Bundesrat legt vier Prioritäten der Schweiz für die 75. UNO-Generalversammlung fest

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Bundesrat legt vier Prioritäten der Schweiz für die 75. UNO-Generalversammlung fest
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Bundesrat legt vier Prioritäten der Schweiz für
die 75. UNO-Generalversammlung fest
Bern, 11.09.2020 - Der Bundesrat hat im Sommer die Prioritäten für die UNO-Generalversammlung
festgelegt. An seiner Sitzung vom 11. September 2020 wurde er über die Konsultation der
Aussenpolitischen Kommissionen (APK) informiert. Eine der Prioritäten ist die weltweite Bewältigung
der Folgen von COVID-19. Die Eröffnung der UNO-Generalversammlung Ende September wird covid-
bedingt weitgehend virtuell stattfinden. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Bundesrat
Ignazio Cassis vertreten dabei die Schweiz.

Im Juni 2020 hatte der Bundesrat die Prioritäten für die 75. UNO-Generalversammlung, die im September
beginnt, beschlossen. Die Schweiz gibt sich basierend auf der Aussenpolitischen Strategie 2020 – 2023
und ihren vier thematischen Schwerpunkten (Frieden und Sicherheit, Nachhaltigkeit, Wohlstand und
Digitalisierung) und in Weiterverfolgung ihrer Kandidatur für einen Einsitz im Sicherheitsrat 2023-2024
folgende vier Prioritäten:

- Bewältigung der Folgen von COVID-19: COVID-19 stellt die ganze Welt vor grosse Herausforderungen.
Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass sich die Reaktion der UNO auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt
und vor allem jenen Menschen zu Gute kommt, die von der Pandemie und ihren Folgen besonders stark
betroffen sind.

- UNO-Reformen: Die UNO kann den aktuellen Herausforderungen nur dann erfolgreich begegnen,
wenn sie effizient und wirksam ist. Die Schweiz unterstützt darum weiterhin die Reformen des UNO-
Generalsekretärs und deren Umsetzung. Der Fokus liegt dabei vor allem bei den Aktivitäten im Feld.

- Cybersicherheit und digitale Gouvernanz: Die Entwicklungen in diesem Bereich bieten für Mensch und
Gesellschaft Chancen und Risiken zugleich. Die UNO ist eine geeignete Plattform für die nötigen
zwischenstaatlichen Diskussionen. Die Schweiz beteiligt sich deshalb an den UNO-Prozessen zu
Cybersicherheit und -kriminalität und zur digitalen Gouvernanz. Dabei setzt sie sich für die
Anwendbarkeit des Völkerrechts im digitalen Raum ein.

- Internationales Genf: Die Schweiz ist Gaststaat für viele internationale Organisationen. Diese Rolle soll
im Rahmen der 2019 verabschiedeten Botschaft gestärkt werden, um das «internationale Genf» als
Kompetenzzentrum der globalen Gouvernanz für Zukunftsthemen zu positionieren.

In ihren langjährigen Aktivitätsfeldern bleibt die Schweiz weiterhin tätig. So setzt sie sich im Bereich
Frieden und Sicherheit für Konfliktprävention ein und nimmt diesbezüglich an verschiedenen Prozessen
teil. Darunter fällt u.a. die Sondersession der UNO-Generalversammlung zu Korruption. Im Bereich
nachhaltige Entwicklung bleiben der Einsatz für den Kampf gegen den Klimawandel und die Umsetzung
der Agenda 2030 zentral. Hier ist auch das Erfassen verlässlicher Daten wichtig, um die Fortschritte bei
der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele messen zu können. Darum organisiert die Schweiz
das nächste UNO-Weltdatenforum in Bern, das wegen der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben
werden musste. Im Bereich Menschenrechte liegt der diesjährige Fokus auf der Meinungsäusserungs-,
Versammlungs-, und Vereinigungsfreiheit, dem Kampf gegen die Todesstrafe sowie den Frauenrechten.

Die Aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments wurden zu den Prioritäten konsultiert.

Eröffnungswoche unter besonderen Umständen
Normalerweise reisen während der hochrangigen Eröffnung der UNO-Generalversammlung zahlreiche
Staats- und Regierungschefs nach New York. Sie nutzen die Gelegenheit, sich neben den offiziellen
Anlässen auch bilateral auszutauschen. Letztes Jahr haben fast 150 Staats- und Regierungschefs
teilgenommen. In Zeiten von Corona sind grosse Veranstaltungen und weltweite Reisen jedoch nur
beschränkt möglich. Die UNO-Mitgliedsstaaten haben deshalb beschlossen, die Eröffnungswoche
weitgehend virtuell durchzuführen und dafür ihre Dauer von einer auf zwei Wochen auszudehnen (21.
September bis 2. Oktober 2020). Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Bundesrat Ignazio Cassis
werden die Schweiz virtuell an der hochrangigen Woche vertreten.

Am 21. September ist ein Gedenkanlass zum 75-Jahr-Jubiläum der UNO vorgesehen, an dem Bundesrat
Ignazio Cassis teilnimmt. Ab 22. September findet die Generaldebatte statt, an der Bundespräsidentin
Simonetta Sommaruga die Ansprache im Namen der Schweiz hält. Die Bundespräsidentin wird im
Rahmen der beiden Eröffnungswochen zudem an Veranstaltungen zu Biodiversität, digitaler
Kooperation und Frauenrechten teilnehmen.

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Der Bundesrat

Prioritäten der Schweiz für die 75. Tagung der
UNO-Generalversammlung

Bericht  des     Bundesrats  zuhanden     der
Aussenpolitischen Kommissionen

vom 24. Juni 2020
Prioritäten der Schweiz für die 75. Tagung der UNO-Generalversammlung

Die Schweiz gibt sich basierend auf der Aussenpolitischen Strategie 2020 – 2023 und ihren
vier thematischen Schwerpunkten (Frieden und Sicherheit, Nachhaltigkeit, Wohlstand und
Digitalisierung) und in Weiterverfolgung ihrer Kandidatur für einen Einsitz im Sicherheitsrat
2023-2024 folgende vier Prioritäten.
1. Bewältigung der Folgen von COVID-19
COVID-19 wird bedeutende Auswirkungen auf die Welt haben. Die UNO sowie ihre
Sonderorganisationen und Programme werden die Lehren aus der Pandemie ziehen und darauf
reagieren müssen. Die Schweiz wird sich dafür einsetzen, dass die UNO diese Analysen
gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse vornimmt und dass daraus konkrete Massnahmen
abgeleitet werden. Dabei müssen die von der Pandemie und deren Folgen besonders stark
betroffenen Menschen bei der Folgebewältigung im Zentrum stehen.
2. Reformen der UNO
Nach 75 Jahren muss das UNO-System den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts weiter
angepasst werden. Darum unterstützt die Schweiz die Reformen des Generalsekretärs in den
Bereichen «Frieden und Sicherheit» sowie «zeitgemässe Managementkultur» und achtet auf
die Umsetzung der Reform des UNO-Entwicklungssystems. Hier werden insbesondere die
Stärkung des Resident Coordinator Systems1 - inklusive dessen nachhaltige Finanzierung -
sowie die Umsetzung der neuen UNO-Länderstrategien und die Reformen auf regionaler Ebene
im Fokus stehen. Die Schweiz wird auch die Verhandlungen zur vierjährlichen Überprüfung der
operativen Aktivitäten des UNO-Systems leiten. Letztere sind das wichtigste Instrument der
Mitgliedstaaten, um dem UNO-Entwicklungssystem politische Leitlinien vorzugeben. Die
Schweiz unterstützt die Verbesserung der Arbeitsmethoden des Sicherheitsrates, der UNO-
Entwicklungsentitäten, des Menschenrechtsrats sowie der UNO-Vertragsorgane und engagiert
sich bei der Statusüberprüfung des Menschenrechtsrats im 2021. Sie steht zudem für
Nulltoleranz gegenüber Belästigung, sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch in UNO-
Feldeinsätzen sowie am Arbeitsplatz ein.
3. Cybersicherheit und digitale Gouvernanz
Viele der Herausforderungen in Bezug auf digitale Gouvernanz sind globaler Natur. Deshalb
eignet sich die UNO als Diskussionsplattform zur Nutzung der Chancen und zur Minderung der
damit verbundenen Risiken. Die Schweiz setzt sich für einen freien, offenen und sicheren
digitalen Raum sowie für die Anwendung des Völkerrechts und die Klärung von dessen
Bedeutung im virtuellen Raum ein. Sie bringt diese Anliegen in die UNO-Prozesse zu
Cybersicherheit und –kriminalität und zur digitalen Gouvernanz ein und trägt somit auch aktiv
zur Umsetzung der Empfehlungen des vom UNO-Generalsekretär eingesetzten hochrangigen
Panels zu digitaler Kooperation bei. Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht müssen
auch im Internet respektiert werden; der Umgang mit humanitären Personendaten muss die
Privatsphäre der Betroffenen schützen.
4. Das Internationale Genf
Gestützt auf die Strategie des Bundesrates zur Stärkung des Gaststaats Schweiz wird das
internationale Genf als Ort positioniert, wo neue Themen diskutiert werden, die die Welt in den
nächsten Jahrzehnten beschäftigen werden. Dazu gehören neben den Themen
Friedensförderung und Menschenrechte auch die Herausforderungen der Cybersicherheit,
der digitalen Gouvernanz, der künstlichen Intelligenz, der Genetik und aller neuen
Technologien, die die Gesellschaft des 21. Jahrhundert verändern werden. So wird Genf
noch stärker als Kompetenzzentrum für die globale Gouvernanz in Zukunftsthemen positioniert
werden.

1Der/Die Resident Coordinator (RC) ist neu höchster UNO-Vertreter/in im Land, was ihm/ihr die nötige Legitimität
gegenüber den staatlichen Behörden verleiht und koordiniert alle im Land tätigen UNO-Organisationen.
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Weiterführende Tätigkeiten:

Neben den spezifischen Prioritäten, die in allen thematischen Bereichen zur Anwendung
kommen, ist die Schweiz weiterhin in ihren langjährigen Aktivitätsfeldern tätig. Diese
unterstreichen die Stabilität und Breite des Schweizer Einsatzes und reflektieren gleichzeitig die
drei UNO Pfeiler: Frieden und Sicherheit, Nachhaltigkeit und Menschenrechte.
1. Frieden und Sicherheit
Die Stärkung der Konfliktprävention, u.a. mittels systematischer Verankerung der
Menschenrechte in sicherheitspolitischen Debatten, sowie der Einsatz für «Frauen, Frieden und
Sicherheit» werden auch im 20. Jubiläumsjahr der entsprechenden Sicherheitsratsresolution
1325 fortgeführt. Gleiches gilt für die Förderung des modernen Verständnisses der
Aufrechterhaltung des Friedens («Sustaining Peace»), so z.B. im Rahmen der Überprüfung der
Friedenskonsolidierungsaktivitäten. Die Schweiz wird sich als Vorsitzende der Burundi-
Konfiguration der UNO- Friedenskonsolidierungskommission – und als Kandidatin 2021 für
einen Sitz in deren Organisationsausschuss – dafür einsetzen, gewaltsame politische Krisen zu
verhindern. Ein wichtiges Anliegen bleibt auch die Kandidatur der Schweiz für den UNO-
Sicherheitsrat 2023-24. Im Rahmen der 7. Überprüfung der Globalen Strategie zur Bekämpfung
des Terrorismus, wird sich die Schweiz der Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der
Menschenrechte sowie der Ursachenbekämpfung widmen. Ferner wird sie sich im Rahmen der
GV-Sondersitzung zu Korruption besonders für präventive Massnahmen (u.a.
Gewaltentrennung,      Medienfreiheit),  rechtsstaatliche  Verfahren      und   internationale
Zusammenarbeit in der Korruptionsbekämpfung einsetzen. Rüstungskontrolle und Abrüstung
bleiben zentrale Themen in diesem 50. Jubiläumsjahr des NPT-Vertrags. Im humanitären
Bereich stehen der Schutz der Zivilbevölkerung, der Zugang von humanitären Akteuren zu
Notleidenden sowie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts im Fokus.
2. Nachhaltige Entwicklung
Der Klimawandel und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bleiben zentrale Themen.
Mit dem Beginn des letzten Jahrzehnts zur Erfüllung der Ziele der Agenda 2030 («decade of
action») gewinnt die nachhaltige Entwicklung in der UNO weiter an Gewicht. Um die Umsetzung
der einzelnen Ziele messen zu können, ist die Verfügbarkeit von verlässlichen Daten
unabdingbar. Aus diesem Grund plant die Schweiz in Bern das nächste UNO-Weltdatenforum
zu organisieren. Im Zuge des Klimawandels, dem Verlusts der Biodiversität, der knapper
werdenden Ressourcen sowie der Krisenfestigkeit («Resilienz») ist auch die Transformation hin
zu nachhaltigen Ernährungssystemen und verbesserter Ernährungssicherheit von grosser
Bedeutung. Die Schweiz wird sich im Rahmen des Gipfels für Ernährungssysteme im Jahr 2021
und der Umsetzung des Ziels 12 der Agenda 2030 (Verantwortungsvoller Konsum und
Produktion) dafür einsetzen. Zudem strebt die Schweiz ambitionierte Ergebnisse in der
internationalen Umweltpolitik an und wird sich u.a. in den Bereichen Chemikalien, Abfall und
Klima einbringen. Sie wird am Biodiversitätsgipfel im September 2020 in New York teilnehmen.
3. Menschenrechte
Die Meinungsäusserungs-, die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit sind unentbehrliche
Grundrechte, die auch im Rahmen von friedlichen Protesten geschützt werden müssen.
Ebenfalls bleibt das Thema Frauenrechte und Gewalt gegen Frauen aktuell. Im Einsatz für die
Abschaffung der Todesstrafe wird die Schweiz gemeinsam mit Mexiko die Federführung der
GV-Resolution für ein Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe übernehmen. Die Schweiz
wird sich zudem in den relevanten Foren zum Thema «Umwelt und Menschenrechte»
einbringen, um die Wechselwirkung zwischen diesen zwei Themen sowie die daraus
resultierenden politischen Auswirkungen weiter zu vertiefen.
Weitere Menschenrechtsthemen bleiben ebenfalls auf der Agenda der Schweiz: das
Folterverbot, die Bekämpfung der Straflosigkeit, die Vergangenheitsbewältigung und der Schutz
von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern.

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Der Bundesrat

Bericht über die Umsetzung der Prioritäten der
Schweiz für die 74. Tagung der UNO-
Generalversammlung

Bericht  des     Bundesrats   zuhanden     der
Aussenpolitischen Kommissionen

vom 24. Juni 2020
Eine Generalversammlung im Zeichen anhaltender Polarisierung und COVID-19
Die 74. UNO-Generalversammlung (GV) dauerte vom 17. September 2019 bis zum
14. September 2020 und stand unter der Leitung von Tijjani Muhammad-Bande aus
Nigeria. Unter dem Leitsatz “Action for People and Planet” begann sie mit fünf
ministeriellen Gipfeltreffen (zu Klimawandel, universeller Gesundheitsversorgung,
nachhaltiger Entwicklung, Entwicklungsfinanzierung sowie zu kleinen Insel-
Entwicklungsstaaten), an denen über 150 Staats- und Regierungschefs teilnahmen.
Die 74. GV war durch eine anhaltende Polarisierung sowie die COVID-19-Pandemie
geprägt. Die Spannungen unter den Grossmächten hielten an, einerseits zwischen China
und den USA, andererseits zwischen den USA und Russland. Besonders umstrittene
Themen blieben Handel, Klima, Migration, Rolle der Zivilgesellschaft sowie Frauenrechte.
Die zweite Hälfte der GV-Periode wurde durch die COVID-19-Pandemie und ihre Folgen
dominiert; eine Krise, die nicht nur die Reaktionsfähigkeit der Nationalstaaten, sondern
auch der UNO testete.
Das Schweizer Engagement beruhte auf der aussenpolitischen Strategie 2016-19 sowie
den vom Bundesrat in Konsultation mit den APKs definierten Prioritäten für die 74. GV.
Es orientierte sich ausserdem weiterhin an den vom Bundesrat definierten zwei
strategischen Hauptachsen für die Dekade 2012–22: Frieden und Sicherheit sowie
Reform der UNO.
Die Tätigkeiten der Schweiz haben zu ihrem positiven Profil als konstruktive
Brückenbauerin beigetragen. Dieses bildet eine wichtige Grundlage für die Schweizer
Kandidatur für einen nichtständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat 2023/24. Nach der Wahl
der direkten Vorgänger in der westeuropäischen Stimmengruppe im Juni 2020 ist diese
Kandidatur in die eigentliche Schlussphase eingetreten.

Menschenrechte
Im Bereich Meinungsäusserungsfreiheit engagierte sich die Schweiz zur GV-Resolution
über die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten. Diese fordert bessere
Sicherheitsmassnahmen und die Bekämpfung der Straflosigkeit. In seiner
Eröffnungsrede vom 24. Februar 2020 würdigte Bundesrat Ignazio Cassis die
Unterzeichnung der UNO-Charta vor 75 Jahren. Er appellierte an die Verantwortung
eines jeden Einzelnen die Menschenrechte und die Menschenwürde, als unabdingbare
Werte zur Sicherung von Frieden und Demokratie zu kennen, zu erklären und zu fördern.
In den Bereichen Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit legte die Schweiz zusammen
mit Costa Rica im Juni 2020 dem Menschenrechtsrat (MRR) erneut eine Resolution zur
Förderung und zum Schutz der Menschenrechte im Kontext friedlicher Proteste vor.
Diese folgte auf eine im März 2020 ebenfalls von der Schweiz und Costa Rica
koordinierte, gemeinsame Erklärung im MRR, die von 53 Staaten getragen wurde.
Die Schweiz machte sich auch prioritär für Frauenrechte stark. Sie beteiligte sich an den
Anlässen zum 25-jährigen Jubiläum der vierten Weltkonferenz der Frauen. Diese bildet
mit der «Beijing Declaration and Platform for Action» eine der wichtigsten Grundlagen der
Frauenrechte. So stellte die Schweiz am regionalen, von Staatssekretärin Baeriswyl co-
präsidierten, Überprüfungsprozess zu den Fortschritten bei der Umsetzung der Erklärung
im Oktober 2019 in Genf ihren Staatenbericht vor. Im Februar 2020 schloss sich die
Schweiz im MRR einer gemeinsamen Erklärung an, welche die Wichtigkeit der
Anerkennung von sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten für die
Verwirklichung der Frauenrechte bekräftigte. Im März 2020 beteiligte sich die Schweiz an
der – aufgrund des Coronavirus stark verkürzten – 64. Session der Kommission für die
Rechtsstellung der Frau (CSW). Die Schweiz brachte sich als Brückenbauerin ein und
trug damit zur Verabschiedung einer substantiellen politischen Erklärung bei.
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Reform der UNO
Um rascher reagieren zu können, wurde als Folge der Managementreform zum ersten
Mal ein einjähriges statt wie bisher zweijähriges Budget der UNO verabschiedet.
Die ersten Schritte der Reorganisation der UNO im Feld via die Reform des
Entwicklungssystems ist mit der Stärkung der residierenden KoordinatorInnen (RC)
erfolgt. Die Handlungsfähigkeit des neuen Modells wurde im COVID-19-Kontext erstmals
in einer Krisensituation getestet.
Im Rahmen der «Addis Abeba Action Agenda» (AAAA) zur Finanzierung der Agenda
2030 setzt sich die Schweiz seit Jahren für das Thema «Engagement mit dem
Privatsektor» ein. Schwerpunkte bilden dabei u.a. «Impact Investment» 1 sowie «Blended
Finance» 2. Daneben setzte die Schweiz ihre enge Zusammenarbeit mit dem «UN Global
Compact» fort, der für Partnerschaften mit dem Privatsektor zuständigen UNO-Initiative.

Science and Diplomacy
Die Schweiz beteiligte sich an den beiden UNO-Prozessen zur Sicherheit und Stabilität
im Cyberraum: an der Gruppe von Regierungsexperten für Informationssicherheit (Group
of Governmental Experts 3) und an der vom Ständigen Vertreter der Schweiz bei der UNO
in New York präsidierten offenen Arbeitsgruppe (Open Endend Working Group). Die
Schweiz vertrat die Position, dass das bestehende Völkerrecht, einschliesslich des
humanitären Völkerrechts (HVR), auch im digitalen Raum anwendbar sein soll. Die
Schweiz trägt zu den Folgearbeiten des hochrangigen UNO-Panels zu digitaler
Kooperation bei, an dessen Schaffung sie massgeblich beteiligt war. Die 74. GV
verabschiedete eine Resolution, die einen Ausschuss mandatiert, die Grundlagen für ein
neues, internationales Instrument zur Bekämpfung der Cyberkriminalität zu schaffen. Die
Schweiz stimmte gegen die Resolution, da eine solche Konvention auf Europaratsebene
schon existiert und ein neues Instrument insbesondere das Risiko von Einschränkungen
der Menschenrechte mit sich bringt.
In Wien präsidiert die Schweiz für die Periode 2020 – 2021 den wissenschaftlich-
technischen Unterausschuss des UNO-Komitees für die friedliche Nutzung des
Weltraums (COPUOS), in dem sich die Schweiz insbesondere für die Sicherheit und die
langfristige Nachhaltigkeit von Raumfahrtaktivitäten einsetzt.
Die Stiftung «Geneva Science and Diplomacy Anticipator» (GESDA) mit Sitz in Genf
begann ihre operationelle Tätigkeit am 1. Januar 2020. Dies stellt einen weiteren Schritt
in Richtung Kompetenzzentrum für globale Gouvernanz in Zukunftsthemen dar.

Weitere Tätigkeiten der Schweiz
Frieden und Sicherheit
Zur Stärkung der Konfliktprävention und des nachhaltigen Friedens (Sustaining Peace)
setzte sich die Schweiz für eine engere Zusammenarbeit zwischen den drei UNO-Pfeilern
(Frieden und Sicherheit / nachhaltige Entwicklung / Menschenrechte) ein. So richtete sie
zu diesem Thema im Februar 2020 in Genf ein Vorbereitungstreffen für die Überprüfung
der UNO-Friedenskonsolidierungsaktivitäten aus. Im MRR setzte sich die Schweiz für die
Stärkung des Beitrags des MRR zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen ein.

1 «Impact-Investements» sind Investitionen mit dem Ziel, neben einer finanziellen Rendite auch positive soziale und
ökologische Auswirkungen zu erzielen.
2 «Blended Finance» ist die strategische Nutzung öffentlicher und philanthropischer Entwicklungsgelder zur

Mobilisierung zusätzlicher Finanzmittel aus dem Privatsektor.
3 Die Arbeiten der GGE dauern noch bis Frühling 2021 an.

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Die Schweiz sass weiterhin der Burundi Konfiguration der UNO-Kommission für
Friedenskonsolidierung vor.
Die Schweiz unterstützte zudem die Umsetzung der 2018 in Genf lancierten
Abrüstungsagenda des UNO-Generalsekretärs. Sie setzte sich auch für sicheres und
gesichertes Management von konventioneller Munition ein und war mit einer Expertin in
der relevanten UNO-Regierungsexpertengruppe vertreten.
Die Schweiz richtete zusammen mit der UNO und der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine regionale Konferenz aus, um gemeinsame
Ansätze im Umgang mit rückkehrenden ausländischen terroristischen Kämpfern zu
diskutieren. Die Schweiz organisierte einen Anlass zum 10-Jahres Jubiläum der
Ombudsperson, die eine wichtige Funktion zum Schutz der Menschenrechte und
Verfahrensgarantien bei UNO-Antiterrorsanktionen hat.
Humanitäre Hilfe
In der 74. GV setzte sich die Schweiz für das HVR, insbesondere den Schutz der
Zivilbevölkerung, und für den Zugang von humanitären Akteuren zu Notleidenden ein.
Bundespräsident Ueli Maurer und der Präsident des IKRK traten als Hauptredner an
einem Anlass zum 70. Jubiläum der Genfer Konvention auf. Diesen organisierte die
Schweiz zusammen mit dem IKRK, China und Südafrika. In einer GV-Resolution ist es
ihr gelungen, die Verbindung zwischen humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit
und Friedensförderung zu verankern («triple nexus»). Damit wird anerkannt, dass
dauerhafte Lösungen einer engen Kooperation zwischen verschiedenen Instrumenten
und Akteuren bedürfen. Das vom UNO-Generalsekretär im Januar 2020 einberufene
hochrangige Panel zur Binnenvertreibung soll konkrete Empfehlungen zuhanden der
Staatengemeinschaft erarbeiten. Es wird dabei vom Schweizer Professor Walter Kälin
beraten. Als Co-Gastgeberin des Globalen Flüchtlingsforums im Dezember 2019 in Genf,
das Bundesrat Ignazio Cassis gemeinsam mit UNO-Generalsekretär António Guterres
und UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi eröffnete, trug die Schweiz zur
Umsetzung des Globalen Flüchtlingspaktes bei.
Nachhaltige Entwicklung
Die Schweiz setzte ihr Engagement für die Umsetzung der Agenda 2030 in
verschiedenen Fora fort. Sie nahm an allen entwicklungsrelevanten Gipfeltreffen im
September in New York teil (SDG Gipfel, Klimagipfel, hochrangiger Dialog über
Entwicklungsfinanzierung       und     hochrangiges     Treffen      zur     universellen
Gesundheitsversorgung). Am Klimagipfel kündigte Bundespräsident Ueli Maurer das
neue Netto-Null Klimaziel an, das die Schweiz bis 2050 erreichen will. Im Hinblick auf das
hochrangige UNO-Gipfeltreffen zur Förderung nachhaltiger Ernährungssysteme im Jahr
2021 hat die Schweiz das Thema bereits in dieser GV priorisiert. Die Schweiz hat sich
auch in Umweltfragen engagiert, insbesondere in Bezug auf die Biodiversität und den
Naturschutz. Die ursprüngliche Idee eines globalen Umweltpakts wurde auf multilateraler
Ebene nicht weiterverfolgt.
Internationales Genf
Fast gleichzeitig zur Eröffnung der 74. Tagung der UNO-GV in New York fand in
September 2019 in Genf einen Anlass zum 100-jährigen Jubiläum des Multilateralismus
statt. Dabei wurde ein Buch mit den wichtigsten diplomatischen Dokumenten der Schweiz
zur Gründung des Völkerbundes präsentiert und von Bundesrat Ignazio Cassis, den
Genfer Regierungspräsidenten und Stadtpräsidenten, Antonio Hodgers bzw. Sami
Kanaan, eine gemeinsame Erklärung zur Bedeutung des internationalen Genf und
dessen Rolle als Forum für Zukunftsthemen unterschrieben. Ebenfalls im September
wurde die Botschaft zu den Massnahmen zur Stärkung der Rolle der Schweiz als
Gaststaat 2020–2023 vom Parlament verabschiedet, die es der Schweizer erlaubt, ihre
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Rolle als Gaststaat noch besser wahrzunehmen. In Genf befinden sich 38 internationale
Organisationen,      179     ständige     Vertretungen     von     Staaten,      750
Nichtregierungsorganisationen, zivilgesellschaftliche Akteure sowie Akteure aus
Wissenschaft und Privatwirtschaft. Die Botschaft stärkt Genf auch als Hub für neue
Technologien, wie z.B. betreffend Internet-Gouvernanz. Ein wichtiger Aspekt dieses
Kapitels sind die Renovationen der Gebäude für die Internationalen Organisationen in
Genf. Im Februar 2020 besuchte Bundesrat Ignazio Cassis die Baustelle des «Strategic
Heritage Plan», das Renovations- und Neubauprojekt des Palais des Nations.
Weitere Menschenrechtsthemen
Als Sitzstaat des MRR und der zehn Vertragsorgane, welche die Umsetzung der UNO-
Menschenrechtsverträge überwachen, machte sich die Schweiz weiterhin für praktische
Verbesserungen der Arbeitsmethoden dieser beiden Gremien stark. Für die Stärkung der
Effizienz der Vertragsorgane übernahm sie die Leitung des Überprüfungsprozesses.
Auch setzte sie sich für die GV-Resolution zum Folterverbot ein, die u.a. die universelle
Ratifikation des Übereinkommens gegen Folter fordert. Im Bereich der Kinderrechte
beteiligte sich die Schweiz im November 2019 an Aktivitäten rund um das 30-jährige
Jubiläum der Kinderrechtskonvention. Obwohl das Thema «Menschenrechts-
verteidigerInnen» in dieser GV-Session kontrovers diskutiert wurde, konnte u.a. dank der
Schweiz eine GV-Resolution im Konsens verabschiedet werden.
Weitere Reformen
Die bessere Einbindung des Büros zur Unterstützung der Friedenskonsolidierung in den
beiden für Friedenseinsätze zuständigen Departementen stärkt die Konfliktprävention als
zentrales Element der Reform im Bereich «Frieden und Sicherheit». Fortgeführt wurde
auch das Engagement betreffend Reform der Arbeitsmethoden des UNO-Sicherheitsrats.
Die Schweiz beteiligte sich an den ersten Schritten zu den Überprüfungen des
Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) sowie des hochrangigen politischen Forums.
Ferner setzte sich die Schweiz für eine bessere Ahndung von sexueller Belästigung ein.
Engagement der Schweiz zur Bewältigung von COVID-19
Die COVID-19 Krise beschränkte die Möglichkeit der UNO physische Treffen
durchzuführen. Die Schweiz setzte sich seit Beginn der Krise für die Handlungsfähigkeit
der UNO und die hierfür notwendige Anpassung der Arbeitsmethoden ein. Zusammen
mit fünf anderen Staaten legte sie die erste UNO-GV Resolution zu COVID-19 vor, die
ein wichtiges Zeichen der internationalen Solidarität und Kooperation aussandte. Zudem
unterstützte die Schweiz sehr früh den Appell des Generalsekretärs für einen globalen
Waffenstillstand. Die Schweiz schloss sich ausserdem weiteren Resolutionen und
verschiedenen Appellen an, darunter zu den Auswirkungen von COVID-19 auf Frauen,
auf Kinder, auf älteren Menschen, auf Menschen mit Behinderungen und auf die
weltweite Versorgungskette. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sprach an einem
hochrangigen Anlass zur Entwicklungsfinanzierung im COVID-19-Kontext im Mai 2020.
Als Sitzstaat hat sich die Schweiz aktiv daran beteiligt, die ständigen Missionen und
internationalen Organisationen über die Entwicklung der Gesundheitssituation und die
Beschlüsse des Bundesrates auf dem Laufenden zu halten.
Fazit
Es ist der Schweiz in der 74. GV gelungen ihre Prioritäten einzubringen. Dies war
angesichts der herausfordernden weltpolitischen Lage nicht selbstverständlich. Die
Schweiz wird dank ihrer konstanten und völkerrechtlich abgestützten Positionen als
verlässliche Akteurin geschätzt. Dadurch kann unser Land weiterhin die Rolle als
Brückenbauerin einnehmen und im zunehmend polarisierten Umfeld einen Beitrag
leisten, um mit pragmatischen Kompromissvorschlägen Verhandlungen voran zu
bringen. In der zweiten Hälfte der 74. GV tangierten die im Zusammenhang mit dem
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Coronavirus stehenden Massnahmen die Arbeiten der UNO: Etliche Verhandlungen und
Treffen wurden verschoben, abgesagt oder gekürzt. Dennoch gelang es der UNO
Entscheide zu verabschieden und selbst hochrangige Treffen virtuell durchzuführen.
Damit zeigte die Organisation auch in der von nationalen Massnahmen geprägten Krise
ihre Relevanz als globales Forum für die Bewältigung transnationaler
Herausforderungen.

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