DIE ANSPRÜCHE DER REISENDEN AUS DER FLUGGASTRECHTE-VERORDNUNG - JKU ePUB

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Eingereicht von
                                                           Valentina Gaffal

                                                           Angefertigt am
                                                           Institut für Europarecht

                                                           Beurteiler
                                                           Univ.-Prof. Dr. Franz

DIE ANSPRÜCHE DER                                          Leidenmühler

REISENDEN AUS DER
                                                           Februar 2021

FLUGGASTRECHTE-
VERORDNUNG
Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlamentes
und des Rates vom 11. Februar 2004

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Rechtswissenschaften
im Diplomstudium

Rechtswissenschaften

                                                           JOHANNES KEPLER
                                                           UNIVERSITÄT LINZ
                                                           Altenberger Straße 69
                                                           4040 Linz, Österreich
                                                           jku.at
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die
wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Linz, am 26. Februar 2021

Unterschrift

                                                                                                  2
Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG .............................................................................................. 4

I. VERORDNUNG (EG) NR 261/2004 DES EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS UND DES RATES VOM 11. FEBRUAR 2004 ....................... 4

A.     Anwendungsbereich ........................................................................................................................... 4
     1. Begriffsbestimmungen....................................................................................................................... 5
       a) „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ ........................................................................................... 5
          (1)    Praxisrelevante Fallkonstellationen ....................................................................................... 6
       b) „Flug“ ............................................................................................................................................. 9
       c) „Fluggast“ .................................................................................................................................... 12
       d) „Flugschein“ und „Buchung“ ........................................................................................................ 13
       e) „Pauschalreise“ und „Reiseveranstalter“ ..................................................................................... 14
       f)    „Endziel“ und „direkter Anschlussflug“......................................................................................... 14

B.        Informationsverpflichtung des ausführenden Luftfahrtunternehmens ....................................... 15

C.     Beförderungshindernisse ................................................................................................................ 16
     1.  Nichtbeförderung ............................................................................................................................. 17
       a) Vertretbare Gründe einer Nichtbeförderung ................................................................................ 18
       b) Rechtsfolgen der Nichtbeförderung............................................................................................. 19
     2. Annullierung eines Fluges ............................................................................................................... 19
       a) Befreiungsgründe bei Annullierungen ......................................................................................... 20
         (1)    Fallbeispiele von Befreiungsgründen aus der Judikatur...................................................... 21
         (2)    Fallbeispiele keiner Befreiungsgründe aus der Judikatur.................................................... 23
       b) Rechtsfolgen bei Annullierungen................................................................................................. 24
     3. Verspätung eines Fluges................................................................................................................. 24
       a) Verspätung beim Abflug .............................................................................................................. 25
       b) Verspätung bei der Ankunft ......................................................................................................... 26
       c) Rechtsfolgen bei Verspätungen .................................................................................................. 26

D.     Entschädigungen .............................................................................................................................. 27
     1. Ausgleichsanspruch ........................................................................................................................ 27
     2. Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung ............................................................... 29
     3. Anspruch auf Betreuungsleistungen ............................................................................................... 30
     4. Upgrade und Downgrade ................................................................................................................ 32

E.        Schadenersatz ................................................................................................................................... 33

F.        Regressansprüche ............................................................................................................................ 34

G.        Verstöße ............................................................................................................................................. 35

II. FAZIT ................................................................................................. 36

LITERATURVERZEICHNIS ...................................................................... 37
                                                                                                                                                                 3
Einleitung

Die Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11.
Februar 2004, welche am 17.2.2005 in Kraft getreten ist, stellt eine gemeinsame Regelung für
Ausgleichszahlungen und Unterstützungsleisten für Fluggäste dar, die von einer Verspätung,
Annullierung oder Nichtbeförderung betroffen sind.1 Die VO soll die Rechte von Fluggästen im
europäischen und teilweise auch internationalen Luftverkehr verbessern und hat mit ihrem in Kraft
treten die vorhergehende Überbuchungs-Verordnung abgelöst.2 Die zentralen Ziele der VO stellen
der Verbraucherschutz und eine schnelle Hilfe vor Ort dar,3 wobei auch die Interessen der
Luftfahrtunternehmen in den Entlastungsgründen berücksichtigt wurden. Mit dem Schutz der
Fluggäste sollen auch die Flugunternehmen gestärkt werden, welche ihre Geschäftstätigkeit in
einem liberalisierten Markt unter harmonisierten Bedingungen ausüben können. Dies soll letztlich
einem fairen Wettbewerb dienen.4 Ein Einschränken oder Ausschließen der Passagierrechte nach
der VO hat der europäische Gesetzgeber verboten um ein umfassendes Schutzniveau zu
gewährleisten. Nachdem die VO kein allumfassendes Regelwerk darstellt und somit bloß die
Mindestrechte festlegt,5 bedarf es bei einigen Begriffen der Auslegung sowie bei speziellen
Fallkonstellationen der genaueren Betrachtung.

I. Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des
   Rates vom 11. Februar 2004

A. Anwendungsbereich

Eine Verordnung stellt als Rechtsakt der Union Sekundärrecht dar, welches auf Basis des
völkervertragsrechtlichen Primärrechts erlassen wurde. Sie entfaltet unmittelbare Geltung und
Anwendbarkeit in der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und bedarf
keiner innerstaatlichen Transformation. Mitgliedstaaten einerseits, sowie natürliche und juristische
Personen andererseits, können durch Verordnungen berechtigt und verpflichtet werden. Im
Kollisionsfall mit mitgliedstaatlichem Recht herrscht Anwendungsvorrang des Unionsrechts.6
Somit ist auch die FluggastrechteVO in jedem Mitgliedstaat unmittelbar geltendes Recht.7

Der sachliche Anwendungsbereich der VO wird in Art 3 Abs 1 festgelegt, wonach Fluggäste gem
lit a erfasst sind, die im Gebiet eines Mitgliedstaats einen Flug antreten.8 Ausschlaggebend ist
dabei nicht, ob das Luftfahrtunternehmen seinen Sitz in der EU hat sondern nur, dass der Fluggast
im Gebiet der Gemeinschaft seinen Flug antritt.9 Außerdem fallen in den Anwendungsbereich
Fluggäste, die außerhalb der EU einen Flug antreten, dieser aber im Gebiet eines Mitgliedstaats

1
  Vgl VO (EU) 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame
  Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei
  Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr 295/91, ABl L
  2004/46, 1.
2
  Vgl Maruhn in Schmid, BeckOK Fluggastrechte-VO (2018) Art 1 Rz 1.
3
  Vgl Leitl, Die VO (EG) Nr 261/2004, RZ 2012, 170.
4
  Vgl Maruhn in Fluggastrechte Art 1 Rz 6.1.
5
  Vgl Maruhn in Fluggastrechte Art 1 Rz 7-8.
6
  Vgl Leidenmühler, Europarecht. Die Rechtsordnung der Europäischen Union4, 48 ff.
7
  Vgl Maruhn in Fluggastrechte Art 1 Rz 4.
8
  Vgl Art 3 FluggastrechteVO 261/2004, ABl L 2004/46, 1.
9
  Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 3 Rz 1.
                                                                                                             4
endet und das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft
ist.10 Nicht erfasst sind laut Schmid (2018) Flüge, die von einem Non-EU-carrier durchgeführt
werden, außerhalb des Gemeinschaftsgebiets starten und im Gemeinschaftsgebiet enden sowie
Flüge zwischen Nicht-EU-Flughäfen.11 Fraglich kann die Anwendung auf Überseegebiete sowie
Hoheitsgebiete sein. Klarheit schafft hier Art 355 AEUV, wonach bspw die VO auf die
französischen Überseegebiete anwendbar ist, nicht jedoch auf die zum dänischen Hoheitsgebiet
gehörenden Färöerinseln.12

Ansprüche aus der VO stehen dem Fluggast gem Art 3 Abs 2 zu, wenn sie von einem gebuchten
Flug auf einen anderen Flug umgebucht wurden oder der Passagier über eine bestätigte Buchung
verfügt. Für den Fall der bestätigten Buchung ist es zudem notwendig, dass sich der Fluggast zur
vorgegebenen Zeit, oder spätestens 45 Minuten vor Abflug, zur Abfertigung am Flughaften
einfindet.13 Ausdrücklich ausgenommen vom Anwendungsbereich sind Flüge, die von keinem
Motorflugzeug mit festen Tragflächen durchgeführt werden14 sowie Fluggäste die kostenlos oder
zu einem reduzierten Preis befördert werden, welcher der Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder
mittelbar zur Verfügung steht, dies gilt jedoch nicht etwa für Werbeprogramme oder
Kundenbindungskampagnen.15 In keiner Konkurrenz stehen die Ansprüche aus der
FluggastrechteVO und der RL 90/314/EWG, diese bleiben gem Art 3 Abs 6 unberührt.16

1. Begriffsbestimmungen

Sofern Begriffe in der VO nicht legaldefiniert sind, ist bei der Auslegung darauf zu achten,   dass
sie den Zielen des Regelwerks nicht widerspricht. Eine Auslegung darf nicht                    dem
Diskriminierungsverbot    entgegenstehen,        muss      verhältnismäßig    sein    und      dem
                                    17
Gleichheitsgrundsatz entsprechen. Der EuGH hat ausgeführt, dass Begriffe nach                  dem
allgemeinen Auslegungsgrundsatz derart auszulegen sind, dass sie im Einklang mit               dem
Primärrecht stehen und ihre Gültigkeit nicht in Frage gestellt werden kann.18

a) „ausführendes Luftfahrtunternehmen“
In Art 2 der VO wird der Begriff des „Luftfahrtunternehmen“ definiert. Voraussetzung für das
Bestehen eines solchen ist eine gültige Betriebsgenehmigung. Ein „Luftfahrtunternehmen der
Gemeinschaft“ liegt vor, wenn die gültige Betriebsgenehmigung von einem Mitgliedstaat gem der
Verordnung (EWG) Nr 2407/92 des Rates vom 23.7.1992 über die Erteilung von
Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen erteilt wurde19, wobei diese VO nicht mehr in
Kraft ist, sondern einen Bestandteil der VO (EG) Nr 1008/2008 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 24.9.2008 bildet.20

10
   Vgl Art 3 Abs 1 lit b FluggastrechteVO 261/2004, ABl L 2004/46, 1.
11
   Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 3 Rz 1.
12
   Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 3 Rz 1a.
13
   Vgl Art 3 Abs 2 FluggastrechteVO 261/2004, ABl L 2004/46, 1.
14
   Vgl Art 3 Abs 4 FluggastrechteVO 261/2004, ABl L 2004/46, 1.
15
   Vgl Art 3 Abs 3 FluggastrechteVO 261/2004, ABl L 2004/46, 1.
16
   Vgl Art 3 Abs 6 FluggastrechteVO 261/2004, ABl L 2004/46, 1.
17
   Vgl Maruhn in Fluggastrechte Art 1 Rz 14.
18
   Vgl EuGH C-12/11, McDonagh, ECLI:EU:C:2013:43 Rz 44.
19
   Vgl Art 2 lit c FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
20
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 6.
                                                                                                  5
Der Begriff des „ausführenden Luftfahrtunternehmen“ wird in Art 2 lit b der VO legaldefiniert und
ist jenes, welches im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast in einer Vertragsbeziehung
steht und diesen befördert oder zu befördern beabsichtigt. Der Vertrag kann hierbei sowohl mit
einer natürlichen als auch juristischen Person geschlossen worden sein.21 Das Vertragsverhältnis
muss nicht auch zwingend zwischen dem Passagier und dem befördernden Luftfahrtunternehmen
bestehen, die Beförderung muss nur aufgrund eines Vertragsverhältnisses stattfinden.
Ausreichend ist auch ein Flugpauschalreisevertrag mit einem Reiseunternehmen.22 Wie sich die
Eigentumsverhältnisse an einem Fluggerät gestalten ist ohne Belang. Unerheblich ist ebenso, ob
der Flug etwa kurzfristig und überraschend von einem anderen Luftfahrtunternehmen
durchgeführt wird. Entscheidend für die Frage wer als ausführendes Luftfahrtunternehmen gilt ist
allein, wer die Verantwortung für die Flugabwicklung übernimmt und somit die
Beförderungsleistung tatsächlich erbringt. Die Übernahme der Flugsteuerung kann angenommen
werden, wenn ein Unternehmen die ihm zugeteilten Slots und Flugnummern für einen Flug nutzt,
das Bodenpersonal am Flughafen beauftragt und somit die offiziellen Rahmenbedingungen für
die Durchführung eines Fluges erfüllt.23 Jenes Luftfahrtunternehmen, das dem Kunden gegenüber
nach dem äußeren Auftreten als Beförderer auftritt, ist ausführendes Luftfahrtunternehmen.24

     (1) Praxisrelevante Fallkonstellationen
         In der Praxis können sich besondere Fallkonstellationen ergeben, welche die
         Beantwortung der Frage wer ausführendes Luftfahrtunternehmen ist, schwieriger
         gestalten. Die Darlegungs- und Beweislast darüber, wer ausführendes
         Luftfahrtunternehmen ist oder war, trägt der Kläger.25

      • Subcharter-Flug: Ein Subcharter-Flug liegt vor, wenn sich ein Luftfahrtunternehmen dazu
        entscheidet einen Flug nicht selbst durchzuführen, sondern ein anderes Unternehmen mit
        der Durchführung der Beförderung zu beauftragen.26 Der Subunternehmer ist in solchen
        Fällen in der Regel den operativen Weisungen des Auftraggebers unterstellt und nutzt
        dessen Slots sowie die ursprüngliche Flugnummer zur Durchführung des Fluges.27 Die
        Eigentumsverhältnisse am Fluggerät bleiben unberücksichtigt und bleibt daher auch die
        Rolle des ausführenden Flugunternehmen unberührt, weil dieses trotzdem den Flug gem
        Art 2 lit b „durchzuführen beabsichtigt“ hat.28 Wird der Flug kurzfristig durch ein anderes
        Unternehmen vorgenommen und mit einer eigenen Flugnummer und eigenem Slot
        durchgeführt, kann nach Meinung von Wahl eine Annullierung des geplanten Fluges
        angenommen werden.29 Relevanz für die Beurteilung wer ausführendes
        Luftfahrtunternehmen ist, hat daher lediglich, welches Unternehmen den Flug durchführt
        und einen Vertrag mit dem Fluggast abgeschlossen hat.30

21
   Vgl Max Foerster, Ausführendes Luftfahrtunternehmen gem Art 2 lit. b VO 261/2004 bei Einsatz eines
   Subunternehmers und bei Code-Sharing nach der Entscheidung EuGH, C-532/17 - Wirth, GPR 2020, 94.
22
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 24.
23
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 7.
24
   Vgl RIS-Justiz RWH0000045.
25
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 22.
26
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 9.
27
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 11.
28
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 9, 11.
29
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 10.
30
   Vgl Max Foerster, Ausführendes Luftfahrtunternehmen, 94.
                                                                                                        6
• Wet-lease: Eine Wet-Lease-Vereinbarung liegt vor, wenn ein Flugunternehmen die
       Anmietung eines Flugzeuges samt dessen Bordpersonal von einem anderen
       Flugunternehmen für die Durchführung eines Fluges vereinbart. Hier bucht der Fluggast
       zwar beim Luftfahrtunternehmen A seinen Flug, die tatsächliche Beförderung wird aber
       vom Luftfahrtunternehmen B durchgeführt.31

        Fraglich ist, bei welchem Unternehmen der Fluggast sodann im Falle einer Verspätung
        seine Ansprüche geltend machen kann. Dazu kann wie folgt ausgeführt werden:
        Im Falle einer solchen Vereinbarung kümmert sich das anmietende Flugunternehmen
        lediglich um die Einsatzplanung und den Verkauf der Sitzplätze und das vermietende
        Luftfahrtunternehmen stellt aufgrund eines ACMI-Vertrages das Flugzeug (Aircraft) samt
        Cockpit- und Kabinenpersonal (Crew) und übernimmt auch die Wartung (Maintenance)
        sowie Versicherung (Insurance).32 Hopperdietzel (2018) folgt hier der Ansicht des LG
        Korneuburg und führt aus, dass das vermietende Luftfahrtunternehmen dasjenige ist,
        welches den Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt.33

        Mit dem Fall eines wet-lease hat sich auch der EuGH in der Rs Wirth ua beschäftigt. Hier
        wollte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff des „ausführenden
        Luftfahrtunternehmens“ dahin auszulegen ist, dass das vermietende Luftfahrtunternehmen
        als ausführendes gilt.34 Zur Vorlagefrage hat der Gerichtshof ausgeführt, dass ein
        Flugunternehmen, welches ein Flugzeug samt Bordpersonal einem anderen
        Flugunternehmen zur Durchführung eines Fluges vermietet, nicht als das auszuführende
        anzusehen ist. Auch dann nicht, wenn es in der Buchungsbestätigung gegenüber den
        Fluggästen als solches bezeichnet wird.35 Es haftet demnach selbst als ausführendes
        Flugunternehmen jenes Unternehmen, bei dem die Buchung erfolgt ist, auch wenn
        Flugzeug und Besatzung eines anderen Luftfahrtunternehmens eingesetzt werden.36
        Begründet wird dies damit, dass es, wie bereits in Punkt 1.a) ausgeführt, keine Rolle spielt,
        wie sich die Eigentumsverhältnisse am Flugzeug darstellen und ob der Flug mit einem
        eigenen oder gemieteten Flugzeug durchgeführt wird.37 Hinzu kommt die Möglichkeit, dass
        das vermietende Flugunternehmen nicht in der Lage sein könnte, die nach der VO
        vorgesehenen Ausgleichsleistungen zu erbringen, etwa weil es keine Präsenz auf einem
        Flughafen besitzt.38 Daraus folgt, dass im Falle der Vermietung eines Flugzeuges mit und
        ohne Bordpersonal der Mieter das ausführende Luftfahrtunternehmen ist, da der Mieter
        die Flugroute festlegt und auch ein Angebot an Interessenten stellt. Der Vermieter stellt
        lediglich das Fluggerät zur Verfügung.39

     • Durchführung eines Fluges durch ein Tochterunternehmen: Hat ein Flugunternehmen
       ein Tochterunternehmen und führt dieses den Flug durch, so kann der Fluggast seinen
       Anspruch gegen das Mutterunternehmen richten, wenn für den Fluggast als Laien nicht

31
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 12.
32
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 12.1.
33
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 12.
34
   Vgl EuGH C-532/17, Wirth ua, ECLI:EU:C:2018:527 Rz 15.
35
   Vgl Kolmasch, Ausführendes Flugunternehmen bei "wet lease", Zak 2018/419, 223.
36
   Vgl Kolmasch, Fluggäste-VO - ausführendes Flugunternehmen bei "Wet Lease", Zak 2017/555, 323.
37
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 9.
38
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 12a.
39
   Vgl Max Foerster, Ausführendes Luftfahrtunternehmen, 96.
                                                                                                    7
erkennbar war, dass der Flug durch die Tochter ausgeführt wurde.40 Dies kann
        angenommen werden, wenn der Flug unter einer Flugnummer des Mutterunternehmens
        durchgeführt wird oder der gesamte Buchungsvorgang unter dem Namen der
        Muttergesellschaft abgelaufen ist.41
        Operiert ein verbundenes Konzern-Unternehmen unter verschiedenen Namen wie zB
        Eurowings als Tochter der Lufthansa, so ist auch für den Fluggast als Laien erkennbar,
        dass ein anderes Unternehmen den Flug durchgeführt hat, selbst wenn auf dem
        Flugschein die Flugnummer des beherrschenden Mutterunternehmens angegeben ist.42

     • Code-Share-Flüge: Im Falle des Code-Sharing wird ein Flug vom Unternehmen A unter
       dessen Flugnummer verkauft, jedoch deutlich erkennbar vom Unternehmen B
       durchgeführt. Wichtig ist hierbei, dass dem Fluggast der tatsächliche Ausführer der
       Beförderungsleistung zur Kenntnis gelangt. Üblicherweise wird der Flugschein unter dem
       Hinweis „operated by XY“ verkauft, woraus jedenfalls folgt, dass für den Fluggast bereits
       bei Erwerb des Flugtickets erkennbar ist, wer den Flug tatsächlich durchführen, also
       ausführendes Luftfahrtunternehmen, sein wird.43 Geeignet zur Identitätsfeststellung des
       ausführenden Luftfahrtunternehmens durch den Fluggast sind auch optische Merkmale
       wie bspw erkennbare Schriftzüge auf der Maschine oder die Kleidung des
       Bordpersonals.44 Im Falle des Code-Sharing kann der Vertragspartner nicht in Anspruch
       genommen werden, dh der Anspruch ist bei jenem Unternehmen durchzusetzen, welches
       den Flug tatsächlich durchgeführt hat.45
       Anders verhält es sich aber, wenn der Hinweis auf das durchführende
       Luftfahrtunternehmen fehlt. Ist aus der Buchung nicht erkennbar, dass der Flug durch ein
       anderes Unternehmen ausgeführt wird, so gilt als ausführendes Unternehmen das aus den
       Buchungsunterlagen ersichtliche.46

        Code-Sharing liegt auch vor, wenn ein Flug von zwei Luftfahrtunternehmen als ein
        gemeinsamer Flug ausgeführt wird.47 Hier sind wiederum mehrere Möglichkeiten
        vorstellbar:

        Wird ein Flug von einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft vermarktet oder verkauft,
        aber schließlich von einem Unternehmen ohne Sitz in der Gemeinschaft durchgeführt, so
        bestehen trotzdem die Ansprüche aus der VO gegen das ausführende Unternehmen,
        obwohl dieses keinen Sitz in der Gemeinschaft innehat, wenn der Flug von einem
        Flughafen im Gebiet der EU startet.

        Anders verhält es sich jedoch, wenn ein Flug zwar innerhalb der EU startet, jedoch
        außerhalb der EU unterbrochen und der Fluggast von dem Non-EU-Carrier an ein nicht in
        der EU befindliches Ziel weiterbefördert wird. Die VO ist auf diesen Flugabschnitt sodann
        nicht anwendbar. Dies ist damit zu begründen, dass der zweite Flugabschnitt sowohl
        außerhalb der EU startet als auch endet und zudem von keinem Flugunternehmen der

40
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 13.
41
   Vgl AG Bremen 18.1.2017, 4 C 0516/11.
42
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 14.
43
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 15.
44
   Vgl LG HG Wien 24.8.2016, 60 R 38/16t Rz 5.1.
45
   Vgl BGH 24.10.2017, X ZR 64/16 Rz 9.
46
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 17.
47
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 18.
                                                                                                8
Gemeinschaft durchgeführt wird.48 Deutlich wird diese Begründung durch das Urteil Xa ZR
        132/08 des Bundesgerichtshof vom 26.11.2009, in welchem dieser ausführt, dass nur die
        tatsächliche Erbringung der Beförderungsleistung ausschlaggebend ist und nicht mit
        welchem Unternehmen der Vertrag über die Flugreise geschlossen wurde.49
        Ausgangspunkt war hier die Klage eines Fluggastes, welcher bei einem deutschen
        Luftfahrtunternehmen einen Flug von São Paulo nach München gebucht hatte und dieser
        mittels Code-Sharing von einem brasilianischen Unternehmen ausgeführt werden sollte.
        Der geplante Flug wurde annulliert und der Kläger erhielt eine Ersatzbeförderung durch
        das brasilianische Luftfahrtunternehmen, welches allein zur Ausführung verantwortlich
        war.50 Ansprüche aus der VO verneinte der BGH daher, weil alleine entscheidend ist, wer
        den Flug tatsächlich durchführt und folglich auf ein Luftfahrtunternehmen außerhalb der
        Gemeinschaft die VO nicht anwendbar ist.51

        Interessant ist hierzu auch die Entscheidung des EuGH in der Rs České aerolinie vom
        11.7.2019.52 Vorlagefrage war hier, ob ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zur
        Ausgleichszahlung verpflichtet ist, wenn es nach einer Zwischenlandung zur Verspätung
        kommt, wobei der zweite Teil des Fluges, auf welchem die Verspätung auftritt von keinem
        Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft, aber im Rahmen des Code-Sharing durchgeführt
        wird.53 Hierzu wurde bezüglich mehreren Teilflügen ausgeführt, dass der Fluggast seine
        Klage gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft richten kann,
        welches den ersten Teilflug durchgeführt hat, wenn eine Verspätung auf einem zweiten
        Teilflug auftritt, welcher mittels Codesharing-Vereinbarung von einem Drittstaat-
        Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurde.54

        Spannend wäre in diesem Zusammenhang auch die Beantwortung der
        Vorabentscheidungsfrage des LG Frankfurt an den EuGH in der Rs Langenbächer/Condor
        zu C-16/13 gewesen.55 Vorgelegt wurde die Frage, ob ein Fluggast annehmen darf, dass
        ein Flugzeug durch den Vertragspartner angemietet wurde, wenn der Vertragspartner den
        Fluggast nicht über den Wechsel des ausführenden Luftfahrtunternehmens informiert hat.
        Nachdem das Luftfahrtunternehmen die Berufung zurückgenommen hatte, wurde die
        Frage seitens des EuGH leider nicht beantwortet.56

b) „Flug“
Der Begriff des Fluges ist trotz seiner Relevanz in der VO nicht legaldefiniert. Gemäß Art 3 Abs 1
lit a FluggastrechteVO ist sie auf Fluggäste anzuwenden, die an einem innergemeinschaftlichen
Flughafen einen Flug antreten. Ein rein innergemeinschaftlicher Flug liegt vor, wenn eine
Beförderung zwischen zwei Gemeinschaftsflughäfen ohne Zwischenlandung vorgenommen
wird.57 Liegt jedoch bspw ein Flug mit Zwischenlandung – vielleicht gar in einem Drittstaat – vor,

48
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 18.
49
   Vgl BGH 26.11.2009, Xa ZR 132/08 Rz 8.
50
   Vgl BGH 26.11.2009, Xa ZR 132/08 Rz 2.
51
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 18.
52
   Vgl EuGH C-502/18, České aerolinie, ECLI:EU:C:2019:604.
53
   Vgl EuGH C-502/18, České aerolinie, ECLI:EU:C:2019:604 Rz 14.
54
   Vgl EuGH C-502/18, České aerolinie, ECLI:EU:C:2019:604 Rz 33.
55
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 19.
56
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 19.
57
   Vgl Art 190 lit c VO (EWG) Nr 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der
   Verordnung (EWG) Nr 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl L 1993/253, 1.
                                                                                                                9
so ist zur Beantwortung der Frage, ob der Passagier einen Ausgleichsanspruch hat,
ausschlaggebend, ob ein solcher Flug mit Zwischenlandung aus zwei Flügen besteht oder diese
Beförderung als nur ein Flug angesehen werden kann.

Einen Anhaltspunkt zur Auslegung gibt hier die die Entscheidung Schenkel/Emirates des EuGH
vom 10.7.2008.58 Ausgangsrechtstreit war ein von Herrn Schenkel gebuchter Flug von Düsseldorf
nach Manila und zurück mit einem Zwischenstopp in Dubai, wobei der Rückflug infolge
technischer Probleme annulliert wurde und er sodann einen Ausgleichsanspruch aufgrund der VO
geltend machte. Herr Schenkel brachte vor, dass Hin- und Rückflug zwei unselbstständige
Abschnitte ein und desselben Fluges darstellen und er aufgrund des Flugantritts an einem
innergemeinschaftlichen Flughafen (Düsseldorf) einen Ausgleichsanspruch aufgrund der VO
habe. Außerdem berief sich der Kläger auf die gemeinsame Buchung von Hin- und Rückflug. Das
Luftfahrtunternehmen Emirates hingegen gab an, dass Hin- und Rückflug als zwei verschiedene
Flüge anzusehen sind. In der Folge legte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als
Berufungsgericht dem EuGH die Frage vor, ob der Begriff des Fluges eine Hin- und Rückreise mit
einem Flugzeug umfasst und ob der Umstand der gemeinsamen Buchung von Hin- und Rückflug
relevant ist. 59

Der EuGH führt in seiner Entscheidung zunächst aus, dass der Begriff des Fluges im Hinblick der
Bestimmungen der VO und des mit der VO verfolgten Zieles auszulegen ist. Sie ist demnach auf
Situationen anzuwenden, in welchen ein Flug entweder an einem innergemeinschaftlichen
Flughafen angetreten wird oder von einem Drittstaat angetreten wird und auf einem
innergemeinschaftlichen Flughafen endet. Dies unter der Voraussetzung, dass das ausführende
Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist.60 Damit wurde festgestellt,
dass der Begriff des Fluges iSd VO nicht dahin auszulegen ist, dass Hin- und Rückreise eine
Einheit bilden.61 Auch ob der Hin- und Rückflug gemeinsam gebucht wurden, ist laut EuGH ohne
Bedeutung.62

Der BGH vertritt die Meinung, dass bei einer Flugreise aus zwei oder mehr Flügen, welche jeweils
unter einer bestimmten Flugnummer von einem bestimmten Luftfahrtunternehmen für eine
gewisse Route angeboten werden, die Anwendbarkeit der Fluggastrechte-VO je gesondert zu
prüfen ist.63 Diese Betrachtung gilt auch dann, wenn die Flüge vom selben Luftfahrtunternehmen
ausgeführt werden und als Anschlussverbindungen zusammen gebucht werden.64 Hopperdietzel
führt dazu aus, dass dieser Meinung des BGH nicht zu folgen ist. Seiner Ansicht nach steht dies
im Widerspruch mit der vom Gericht vertretenen Auffassung, dass sich die Höhe des
Ausgleichsbetrages zwischen Start- und Endzielflughafen bemisst. Würde man den Ausführungen
des BGH konsequent folgen, so müsste bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches
der Zwischenlandeflughafen berücksichtigt werden.65

Das LG Frankfurt am Main folgt im Jahr 2012 ebenso der Rechtsansicht des BGH bezüglich der
Betrachtung der einzelnen Flugabschnitte und hat in seiner Entscheidung 2-24 S 145/11 vom

58
   Vgl EuGH C-173/07, Emirates Airlines, ECLI:EU:C:2008:400.
59
   Vgl EuGH C-173/07, Emirates Airlines, ECLI:EU:C:2008:400 Rz 13-23.
60
   Vgl EuGH C-173/07, Emirates Airlines, ECLI:EU:C:2008:400 Rz 30.
61
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 66-67.
62
   Vgl EuGH C-173/07, Emirates Airlines, ECLI:EU:C:2008:400 Rz 50.
63
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 69.
64
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 70.
65
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 69.
                                                                                              10
5.1.2012 festgestellt, dass einem Fluggast keine Rechte aus der VO zustehen, wenn eine
Annullierung oder Verspätung erst bei einem außereuropäischen Flug eintritt.66

Im Jahr 2013 entschied der EuGH zu den Vorlagefragen in der Rs Folkerts, ob dem Fluggast eine
Ausgleichszahlung nach Art 7 der VO zusteht, wenn sich der Abflug um eine unterhalb in Art 6
Abs 1 der VO definierten Grenze verzögert, sich die Ankunftszeit am Zielort aber um mindestens
drei Stunden verspätet und, für den Fall der Verneinung dieser ersten Frage, ob bei einer
Verspätung bei einem aus mehreren Teilstrecken zusammengesetzten Flug auf die einzelnen
Teilstrecken, oder auf die Entfernung zum Ziel abzustellen ist.67

Ausgangsrechtsstreit war die Buchung von Frau Folkerts über eine Reise von Bremen über Paris
und São Paulo nach Asunción, wobei der Flug von Bremen nach Paris eine Verspätung von
zweieinhalb Stunden hatte und die Reisende ihren Anschlussflug von Paris nach São Paulo nicht
mehr erreichen konnte. Aufgrund des späteren Eintreffens in São Paulo verpasste Frau Folkerts
ebenso den Anschlussflug nach Asunción. Am Zielort kam sie somit erst mit einer Verspätung von
elf Stunden an.68 Der EuGH führt aus, dass die VO sowohl auf Verspätungen betreffend die
planmäßige Abflugzeit als auch auf Verspätungen gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit
abstellt.69 Die erste Vorlagefrage wird vom EuGH bejaht und es wird festgestellt, dass eine
Ausgleichszahlung zusteht, wenn der Fluggast sein Endziel mit einer Verspätung von drei oder
mehr Stunden erreicht. Diese Ausgleichszahlung hängt nicht vom Vorliegen einer
Abflugsverspätung und der Voraussetzungen in Art 6 ab.70 Nachdem die erste Vorlagefrage zu
bejahen war, wurde die zweite Frage seitens des EuGH leider nicht mehr beantwortet.

In einer neueren Entscheidung bezüglich Zwischenlandungen urteilte der EuGH am 31.8.2018 in
der Angelegenheit Wegener gegen Royal Air Maroc SA.71 Hier hatte Frau Wegener einen Flug
von Berlin nach Agadir mit einem Zwischenstopp in Casablanca angetreten, wobei ihr die
Weiterbeförderung von Casablanca nach Agadir verwehrt wurde. Vorlagefrage war, ob ein Flug
iSd Art 3 Abs 1 lit a vorliegt, wenn eine Zwischenlandung außerhalb der EU mit einem Wechsel
des Fluggeräts erfolgt.72 Der Gerichtshof führt dazu aus, dass die Beförderung aus zwei Flügen
(Berlin-Casablanca und Casablanca-Agadir) bestand und sich sowohl Abflugs- als auch
Ankunftsflughafen beim zweiten Flug außerhalb der EU befand. Der EuGH weist darauf hin, dass
ein Flug, welcher vollständig außerhalb der Union erfolgt nicht unter die gegenständliche VO fällt,
wenn er als gesonderter Beförderungsvertrag gesehen wird. Wird der Beförderungsvertrag jedoch
als Gesamtheit betrachtet, so ist die VO auf diesen Sachverhalt anwendbar.73 Es wird auf die
Entscheidung Folkerts verwiesen und festgehalten, dass eine Gesamtheit vorliegt, wenn mehrere
Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren.74 Die Vorlagefrage wurde seitens des EuGH
dahingehend beantwortet, dass die VO für Beförderungen gilt, wenn die Beförderung aufgrund
einer einzigen Buchung erfolgt und zwischen dem Abflug von einem EU-Flughafen und der

66
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 71.
67
   Vgl EuGH C-11/11, Folkerts, ECLI:EU:C:2013:106 Rz 24.
68
   Vgl EuGH C-11/11, Folkerts, ECLI:EU:C:2013:106 Rz 16-18.
69
   Vgl EuGH C-11/11, Folkerts, ECLI:EU:C:2013:106 Rz 29 u 30.
70
   Vgl EuGH C-11/11, Folkerts, ECLI:EU:C:2013:106 Rz 47.
71
   Vgl EuGH C-537/17, Wegener, ECLI:EU:C:2018:361.
72
   Vgl EuGH C-537/17, Wegener, ECLI:EU:C:2018:361 Rz 5-8.
73
   Vgl EuGH C-537/17, Wegener, ECLI:EU:C:2018:361 Rz 12-15.
74
   Vgl EuGH C-537/17, Wegener, ECLI:EU:C:2018:361 Rz 19.
                                                                                                 11
Ankunft in einem Drittstaat eine planmäßige Zwischenlandung außerhalb des
Gemeinschaftsgebiets samt Wechsel des Fluggeräts erfolgt.75
Auch in der oben bereits zitierten Rechtssache České aerolinie vom 11.7.2019 führt der EuGH
aus, dass eine mehrgliedrige Flugreise mit Umsteigen als Einheit zu behandeln ist, wenn diese
durch eine einzige Buchung vorgenommen wurde.76

Zusammenfassend ist daher bezüglich des Begriffs „Flug“ festzuhalten, dass die Schenkel-
Entscheidung in welcher der EuGH ausführt, dass es ohne Bedeutung ist ob Hin- und Rückflug
gemeinsam gebucht wurden, überholt ist und in der Entscheidung Folkerts und Wegener sehr
wohl auf die gemeinsame Buchung abgestellt wird. Daraus folgt, dass ein Anspruch aus der VO
auch bei Flügen in Drittstaaten oder Flügen mit Zwischenlandungen möglich ist.

c) „Fluggast“
Der Begriff „Fluggast“ ist in der VO nicht legaldefiniert und kann daher nur aus ihr abgeleitet
werden. Die VO regelt die Bestimmungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei
Annullierung oder großer Verspätung von Flügen. Damit kann angenommen werden, dass als
Fluggast nur jene Person gelten kann, die über eine bestätigte Buchung bei einem
Luftfahrtunternehmen verfügt und diese Buchung aufgrund einer Bordkarte vom Flugunternehmen
angenommen wurde.77 Unerheblich ist dabei, wer den Beförderungsvertrag abgeschlossen hat.
Wird bspw ein Flug durch eine juristische Person gebucht, ist diese zwar Vertragspartner des
Luftfahrtunternehmens, Fluggast kann jedoch ausschließlich derjenige sein, der tatsächlich auf
dem gebuchten Flug befördert wird.78

Im Verfahren Nelson ua hat der EuGH festgehalten, dass die Ausgleichszahlung gem Art 7 der
VO wegen Verspätung eine Kompensation von Unannehmlichkeiten darstellt.79
Unannehmlichkeiten können jedoch nur von einer natürlichen Person, nicht von einer juristischen
Person, wahrgenommen werden.80 Eindeutig ist daher, dass Fluggast nur eine natürliche Person
sein kann, der ein Beförderungsanspruch eines Luftfahrtunternehmens eingeräumt wurde.81 Ohne
Belang ist dabei das Alter des Fluggastes und ob die beförderte Person einen eigenen Sitzplatz
zugewiesen hatte82, dh auch Kleinkinder oder gar Säuglinge gelten als Fluggäste iSd VO.83
Diesbezüglich entschied auch das AG Düsseldorf, dass ein einjähriges Kind als Fluggast gilt, da
Fluggast jeder ist, der als Flugzeuginsasse weder zum fliegenden Personal, noch zum
Flugpersonal zählt.84 Daraus folgt auch, dass Flug- und Kabinenpersonal ausdrücklich nicht zu
den Fluggästen gehören.85

Ausdrücklich angeführt sind außerdem in Art 11 Fluggäste mit eingeschränkter Mobilität oder
besonderen Bedürfnissen. Diesen Personen gegenüber hat der europäische Gesetzgeber eine

75
   Vgl Kolmasch, Ausgleichszahlung trotz Zwischenlandung und Flugzeugwechsel in einem Drittstaat, Zak 2018/349.
76
   Vgl Kolmasch, Behandlung einer mehrgliedrigen Flugreise als Einheit, Zak 2019/417.
77
   Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 3 Rz 8.
78
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 58.
79
   Vgl EuGH C-581/10, Nelson ua, ECLI:EU:C:2012:657 Rz 46.
80
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 63.
81
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 65.
82
   Vgl LG Stuttgart 07.10.2010, 13 S 95/12 Rz 15.
83
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 60.
84
   Vgl AG Düsseldorf 30.06.2011, 40 C 1745/11 Rz 23.
85
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 61.
                                                                                                              12
Vorrangregel festgelegt.86 Im Fall von Beförderungshindernissen haben etwa Personen mit einer
körperlichen Behinderung oder einer geistigen Beeinträchtigung sowie unbegleitete Minderjährige
Vorrang bei der Beförderung. In Abs 2 ist festgelegt, dass Betreuungsleistungen baldmöglichst
anzubieten sind, also bereits auch dann schon, wenn die Fristen für die Inanspruchnahme noch
nicht abgelaufen sind.87

d) „Flugschein“ und „Buchung“
Art 2 lit f beschreibt den Flugschein als ein gültiges, den Beförderungsanspruch begründendes
Dokument. Auch der EuGH stellt im Verfahren Mennens fest, dass der Flugschein jenes
Dokument ist, welches einen Beförderungsanspruch für den Fluggast begründet, wobei sich
dieser Anspruch auch auf mehrere Flüge beziehen kann.88 Der Beförderungsanspruch entsteht
richtigerweise nicht durch den Flugschein, sondern durch den Luftbeförderungsvertrag, der
zwischen den Vertragsparteien geschlossen wird.89 In der VO wird weiters ausgeführt, dass der
Flugschein elektronisch oder in einer gleichwertigen papierlosen Form bestehen kann und dieser
vom Luftfahrtunternehmen oder dessen zugelassenem Vermittler ausgegeben oder genehmigt
wurde.90 Es sind daher keine bestimmten Formerfordernisse wie Inhalt, Größe oder Aussehen
gegeben. Voraussetzung ist jedoch jedenfalls, dass das Dokument vom Reiseveranstalter, einem
vom      Luftfahrtunternehmen    autorisierten    und    registrierten Vermittler  oder   dem
Luftfahrtunternehmen selbst genehmigt oder ausgefertigt wurde.91

Der Begriff „Buchung“ wird in Art 2 lit g definiert und stellt den Umstand dar, dass der Fluggast
über einen Flugschein verfügt, aus welchem hervorgeht, dass die Buchung vom
Reiseunternehmer oder dem Luftfahrtunternehmen angenommen wurde.92 Aus dem Dokument
muss ersichtlich sein, um welchen konkreten Flug es sich handelt und dass dieser vom Anbieter
akzeptiert und registriert wurde. Ausreichend ist hier auch eine Reservierungsbestätigung. Wie
bereits unter Punkt c) ausgeführt, ist es nicht von Bedeutung für das Bestehen einer Buchung, ob
der Fluggast während des Fluges einen Anspruch auf einen eigenen und für ihn reservierten
Sitzplatz hat.93

Fraglich ist, ob ebenso eine Buchung vorliegt, wenn ein Flug im Rahmen einer Pauschalreise
gebucht wurde und das Flugunternehmen die Kenntnis von der erfolgten Buchung verneint. Hierzu
hat das AG Frankfurt klargestellt, dass die VO auch bei der Beförderung im Rahmen eines
Pauschalarrangements anwendbar ist und vom Bestehen einer Buchung auszugehen ist, da diese
dem Anschein nach vorliegt.94

Jedenfalls keine Buchung kann angenommen werden, wenn ein Reisender über eine im Internet
zugängliche Buchungsmöglichkeit einen Flug bucht, wobei keine Namen der Fluggäste
angegeben werden. Hier ist ein Beförderungsanspruch auszuschließen, wenn der Buchende

86
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 11 Rz 1.
87
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 11 Rz 2-3.
88
   Vgl EuGH C-255/15, Mennens, ECLI:EU:C:2016:472 Rz 21.
89
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 28.1.
90
   Vgl Art 2 lit f FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
91
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 28a.
92
   Vgl Art 2 lit g FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
93
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 29-30.
94
   Vgl AG Frankfurt 08.02.2013, 30 C 2290/12-47 Rz 14.
                                                                                               13
darauf hingewiesen wurde, dass die Namensänderung nach erfolgter Buchung nicht mehr möglich
ist und das Buchungsdokument mit einem Ausweis übereinzustimmen hat.95

e) „Pauschalreise“ und „Reiseveranstalter“
In der VO wird zur Definition der Pauschalreise auf die Pauschalreise-Richtlinie verwiesen.96 Laut
dieser liegt eine Pauschalreise dann vor, wenn im Voraus eine festgelegte Verbindung von
mindestens zwei Dienstleistungen gemeinsam angeboten oder verkauft wird und diese Reise
länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung inkludiert.97 Solche Dienstleistungen sind
Unterbringung oder Beförderung sowie andere touristische Dienstleistungen die keine
Nebenleistungen einer Beförderung oder Unterbringung darstellen und einen erheblichen Teil der
Gesamtleistung darstellen. Selbst wenn Leistungen getrennt berechnet werden unterliegt der
Reiseveranstalter dieser RL, da die einzelnen Leistungen Gegenstand ein und derselben
Pauschalreise sind.98

Auch bei der Auslegung der Begriffe „Reiseunternehmen“ und „Veranstalter“ wird zur Auslegung
auf die PauschalreiseRL verwiesen.99 Ein Veranstalter ist derjenige, welcher nicht nur gelegentlich
Pauschalreisen organisiert und diese selbst oder über einen Vermittler zum Verkauf anbietet,
wohingegen Vermittler ist derjenige ist, welcher eine von einem Veranstalter zusammengestellte
Pauschalreise verkauft oder zum Verkauf anbietet.100

f)   „Endziel“ und „direkter Anschlussflug“
In Art 2 lit h der gegenständlichen VO wird „Endziel“ als Zielort, welcher auf dem am
Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein angegeben ist bzw bei Anschlussflügen der Zielort
des letzten Fluges, definiert.101 Bei zwei aufeinanderfolgenden Flügen ist das Ziel des zweiten
direkten Anschlussfluges somit das Endziel.102 In lit h wird zusätzlich ausgeführt, dass verfügbare
alternative Anschlussflüge nicht zu berücksichtigen sind, sofern die planmäßige Ankunftszeit
eingehalten wird. Eine Verspätung auf einer einzelnen Teilstrecke ist daher ohne Belang.103 Somit
folgt, dass es für den Anspruch nach Art 7 der VO allein auf die entstandene Verspätung ankommt,
die gegenüber der ursprünglich geplanten Ankunft am Endziel vorliegt.104 Trifft der Fluggast also
am Endziel ohne Verzögerung ein, besteht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung.105

Von Bedeutung ist das Festlegen des Endzieles deswegen, weil sich etwa die Ansprüche auf
Ausgleichszahlung oder Unterstützungsleistungen je nach zurückgelegter Flugstrecke anders
darstellen. Bei direkten Anschlussflügen wird für die Berechnung der Flugstrecke die Entfernung
zwischen Startflughafen und Zielort des Anschlussfluges herangezogen.106

95
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 32.
96
   Vgl Art 2 lit e FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
97
   Vgl Art 2 Z 1 RL 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl L 1990/158, 59.
98
   Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 27.
99
   Vgl Art 2 lit d FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
100
    Vgl Art 2 Z 2-3 PauschalreiseRL 90/314/EWG, ABl L 1990/158, 59.
101
    Vgl Leupold/Gelbmann, Ausgleichsanspruch auch bei Zwischenlandung in Drittstaat, VbR 2018/86, 159.
102
    Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 33.
103
    Vgl Schmidt/Saria, Rechtsmittelentscheidungen des Handelsgerichts Wien (21. Lfg 2019) 50 R 52/17d, 3.
104
    Vgl Schmidt/Saria, Rechtsmittelentscheidungen, 2.
105
    Vgl Schmidt/Saria, Rechtsmittelentscheidungen, 3.
106
    Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 33.
                                                                                                            14
Wann ein „direkter Anschlussflug“ vorliegt, ist in der VO nicht festgelegt. Bei Auslegung nach dem
Wortlaut kann ein solcher nur dann vorliegen, wenn der Anschlussflug einem vorhergehenden
Flug nachfolgt und der Passagier damit vom Zielort des ersten Fluges zu seinem Endziel
weiterbefördert wird.107 Bezug genommen werden kann hier auch auf die oben bereits zitierte Rs
Folkerts, in welcher der EuGH entschied, dass eine Gesamtheit vorliegt, wenn zwei oder mehr
Flüge durch eine Buchung vorgenommen wurden.108 Hopperdietzel hat zu der Frage wann ein
direkter Anschlussflug vorliegt ausgeführt, dass dieser dann anzunehmen ist, wenn in der
Reiseplanung zwischen den beiden Flügen ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang besteht
und die Reise derart gestaltet wurde, dass der zweite Flug dem ersten nachfolgt.109 Ein Zeitfenster
ab wann ein Anschlussflug nicht mehr als „direkt“ gilt, kann nicht festgelegt werden. Hier ist
ausschlaggebend, welcher Weiterflug nach der Zwischenlandung für den Reisenden als
nächstmöglicher erreichbar ist. Der Flug kann also selbst nach mehreren Stunden noch als
direkter Anschlussflug gelten, wenn kein früherer Abflug zum geplanten Endziel gegeben ist oder
dieser bereits ausgebucht ist.110

B. Informationsverpflichtung des ausführenden Luftfahrtunternehmens

Die Informationsverpflichtung der Luftfahrtunternehmen gegenüber den Fluggästen wird in Art 14
geregelt. In Abs 1 wird sichergestellt, dass bei der Abfertigung am Flughafen vom ausführenden
Flugunternehmen ein für jeden Passagier sichtbarer Hinweis angebracht wird welcher deutlich
macht, dass diese bei Flugannullierungen, Beförderungsverweigerungen oder Verspätungen um
mindestens zwei Stunden am Abfertigungsschalter eine schriftliche Auskunft über ihre Rechte
verlangen     können.111    Wenn       das    Luftfahrtunternehmen     ordnungsgemäß     seiner
Informationsverpflichtung nachkommen will, müssen Broschüren oÄ am Check-In-Schalter für
jeden offen zugänglich sein und dürfen nicht bloß erst auf Verlangen ausgehändigt werden.112

Sind Passagiere tatsächlich von einer Flugannullierung oder Beförderungsverweigerung
betroffenen, so ist ihnen ein schriftlicher Hinweis auszuhändigen, in dem die Ansprüche betreffend
Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gem der VO anzuführen sind, sowie die zuständige
Stelle zur Durchsetzung der VO benannt ist.113 Für blinde und sehbehinderte Personen müssen
geeignete alternative Veranlassungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass sie über ihre
Rechte informiert werden.114

Ist eine Annullierung frühzeitig absehbar und wird der Reisende vom Reiseveranstalter erst
weniger als 14 Tage vor dem geplanten Abflugtermin über die Annullierung informiert, so besteht
bereits ein Anspruch auf Ausgleichszahlung. Hier kann sich das ausführende
Luftfahrtunternehmen nicht auf etwaige Fehler im Informationsfluss des Reiseveranstalters
berufen, da dieser nicht als Empfangsvertreter des Passagiers angenommen werden kann.115

107
    Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 75.
108
    Vgl Kriwanek/Tuma, EuGH: Flugverspätung - Ausgleichsanspruch, RdW 2018, 423.
109
    Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 76a.
110
    Vgl Hopperdietzel in Fluggastrechte Art 2 Rz 76.
111
    Vgl Art 14 Abs 1 FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
112
    Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 14 Rz 5.
113
    Vgl Art 14 Abs 2 FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
114
    Vgl Art 14 Abs 3 FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
115
    Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 14 Rz 7.
                                                                                                 15
Liegt eine Nichtbeförderung wegen Überbuchung vor, so hat das Luftfahrtunternehmen ebenso
die Pflicht, den Fluggast über seine Rechte aufzuklären. Für den Fall, dass der Passagier freiwillig
auf seine Beförderung verzichtet ist er darüber aufzuklären, dass er nach Erhalt der Gegenleistung
von weiteren Schadenersatzansprüchen ausgeschlossen ist, jedoch eine individuell
verhandelbare Gegenleistung verlangen kann. Verzichtet ein Fluggast nicht freiwillige auf die
Beförderung, sondern erfolgt die Nichtbeförderung gegen seinen Willen, so ist er vom
ausführenden Luftfahrtunternehmen darüber aufzuklären, dass er entweder vom
Beförderungsvertrag zurücktreten kann oder eine alternative Beförderung zum geplanten Endziel
verlangen kann und zusätzlich einen Anspruch auf Verpflegungsleistungen und, wenn nötig, einen
Anspruch auf eine Hotelunterkunft hat.116

Selbstverständlich ist die Informationsverpflichtung dazu geeignet, den Passagieren ihre Rechte
näher zu bringen, kritisch betrachten kann man hier aber, dass die ausführenden
Luftfahrtunternehmen im Falle von Beförderungshindernissen nicht auch den Grund für das
vorliegende Hindernis anzuführen haben. Eine Pflicht zur Mitteilung über den Verhinderungsgrund
wäre klar von Vorteil, da so vor Einleitung rechtlicher Schritte dargelegt werden kann, ob etwa ein
Entlastungsgrund oder außergewöhnliche Umstände für das ausführende Luftfahrtunternehmen
gegeben sind und damit ein Prozess für den Betroffenen nicht erfolgversprechend sein wird.

Obwohl auch die Pflicht zur Aufklärung der Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens eine
Durchsetzung von Ansprüchen erleichtern würde, besteht diese gem der VO nicht.117 Hier kann
auf die VO (EG) Nr 2111/2005 verwiesen werden, welche diese Informationsverpflichtung
festgelegt.118 Art 11 stellt hier sicher, dass der Vertragspartner bei einer Flugbuchung den
Passagier über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens unterrichten muss.119 Für
den Fall, dass diese bei der Buchung noch unbekannt ist oder ein Wechsel vorgenommen wird,
muss der Fluggast unverzüglich von der (neuen) Identität verständigt werden, sobald diese
vorliegt.120 Die VO (EG) berührt nicht die Ansprüche aus der FluggastrechteVO121 und ist auch auf
Pauschalreisen anwendbar.122

C. Beförderungshindernisse

Zur Durchsetzung eines Anspruches aus der VO muss zunächst bestimmt werden, welcher Fall
eines Beförderungshindernisses vorliegt. Diese sind in den Art 4-6 festgelegt und bestehen in der
Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung. Die Abgrenzung ist wichtig, weil sich je nach
Hindernis oder Flugstrecke die Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen anders gestalten
können.

116
    Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 14 Rz 8.
117
    Vgl Schmid in Fluggastrechte, Art 14 Rz 1-2.
118
    Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 14 Rz 9.
119
    Vgl Art 11 Abs 1 VO (EG) 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2005 über die
Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine
Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden
Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/EG, ABl 2005/344, 15.
120
    Vgl Art 11 Abs 2-4 VO (EG) 2111/2005, ABl 2005/344, 15.
121
    Vgl Art 12 Abs 1 VO (EG) 2111/2005, ABl 2005/344, 15.
122
    Vgl Schmid in Fluggastrechte Art 14 Rz 10.
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1. Nichtbeförderung

Eine Nichtbeförderung besteht in der Weigerung einen Fluggast zu befördern, obwohl dieser über
eine bestätigte Buchung verfügt und sich gem den Bestimmungen der VO am Flugsteig zur
Abfertigung eingefunden haben.123 Das Einfinden bedeutet nicht, dass sich der Passagier bloß
am Flughafen aufhalten muss, viel mehr kann man davon ausgehen, dass sich der Fluggast
rechtzeitig am Check-In-Schalter aufhalten muss.124 Rechtzeitig ist ein Fluggast, der sich zur am
Ticket angegebenen Zeit zum Check-In einfindet.125 Ist eine solche Zeit nicht angegeben so gelten
jedenfalls 45 Minuten vor Abflug als angemessen.126 Voraussetzung für Ansprüche aus einer
Nichtbeförderung ist weiters, dass keine vertretbaren Gründe für die Beförderungsverweigerung
vorliegen dürfen, welche bspw im Zusammenhang mit der Gesundheit, der allgemeinen Sicherheit
oder im Hinblick auf fehlende Reiseunterlagen gegeben sein können.127 Dem Fluggast muss der
Einstieg gegen seinen Willen verweigert werden.128

Ein möglicher Grund für die Weigerung der Beförderung seitens einer Fluggesellschaft kann in
einer Überbuchung liegen. Hier findet der Flug zwar wie geplant statt und der Fluggast erfüllt auch
alle erforderlichen Voraussetzungen, jedoch wurden mehr Sitzplätze verkauft als tatsächlich
gegeben sind in der Hoffnung, dass einige Passagiere nicht erscheinen und so das Flugzeug
ausreichend besetzt ist. Ziel dieser Vorgehensweise ist, eine möglichst hohe Auslastung zu
generieren, Gewinne zu steigern und Kosten zu minimieren.129
Die VO schützt aber nicht nur die Ansprüche aus einer Überbuchung, sondern jeden Fall einer
Beförderungsverweigerung ohne vertretbare Gründe wie zB die Nichtbeförderung im Fall eines
Streiks.130

Nicht klar ist auf den ersten Blick, ob eine Umbuchung auch eine Nichtbeförderung darstellt, da
hier ja grundsätzlich eine Beförderung stattfindet. Der Passagier wird befördert, dies erfolgt jedoch
gegen seinen Willen auf einem anderen Flug. Nachdem Ziel der VO die Stärkung der
Fluggastrechte ist, erscheint es notwendig auch die Umbuchung als Nichtbeförderung anzusehen,
da anderenfalls Luftfahrtunternehmen die Folgen einer Nichtbeförderung umgehen könnten und
allfällige Ansprüche auf Ausgleichszahlungen durch das bloße Umbuchen umgangen werden
könnten.131 Eine Umbuchung alleine stellt aber noch keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung dar.
Ist nämlich mit der Umbuchung keine Verspätung verbunden und kann etwa ein geplanter
Anschlussflug und/oder das Endziel planmäßig erreicht werden, so entsteht kein Anspruch auf
eine Ausgleichszahlung.132

Ein weiterer Fall einer Nichtbeförderung liegt vor, wenn die Fluglinie die Beförderung verweigert,
weil der Reiseveranstalter die Weitergabe der Buchungsdaten der Passagiere nicht
ordnungsgemäß vorgenommen hat. Hierzu hat das AG Düsseldorf ausgeführt, dass es beim
Vorliegen einer für das Bestehen des Anspruchs maßgeblichen „bestätigten Buchung“ nicht

123
    s Punkt A.1.d) zu den Voraussetzungen einer Buchung.
124
    Kolmasch in Deixler-Hübner/Kolba (Hrsg), Handbuch Verbraucherrecht (2015) Beförderungsrecht, 205.
125
    Vgl Art 3 Abs 2 lit a FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
126
    Vgl Degott in Fluggastrechte Art 4 Rz 6.
127
    Vgl Art 2 lit j FluggastrechteVO 261/2004 ABl L 2004/46, 1.
128
    Vgl Degott in Fluggastrechte Art 4 Rz 6.
129
    Vgl Degott in Fluggastreche Art 4 Rz 2.
130
    Vgl Degott in Fluggastrechte Art 4 Rz 4.
131
    Vgl Degott in Fluggastrechte Art 4 Rz 8.
132
    Vgl Kriwanek, EuGH: Umbuchung eines Teilflugs gegen den Willen des Fluggasts (05.05.2020, LexisNexis
Rechtsnews 29007 in lexis360.at).
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