Das A-B-B-A-Prinzip - Public Marketing
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Das A-B-B-A-Prinzip Die Corona-Krise macht neue Gestaltungsansätze für eine zukunftsfeste Standortentwicklung erforderlich. Die Stadt Ettlingen, betreut von der imakomm AKADEMIE, ist ein Praxisbeispiel des A-B-B-A-Prinzip. W ie können Kommunen ihren Standort angesichts der Corona-Krise zu- kunftsfest gestalten? Das ist die zentrale Frage naler Sicht in den Bereichen Stadt-/Innen- stadtentwicklung, Einzelhandelsentwick- lung, Wirtschaftsstandort und Marketing für einer aktuellen Studie, die von der imakomm Standorte zu erfassen und Elemente eines AKADEMIE GmbH (imakomm, Aalen | „zukunftsfesten Standortes“ abzuleiten. Stuttgart) zusammen mit dem Geografischen Institut der Universität Augsburg im Zeit- März/April 2020 – die Krise und der raum Mai bis Juli 2020 erstellt wurde. Die Stu- Lockdown sind da die zeigt: Städte und Gemeinden waren und Fehlende Krisenpläne: Kommunen und sind zu wenig angepasst an die Umwälzun- Standortgemeinschaften (BDS = Bund der gen, die durch die Corona-Pandemie oftmals Selbständigen-Ortsvereine, Gewerbevereine, nicht neu hinzukamen, sondern durch diese City-Gemeinschaften usw.) waren kaum auf akzentuiert wurden und werden. Doch eine derartige Krisensituation vorbereitet. gleichzeitig zeichnen sich Gestaltungsansätze Entsprechende Krisenpläne bestanden in den für eine zukunftsfeste Standortentwicklung Klein- und Mittelstädten quasi nicht. ab, die auf vier Grundprinzipien beruhen. Schnelligkeit und Kreativität: Vor diesem Und diese finden sich in der Praxis bereits Hintergrund waren die Reaktionszeiten auf wieder. den Lockdown schnell. Ansätze, über die jah- relang immer wieder gestritten worden war Daten von 134 Kommunen aus (Sondernutzungserlaubnisse usw.), wur- Süddeutschland den – zu Recht – unkompliziert umgesetzt. 134 Städte und Gemeinden aus den Bundes- Gleichwohl galt aber auch: Es wurden teil- ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hes- weise eklatante Unzulänglichkeiten bei- sen, Rheinland-Pfalz und Saarland ab einer spielsweise in Vermarktungsstrukturen auf- Einwohnerzahl von 5.000 beteiligten sich im gedeckt. So hemmten fehlende Mailadressen Rahmen der Studie an einer Online-Befra- im Mitgliederverzeichnis von Gewerbeverei- gung. Gut die Hälfte dieser Kommunen hat nen ein schnelles Reagieren. Nicht verwun- etwas weniger als 20.000 Einwohner. Die Er- derlich, dass 35 Prozent der kommunalen gebnisse spiegeln also vor allem Einschätzun- Vertreter(-innen) als eine Konsequenz auch gen von Klein- und Mittelstädten wider. die Notwendigkeit zur Professionalisierung Die Befragung verfolgte das Ziel, Konse- der ehrenamtlich organisierten City- und quenzen der Corona-Pandemie aus kommu- Stadtmarketingstrukturen sehen. 28 I Public Marketing, 08/09 '20
Stadt - land - destination – Anzeige – Erste Konsequenzen in 2020 werden. So geht etwa jede fünfte Kom- Schon im Mai 2020 zeichneten sich nach An- mune (22 %) davon aus, dass Events als gaben der befragten Kommunen verschiede- das Belebungsinstrument an Bedeutung ne Konsequenzen aus der Corona-Krise ab. verlieren werden. Hingegen wird ein Die folgenden Punkte zeigen eine Auswahl: Leerstands- beziehungsweise (Um-)Nut- • Die 134 Kommunen gehen mehrheitlich zungsmanagement deutlich wichtiger (62 %) von einem Einbruch in den kom- (68 % aller Kommunen). Der Instrumen- munalen Finanzen aus. Etwa ein Viertel tenkasten wird erheblich „durcheinan- sieht daher eine Gesamtstrategie bei der dergewirbelt“. Stadtentwicklung mit Schwerpunktset- • Die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährlei- zungen als zwingende Reaktion an. sten, hält etwa die Hälfte der Kommunen Foto: Alexas_Fotos / Pixabay • 63 Prozent befürchten kurzfristig einen für realistisch (49 %). Große Herausfor- Attraktivitätsverlust der jeweiligen In- derungen bleiben nach wie vor der Onli- nenstadt, der allerdings auch nachhaltig ne-Handel und das sich weiter wandeln- bleiben wird, sofern keine Strategieände- de Kundenverhalten. rung in der Innenstadtentwicklung erfol- gen sollte. • Der Wirtschaftsstandort wird in jeder Das Fazit der Studie: Nicht Frequenz durch fünften Kommune (22 %) mit nachhalti- den Handel, sondern Frequenz für den gen finanziellen Auswirkungen bei den Handel. Diese Denke lässt übliche Ansätze Bestandsunternehmen umgehen müs- zur Innenstadtbelebung künftig wirkungslo- sen. Dies steht in Verbindung mit einem ser werden. Verlust an Arbeitsplätzen (12 %) und ei- ner Zunahme von Unternehmensinsol- Wie kann ein Standort aktiv zu- venzen (9 %). kunftsfest gestaltet werden? • Die kommunalen Verwaltungen selbst Die befragten Kommunen zeigen klare Kon- sehen die Notwendigkeit, erstmalig eine sequenzen aus der Corona-Krise auf. Sie defi- Art Sicherheitsplan zu erarbeiten bezie- nieren gleichzeitig neue Gestaltungsansätze. hungsweise anzuwenden. Positiv: Zukunftsfeste Standorte scheinen demnach 27 Prozent gehen von einem Digitalisie- vor allem vier Grundprinzipien (A-B-B-A- rungsschub und damit dem Ausbau von Prinzip) zu verfolgen: E-Government-Angeboten der Kommu- ne aus. Konsequenzen aus kommunaler Sicht am Beispiel Innenstadt Eine Prognose für 2021, geschweige denn dar- über hinaus, schien zum Zeitpunkt der Befra- gung für viele Entwicklungsbereiche einer Kommune fast unmöglich. Anders lag der Fall beim Thema Innenstadt: • Der Strukturwandel in den Innenstädten wird durch die Corona-Krise akzentuiert und beschleunigt. Die Innenstadt bleibt dennoch funktionsfähig, sagen 63 Pro- zent aller befragten Kommunen. Foto: MirceaIancu_CandidShots / Pixabay • Die Innenstadt muss allerdings andere Funktionen als „nur Handel“ stärken, da die große Mehrzahl der Kommunen von einem verstärkten Verlust an Handelsbe- trieben (75 % der Kommunen) und auch gastronomischen Angeboten (76 %) aus- geht. Sie muss zwangsweise multifunk- tionaler werden. • Ändert sich das „Produkt“ Innenstadt, 134 Kommunen in Süddeutschland haben in einer umfassenden Studie müssen auch neue Instrumente her be- der imakomm Konsequenzen und Handlungsansätze für den Weg aus der ziehungsweise bestehende modifiziert Corona-Krise angegeben 08/09 '20, Public Marketing I 29
Stadt - land - destination – Anzeige – Ettlingen etabliert weitere Anreize für aktive Betriebe Leistungen von Stadt Leistungen von Seiten und Werbegemeinschaft*: der teilnehmenden Betriebe: • Vergünstigte Mitgliedschaft in der Werbegemeinschaft • Beitritt in die Werbegemeinschaft (29,00 Euro/Monat im ersten Jahr) • Einhaltung von Kernöffnungszeiten: • Kostenfreie Nutzung des Online-Marktplatzes Mo - Fr: 10.00 – 18.30 Uhr „Platzhirsche“ für zwei Jahre Sa: 10.00 – 16.00 Uhr • Kostenfreie Annahmestelle des Ettlingen Gutscheins im ersten Jahr Sa (Advent): 10.00 – 18.00 Uhr • Kostenfreie Werbemaßnahmen und Einbindung in • Eintrag von Grundinformationen auf dem frequenzbringende Aktionen und Events Online-Marktplatz „Platzhirsche“ • Fördermöglichkeit durch den städtischen Fördertopf • Einrichtung einer Annahmestelle des Ettlinger „Sofort-Hilfe“* Gutscheins • zukünftig Sicherheit durch den Aufbau eines • Teilnahme an gemeinsamen frequenz- Schutzschirmes bringenden Aktionen und Events des City- * Auf die Gewährung einer finanziellen Unterstützung besteht in managements keinem Fall ein Rechtspruch. Bei jeder etwaigen Förderung handelt Quelle: imakomm es sich um eine Einzelfallentscheidung, die sich insbesondere nach dem Kriterienkatalog zur Innenstadtförderung richtet. Anders als bisher an die Standortentwick- Beweglicher werden, Strukturen, die zum lung herangehen. Das Beispiel Innenstadt- einen befähigen, künftige Krisen zu antizipie- entwicklung zeigt: Nicht mehr Frequenz ren (Sicherheits- bzw. Notfallpläne), zum an- durch den Handel, sondern Frequenz für den deren aber ganz bewusst eine Weiterentwick- Handel muss ein Leitmotiv vor allem in klei- lung zwingend institutionalisieren. Das wird neren Kommunen sein. Das bedeutet aber bei der Stadtentwicklung deutlich: Ehrenamt- auch, dass eine Innenstadtstrategie viel mehr liches Engagement entsteht demnach vor al- als bisher weitere Belebungspotenziale (Woh- lem dann, wenn eine punktuelle, projektbezo- nen, Bildungseinrichtungen usw.) berück- gene Beteiligung problemlos möglich ist und sichtigen muss. Der Fokus auf ein klassisches, so verstandene Projektgruppen finanzielle rein planungsrechtlich ausgerichtetes Einzel- Mittel zur Verfügung haben (in diesem Sinne handelskonzept greift künftig zu kurz. ein Stück weit autark sind), explizit mit dem Besonderes stärken und bisherige Maßnah- Auftrag, „neu zu denken“. men kritisch überprüfen und gegebenenfalls Eine neue Arbeitsteilung etablieren, um nicht mehr weiterverfolgen. Denn: Allein klarere Verantwortlichkeiten beispielsweise schon aus Gründen knapper werdender zwischen privaten Gruppierungen und der Finanzmittel müssen weiter verfolgte Maß- Kommune zu haben. Das Beispiel Innenstadt- nahmen mehr Wirkung als bisher erzielen. marketing zeigt: Bestehende Vermarktungs- Am Beispiel Stadtmarketing wird deutlich: strukturen könnten ergänzt werden durch Bei eventuell reduziertem finanziellem Bud- Anreizsysteme für aktive Betriebe (z.B. Erhalt get sind „übliche Events“ möglicherweise von Leistungen bei Einhaltung von Qualitäts- nicht mehr wirkungsvoll genug. standards (siehe Grafik oben)), um so das Thema „Trittbrettfahrer“ in den Griff zu be- kommen. Die imakomm AKADEMIE GmbH hat seit dem Jahr 2000 weit mehr als 400 Kommunen insbesondere in Süd- beispiel Ettlingen: Neue Arbeits- deutschland erfolgreich begleitet. Die vier Schwerpunkte teilung & Leistungsversprechen der imakomm sind 1. Stadt-/Innenstadtentwicklung, 2. Einzelne Elemente des A-B-B-A-Prinzips Einzelhandel: Steuerung und Entwicklung, 3. Marketing finden sich tatsächlich in der Praxis. So er- für Standorte, 4. Strategien für Wirtschaftsflächen und gänzt die Stadt Ettlingen (ca. 39.500 Einwoh- -standorte. Weitere Daten und Infos zur Studie und zu wei- teren Umsetzungsbeispielen finden Interessierte hier: ner) bei Karlsruhe zusammen mit der örtli- chen Werbegemeinschaft seit April 2020 das 30 I Public Marketing, 08/09 '20
Stadt - land - destination – Anzeige – bestehende Citymanagement durch eine neue schaft definierten Kernöffnungszeiten und Autor Form der Arbeitsteilung. weitere Kriterien erfüllen. Es entsteht ein ge- Ergänzend stellt die Stadt einen Fördertopf genseitiges Leistungsversprechen, welches in 2020 in Höhe von 100.000 Euro für Sofort- letztlich das Kundenerlebnis stärkt. hilfemaßnahme (siehe bspw. Mietzuschüsse oder Unterstützung bei Mietstundungen). Ausblick Für 2021 und die Folgejahre befindet sich ein Die imakomm-Studie bietet teilweise erwart- Foto: imakomm noch breiter angelegter Innenstadt-Schutz- bare, teilweise sehr überraschende Ergebnisse schirm in Aufbau. zur Frage, wie Kommunen ihren Standort zu- Stadt und Werbegemeinschaft haben zudem kunftsfest entwickeln können. Erste Grundre- weitere wichtige geldwerte Vorteile definiert, geln einer „neuen Standortentwicklung“ Dr. Peter Markert, studierter Dipl.- wie zum Beispiel die kostenlose Nutzung des scheinen sich – salopp wiedergegeben – im Geograf, seit 2004: Geschäfts- bestehenden Online-Marktplatzes für zwei A-B-B-A-Prinzip abzuzeichnen und sind in führender Gesellschafter der Jahre. Die Förderung steht aber nur jenen in- der Praxis teilweise bereits zu finden. Gleich- imakomm AKADEMIE GmbH mit nerstädtischen Betrieben zur Verfügung, die wohl wird die alte Erkentnis „Nichts ist be- Standorten in Aalen u. Stuttgart, aufgrund der Corona-Krise in finanzielle ständiger als der Wandel“ wohl ein weiteres Promotion im Bereich Innenstadt- Schwierigkeiten geraten sind und die ihrer- Grundprinzip der künftigen Kommunalent- entwicklung und -positionierung, seits Qualitätskriterien erfüllen, die zur Posi- wicklung sein. Und dieser Wandel kann ge- Mehrere Lehraufträge (u.a. Uni- tionierung der Innenstadt beitragen. Hierzu staltet werden. Das zeigen Mut machende versität Augsburg: Strategische zählt auch das altbekannte Problem unein- Beispiele auf kommunaler Ebene. Standortentwicklung; DHBW heitlicher Kernöffnungszeiten. Unterstützung Mannheim: BWL / Wirtschafts- erhalten also nur jene Betriebe, welche die im förderung, dabei v.a. Raumord- Vorfeld gemeinsam mit der Werbegemein- nung und Raumplanung) – Anzeige – Kultur trifft Stadt Kulturmarken setzen und vermarkten Public Marketing – Ihr Fachmagazin für Marketing und Kommunikation im öffentlichen Sektor www.publicmarketing.eu 08/09 '20, Public Marketing I 31
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