ANTHRAX Interviews & Artikel - Ox-Fanzine
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Interviews & Artikel ANTHRAX Schluss mit lustig! Es gibt manchmal Zufälle, die fast schon unheimlich sind. Am 13. November hat die Plattenfirma von ANTHRAX Journalisten aus ganz Europa in ein Nobelhotel nach Bochum eingeladen, um sich das neue Album anzuhören und dann Interviews mit den New Yorker Thrash-Metal-Pionieren zu machen. Nur wenige Stunden bevor islamistische Attentäter das Fußball-Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland sowie ein Konzert der EAGLES OF DEATH METAL in Paris überfallen und 130 Menschen ermordet haben. Und fast prophetisch ging es in dem Gespräch mit Gitarrist Scott Ian und Bassist Frank Bello ums Morden für Allah. Denn religiöser Fanatismus und Gewaltausbrüche sind ein großes Thema auf „For All Kings“. Inhaltlicher Schwerpunkt auf dem neuen Album sind Terrorismus und religiöser Fanatismus. Warum? Scott: Wir stellen wie jeder andere fest, dass die Dinge immer schlimmer werden. Alles, was im vergangenen Jahr schlecht war, ist 2015 noch schlechter geworden. Ich spüre eine große Wut in mir, egal ob es um Anschläge von Terroristen oder um Amokläufe an Schulen geht. Eine Menge Dinge machen mir große Angst. Aus dieser Furcht entwickelt sich die Wut und meine Katharsis ist es, Songs darüber zu schreiben. Ich habe keine Antwort auf all diese Probleme. Das ist nicht mein Job. Ich weiß nur, wenn ich diese Wut nicht loswerde, drehe ich irgendwann durch. Also bin ich froh, dass ich so ein Ventil habe, um mein Gift auszuspucken. Die Welt wird immer schlechter, also werden auch meine Texte immer düsterer. Frank: Wie ein Schwamm saugen wir alles in uns auf, was wir in der Zeitung lesen oder in den Nachrichten sehen. Im Song „Evil
twin“ zum Beispiel heißt es: Ihr seid keine Märtyrer! Ihr tötet Menschen im Namen eurer Religion. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Ich möchte keine Religion verurteilen, aber Leute im Namen eines Gottes umzubringen, ist falsch. Es sollte nur um Frieden und Liebe gehen. Das ist meine Botschaft, denn ich will in Harmonie leben. Ich habe ein Kind, wir alle haben Familien. Deshalb verstehe ich solche Leute nicht. Es existiert für mich überhaupt kein Grund, andere Menschen zu töten. Das ist einfach meine Philosophie. So wäre die Welt ein besserer Ort. Mir ist völlig egal, woran diese Leute glauben, sie sollen einfach nur nicht andere verletzen oder umbringen. Hat der Anschlag auf die Karikaturisten von Charlie Hebdo für eure Texte eine Rolle gespielt? Scott: Das ist eines der Ereignisse, die mich beeinflusst haben. Dass diese zwei Typen Autoren und Zeichner attackiert haben, weil sie ihre Gefühle einen Gott betreffend ausgedrückt haben. Dass sie Künstler kaltblütig ermordet haben, mit der Begründung, dass sie von ihrem Gott geschickt wurden. Dass sie dafür als Märtyrer gelten, ist für mich ein riesiger Haufen Bockmist. Das sind einfach nur verdammte Mörder! Und wenn sie wirklich einen Gott haben, der ihnen solche Befehle gäbe, wird es höchste Zeit, Religion abzuschaffen. Ich würde sagen, es ist langsam angesagt, ein paar Leute vom Planeten zu fegen. Denn sie haben Unschuldigen den Krieg erklärt. Und irgendjemand muss die Unschuldigen beschützen. Aber darum kümmert sich bei uns niemand. In Amerika kannst du nicht mal den Verrückten die Waffen aus der Hand nehmen, die Kinder in der Schule erschießen. Unser Planet hat ein riesengroßes Problem und offensichtlich gibt es keine Lösung. Warum erhebt sich die Welt nicht gemeinsam gegen Terrorismus? Alle haben sich gegen Adolf Hitler verbündet, bis auf die Japaner und Italiener vielleicht. Warum ist es so schwer, zusammen gegen diese Idee des religiösen Extremismus vorzugehen? Es ist in meinen Augen unglaublich, dass niemand diese Leute stoppt. Hast du als Künstler Angst vor Rache, wenn du dich mit solchen Dingen beschäftigst? Die Karikaturisten von Charlie Hebdo haben auch „nur“ ein paar Bilder gezeichnet und wurden dafür ermordet. Scott: Nein, davor habe ich keine Angst, denn ich habe nicht die religiösen Gefühle von irgendjemandem verletzt. Ich habe weder Bilder gezeichnet noch Texte geschrieben, die sich konkret mit Mohammed beschäftigen. Ich habe auch gar nichts gegen
Mohammed und auch ein paar Freunde, die Moslems sind. Das sind keine Extremisten, sondern ganz normale Leute wie du und ich. Und die verstehen diese Anschläge auch nicht. Deren Interpretation des Korans hat nichts mit der Lesart von denen zu tun, die die Menschen in Paris erschossen haben. Es ist einfach nur eine furchtbare Situation. Du hast einen vierjährigen Sohn. Macht dich das noch sensibler für diese Problematik? Scott: Natürlich. Und nicht nur er. Meine Frau, meine Familie, meine Freunde. Du weißt nie, wann der nächste Anschlag kommt. In Amerika passiert es fast schon wöchentlich. Leute werden erschossen oder in die Luft gejagt. Ich wache jeden Tag auf und mache mir Sorgen. Meine Frau ist auf dem Weg in den Gemüseladen, schießt dort vielleicht irgendein Verrückter um sich? Ich habe mir nie viele Sorgen gemacht. Das kenne ich gar nicht. Jetzt geht es pausenlos so, weil es einfach immerzu passiert. Das ist total verrückt. Und wir leben in einem Land, in dem sich niemand traut, etwas gegen all diese Waffen zu unternehmen, weil es schlecht für die nächste Wahl ist. Deshalb werden für die Politik immer mehr Kinder sterben. Wie viele müssen noch sterben, bis sich was ändert? Wahrscheinlich alle! Und die einzigen Leute, die dann noch übrig sind, sind Mitglieder der NRA, der National Rifle Association. Und die können sich dann gegenseitig erschießen. ANTHRAX waren früher vor allem eine Spaß-Metal-Band, die auf der Bühne eine Menge Quatsch gemacht hat und lustige Projekte mit HipHop-Bands wie PUBLIC ENEMY veröffentlichte. Hattet ihr irgendwann ein Problem mit diesem Image? Frank: Ich habe uns nie als Fun-Metal-Band gesehen. Das hat vor allem mit dem Song „I’m the man“ zu tun, der durch die Decke gegangen ist. Scott, Charlie und ich haben diesen Song geschrieben, den eigentlich die BEASTIE BOYS mit uns performen sollten. Daraus wurde aber nichts, deshalb haben wir den Song alleine gemacht. Aber zum gleichen Zeitpunkt waren wir schon immer sehr heavy. Die echten ANTHRAX-Fans wussten schon immer, wie ernsthaft die Musik und der Inhalt der Texte war. Das Spektrum von ANTHRAX war einfach schon immer riesengroß. Es gibt nichts in unserer Geschichte, wofür wir uns schämen. Auf „Bring The Noise“ mit PUBLIC ENEMY sind wir sehr stolz. Wir haben Wände eingerissen. Und unsere Fans lieben es, dass sie nie wissen, was als Nächstes von ANTHRAX kommt.
Scott, du hast zusammen mit deiner Frau Pearl eine Band namens MOTOR SISTER gegründet, die im März ihr Debütalbum veröffentlicht hat. Was ist das Konzept hinter dieser Band? Scott: „Ride“ ist ein Coveralbum mit Stücken einer Band namens MOTHER SUPERIOR, die ich und meine Frau sehr verehren. Das sind Jungs, die später auch in der ROLLINS BAND aktiv waren. MOTHER SUPERIOR haben sich vor ungefähr acht Jahren aufgelöst und wir sind mit Sänger und Gitarrist Jim Wilson gut befreundet. Er spielt mit meiner Frau auch in der Band PEARL. Also haben wir ein paar Songs von MOTHER SUPERIOR für meinen fünfzigsten Geburtstag einstudiert. Drei Wochen später sind wir ins Studio gegangen und haben die Songs aufgenommen. Metal Blade Records hatte uns gefragt, ob wir eine Platte aufnehmen wollen, und wir haben sofort ja gesagt. Und mit MOTOR SISTER ist es damit nicht vorbei. Wir sind alle gute Freunde, deshalb spielen wir hin und wieder Konzerte. Vielleicht lässt sich bei einer MOTOR SISTER-Show dein Schwiegervater Meat Loaf blicken. Wirst du irgendwann mal mit ihm zusammenarbeiten? Scott: Er hatte mich darum gebeten, ein paar Gitarrenspuren für sein neues Album einzuspielen. Leider hatte ich durch meinen vollen Terminkalender noch keine Gelegenheit dazu. Ich weiß nicht, ob ich schon zu spät dran bin, wahrscheinlich schon. Dieses Jahr feiert das legendäre S.O.D.-Album „Stormtroopers Of Death“ dreißigjähriges Jubiläum. Ein extrem beliebtes Projekt mit drei Mitgliedern von ANTHRAX. Wird es jemals eine Reunion geben? Scott: Nein, es gibt zwar noch eine Vinylsingle von „Milk“ mit einer Coverversion der DEFTONES, also haben wir eine Split-7“ mit ihnen gemacht. Aber wenn du mir eine Million Euro gibst, kannst du uns auch wieder auf der Bühne sehen. Nur für mich natürlich, haha. Ich weiß nicht, was die anderen verlangen. Wir sind wie OASIS, du musst uns eine Menge Geld bezahlen, wenn du uns wiedervereinigen willst. Wolfram Hanke Webseite © by Ox-Fanzine / Ausgabe #124 (Februar/März 2016) zurückim Archiv suchen
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