COVID Impfung 25.2.2021 - Dr. med. A. Friedl Leitende Ärztin, Infektiologie/Spitalhygiene
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COVID Impfung 25.2.2021 Dr. med. A. Friedl Leitende Ärztin, Infektiologie/Spitalhygiene Kantonsspital Baden
Was ist eine Impfung? Unter einer Impfung versteht man die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, eine Erkrankung durch den entsprechenden Infektionserreger zu verhindern A. Friedl, Kantonsspital Baden
• Damit das Immunsystem B- und T-Zellen produzieren kann, die gegen einen spezifischen Keim wirksam sind, muss es lernen, bestimmte Strukturen des Keims zu erkennen: – Oft handelt es sich um spezifische Proteine auf der Oberfläche des Keims. – Diese charakteristischen Elemente sind auch in einem Impfstoff enthalten, der sie dem Immunsystem auf verschiedene Weise präsentieren kann. – Man nennt sie auch Antigene A. Friedl, Kantonsspital Baden
Aus was besteht ein Impfstoff? • Als Antigene finden sich in den Impfstoffen unterschiedliche Produkte: – Totimpfstoffe • enthalten inaktivierte oder abgetöteten Viren oder Bakterien oder Bestandteile von Viren, Bakterien oder Giftstoffen • Können nie eine Erkrankung durch den Erreger auslösen – Lebendimpfstoffe: • enthalten abgeschwächte, aber lebende Erreger • Manche Impfstoffe enthalten Wirkverstärker oder «Verpackungselemente» A. Friedl, Kantonsspital Baden
Impfstoffarten • Attenuierter Lebendimpfstoff (z.B. MMR) = abgeschwächter Lebendimpfstoff • Inaktivierter Impfstoff (z.B. Hepatitis A) = abgetöteter Erreger • Subunit Impfstoff (z.B. Hep B, Influenza) = gereinigte Impfstoffe, die nur Fragmente eines Keims enthalten • Konjugierter Impfstoff (z.B. Pneumokokken) = enthält nur die komplexen Zuckermoleküle (Polysaccharide), die sich in der Zellwand von Bakterien befinden. Damit diese Zuckermoleküle vom Immunsystem besser erkannt werden können, werden sie an ein Transportprotein gebunden (oder im Fachjargon: konjugiert). A. Friedl, Kantonsspital Baden
Neue Impfstoffarten Vektor-Impfstoffe • Genetisches Material des Erregers wird in ein Virus oder Bakterium eingebracht, das beim Menschen keine Krankheiten verursacht. • Diese so genannten «Vektoren» vermehren sich nur begrenzt im menschlichen Körper, so dass sie keine Infektion verursachen, aber dennoch die Immunantwort stimulieren. • existiert schon als Ebola-impfstoff und als Impfstoff gegen Krebs A. Friedl, Kantonsspital Baden
mRNA-Impfstoff • ein Fragment des genetischen Materials der Mikrobe (Boten-RNA = mRNA) wird eingehüllt in eine Lipidhülle. • Sobald sie in den Körper injiziert sind, werden die Fettkügelchen von den umliegenden Zellen « geschluckt ». • Im Zellplasma wird aus Aminosäuren mit Hilfe des mRNA-Bauplanes das Oberflächen-Protein des Virus produziert, das als Antigen wirkt. • Wird nicht ins genetische Material der menschlichen Zelle eingebaut • mRNA wird innert Stunden wieder abgebaut A. Friedl, Kantonsspital Baden
Wie funktioniert eine Impfung? • Der Impfstoff bewirkt, wie die natürliche Infektion, im Körper eine Abwehrreaktion • Diese Abwehrstoffe (Antikörper), erkennen und zerstören den Krankheitserreger • Der Impfstoff trainiert den Körper und lehrt ihn, den Krankheitserreger rasch zu erkennen und zu bekämpfen (immunologisches Gedächtnis) • Der Organismus lernt am ungefährlichen Impfstoff den Ernstfall. A. Friedl, Kantonsspital Baden
Wie wirkt eine Impfung? • Schon wenige Stunden nach einer Impfung werden die spezialisierten weissen Blutkörperchen des Immunsystems – die so genannten B-Zellen und T-Zellen – aktiviert. • Nach etwa 15 Tagen setzen die B-Zellen im Blut Antikörper frei. Sie sind in der Lage, sich an den vom Impfstoff imitierten Erreger zu binden. Dadurch verhindern die Antikörper, dass der Erreger in menschliche Zellen eindringt. • Die T-Zellen (oder «Killerzellen») andererseits eliminieren den Erreger. So verhindern sie den Ausbruch einer Krankheit und begrenzen das Risiko von Komplikationen. A. Friedl, Kantonsspital Baden
Wie funktioniert eine Impfung? Der Impfstoff (Antigen) wird von Dendritischen Zellen, B-Zellen und Marcrophagen aufgenommen und den T-Zellen in den LK präsentiert. Dies führt dann zu einer klonalen Expansion der Memory-Zellen (Gedächntiszellen), Plasmazellen und zytotoxischer T-Zellen. Die Plasmazellen produzieren die Antikörper gegen das Antigen, die Memory-Zellen bilden das immunologische Gedächtnis. A. Friedl, Kantonsspital Baden
Wie wirkt eine Impfung? Impfung Infektion stärker Erste Immunantwort Nach ca 10 Tagen Zweite Immunantwort Nach ca 2 Tagen (aus den Memoryzellen) Schneller A. Friedl, Kantonsspital Baden
Nebenwirkungen • Impfreaktion • Schmerzen/Rötung /Schwellung an der Impfstelle • leichtes Unwohlsein oder Fieber • Müdigkeit, Muskelschmerzen • Impfkomplikationen sind gesundheitliche Schädigungen, die über das normale Mass einer Impfreaktion hinausgehen. • z.B. Abszess an Injektionsstelle A. Friedl, Kantonsspital Baden
Warum impft man? • Individueller Schutz vor Erkrankung, Behinderung oder Tod durch Krankheitserreger, – Gegen die es keine Medikamente gibt – Die schwer verlaufen / gefährlich sind • Herdenschutz – Weil man die Schwachen in unserer Gesellschaft vor einer Ansteckung mit für diese Gefährlichem schützen will A. Friedl, Kantonsspital Baden
Herdenschutz oder immun oder nicht immun oder immun oder immun A. Friedl, Kantonsspital Baden
Wieviel % der Bevölkerung muss immun sein um einen Herdenschutz zu erreichen? Je ansteckender eine Erkrankung ist und/oder je schlechter wirksam ein Impfstoff ist, desto grösser der Bevölkerungsanteil, der immun sein muss, um einen Herdenschutz zu erreichen A. Friedl, Kantonsspital Baden Samer SB et al JAMA 2020;324:2095-2096
Warum gegen COVID-19 impfen? Individueller Schutz: Keine Erkrankung an COVID-19, kein long- COVID • Jede sechste hospitalisierte Person braucht einen Platz auf der Intensivstation. • Jede hundertste Person verstirbt am Coronavirus. • Je älter, desto höher das Risiko an COVID schwer zu erkranken und zu versterben Schutz für die Gemeinschaft • Schutz vor Übertragung der Viren • Schutz der Spitäler und Institutionen • Schutz der Wirtschaft, Ausbildung und Sozialleben Zurück zum normalen Leben! A. Friedl, Kantonsspital Baden
Impfung gegen COVID-19 • >150 Impfstoffkandidaten in Entwicklung bzw. klinischer Prüfung • 6 Impfstoffarten in Entwicklung – live-attenuated virus – recombinant viral vectored – inactivated virus – protein subunit – virus- like particles – nucleic acid based • mRNA vaccines • plasmid DNA vaccines • Video auf englisch erklärt Impfstoffentwicklung https://edhub.ama-assn.org/jn-learning/video-player/18547208 A. Friedl, Kantonsspital Baden
SARS-CoV2 Spikes Spikes: provozieren • neutralisierende polyklonale Antikörper • Zellvermittelte Immunabwehr A. Friedl, Kantonsspital Baden
Virus mRNA Impfstoff A. Friedl, Kantonsspital Baden
COVID-19 mRNA-Impfstoff A. Friedl, Kantonsspital Baden
Warum geht es so schnell? • Bündelung von Ressourcen • Vorwissen, Vorstudien z.B. bei mRNA-Impfstoffen resp. Vektorbasierten Impfstoffen – mRNA: Zika, Influenza, Rabies, Chikungunya, CMV u.a. – Adenovirus: Ebola – Beide: Anti-Tumor Impfstoffe, orphan drugs für genetische Erkrankungen • Vorwissen aus Forschung zu SARS, MERS und anderen Coronaviren • Rollendes Zulassungsverfahren A. Friedl, Kantonsspital Baden
mRNA-Impfstoff Moderna N Engl J Med 2021; 384:403-416 A. Friedl, Kantonsspital Baden
Nebenwirkungen • Schmerzen an der Injektionsstelle: > 80 % • Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskel-/ Gelenkschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Schwellung an der Einstichstelle: 10-60 % • Schwere Allergische Reaktion: 1.1 /100’000 Impfungen N Engl J Med 2021; 384:403-416 C. Staehelin A. Friedl, Kantonsspital Baden
mRNA-Impfstoff: BNT162b (Pfizer) Wirksamkeit • 43’998 Teilnehmer • 95% Wirksamkeit (67%-100% Konfidenzintervall) bei Personen zwischen 65 und 75 Jahren • 100% Wirksamkeit (0%-100% Konfidenzintervall) bei Personen über 75 Jahren. A. Friedl, Kantonsspital Baden
Nebenwirkungen BNT162b (Pfizer) einzig bekanntes ernsthafte Risiko: • allergischen Reaktion bei Menschen, die in der Vergangenheit schon schwere allergische Reaktionen gegen einen Impfstoff oder ein Medikament hatten A. Friedl, Kantonsspital Baden
BNT162 mRNA-1273 ChAdOx1 Pfizer - BioNTech Moderna AstraZenec Impfstofftyp mRNA mRNA Vektor Antigen SARS-CoV-2 Spike- SARS-CoV-2 Spike- SARS-CoV-2 Spike- Protein Protein Protein Adjuvans keines keines keines Dosis 2 x 30 Mikrogramm 2 x 100 Mikrogramm 1. Dosis 5x1010 Virenpartikeln + 2. Ds 1.5x1010 Abstand 3 Wochen 4 Wochen 4 Wochen Anz.Teilnehmer 43’998 30’000 40'051 + 100 (Russland) in Phase 3 + 1'600 (Indien) + 2'000 (Brasilien) Alter 12- 85 Jahren >18 Jahre >18 Jahre Beobachtete Häufigkeit >2% Häufigkeit >2% Details nicht verfügbar, Nebenwirkungen Müdigkeit (3,8%) Müdigkeit (9,7%), keine schwerwiegenden während der und Kopfschmerzen Myalgie (8,9%), Ereignisse Phase-3-Studie (2%). Gelenksz (5,2%), Kopfsz Alter↑: NW↓ (4,5%), Schmerzen (4,1%) und Erythem/Rötung an der Injektionsstelle (2,0%). A. Friedl, Kantonsspital Baden Wirksamkeit 95% (schwer:90%) 94% (schwer:100%) 70% (schwer:100%)
Zielgruppen für COVID-19 Impfung 1. COVID-19 gefährdete Personen a) Senioren b) Chronisch Kranke • 2. Gesundheitspersonal mit Patientenkontakt und Betreuungspersonal von besonders gefährdeten Personen (BGP) in Absteigender Priorität • 3. Enge Kontakte von BGP – Haushaltsmitglieder • 4. Erwachsene in Gemeinschaftseinrichtungen mit erhöhtem Infektions- und Ausbruchsrisiko. • 5. Alle anderen A. Friedl, Kantonsspital Baden
Krankheitsdefinitionen für chronische Erkrankungen mit höchstem Risiko A. Friedl, Kantonsspital Baden
Wer soll respektive soll nicht geimpft werden? • Impfung ist allen empfohlen • < 16 (Pfizer) resp.
Schwangerschaft und Stillen • Bei fehlenden Daten: Impfung in der Schwangerschaft generell (noch) nicht empfohlen • Keine direkte oder indirekte schädliche Wirkungen in Bezug auf Schwangerschaft, embryonale/fötale Entwicklung, Geburt oder postnatale Entwicklung in Tierexperimentelle Studien mit mRNA- Impfstoffen – Die Impfung macht nicht unfruchtbar, das ist ein unsinniges Gerücht, das auf einen Coronaleugner zurückgeht • Bei Schwangeren mit chronischen Erkrankungen mit höchstem Risiko soll der potentielle Nutzen der Impfung zur Verhinderung von schwer verlaufenden Erkrankungen gegenüber den fehlenden Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit abgewogen werden. • Kein Schwangerschaftstest vor Impfung • Es ist unwahrscheinlich, dass eine Impfung der Mutter während der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt. A. Friedl, Kantonsspital Baden
Immunsuppression/-defizienz • Gemeint ist: angeborene, erworbene oder durch medikamentöse Immunschwäche. • Personen mit einer Immundefizienz waren aus den Zulassungsstudien für die mRNA Impfstoffe ausgeschlossen. • Da mRNA Impfstoffe keine Lebendimpfstoffe sind, dürfen sie bei Immunsuppression gegeben werden, ev. gibt es eine weniger starke Impfantwort • Insgesamt soll die Indikation für die Covid-19-Impfung grosszügig gestellt werden • Grundsätzlich Impfungen während stabiler Phase der Erkrankung und vor Einleitung einer Immunsuppression durchführen A. Friedl, Kantonsspital Baden
Immunsuppression/-defizienz • Zuwarten: – bei aktiven entzündlichen Krankheiten, da bei Symptome unklar ob Nebenwirkung oder Erkrankungsaktivität – Prednisonäquivalent ≥ 20 mg/Tag > 2 Wochen bei Erwachsenen • impfen, sobald Intensität der Immunsuppression reduziert. – erste 3 Monaten nach einer B Zell depletierenden Therapie (z.B. Rituximab, Ocrelizumab), da die Impfantwort in diesen Situationen vermutlich in der Regel so stark eingeschränkt ist, dass kaum ein Schutz erreicht wird. – Ist eine immunsuppressive Therapie oder die Intensivierung einer bestehenden immunsuppressiven Therapie geplant, ist die vorherige Impfung zumindest mit einer Dosis empfohlen. Es muss kein minimales zeitliches Intervall zwischen Impfung und Therapie eingehalten werden, aber es gilt ‘je grösser das Intervall, desto besser’. A. Friedl, Kantonsspital Baden
Allergie • Unproblematisch sind Allergien wie – Heuschnupfen, Nahrungsmittel, Insektenstiche • Vielleicht problematisch sind Allergien, welche aufgetreten sind – auf ein in die Haut, den Muskel oder die Vene gespritztes Medikament oder eine Impfung mit unbekanntem Auslöser • Problematisch sind Allergien auf – Nach >2 schweren, allergische Reaktionen auf verschiedene, nicht untereinander verwandte Arzneimittel einschliesslich über den Mund eingenommene Abführmittel, welche Polyethylenglykol (PEG, Macrogol) oder Tromethamin (TRIS, Trometamol) • Allgemeine Vorsichtsmassnahme: – 15 Minuten Überwachungszeit nach der 1. Dosis und 5 Minuten nach der 2. Dosis, sofern keine Allergieanamnese vorliegt und die 1. Dosis gut toleriert wurde. A. Friedl, Kantonsspital Baden
A. Friedl, Kantonsspital Baden
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