COVID-19 in der Luftfahrt-Arbeitsunfall oder Berufskrankheit? -SKRIPTFASSUNG- DLR
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COVID-19 in der Luftfahrt – Arbeitsunfall oder Berufskrankheit? Hedtmann J, Küppers M, Homann H, Willer E, Nipko B -SKRIPTFASSUNG- DLR Fliegerärzt:innentag 2021 12.06.2021
Der Inhalt des folgenden Vortrages ist Ergebnis des Bemühens um größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit. Der Referent weist darauf hin, dass es persönliche Verbindungen zu Unternehmen gibt, deren Produkte im Kontext des folgenden Vortrages von Interesse sind. Dabei handelt es sich um die folgenden Unternehmen und Verbindungen: Unternehmen Verbindungen (Firmenbesitz/anteil, Beschäftigungsverhältnis, Beratertätigkeit, Vertragshonorar, Zuwendung für Forschung, andere) BG Verkehr Autor ist Leiter Geschäftsbereich Prävention Dresden International University Autor ist Dozent/freier Mitarbeiter DGUV LVNW Autor ist Präventionsleiter Universum Verlag Autor ist Herausgeber eines Buches SAMA, IPA/ÄKWL, ÄKHH Autor ist Dozent Seite 2
nicht-finanzielle Interessen Organisation Funktion Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin (DGLRM) Sprecher des Vorstandsrates, AG-Leiter, ehem. Vizepräsident Deutsche Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin (DGAUM) Mitglied Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) Mitglied International Academy of Aviation and Space Medicine (IAASM) gewähltes Mitglied ISSA: International Section on Prevention in Transportation Senior Vice President Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) Mitglied des Vorstands Seite 3
Luftfahrt in der Krise: Deutsche Verkehrsflughäfen • minus 85,5 % Passagiere im Zeitraum März 2020 – Februar 2021 • 62,9 Mio. Passagiere im Jahr 2020 gegenüber 248,6 Mio. in 2019; das entspricht dem Verkehrsniveau der • 65 % Beschäftigte aktuell in späten 80iger Jahre Kurzarbeit; in 2020 bis zu 80 % in Kurzarbeit Quelle: ADV-PRESSEMITTEILUNG Nr. 04/2021 • über 40.000 der 180.000 Arbeitsplätze an Flughafen- standorten gefährdet
Luftfahrt in der Krise: Deutsche Fluggesellschaften • Der Luftverkehr ist im Jahr 2020 weltweit um zwei Drittel gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. • Die deutschen Fluggesellschaften haben im Jahr 2020 rund 40 Mio. Passagiere befördert und damit 75 Prozent weniger als im Vorjahr. • Nach kurzem Einbruch hat sich der weltweite Luftfrachtverkehr rasch wieder belebt Quelle und Abbildung: BDL, Bericht zur Lage der Branche, Jahreszahlen 2020
Lohnsummenentwicklung 2020 gegenüber 2019 in Verkehrsbranchen Branche Entwicklung in % Unternehmen der Verkehrslogistik 3,6 Omnibusunternehmen u.a. -2,9 Taxen- u. Mietwagenunternehmen -15,3 Güterkraftverkehr u.a. 1,5 Entsorgungswirtschaft 2,3 Möbelspedition - 4,8 Reittierhaltung 10,2 Luftfahrtunternehmen -22,4 Fähren, Bordwirtschaften u.a. -23,0 Güter-/Personenschifffahrt u.a. -10,4
Normen für zusätzliche Maßnahmen zum Infektionsschutz Zu Beginn der Corona-Pandemie fehlten Normen, an denen sich zusätzliche Maßnahmen des Infektionsschutzes orientieren konnten. Zwischenzeitlich bestehen: • SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard • SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel • SARS-Cov-2-GDA-Leitlinie • SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung • Änderung des Arbeitsschutzgesetzes • Änderungen des Infektionsschutzgesetzes • demnächst: Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung
Allgemeine Regeln – Betriebliche Herausforderungen Tatsächlich ist es oft schwierig, die allgemeinen Anforderungen auf spezielle berufliche Tätigkeiten zu beziehen. © www.bundesregierung.de
Beispiel: „Masken“(Corona-Arbeitsschutzverordnung) § 4 Mund-Nase-Schutz, Atemschutz Mindestabstand
Sitz
und in der Luftfahrt? „branchenbezogene Konkretisierung“: • Auftrag an die Unfallversicherungsträger durch das Arbeitsschutzregelwerk • „Stand der Technik“ • mehr als ein freundlicher Hinweis…
Covid 19 auf der Homepage der BG Verkehr
Suchbegriff: BG Verkehr Luftfahrt Corona
www.bg-verkehr.de: Medien zum Infektionsschutz • Infoblätter • Unterweisungskarten • Handlungshilfen • Aushänge • Faktenblätter
Faktenblatt Infektionsschutz in der Luftfahrt • Spezifische Informationen für den Flugbetrieb • Kontaktarmes Arbeiten • Infektionsschutz der Crew-Mitglieder • Information, Beratung und Unterweisung • Mitwirkung der Fluggäste fördern • Verhalten bei Erkrankung der Crewmitglieder
z.B.: Maßnahmen für kontaktarmes Arbeiten • feste Crews • nicht unbedingt erforderliche Kontakte, z.B. beim Layover oder am Zielort, vermeiden • Menschenansammlungen auf den Flughäfen vermeiden • In Briefingräumen und Crewbussen muss genügend Abstand eingehalten werden. Eine gute Durchlüftung gewährleisten. • Service reduzieren, streichen oder kontaktarm organisieren • Ein Bordverkauf soll möglichst nicht stattfinden oder nur angeboten werden, wenn ein Schutzkonzept vorliegt. • …
neue Herausforderungen Transport von Luftfracht in Passagiermaschinen: Angepasste Abfertigungsverfahren erforderlich!
Engpässe in den Beförderungskapazitäten für erhöhtes Frachtaufkommen Parallel mit dem Rückgang der Passagierzahlen stieg der Bedarf an Frachtkapazitäten: Die zunehmende Nachfrage im Onlinehandel und der Transport medizinischer Produkte sorgten schnell für Engpässe in den Beförderungskapazitäten. Kurzerhand wurden deswegen seit dem Frühjahr 2020 zum Gütertransport auch Passagierflugzeuge eingesetzt. © GroundStars HH / BG Verkehr
Wie kommt die Fracht in die Kabine? © Fraport/ BG Verkehr © GroundStars HH / BG Verkehr modifiziertes Förderband mit mit Cateringhubfahrzeugen in so jedenfalls nicht Ladetisch vom Hersteller Hamburg
Gefährdungsbeurteilung anpassen Egal welches Konzept heute oder zukünftig gewählt wird: Unternehmerinnen und Unternehmer tragen die Verantwortung für den Einsatz sicherer Arbeitsmittel. Sie müssen untersuchen, ob durch die geänderten Abfertigungsvorgänge neue Gefährdungen entstehen und die geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festlegen.
Covid-19 - Aufsicht und Beratung in der Luftfahrt
Schwerpunkte von Aufsicht und Beratung in Luftfahrtunternehmen • Sicherheitstechnische Betreuung: Die Krise hat Luftfahrtunternehmen überwiegend in die Kurzarbeit gezwungen. So auch die Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Die Sicherstellung der erforderlichen Betreuung in den produktiven Bereichen ist ein andauerndes Beratungsthema. • Tragezeitbegrenzung Atemschutz: Auch bei Servicetätigkeiten in der Kabine sind bei bestimmten Tätigkeiten Atemschutzmasken (z.B. FFP2) erforderlich. Die Festlegung von möglichen Tragezeiten war Gegenstand vieler Beratungen. • Fristgebundene Pflichten: Unterweisungen, Prüfpflichten und die Auffrischung bestimmter Qualifikationen sind fristgebunden. Die Handhabung dieser Fristen muss oft im Einzelfall abgestimmt werden. • Anpassung von Arbeitsabläufen: Infektionsschutz und Hygienemaßnehmen erfordern die Änderung vieler Abläufe
Atemschutzmasken bei Servicetätigkeiten in der Kabine Bei Servicetätigkeiten in der Kabine müssen die in der Anlage "Einsetzbare Atemschutzmasken" der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bezeichneten Atemschutzmasken (also FFP 2 u.ä.) den Beschäftigten im erforderlichen Umfang bereitgestellt werden. § 2 Abs. 1 UVV „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) in Verbindung mit § 4 Abs. 1a SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) Warum? Eigenschutz ist erforderlich, wenn andere anwesende Personen keine Maske tragen können oder dürfen (zum Beispiel Passagiere mit Attest oder beim Essen und Trinken). Anweisung, ob und wann PSA getragen werden muss oder darf.
Maximale Tragezeit für Atemschutzmasken festlegen Für die Verwendung der in der Anlage "Einsetzbare Atemschutzmasken" der SARS- CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bezeichneten Atemschutzmasken ist eine maximale Tragezeit festzulegen. § 2 Abs. 2 UVV „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) in Verbindung mit DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" s. a. Stellungnahme des Ausschusses für Arbeitsmedizin (AfAMed) zu Tragezeitbegrenzungen für FFP2- Masken vom 24.03.2021 Wie? • Arbeitsschwere bestimmen: leicht – mittelschwer – schwer • Umgebungsbedingungen: förderlich: gute Lüftungsbedingungen problematisch: verringerter Sauerstoffpartialdruck • Tragezeiten und –bedingungen in Gefährdungsbeurteilung und Hygienekonzept festlegen
Arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten (Atemschutz) Für Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten länger als 30 Minuten pro Tag erfordern, ist den Beschäftigten eine Arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten. § 2 Abs. 1 UVV „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona- ArbSchV) und Nr. 5.2.3 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel Wann? FFP 2 Masken sind Atemschutzgeräte der Gruppe 1. Nach ArbMedVV ist dies Anlass für eine Angebotsvorsorge. Angebotsvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen angeboten werden. Eine Zusammenlegung mit der Tauglichkeitsuntersuchung entspricht nicht der Intention der ArbMedVV, wohl aber können die Befunde aus der Tauglichkeitsuntersuchung für die Vorsorgeberatung genutzt werden.
Covid-19 als Versicherungsfall in der Luftfahrt
Versicherungsfälle DGUV 2020 (vorläufig) Versicherungsfall Veränderungen 2020 gegenüber 2019 (%) meldepflichtige Arbeitsunfälle - 12,8 Wegeunfälle - 18,2 Tödliche Unfälle - 21,7 Anzeigen auf den Verdacht einer Berufskrankheit + 32,0
Was ist versichert? - Die Berufskrankheit Eine Krankheit kann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn • die Versicherten durch ihre versicherte Tätigkeit den gesundheitsschädigenden Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind und • die Krankheit in der Berufskrankheiten-Liste als Bestandteil der Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgeführt ist.
Covid-19 als Berufskrankheit Berufskrankheit 3101: „Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“ „andere Tätigkeit“ muss mit vergleichbarer Exposition verbunden sein
Was ist versichert? - Der Arbeitsunfall Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn • eine versicherte Person • bei einer versicherten Tätigkeit • durch ein zeitlich begrenztes Ereignis, das von außen auf den Körper einwirkt • einen Gesundheitsschaden erleidet.
Covid-19 als Arbeitsunfall In einer Pandemie ist für alle das Risiko einer Infektion erhöht, daher bestehen besondere Anerkennungsvoraussetzungen für den Arbeitsunfall. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss bewiesen werden. z.B. • „Indexpatient/-in“ • Mindestkontaktzeit (10-15 Minuten) • Abstandsunterschreitung • besonders intensiver Kontakt • sehr viele infizierte Personen im Betrieb und konkrete, die Infektion begünstigende Bedingungen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Jörg Hedtmann BG Verkehr Leiter Geschäftsbereich Prävention joerg.hedtmann@bg-verkehr.de
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