Bosch geht neue Wege in der Wirtschaftsplanung
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Erfolgreich budgetieren | Best Practice Bosch geht neue Wege in der Wirtschaftsplanung Wie soll die Unternehmensplanung in Zeiten permanenter Veränderung aussehen, um weiterhin ein wertvolles Führungsinstrument zu bleiben? Welcher Zeit- und Ressourcenaufwand ist dafür heute noch gerechtfertigt, und wie lassen sich gängige Probleme vermeiden? Die Erfahrungen von Bosch bei der Neugestaltung der Wirtschaftsplanung liefern hierzu Antworten. Roman Stoi, Stefan Asenkerschbaumer, Klaus Bley 16 Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015 U. Schäffer, J. Weber (Hrsg.), CMR SH 1-2015, CMR-Sonderhefte, DOI 10.1007/978-3-658-09361-7_2, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015
Erfolgreich budgetieren | Best Practice Es war vor allem die zunehmende Volatilität der Märkte, durch die bei Bosch der jahrelang praktizierte Planungsprozess immer mehr an seine Grenzen stieß (vgl. Asenkerschbaumer 2012, S. 336 ff.). Das deutsche Traditionsun- ternehmen hat deshalb in den letzten Jahren mehrere Projekte durchgeführt, um seine Wirtschaftsplanung leistungsfähiger zu gestalten. Die dabei ge- wonnenen Erfahrungen sind auch auf andere Unternehmen übertragbar. Ursprünglicher Planungsprozess Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienst- leistungsunternehmen, das mit einem Umsatz von 46,1 Milliarden Euro und Prof. Dr. Roman Stoi lehrt Unternehmensführung und Control- 281.000 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2013 zu den größten Industrieunter- ling an der DHBW Stuttgart und ist wiss. nehmen in Deutschland gehört. Sie besteht aus den vier Unternehmensbe- Leiter des Masters in Controlling & Con- reichen Kraftfahrzeugtechnik, Industrietechnik, Gebrauchsgüter sowie sulting der Steinbeis Hochschule Berlin. Energie- und Gebäudetechnik, welche sich in 14 ergebnisverantwortliche Geschäftsbereiche aufteilen. Bosch plant generell in einem mehrstufigen und interaktiven Prozess im Gegenstromverfahren mit Top-down-Eröffnung. Der Planungsprozess (siehe Abbildung 1) erstreckte sich bis 2007 über das ganze Jahr (vgl. Dillerup/Stoi 2013, S. 363 ff.). Die strategischen Ziele der einzelnen Geschäftsbereiche wur- den für mindestens acht Jahre und drei Produkt- und Technologiegeneratio- nen bestimmt. Auf dieser Basis entschied die Geschäftsführung, welche stra- tegischen Maßnahmen jeweils im folgenden Jahr umgesetzt werden sollen. Die Geschäftsbereiche waren für die Einhaltung der geplanten Ergebnisse ver- Dr. Stefan Asenkerschbaumer antwortlich, und die Ziele wurden kaskadenförmig auf sämtliche Gesellschaf- ist stellvertretender Vorsitzender der Ge- ten, Werke, Abteilungen und Produktgruppen heruntergebrochen. schäftsführung und CFO der Robert Bosch Die konkrete Umsetzung der strategischen Ziele wurde bei Bosch im Rah- GmbH. men der Wirtschaftsplanung mit einem Planungshorizont von drei Jahren festgelegt. Dieser Wirtschaftsplan basierte auf den detaillierten Herstellkos- ten der Werke, den geplanten Kosten und Erlösen der Geschäftsbereiche so- wie der anteiligen Konzernumlage. Die Freigabe der Wirtschaftspläne der Geschäftsbereiche war in vielen Fällen mit zusätzlichen Auflagen verbun- den. Nach nochmaliger Konsolidierung wurde der Konzernwirtschaftsplan dann verabschiedet. Er bildete die verbindliche Vorgabe und die Basis der Erfolgsbeurteilung für alle Konzerneinheiten im nächsten Geschäftsjahr und lieferte darüber hinaus eine Vorschau auf die zwei darauf folgenden Jahre. Der dreijährige Wirtschaftsplan, der auf der Kalkulation einer halben Mil- Dr. Klaus Bley lion Sachnummern und einer Materialpreisplanung auf Materialnummern- ist als Projektleiter für die Neugestaltung ebene basierte, war bei Weitem zu detailliert, um flexibel auf aktuelle Ent- der Wirtschaftsplanung bei Bosch verant- wicklungen reagieren zu können. Insgesamt wurden dadurch nicht nur im wortlich. Controlling, sondern auf allen Führungsebenen viele Ressourcen weltweit Roman Stoi und über einen langen Zeitraum gebunden. Aufgrund des frühen Beginns DHBW Stuttgart, Stuttgart, Deutschland der Wirtschaftsplanung im Mai waren Pläne bei ihrer Verabschiedung häu- E-Mail: roman.stoi@dhbw-stuttgart.de fig bereits veraltet. Auf die Konsistenz der Daten wurde insbesondere bei in- Stefan Asenkerschbaumer Robert Bosch GmbH, Gerlingen-Schillerhöhe, ternen Zulieferungen großer Wert gelegt. Die pauschale Einarbeitung zu- Deutschland sätzlicher Zielvorgaben am Ende des Planungsprozesses zerstörte jedoch die- Klaus Bley Robert Bosch GmbH, Gerlingen-Schillerhöhe, se Konsistenz und entwertete die enthaltenen Detailinformationen. Deutschland Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015 17
Erfolgreich budgetieren | Best Practice Beim 2007 gestarteten Projekt „Business Plan Quick“ stand jekt eingebunden worden waren und Maßnahmen zum Teil zunächst die Verkürzung des Planungsprozesses im Vorder- nicht umgesetzt wurden. grund. Hierzu wurden die strategische und operative Planung zeitlich und inhaltlich eng miteinander verzahnt und die ent- Smart Business Plan: Planung vereinfachen haltenen Teilplanungen, soweit möglich und sinnvoll, paral- Um die Planung bei Bosch nachhaltig zu verbessern, wurde lel durchgeführt. Zeitaufwendige Rückkopplungen wurden 2010 das Projekt „Smart Business Plan“ ins Leben gerufen. durch striktere Zielvorgaben reduziert. Dadurch war es 2008 Der Wirtschaftsplanungsprozess sollte auf vier Monate ver- möglich, im Vergleich zum Vorjahr rund vier Monate später kürzt und dadurch die Aktualität der Planungsinformationen mit der strategischen Planung und einen Monat später mit der sowie die Reaktionsmöglichkeit auf unvorhergesehene Ent- Wirtschaftsplanung zu beginnen. wicklungen erhöht werden. Darüber hinaus galt es, die Rele- Dennoch führte die Finanzkrise 2009 auch bei Bosch dazu, vanz der verwendeten Steuerungskennzahlen zu prüfen und dass einerseits die ursprünglichen Planwerte schnell obsolet den Detaillierungsgrad und Planungsaufwand erheblich zu wurden und verstärkt auf Sicht gesteuert werden musste und reduzieren. Franz Fehrenbach, damaliger Vorsitzender der andererseits andere Themen als die Verkürzung des Planungs- Geschäftsführung und heutiger Aufsichtsratsvorsitzender, prozesses im Vordergrund standen. Auch hatten manche Ein- machte deutlich: „In der Steuerung von Geschäftseinheiten heiten bereits früher als vorgesehen mit der Planerstellung be- sind Konzepte, zielorientierte Prämissen und Maßnahmen ge- gonnen, was die Verkürzungsbestrebungen konterkarierte. fragt, nicht übertriebene Scheingenauigkeit.“ Dieses Zurückfallen in alte Verhaltensmuster lag auch daran, Entsprechend wurde auch ein neuer Projektansatz gewählt: dass die betroffenen Bereiche nicht ausreichend in das Pro- Nicht die Zentrale gab vor, wo und wie die Prozesse verändert Abb. 1 Ablauf der Wirtschaftsplanung bei Bosch bis 2007 UES Contracting Strategie und GEP GES PD Zielableitung Umsatz- und VPZ TPZ Mengenplanung Kostenplanung für die Abteilungen der Geschäftsbereiche Abgabe Werkswirtschaftspläne an Kostenplanung Geschäftsbereiche Anfang August der Werke Erfolgsplanung der Geschäfts - bereiche Abgabe Wirtschafts - pläne an Zentrale Wirtschaftsplanung Anfang Oktober der Gesellschaften Abstimmung und Aufbereitung des mehrere GPS Wirtschaftsplans ab Ende Oktober Konsolidierung, Kommentierung und Verabschiedung Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez GEP: Geschäftsfeldentwicklungsplanung PD: Policy Deployment GPS: Geschäftsbereichsplanungssitzung GES: Geschäftsfeldentwicklungssitzung VPZ: Verkaufsplanzahlen UES: Unternehmensentwicklungssitzung TPZ: Technische Planzahlen Quelle: eigene Darstellung 18 Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015
Erfolgreich budgetieren | Best Practice werden müssen, sondern die Verbesserungsvorschläge wur- Die Wirtschaftsplanung wurde 2011 erstmals nach den Re- den vor allem von den Geschäftsbereichen selbst erarbeitet. geln des „Smart Business Plans“ durchgeführt, und der Pla- Nach dem sogenannten „Blütenmodell“ lag die Gesamtver- nungsprozess wurde im Folgenden weiter stabilisiert und op- antwortung gemeinsam beim Projektleiter und einem kauf- timiert. Nahm die Wirtschaftsplanung 2010 noch 26 Wochen männischen Geschäftsbereichsleiter. Das zentrale Projekt- in Anspruch, so konnte sie 2012 auf 16 Wochen – und somit kernteam bildete den organisatorischen Rahmen für die Ar- insgesamt um rund 40 Prozent – verkürzt werden. Nach Volk- beit der interdisziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppen mar Denner, dem Vorsitzenden der Bosch-Geschäftsführung, und sorgte für ein zielorientiertes Vorgehen. Das Ergebnis war „entlastet dies die Organisation. Immerhin befassen sich vie- ein auf die Anforderungen der Geschäftsbereiche ausgerich- le Tausend Mitarbeiter direkt oder indirekt mit der Planung. tetes, umsetzbares Konzept, das von Controllern und Mana- Und es erhöht die Flexibilität – sehr wichtig angesichts der gern aktiv mitgetragen wurde. großen konjunkturellen Unsicherheiten“. Neuerungen durch den „Smart Business Plan“ waren: • Der Planungshorizont wurde auf zwei Jahre reduziert. Das zweite Vorschaujahr wurde abgeschafft und das erste stark „Anstelle übertriebener Schein- vereinfacht, da nur noch wesentliche Eckdaten geplant wer- genauigkeit steht nun die ziel- den. Zudem wurde die Berichterstattung der Tochter- und orientierte Steuerung im Fokus.“ Regionalgesellschaften an die Geschäftsbereiche verkürzt sowie die Detaillierung der Produktkostenkalkulation ge- senkt. Der Wegfall des dritten Planjahrs glich einer kleinen Dennoch war Bosch mit dem Ergebnis noch nicht zufrie- Revolution und erforderte bei mancher Führungskraft eine den: Planungsdauer, Ressourceneinsatz und Detaillierungs- gewisse Überzeugungsarbeit. grad waren weiterhin beträchtlich, die Verlegung der Haupt- • Um zeitaufwendige Rekursionsschleifen im Planungsablauf planungsphase in den Urlaubsmonat August erwies sich als zu vermeiden, wurden bei der Vereinbarung der operativen problematisch, und bei den Kennzahlen hatte nur eine gerin- Ziele bereits Regeln für deren Anpassung festgelegt, falls ge Entschlackung stattgefunden, auch wenn der operative sich bestimmte Prämissen ändern sollten. Werden diese Re- Wertbeitrag erfolgreich als neue Spitzenkennzahl eingeführt geln von den Verantwortlichen eingehalten, sind keine worden war. nachträglichen Zielanpassungen und damit verbundene So wurde 2013 – ebenfalls mit intensiver Beteiligung der Planüberarbeitungen mehr erforderlich. Geschäftsbereiche – das Projekt „Target Business Plan“ gestar- • Das wertorientierte Steuerungskonzept, welches als zu tet. Es war Teil einer Reihe gezielter Aktivitäten im Rahmen komplex und für viele Führungskräfte nur schwer verständ- einer neuen CFO-Agenda zur Weiterentwicklung und Opti- lich galt, wurde vereinfacht. Beispielsweise werden bei der mierung des Rechnungswesens und Controllings bei Bosch. Berechnung des operativen Wertbeitrags statt ökonomi- Die eigentliche Wirtschaftsplanung sollte zukünftig so spät scher nun lineare Abschreibungen verwendet. Die Fokus- wie möglich beginnen und insgesamt eine zielorientiertere sierung auf aussagekräftige Kenngrößen reduziert auch den Steuerung realisiert werden. erforderlichen Berichtsumfang der Geschäftsbereiche. • Die frühzeitigere Weitergabe von Planungsinformationen und die Verringerung von Wartezeiten in Genehmigungs- Zusammenfassung prozessen lieferten einen wichtigen Beitrag zur Verkürzung • Bosch hat in den vergangenen Jahren mehrere Pro- des Planungsprozesses. jekte durchgeführt, um seine Planung an das volatile • Die als wesentlicher Komplexitätstreiber identifizierte Pla- Wettbewerbsumfeld anzupassen. nung interner Lieferungen und Leistungen wurde standar- • Die Planung wurde zunächst schneller und einfacher disiert und vereinfacht. Während zuvor die Kosten der in- gestaltet. nerbetrieblich gelieferten Komponenten nacheinander er- • Eine nachhaltige Verbesserung erforderte nicht nur mittelt und weitergemeldet wurden, werden sie nun vom ein Umdenken in der Planung, sondern auch in der liefernden Werk geschätzt, und die Kalkulation erfolgt für Steuerung und Führung des Unternehmens. alle Erzeugnisse und Komponenten gleichzeitig. Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015 19
Erfolgreich budgetieren | Best Practice Target Business Plan: Planung umdenken Erreichung dieser verbindlichen Zielwerte und bricht sie Bei der Planung war Bosch bisher „vom Detail zum Groben“ auf seine Einheiten herunter. Auf diese Weise sollen zeitauf- vorgegangen. In den Werken wurde bottom-up, das heißt auf wendige und unproduktive Verhandlungen zwischen den der Ebene von Kostenstellen, Projekten und Sachnummern einzelnen Unternehmensebenen über die Höhe der Ziele – geplant. Bei der Zusammenfassung der Planwerte wurde nicht und damit auch eine Abschwächung der Vorgaben – ver- selten festgestellt, dass gesetzte Ziele verfehlt worden waren. mieden werden. Durch den Wegfall zeitintensiver Rekursi- Die daraus folgende Vorgabe von Zusatzzielen auf verschie- onen und zusätzlicher Zielvereinbarungsrunden wird die denen Ebenen entwertete die detaillierte ursprüngliche Pla- Komplexität des Planungsprozesses deutlich reduziert. Der nung. Deshalb beschloss man, mit dem „Target Business Plan“ Fokus soll auf der Erarbeitung von Maßnahmen zur Ziel- den Planungsprozess grundsätzlich anders zu gestalten. erreichung liegen. Durch intensiven Austausch mit Drittunternehmen flossen Die Bestimmung der Ziele und Planwerte je Geschäfts- benchmarkorientierte Erfahrungen in die Neukonzeption ein. bereich erfolgt in einem dreistufigen Vorgehen: Von Interesse waren dabei insbesondere Top-down-Planungs- 1. Die langfristigen Umsatz- und Renditeziele werden auf Ba- modelle mit starker Zielorientierung nach der Philosophie sis mehrjähriger Vergleiche mit relevanten Wettbewerbern „vom Groben zum Detail“. (Benchmarks) festgelegt. Mit der detaillierten Ausplanung soll von nun an erst be- 2. Für das Planjahr werden dann unter Berücksichtigung der gonnen werden, wenn die Eckdaten des Plans bereits fest- spezifischen Ausgangssituation des Geschäftsbereichs die stehen (vgl. Abbildung 2). Die Geschäftsführung legt hierzu Zielwerte als Basis für die erfolgsabhängige Vergütung der vor Planungsbeginn auf Basis von Wettbewerbervergleichen Management-Ebenen bestimmt. Dabei kann auch eine realistische Ergebnisziele für jeden Geschäftsbereich fest. Je- langfristige Entwicklung hin zum Benchmark („Anflug- der Geschäftsbereich erstellt dann einen Wirtschaftsplan zur kurve“) vereinbart werden. Abb. 2 Zielorientierter Planungsprozess bei Bosch ab 2015 Bestimmung der Ziele und Planwerte je Geschäftsbereich Zielfestlegung auf Top- Management- Konsolidierung und Ebene Verabschiedung Planungsbeginn Anfang September Kommunikation der Planwerte und zentralen Prämissen an Abschluss Wirtschafts - die Geschäftsbereiche planung vor Ende Oktober Zielorientierte Wirtschaftsplanung TBP (Target Business Plan) Zusammenfassung, Diskussion CPS/ und Verabschiedung GFS Umsatz- und Mengenplanung VPZ/TPZ Ausplanung in den Einheiten (Einkaufspreise, Kosten- Ausplanung stellen, Herstellkosten) Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez CPS: Corporate Planning Session VPZ: Verkaufsplanzahlen TBP: Target Business Plan GFS : Geschäftsführungssitzung TPZ: Technische Planzahlen Quelle: eigene Darstellung 20 Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015
Erfolgreich budgetieren | Best Practice 3. Je nach Einschätzung des Geschäftsbereichs werden die Umsatz- und Ergebnisziele des Wirtschaftsplans bestimmt. Kernthesen Durch die Berücksichtigung besonderer Sachverhalte, wie • Eine flexible, aktuelle Planung erfordert einen dras- zum Beispiel von Aufwendungen für die Erschließung tisch verkürzten Planungsprozess. neuer Märkte, kann es zu Abweichungen zu den in Stufe 2 • Schlüssel hierfür sind marktorientierte Top-down- festgelegten Zielwerten kommen. Dies hat aber keinen Vorgaben und die Konzentration auf wesentliche Ziel- Einfluss auf die Incentivierung. größen. Die Trennung zwischen Incentivierungs- und Planzielen löst • Unternehmenssteuerung in volatilen Märkten bedarf bei Bosch ein weitverbreitetes Problem: zeitintensive Ver- dezentraler Entscheidungskompetenz. handlungen auf allen Hierarchieebenen, die zu Kompromis- sen und zur Einplanung von dezentralen Puffern statt zur ge- meinsamen Verpflichtung zu Spitzenleistungen führen. Die derlich sein. Danach werden die Planwerte als verbindliche Ziele sollen nun auf allen Ebenen anspruchsvoll, aber auch Vorgabe für die jeweiligen Geschäftsbereiche verabschiedet realistisch sein. Sie werden für die nachgelagerten Ebenen und diesen Anfang September zusammen mit den zentralen transparent und nachvollziehbar abgeleitet. Prämissen kommuniziert. Nun ist es Aufgabe der Geschäfts- Im Anschluss ermittelt das Zentral-Controlling auf Basis bereiche, innerhalb von acht Wochen einen ziel- und maß- der Planwerte der Geschäftsbereiche eine konsolidierte Ge- nahmenorientierten Wirtschaftsplan zur Erreichung dieser samtsicht für Planrendite und -umsatz des Konzerns. Stimmt festgelegten Zielwerte zu erstellen. Der Target-Business-Plan- diese nicht mit den Erwartungen der Geschäftsführung über- Prozess konzentriert sich auf die wesentlichen Steuerungsgrö- ein, können Anpassungen auf Geschäftsbereichsebene erfor- ßen und läuft in vier Schritten ab (vgl. auch Abbildung 3): Abb. 3 Phasen des Target Business Plans mit anschließender Ausplanung Aggregation Bosch und Freigabe Geschäfts - bereich Herunter - Robustheit des Nachgelagerte, brechen von Plans detaillierte Zielen prüfen Ausplanung 3. Ebene (z. B. Business Units) Unterfüttern von n 4. Ebene Zielen mit (z. B. Werke) Maßnahmen Top-down Action Robustness Condense Target Planning Check & Release Deployment (ca. 2,5 Wochen) (ca. 2 Wochen) (ca. 2 Wochen ) (ca. 1,5 Wochen) Quelle: eigene Darstellung Target Business Plan (8 Wochen) Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015 21
Erfolgreich budgetieren | Best Practice Top-down Target Deployment plans. In der Vergangenheit übliche nachträgliche Zielauf- Der Geschäftsbereich bricht seine zentralen Planziele auf die lagen der Geschäftsführung soll es im Target Business Plan Einheiten bis auf die maximal vierte Management-Ebene (zum nicht mehr geben. Beispiel Werk, Rechtseinheit, Vertriebs- oder Entwicklungsbe- Nach Freigabe des Wirtschaftsplans beginnt die Ausplanung reich) herunter. Die Kaskadierung erfolgt ohne Übersteuerung, der bestätigten Ziele und Maßnahmen in den nachgeordneten das heißt, die Summe der heruntergebrochenen Teilziele ent- Einheiten. Die Ausplanung beinhaltet unter anderem die Um- spricht dem übergeordneten Ziel des Geschäftsbereichs. In der satz- und Mengenplanung, die Einkaufspreisplanung, die Her- Vergangenheit waren oft zusätzliche Vorgaben in die Ziele der stellkostenkalkulation und die Kostenstellenplanung. Dabei nachgelagerten Management-Ebenen eingeplant worden. Da liegt der Schwerpunkt auf der Einarbeitung der Ziele in die dies den Verantwortlichen allgemein bekannt war, verloren die nachgelagerten Pläne sowie auf der weiteren Detaillierung der Ziele ihre Glaubwürdigkeit. Die Zielableitung wird nun inhalt- zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen. Die Erreichung lich durchgeführt, das heißt, sämtliche Ziele müssen erklärbar der heruntergebrochenen Ziele liegt in der Verantwortung der und nachvollziehbar sein. Jede Ebene verpflichtet sich zur Ein- jeweiligen Management-Ebene. haltung ihrer Zielvorgaben. Auf eine Konsolidierung der geplanten Ergebnisse der einzelnen Einheiten zu Geschäftsbereichsergebnissen wird Action Planning verzichtet. Sie würde keinen Mehrwert bringen, da der Plan Der Fokus der Planung liegt auf der Erarbeitung von Maß- bereits verabschiedet wurde und die Ziele nicht mehr an- nahmen zur Zielerreichung, die vom Management entwickelt gepasst werden können. Da es immer Abweichungen zwi- und dann durch das Controlling hinsichtlich der zu erwar- tenden Effekte im Planungszeitraum bewertet werden. Abwei- chungen vom Zielwert sind nicht zulässig. Lediglich hinsicht- Handlungsempfehlungen lich ihrer Härte- und Füllgrade können die Maßnahmen un- • Beziehen Sie bei der Neugestaltung Ihres Planungs- terschiedlich bewertet werden. Der Härtegrad quantifiziert, prozesses sämtliche Management-Ebenen aktiv ein und wie konkret die Inhalte der Maßnahmen definiert sind. Der übertragen Sie Verantwortung, denn zentralistische Füllgrad zeigt, inwieweit das Ziel durch Maßnahmen unter- Vorgaben sind wenig erfolgversprechend. Hinterfragen füttert ist. Bestehende Lücken sind aufzuzeigen und Maßnah- Sie auch Tabus und Dinge, die Sie „schon immer so men zu deren Schließung gemeinsam mit der übergeordne- gemacht haben“. ten Management-Ebene zu diskutieren. • Beginnen Sie so spät wie möglich mit Ihrer Planung. Nur dann bleiben Sie flexibel und erreichen eine hohe Robustness Check Aktualität. Die Einzelpläne werden von der vierten Management-Ebene • Trennen Sie Incentives und Planziele. Dadurch ver- an aufwärts bis zur Geschäftsbereichsebene präsentiert, dis- meiden Sie unproduktive Verhandlungen, Puffer und kutiert und freigegeben. Ziel dieser Abstimmung ist die Prü- Verschwendung und beschleunigen gleichzeitig den fung der Plausibilität und Robustheit der Pläne untergeord- Planungsprozess. neter Einheiten hinsichtlich ihrer Zielerreichung und der • Verwenden Sie möglichst benchmarkorientierte Füll- und Härtegrade der Maßnahmen. Die Durchsprachen Ziele, denn diese sind anspruchsvoll, akzeptiert und enden mit der Freigabe des Plans durch das Management der sichern Ihre Wettbewerbsfähigkeit. Verabschiedete Zie- nächsthöheren Ebene. le sollten von Ihnen nicht mehr hinterfragt werden. • Vermeiden Sie eine Übersteuerung bei der Top-down- Condense and Release Kaskadierung, denn dies untergräbt die Glaubwürdig- Das Controlling verdichtet die freigegebenen Pläne zum Ge- keit Ihrer Zielvorgaben. samtplan des Geschäftsbereichs, der schließlich durch den Be- • Steuern Sie unterjährig auf Basis der Entwicklung der reichsvorstand verabschiedet wird. Eine Konsolidierung im Ist-Werte in Verbindung mit rollierenden Prognosen buchhalterischen Sinne findet dabei nicht statt. Anschließend statt mit Plan-Ist-Vergleichen, denn Abweichungen folgen die Diskussion der Zielerreichung mit dem zuständi- zum Plan sind die Normalität. gen Geschäftsführer und die Freigabe des Geschäftsbereichs- 22 Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015
Erfolgreich budgetieren | Best Practice schen Ist und Plan geben wird, fokussiert sich Bosch nun bei Bereichsvorständen stattfindet, beginnt der eigentliche Pla- der unterjährigen Steuerung auf Ist-Ist- und Ist-Vorschau-Be- nungsprozess in der Organisation erst Anfang September. Pla- trachtungen wie beispielsweise Vergleiche zum Vorjahr und nungsinhalte und Detaillierungsgrad sind dabei stark redu- rollierende Prognosen. Die geplanten Maßnahmen werden im ziert. Nur so ist es möglich, den Wirtschaftsplan innerhalb von laufenden Jahr ständig verfolgt, um eine nachhaltige Ziel- acht Wochen zu erstellen. Die detaillierte Ausplanung fokus- erreichung sicherzustellen. siert sich auf die Maßnahmen zur Zielerreichung, während die Ziele selbst nicht mehr hinterfragt werden. Statt sich in Planungsdetails zu verlieren und die Planein- haltung zu kontrollieren, soll der Controller zukünftig in der „Controller wirken zukünftig Rolle eines Business Partners das Management auf allen Ebe- als Business Partner bei nen bei der Zielerreichung unterstützen. Stefan Asenkersch- der Zielerreichung mit.“ baumer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung und CFO, ist überzeugt, dass „in einem immer volatileren Markt- und Wettbewerbsumfeld der Target Business Plan ei- Ein neues Führungsverständnis nen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Aktualität, Agilität Die neu gestaltete Wirtschaftsplanung beinhaltet für Bosch und Effizienz der Planung leistet und gleichzeitig das Unter- weitreichende Änderungen der Führung und Steuerung auf nehmertum in allen Bereichen stärkt“. allen Ebenen. Das bislang bis ins kleinste Detail gehende Bot- tom-up-Zahlengerüst steht nun bei der Planerstellung nicht mehr zur Verfügung. Die Ziele werden stattdessen vor Beginn Literatur der Wirtschaftsplanung vom Best-in-Class abgeleitet. Da nach a* Asenkerschbaumer, S. (2012): Strategisches Controlling bei Bosch: Volatilität ist die neue Normalität, in: Zeitschrift für Manage- der Zielvereinbarung keine weiteren Eingriffe und Verhand- ment & Controlling, 56 (5), S. 336-341. (ID: 3552750) lungsprozesse mehr stattfinden, muss die Geschäftsführung Dillerup, R./Stoi, R. (2013): Unternehmensführung, 4. Aufl., Mün- mehr Verantwortung an die nachgelagerten Management-Ebe- chen. nen übertragen. Die in den Planungsprozess einbezogenen personellen Ressourcen werden deutlich entlastet. Nachdem *Abonnenten des Portals Springer für Professionals erhalten diesen die Zielfestlegung nur zwischen der Geschäftsführung und den Beitrag im Volltext unter www.springerprofessional.de/ID. a Zusätzlicher Verlagsservice für Abonnenten von „Springer für Professionals | Finance & Controlling“ Zum Thema „Change Management“ Suche finden Sie unter www.springerprofessional.de 7.966 Beiträge, davon 1.398 im Fachgebiet Finance & Controlling Stand: Januar 2015 Medium ☐ Online-Artikel (45) ☐ Kompakt-Dossier (1) Von der Verlagsredaktion empfohlen ☐ Interview (8) Lauer, T. (2014): Change Management – Grundlagen und Erfolgsfaktoren, 2. Auflage, ☐ Zeitschriftenartikel (998) Berlin Heidelberg. ☐ Buch (31) www.springerprofessional.de/5254136 ☐ Buchkapitel (6.880) ☐ Nachrichten (3) Wittendorfer, G. (2014): Change Management, in: Niermann, P. F.-J./Schmutte, A. M. (Hrsg.): Exzellente Managemententscheidungen – Methoden, Handlungsempfehlun- Sprachen gen, Best Practices, Wiesbaden, S. 357-365. ☐ Deutsch (3.237) www.springerprofessional.de/4741630 ☐ Englisch (4.731) Controlling & Management Review Sonderheft 1 | 2015 23
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