Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit für ein Leben miteinander - Österreichisches ...
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Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. Projekt Kurzbericht, April 2021 AutorInnen:Erik Hacker/Lena Hager; Projektkoordinatorin:Dr. Daniela Pisoiu 1. EINLEITUNG dern bereits belegt: langfristig kann nur ein gesamtgemeinschaftlicher Ansatz erfolgreich sein11, Aufgrund der sich verändernden Sicherheitsland- da sonst die Gefahr besteht, dass Initiativen auf- schaft in Europa und damit auch in Österreich sind grund der wahrgenommenen Diskriminierung bzw. Demokratiedefizite1, Polarisierung2 und Extremis- Stigmatisierung sogar kontraproduktive mus3 zu zentralen Herausforderungen für die mod- Auswirkungen haben. erne Gesellschaft geworden. Mittlerweile ist aus internationalen Erfahrungen bekannt, dass die Daher war das Ziel dieses Projektes, die den Status Zusammenarbeit mit bzw. Stärkung von lokalen quo hinsichtlich des Vertrauens und der Koopera- Gemeinschaften (auf Englisch ‘communities’) ein tion von Mitgliedern verschiedener Communities in wichtiger Beitrag zu gelebter Demokratie und einem Bezirk in und mit der Stadtregierung (und Prävention von Polarisierung und Radikalisierung darüber hinaus mit der Polizei) bzw. die Erfahrun- sein können.4 Innerhalb Europas5, aber auch in gen dieser Communities mit Polarisierung und Ex- Australien und in den USA6, haben Initiativen bzw. tremismus zu unter-suchen. Hierfür verfolgten wir Pilotprojekte in diesem Bereich große Erfolge einen integrativen Ansatz. In einem aufgrund seiner erzielt. Auf europäischer Ebene gibt es sogar eine ethnischen Vielfalt ausgewählten Bezirk wurden im eigene Arbeitsgruppe innerhalb des ‘Radicalisation Rahmen des Projektes lnterviews mit Mitgliedern Awareness Network‘, um evidenzbasierte Präven- aller dort existierenden Communities (inklusive der tionsarbeit auf Gemeinschaftsebene zu unterstützen Minder- und Mehrheitsgruppen) durchgef hrt, um und voranzutreiben7, wobei die zentrale Rolle der ihre Bedürfnisse und Probleme zu erheben und Communities bereits erkannt wurde. eruieren. Dadurch soll einerseits die Stigma- tisierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen Auch in Österreich gab es schon mehrere Erfolgs- verhindert werden, andererseits basierte dieser geschichten bei der Kooperation mit lokalen Com- Ansatz auf der Annahme, dass Radikalisierung und munities und Minderheiten. Ein Beispiel dafür ist fehlende Partizipationsmöglichkeiten herkunftsun- die vom Bundesministerium für Europa, Integration abhängig sind. Gleichzeitig wurde mittels Inter- und Äußeres finanzierte Workshop-Reihe für views festgestellt, auf welchen internationalen und tschetschenische Jugendliche zur Integration und nationalen Ressourcen und Erfahrungen ein zukün- Radikalisierungsprävention, gefolgt von einem ftiges Projekt aufgebaut werden kann. Folgeprojekt im nächsten Jahr.8 Auch die Stadt Wien fördert schon seit Jahren die Partizipation 2. THEORIE lokaler Communities am politischen, sozialen und kulturellen Leben der Stadt wie die Unterstützung Als zentrales Konzept des Projektes wird “Com- einer Vernetzungsplattform für afghanische und munity” im weitesten Sinne als ein psychologischer tschetschenische Communities9 seitens der MA17 Prozess verstanden, durch den eine Person ihre Zu- sowie die Förderung von Community-Arbeit und gehörigkeit zu bzw. Mitgliedschaft in einer Gruppe migrantischer Vereinsarbeit.10 Es fehlt jedoch noch wahrnimmt.12 Der grundlegende Ansatz des Projek- ein umfassendes Programm - wie auch von tes beruht auf der Theorie der gemeinschaftsbasier- mehreren InterviewpartnerInnen im Rahmen dieses ten Präventionsarbeit (‘community-based preventi- Projekts bestätigt wurde -, in dem nicht nur bes- on’), wobei der Fokus auf der Selbstermächtigung timmte Bevölkerungsgruppen, sondern möglichst (‘empowerment’) lokaler Communities bzw. ihrer alle Communities der Gesellschaft involviert sind. Widerstandsfähigkeit (‘resilience building’) liegt. Die Wichtigkeit der umfassenden Inklusion wurde Der Schlüssel für eine erfolgreiche Präventionsar- von wissenschaftlichen Studien aus anderen Län- beit ist ein umfassender Ansatz, der über den As- ü ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. pekt des Extremismus hinausreicht und nicht nur Auf Basis von Online-Recherchearbeiten und der Minderheiten als Akteure involviert, sondern alle ‘Schneeballmethode’20 wurden 45 unterschiedliche Communities sowie Behörden und Polizei.13 Aus religiöse, gender-basierte, ethnische bzw. kulturelle diesem Grund spielen vor allem die Sicherstellung und interessensbasierte Vereine, Organisationen ausreichender Partizipationsmöglichkeiten und die bzw. Communities im 2. Bezirk identifiziert und Erhöhung der allgemeinen Lebensqualität zentrale kontaktiert. Die Kriterien für die Auswahl der In- Rollen, um Diskriminierung, Hass, Gewalt und Ra- terviewpartnerInnen wurden breit angelegt, sodass dikalisierung entgegenzuwirken.14 das Projekt möglichst umfassend und inklusiv ge- staltet werden kann. Die Kontaktaufnahme erfolgte In diesem Zusammenhang ist die “bottom up”- per Email, telefonisch oder persönlich. Die befrag- Herangehensweise der Zusammenarbeit von zen- ten Personen waren großteils ‘Community- traler Bedeutung. Communities werden von Anfang Leaders’, die tagtäglich in Kontakt mit ihrer Com- an direkt einbezogen; der genaue Ansatz und die zu munity stehen, für ihre Tätigkeiten verantwortlich lösenden Probleme werden gemeinsam und kon- sind und dadurch im Allgemeinen ein sehr detail- tinuierlich abgestimmt. Ein wichtiger Grund dafür liertes Wissen über die Bedürfnisse, Sorgen, Pro- ist, dass internationale Erfahrungen aufzeigen, wie bleme und Erfahrungen der Mitglieder ihrer Com- bestimmte Herausforderungen der Communities munity haben. Die Interviews erfolgten freiwillig von externen Akteuren bzw. ‘von oben’ oft prior- und es gab keinerlei finanzielle Entschädigung für isiert werden15, die aber in Wirklichkeit für die die TeilnehmerInnen. Da das Thema des Projekts Communities gar nicht so wesentlich sind.16 Um eine gewisse Sensibilität einfordert, wurde bei allen solche Fehlschlüsse zu vermeiden, werden zuerst Interviews sichergestellt, dass die Anonymität so die Bedürfnisse der Communities eruiert. Damit weit wie möglich gewahrt wird und die Interview- wird einerseits die Kooperationsbereitschaft partnerInnen im öffentlichen Bericht nicht wieder- gesichert und andererseits Vertrauen hergestellt, um erkennbar sind. nachhaltige Zusammenarbeit und Authentizität zu schaffen.17 Im Allgemeinen soll das Projekt Insgesamt wurden 14 Interviews im Rahmen des gemeinsam mit den Communities gestaltet werden Projektes im Jänner und Februar 2020 persönlich und nicht über sie.18 durchgeführt. Dem aktuellen Stand der Forschung in diesem Bereich entsprechend wurden halbstruk- 3. METHODOLOGIE turierte Interviews als Erhebungsmethode gewählt, um dadurch möglichst viele Informationen ermit- In Anbetracht der relativ kurzen Laufzeit des Pro- teln zu können bzw. um so die bottom up-Herange- jekts wurde ausschließlich ein Bezirk für die Erhe- hensweise zu verwirklichen. Die Interviews thema- bung ausgewählt. Da in Österreich Communities tisierten die Erfahrungen der Communities den ‚grassroots‘ und autonomen Charakter nicht in bezüglich bestehender Mängel in der politischen, diese Ausmaß wie Communities in Großbritannien- sozialen und kulturellen Partizipation, mit einem aufweisen, wurden Organisationen bzw. Vereine als S c h w e r p u n k t a u f P o l a r i s i e r u n g b z w. Proxys herangezogen. Aus diesem Grund waren Radikalisierung/De-Radikalisierung. Zusätzlich zu Vielfältigkeit und eine ausreichende Zahl an Orga- eventuellen Defiziten wurden auch Verbesserungs- nisationen bzw. Vereine bei der Auswahl des Be- und Lösungsvorschläge in Form von möglichen zirks die zentralen Kriterien. Laut diversen Statisti- Initiativen für die erwähnten Probleme ange- ken der Stadt Wien19 hat Leopoldstadt im Vergleich sprochen, um die bottom up-Herangehensweise zu zu anderen Bezirken eine größere ethnische Vielfalt verstärken. Damit wurde ein umfassender und verfügt über relativ viele Vereine sowie religiö- Überblick und eine evidenzbasierte Analyse der se Institutionen. In den letzten Jahren gab es im 2. aktuellen Situation und der Bedürfnisse bzw. Prob- Bezirk zudem zahlreiche Vorfälle, die ein Hinweis leme der lokalen Communities in diesem Bezirk auf mögliche Probleme im Bereich Polarisierung, erstellt. Obwohl diese Ergebnisse für die gesamte mangelnder Partizipation und Radikalisierung sein Stadt zwar nicht repräsentativ sind, stellen sie auf- könnten. grund der im Bezirk vorhandenen der hier vorhan- denen Vielfalt doch einen relevanten Indikator dar. 2 ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. 4. ERGEBNISSE Politische, soziale und kulturelle Partizipation Politische und kulturelle Partizipation sind für die gel an konkreten und permanenten Stellen für be- meisten Communities - wie bereits im Vorfeld er- stimmte Angelegenheiten bei der Bezirks- bzw. wartet - von zentraler Bedeutung, jedoch sind die Stadtleitung, wo gewisse Probleme und Anliegen Rahmenbedingungen dafür nicht immer vollständig (z.B. beim Thema Religion) an eine Kontaktperson gegeben. Die Erfahrung mehrerer Communities ist, gemeldet werden können. Das dritte Problem rund dass ohne persönliche Kontakte eine effektive poli- um politische Teilhabe ist, dass es kaum Partizipa- tische Teilhabe nur schwer möglich ist. Neben tionsmöglichkeiten für MigrantInnen (kein Wahl- Wahlen gibt es einen Bedarf an gesellschaftspoliti- recht, keine politische Stimme) gibt, was schluss- schen Vorgängen und teilweise auch an anderen endlich oft zu Frustration führt und Integration Angelegenheiten - wie die Einbindung bei der Pla- hindert. nung von Infrastrukturprojekten - regelmäßig mit- zumachen. Jedoch fehlen diesbezüglich einem gro- Der oben erwähnte Verbesserungsbedarf bei der ßen Teil der Communities die persönlichen Bezie- Mitgestaltung der Infrastruktur hat außerdem auch hungen. Mit der Etablierung einer Kontaktperson auf die kulturelle Partizipation signifikante Aus- in der Stadtpolitik könnten solche allgemeinen An- wirkungen, da es einen Mangel an Orten für kultu- liegen, aber auch Rückfragen und Notfälle pro-ak- relle Begegnung gebe. Fast alle Communities wa- tiv und langfristig gelöst werden. ren sich darin einig, dass es im Bezirk schwer sei, kulturelle Veranstaltungen zu organisieren oder Ein anderes Defizit der politischen Partizipation sogar nur alltäglichen kulturellen Austausch zu be- sind die unpraktikablen Mitsprachemöglichkeiten: treiben, bei dem der Zugang für alle sichergestellt Veranstaltungen finden oft zu Uhrzeiten statt, zu wäre. Ebenso wichtig wäre die Erweiterung der denen viele arbeitende Menschen nicht teilnehmen Orte bzw. Räumlichkeiten, wo kulturelle Begeg- können. Darüber hinaus seien Partizipationsmög- nung zwischen unterschiedlichen Communities lichkeiten, die bereits existieren, oft nicht ausrei- möglich ist, da die zunehmende Isolation der chend institutionalisiert bzw. fehlt es an einer kla- Communities eine der treibenden Kräfte für Polari- ren Struktur. Die Befragten erwähnten einen Man- sierung ist. DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE BEZÜGLICH DER POLITISCHEN, SOZIALEN UND KULTURELLEN PARTIZIPATION Mangelnde Struktur der politischen Partizipationsmöglichkeiten Wenige persönliche Beziehungen zu Entscheidungsträgern Der Mangel an Begegnungsorten verhindert die kulturelle Teilhabe DIE ERWÜNSCHTEN MAßNAHMEN Praktische Gestaltung der Mitsprachemöglichkeiten (v.a. Struktur & Uhrzeit) Institutionalisierte persönliche Beziehungen zu den Behörden Neue Möglichkeiten zur Mitgestaltung der Gesellschaftspolitik bzw. Entwick- lungen der Infrastruktur (z.B. neue Begegnungsorte) 3 ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. Beziehung zu den Behörden bzw. Polizei Im Allgemeinen haben sich InterviewpartnerInnen Zur Polizei gab es mehrere positive Anmerkungen, einen engeren Kontakt bzw. eine pro-aktive, regel- die darauf hinweisen, dass die Beziehung mit mäßige Kommunikation mit Behörden und der Po- Communities grundsätzlich gut sein kann. Vor al- lizei gewünscht, die nicht nur bei Problemen zu lem bei religiösen Einrichtungen, die von der Poli- tragen kommt. Dafür wären Kontaktpersonen und zei beschützt werden, gab es solche positive Erfah- auch persönliche Beziehungen hilfreich, sodass bei rungen, die teilweise ein Beweis für die positive aufkommenden Problemen der Kontakt direkt auf- Wirkungen der gegenseitigen Interaktion sind. Bei genommen werden kann. Dadurch gäbe es auf- diesen Communities ist die Beziehung zwischen grund der Bekanntschaft auch einen gewissen Grad Community und Polizei viel stärker und besser. an Vertrauen. Darüber hinaus wurde mehrmals auf Obwohl der Anlass dieser Interaktionen negativ ist, mangelndes Verständnis für kulturelle Unterschiede beweist diese Entwicklung, dass regelmäßiger bei Polizei und Behörden hingewiesen. Kulturelle Kontakt langfristige positive Auswirkungen hat. Traditionen und Gewohnheiten können für Behör- Bei anderen Communities, die eine gute Erfahrung den und Polizei oft von Bedeutung sein, jedoch bzw. Beziehung zur Polizei haben, gibt es ebenfalls kommt es häufig zu Missverständnissen aufgrund regelmäßigen Kontakt, auch wenn es sich nur um des fehlenden Wissens. einen kurzen Austausch handelt. Ein Teil der Rückmeldungen über die Polizei war jedoch eher Über die Zusammenarbeit mit Magistratsabteilun- negativ, v.a. wegen der exzessiven Vorgehensweise gen der Stadt Wien bzw. mit dem Bezirksrat gab es der Polizei besonders gegen Jugendliche mit Mi- großteils positive Rückmeldungen, mit der Aus- grationshintergrund. Das am häufigsten erwähnte nahme der unzureichenden Unterstützung bei Pro- Problem sind außerdem die mühsamen und kom- jekt- bzw. Förderungsanträgen. Eine interessante plizierten Methoden bei den Meldestellen für Erkenntnis in diesem Bezug ist, dass es keinen Zu- Hassdelikte, Diskriminierungsvorfälle oder Extre- sammenhang zwischen Finanzierung und Zufrie- mismusverdacht. Bessere und einfachere Mel- denheit mit den Wiener Behörden gibt. Ansonsten dungsmethoden oder zumindest eine öffentliche zeigt sich die Tendenz, dass jene Communities, die Informationskampagne über solche Meldestellen tagtäglich von Diskriminierung betroffen sind, sich und ihrer Benutzung würden einen großen positi- besseren und engeren Kontakt mit den Behörden ven Unterschied machen. wünschen, während diejenigen, die keine Diskri- minierung im Alltagsleben wahrnehmen, eher mit ihrem Kontakt zu Behörden zufrieden sind. DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE BEZÜGLICH DER BEZIEHUNG ZU DEN BE- HÖRDEN BZW. POLIZEI Häufige Missverständnisse aufgrund des fehlenden kulturellen Wissens Mangel an Unterstützung bei Projekt- bzw. Förderungsanträgen Das Meldesystem für Hassdelikte sei zu kompliziert und mühsam DIE ERWÜNSCHTEN MAßNAHMEN Vertiefung der kulturellen Kenntnisse von Behörden und der Polizei Regelmäßige Kommunikation und engere persönliche Beziehungen mit den Behörden bzw. Polizei Meldestellen für Diskriminierungsvorfälle, Extremismusverdacht und Hassde- likte sollen vereinfacht werden 4 ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. Polarisierung, Diskriminierung Bei Polarisierung sind Jugendliche ein Vorbild für politischen Entwicklungen und der medialen Be- ältere Mitglieder ihrer Community: Spaltungen und richterstattung darüber gekoppelt, wie internationa- Diskriminierung sind eher nebensächliche Proble- le Terroranschläge, die sehr wohl auch in Wien eine me unter den jüngeren Generationen. Leider ist Auswirkung auf betroffene Communities haben. diese Tendenz in der allgemeinen Gesellschaft an- Bis ins Jahr 2014 hat sich zwar vieles in die positi- ders. Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund ve Richtung verändert, jedoch wurde diese Tendenz des Migrationshintergrundes stellt weiterhin ein wegen der großen medialen Aufmerksamkeit rund häufiges Problem dar. Auch geschlechtsspezifische um den Islamischen Staat rückgängig gemacht, was Diskriminierung ist eine langfristige Herausforde- dazu geführt hat, dass MuslimInnen zunehmend rung. Frauen mit Migrationshintergrund werden gemieden und diskriminiert wurden. In ähnlicher tagtäglich auf der Straße oder in öffentlichen Ver- Weise haben auch lokale bzw. nationale politische kehrsmitteln wegen ihrer Herkunft, Religion bzw. und gesellschaftliche Entwicklungen, die sonst mit Geschlechts beschimpft, oder sogar angegriffen. MuslimInnen wenig zu tun haben, auch Auswir- Diese Formen der Diskriminierung gebe es sogar in kungen auf diese: z.B. werden vor Wahlen Muslim- staatlichen Institutionen und bei Behörden, weswe- Innen im öffentlichen Diskurs immer wieder in- gen Diskriminierungsvorfälle nur selten gemeldet strumentalisiert und in den Vordergrund gestellt, werden, weil die betroffenen Personen davor Angst wodurch die Polarisierung erhöht wird bzw. es haben, dass es erneut zu Diskriminierungsvorfällen vermehrt zu Diskriminierungsvorfällen kommt. seitens der Polizei kommt bzw. ihre Anliegen nicht ernst genommen werden. Alles in allem sind Span- Antisemitismus nimmt seit längerer Zeit stark zu nungen jedoch auch innerhalb größerer Commu- und ist mittlerweile vermehrt in Online-Chatgrup- nities in der letzten Zeit relevanter geworden, daher pen, aber auch auf der Straße ausgeprägt. In eini- soll die Vielfältigkeit einzelner Communities bei gen Fällen kommt es zu latentem Antisemitismus: Gegenmaßnahmen unbedingt berücksichtigt wer- es wird zwar nicht explizit ausgesprochen, die im- den. plizierten Zuschreibungen spüren die Opfer aber trotzdem. Die Diskriminierung gegen jüdische Ebenso unverändert bleibt die Islamophobie in der Menschen hat ein solches Ausmaß erreicht, dass Gesellschaft, die besonders medial vorangetrieben sogar die grundsätzliche Freiheit der Mitglieder wird, aber teilweise auch aus der Isolation bzw. jüdischer Communities aufgrund ihrer Angst vor Abspaltung einzelner muslimischer Communities Angriffen teilweise beschränkt wird. Als Grund für von der Mainstream-Gesellschaft stammt. Diskri- Antisemitismus wird das fehlende Wissen über das minierung gegen MuslimInnen ist auch an externen Judentum vermutet. DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE BEZÜGLICH POLARISIERUNG Kontinuierliche Zunahme der Polarisierung in der Gesellschaft Die mediale Berichterstattung bzw. Vorurteile tragen zur Polarisierung bei Islamophobie, Antisemitismus und Diskriminierung gegen Personen mit Mi- grationshintergrund bleiben weiterhin tagtägliche Probleme Mangel an Kooperation zwischen Communities führt zu Polarisierung DIE ERWÜNSCHTEN MAßNAHMEN Verstärkter Fokus auf die Vermittlung von kulturellem Wissen Vermehrte und engere Zusammenarbeit zwischen Communities Unabhängige Meldestellen für Diskriminierungsvorfälle Berücksichtigung der Vielfältigkeit einzelner Communities 5 ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. Radikalisierung, Extremismus Entwicklungen hinsichtlich Radikalisierung stehen Unter jungen MuslimInnen besteht zudem die Ge- in Verbindung mit der Lage der Polarisierung. fahr einer Identitätskrise, da sie oft aufgrund eines Rechtsextremismus stellt eine wesentliche Heraus- externen Einflusses zwischen zwei Persönlichkei- forderung dar, wobei Vandalismus und Gewalt ten zerrissen sind. Im Allgemeinen zeigt sich aber mittlerweile Teil des alltäglichen Lebens von be- unter Jugendlichen die Entwicklung, dass nicht troffenen Communities geworden sind. Die Gefahr Ideologie und Radikalisierung zu Gewalt und Kon- des Jihadismus scheint in den letzten Jahren (v.a. flikte führen, sondern umgekehrt: bereits existie- im Zusammenhang mit dem Verlust des IS-Territo- rende Aggression wird mit ideologischen Aspekten riums) gesunken zu sein, wobei praktische Proble- aufgeladen bzw. wird Gewalt dadurch gerechtfer- me, Barrieren und Schwierigkeiten bei der Integra- tigt. Auch diese Tendenz wurde stark von interna- tion bzw. mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten tionalen Trends im Terrorismus (v.a. hinsichtlich die Hintergründe für Radikalisierung sind. Jedoch des IS und anderer Gruppierungen in Syrien und im wandelt sich die Ausprägung des Extremismus vom Irak) beeinflusst. Aus diesen Erkenntnissen folgt, Ziel der Etablierung eines Islamischen Staates hin dass Radikalisierung - auch ‘homegrown’ - auf zu einem offenen Konflikt mit jüdischen Menschen keinen Fall isoliert betrachtet werden darf, da es und spiegelt damit die Entwicklungen im Nahen immer von globalen Entwicklungen abhängig ist. Osten wider. DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE BEZÜGLICH RADIKALISIERUNG Praktische Alltagsprobleme (z.B. mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten) und Identitätskrisen wegen Diskriminierung tragen zu Radikalisierung bei Die steigende Tendenz der Gewaltausübung extremistischer Gruppierungen hat eine negative Auswirkung auf das Alltagsleben mehrerer Gemeinschaften Globale politische Entwicklungen (z.B. Bürgerkrieg in Syrien, Anschläge des IS) haben signifikanten Einfluss auf Radikalisierungstendenzen in Österreich Ideologie ist nicht der primäre Auslöser von Gewalt unter Jugendlichen Bereits existierende Aggression wird mit ideologischen Elementen aufgeladen und gerechtfertigt DIE ERWÜNSCHTEN MAßNAHMEN Gemeinsame Vorgehensweise mit Einbeziehung aller Communities und der Polizei gegen Radikalisierung und Extremismus Berücksichtigung globaler Entwicklungen für Präventionsmaßnahmen Prävention und Deradikalisierung mit Fokus auf Alltagsproblemen statt auf ideologische Aspekte 6 ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. 5. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN Aus diesen Erkenntnissen können mehrere Handlungsempfehlungen bzw. konkrete Vorschläge für Maßnah- men auf unterschiedlichen Ebenen abgeleitet werden. Veranstaltungen mit aktiver Teilnahme mög- text wurde betont, dass Vereine und Communities nicht explizit aufgrund ihres ‘Andersseins’ ange- lichst vieler Community-Mitglieder sprochen werden sollen, d.h. der Anlass der Ein- Bezüglich öffentlicher Veranstaltungen gab es ladung sollte nicht der eventuelle Migrationshinter- mehrere praktische Anmerkungen, wodurch diese grund einer Community sein. Initiativen eine größere Öffentlichkeit erreichen könnten und möglicherweise eine bessere Auswirkung hätten. Einige der Befragten haben Workshop-Reihe zur Ausbildung von Frei- vorgeschlagen, dass Veranstaltungen v.a. gelebte willigen im Bereich der Integration Interaktionen sein sollen und nicht ausschließlich Obwohl VolontärInnen meistens nicht entlohnt Vorträge, wodurch auch jene mitmachen können, werden können, sollen sie zumindest beim Um- die eventuell Unsicherheiten bei der Sprache haben. gang mit traumatisierten Personen ausgebildet Begegnungen und Kooperationen mit möglichst werden, um so bessere Betreuung anbieten zu diversen Communities sollen aktiv gestaltet wer- können bzw. Warnzeichen von Radikalisierung früh erkennen zu können. den, um Mitglieder damit zur Teilnahme zu ermuti- Kulturveranstaltungsreihe mit ‘etablierten’ gen, und so weit wie möglich zu ‘praktischen’ Zeit- Communities mit Migrationshintergrund en stattfinden, sodass arbeitende Menschen auch Viele Communities haben wertvolle Ressourcen teilnehmen können. (Sprache, Kenntnisse der Kultur), mit denen die Interreligiöser bzw. interkultureller Aus- Integration von Flüchtlingen im Rahmen einer tausch im Rahmen einer Workshop-Reihe Kulturveranstaltungsreihe gefördert werden kann. Dafür braucht es persönliche Beziehungen zwi- Jugendliche seien von neuen Herausforderungen schen Behörden und Communities, sodass Mitar- betroffen, für die die traditionelle religiöse Lehre beiterInnen der Stadt Wien zumindest ein oft keine eindeutigen Antworten anbieten kann. grundlegendes Wissen über die verfügbaren Daher versuchen diese Communities, die Prob- Ressourcen der Communities erwerben. leme der modernen Zeit mittels Religion zu in- terpretieren, womit auch die Jugendlichen der Behörden Communities erreicht werden können. Folgende Eine der wichtigsten Empfehlungen für Behörden Themenempfehlungen wurden angesprochen: und PolitikerInnen hinsichtlich der Stärkung lokaler Wie werden Menschenrechte von den unter- Communities ist, dass viel mehr Begegnung und schiedlichen Religionen bzw. aus der Perspektive persönliche Beziehungen notwendig sind. Das kön- der Communities interpretiert? nen kurze, aber regelmäßige Gespräche oder Wie gestaltet sich die religiöse Perspektive auf gemeinsame Veranstaltungen bzw. Einladungen moderne Demokratien? sein. Persönliche Beziehungen mit MultiplikatorIn- Praktische Alltagsprobleme: Wie geht man mit nen bzw. Community-Leadern hätten viele positive Hass bzw. Diskriminierung laut religiöser Auswirkungen, u.a. die Stärkung des gegenseitigen Vorschriften um? Wie kann man Konflikte ohne Vertrauens. Am besten sollten diese institutional- Gewalt lösen? Was sagt die Religion zu Themen isiert werden, sodass solche Begegnungen nicht ad wie Tätowierung, Shisha oder LGBTQ? hoc, sondern auf regelmäßiger Basis stattfinden. Integration Darüber hinaus könnten laut den Interviews sowohl Integrationsinitiativen wird aus Erfahrung emp- die Polizei als auch die Behörden von einer Ver- fohlen, dass diese unbedingt im ‘Rahmen der Nor- tiefung ihrer kulturellen Kenntnisse bzw. Kompe- malität’ veranstaltet werden sollen, d.h. nicht tenzen profitieren. Es gab zahlreiche Rückmeldun- gezielt und ausschließlich für MigrantInnen, gen von mehreren Communities, dass ihre Traditio- Flüchtlinge oder mit dem einzigen Ziel der ‘Inte- nen und Gewohnheiten nicht verstanden werden, gration’. Stattdessen sollen möglichst viele diverse weshalb es oft zu Unannehmlichkeiten und Communities eingebunden werden. In diesem Kon- Missverständnissen kommt. Dabei geht es nicht nur 7 ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. um ein gegenseitiges Kennenlernen und den Auf- als ÖsterreicherInnen akzeptiert werden. Häufigere bau persönlicher Beziehungen, sondern auch Vorfälle können sogar zu einer sogenannten Iden- darum, dass die ‘einfachen’ Mitglieder von der titätskrise führen, wobei sich die Person gezwungen Polizei lernen können bzw. die Polizei die kul- fühlt, eine Identität zu wählen: entweder die öster- turellen Traditionen dieser Community kennenlernt, reichische Identität oder die ihres vermeintlichen um diese besser zu verstehen und zukünftige Herkunftslandes. Um dies zu vermeiden wird emp- Missverständnisse zu vermeiden. Eine weniger fohlen, dass in solchen Fällen eher gezielt nach der aufwändige Alternative dafür wäre die Etablierung Herkunft der Großeltern gefragt werden soll. Damit von Kommunikationskanälen zwischen Kontakt- kann das Gefühl der Ausgrenzung zu einem gewis- personen der Polizei und der Communities, sodass sen Maße verhindert werden. bei Unklarheiten, Fragen oder sogar Notfällen ohne Interkulturelle multimediale Initiative Verzögerung eine Zusammenarbeit stattfinden gegen Stigmata in Schulen kann. Diese Maßnahmen würden zusätzlich der Vernetzung und der Verstärkung des gegenseitigen Durch eine Initiative zur ‘Sensibilisierung’ für Vertrauens dienen. unterschiedliche Religionen und Kulturen im Kontext von Medienunterricht, Literatur und Organisatorische Unterstützung bei Projekten Geschichte könnte ein grundlegendes Verständnis Statt nanzieller Unterstützung hilft es den für kulturelle Unterschiede geschaffen werden, Communities mehr, wenn die Stadt Wien bei der was gleichzeitig auch Stigmata reduziert. Im Planung bzw. bei organisatorischen Aspekten von Rahmen dieser Initiative könnten Podcasts und Veranstaltungen und Projekten Unterstützung Videos produziert werden, in denen Community- anbietet. Zeitmangel sei ein primärer Grund Mitglieder von ihrer eigenen Geschichten bzw. dafür, weshalb es zu wenig Kontakt zu anderen Kultur erzählen. Communities bzw. zur Polizei gibt, jedoch kann Äußerung gegenseitiger Solidarität mangelnde Begegnung zu einer Polarisierung Eine einfache, aber umso wichtigere praktische beitragen. Auch einfache Veranstaltungen können Empfehlung bezieht sich auf Äußerungen viel verändern, wichtig dabei wäre aber die gegenseitiger Solidarität. In mehreren Fällen Regelmäßigkeit. wurde erwähnt, wie viel es für die eigene Weiterbildung in der Nutzung des Meldesys- Community bedeutet hat, wenn jemand aus einer tems zusammen mit den Behörden anderen Community nach einem negativen Das aktuelle Meldesystem für extremistische Ver- E r e i g n i s ( z . B . Te r r o r a n s c h l a g o d e r dachtsfälle bzw. Diskriminierungsvorfälle sei nur Diskriminierungsvorfall, bei dem die eigene wenigen bekannt und zu kompliziert. In interak- Community zum Opfer wurde) Solidarität tiven Workshops könnte gemeinsam mit den Be- ausgedrückt hat. Auch Behörden könnten ihre hörden der Umgang damit erklärt werden. Zusät- Unterstützung und Solidarität in einigen Sätzen zlich kann die Polizei darüber informieren, wie äußern, womit gleichzeitig das Sicherheitsgefühl man in einer solchen Situation als BetroffeneR der betroffenen Communities verstärkt wird. reagieren kann bzw. soll. Als Alternative könnte Förderung der Diversität, auch innerhalb der eine Handy-‘App’ für Meldungen und Reaktion- smöglichkeiten bei Vorfällen mit Einbeziehung Communities vieler Communities entwickelt werden. Aus den Erkenntnissen zur Polarisierung innerhalb Sensibilisierung und Prävention im Alltag von Communities folgt, dass bei Projekten und jeweiligen Handlungen, die darauf abzielen, Span- Ein anderer allgemeiner Vorschlag bezüglich in- nungen und Polarisierung zu vermindern, auch terkultureller Begegnung für alle TeilnehmerInnen Heterogenität bzw. Diversität der einzelnen Com- war die richtige Formulierung der Fragestellungen munities unbedingt zu berücksichtigen ist. Es gibt bei Personen mit sichtbarem Migrationshinter- nicht ‘die’ ImmigrantInnen, ‘die’ Flüchtlinge, ‘die’ grund. Besonders für Jugendliche, die hier geboren jüdischen Menschen oder ‘die’ MuslimInnen. sind, stellen solche Fragen tagtäglich eine Heraus- Darüber hinaus sollen diese Konflikte ernst forderung dar: auch wenn sie gut in der genommen bzw. eingedämmt werden, da solche Gesellschaft integriert sind, können Fragen, wie intra-community Probleme oft größer sind als an- etwa "Woher kommst du so wirklich?", den Ein- dere und nicht ignoriert werden dürfen. druck entstehen lassen, dass sie immer noch nicht 8 fi ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. Prävention und pro-aktive Maßnahmen durch 6. SCHLUSSFOLGERUNG Bekanntschaft bzw. Kooperation In Anbetracht der wesentlichen Veränderungen Letztendlich betonten zahlreiche Befragten auf- rund um die europäische und auch österreichische grund ihrer eigenen Erfahrung, wie wichtig eine Sicherheit, sind neue evidenzbasierte Ansätze der präventive bzw. pro-aktive Vorgehensweise gegen Präventionsarbeit auf kommunaler Ebene wichtiger Polarisierung, Diskriminierung, Hass und Radikali- denn je. Mit dem Wandel der Struktur und Strate- sierung ist. Initiativen und Maßnahmen sollen nicht gien extremistischer und hasserfüllter Gruppierun- erst dann eingeführt werden, wenn es schon sicht- gen wiesen internationale Initiativen darauf hin, dass die einzige langfristige Lösung nur ein bare bzw. wesentliche Probleme gibt. Der Erfah- gesamtgesellschaftlicher bottom up-Ansatz sein rung mehrerer MultiplikatorInnen nach, funktio- kann. Politische, kulturelle und soziale Teilhabe niert Prävention und Konfliktlösung am besten mit- aller Communities und die Verminderung der Po- tels persönlicher Beziehungen, wobei sogar ein larisierung sind die Schlüssel für ein friedliches Mindestmaß an Bekanntschaft eine eskalierte Situa- Miteinander, das aber nur gemeinsam mit allen tion beruhigen kann. Es kann durchaus ausreichen, Communities, Behörden und sozialen Institutionen wenn zwei Community-Leader einander schon ein erreicht werden kann. Auf diesen Erfahrungen auf- Mal getroffen und einige Sätze miteinander gespro- bauend zeigte dieses Pilotprojekt, dass ein solcher chen haben. Gemeinsame Aktivitäten reduzieren integrativer Ansatz auch in Österreich zielführend außerdem fast immer auch Vorurteile. Laut mehre- ist. Diese Erhebung ist ein Nachweis dafür, wie ren Befragten braucht es dafür einen sicheren Be- wichtig Communities - wenn auch nicht unbedingt in ‘traditionellen’ Aufstellungen - immer noch sind gegnungsraum und eine neutrale Vermittlungsper- und wie ihre Ideen und Erfahrungen die allgemeine son, die auf beiden Seiten bekannt ist. Bei diesen Sicherheit der Gesellschaft voranbringen könnten. Aktivitäten ist es wichtig, wie auch schon oben er- Außerdem wurde bewiesen, wie die im öffentlichen wähnt, dass sie interaktiv sind, d.h. dass sich alle aber auch wissenschaftlichen Diskurs als zentral TeilnehmerInnen aktiv (im Gegensatz Einteilung in bewerteten Probleme und vorgeschlagenen Lösun- ZuhörerInnen und RednerInnen) daran beteiligen gen nicht immer bzw. unbedingt der Wirklichkeit und dadurch ein Vorbild darstellen. Damit wird ge- und Vorstellungen der betroffenen Menschen sichert, dass möglichst viele teilnehmen können. entsprechen, was wiederum die Wichtigkeit der Feldforschung und der gemeinsamen Vorge- Anschaffung eines allgemeinen Kulturraumes hensweise bestätigt. Anhand von 14 Interviews mit Um den Mangel an Begegnungsorte Community-Leadern im zweiten Bezirk konnten entgegenzuwirken, wäre eine - oder sogar die wichtigsten Probleme bezüglich Partizipation, mehrere - Kulturräumlichkeit/en im Bezirk Polarisierung und Radikalisierung eruiert werden, wichtig. An diesem Ort könnten nicht nur wobei infolgedessen auch zahlreiche Ideen für Lö- Veranstaltungen statt nden, sondern auch sungsinitiativen vorgeschlagen wurden. Darüber informelle Treffen und kultureller Austausch. hinaus konnte ein Netzwerk aus vielfältigen Ak- A u s w e i t u n g b z w. r e g e l m ä ß i g e r e teuren aufgebaut werden, das auf gegenseitiges Veranstaltung der Initiative ‘Tag der Vertrauen und persönlichen Beziehungen basiert. offenen Tür’ in religiösen Einrichtungen Diese Ergebnisse sind nicht nur für den Bedarf- Diese Initiative war mit Abstand die beliebteste sträger, sondern u.a. auch für Community-Leader unter den InterviewpartnerInnen. Zusätzlich zu und für die Polizei von wesentlicher Bedeutung. dem ‘passiven’ Empfang von BesucherInnen in Diese Erhebung ist zwar ein wesentlicher Schritt, religiösen Einrichtungen könnten aber noch jedoch nicht ausreichend. Nach diesem Pilotprojekt weitere gemeinsame Tätigkeiten aktiv gestaltet ist es umso wichtiger, dass dieses Netzwerk durch werden - wie z.B. Sport, Kochen, Film- ein Folgeprojekt erhalten bleibt bzw. auf weitere vorführungen zum Thema Kultur-, wodurch die Bezirke ausgedehnt wird, wodurch möglichst viele Communities einerseits einander und andererseits Ideen aus der Erhebung mit den Communities weit- unterschiedliche Kulturen besser kennenlernen er besprochen und implementiert werden können. können. 9 fi ü
Communities stärken, Demokratie stärken. Präventionsarbeit f r ein Leben miteinander. VERWEISE 1 Blatter, Joachim and Schmid, Samuel and Blättler, Andrea C. (2017): Democratic Deficits in Europe: The Overlooked Exclusiveness of Nation!States and the Positive Role of the European Union. JCMS: Journal of Common Market Studies, Vol. 55, Issue 3, pp. 449-467, 2017. Available at SSRN: https://ssrn.com/abstract=2948097 or http://dx.doi.org/10.1111/jcms.12491 2 Mats Sederholm, Open Democracy (2019): Polarisation with no ideological solution in sight. (https://www.opendemocracy.net/en/can- europe-make-it/polarisation-with-no-ideological-solution-in-sight/); Christopher Groskof, Quartz (2016): European politics is more polar- ized than ever, and these numbers prove it (https://qz.com/645649/european-politics-is-more-polarized-than-ever-and-these-numbers- prove-it/); Deutsche Welle (2020): Democracy at risk, warns Israeli ambassador (https://www.dw.com/en/democracy-at-risk-warns- israeli-ambassador/a-52550104) 3 Deutsche Welle (2020): Germany prepares for reprisal attacks after Hanau shootings (https://www.dw.com/en/germany-prepares-for- reprisal-attacks-after-hanau-shootings/a-52474361); Deutsche Welle (2020): Germany's Muslims demand protection at mosques (https://www.dw.com/en/germanys-muslims-demand-protection-at-mosques/a-52413499?maca=en-newsletter_en_bulletin-2097-html- newsletter) 4 Melissa J. Salyk-Virk (2018): “Building Community Resilience? Community Perspectives of the Countering Violent Extremism Pilot Pro- gram in Minneapolis/St. Paul,” Studies inConflict & Terrorism; RAN Collection of Approaches and Practices 2019: Preventing Radicalisa- tion to Terrorism and Violent Extremism. Community engagement and empowerment; Hedieh Mirahmadi (2016): “Building Resilience against Violent Extremism: A Community-Based Approach”, THE ANNALS OF THE AMERICAN ACADEMY 668 5 siehe RAN 2019, Institute for Strategic Dialogue (ISD) (2019): Innovation Fund to counter hate & extremism in the UK (https:// www.isdglobal.org/wp-content/uploads/2019/06/ISD-Innovation-Report.pdf) 6 siehe Melissa J. Salyk-Virk (2018) und Hedieh Mirahmadi (2016) 7 RAN Youth, Families and Communities Working Group (https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/networks/radicalisation_aware- ness_network/about-ran/ran-yf-and-c) 8 WIR II: WORKSHOPS ZUR INTEGRATION UND RADIKALISIERUNGSPR VENTION (https://austria.iom.int/sites/default/files/WIRII_- DE.PDF) 9https://www.wien.gv.at/statistik/leistungsbericht/ma17/index.html. Dies wurde anschließend auch auf Europaebene als ein Beispiel von Maßnahmen auf kommunaler Ebene hervorgehoben. 10 Weiterbildung "Migra-Bil" - Integration in Wien (https://www.wien.gv.at/menschen/integration/weiterbildung/multiplikatoren/kurs- migra-bil.html) 11 siehe Mirahmadi 2016 12 Community ist “a psychological process by which one perceives a sense of membership and belonging in a group” (B. Heidi Ellis and Saida Abdi 2017) 13 Mirahmadi 2016 14 Mirahmadi 2016; Douglas Weeks (2019) “Barking Mosque and Quintessential Insight: Overcoming the Problematic Government/ Community Counterterrorism Partnership in the UK,” Studies in Conflict & Terrorism 42, no.8 (2019): 735-754.; Malin E. Wimelius, Malin Eriksson, John Kinsman, Veronica Strandh and Mehdi Ghazinour, “What is Local Resilience Against Radicalization and How can it be Promoted? A Multidisciplinary Literature Review,” Studies in Conflict & Terrorism (2018) 15 Karen Bullock and Paul Johnson, “Police engagement with Muslim communities: breaking out, breaking in, and breaking through,” Policing and Society 28, no.8 (2018): 879-897. 16 Melissa J. Salyk-Virk, “Building Community Resilience? Community Perspectives of the Countering Violent Extremism Pilot Program in Minneapolis/St. Paul,” Studies inConflict & Terrorism (2018) 17B. Heidi Ellis and Saida Abdi, ”Building Community Resilience to Violent Extremism Through Genuine Partnerships”, American Psychol- ogist 72, no.3 (2017): 289–300. 18B. Heidi Ellis und Saida Abdi (2017) 19https://www.wien.gv.at/statistik/bevoelkerung/tabellen/bevoelkerung-bez-zr.html ; https://www.data.gv.at/katalog/dataset/0b1c34b4- 06c0-49f3-9379-d86cc8b1c78d 20 Empfehlung einer möglichen neuen InterviewpartnerIn von anderen InterviewpartnerInnen. 10 ü Ä
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