COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...

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COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
Oktober / November 2020

COVID-19 – Niemand darf
zurückbleiben
Haben wir unsere Lektion gelernt?
COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                      Oktober / November 2020
Covid-19

Liebe Leserinnen und Leser,
nach wie vor hat uns die COVID-19-Pandemie fest im Griff. Sie stellt unsere
Gesundheits- und Sozialsysteme, unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften
sowie die Art, wie wir zusammenleben und arbeiten, auf eine harte Probe.

Auch die Folgen für die europäische und globale Wirtschaft sind kaum absehbar.
Unsere Sozialschutzsysteme werden nach der Finanzkrise von 2008 erneut, wenn
nicht sogar umfangreicher, auf die Probe gestellt. Unternehmen sind von Insol-
venz bedroht. Viele Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz.

In Brüssel setzt die Europäische Kommission, unter der Präsidentschaft von
Ursula von der Leyen, mit zahlreichen Initiativen zu einer koordinierten Ein­
dämmung der Krise an. Bezogen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt sind das vor
allem der europäische Aufbauplan für die nächste Generation „NextGenerationEU“,
Liquiditätshilfen für Unternehmen sowie das Instrument SURE, um Arbeits-
plätze weiterhin zu sichern.

In Deutschland und vielen weiteren Mitgliedsländern wurden in den vergan-
genen Monaten Schutzinstrumente wie nationale Kurzarbeitsregelungen und
andere Schutzschirme umgesetzt. Übergreifend stellen wir fest, dass Länder
mit um­fassenden und etablierten Sozialversicherungsstrukturen, wie auch die
Deutsche Sozialversicherung, die Auswirkungen der Krise im Vergleich besser
abfedern konnten.

 Sehr schnell wurde aber deutlich, dass einige Bevölkerungsgruppen von den
­wirtschaftlichen Folgen der Pandemie überproportional betroffen sind. Die
 COVID-19-Pandemie führt uns insbesondere hier Schwächen des sozialen
 S­chutzes vor Augen.

In der aktuellen Ausgabe ed* setzen wir daher den Fokus auf drei dieser beson-
ders betroffenen Gruppen: Selbständige, junge Menschen auf dem Weg ins
Berufsleben sowie Menschen mit Behinderungen. Wir geben einen Überblick zu
den Auswirkungen der Krise auf deren Beschäftigungsverhältnisse, die Teilhabe
an Hilfsmaßnahmen für Einkommensausfälle sowie zu Politikempfehlungen für
die Zeit der Erholung nach der COVID-19-Krise.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre!

Ihre Ilka Wölfle

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COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                                             Oktober / November 2020
Covid-19

 Menschen unterstützen,
­A rbeitsplätze erhalten
Herausforderungen und Maßnahmen zur sozialen ­Absicherung
besonders von der Corona-Krise betroffener ­Gruppen –
ein Überblick1

Selbständige sind nicht vor
Lohnausfällen geschützt.

Die COVID-19-                                                Die Ausgangslage der Selbständigen
                                                             unterscheidet sich im Hinblick auf ihre
                                                                                                         dungen an Unternehmen mit dem Ziel
                                                                                                         der Aufrechterhaltung des Geschäfts­
Krise aus Sicht der                                          soziale Absicherung deutlich von der        betriebs, vor allem aber durch die Ak­ti­
                                                             abhängig Beschäftigter. Während die         vierung und Aufstockung von Instru­
­Selbständigen1                                              meisten abhängig B   ­ eschäftigten durch   menten wie dem Kurzarbeitergeld.
                                                             die Sozialversicherung und s­ onstigen
                                                             Systeme der sozialen Sicherheit             Manchen „atypisch“ Beschäftigten, vor
                                                             gegen Lohnausfälle ge­­schützt sind,        allem aber den selbständig Erwerbstä­
                                                             trifft dies auf Selbständige in der         tigen, nützen diese Instrumente wenig.
                                                             Regel nicht zu.                             Insbesondere in den Systemen, die
                                                                                                         unerwartete und vorübergehende Ein­
1
    Die folgenden Ausführungen sollen einen ersten Über-
    blick über Schwachstellen in der sozialen Absicherung,   Die Mitgliedstaaten versuchen unter         kommensverluste ausgleichen, sind
    erste Politikempfehlungen und Maßnahmen sowie            enormen finanziellen Anstrengungen,         sie oft nicht oder nur schwach abgesi­
    Perspektiven für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie
    vermitteln. Sie erheben nicht den Anspruch auf Voll-
                                                             Arbeitslosigkeit zu verhindern. Teil­       chert. In der Regel kommen sie nicht
    ständigkeit.                                             weise geschieht dies durch Zuwen­           in den Genuss von Kurzarbeitergeld.

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COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                                              Oktober / November 2020
Covid-19

Maßnahmen und Politik-Empfehlungen                               aussetzungen auch bei COVID-19 bedingter Einstellung
                                                                 des Geschäftsbetriebs in Anspruch genommen werden.
Es ist daher folgerichtig, dass SURE explizit den Schutz         In Belgien müssen aber zuvor Sozialabgaben entrichtet
der Selbständigen einbezieht, um Arbeitslosigkeit und Ein­       worden sein. Zudem gibt es Hilfsprogramme der Regional­
kommensverluste zu verringern.                                   regierungen, die u. a. auch Zuschüsse an Selbständige ent­
                                                                 halten, die ihre Geschäfte schließen mussten.2 Frankreich
In den Maßnahmen auf mitgliedstaatlicher Ebene lassen            unterhält einen mit sieben Milliarden Euro ausgestatteten
sich bei der sozialen Sicherung Selbständiger gegen das          Solidaritätsfonds zur Unterstützung kleiner Unternehmen.3
Risiko plötzlicher Einkommensausfälle gewisse Strukturen
erkennen. Wo Selbständige schon vor COVID-19 Zugang              In Ländern, in denen Selbständige vor COVID-19 nicht
zu einer Art Arbeitslosenversicherung hatten, wurden die         durch eine Arbeitslosenversicherung geschützt waren,
Zugangsvoraussetzungen für den Leistungsbezug gelo­              wurden in der Regel nicht einfach die für Arbeitnehmerin­
ckert, die Leistungen ausgeweitet (Italien, Spanien) oder        nen und Arbeitnehmer geltenden Regelungen übernom­
sogar zusätzliche Leistungen einführt, wie zum Beispiel          men.4 In einigen Ländern wird eine – meist niedrige –
in Luxemburg, der Schweiz, der S­ lowakei, Slowenien, der        ­Pauschalzahlung geleistet.5 Andere Länder kompensieren
Tschechische Republik und in Polen.                               die Umsatz- bzw. Einkommenseinbußen, allerdings nur
                                                                  bis zu einer bestimmten Obergrenze.6 Gelegentlich fin­
In Frankreich und Belgien erhielten Selbständige bereits          det man auch für Selbständige eine staatliche Erstattung
vor der Corona-Krise eine Art „Arbeitslosengeld“ im Falle         der Sozial­abgaben, so zum Beispiel in Estland und Grie­
einer Insolvenz. Dies kann nun unter bestimmten Vor­             chenland, oder sogar einen (teilweisen) Erlass, wie in der
                                                                 Tschechischen Republik.

                                                                 Schwierig ist die Lage für Selbständige, die informell tätig
Für Selbständige besteht nur eine                                waren, da in den meisten Fällen ein Nachweis der Einkom­
­unzureichende oder keine Absicherung.                           mensverhältnisse vor dem Ausbruch von COVID-19 gefor­
                                                                 dert wird, um in den Genuss der Unterstützung zu kommen.7
                                                                 Teilweise ist eine vorangegangene Registrierung der Tätig­
                                                                 keit erforderlich.8 Oder die Zahlung ist an die Bedingung der
                                                                 Mitgliedschaft in der Sozialversicherung geknüpft.9

                                                                 Gezielte zusätzliche Maßnahmen zur Absicherung Selb­
                                                                 ständiger gegen krankheitsbedingte Einkommensausfälle

                                                                 2
                                                                     European Social Insurance Platform (ESIP), Social Security and COVID-19, https://
                                                                     esip.eu/covid-19-pandemic; Service public federal, Sécurité Sociale, https://socialsecu-
                                                                     rity.belgium.be/fr/elaboration-de-la-politique-sociale/droit-passerelle-pour-indepen-
                                                                     dants.
                                                                 3
                                                                     Centrum für Europäische Politik (CEP), Was europäische Staaten in der Corona-Krise
                                                                     unternehmen, CEP Corona Briefing Nr. 7/2020 vom 28. 5. 2020, S. 4.
                                                                 4
                                                                     Lediglich für die Vereinigten Staaten ist belegt, dass der Schutz bei Arbeitslosigkeit
                                                                     auf die 16 Millionen Selbständigen und weitere 1,5 Millionen Gigworkers ausgedehnt
                                                                     wurde.
                                                                 5
                                                                     So in Bulgarien, Finnland, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, Polen, Slowenien und
                                                                     der Tschechischen Republik.
                                                                 6
                                                                     So in Dänemark, Großbritannien, Lettland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portu-
                                                                     gal, Rumänien, und Zypern. In Deutschland dienen diese Zahlungen explizit nur dem
                                                                     Erhalt des Betriebs, nicht aber dem Lebensunterhalt.
                                                                 7
                                                                     So in Bulgarien, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen,
                                                                     Österreich, Portugal, Rumänien und Slowenien.
                                                                 8
                                                                     Beispielsweise in Dänemark, Litauen, Luxemburg, Tschechische Republik.
                                                                 9
                                                                     So in Belgien, Großbritannien, in der Schweiz, offenbar auch in der Tschechischen
                                                                     Republik und teilweise auch in Luxemburg.

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COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
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Covid-19

Das europäische Rettungsprogramm SURE

                   100
            Milliarden Euro

                                                                         Jobs der Menschen schützen

                                                                             Vorübergehende finanzielle Unterstützung

                                                                              Ergänzungen nationaler Bemühungen

                                                                            Schneller Einsatz

                                                                       Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten

während der COVID-19-Krise lassen                               „Lessons learnt“?                          Perspektivisch stellt sich die Frage,
sich nur schwer ausfindig machen.                                                                          ob die ­Mitgliedstaaten auch nach der
Dabei hätte Anlass genug bestanden,                             Schon in der Finanzkrise 2008              Krise die eingeschlagenen Wege zum
„nachzubessern“ – allein schon, um                              haben fast alle Mitgliedstaaten eine       Schutz der Selbständigen fortführen
zu verhindern, dass Selbständige                                Art „Kurzarbeitergeld“ eingeführt,         werden und die zu­­nächst zeitlich
trotz COVID-19-Symptomen weiter­                                um einen massenhaften Verlust von          befristet eingeführten Leistungsele­
arbeiten. Es besteht vielfach nur eine                          Arbeitsplätzen zu vermeiden. Insoweit      mente „regularisieren“ und in die Sys­
unzureichende oder keine Abdeckung.                             wurden „Lektionen gelernt“. Soweit         teme der sozialen Sicherheit überfüh­
Verpflichtend ist der Zugang zu Kran­                           Mitgliedstaaten es versäumt haben,         ren. Die Aussichten hierfür scheinen
kengeld nur in 15 der 27 Mitgliedstaa­                          ihre Staatshaushalte im Wiederauf­         eher schlecht. Die Mitgliedstaaten ver­
ten der EU.10 Im Hinblick auf Einkom­                           schwung resilienter zu machen und          stehen ihre Unterstützungsleistungen
mensausfälle wegen Krankheit von                                nun nicht über ausreichende Mittel         als vorübergehende Hilfen. Zweifel an
Selbständigen mit Betreuungspflichten                           verfügen, um arbeitsmarktpolitische        der Fortführung der Hilfen nach der
konstatiert die Europäische Stiftung                            Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeit              Krise haben aber noch einen anderen
zur Verbesserung der Lebens- und                                umfassend umzusetzen, kann das             Grund: Die Programme sind schulden­
Arbeitsbedingungen (Eurofound), dass                            100 Milliarden Euro schwere euro­          finanziert und damit nicht nachhaltig.
neu eingeführte oder angepasste                                 päische Rettungsprogramm SURE
Unterstützungs­systeme ausgewei­                                unterstützen. Es ist allerdings schul­
tet worden seien, um bisher nicht                               denfinanziert, also letztlich keine
geschützte Personengruppen, wie                                 Blaupause für die Zukunft.
Selbständige, abzudecken.11
                                                                Bei Selbständigen ist der S­ ozialschutz
10
     Zudem haben einige Plattformen für ihre Plattform­         lückenhaft. Daher wurden sie in die
      arbeiter – es handelte sich um Fahrer und Lieferanten –   verschiedenen “Schutzschirme“ einbe­
      über einen privaten Versicherungsträger Krankengeld
                                                                zogen, allerdings oft auf einem deut­
     ­organisiert, so z. B. Uber.
11
     Eurofound, COVID-19: Policy response across Europe,
                                                                lich niedrigeren Niveau als abhängig
     2020, S. 45.                                               Beschäftigte.

                                                                                    5
COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                                                   Oktober / November 2020
Covid-19

Die COVID-19-Krise                       Jugendarbeitslosigkeit als
                                         Folge der Corona-Krise.
 aus Sicht der jungen
­Generation

                                         Die Internationale Arbeitsorganisation                       denen gearbeitet wurde, um 23 Pro­
                                         (IAO) warnt vor einer „Lockdown-                             zent zurückgegangen.13 Darüber
                                         Generation“. Dahinter verbirgt sich die                      hinaus arbeiten vier von zehn jungen
                                         Sorge, dass die Jugendarbeitslosig­                          Menschen weltweit in Branchen, die
                                         keit in Folge der Corona-Krise noch                          besonders von der Krise betroffen
                                         gravierender ausfallen könnte, als                           sind, wie Tourismus oder Einzelhan­
                                         nach der Finanzkrise 2008. Damals                            del.14 Kündigungen sind wegen des oft
                                         wurde bereits von einer „verlorenen                          geringeren Kündigungsschutzes wahr­
                                         Generation“ gesprochen.                                      scheinlicher als für ältere Mitarbeite­
                                                                                                      rinnen und Mit­arbeiter. Die Chancen
                                         Schon vor COVID-19 waren junge                               auf Neueinstellung im eingebrochenen
                                         Menschen im Alter von 15-24 Jahren                           Arbeitsmarkt sind geringer als für
                                         etwa dreimal häufiger arbeitslos als                         Menschen mit Berufserfahrung. Und
                                         Menschen über 25.12 Laut IAO hat                             auch Ausbildungsplätze sind in Zeiten
                                         jeder sechste Jugendliche zwischen                           der Krise schwerer zu finden.
                                         18 und 29 Jahren (17,4 Prozent) seit
                                         Ausbruch der Corona-Krise aufge­
                                         hört zu arbeiten. Bei den in Arbeit
                                                                                                           Vgl. Youth and COVID-19: impacts on jobs, education,
                                         Verbliebenen sind die Stunden, in
                                                                                                      13

                                                                                                           rights and mental well-being, ILO Survey Report 2020,
                                                                                                           S. 13 und 16.
                                         12
                                              Vgl. Youth and COVID-19: impacts on jobs, education,    14
                                                                                                           Preventing exclusion from the labour market: Tackling
                                              rights and mental well-being, ILO Survey Report 2020,        the COVID-19 youth employment crisis, ILO Policy
                                              S. 13.                                                       Brief, Mai 2020, S. 9.

                                                                       6
COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                                                   Oktober / November 2020
Covid-19

Maßnahmen und Politik-­Empfehlungen                         stärken und gleichzeitig die Mobilität   Einige europäische Länder haben
                                                            von Lehrlingen zu fördern. Zusätzlich    ihrerseits bereits Maßnahmen für
Internationale Organisationen, wie die                      sollen kurzfristige Beschäftigungs-      Ausbildung und Eintritt in den Arbeits­
Organisation für Wirtschaftliche Zusam­                     und Existenzgründungsanreize sowie       markt ergriffen. Soweit Maßnahmen
menarbeit und Entwicklung (OECD)                            mittelfristig der Aufbau von Kapazi­     zur Förderung des Berufseinstiegs
und die IAO empfehlen den Unterneh­                         täten, die Schaffung von Netzwer­        ergriffen wurden, reichen sie von
men, wirtschaftliche Anreize für die                        ken junger Unternehmerinnen und          Zuschüssen an die Unternehmen bis
Neueinstellung junger Arbeitskräfte zu                      Unternehmer und unternehmensüber­        zur Förderung hochwertiger Praktika
setzen und in die berufliche Bildung zu                     greifenden Ausbildungszentren zur        und den Erlass von Sozialversiche­
investieren.15 Bisher ergriffene staatli­                   Förderung der Beschäftigung junger       rungsbeiträgen für Arbeitgeber. In
che Maßnahmen kämen überwiegend                             Menschen beitragen.                      Frankreich werden zum Beispiel im
denjenigen zugute, die ihre Arbeit                                                                   Rahmen des Programms „1 jeune,
behalten hätten. Targeting- und Pro­                        Die EU-Kommission legt den Mitglied­     1 solution“ Zuschüsse an Unterneh­
filing-Strategien, um die am stärksten                      staaten nahe, mindestens 22 Milliar­     men für die Einstellung von Auszubil­
betroffenen Jugendlichen zu erreichen,                      den Euro, vorrangig aus dem Euro­        denden gewährt. Für Auszubildende
könnten dabei helfen, der befürchteten                      päischen Sozialfonds Plus (ESF+), im     unter 18 Jahren beträgt der Zuschuss
Entwicklung entgegenzuwirken. Hilf­                         Rahmen des Mehrjährigen Finanz­          5.000 Euro, für Auszubildende über
reich könnten außerdem Investitionen                        rahmens 2021-2027 (MFR) in die           18 Jahren 8.000 Euro.17 Jungen
in für junge Arbeitsuchende geeignete                       Jugendbeschäftigung zu investieren.      Menschen ohne Qualifikation werden
Wirtschaftssektoren und entsprechende                       Bis zu dessen Inkrafttreten stehen       neue Qualifizierungskurse angeboten.
Arbeitsvermittlungsdienste sein.16                          Mittel aus der Aufstockung der EU-       Ferner plant Frankreich, 16.000 Aus­
                                                            Kohäsionsprogramme (2014-2020) zur       bildungsplätze im Gesundheitswesen
Auf europäischer Ebene hat die EU-                          Verfügung. Diese wurden durch die
Kommission die Initiative „Förderung                        Initiative REACT-EU um 55 Milliarden     17
                                                                                                          Vgl. Emploi des jeunes | Présentation du plan „1 jeune,
der Jugendbeschäftigung: Eine Brücke                        Euro aufgestockt und sollen dabei             1 solution“, Pressemitteilung französisches Ministerium
ins Arbeitsleben für die nächste Gene­                      helfen, die Lücke zwischen den ersten         für Beschäftigung, Arbeit und Integration, 23. Juli 2020,
                                                                                                          https://travail-emploi.gouv.fr/actualites/l-actualite-du-
ration“ angestoßen. Hierzu gehört unter                     Krisenmaßnahmen und dem länger­               ministere/article/emploi-des-jeunes-presentation-du-
anderem eine Empfehlung des Rates,                          fristigen Wiederaufbau zu schließen.          plan-1-jeune-1-solution.

mit der die „Jugendgarantie“ gestärkt
werden soll und ihre Reichweite auf
schutzbedürftige junge Menschen in
der gesamten EU im Alter von 15 bis                         Berufliche Bildung als Chance
29 Jahren ausgedehnt wird.                                  auf einen Arbeitsplatz.

Darüber hinaus hat die E
                       ­ uropäische
Ausbildungsallianz (EAfA) das Ausbil­
dungsplatzangebot für junge Men­
schen auf mehr als 900.000 Plätze
aufgestockt. Die EAfA vereint Regie­
rungen und wichtige Interessengrup­
pen mit dem Ziel, die Qualität, das
Angebot und die Attraktivität von
Lehrlingsausbildungen in Europa zu

15
     Vgl. OECD, http://www.oecd.org/employment-outlook/.
16
     Vgl. ILO Monitor: COVID-19 and the world of work.
     Fourth edition, 27. Mai 2020, S. 2, https://www.ilo.
     org/wcmsp5/groups/public/@dgreports/@dcomm/­
     documents/briefingnote/wcms_745963.pdf.

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COVID-19 - Niemand darf zurückbleiben - Haben wir unsere Lektion gelernt? - Oktober / November 2020 - Deutsche ...
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Covid-19

zu schaffen, um die Ausbildungskapa­                           Deutschland möchte mit dem Bun­                   Folgen für ihr weiteres Berufs­leben
zitäten von Pflegekräften und Kran­                            desprogramm „Ausbildungsplätze                    haben wird. Dies kann zu negativen
kenschwestern in den nächsten fünf                             sichern“ bestehende Förderinstru­                 Auswirkungen auf Beschäftigungs­
Jahren zu verdoppeln. Das Programm                             mente ergänzen. Betriebe, die ihr                 aussichten, Einkommen und Renten
umfasst ein Budget von 6,5 Milliarden                          Ausbildungsniveau stabil halten oder              führen.19
Euro.                                                          ausbauen, sollen Ausbildungsprämien
                                                               erhalten. Kleine und mittlere Unter­              Es bleibt abzuwarten, ob es gelin­
Mit dem Programm „Kickstart“ möchte                            nehmen (KMU), die Auszubildende                   gen wird, dem sich abzeichnenden
Großbritannien 30.000 neue Aus­                                aus pandemiebedingt insolventen                   Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit mit
bildungsplätze schaffen und bietet                             KMUs übernehmen, erhalten eine                    all ihren Folgen wirksam zu begeg­
Unternehmen ebenfalls gestaffelt                               Übernahmeprämie. Die Möglich­                     nen. Auch nach der Finanzkrise 2008
nach Alter vom 1. August 2020 bis                              keit zur temporären Weiterführung                 stieg sie bis 2013 auf ein Rekordhoch
31. Januar 2021 Zuschüsse von 1.500                            der Ausbildung in überbetrieblichen               von 24,4 Prozent und trotz Maßnah­
bis 2.000 britischen Pfund (ca. 1.600                          Berufsbildungsstätten soll gefördert              men, wie der Jugendgarantie, hat es
bis 2.200 Euro) für jeden neu einge­                           werden. Auch Österreich will die                  weitere sechs Jahre gedauert, bis sie
stellten Auszubildenden. Zudem sollen                          Anzahl der Plätze in überbetrieblicher            Ende 2019 wieder auf 14,9 Prozent
hunderttausende qualitativ hochwerti­                          Lehrausbildung ab Herbst deutlich                 gefallen war. Damit lag sie jedoch
ger 6-Monats-Praktika für Menschen                             aufstocken, damit alle Jugendlichen               immer noch doppelt so hoch, wie die
im Alter von 16-24 Jahren geschaffen                           eine Chance auf einen Ausbildungs­                allgemeine Arbeitslosenquote im EU-
werden, die Sozialleistungen bezie­                            platz bekommen.                                   Durchschnitt. Mit Blick auf die hohe
hen. Für „Kickstart“ ist ein Fonds von                                                                           Staatsverschuldung werden nicht
zwei Milliarden Pfund vorgesehen.18                            Lessons learnt?                                   in allen Ländern ausreichend Mittel
                                                                                                                 zur Verfügung stehen, der Jugend­
                                                               Die IAO befürchtet, dass junge Men­               arbeitslosigkeit entgegenzuwirken.
                                                               schen nicht nur gegenwärtig über­                 Hier könnten EU-Mittel helfen.
     Vgl. Policy paper “A Plan for Jobs 2020”, 8. Juli 2020,
                                                               proportional von der COVID-19-Krise
18

     https://www.gov.uk/government/publications/a-plan-
     for-jobs-documents/a-plan-for-jobs-2020.                  betroffen sind, sondern dies auch                 Eine andere Frage ist es, ob perspek­
                                                                                                                 tivisch der prekären Situation vieler
                                                                                                                 junger Menschen nachhaltig Abhilfe
                                                                                                                 geschaffen werden kann. Atypische
Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in %                                                                          Beschäftigungsformen wie Plattfor­
                                                                                                                 marbeit mit allen Vor- und Nachtei­
18,5                                                                                                             len der Flexibilität sind unter jungen
18,0                                                                                                             Menschen zunehmend verbreitet.
                                                                                                                 Die EU-Kommission hat eine Studie
17,5
                                                                                                                 speziell über den Zugang junger Men­
17,0                                                                                                             schen zum Sozialschutz angekündigt.
                                                                                                                 Dabei sollen die Voraussetzungen für
16,5
                                                                                                                 verschiedene Sozialleistungen bei
16,0                                                            EURO-Zone                                        unterschiedlichen Beschäftigungsfor­
15,5                                                                                                             men erfasst werden. Die Studie soll
                                                                                                                 insbesondere den Austausch bewähr­
15,0
                                                                       EU                                        ter Verfahren unterstützen.
14,5

14,0
            Aug.    Sep.     Okt.     Nov.    Dez.     Jan.    Feb.   März   April   Mai    Juni   Juli   Aug.   19
                                                                                                                      Vgl. ILO Monitor: COVID-19 and the world of work,
            2019    2019     2019     2019    2019     2020    2020   2020   2020    2020   2020   2020   2020        Fourth edition, S. 2, https://www.ilo.org/wcmsp5/
                                                                                                                      groups/public/@dgreports/@dcomm/documents/­
           Altersgruppe unter 25 Jahre. Datenquelle: Eurostat                                                         briefingnote/wcms_745963.pdf.

                                                                                       8
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                           Oktober / November 2020
Covid-19

Menschen mit                             Soziale Isolation, erschwerte Inan­
                                         spruchnahme sozialer Dienste und
                                                                                 der bei der Bundesagentur für Arbeit
                                                                                 arbeitslos gemeldeten schwerbe­
Behinderungen in                         Pflege, ein Mangel an zugänglichen      hinderten Menschen beispielsweise
                                         Informationen und ein höheres Risiko,   von 157.523 im März auf 175.188 im
der COVID-19-Krise                       schwerere Fälle einer COVID-19-­        Juli 2020 angewachsen. Das waren
                                         Erkrankung zu entwickeln, sind einige   20.638 Menschen mehr als im Vor­
                                         wenige Beispiele, die zeigen, dass      jahresmonat (Juli 2019).20
                                         Menschen mit Behinderungen in be­­
                                         sonderem Maße von der COVID-19-­        Wegen der Schwierigkeit, einen
                                         Pandemie betroffen sind.                Arbeitsplatz im regulären Arbeitsmarkt
                                                                                 zu finden, bleibt den Betroffenen
                                         Neben sozialen und gesundheitlichen     häufig nur eine Beschäftigung im
                                         Auswirkungen treffen sie auch die       informellen Sektor. Dies schließt sie
                                         wirtschaftlichen Folgen überpropor­     von beitragsfinanzierten Sozialversi­
                                         tional. Expertinnen und Experten        cherungssystemen und in Zeiten von
                                         fürchten, dass für Menschen mit         Corona häufig auch von staatlichen
                                         Behinderungen ein höheres Risiko        Hilfsmaßnahmen, die Einkommens­
                                         besteht, ihre Beschäftigung zu ver­     verluste ausgleichen sollen, aus. Für
                                         lieren. In Deutschland ist die Zahl     diejenigen, die erwerbstätig sind,
                                                                                 können sich aufgrund des Fehlens
                                                                                 von Ausstattung oder personeller
                                                                                 Unterstützung, die am Arbeitsplatz
Probleme im Home-Office ergeben sich aufgrund des                                verfügbar wären, Probleme ergeben,
­Fehlens von Ausstattung und personeller Unterstützung.                          im Homeoffice zu arbeiten, wodurch
                                                                                 sich das Risiko des Arbeitsplatz- und
                                                                                 Einkommensverlustes weiter erhöht.
                                                                                 Diejenigen, die in Werkstätten arbei­
                                                                                 ten, waren von den Schließungen
                                                                                 der Einrichtungen betroffen. Dies
                                                                                 hatte negativen Auswirkungen auf
                                                                                 ihr Arbeitsentgelt, das häufig von
                                                                                 den durch die Werkstätten erzielten
                                                                                 Einnahmen abhängt. Letztlich kann
                                                                                 vor dem Hintergrund höherer Ausga­
                                                                                 ben, zum Beispiel für barrierefreies
                                                                                 Wohnen, Hilfsmittel und notwendige
                                                                                 Dienstleistungen, auch die indirekte
                                                                                 Betroffenheit von COVID-19-Maßnah­
                                                                                 men das Armutsrisiko von Menschen
                                                                                 mit Behinderungen erhöhen, nämlich
                                                                                 dann, wenn sich das Einkommen von
                                                                                 Familienangehörigen und damit das
                                                                                 Gesamteinkommen des Haushalts
                                                                                 verringert.

                                                                                    Vgl. Monatsberichte zum Arbeits- und Ausbildungs-
                                                                                 20	

                                                                                    markt für März 2020 und Juli 2020, Bundesagentur
                                                                                    für Arbeit.

                                                           9
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                                                                               Oktober / November 2020
Covid-19

Maßnahmen und Politik-­                                            Auch das Europäische Parlament hat                              Euro für Werkstätten zur Verfügung
Empfehlungen                                                       in seiner Entschließung zur neuen                               gestellt, in denen Menschen mit Behin­
                                                                   EU-Strategie zugunsten von Men­                                 derungen arbeiten, um Verdienst­
Eine Reihe internationaler Organisa­                               schen mit Behinderungen für die Zeit                            ausfälle zu kompensieren. Für die
tionen haben bereits früh gefordert,                               nach 2020 gefordert, die Lehren aus                             Monate Juni bis August 2020 wurde
Menschen mit Behinderungen in die                                  der COVID-19-Pandemie zu berück­                                ein Programm „Überbrückungshilfe
Reaktionen auf die Krise einzubezie­                               sichtigen.22 Die von den Mitgliedstaa­                          für kleine und mittelständische Unter­
hen. Der Generalssekretär der Verein­                              ten ergriffenen Maßnahmen sollen                                nehmen, die ihren Geschäftsbetrieb
ten Nationen, António Guterres, hatte                              analysiert und auf Lücken überprüft                             im Zuge der Corona-Krise vollständig
im Mai 2020 die Regierungen aufge­                                 werden. Bereits zuvor hatte es gefor­                           oder zu wesentlichen Teilen einstellen
fordert, Menschen mit Behinderungen                                dert, Menschen mit Behinderungen in                             mussten“ verabschiedet, von dem
in den Mittelpunkt der Maßnahmen                                   alle Einkommensschutzmaßnahmen                                  auch Inklusionsbetriebe profitieren
in Reaktion auf die COVID-19-Krise                                 einzubeziehen. 23                                               sollen. Österreich hat kurzfristig für die
zu stellen. 138 Staaten, darunter                                                                                                  Monate April bis Juni den für ange­
auch die EU und ihre Mitgliedstaaten,                              Erste Maßnahmen der Mitgliedstaaten                             stellte Menschen mit Behinderung
haben am 18. Mai 2020 eine gemein­                                 in Reaktion auf die Pandemie bezie­                             gewährten Arbeitsplatzsicherungszu­
same Erklärung für eine inklusive,                                 hen sich auf kurzfristige Hilfspakete.                          schuss um bis zu 50 Prozent erhöht.
Menschen mit Behinderungen ein­                                    So wurden den Integrationsämtern                                Selbständigen wurde der bestehende
beziehende Reaktion auf COVID-19                                   in Deutschland einmalig 70 Millionen                            Überbrückungszuschuss in Höhe
unterzeichnet.                                                                                                                     von 267 Euro pro Monat, der bei
                                                                   22
                                                                        Auf die Anfrage der Abgeordneten des Europäischen          einem behinderungsbedingten Bedarf
 Die IAO fordert, Menschen mit                                          Parlamentes, Janina Ochojska, hat die EU-Kommission
                                                                                                                                   gewährt werden kann, auch ohne die­
                                                                        in ihrer Antwort (bereits in Aussicht gestellt, dass die
 Behinderungen in allen Phasen                                          neue Strategie auch die Erkenntnisse aus der Krise         sen Nachweis zur Verfügung gestellt.24
 der Reaktion auf die Pandemie                                          einbeziehen wird (E-002774/2020), https://www.
                                                                        europarl.europa.eu/RegData/questions/reponses_
­einzubeziehen. 21 Neben sofortige
                                                                        qe/2020/002895/P9_RE(2020)002895_EN.pdf.                   24
                                                                                                                                        Vgl. Sozialministeriumsservice, COVID-19 Maßnahmen
 Hilfen, wie die Aufrechterhaltung                                 23
                                                                        Entschließung des Europäischen Parlaments vom                    im Bereich der Lohn-/Individualförderungen, https://
 persönlicher Unterstützung und die                                     17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU                 www.sozialministeriumservice.at/Ueber_uns/News_
                                                                        zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer                  und_Veranstaltungen/News/COVID-19_Massnahmen_​
 Teilhabe am Arbeitsplatz, geht es
                                                                        Folgen (2020/2016(RSP)).                                        ­im_Bereich_der_Lohn--Individualfoerd.de.html.
 insbesondere um die Beteiligung bei
 der Planung, der Zuweisung finanziel­
 ler Ressourcen und bei Programmen
 der Beschäftigungsförderung sowie                                 Unterschiedliche Maßnahmen für Menschen mit
 der Gewährleistung inklusiver Arbeits­                            Behinderungen sollen die Arbeitsplätze sichern.
 märkte und eines angemessenen
 Sozialschutzes, der die Berufstätigkeit
 und wirtschaftliche Unabhängigkeit
 unterstützt. Leistungen würden häufig
 auf der Annahme einer „Arbeitsun­
 fähigkeit“ basieren, was Vorurteile
 verstärke und negative Anreize für die
 Arbeitssuche schaffe. Maßnahmen in
 Reaktion auf die Krise sollten diese
 Fehlanreize nicht fortführen.

21
     COVID-19 and the World of Work, ensuring the
     inclusion of persons with disabilities at all stages of the
     response, ILO Policy Brief, June 2020, S. 4 ff.

                                                                                                 10
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                                                                                 Oktober / November 2020
Covid-19

Lessons learnt?
                                                             Für Menschen mit Behinderungen ist es
Bereits vor der Krise war es für Men­                        schwieriger eine Beschäftigung zu finden
schen mit Behinderungen schwieriger,
eine Beschäftigung mit angemes­                                               ohne Behinderung                                          mit Behinderung
senen Bedingungen und adäquater                                                    t                                                         t
                                                                               ftig                                                      ftig
Entlohnung zu finden. In der EU sind
                                                                            chä                                                       chä
nur 50,6 Prozent der Menschen mit                                         es        25,2 %                                          es        49,4 %

                                                                                                                                b
                                                                   b
Behinderungen beschäftigt, verglichen

                                                                                                                             ht
                                                                ht

                                                                                                                          nic
                                                             nic

mit 74,8 Prozent der Menschen ohne
Behinderung. 25

Das Europäische Parlament fordert
eine ambitionierte EU-Strategie für
die Zeit nach 2020, die eindeutige und
messbaren Zielvorgaben beinhalten
                                                                                       74,8 %                                                  50,6 %
soll, einschließlich einer Liste geplan­
ter Maßnahmen mit einem klaren                                                    b e s c h äfti g t                                      b e s c h äfti g t
Zeitrahmen und den vorgesehenen
Ressourcen, u. a. in den Bereichen
Teilhabe, unabhängige Lebensfüh­
                                                             auf die Beschäftigung und soziale
rung, Beschäftigung und Ausbildung.
                                                             Absicherung von Menschen mit
Auch die Mitgliedstaaten sollen in die
                                                             Behinderungen handelt es sich jedoch
Pflicht genommen werden, um Maß­
                                                             weitgehend um „alte Bekannte“.
nahmen zur Förderung der Teilhabe
                                                             Trotz allen technischen Fortschritts
von Menschen mit Behinderungen am
                                                             und aller politischen Forderungen
Arbeitsmarkt weiterzuentwickeln und
                                                             haben sich die Statistiken zum Auf­
besser umzusetzen. Diejenigen, die
                                                             bau inklusiver Arbeitsmärkte in den
in geschützten Werkstätten arbeiten,
                                                             letzten 20 Jahren kaum verändert.
sollen als Arbeitnehmerinnen und
                                                             Nur etwa 50 Prozent der Menschen
Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes
                                                             mit Behinderungen, die arbeiten
anerkannt und es soll sichergestellt
                                                             möchten, haben einen Arbeitsplatz.
werden, dass sie Anspruch auf den­
                                                             Maßnahmen mit messbaren Zielvor­
selben sozialen Schutz wie andere
                                                             gaben und einem klaren Zeitrahmen,
Arbeitnehmer haben.
                                                             wie vom Europäischen Parlament
                                                             vorgeschlagen, könnten einen Bei­
Für eine Beurteilung, ob ergriffene
                                                             trag dazu leisten, die Lücke zwischen
oder zu ergreifende Maßnahmen
                                                             Politikempfehlungen und Realität zu
tatsächlich den Empfehlungen der
                                                             verkleinern.26
Expertinnen und Experten Rechnung
tragen, d. h. das Armutsrisiko von
Menschen mit Behinderungen verrin­
gern und zu inklusiveren Arbeitsmärk­                        26
                                                                  Europäischer Dachverband der Dienstleistungsanbieter
                                                                  für Menschen mit Behinderungen (EASPD), Positions-
ten beitragen, ist es noch zu früh. Bei
                                                                  papier „Inputs on next European Disability Strategy“,
den Politik-Empfehlungen im Hinblick                              Dezember 2019. EASPD weist in einem Positionspapier
                                                                  mit Empfehlungen zur neuen EU-Strategie darauf
                                                                  hin, dass es sogar nur 25 Prozent seien, wenn man die
25
     Siehe European Disability Forum, http://www.edf-feph.        Menschen mit Behinderungen einbeziehen würden, die
     org/employment.                                              als nicht arbeitsfähig betrachtet würden.

                                                                                          11
Deutsche Sozialversicherung Europavertretung                                      Oktober / November 2020
Covid-19

 Haben wir unsere Lektion                                         Kontakt
­wirklich gelernt?
                                                                  Deutsche Sozialversicherung
                                                                  ­Europavertretung

                                                                  Rue d’Arlon 50
                                                                  B-1000 Brüssel
                                                                  Fon: +32 (2) 282 05 50
Betrachtet man die Ausgangslage der drei dargestellten,           E-Mail: info@dsv-europa.de
besonders von den Auswirkungen der Pandemie betroffe­             www.dsv-europa.de
nen Gruppen, so verbindet diese, dass sie häufig von den
kurzfristig zum Ausgleich von Einkommensausfällen zur
Verfügung gestellten Hilfsmaßnahmen nicht profitieren und
                                                                  Impressum
bereits vor der Krise im Hinblick auf die Sicherheit ihrer
Einkünfte und ihre soziale Absicherung als „verletzlich“
                                                                  Verantwortlich für den Inhalt:
galten.
                                                                  Deutsche Sozialversicherung
                                                                  Europavertretung im Auftrag
Kurzfristig mögen ad-hoc ergriffene Maßnahmen helfen,
                                                                  der ­Spitzenverbände der Deutschen
die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzufedern,
                                                                  Sozialversicherung
obwohl die betroffenen Gruppen häufig auch hier durch
                                                                  Direktorin: Ilka Wölfle, LL.M.
das Netz der Maßnahmen fallen. Ob wir unsere Lektion
aus der Krise gelernt haben, wird sich langfristig aber
                                                                  Redaktion: Ilka Wölfle, LL.M.,
auch danach bemessen, ob es gelingt, die Verletzlichkeit
                                                                  Ulrich Mohr,
dieser Gruppen und die Schwächen in den Sozialsystemen
                                                                  Dr. Wolfgang Schulz-Weidner,
strukturell zu beheben. Die COVID-19-Pandemie hat die
                                                                  Judith Schweizer,
Schwächen des sozialen Schutzes dieser Gruppen und
                                                                  Stefani Wolfgarten,
die Notwendigkeit nachhaltiger Maßnahmen einmal mehr
                                                                  Isolde Fastner,
deutlich gemacht.
                                                                  Robin Bauer.

                                                                  Produktion: mails and more –
                                                                  ­ ervice für Dialogmarketing GmbH
                                                                  S
Ob die Maßnahmen ausreichend sind,
wird sich langfristig zeigen.                                     Grafik/Layout: Naumilkat – Agentur
                                                                  für Kommunikation und Design

                                                                  Bildnachweis:
                                                                  Adobe Stock / zimmytws (S. 1),
                                                                  Adobe Stock / Song_about_summer
                                                                  (S. 3), iStockphoto / MarioGuti (S. 4),
                                                                  iStockphoto / alvarez (S. 6),
                                                                  iStockphoto / kzenon (S. 7),
                                                                  Adobe Stock / pressmaster (S. 9),
                                                                  iStockphoto / industryview (S. 10),
                                                                  Adobe Stock / magele-picture (S. 12)

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