lauf- zeiten und Ausstattungen, über weiter- und neu- entwickelte Anlagentypen und Fragen der verlän- gerten Zwischenlagerung, der Behandlung von Abfallmaterialien und Behälterfragen bis hin zu allen Fragen der nuklearen Endlagerung inklusive der Methodik zur Auswahl von Standorten und der Aus gestaltung des Endlagers und diese überwölbende Querschnittsfragen etwa zu sozio-technischen Schnittstellen.
6 1 ZIELE UND HERAUSFORDERUNGEN Grundlegendes Ziel der öffentlich geförderten nuk Entwicklungen in der Kerntechnik und in der nuk- learen Sicherheitsforschung ist der Schutz von learen Entsorgung begleiten und sich aktiv in die Mensch und Umwelt. Durch Forschung und Ent- internationale Diskussion kerntechnischer Sicher- wicklung (FuE) sollen die Sicherheit kerntechni- heitsfragen sowie die Weiterentwicklung des Stan- scher Anlagen verbessert und die wissenschaftlichen des von Wissenschaft und Technik einbringen. Grundlagen für die sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle geschaffen und weiterentwickelt werden. Zur Bewältigung der vielfältigen anstehenden Auf- Diese Zielstellungen bleiben auch über die in gaben bleibt eigene Forschung und Entwicklung Deutschland beschlossene Beendigung der kom- unerlässlich. Dementsprechend hat die Bundesre- merziellen Kernenergienutzung zur Stromerzeu- gierung im aktuellen 7. Energieforschungspro- gung im Jahr 2022 hinaus aktuell und bestimmen gramm „Innovationen für die Energiewende“1 die kontinuierlich die Schwerpunktsetzung der nuk nukleare Sicherheitsforschung als einen integralen learen Sicherheitsforschung. Bestandteil der Energieforschung in Deutschland bekräftigt. Für die verbleibende Betriebsdauer deutscher Kernkraftwerke (KKW), die anschließende Nach Mit diesem Förderprogramm „Forschung zur nukle- betriebsphase sowie für Stilllegung und Rückbau aren Sicherheit“ setzt das BMWi die forschungspoliti der Anlagen müssen hohe Sicherheitsstandards schen Vorgaben des 7. Energieforschungsprogramms gewährleistet bleiben. Auch für den sicheren auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheitsforschung Betrieb von Forschungsreaktoren muss weiterhin in seiner Projektförderung um. Das Programm ist gesorgt werden. Mit hoher Priorität sind zudem die für die kommenden fünf Jahre aufgesetzt. Damit ist sichere und geordnete Behandlung, Lagerung und keine budgetäre Zeitfestlegung verbunden, sondern weitere Entsorgung der entstandenen radioaktiven die Absicht, die inhaltlichen Vorgaben nach diesem Abfälle zu verfolgen. Dazu müssen geeignete End- Zeitraum zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren. lager bereitgestellt und die radioaktiven Abfälle bis Das Förderprogramm ist Ergebnis eines breit ange- zur Endlagerung sicher zwischengelagert werden. legten Erörterungsprozesses zu den zukünftigen Ergänzend sind auch Behandlungs- und Entsor- Förderinhalten. Um ein weites Spektrum fachlicher gungsoptionen sowie im Ausland präferierte Ent- Kompetenz, die Ergebnisse politischer Diskussionen sorgungsmethoden, die sich positiv auf den Schutz und konkrete Bedarfe der wesentlichen in Deutsch von Mensch und Umwelt auswirken könnten, zu land auf den Gebieten der Reaktorsicherheit und betrachten. Neben den national zu bewältigenden nuklearen Entsorgung tätigen Akteure angemessen Aufgaben liegt insbesondere auch, und künftig zu berücksichtigen, führte das BMWi eine Erörte- fokussiert, der sichere Betrieb kerntechnischer rung zu den zukünftigen Förderinhalten durch. Anlagen im Ausland in unmittelbarem deutschen Das Förderprogramm wurde ausgehend von den Sicherheitsinteresse, denn die Folgen kerntechni- Empfehlungen eines breiten Kreises von ausgewie- scher Unfälle und Ereignisse können sich grenz- senen Sachverständigen sowie Wissenschaftlerinnen überschreitend auswirken. Daher muss Deutsch- und Wissenschaftlern mit Hilfe der zuständigen land auch weiterhin und verstärkt internationale Projektträger erstellt. In einem anschließenden 1 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Innovationen für die Energiewende – 7. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung, Ber- lin, September 2018
1 Z I E L E U N D H E R AU S F O R D E R U N G E N 7 Konsultationsprozess wurden neben den Bundes- Querschnittsfragen zu diesen Forschungsgebieten ministerien mit Zuständigkeiten in der nuklearen wurde mit konkreten Forschungsthemen hinter- Sicherheit auch Fachgremien wie z. B. der Kompe- legt. Gleichzeitig wurden untereinander beste- tenzverbund Kerntechnik (KVKT) und die Deutsche hende Wechselwirkungen und Abhängigkeiten Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung (DAEF) berücksichtigt. Übergreifende Ziele, wie die zent- sowie internationale Expertinnen und Experten rale forschungspolitische Vorgabe der Bundesregie- eingebunden. Die Ergebnisse der Konsultationen rung zur Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung wurden bei der Erstellung des Förderprogramms in der nuklearen Sicherheit (siehe auch das vom berücksichtigt. Bundeskabinett am 26.08.2020 beschlossene „Kon- zept zur Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung Der identifizierte Forschungs- und Entwicklungs- für die nukleare Sicherheit“), sind in der grundle- bedarf zur nuklearen Sicherheit wurde in For genden Konzeption der Fördermaßnahmen berück schungsgebiete strukturiert (s. Abbildung 1). Jedes sichtigt. Dieses Ziel wird mit gezielten Maßnahmen, der Forschungsgebiete (A) „Reaktorsicherheitsfor- wie der Initiative „Kompetenzerhalt in der Kern- schung“, (B) „Zwischenlagerung und Behandlung technik (KEK)“, besonders adressiert (siehe auch hochradioaktiver Abfälle“2 sowie (C) „Endlagerfor- den Abschnitt „Kompetenzentwicklung und Nach- schung“2 und die unter (D) zusammengefassten wuchsförderung“ in diesem Förderprogramm). Abbildung 1: Darstellung der Forschungsgebiete A Reaktor- sicherheits- forschung D Forschung zu Querschnitts- fragen C B Endlager- Forschung forschung zur Zwischen- lagerung und Behandlung von Abfällen 2 Die Forschungsgebiete B und C beziehen sich auf hochradioaktive Abfälle. Bestrahlte Brennelemente und Abfälle aus der Wiederaufarbeitung werden in diesem Dokument und nach internationaler Nomenklatur als hochradioaktive Abfälle (high-level waste) bezeichnet. In Deutschland werden diese Abfälle auch als wärmeentwickelnde Abfälle bezeichnet, im Gegensatz zu radioaktiven Abfällen mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung, für die in Deutsch- land das Endlager Konrad vorgesehen ist.
8 1 ZIELE UND HERAUSFORDERUNGEN In den folgenden Abschnitten sind Bedarfe, Ziel- • „technisch-wissenschaftliche Absicherung des ver stellungen und wesentliche nationale und interna- bleibenden Leistungsbetriebs deutscher KKW und tionale Randbedingungen für jedes der drei For- Forschungsreaktoren sowie des sich daran an schungsgebiete im themenspezifischen Kontext schließenden mehrjährigen Stilllegungsbetriebs“, dargestellt. • „Erhalt und Ausbau sicherheitstechnischer Kom petenz zur Beurteilung und Weiterentwicklung Reaktorsicherheitsforschung (A) der Sicherheit nuklearer Anlagen im Ausland ein- schließlich neuer Reaktorkonzepte, die sich inter- Eigenständige Forschung zur Reaktorsicherheit liegt national in Entwicklung befinden und deren angesichts fortdauernder Nutzung der Kernkraft im sicherheitstechnische Konzeption sich von den in Ausland im unmittelbaren deutschen Sicherheits- Deutschland betriebenen Anlagen unterscheidet“, interesse. Gegenstand der Reaktorsicherheitsfor- schung sind neben dem Betrieb der Forschungs- und • „Einsatz von Methoden und Werkzeugen der Leistungsreaktoren im Inland künftig zunehmend Reaktorsicherheitsforschung für die Untersu- die im Ausland betriebenen, errichteten oder mit chung ausgewählter Fragestellungen zur Entsor- wahrnehmbarer Dynamik in Entwicklung befindli- gung radioaktiver Abfälle, insbesondere im chen Anlagen und Anlagenkonzepte. Dabei nimmt Zusammenhang mit der verlängerten Zwischen- die Reaktorsicherheitsforschung alle sicherheits- lagerung (z. B. Langzeitverhalten bestrahlter technischen Aspekte kerntechnischer Anlagen in Brennelemente und radioaktiver Abfälle) und den Blick, in denen nuklearer Brennstoff genutzt einschließlich alternativer Entsorgungsstrategien wird. Die Kernaufgabe bleibt unverändert, durch sowie im Ausland verfolgter Entsorgungsstrate- Forschung und Entwicklung ein möglichst hohes, gien3“, wissenschaftlich fundiertes Sicherheitsniveau aller kerntechnischen Anlagen zu gewährleisten und an • „Leistung eines substanziellen Beitrags zu Auf- der Weiterentwicklung internationaler Sicherheits- bau, Weiterentwicklung und Erhalt der wissen- standards mitzuwirken, um so (auch) eigenständige schaftlich-technischen Kompetenz und der Nach- Einschätzungen vornehmen zu können. Im Mittel- wuchsförderung im Bereich der nuklearen punkt steht hierfür die Weiterentwicklung einer Sicherheitsforschung in Deutschland“. unabhängigen, fachlich fundierten und auf eigenen Erkenntnissen beruhenden sicherheitstechnischen Innerhalb der Förderperiode werden in Deutschland Kompetenz. alle Kernkraftwerke den Leistungsbetrieb einstellen. Es schließt sich ein mehrjähriger Nach- und Rest- Das 7. Energieforschungsprogramm führt für den betrieb an, der durch die Reaktorsicherheitsfor- Bereich der Reaktorsicherheit folgende strategische schung zu begleiten sein wird. Auch mit Blick auf Ziele auf: die in Deutschland betriebenen Forschungsreakto- ren, wie beispielsweise die Forschungs-Neutronen- 3 Die FuE-Themen zur Zwischenlagerung und Behandlung werden im Forschungsgebiet (B) „Zwischenlagerung und Behandlung hochradioaktiver Abfälle“ aufgegriffen. Dabei kommen auch Methoden und Werkzeuge zum Einsatz, die in der Reaktorsicherheitsforschung entwickelt werden.
1 Z I E L E U N D H E R AU S F O R D E R U N G E N 9 quelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) in München, reicht von mittelfristigen Ausstiegsszenarien über bleibt Reaktorsicherheitsforschung für nationale die Verlängerung der Laufzeiten bestehender Reak- Anwendungsfälle wesentlich. toren (Langzeitbetrieb) bis hin zu der Errichtung neuer Anlagen, deren Sicherheitskonzepte sich von Weltweit und auch innerhalb Europas ist eine hete den in Deutschland betriebenen Kernkraftwerken rogene Entwicklung bei der Nutzung kerntechni- unterscheiden. International werden auch neuartige scher Leistungsreaktoren zu beobachten. Die Palette nukleare Technologien und Sicherheitskonzepte Reaktordruckbehälter mit Hauptkühlmittelleitungen der PKL (Primärkreislauf)-Versuchsanlage der Framatome GmbH
10 1 ZIELE UND HERAUSFORDERUNGEN erforscht und teilweise umgesetzt. Dies reicht von netzung deutscher Forscherinnen und Forscher Brennstoffkonzepten für existierende Anlagen bis mit der internationalen Forschungsgemeinschaft. hin zu neuartigen Reaktorkonzepten, die sich grund Die Einbindung in internationale Forschungsakti- legend von den bestehenden Anlagen unterscheiden. vitäten ist für eine fundierte Weiterentwicklung Neben großen Leistungsreaktoren werden zuneh- der Reaktorsicherheitsforschung in Deutschland mend kleinere modulare Reaktoren, wie z. B. SMR unabdingbar. (Small Modular Reactor) und gar Mikroreaktoren, z. T. auch für den mobilen Einsatz, entwickelt. Die Exzellente Reaktorsicherheitsforschung und der technologische Breite dieser Entwicklung, die neben damit einhergehende Erhalt und Ausbau kerntech- etablierten Firmen auch von vielen Start-ups betrie nischer Kompetenz werden auch künftig essenziell ben wird, ist mannigfaltig und bringt neue sicher- dafür sein, den deutschen Bemühungen um größt- heitstechnische Fragestellungen mit sich. mögliche Sicherheit in der Kerntechnik Wirkung zu verschaffen. Die Bundesregierung hat dies mit Entsprechend breit gefasst sind die in der projekt- ihrem Konzept zur Kompetenz- und Nachwuchs- geförderten Reaktorsicherheitsforschung des BMWi entwicklung für die nukleare Sicherheit als eine zu bearbeitenden Themen. Sie werden in der Regel zentrale forschungspolitische Zielstellung definiert. im internationalen Kontext zu verfolgen sein. Dafür Hierzu leistet die Projektförderung des BMWi durch kann auf bewährte und erprobte Instrumentarien die Förderung von Forschungsarbeiten zu interna- und Kooperationsplattformen zurückgegriffen wer tional aktuellen und anspruchsvollen Fragestellun- den. Dies umfasst neben bilateralen Forschungs gen einen wesentlichen Beitrag. Denn Gewicht und kooperationen zur Reaktorsicherheit auch das Einfluss deutscher Expertise in der Sicherheitsbe- Forschungsprogramm der Europäischen Atomge- wertung bestehender und neuer kerntechnischer meinschaft (Euratom) sowie die Zusammenarbeit Anlagen sowie der Formulierung internationaler im Rahmen der Internationalen Atomenergie-Orga- Sicherheitsstandards und Regelwerke wird entschei nisation (IAEO) und der Nuclear Energy Agency der dend von Qualität und Renommee der in Deutsch- Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und land betriebenen Forschung zur Reaktorsicherheit Entwicklung (OECD/NEA). Speziell unter Schirm und deren Sichtbarkeit im internationalen Rahmen herrschaft der OECD/NEA und unter maßgeblicher beeinflusst. Beteiligung der Reaktorsicherheitsforschung des BMWi haben sich auch spezifische Formate gemein samer internationaler Forschung entwickelt und Forschung zur verlängerten Zwischen bewährt. Beispielhaft seien hier die gemeinsamen lagerung und Behandlung hochradio Forschungsprojekte „Joint Projects“ der OECD/NEA aktiver Abfälle (B) genannt, die im internationalen Teilnehmerkreis üblicherweise an großen, weltweit einzigartigen Im zweiten Themengebiet der Projektförderung Forschungsanlagen durchgeführt und gemeinsam sollen wissenschaftliche Grundlagen für eine zu finanziert werden. Die internationale Kooperation künftig verlängerte Zwischenlagerung und für eine auf unterschiedlichen Ebenen bietet neben hoch- Behandlung hochradioaktiver Abfälle geschaffen wertigen Messdaten und Forschungsergebnissen bzw. weiterentwickelt werden. Dieses Forschungs- auch eine wertvolle Plattform für den wissenschaft gebiet weist Schnittstellen sowohl zur Reaktorsi- lich-technischen Erfahrungsaustausch und die Ver- cherheitsforschung als auch zur Endlagerforschung
1 Z I E L E U N D H E R AU S F O R D E R U N G E N 11 auf. Im 7. Energieforschungsprogramm (Abschnitte müssen zum Schutz von Bevölkerung und Umwelt 4.5.1 und 4.5.2) sind die folgenden hierfür relevan- sicher von der Biosphäre getrennt verwahrt werden. ten strategischen Ziele definiert: Mit seiner Forschungsförderung zur Zwischenlage- rung und Behandlung hochradioaktiver Abfälle • „Entwicklung erforderlicher Methoden und Tech- zielt das BMWi darauf ab, durch unabhängige For- niken für spezifische Maßnahmen zur Vorberei- schung den Stand von Wissenschaft und Technik tung der Endlagerung, insbesondere im Hinblick weiterzuentwickeln und dabei auf den im In- und auf die Wirkung verlängerter Zwischenlagerzei- Ausland erzielten technologischen Fortschritt auf- ten, z. B. auf Abfälle und Behälter, sowie für Kon- zusetzen. Die geförderten Arbeiten sollen darüber zeption, Errichtung, Betrieb und Stilllegung eines hinaus die Kompetenz- und Nachwuchsentwick- Endlagers, verbunden mit der kontinuierlichen lung in der nuklearen Entsorgung unterstützen. Weiterentwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik“, Konkret soll zur Klärung der Fragestellungen bei- getragen werden, die sich aus den unvermeidlich • „Einsatz von Methoden und Werkzeugen der längeren Zwischenlagerzeiten der hochradioaktiven Reaktorsicherheitsforschung für die Untersu- Abfälle vor Verbringung in ein Endlager ergeben. chung ausgewählter Fragestellungen zur Entsor- Dies umfasst beispielsweise Untersuchungen zum gung radioaktiver Abfälle, insbesondere im Zustand der eingelagerten hochradioaktiven Abfälle Zusammenhang mit der verlängerten Zwischen- und Behälter während der längeren Zwischenlager lagerung (z. B. Langzeitverhalten bestrahlter zeiten einschließlich der damit verbundenen Aus- Brennelemente und radioaktiver Abfälle) ein- wirkungen auf die Transportier- und Handhabbar- schließlich alternativer Entsorgungsstrategien keit sowie zur Schutzwirkung der Gebäude über sowie im Ausland verfolgter Entsorgungsstrate- die verlängerten Nutzungsdauern. Darüber hinaus gien“, sollen Abfallbehandlungs- und Konditionierungs- optionen zur Vorbereitung der Endlagerung unter- • „Schaffung einer erweiterten, fundierten Wis- sucht werden. Die Endlagerkommission stellt für sens- und Entscheidungsbasis durch Untersu- die empfohlene Option Endlagerbergwerk mit Rever chungen zu alternativen Entsorgungsstrategien sibilität fest: „Die Option Endlagerbergwerk mit und zu im Ausland präferierten Entsorgungs Reversibilität erlaubt hohe Flexibilität zur Nutzung optionen“, neu hinzukommender Wissensbestände. Ein Um schwenken auf andere Entsorgungspfade bleibt • „Leistung eines substanziellen Beitrags zu Auf- über lange Zeit im Prozess möglich.“ Um mögliche bau, Weiterentwicklung und Erhalt der wissen- Technologie- und Wissensfortschritte bewerten schaftlich-technischen Kompetenz und der Nach- und in zukünftige Erwägungen einbeziehen zu wuchsförderung im Bereich der nuklearen können, soll der Blick daher zudem bewusst auch Entsorgung in Deutschland“. auf alternative bzw. ergänzende Behandlungs- und Entsorgungsmethoden sowie im Ausland präfe- Hochradioaktive Abfälle stammen im Wesentlichen rierte Entsorgungsoptionen, wie beispielsweise der aus der Nutzung der Kernenergie, können aber auch Langzeitzwischenlagerung und/oder Behandlung aus Anwendungen in Forschung und Industrie resul bestrahlter Brennelemente, gerichtet werden. Die tieren. Sie enthalten langlebige Radionuklide und Einbindung in internationale Forschungsaktivitä-
12 1 ZIELE UND HERAUSFORDERUNGEN Blick auf die im Zwischenlager Gundremmingen eingelagerten Transport- und Lagerbehälter für hochradioaktive Abfälle (TLB) ten ist für das in der Projektförderung des BMWi Endlagerforschung (C) vergleichsweise neue Forschungsgebiet zur Zwi- schenlagerung und Behandlung hochradioaktiver In der Endlagerforschung verfolgt die Bundesregie- Abfälle von hoher Bedeutung. Internationale Koo rung mit ihren Fördermaßnahmen folgende, im perationen beispielsweise über das Euratom For- 7. Energieforschungsprogramm (Abschnitt 4.5.2) schungsprogramm oder gemeinsame Forschung im dokumentierte, sich ergänzende strategische Ziele: Rahmen der OECD/NEA sind bereits etabliert und sollen im Zuge dieses Förderprogramms weiter • „Schaffung der wissenschaftlich-technischen ausgebaut werden. Grundlagen zur Realisierung eines Endlagers insbesondere für Wärme entwickelnde Abfälle“,
1 Z I E L E U N D H E R AU S F O R D E R U N G E N 13 • „Entwicklung erforderlicher Methoden und Tech- Die Endlagerforschung in Deutschland hat über niken für spezifische Maßnahmen zur Vorberei- mehrere Jahrzehnte dafür gesorgt, dass eine ausge- tung der Endlagerung, insbesondere im Hinblick zeichnete, international anerkannte wissenschaftli- auf die Wirkungen verlängerter Zwischenlager- che Expertise zur Entsorgung radioaktiver Abfälle zeiten, z. B. auf Abfälle und Behälter, sowie für existiert. Die Standortauswahl für ein Endlager für Konzeption, Errichtung, Betrieb und Stilllegung hochradioaktive Abfälle in Deutschland mit der eines Endlagers, verbunden mit der kontinuierli- gleichwertigen, ergebnisoffenen Betrachtung aller chen Weiterentwicklung des Standes von Wissen- Wirtsgesteine stellt neue Herausforderungen an schaft und Technik“, die nukleare Entsorgungsforschung. Zu den künf- tig zu bearbeitenden Themen der projektgeförder- • „Leistung eines substanziellen Beitrages zu Auf- ten Endlagerforschung gehören insbesondere die bau, Weiterentwicklung und Erhalt der wissen- Weiterentwicklung der Instrumente und der schaftlich-technischen Kompetenz und zur Nach- Methodik für den Safety Case (Sicherheitsanalysen wuchsförderung im Bereich der nuklearen und -nachweis) sowie vertiefte Untersuchungen zu Entsorgung in Deutschland“. Systemverhalten und -entwicklung sowie zu tech- nischer Machbarkeit und Langzeitverhalten von Blick in einen Experimentiertunnel im Felslabor Mt. Terri in der Schweiz
14 1 ZIELE UND HERAUSFORDERUNGEN Endlagerkomponenten. Dazu sind auch Maßnahmen Forschung zu Querschnittsfragen (D) zur Gewährleistung der Betriebssicherheit sowie zum Monitoring des Endlagersystems und seines Die Querschnittfragen fassen schließlich Themen- Umfelds zu zählen. Als Erkenntnisgewinn für Ent- stellungen zusammen, die übergreifend für die drei sorgungsoptionen können beispielsweise For zuvor beschriebenen Forschungsgebiete (A–C) rele- schungsvorhaben zu tiefen Bohrlöchern dienen. Im vant sind. Dies betrifft Forschung zum Wissens- und Hinblick auf die möglichen Auswirkungen verlän- Kompetenzmanagement in der nuklearen Sicher- gerter Zwischenlagerzeiten auf hochradioaktive Ab heit, zu sozio-technischen Fragestellungen sowie fälle und deren Lagerbehälter können sich Schnitt- zu Aspekten der Kernmaterialüberwachung („Safe- stellen zum Forschungsgebiet (B) „Zwischenlagerung guards“). Bei der Bearbeitung sollen u. a. inter- und und Behandlung hochradioaktiver Abfälle“ erge- transdisziplinäre Ansätze verfolgt werden. ben. Die internationalen Kooperationen auf dem Gebiet Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung der Endlagerforschung sind seit Jahrzehnten ge wachsen – sei es auf bilateraler Ebene z. B. mit den Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung zählt zu USA, der Schweiz, Frankreich, Schweden, Tschechien, den zentralen Herausforderungen im Bereich der Belgien, Russland und China oder auf multilatera- Reaktorsicherheit und der nuklearen Entsorgung ler Ebene z. B. im Rahmen von Euratom im Euro- in Deutschland. Als Element der staatlichen Daseins pean Joint Programming (EJP), der OECD/NEA oder vorsorge gilt es, die bereits gewonnene Wissens- und der Implementing Geological Disposal of Radioac- Erfahrungsbasis aus der über Jahrzehnte betriebenen tive Waste Technology Platform (IGD-TP). Auch wei- Forschung und praktischen Umsetzung für nach- terhin wird Endlagerforschung in internationaler folgende Generationen langfristig zu erhalten und Kooperation stattfinden. Dabei spielt vor allem die insbesondere gespiegelt an den aktuellen und künf Mitarbeit in ausländischen Untertagelaboren eine tigen Herausforderungen stetig weiterzuentwickeln. zentrale Rolle. Da in Deutschland kein Untertagela- Die Bedeutung dieser gesellschaftlichen Aufgabe, bor zur Verfügung steht, stellt die internationale eine auf Sicherheit ausgerichtete Kompetenz- und Kooperation künftig die einzige Möglichkeit dar, Nachwuchsentwicklung zu erhalten sowie das In-situ- und Demonstrationsversuche durchzufüh- deutsche Sicherheitsverständnis auch weiterhin ren bzw. sich an diesen zu beteiligen. Darüber hin- international aktiv einzubringen, wird im Koali aus tragen internationale Forschungskooperationen tionsvertrag der die Bundesregierung tragenden zur Verbesserung des für die Sicherheitsbewertung Parteien vom März 2018 unterstrichen und ist so von Endlagerkonzepten notwendigen Systemver- wohl im 7. Energieforschungsprogramm vom Sep- ständnisses und zur Fortentwicklung methodischer tember 2018 als auch im Konzept der Bundesregie- Ansätze u. a. im Hinblick auf die Erstellung eines rung zur Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung Sicherheitsnachweises bei. Bei der Entwicklung von für die nukleare Sicherheit vom 26. August 2020 als Werkzeugen für die Sicherheitsanalysen kann durch strategisches Ziel gesetzt. den Vergleich von Rechenmodellen (Benchmarking) sowie den Vergleich numerischer Simulationen mit Um die Fachkräfte von morgen für Themengebiete Messkampagnen von internationalen Kooperationen in der nuklearen Sicherheit zu begeistern, gilt es, ebenso profitiert werden. herausfordernde Forschungsfragestellungen im
1 Z I E L E U N D H E R AU S F O R D E R U N G E N 15 Sinne der nuklearen Sicherheit zu beantworten und und dauerhaften Einfluss Deutschlands auf Reaktor Perspektiven für eine berufliche Zukunft aufzuzei- sicherheit und sichere nukleare Entsorgung errei- gen bzw. zu ermöglichen. chen zu können, ist die international vernetzte Nutzung deutscher kerntechnischer und wissen- Die Projektförderung des BMWi zur Reaktorsicher- schaftlich-technischer Infrastruktur und Expertise heits- und nuklearen Entsorgungsforschung trägt sowie die deutsche Beteiligung an internationalen seit vielen Jahren durch die Förderung von For Projekten in diesen Bereichen wesentlich. Zukünf- schungsvorhaben an Hochschulen und außeruni- tige FuE-Inhalte, die auf Grundlage des vorliegenden versitären Forschungseinrichtungen wesentlich Förderprogramms realisiert werden sollen, sind zu Erhalt, Aufbau und Weiterentwicklung der wis- unter Berücksichtigung des beträchtlichen Wis senschaftlich-technischen Kompetenz sowie zur sensstandes aus nationalen und internationalen Nachwuchsförderung bei. Die Einbindung des wis- Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrations- senschaftlichen Nachwuchses in die projektgeför- aktivitäten so anzulegen, dass anhand bereits vor- derten Forschungsvorhaben wird ausdrücklich liegender Erkenntnisse die zielgerichtete Ableitung unterstützt. Zudem soll die gezielt auf die Nach- offener Fragestellungen und deren Beantwortung wuchsförderung ausgerichtete Förderinitiative erfolgt. Dabei können durch internationale Koope- „Kompetenzerhalt in der Kerntechnik“ (KEK), seit rationen wissenschaftlich-technische, sicherheits- Jahren ein erfolgreicher Bestandteil des BMWi-För- bezogene und ökonomische Synergien unter ande- derprogramms, fortgesetzt werden. Darüber hinaus rem durch folgende Maßnahmen und Effekte soll durch die Aufbereitung und Vermittlung von genutzt werden: Forschungsergebnissen einerseits für die wissen- schaftliche Gemeinschaft und andererseits auch • Informations- und Erfahrungsaustausch zu für die interessierte Öffentlichkeit der Dialog zwi- aktuellen Forschungsfragen und -programmen schen wissenschaftlichen und nicht-wissenschaft- sowie zu Kernenergie- und Entsorgungspro- lichen Akteuren erleichtert und damit das Interesse grammen; an einer Auseinandersetzung mit kerntechnischen (Sicherheits-)Themen gestärkt werden. • Verbreiterung der nationalen und internationa- len Wissensbasis; Internationale Zusammenarbeit • Gemeinsame Nutzung und Finanzierung von Forschungsinfrastrukturen (z. B. Versuchsstände Internationale Kooperationen sind in der nuklearen in (groß)technischem Maßstab, Fels- und Unter- Sicherheitsforschung essenziell. So bestätigt das tagelabore); 7. Energieforschungsprogramm (Kapitel 6.4): „Nur durch fundierte sicherheitstechnische Kompetenz, die • Austausch zu Ansätzen der jeweiligen nationa- auf Basis eigenständiger Forschung und Entwicklung len Sicherheitsphilosophien und -kulturen; zur nuklearen Sicherheit international eingebracht wird, kann Deutschland auch künftig in internatio • Vergleich und Bewertung unterschiedlicher wis- nalen Sicherheitsdiskussionen ausreichend Gehör senschaftlich-technischer Methoden, Ansätze finden und seine berechtigten Sicherheitsinteressen und Konzepte; vertreten.“ Um international anerkannte Beiträge
16 1 ZIELE UND HERAUSFORDERUNGEN • Möglichkeit zur Evaluierung des Wissensfort- schritts einschließlich Peer-Review-Verfahren. Langjährig etablierte Kooperationsplattformen bestehen sowohl auf Grundlage bilateraler wissen- schaftlich-technischer Zusammenarbeit mit einer Reihe von Ländern als auch im Rahmen von Eura- tom, der OECD/NEA oder der IAEO. Entsprechend sind die BMWi-geförderten Forschungsaktivitäten zur nuklearen Sicherheit bereits eng in internatio- nale Kooperationen eingebunden. Dies soll für alle drei Forschungsgebiete und die darauf basierenden zusätzlichen Querschnittsfragen künftig weiter fortgeführt und intensiviert werden, insbesondere da die Entwicklung neuartiger Reaktor- und Sicherheitskonzepte sowie die Nutzung von Unter- tagelaboren in anderen Staaten verstärkt wird.
17 2 Zuständigkeiten und Aufgabenverteilung
18 2 Z U S TÄ N D I G K E I T E N U N D A U F G A B E N V E RT E I LU N G In die Forschung zur nuklearen Sicherheit auf Bun- in der nuklearen Sicherheit sowie zur Weiterent desebene sind drei Bundesministerien, das Bundes- wicklung der kerntechnischen Kompetenz in ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Deutschland beigetragen. Weiterführende Informa- das Bundesministerium für Bildung und Forschung tionen zu Inhalten und Ergebnissen der Projektför- (BMBF) und das Bundesministerium für Umwelt, derung des BMWi der letzten Jahre können auf den Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), arbeits Internetseiten von BMWi (https://www.bmwi.de/ teilig eingebunden. Redaktion/DE/Textsammlungen/Energie/kern- energie.html) und den Projektträgern PT GRS Das BMWi ist für die programmatische Ausgestal- (https://www.grs-fbw.de/) und PTKA (https://www. tung der Energieforschung federführend zuständig; ptka.kit.edu/entsorgung-berichte.html) eingesehen aktuell bildet das 7. Energieforschungsprogramm die werden. themenorientierte Programmstruktur ab. Auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheitsforschung verant- Die Ressortforschungseinrichtungen im Geschäfts- wortet das BMWi die Projektförderung in der bereich des BMWi führen im Bereich der nuklearen Reaktorsicherheits- und Entsorgungsforschung, die Entsorgung eigene Forschungsarbeiten durch. So auch Maßnahmen zur Nachwuchsförderung und forscht und berät die Bundesanstalt für Geowissen- zur Kompetenzentwicklung beinhaltet. Die Förde- schaften und Rohstoffe (BGR) zu geologisch-geo- rinhalte sind in dem vorliegenden Förderprogramm technischen Fragen der Endlagerung radioaktiver zusammengefasst. Die in diesem Rahmen geförderte Abfälle, u.a. auch in Auftragsarbeiten im Rahmen Reaktorsicherheits- und nukleare Entsorgungsfor- einer Zusammenarbeitsvereinbarung mit der Bun- schung der vergangenen Jahre hat erheblich zur desgesellschaft für Endlagerung (BGE). Die Bundes- Sicherheit kerntechnischer Anlagen, zur Weiterent- anstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) wicklung des Standes von Wissenschaft und Technik forscht und berät auf dem Gebiet der nuklearen Abbildung 2: Aufgabenverteilung in der nuklearen Sicherheitsforschung in Deutschland Federführung: BMWi 7. Energieforschungsprogramm Bundesministerium für Bildung und Bundesministerium für Wirtschaft und Bundesministerium für Umwelt, Forschung Energie Naturschutz und nukleare Sicherheit BMBF BMWi BMU (Anwendungsorientierte) Anwendungsorientierte Aufgabenbezogene Forschung und Grundlagenforschung Grundlagenforschung Entwicklung Institutionelle Förderung Projektförderung Reaktorsicherheits- und Vorhabenträger Aufsicht und nukleare Entsorgungsforschung, Genehmigung Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren Nachwuchsförderung Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH HGF Universitäten Forschungs- organisationen z. B. GRS Bundesamt für die Sicherheit der BGE nuklearen Entsorgung Rückbau und Nachwuchsförderung nukleare Ressortforschung Sicherheit Bundesanstalt für Bundesanstalt für BGZ Gesellschaft für Universitäten, Geowissenschaften und Materialforschung und Zwischenlagerung mbH BASE Rohstoffe -prüfung Forschungsorganisationen und Industrie BGR BAM BGZ
2 Z U S TÄ N D I G K E I T E N U N D AU F G A B E N V E RT E I LU N G 19 Entsorgung derzeit vor allem zur Sicherheit von Anlagen. Im Geschäftsbereich des BMU arbeiten Transport- und Lagerbehältern. auf diesen Gebieten das Bundesamt für die Sicher- heit der nuklearen Entsorgung (BASE), das Bundes- Die Projektförderung des BMWi wird durch eine amt für Strahlenschutz (BfS), die BGZ Gesellschaft Projektförderung des BMBF zur Förderung des für Zwischenlagerung mbH (BGZ) sowie die Bun- wissenschaftlichen Nachwuchses in den Bereichen desgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE). Reaktorsicherheits-, Entsorgungs- und Strahlen forschung flankiert. Daneben fördert das BMBF Das BASE forscht auf Grundlage seiner gesetzlichen Forschungsmaßnahmen zum Rückbau kerntech Aufgaben (z. B. Genehmigungs- und Aufsichtsauf- nischer Anlagen. gaben) sowie zur wissenschaftlichen Beratung des BMU im Bereich der nuklearen Sicherheit. Hierbei Im Rahmen der Programmorientierten Förderung erfolgt die Bearbeitung aufgabenbezogener For- der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungs schungsthemen je nach wissenschaftlicher Frage- zentren (HGF) werden im Programm NUSAFE stellung u. a. nicht nur durch die Beauftragung (Nuclear Waste Management, Safety und Radiation Externer, sondern auch durch eigenes Personal. Research) die Themen nukleare Entsorgung und Reaktorsicherheit sowie Strahlenforschung bear- Die BGE führt im Rahmen ihrer Aufgaben als Vor- beitet. Die Programmorientierte Förderung der habenträgerin und Betreiberin von Endlagervorha- Helmholtz-Gemeinschaft wird vom BMBF zusam- ben in Deutschland auch Forschungs- und Ent- men mit den Ländern finanziert. wicklungsarbeiten durch. Ebenso forscht die BGZ auf dem Gebiet der nuklearen Entsorgung mit dem Die Ressortforschung des BMU ist grundsätzlich Schwerpunkt Sicherheit von Transport- und Lager- darauf ausgerichtet, die Erfüllung der Aufgaben des behältern und den darin befindlichen hochradio- Ministeriums und seiner Bundesoberbehörden zu aktiven Abfällen. unterstützen. Der Beratungs- und Forschungsbe- darf, der sich aus den Ressortaufgaben des BMU Begleitend zu den Aktivitäten im Zuständigkeitsbe- ergibt, wird mit dem mittelfristigen Forschungs- reich der drei Bundesministerien sind drei wesent- rahmen beschrieben und jährlich in einem Res- liche Kompetenzverbünde und Arbeitsgruppen ins sortforschungsplan festgelegt. In diesem Rahmen Leben gerufen worden, die seit Jahren erfolgreich führt das BMU auch Untersuchungen u. a. zur Reak arbeiten. Ihre Aufgaben liegen in der inhaltlichen torsicherheit und nuklearen Entsorgung durch. Abstimmung der Forschungsarbeiten sowie in der Diese umfassen Arbeiten zur Ermittlung des inter- Umsetzung von Initiativen zum Kompetenzerhalt. nationalen Stands von Wissenschaft und Technik, Dies geschieht in der Reaktorsicherheits- und Ent- zu dessen Umsetzung in Deutschland in Form der sorgungsforschung im Rahmen des Kompetenz- Weiterentwicklung des kerntechnischen Gesetzge- verbundes Kerntechnik (KVKT) und der Deutschen bungsrahmens (Atomgesetz, Strahlenschutzgesetz) Arbeitsgemeinschaft für Endlagerforschung (DAEF). und der untergeordneten sicherheitstechnischen Der Kompetenzverbund Strahlenforschung (KVSF) Anforderungen sowie Untersuchungen zu grundle- hat die Sicherstellung der Aus- und Weiterbildung genden und aktuellen sicherheitstechnischen Pro- von Fachleuten im Bereich Strahlenforschung zum blemstellungen des Betriebs von kerntechnischen Ziel.
20 3 Forschungsschwerpunkte
3 FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE 21 In diesem Kapitel sind die Forschungsthemen, die Die FuE-Bereiche sind zumeist in FuE-Felder im Rahmen des BMWi-Förderprogramms „For- untergliedert, zu denen einzelne FuE-Themen bei- schung zur nuklearen Sicherheit“ für die drei For- tragen. Die genannten FuE-Themen stellen keine schungsgebiete (A) „Reaktorsicherheitsforschung“, abschließende Liste förderfähiger Forschungsin- (B) „Forschung zur Zwischenlagerung und Be halte dar. Andere Themen und FuE-Vorhaben, die handlung hochradioaktiver Abfälle“ sowie (C) nicht explizit in den einzelnen FuE-Themen dieses „Endlagerforschung“ gefördert werden können, Förderprogramms genannt sind, können von näher beschrieben. Zusätzliche Themen mit Quer Antragstellern vorgeschlagen und gefördert wer- schnittscharakter, die sich nicht ausschließlich den, wenn Relevanz und Aktualität für das Fachge- einem der genannten Forschungsgebiete zuordnen biet vorliegen. So bleibt es möglich, die For- lassen, werden unter (D) „Forschung zu Quer- schungsförderung an aktuelle Entwicklungen und schnittsfragen“ aufgeführt. Zu den Forschungsge- Bedarfe der nuklearen Sicherheit anzupassen. bieten wurde eine Untergliederung in FuE-Berei- che gewählt (Tabelle 1). Tabelle 1: Überblick über die FuE-Bereiche A Reaktorsicherheits B Forschung zur verlän C Endlagerforschung D Forschung zu forschung gerten Zwischenlagerung Querschnittsfragen und Behandlung hoch radioaktiver Abfälle A1 Prüfung und Bewertung B1 Verlängerte Zwischen C1 Standortauswahl D1 Wissens- und Kompe- der Sicherheit von Kom- lagerung tenzmanagement ponenten und Strukturen A2 Nachweisverfahren zur B2 Abfallbehandlungs- und C2 Sicherheits- und End D2 Sozio-technische FuE-Bereiche Beherrschung von Transi- Konditionierungsoptionen lagerkonzepte; Endlager- Fragestellungen enten, Stör- und Unfällen für die Endlagerung technik und (geo-)techni- sche Barrieren A3 Wechselwirkung B3 Behandlungs- und C3 Sicherheitsnachweis D3 Kernmaterialüber Mensch-Technik und Entsorgungsmethoden wachung (Safeguards) probabilistische Sicher- heitsanalysen
22 3 FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE A. Forschungsgebiet Reaktorsicherheit Übergeordnete und unmittelbar aus dem 7. Ener dauerhaft sichergestellt werden. Für technische gieforschungsprogramm der Bundesregierung ab Fragestellungen mit gesellschaftlich relevanten geleitete Zielstellung der projektgeförderten Reak partizipativen Komponenten können zudem sozio- torsicherheitsforschung des BMWi ist der Ausbau technische Aspekte untersucht werden. unabhängiger sicherheitstechnischer Kompetenzen zur Beurteilung und Weiterentwicklung der Sicher- Im Themengebiet Reaktorsicherheitsforschung heit kerntechnischer Anlagen im In- und Ausland. können Vorhaben in den folgenden FuE-Bereichen Neben den nationalen verbleibenden Anwendungs gefördert werden. fällen (Nach- und Restbetriebsphase, Forschungsreak toren) sollen die im Forschungsgebiet Reaktorsicher heitsforschung geförderten Vorhaben insbesondere FuE-Bereich A1: Prüfung und Bewertung sicherheitstechnische Fragestellungen von im Aus- der Sicherheit von Komponenten und land betriebenen, errichteten oder in Entwicklung Strukturen befindlichen Anlagen adressieren. Dabei sollen auch neue Reaktorkonzepte und im Ausland erwogene Die FuE-Arbeiten der Vergangenheit haben erprobte neue Einsatzgebiete Gegenstand der sicherheitsge- Methoden und Werkzeuge zur sicherheitstechni- richteten Betrachtungen sein. Ein wesentlicher schen Bewertung von Komponenten und Struktu- Aspekt ist die Weiterentwicklung und experimen- ren in kerntechnischen Anlagen hauptsächlich telle Absicherung numerischer Methoden zur Sicher deutscher Bauart bereitgestellt. Zur bestmöglichen heitsbewertung der verschiedenen Anlagentypen Vorsorge hinsichtlich des Schutzes von Bevölke- und Konzepte. Hier spielt die Verfügbarkeit moder- rung und Umwelt bedürfen diese Methoden und ner nationaler Forschungsinfrastruktur, z. B. Ver- Werkzeuge einer kontinuierlichen Weiterentwick- suchsstände, heiße Zellen, eine entscheidende Rolle. lung auf dem fortschreitenden Stand von Wissen- Nur durch eigenständige Forschung zur Reaktorsi- schaft und Technik über das Ende der Betriebsdauer cherheit können deutscher Kernkraftwerke hinaus. Künftig wird ein Schwerpunkt auf einer Verbesserung der Anwend- • das hohe Niveau sicherheitsgerichteter kerntech- barkeit für kerntechnische Anlagen sowie Nach- nischer Kompetenz, weiskonzepte im Ausland liegen, die sich von den deutschen Anlagen unterscheiden können, bei- • die dadurch mögliche Mitwirkung an der Gestal- spielsweise in Auslegung, Konstruktion, Werkstoff- tung und Verbesserung internationaler Sicher- wahl, Fertigungstechnologie oder hinsichtlich ihres heitsstandards, Betriebs (z. B. Langzeitbetrieb). Auch die Besonder- heiten neuartiger Kernkraftwerkstypen sowie neuer • die sicherheitstechnische Verbesserung des Reaktorkonzepte, die derzeit international entwi- Betriebs sowie ckelt bzw. implementiert werden, sind Gegenstand der Betrachtungen. Die übergeordnete Zielsetzung • die Wirksamkeitsbewertung präventiver und ist es, auch zukünftig in sicherheitstechnisch rele- schadensmindernder Maßnahmen bis hin zur vanten Belangen aussage- und prognosefähig zu Optimierung nationaler Notfallschutzmaßnah- sein. men
3 FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE 23 Simulation eines Flugzeugaufpralls auf ein generisches Modell eines Kernkraftwerks FuE-Feld A1.1: Integrität baulicher Strukturen aus verschiedenen Einwirkungen berücksichtigen. Diese Entwicklungen sollen fortgeführt werden. Gebäude und bauliche Strukturen in Kernkraftwer- Dabei sollen künftig die Interaktionen der instal- ken schützen die Kraftwerkskomponenten vor Ein- lierten Komponenten (Anlagentechnik) mit den wirkungen von innen und außen und stellen im Gebäudestrukturen verstärkt betrachtet werden. Falle eines Stör- oder Unfalls die letzte Barriere Durch Weiterentwicklung der Berechnungs- und gegen die Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Modellierungsmethoden, die mittels einer Erweite- Umgebung dar. Für Einwirkungen von außen (z. B. rung der experimentellen Datenbasis verifiziert Erdbeben) und innen (z. B. Explosionen, Brand) und validiert werden sollen, können Prognosen sowie für Notstandsfälle (z. B. Flugzeugabsturz) ist präzisiert und Sicherheitsmargen bestehender bau- zu ermitteln, ob und inwieweit die Tragfähigkeit licher Strukturen genauer bestimmt werden. und die Schutzfunktionen der Gebäude und bauli- chen Strukturen, insbesondere des Containments, Die FuE-Themen im Überblick: gewährleistet werden. Abgesehen davon kann ihre Integrität auch durch alterungsbedingte Effekte • Untersuchungen zu Einwirkungen von innen beeinträchtigt werden; diese Frage ist insbesondere (z. B. Radiolysegasexplosion, Brand) und außen für Anlagen mit längeren Laufzeiten relevant, wie (z. B. Explosionsdruckwelle, Projektile, Erdbeben vermehrt international zu beobachten. einwirkungen), Notstandsfälle (z. B. Flugzeugab- sturz) sowie von Einwirkungsüberlagerungen Zum Integritätsnachweis baulicher Strukturen und deren Einflüssen auf das Materialverhalten werden aktuell Berechnungs- und Modellierungs- und die Baustruktur methoden und Analysewerkzeuge entwickelt, die sowohl einzelne Effekte als auch Überlagerungen
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