Covid-19 - aktuelle Fragen und Antworten auf einen Blick - KPMG Law

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Covid-19 – aktuelle Fragen und Antworten
auf einen Blick
Covid-19 und aufenthaltsrechtliche
Fragestellungen

 Sie fragen sich, welche Implikationen der Ausbruch von Covid-19 auf die
 Beschäftigung Ihrer ausländischen Mitarbeiter haben kann?

 1. Kann ein drittstaatsangehöriger Mitarbeiter in Deutschland Kurzarbeitergeld („KUG“) beziehen ohne
 Auswirkungen auf seinen Aufenthaltstitel?
 Davon ausgehend, dass Kurzarbeit wirksam angeordnet wurde, hängt die Beantwortung dieser Frage von der
 Art des Aufenthaltstitels ab: Die Höhe des Entgelts ist vor allem bei der Blauen Karte EU bedeutsam. Denn hier
 gilt für die Erteilung eine fixe Gehaltsgrenze von mindestens 2/3 der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in
 der allgemeinen Rentenversicherung. Aktuell für das Jahr 2020 sind dies EUR 55.200 brutto pro Jahr. Bei
 bestimmten Berufsgruppen wird diese Grenze auf 52 % der allgemeinen Rentenversicherung abgesenkt (sog.
 Mangelberufe, aktuell für 2020: EUR 43.056). Dann allerdings muss die Bundesagentur für Arbeit der Blauen
 Karte EU zustimmen. Für die Erteilungsvoraussetzungen der Blauen Karte EU in beiden Fällen gilt dabei das
 arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelt als Maßstab.

 Kommt es bei einem ausländischen Mitarbeiter nun zur Verringerung der Arbeitsleistung aufgrund von
 Kurzarbeit, reduziert sich das bezogene Entgelt gleichermaßen. Sinkt das Entgelt unter die anwendbare
 Gehaltsgrenze, liegen grundsätzlich die Erteilungsvoraussetzungen für die Blaue Karte EU nicht mehr vor.
 Erlangt die Ausländerbehörde dann Kenntnis davon, könnte sie gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die Blaue
 Karte EU nachträglich befristen.

 Allerdings gilt für die Blaue Karte EU speziell Folgendes: Der Aufenthaltstitel der Blauen Karte EU ist
 europarechtlich auf die sog. Hochqualifizierten-RL zurückführen (Richtlinie 2009/50/EG). Dessen Art. 5 Abs. 3
 nimmt für die maßgeblichen Gehaltsgrenzen auf das Bruttojahresgehalt Bezug, welches im Arbeitsvertrag
 vereinbart worden ist.

 Eine arbeitsrechtliche, temporäre Modifizierung des tatsächlichen bezogenen arbeitsvertraglichen Entgelts kann
 daran nichts ändern. Denn es gilt insoweit immer noch der vertraglich vereinbarte Anspruch des Arbeitnehmers.
 Insbesondere dann gilt dieser Punkt, wenn der ausländische Mitarbeiter gar kein KUG erhält; dann hat er sogar
 einen regulären Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber, wenn auch nur in Höhe des KUG.

 Unterfällt die Blaue Karte EU im Falle einer (Mangel-)Berufsgruppe der Zustimmungspflicht der Bundesagentur
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für Arbeit, kann die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nachträglich in besonderen Fällen widerrufen
werden, falls die Arbeitsbedingungen nicht (mehr) vergleichbar sind (§ 41 AufenthG). Jedoch regelt keiner der
dort genannten Fälle den Bezug von KUG.

Soweit der Arbeitnehmer nicht im Besitz einer Blauen Karte EU ist, sondern einer sonstigen Aufenthaltserlaubnis
zu Erwerbszwecken, gelten keine festen Gehaltsgrenzen. Der Mitarbeiter darf aber nicht zu ungünstigeren
Bedingungen als Arbeitnehmer in Deutschland mit vergleichbarer Qualifikation und vergleichbarer Erfahrung
beschäftigt werden. Hierzu zählt insbesondere das Gehalt. Bei dieser Vergleichbarkeitsprüfung muss der
Rahmen aber ausgehend von der aktuellen Beschäftigung gezogen werden und entsprechend dürften auch bei
der Referenzperson die Beschäftigungsbedingungen bei angeordneter Kurzarbeit zu berücksichtigen sein.

Einen letzten Punkt bei der Betrachtung von Kurzarbeit und aufenthaltsrechtlichen Auswirkungen stellt die
ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts dar (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG). Denn
Grunderteilungsvoraussetzung für jeden Aufenthaltstitel ist, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt zu
sichern vermag.

Lebensunterhalt ist dabei die Gesamtheit der Mittel, die erforderlich sind, um den Bedarf eines Menschen zu
decken. Gesetzlich sind bereits einige öffentliche Mittel als unschädlich ausgenommen (z. B. Kindergeld und
Elterngeld). Aber auch öffentliche Mittel, die auf einer Beitragsleistung beruhen oder gerade zu dem Zweck
gewährt werden, dem Ausländer einen Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, sind ausgenommen. Wie
das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat in einem Rundschreiben vom 25.03.2020
(Aktenzeichen: M3-51000/2#5) bestätigt hat, gilt das auch für das KUG, da es durch Beiträge der
Arbeitslosenversicherung finanziert wird. Anderenfalls bliebe auch noch die Möglichkeit mit dem Vorliegen eines
atypischen Falles zu argumentieren, da die Sicherung des Lebensunterhalts eine sog.
Regelerteilungsvoraussetzung ist.

2. Kann ein drittstaatsangehöriger Mitarbeiter mit einem Aufenthaltstitel für Deutschland in einem
anderen Bereich oder an anderen Standorten des Arbeitgebers eingesetzt werden, wenn aufgrund
von COVID-19 aktuell der Beschäftigungsbedarf wegfällt?
Sofern arbeitsvertraglich eine Versetzung möglich ist, ist hierfür hauptsächlich die Art des Aufenthaltstitels
entscheidend. Bei unbefristeten Aufenthaltstiteln wie der Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) oder der
Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (§ 9a AufenthG) ist dies möglich. Diese erlauben nach dem Grundsatz von §
4a Abs. 1 AufenthG jedwede Erwerbstätigkeit und dies kann auch nicht beschränkt werden.

Anders sieht es bei befristeten Aufenthaltstiteln wie dem nationalen Visum, der Aufenthaltserlaubnis zur
Erwerbstätigkeit, der Blauen Karte EU, der ICT-Karte und der Mobiler-ICT-Karte aus. Selbige sind mit Blick auf §
4a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 und 2 AufenthG beschränkbar, wobei die Beschränkung auch auf eine entsprechende
Zustimmungsentscheidung der Bundesagentur für Arbeit zurückzuführen sein kann. Diese hat nach § 34 Abs. 1
BeschV etwa die Möglichkeit, die Zustimmung zur Beschäftigung auf einen bestimmten Arbeitgeber, eine
bestimmte Tätigkeit oder einen bestimmten zeitlichen Umfang zu beschränken.

Wurde ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausübung einer bestimmten Beschäftigung erteilt, ist die Ausübung
einer anderen Erwerbstätigkeit verboten, solange und soweit die zuständige Behörde die Ausübung der anderen
Erwerbstätigkeit nicht erlaubt hat, § 4a Abs. 3 S. 4 AufenthG. Wird dieses Verfahren nicht beachtet, liegt eine
illegale (Ausländer-)Beschäftigung vor, die nach § 404 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB III mittels Bußgeldes sanktioniert
werden kann.

Soweit der drittstaatsangehörige Mitarbeiter in einer anderen Funktion beschäftigt werden soll, handelt es sich
um eine Änderung der bisherigen Beschäftigung. Je nach Art des Aufenthaltstitels und dem Umfang der
Änderungen reicht der Handlungsbedarf von einer Änderung des bisherigen Aufenthaltstitels bis zur Ausstellung
eines anderen Aufenthaltstitels, wobei die neuerliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit notwendig sein
kann.

Üblicherweise dauert dieses Verfahren oft mehrere Wochen. Da die Funktion der Ausländerbehörden in der
Regel von den Kommunen ausgeführt wird, kann sich die Bearbeitungszeit noch erhöhen. Denn die Kommunen
sind auch in besonderem Umfang mit Maßnahmen und Entscheidungen des Infektionsschutzes betraut.

3. Kann ein ausländischer Mitarbeiter in Deutschland bleiben, wenn sein Schengen-Visum
abzulaufen droht und er sonst in ein Risikogebiet ausreisen müsste?
Nein, es sei denn, der ausländische Mitarbeiter hat ausnahmsweise eine Verlängerung des bestehenden
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Schengen-Visums auf entsprechenden Antrag hin erhalten.

Schengen-Visa sind im Zusammenhang mit dem Konzept der kurzfristigen Einreise in die EU-Mitgliedstaaten zu
sehen, wobei die Definition für „kurzfristig“ einen Maximalzeitraum von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen
meint. Dieser Maximalzeitraum muss nicht ausgeschöpft sein, sei es im Hinblick auf den Referenzzeitraum (180
Tage) und/oder die erlaubte Aufenthaltsdauer (90 Tage).

Soweit das Schengen-Visum noch nicht für die vollen 90 Tage ausgestellt worden ist, kann es unter zwei
Voraussetzungen ausnahmsweise verlängert werden (Artikel 33 der Verordnung (EG) 810/2009, sog. Visakodex).
Nach dem Visakodex kann eine Verlängerung erfolgen, wenn der Visumsinhaber aufgrund höherer Gewalt den
Schengen-Raum nicht rechtzeitig verlassen kann oder wenn er aus humanitären Gründen daran gehindert ist.
Der hier verwendete Begriff der höheren Gewalt ist ein aufenthaltsrechtlich geprägter, so dass beispielsweise
die Auslegung des Begriffes in anderem Kontext nicht automatisch übertragbar ist.

Die näheren Umstände muss der Visumsinhaber (hier: der ausländische Mitarbeiter) nachweisen. Diese dürfen
erst nach Einreise eingetreten sein. Ein Beispiel für höhere Gewalt kann etwa die fehlende Rückkehrmöglichkeit
sein, wobei hier regelmäßig auf die fehlende Flugmöglichkeit bei Streik oder Sperrungen des Luftraums
abgestellt wird. Beispiele für humanitäre Gründe sind die plötzliche schwere Erkrankung des Visumsinhabers (d.
h. der Visumsinhaber ist bereits an Covid-19 erkrankt und deshalb reiseunfähig) oder die plötzliche schwere
Erkrankung oder der Tod eines engen Verwandten (etwa infolge von Covid-19), der in einem Mitgliedsstaat lebt.

Erlaubt das Schengen-Visum bereits 90 Tage Aufenthalt in dem Rahmen von 180 Tagen, so kann es darüber
hinaus als nationales Visum – ebenfalls im Inland – verlängert werden nach § 6 Abs. 2 S. 2 AufenthG. Das
deutsche Recht greift dabei auf die genannten Gründe von Artikel 33 des Visakodexes zurück. Alternativ
erlauben politische Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder völkerrechtliche Gründe eine Verlängerung.
In allen von § 6 Abs. 2 S. 2 AufenthG erfassten Fällen darf die Verlängerung maximal nochmals für weitere 90
Tage erfolgen. Zuständig für einen Verlängerungsantrag ist die lokale zuständige Ausländerbehörde am
aktuellen Aufenthaltsort des Visumsinhabers.

Veröffentlichte Vorgaben der Handhabung seitens des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat
existieren soweit ersichtlich aktuell (noch) nicht. Damit sind jeweils die kommunalen Ausländerbehörden zu
einer Einzelfallbeurteilung aufgerufen. In diesem Zusammenhang gibt es für die Ausländerbehörden nur wenige
vergleichbare Fälle, auf die zurückgegriffen werden kann. Die weiter unten angesprochene
Ministerialverordnung spricht allerdings dafür, dass von Artikel 33 Visakodex in der Regel kein Gebrauch
gemacht werden kann.

Da die Ausnahmeregelung des Artikel 33 Visakodex auf extreme Fälle beschränkt bleiben soll, dürfte hier nicht
davon auszugehen sein, dass die Ausländerbehörden in jedem Fall höhere Gewalt annehmen. Solange noch
Rückreisemöglichkeiten in den Herkunftsstaat bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat bestehen und keine
Erkrankung des ausländischen Mitarbeiters vorliegt, dürften regelmäßig keine Gründe höherer Gewalt bzw. auch
keine humanitären Gründe vorliegen.

In solchen Fällen muss ein Mitarbeiter innerhalb der Gültigkeit des Schengen-Visums den Schengen-Raum
verlassen. Dabei ist zu beachten, dass ein solcher Antrag anders als bei längerfristigen Aufenthaltstiteln keine
sog. Fiktionswirkung auslöst (§ 81 Abs. 4 S. 2 AufenthG) und der Ausländer bis zur ausländerbehördlichen
Entscheidung nicht in Deutschland bleiben dürfte. Am 08.04.2020 hat das Bundesministerium des Innern, für
Bau und Heimat jedoch eine Ministerialverordnung nach § 99 Abs. 4 S. 1 und 2 AufenthG erlassen, die am
Folgetag im Bundesanzeiger (not-)verkündet wurde (BAnz AT 09.04.2020 V1, abrufbar auch über die Webseite
des Ministeriums unter:
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2020/04/schengen-visa-keine-
strafbarkeit.html).

Diese Verordnung trägt den wenig einprägsamen Namen „Verordnung zur vorübergehenden Befreiung von
Inhabern ablaufender Schengen-Visa vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels aufgrund der Covid-19-Pandemie
(Schengen-Visa-COVID-19-Pandemie-Verordnung – SchengenVisaCOVID-19-V)“.

Nach § 2 Abs. 1 werden drittstaatsangehörige Ausländer, die für kurzfristige Aufenthalte visumspflichtig waren
und sind, bis zum 30.6.2020 vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für ihren Aufenthalt in Deutschland befreit
(zu dieser Pflicht, siehe § 4 Abs. 1 AufenthG). Voraussetzungen sind nur, dass sie sich am 17.3.2020 mit einem
gültigen Schengen-Visum in Deutschland aufgehalten haben oder nach dem 17.3.2020 mit einem gültigen
Schengen-Visum und bis zum 08.04.2020 nach Deutschland eingereist sind und sich seither in Deutschland
aufhalten. Eine solche Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels ist nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
zulässig.

Für drittstaatsangehörige Ausländer, die kein Schengen-Visum für kurzzeitige Aufenthalte benötigen, gilt die
Verordnung nicht. Sie müssen jeweils individuell in Anwendung von § 40 Abs. 2 AufenthV und Artikel 20 Abs. 2
des Schengener Durchführungsübereinkommens die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3
AufenthG beantragen. Über § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG bleibt ihr Aufenthalt in Deutschland bis zur Entscheidung
der Ausländerbehörde darüber aber legal. Einer Erwerbstätigkeit in Deutschland dürfen sie dann grundsätzlich
nicht nachgehen (vgl. § 40 Abs. 2 Nr. 2 AufenthV).

Nicht zuletzt deshalb ist die Regelung von § 2 Abs. 2 der Verordnung kritisch zu sehen, wonach auch die
Erwerbstätigkeit in demjenigen Umfang, wie sie das Schengen-Visum ausnahmsweise erlaubt hat (vgl. § 6 Abs.
2a AufenthG), bis zum 30.6.2020 möglich sein soll. Die Verordnungsermächtigung in § 99 Abs. 1 Nr. 3b
AufenthG spricht eigentlich dafür, dass das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat lediglich
selbstständige Tätigkeiten ohne Aufenthaltstitel in Deutschland erlauben kann, aber nicht jedwede Form der
Erwerbstätigkeit. Sollten damit die Grenzen der Verordnungsermächtigung von § 99 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
überschritten sein, wäre die Verordnung zumindest teilverfassungswidrig und § 2 Abs. 2 käme nicht zur
Anwendung.

Am 5.6.2020 hat der Bundesrat eine weitere Rechtsverordnung, die „Verordnung zur Verlängerung der
vorübergehenden Befreiung von Inhabern ablaufender Schengen-Visa und zur vorübergehenden Befreiung zur
Durchreise zum Zweck der Ausreise aus dem Schengen-Raum vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels aufgrund
der Covid-19-Pandemie (2. Schengen-COVID-19-Pandemie-Verordnung – 2. SchengenCOVID-19-V)“ beschlossen
(BR-Drs. 283/20 (Beschluss); aufrufbar über die Webseite des BMI unter
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/nachrichten/2020/migration-
2te-verordnung.html). Diese ist mit Wirkung zum 19.6.2020 in Kraft getreten (BAnz AT 18.06.2020 V1, vgl. §
4 Abs. 1 der Verordnung).

Mit ihr sind – vereinfacht formuliert – die vorgenannten Regelungen bis zum 30.09.2020 verlängert worden,
zudem soll eine Transitmöglichkeit verbunden mit einem dreitägigen Aufenthalt in Deutschland möglich sein,
ohne dass es dafür eines Aufenthaltstitels bedarf.

4. Kann einem ausländischen Mitarbeiter aus einem Drittstaat die Einreise nach Deutschland
verweigert werden?
Mit der Entscheidung der Bundesregierung am Abend des 15.3.2020, die Empfehlungen der EU-Kommission
umzusetzen, hat sich die Situation grundlegend geändert. Namentlich betrifft dies die Einreisen über die
Flughäfen und Seehäfen, über die noch Einreisen aus Nicht-EU-Staaten möglich sind. Aufgrund eines geltend
gemachten Auskunftsanspruchs nach § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 IFG hat KPMG Law die entsprechenden
Weisungen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat an die Bundespolizei erhalten. In einer
entsprechenden Weisung vom 17.3.2020 wurden die Einreisebeschränkungen kurz und wie folgt begründet:

„Die Einreiseverweigerung gegenüber Drittstaatsangehörigen an den Schengen-Außengrenzen [für DEU: nur
Luft- und Seegrenzen] richtet sich nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex)
und setzt die Nicht-Erfüllung der Einreisevoraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 des Schengener Grenzkodexes
voraus. Im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus (SARS-CoV-2) ist von Art. 6 Abs. 1 Buchstabe e)
des Schengener Grenzkodexes auszugehen.“

Weitere Details einschließlich einer kritischen Würdigung dieser Praxis hat unser Kollege Dr. Sebastian Klaus für
die NVwZ-Extra-Online vorgenommen (frei verfügbar aufrufbar unter:
https://rsw.beck.de/rsw/upload/NVwZ/NVwZ-Extra_2020_14_.pdf).

Am 30.6.2020 hat der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage der Beschlussempfehlung der EU-
Kommission einen konkreten Beschluss gefasst, der allerdings für die einzelnen Mitgliedstaaten nicht
verbindlich ist und den Charakter einer Handlungsempfehlung hat (Dokument: 9208/20, aufrufbar unter:
https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9208-2020-INIT/de/pdf).

Das Bundeskabinett hat sich mit Pressemitteilung vom 1.7.2020 entschieden, diese Handlungsempfehlung –
anders als bei anderen Handlungsempfehlungen in der Vergangenheit – nicht vollständig zu übernehmen (vgl.
Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, Link:
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2020/07/aufhebung-einreisebeschraenkung.html).

Ab dem 2.7.2020 (00:00 Uhr) sind Einreisen nur aus acht Staaten wieder einschränkungslos für kurz- und
langfristige Aufenthalte möglich (sog. Safe List). Dies sind:

  Australien,
  Georgien,
  Kanada,
  Montenegro,
  Neuseeland,
  Thailand und
  Tunesien
Maßgeblich ist nicht die Staatsangehörigkeit des Reisenden, sondern dessen vorheriger Aufenthaltsort (s. Ziff. 3
der Pressemitteilung). Auf Nachfrage von KPMG Law hat das Bundespolizeipräsidium erklärt, dass mit
Aufenthaltsort der (frühere) Wohnort des Ausländers gemeint ist. Ein kurzfristiger Aufenthalt in Thailand für
einige Tage oder Wochen eines Reisenden aus Singapur reicht demnach nicht aus, damit dieser ohne
Einschränkungen nach Deutschland von Thailand aus einreisen könnte (soweit keine anderen Ausnahmen von
den Einreisebeschränkungen greifen).

Für drei weitere Staaten (China, Japan, Südkorea) gilt dies erst ab Gewährung von Gegenseitigkeit, d. h. wenn
auch diese Staaten ihre Einreisebeschränkungen reziprok aufgehoben haben.

Beachtenswert sind vor allem die Ziff. 2.1 und Ziff. 2.3 der Pressemitteilung. Nunmehr können nach Ziff. 2.1.
Drittstaatsangehörige mit einem gültigen Aufenthaltstitel, wozu nach Bestätigung des Bundespolizeipräsidiums
auch nationale Visa zählen (vgl. auch die Webseite der Bundespolizei, aufrufbar unter:
https://www.bundespolizei.de/Web/DE/04Aktuelles/01Meldungen/2020/03/200317_faq.html?
nn=5931604#doc13824392bodyText3), selbst dann einreisen, wenn sie zuvor noch keinen gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland begründet hatten. Die Webseiten der Auslandsvertretungen, so etwa in den USA,
informieren entsprechend (aufrufbar unter: https://www.germany.info/us-de/service/corona/2313816).

Ziff. 2.3 nimmt die bereits bestehende Praxis auf, dass qualifizierte Fachkräfte ebenfalls einreisen können,
sofern sie unaufschiebbare Arbeiten vor Ort erledigen müssen. Klargestellt wird auch, dass in diesen Fällen ein
Familiennachzug ermöglicht werden soll.

Demnach kommen Einreisen nach Deutschland aus wichtigem Grund ab 2.7.2020 für folgende Fälle in Betracht:

  Deutsche Staatsangehörige sowie Staatsangehörige von anderen EU-Staaten, Schengen-assoziierten Staaten
  (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) oder von Großbritannien;
  Drittstaatsangehörige mit bestehendem Aufenthaltsrecht in Deutschland (längerfristiger Aufenthaltstitel oder
  nationales Visum);
  drittstaatsangehörige Familienangehörige, die zum Familiennachzug oder zu Besuchsreisen aus dringenden
  familiären Gründen einreisen;
  Gesundheitspersonal, Gesundheitsforscher und Altenpflegepersonal;
  ausländische Fachkräfte und hoch qualifizierte Arbeitnehmer, deren Beschäftigung aus wirtschaftlicher Sicht
  notwendig ist und deren Arbeit nicht aufgeschoben oder im Ausland ausgeführt werden kann;
  Personal im Gütertransport sowie sonstiges Transportpersonal;
  Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft;
  Seeleute;
  ausländische Studierende, deren Studium nicht vollständig vom Ausland aus durchgeführt werden kann;
  Personen, die internationalen Schutz oder Schutz aus anderen humanitären Gründen benötigen;
  Diplomaten, Personal internationaler Organisationen, militärisches Personal und humanitäre Helfer in
  Ausübung ihrer Tätigkeit;
  Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler;
  Passagiere im Transitverkehr.

Mit einem Rundschreiben vom 1.7.2020 (Az. M3-51000/2#9) hat das Bundesministerium des Innern, für Bau
und Heimat die Gruppe der „ausländischen Fachkräfte und hoch qualifizierten Arbeitnehmer“ in gleicher Weise
wie das Auswärtige Amt zuvor konkretisiert, welches seit Mitte Juni 2020 bereits die Auslandsvertretung bat, für
bestimmte Visumskategorien wieder Anträge
anzunehmen.https://service2.diplo.de/rktermin/extern/choose_category.do?
locationCode=kaps&realmId=863&categoryId=1989

5. Wie stellt sich aktuell die Visavergabepraxis, insbesondere für längerfristige Visa dar?
Aufgrund dieser Entscheidung erging am 18.3.2020 die erste interne Weisung des Auswärtigen Amtes zum
weiteren Vorgehen während des Geltungszeitraumes der Einreisebeschränkungen. Diese internen Weisungen
wurden im weiteren Verlauf konkretisiert bzw. an die aktuellen Entwicklungen angepasst.

Dazu hat KPMG Law gegenüber dem Auswärtigen Amt erfolgreich einen Auskunftsanspruch nach § 7 Abs. 1 i. V.
m. § 1 Abs. 1 IFG geltend gemacht, um die jeweiligen internen Weisungen des Auswärtigen Amtes diesbezüglich
zu erhalten. Diese sind mit Bescheid vom 10.6.2020 übermittelt worden und erfassen die einschlägigen
Weisungen bis zum 22.5.2020. Die Einreisen waren danach folgenden Personengruppen möglich: Deutschen
Staatsangehörigen; Staatsangehörigen von EU-Staaten sowie deren Familienangehörigen und
Staatsangehörigen aus Großbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz sowie deren
Familienangehörigen, beschränkt auf die Durchreise in den Heimatstaat; Drittstaatsangehörigen, die über einen
längerfristigen Aufenthaltstitel oder ein nationales Visum eines EU- Mitgliedstaates, EWR-Staates, von
Großbritannien oder der Schweiz verfügen, auch um in ihren aktuellen Aufenthaltsstaat zurückkehren zu
können.

Drittstaatsangehörige mit sogenannten „essential functions“ fielen darunter, was zunächst auf folgende
Personengruppen beschränkt war:

  Gesundheitspersonal und -forscher, Pflegeberufe,
  Grenzgänger, Transportpersonal im Warenverkehr und anderen notwendigen Bereichen (z. B. Air-Crews),
  Diplomaten, Mitarbeiter internationaler Organisationen, militärisches Personal humanitäre Helfer soweit sie in
  Ausübung ihrer Funktion tätig werden,
  Transitpassagiere (auch solche, die durch konsular. Hilfe ins. Heimatland zurückgeführt werden), Passagiere,
  die aufgrund zwingender familiärer Gründe reisen.

Somit ist beispielsweise Drittstaatsangehörigen, die einen Aufenthaltstitel der Bundesrepublik Deutschland
besitzen (Aufenthaltserlaubnis, Blaue Karte EU, ICT-Karte, Mobiler-ICT-Karte, Niederlassungserlaubnis oder
Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU), die Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland noch erlaubt. Gleiches gilt
für die Inhaber eines deutschen nationalen Visums. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Mitarbeiter bereits ihren
gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet haben und nach Deutschland zurückkehren (vgl. auch OVG
Brandenburg-Berlin, Beschluss v. 31.3.2020, OVG 2 S 18/20 – Rn. 8).

Anderen Personen soll nur die Einreise bei einem „dringenden Einreisegrund“ unter Vorlage entsprechender
Nachweise ermöglicht werden. Dies soll auf medizinisches oder forschendes Personal zutreffen, welches
insbesondere zur Bekämpfung von Covid-19 in die EU einreisen möchte. Auch persönliche Gründe, wie etwa der
Tod eines nahen Angehörigen, werden als dringender Einreisegrund anerkannt, müssen aber nachgewiesen
werden.

Zurückzuführen ist die ab Mitte Juni 2020 geänderte Praxis auf eine geänderte Weisungslage, die die
Empfehlungen der EU-Kommission augenfällig umsetzt. So ist auf Nachfrage seitens KPMG Law folgende
Auskunft getroffen worden zur Wiederaufnahme der Antragsannahme:

„Mit Blick auf die ab 1.7.2020 geplanten schrittweisen Lockerungen der EU-Einreisebeschränkungen soll –
soweit die Pandemiebelastung, Gesundheitsschutz- und Hygienemaßnahmen und die personelle Situation dies
vor Ort zulassen, die Antragsbearbeitung für ausgewählte Kategorien wieder aufgenommen werden. In einem
ersten Schritt soll wegen des besonderen Schutzes, den Ehe und Familie durch Art. 6 GG genießen, die
Annahme von Anträgen im Bereich des Familiennachzugs wieder aufgenommen werden. Hinzu kommen
bestimmte Kategorien von Beschäftigung sowie Studenten. (…) Eine Visumerteilung kann aber, bis feststeht, für
welche Staaten die Einreisebeschränkungen aufgehoben werden, und wie umfassend die neuen
Ausnahmekategorien auszulegen sind, bis auf Weiteres nur in den bisherigen Ausnahmen der
Einreisebeschränkungen (Familienzusammenführung) erfolgen.

Zu den derzeitigen Anträgen zur Familienzusammenführung kommen dann Fachkräfte aus den folgenden
Antragskategorien:

  (…) Fachkräfte mit Arbeitsvertrag im Sinne der Definition des FEG (§§ 18 Abs. 3, 18a, 18b AufenthG);
  (…) Wissenschaftler/ Forscher (§ 18d AufenthG); (…) Entsendungen (nach § 19 Abs. 1 i. V. m. § 10 BeschV)
  und ICT-Karten-Inhaber beschränkt auf Führungskräfte und Spezialisten (§§ 19 Abs. 2, 19b AufenthG);
  (…) Führungskräfte (§ 19c Abs. 1 i. V. m. § 3 BeschV);
  (…) IT-Spezialisten (§19c Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 6 BeschV); (…) Beschäftigungen in besonderem
  öffentlichen Interesse (§ 19c Abs. 3 AufenthG).“

Diese allgemeinen Vorgaben entsprechen annähernd 1:1 den Informationen, wie sie beispielsweise die
deutsche Botschaft in Tokio bereits auf ihrer Webseite platziert hat (aufrufbar unter:
https://service2.diplo.de/rktermin/extern/choose_category.do?
locationCode=kaps&realmId=863&categoryId=1989).

6. Was passiert mit dem deutschen Aufenthaltstitel meiner drittstaatsangehörigen Mitarbeiter,
wenn diese über einen längeren Zeitraum nicht nach Deutschland zurückreisen können?
Gemäß § 51 Abs. 1 AufenthG erlöschen die meisten Aufenthaltstitel von Gesetzes wegen, wenn der Ausländer
aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist (§ 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG) oder wenn
der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von 6 Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten
längeren Frist wieder eingereist ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG).

Diese Erlöschensgründe gelten jedoch nicht für nationale Visa, die für mehr als 90 Tage ausgestellt wurden.
Diese bleiben von längerfristigen Abwesenheiten aus Deutschland unberührt. Gleiches gilt für Schengen C Visa,
die für mehrere Einreisen mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu fünf Jahren erteilt werden (einzelne Aufenthalte
dürfen dabei 90 Tage innerhalb von 180 Tagen nicht überschreiten).

Abweichend von der vorgenannten Ausreisefrist von sechs Monaten ist bei einer Blauen Karte EU ein
Auslandsaufenthalt von bis zu zwölf Monaten möglich. Diese Regelung soll auch dann gelten, wenn der Inhaber
einer Blauen Karte EU eine Niederlassungserlaubnis nach § 18c Abs. 2 AufenthG erhalten hat. Gleiches gilt für
Inhaber einer Niederlassungserlaubnis, die sich bereits 15 Jahre rechtmäßig in Deutschland aufhalten.

Die Inhaber eines Daueraufenthaltes EU können sich bis zu sechs Jahre in einem anderen Land der
europäischen Union aufhalten (ausgenommen hiervon sind: Dänemark, Irland und aktuell noch das Vereinigte
Königreich).

Hält sich der Inhaber eines Daueraufenthaltes EU außerhalb der EU bzw. in Dänemark, Irland und aktuell noch
dem Vereinigten Königreich auf, beträgt die Ausreisefrist zwölf Monate bzw. 24 Monate bei einem Ausländer,
der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer
Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug waren.

Um das Erlöschen des Aufenthaltstitels aufgrund des Ablaufs der Ausreisefrist zu verhindern, kann gemäß § 51
Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bei der zuständigen Ausländerbehörde die Verlängerung der Ausreisefrist beantragt
werden. Über den Antrag selbst und den Umfang der Verlängerung entscheidet die Ausländerbehörde im
eigenen Ermessen. Die Verlängerung der Ausreisefrist kann grundsätzlich auch beantragt werden, wenn sich
der Mitarbeiter bereits im Ausland befindet.

Eine Beantragung der Verlängerung der Ausreisefrist nach Ablauf der vorgenannten Fristen ist indes nicht
möglich, da der Aufenthaltstitel gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bereits von Gesetzes wegen erlischt und in
der Folge dann ein neuer Aufenthaltstitel zu beantragen wäre.

Sollte die Wiedereinreise aus tatsächlichen Gründen (bspw. mangels Flügen nach Deutschland) nicht möglich
sein, sollte vorliegend die Verlängerung der Ausreisefrist beantragt werden, wenn absehbar ist, dass der
Mitarbeiter die vorgenannten Ausreisefristen überschreitet.

Zusätzlich weist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat mit einem neuerlichen Rundschreiben
an die Bundesländer (abrufbar unter:
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/rundschreiben–
20200409.pdf? blob=publicationFile&v=1) darauf hin, dass Anträge auf die Erteilung eines längerfristigen
Aufenthaltstitels bzw. dessen Verlängerung formlos und während eines Aufenthalts im Ausland gestellt werden
können, sofern der Aufenthalt dort nur kurzzeitig sein sollte.

Dadurch soll verhindert werden, dass wegen der Reiseeinschränkungen ein neuerliches Visumverfahren nach
Ablauf des Visums bzw. des Aufenthaltstitels notwendig wird. Praktisch sollen die Ausländerbehörden im Inland
auf einen solchen Antrag hin eine formelle Fiktionsbescheinigung ausstellen und an die nächstgelegene
Auslandsvertretung versenden lassen. Eine solche Fiktionsbescheinigung, die als
Fortgeltungsfiktionsbescheinigung bezeichnet wird, erlaubt eine Rückreise nach Deutschland in Kombination mit
dem abgelaufenen Visum bzw. sonstigen Aufenthaltstitel (vgl. S. 1 f. jenes Rundschreibens). Praktische
Erfahrungen zeigen, dass diese Prozedere recht umständlich ist und mehrere Wochen in Anspruch nimmt.

7. Kann ein Mitarbeiter mit Staatsangehörigkeit aus einem Drittstaat, der hier auf Geschäftsreise war
und strandete, in Deutschland zwischenzeitlich bis zu seiner Rückkehrmöglichkeit arbeiten?
Der Begriff der Geschäftsreise i. S. d. Aufenthaltsrechts umfasst vorliegend Aufenthalte von bis zu 90 Tagen
innerhalb von 180 Tagen in Deutschland ohne einen Aufenthaltstitel, der zur Aufnahme einer Beschäftigung
oder zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen berechtigt. Die Einreise zu Geschäftszwecken nach
Deutschland erfolgt in diesen Fällen visumsfrei bzw. mit einem Schengen C Visum.

Grundsätzlich sieht das deutsche Aufenthaltsrecht vor, dass für jede arbeitsbezogene Tätigkeit im Sinne der
allgemeinen Definition, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt wird, ein entsprechender
Aufenthaltstitel erforderlich ist, der die jeweilige Beschäftigung gestattet. „Arbeit“ ist nach allgemeiner
Definition jede (auf deutschem Boden) ausgeübte Tätigkeit, die (a) der Leitungsbefugnis eines Arbeitgebers
unterliegt, (b) vom Arbeitgeber verlangt wird und die ausübende Person in seinen Geschäftsbetrieb integriert ist
sowie (c) die Tätigkeit in der Regel vergütet wird.

Das Aufenthaltsrecht sieht jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel vor, die abschließend in § 30 BeschV
aufgezählt sind. Die in § 30 BeschV aufgezählten Tätigkeiten gelten nicht als Beschäftigung im Sinne des
Aufenthaltsrechts, wenn sie in einen beschränkten Zeitraum ausgeübt werden. Sie werden deshalb auch als
Nichtbeschäftigungsfiktionen bezeichnet. Demnach ist beispielsweise die Teilnahme an Meetings und
Verhandlungen in einem Zeitraum von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen ohne entsprechenden Aufenthaltstitel,
der eine Beschäftigung gestattet, möglich.

Alle weiteren Tätigkeiten, beispielsweise das vorübergehende Arbeiten für den deutschen Unternehmensteil sind
von der Nichtbeschäftigungsfiktion nicht umfasst. Aufgrund des strengen Territorialprinzips im Aufenthaltsrecht
kann der Mitarbeiter während des Aufenthalts in Deutschland auch nicht für den Unternehmensteil im
Heimatland tätig werden. Bereits das Beantworten arbeitsbezogener E-Mails ist hier als Arbeit anzusehen.
Während der Zeit in Deutschland darf der Mitarbeiter somit grundsätzlich nicht arbeiten.

Sollte der Mitarbeiter während seiner Zeit ohne entsprechenden Aufenthaltstitel arbeiten, stellt dies eine illegale
Beschäftigung dar, die ordnungswidrigkeitsrechtliche und ggf. sogar strafrechtliche Folgen nach sich ziehen
kann.

Auch die Beantragung eines Aufenthaltstitels, der zur Aufnahme einer Beschäftigung berechtigt, ist nach einer
visumsfreien Einreise bzw. nach einer Einreise mit einem Schengen C Visum in der Regel nicht möglich. Um in
Deutschland eine Aufenthaltstitel zu beantragen, muss der ausländische Mitarbeiter bereits mit der richtigen
Visumskategorie für den angestrebten Zweck nach Deutschland eingereist sein, d. h. für die Arbeitsaufnahme
bei einem inländischen Arbeitgeber. Neben besonderen Ausnahmen, die § 39 S. 1 AufenthV regelt und im Detail
zu prüfen sind, besteht davon aber eine wichtige Ausnahme.

Von dem erforderlichen Visum vor Einreise sind nach § 41 Abs. 1 AufenthV Staatsangehörige der folgenden
Staaten ausgenommen:

  USA;
  Kanada;
  Japan;
  Südkorea;
  Israel;
  Australien;
  Neuseeland

Diese könnten bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen grundsätzlich einen Aufenthaltstitel zur Aufnahme
einer Beschäftigung erhalten. Die dafür notwendigen Anforderungen sind mit Blick auf die gewährten
Beschäftigungsbedingungen, die Ausbildung des Mitarbeiters und seiner Berufserfahrung sowie die
Berufstätigkeit in Deutschland zu prüfen.

8. Falls mein Mitarbeiter aus dem Ausland zurückkehren konnte, kann ich ihn dann sofort wieder
beschäftigten?
Zusammen mit den zuständigen Landesministerien hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
eine „Musterverordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des
Coronavirus“ erarbeitet und am 8.4.2020 veröffentlicht (abrufbar unter:
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/muster-rv-
quarantaene.pdf?__blob=publicationFile&v=6).

Diese hatte zum Ziel, die potenzielle Infektionsgefahr ausgehend von Einreisenden bzw. Rückreisenden zu
reduzieren. Es handelt sich damit um keine Verordnung, die allein Ausländer betrifft (vgl. § 1 Abs. 1:
„Personen“). Diese Musterverordnung hat einen infektionsschutzrechtlichen Hintergrund, so dass sie von den
Verordnungsermächtigungen des IfSG gestützt und tatsächlich in jedem einzelnen Bundesland umgesetzt
werden musste. Entsprechend bestehen Abweichungsmöglichkeiten, da die Ausführung des IfSG Gegenstand
der landeseigenen Verwaltung in jedem Bundesland ist. Die entsprechenden Vorgaben können also variieren,
auch sind die jeweiligen zeitlichen Vorgaben zum Außerkrafttreten zu beachten.

Es kam zu diesem Zeitpunkt nicht darauf an, auf welchem Weg die Einreise bzw. Rückreise (Land-, Luft- oder
Seeweg) erfolgt und ob der Ausgangsort innerhalb der EU und der assoziierten Schengen-Staaten oder
außerhalb liegt (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 Musterverordnung).

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Covid-19 Pandemie, haben die Bundesländer ihre jeweiligen
Quarantäneverordnungen angepasst und den Kreis der betroffenen entsprechend eingeschränkt. Entscheidend
für eine Quarantäneverpflichtung ist nunmehr das Herkunftsland, aus dem die Einreise nach Deutschland
erfolgte.
Für Hessen beispielsweise ist die Verordnung zur Bekämpfung des Coronavirus (Link:
https://www.hessen.de/sites/default/files/media/hessen.de_land/1vo_corona_15._juni_2020.pdf)
maßgeblich, die in § 1 Abs. 1 eine Quarantänepflicht (verwaltungsterminologisch: Pflicht zur Absonderung)
einhergehend mit einer Meldepflicht an das zuständige Gesundheitsamt nach § 1 Abs. 2 vorsieht.

Maßgeblich dafür ist, dass der Herkunftsstaat durch das RKI gemäß § 1 Abs. 4 als Risikogebiet ausgewiesen ist.
Die entsprechenden Informationen dazu finden sich auf der Webseite des RKI (Link:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html).

Neben einzelnen bereichs- und tätigkeitsspezifischen Ausnahmen ist insbesondere § 2 Abs. 3 zu beachten. Bei
einem sog. Negativnachweis können Reisende von der Quarantänepflicht ausgenommen sein. Dazu sind
folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  Es muss ein ärztliches Zeugnis in deutscher oder englischer Sprache vorliegen.
  Dieses muss bestätigen, dass der Reisende nicht mit SARS-CoV-2 infiziert ist.
  Dafür muss eine molekularbiologische Testung erfolgt sein in einem Mitgliedstaat der EU oder einem
  Drittstaat, dessen Testwesen das RKI als verlässlich eingestuft hat (siehe dazu unter folgendem Link:
  https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Tests.html).
  Der Test darf maximal 48 Stunden vor Einreise in nach Deutschland durchgeführt worden sein.
  Das ärztliche Zeugnis ist für 14 Tage aufzubewahren, aber nur auf Verlangen dem zuständigen
  Gesundheitsamt unverzüglich vorzulegen.

Support-Hotline: +49 30 530199-288
E-Mail Support: de-covid-19@kpmg-law.com

Ansprechpartner:
KPMG Law

Dr. Thomas Wolf                                           Dr. Sebastian Klaus
Partner                                                   Senior Manager

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