Der Lehrer Johann Sebastian Bach - Frank Ebert - Musik Klasse 7c Schurwaldschule HRS Rechberghausen
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Frank Ebert Der Lehrer Johann Sebastian Bach Musik Klasse 7c Schurwaldschule HRS Rechberghausen Sprit 11/07 149
1 Einleitung Der Komponist Johann Sebastian Bach ist und bleibt ein Phänomen in vielfacher Hinsicht. Unzählige Musikwissenschaftler haben sich mit dem aus Thüringen stammenden Genius be- schäftigt und versuchten, Licht in so manche dunkle Ecke seines Lebens zu bringen. Dabei wird schnell klar, dass sich die Suche nach dem wahren Bach trotz der vielfachen Bemühun- gen namhafter Forscher oft beschwerlich und undurchsichtig gestaltet. Ab und an be- schleicht den Recherchierenden gar das Gefühl, dass es so manchem Autor nicht mehr nur um Authentizität sondern vielmehr um Vollständigkeit gehen musste. So werden Episoden des Lebens von Johann Sebastian Bach vom Einen in kleinsten Details geschildert, vom an- deren gar nicht erst erwähnt und vom Dritten als haltlose Vermutung abgetan. Aus dieser Tatsache erwuchs letztlich die besondere Herausforderung des Vorhabens, galt es doch, die glaubwürdigsten Ausführungen aufzugreifen, in der Hoffnung damit der Wahrheit möglichst nahe zu kommen und da- mit ein authentisches Bild des Menschen Johann Sebastian Bach, seiner Lehrtätigkeit und der Zeit des Barock zu zeichnen. So kann die Unterrichts- reihe interessante Anstöße bieten, um die umfas- sende Anlage der Themenstellung aus der Kon- zeption dieser Arbeit in die Schule zu übertragen und um den neuen Anforderungen der Bildungs- standards, was die Organisation von Unterricht und die geforderten Kompetenzen der Schüler anlangt, gerecht zu werden. Das Vorhaben „Der Lehrer Johann Sebastian Bach“ hat zum Ziel, die Tätigkeiten eines Kan- tors und das Leben an der Thomasschule im Fokus von gestern und heute zu betrachten und dabei zusätzlich Bachs „Schulmusik“ –die Kantaten- und das zu seiner Zeit bedeutenste Instrument, die Orgel, in die Untersuchungen aufzunehmen. Dazu gehen die Schüler in gruppenteiliger Projektarbeit vor und bereiten die Ergebnisse so auf, dass diese in einer Ausstellung an der Schule der Öffentlichkeit präsentiert werden können. Neben der öffent- lichkeitswirksamen Präsentation mit Hilfe von Plakaten erstellen die Schüler aber auch ein Handout ihrer Arbeit, das für den klasseninternen Gebrauch für jeden Schüler vervielfältigt wird. So ist gewährleistet, dass das erarbeitete Wissen nicht nur auf Plakaten im Musiksaal hängt, sondern für jeden Schüler nachlesbar in seinen Unterlagen zu finden ist. 150 Sprit 11/07
2 Lernziele Im Fach Musik kommt dem Unterricht unter anderem die Aufgabe zu, „menschliche und mu- sikalische Erlebnisse von bleibendem Wert“ zu vermitteln und die „Reflexionsfähigkeit und Toleranz für Hörgewohnheiten anderer“ zu bilden. Aus diesen Ansprüchen an Musikunter- richt erwächst somit die Möglichkeit, die Schüler durch zielorientierte Aufgabenstellungen in projektartigen Phasen mit Musik vertraut oder zumindest bekannt zu machen, der sie aus ei- genem Antrieb wohl sonst nicht begegnen würden. Dabei setzen sie sich aktiv mit verschie- denen Aspekten auseinander und gewinnen dadurch neue Erkenntnisse über den Kompo- nisten Johann Sebastian Bach, dessen Musik und Lebenswelt, sowie über die Orgel als zen- trales Instrument der Kirchenmusik damals wie heute. Dieser Erkenntnisgewinn deckt sich sowohl mit dem Arbeitsbereich 3 der neuen Bildungsstandards „Musik hören“ als auch mit dem Arbeitsbereich 4 „Sich über Musik verständigen- Grundwissen“. Die Konzeption erfor- dert von den Schülern Selbstverantwortlichkeit und eigenständiges Arbeiten, ohne dass sie dabei gänzlich im Stich gelassen wären, womit deshalb einem weiteren Aspekt der Bildungs- standards Rechnung getragen wird, indem „handlungsorientiertes und ganzheitliches Ler- nen“ im Musikunterricht der Realschule und darüber hinaus eine wichtige Leitlinie darstellen. Die projektorientierte Unterrichtseinheit folgte somit der Idee eines handlungsorientierten Unterrichts, der die Schüler zu verstärkter Eigenständigkeit und selbstgesteuertem Lernen und Arbeiten anregt und in dem der Lehrer zunehmend moderierende und begleitende Funktion einnimmt. Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen leiten sich folgende Lernziele und angestrebte Kompetenzen ab: Personale Ziele: • Die Schüler können zielorientiert und selbstverantwortlich arbeiten. • Die Schüler können sich in eigenständiger Arbeit über einen definierten Zeitraum hin- weg mit einem konkret vorgegebenen Thema auseinandersetzen. Soziale Ziele: • Die Schüler können in der Gruppe arbeiten und verbessern damit ihre Teamfähigkeit. • Die Schüler können in der Gruppe arbeitsteilig verfahren. Methodische Ziele: • Die Schüler können selbstständig recherchieren und dabei unterschiedliche Medien nutzen. • Die Schüler können Informationen aus Texten entnehmen. • Die Schüler können Medien für die Präsentation ihrer Arbeit sinnvoll einsetzen. • Die Schüler können am Ende ihrer Arbeit konkret vorzeigbare und in einer Ausstel- lung dokumentierbare Ergebnisse vorlegen. Sprit 11/07 151
Fachliche Ziele: • Die Schüler kennen den Beruf des Kantors und dessen Aufgaben damals und heute. • Die Schüler kennen den Aufbau und die Funktionsweise der Orgel. • Die Schüler kennen die wichtigsten Lebensstationen Johann Sebastian Bachs. • Die Schüler können den Lehrer Bach und dessen Situation in Leipzig einschätzen. • Die Schüler können den damaligen Schulalltag mit ihrer heutigen Situation verglei- chen und reflektieren. 3 Inhaltliche Darstellung des Vorhabens Auf Grund der Komplexität der Themenstellung und der bewussten Handlungsorientierung soll die Unterrichtseinheit projektorientiert stattfinden. Dazu sollten über einen längeren Zeit- raum von etwa zwei Schulwochen auch andere Fächer Stunden zu Gunsten der projektori- entierten Unterrichtseinheit einbringen, um das Thema möglichst kontinuierlich aufgreifen und weiterführen zu können. Desinteressierte und leistungsschwache Schüler werden durch die häufige Befassung mit dem betreffenden Thema stärker in den Lernprozess eingebun- den und zur Mitarbeit angeregt. Im Rahmen der projektorientierten Unterrichtseinheit verfah- ren die Schüler in sechs Gruppen arbeitsteilig, das heißt, bestimmte Kleingruppen, aber auch einzelne Schüler übernehmen spezifische Aufgaben, die für das Gesamtergebnis be- deutsam sind. Dazu erhalten die Schüler zusätzlich zu den Arbeitsaufträgen methodische Hinweise für die Arbeit in der Gruppe, die zu Beginn der projektorientierten Unterrichtsein- heit auch besprochen werden. Dies impliziert die Installation eines täglich wechselnden Gruppenleiters und eines Regelbeobachters, die für die Einhaltung einer konstruktiven Ar- beitsatmosphäre und eines fairen Umgangs in der Gruppe unter Berücksichtigung der zeitli- chen Vorgaben verantwortlich sind. Außerdem gilt es, den Unterricht zu öffnen und verschie- denste Informationsmedien zu nutzen und den verantwortlichen und sinnvollen Umgang mit ihnen zu erlernen. Die Öffnung des Unterrichts beinhaltet zudem den Besuch eines Kantors. 152 Sprit 11/07
Während dieser Stippvisite in einem für viele Schüler fremd gewordenen Umfeld- nämlich der Kirche- stehen die Kirchenmusiker im ganzen Land gerne Rede und Antwort, beschrei- ben ihre Aufgaben oder stellen die dortige Orgel vor. Eine Schülergruppe bereitet dafür In- terviewfragen vor und nimmt für die spätere schriftliche Ausarbeitung das Gespräch mit ei- ner selbstständig organisierten Videokamera auf. Höhepunkt für die Schüler ist dabei oft ne- ben dem Blick ins Innere der Orgel auch das Sitzen am Spieltisch. Viele Kirchenmusiker bie- ten bei einer Orgelführung die Möglichkeit an, dass die Schüler in die Tasten greifen und die Klangfarben der unterschiedlichen Register ausprobieren dürfen - ein abenteuerliches Unter- fangen! Durch die thematische Anlage der Unterrichtseinheit wird versucht, einen größtmöglichen Si- tuationsbezug für die Schüler herzustel- len und sich an den Interessen der Schüler zu orientieren, indem neben dem Blick zurück auch der Fokus auf die Untersuchung des Heute liegt und die Schüler durch diesen zeitübergreifenden Ansatz, die Möglichkeit zur Reflexion über Schule gestern und heute erhalten. Der bewusste Einsatz moderner Medien und die Recherche im Internet eröffnet für viele Schüler außerdem einen leichteren Zugang zur Thematik, indem sie mit vertrauten Medien umgehen können- ein Privileg, dass aus eigener Erfahrung auf Grund sei- ner komplexen organisatorischen und technischen Anforderungen noch recht selten im all- täglichen Unterrichtsbetrieb Eingang findet. Außerdem ermöglicht es insbesondere der Lern- gang zu einem ortsansässigen Kirchenmusiker, dass die Schüler ihre Recherchetätigkeit und die Beschäftigung mit Quellenmaterial in der Schule nicht als etwas Überkommenes oder als totes Wissen sehen, sondern sie die Inhalte nach wie vor mit dem Sitz im Leben und in unserer Gesellschaft verorten können. Die Bedeutung von Kirchenmusikern, von Mu- sik in der Kirche und von der Orgel als dem Instrument sakraler Musik schlechthin wird den Schülern quasi vor ihrer Haustür deutlich. Dazu gesellt sich nun auch zunehmend das Wis- sen um die Wurzeln dieser Musik und ihrer Institutionen, die viele hundert Jahre alt sind. Aus diesen grundsätzlichen Vorüberlegungen lassen sich somit folgende Projektgruppen ab- leiten: • Der Kantor damals: J.S. Bach Quellenstudium: Kantorenwahl in Leipzig, Bachs Anstellungsvertrag, Bachs Auf- gaben als Kantor, Bachs Einkommen als Kantor, Vorstellung eines Tages- bzw. Wochenablaufs, Bachs Probleme mit den Vorgesetzten. • Der Kantor heute: Besuch eines ortsansässigen Kirchenmusikers Internetrecherche: Ausbildung, Aufgaben, Einkommen, Interviewfragen vorbereiten, wie wird das Interview dokumentiert/ aufgezeichnet, Interview auswerten. Sprit 11/07 153
• Die Thomasschule damals Quellenstudium: Pflichten der Schüler – Schulordnung, Aufnahmebedingungen, Schulabschlüsse, Unterrichtsfächer, Klassen. • Die Thomasschule heute Internetrecherche: Pflichten der Schüler – Schulordnung, Aufnahmebedingungen, Schulabschlüsse, Unterrichtsfächer, Klassen. • Blick in Bachs Komponistenwerkstatt in Leipzig: Die Kantaten Überblick über die Kantaten, Unterschied geistliche – weltliche Kantaten, zeitli- cher Ablauf von der Komposition bis zur Aufführung, wer führte wann welche Kantaten auf, Vorstellung der Kaffeekantatebeispielhaft für das weltliche Kanta- tenschaffen: Entstehung, Besetzung, Inhalte – Texte. • Die Königin der Instrumente: Die Orgel Geschichte der Orgel, Funktionsweise: Wichtigste Bauelemente, schematisches Aufzeichnen einer Orgel, Vorstellung „Toccata und Fuge d-moll BWV 565“. Die Schüler erhalten für ihr jeweiliges Thema Literaturhinweise. Die dazugehörigen Bücher liegen jede Stunde am Lehrerpult aus. Außerdem verfügen die Schüler über spezifische, vom Lehrer vorrecherchierte Linklisten, die für das Thema relevante Informationen enthal- ten. Die Gruppen, die sich mit dem Kantatenschaffen Bachs und der Orgel beschäftigen, er- halten zudem CDs, welche die „Kaffeekantate BWV211“ die „Toccata und Fuge d-moll BWV 565“ enthalten, damit die Schüler einen klanglichen Eindruck erhalten können. 4 Verlauf 1. Stunde Motivation / Einstimmung Vorstellung der Arbeitsaufträge Gruppeneinteilung: 2. & 3. Stunde Arbeitsphase in den Gruppen 4. Stunde Besuch bei Kantor Klaus Rothaupt in Göppingen & Orgelbesichtigung 5. & 6. Stunde Arbeitsphase in den Gruppen 7. & 8. Stunde Präsentationen der Arbeitsgruppen, Arbeiten werden im Musiksaal aus- gestellt 1. Stunde In der ersten Stunde gilt es, die Klasse auf das Thema einzustimmen und die Schüler von der Idee der näheren Untersuchung des Bach’schen Wirkens als Kantor und dem Vergleich mit der heutigen Wirklichkeit zu begeistern. Dazu wird zu Beginn der Unterrichtseinheit der gut 20-minütige Videofilm „Johann Sebastian Bach“ von JBF Digital Video vorgeführt, der einen ersten Überblick über das Leben und Wirken Bachs gibt. Die Schüler haben dabei die Aufgabe, wichtige Stationen seines Lebens schriftlich festzuhalten. Besonders motivierend ist dabei die recht jugendliche Aufmachung des Films, der mit Bachs „Toccata d-moll“ be- 154 Sprit 11/07
ginnt und endet. Allerdings wird das berühmte Orgelwerk nicht im sakralen Kirchenraum von einer prächtigen Orgel intoniert, sondern erklingt als Handymelodie auf der Stuttgarter Kö- nigsstraße. Die dahinterstehende Botschaft kann demnach lauten: Bach ist auch heute noch mit seiner Musik allgegenwärtig. Die Bezugnahme auf eine Handymelodie und damit auf ein Kommunikationsmittel, mit dem die Schüler tagtäglich umgehen, kann schon zu Beginn eine mögliche Distanz zum Thema Bach vermindern. Dies gelingt mit Hilfe des Films auch des- halb, weil vorwiegend junge Menschen zu Bach, seiner Musik und ihrer Beziehung dazu be- fragt werden. Im Anschluss daran wird das Themenfeld eingegrenzt und für die Schüler durch einen Lehrervortrag greifbar gemacht. Nach der Vorstellung der einzelnen Themen konstituieren sich die Gruppen, wobei sich die Schüler selbstständig für eine der sechs Ar- beitsgruppen mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten entscheiden. 2. & 3. Stunde In der folgenden Explorationsphase sichten die einzelnen Projektgruppen das zur Verfügung gestellte Material. Dabei achtet der Lehrer darauf, dass sich die Schüler vor allem bei der Recherche im Internet nicht verlieren und zielgerichtet Informationen sammeln. Anschließend gilt es, das gesammelte Material in der Gruppe zu bündeln und während der Produktionsphase gemeinsam aufzuarbeiten. Elementar wichtig ist dabei das Kommunikati- onsverhalten der einzelnen Gruppenteilnehmer und deren Bereitschaft und Fähigkeit zur Teamarbeit. Während dieser Phase ist deshalb der Rat der Lehrperson sowohl hinsichtlich der inhaltlichen als auch der kommunikativen Komponente entscheidend, um die Erreichung der anfangs ausgegebenen Zielvorgaben auch tatsächlich zu gewährleisten und somit ein für alle befriedigendes Ergebnis präsentieren zu können. 4. Stunde Die organisatorische Einbettung des Besuchs eines ortsansässigen Kirchenmusikers halte ich erst nach ersten Vorarbeiten der Projektgruppen für sinnvoll. So haben die Schüler die Möglichkeit, sich zuerst eigenständig mit dem Thema auseinander zusetzen und vorbereitet in die Exkursion zu gehen. Im weiteren Verlauf der projektorientierten Unterrichtseinheit ha- ben die Schüler dann noch genügend Zeit, die gewonnenen Erkenntnisse aufzuarbeiten. Bei der Exkursion ist besonders die Interviewgruppe gefragt, die dem Kantor die vorbereiteten Fragen stellt. Auch die Gruppe, die sich mit der Orgel beschäftigt, stellt kurz erste Erkennt- nisse vor. Alle anderen Schüler können durch diesen Besuch Bezüge zu ihrem Themenfeld herstellen und erlangen so einen vertieften Bezug zur Kirchenmusik und den Aufgaben ei- nes Kantors. Sprit 11/07 155
5. & 6. Stunde Die fünfte und sechste Stunde der projektorientierten Unterrichtseinheit dient wieder der wei- teren Arbeit an den Aufgabenstellungen, wobei die Interview-Gruppe und die Orgel-Gruppe ihre Erkenntnisse der Exkursion aufarbeitet. Außerdem gibt jede Gruppe während dieser Phase durch ihren Gruppenleiter ein kurzes Feedback über den Stand der bisherigen Arbei- ten ab. So wird durch die gemeinsame Reflexion des bisher Geleisteten gewährleistet, dass eventuelle inhaltliche und zeitliche Abweichungen zur ursprünglichen Planung aufgedeckt und möglichst korrigiert werden können. 7. & 8. Stunde Nun folgt der große Augenblick: Die Schüler präsentieren ihre Arbeitsergebnisse mit Hilfe der erstellten Plakate. Dabei stellt jedes Gruppenmitglied einen Teilbereich der Grup- penarbeit vor, so dass alle Schüler aktiv in die Vorstellung der Ergebnisse einbezogen sind. Außerdem werden die erstellten Zu- sammenfassungen vervielfältigt und an die Klasse ausgegeben, so dass am Ende die- ser projektorientierten Unterrichtseinheit alle Schüler die Ergebnisse aller Gruppen in den Händen halten. In dieser letzten Phase bewertet der Lehrer die Präsentation der einzelnen Gruppen und gibt ihnen gemeinsam mit der Klasse ein Feedback bzw. stellt Fragen, die of- fen geblieben sind. Die einzelnen Gruppen haben für ihre Präsentation jeweils ca. 10 Minu- ten Zeit. Die verbleibende Zeit wird anschließend zur gemeinsamen Reflexion der projektori- entierten Unterrichtseinheit genutzt. Dazu verfassen die Schüler ihre Gedanken und Meinun- gen zum Ablauf und Inhalt der projektorientierten Unterrichtseinheit. Hierzu dient kein stan- dardisiertes Papier. Die Schüler sollen vielmehr, differenziert nach positiven und negativen Aspekten, die letzten Stunden reflektieren, so dass diese Aufgabenstellung vor allem Feed- backcharakter beizumessen und weniger als fundierte Evaluation anzusehen ist. Angesichts des zeitlichen Umfangs der gemeinsamen Arbeit erscheint mir dies als die angemessenste, weil offenste Art der Reflexion. 5 Ergebnisse Die Ergebnisse der so durchgeführten projekt- orientierten Unterrichtseinheit differierten hin- sichtlich ihrer Qualität im normalen Schwan- kungsbereich anderer durchgeführter Grup- penarbeiten und wiesen angesichts der Anfor- 156 Sprit 11/07
derungen für die Klassenstufe sieben insgesamt ein zufriedenstellendes Leistungsniveau auf. Alle Gruppen hatten mehr oder weniger stark damit zu kämpfen, sich nicht zu sehr an fremden Texten zu orientieren und diese unbearbeitet zu übernehmen. Dies gelang einigen Gruppen besser als anderen, so dass auf den Plakaten auch einige unbearbeitete Texte aus dem Internet vorzufinden waren. Insgesamt genügten die Ergebnisse also zwar nur im ele- mentaren Bereich musikwissenschaftlichen Ansprüchen, was aber auch nicht das Ziel einer zehnstündigen projektorientierten Unterrichtseinheit in einer siebten Realschulklasse sein konnte. Die schriftliche Reflexion offenbarte sehr differenzierte und vielfältige Ergebnisse und beleg- te eine intensive Beschäftigung mit dem Thema. Dabei wurden auch ganz pragmatische aber durchaus für die Motivation und damit für den weiteren Fortgang der projektorientierten Unterrichtseinheit entscheidende Anregungen gegeben. Beispielhaft dafür soll folgender Tatbestand dienen: Schon im Vorfeld der Durchführung der projektorientierten Unterrichts- einheit wurde mit den Eltern vereinbart, dass ihre Kinder nach dem Besuch bei Kantor Klaus Rothaupt noch in die Innenstadt von Göppingen dürfen und anschließend selbstständig nach Hause fahren dürfen. Der angeregte und fruchtbare Austausch mit dem Kantor führte indes dazu, dass die Veranstaltung wenige Minuten später als geplant endete und einige Schüler, die den direkten Heimweg antreten wollten, den Linienbus verpassten und knapp eine Stun- de auf den nächsten warten mussten. 6 Alternativen Die starke Inhaltszentrierung der projektorientierten Unterrichtseinheit und ihrer Ergebnisse, bestehend aus Plakaten und dem Handout, ließ wenig Freiraum für das unmittelbare Erle- ben, für das Musikmachen, sondern forderte die Schüler vor allem im kognitiven Bereich. Durch die Weitung des Vorhabens im Hinblick auf die erlebbare Auseinandersetzung mit Musik und ihrer Entstehungszusammenhänge durch gemeinsame Phasen des Musizierens von vereinfachten Mitspielsätzen im Klassenverbund oder der szenischen Darstellung eines Schultages in der Thomasschule könnten die Schüler noch besser mit Kopf, Herz und Hand den Themenkomplex im besten Sinne „erleben“. Dies könnte recht schnell auch zu einer grundsätzlich neuen Zieldefinition führen und in der Organisation eines barocken Festes münden, was dann die Einstudierung barocker Tänze wie dem Menuett, die Ausstaffierung der Klasse mit entsprechender Kleidung und Perücken, die Kenntnis von barocken Umgangsformen und nicht zuletzt die Organisation eines solchen Festes implizierte. Außerdem bieten sich vielfältige Bezüge zur Literatur, zur Kunst, zu Geschichte, ja sogar zu Erdkunde an, indem die Reisewege Bachs auf Landkarten nachvollzogen und eingetragen werden könnten. Sicherlich wären weitergehende Hintergrundinformationen zu den damals Sprit 11/07 157
herrschenden Lebensverhältnissen und zu geschichtlichen Hintergründen besonders im Hin- blick auf den Vergleich mit der Lebenswirklichkeit unserer Schüler heute interessant. Während der Projektphase könnte zusätzlich- je nach Terminierung des Vorhabens- jeweils 15 Minuten vor dem eigentlichen Beginn der Stunde die Möglichkeit geschaffen werden, Mu- sik von Johann Sebastian Bach zu hören. Dieses Angebot könnte den Titel „Guten Morgen mit Bach“ tragen und von den Schülern fakultativ wahrgenommen werden. Das Programm der morgendlichen Einstimmung wird im Voraus bekannt gegeben und gibt einen Einblick in die Vielfalt des Bach’schen Werkes. Dies könnte beispielhaft wie folgt aussehen: Vokalmusik Konzert Orgelmusik Messverto- Klaviermusik Bach gestern “Halt im Ge- Brandenbur- Präludium & nung Wohltempe- und heute dächtnis Je- gisches Fuge C-Dur h-moll-Messe: riertes Klavier Hörbeispiele zu sum Christ“ Konzert Nr. BWV 547; Sanctus, I: „Präludium Bach und Jazz BWV 67 2 Präludium & Osanna, Be- und Fuge C- Fuge c-moll nedictus und Dur“ bis „Prä- BWV 549 Agnus Dei ludium und Fuge d-moll“ 7 Literatur Dömling, Wolfgang/ Schwendowius, Barbara (Hrsg.): Johann Sebastian Bach Zeit – Leben – Wirken. Kassel: Bärenreiter, 1976. Forchert, Arno: Johann Sebastian Bach und seine Zeit. Laaber: Laaber, 2000. Kiper, Hanna: Einführung in die Schulpädagogik. Weinheim & Basel: Beltz, 2001. Küster, Konrad (Hrsg.): Bach Handbuch. Kassel & Stuttgart: Gemeinschaftsausgabe der Verlage Bärenreiter und J. B. Metzler, 1999. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg & Landesinstitut für Erzie- hung und Unterricht (Hrsg.): Bildungsplan Realschule. Stuttgart: o.V., 2004. Lahnstein, Peter: Das Leben im Barock. Zeugnisse und Berichte 1640-1740. Stuttgart: Kohl- hammer, 1974. Spitta, Philipp: Johann Sebastian Bach. Gekürzte Ausgabe mit Anmerkungen und Zusätzen. Herausgegeben von Wolfgang Schmieder. 3. Aufl. Kassel: Wiesbaden, 1949. Wolff, Christoph: Johann Sebastian Bach. Frankfurt am Main: S. Fischer, 2000. Linktipps zum Thema: http://www.bach.de http://www.bach-leipzig.de http://www.martinschlu.de http://www.thomasschule.de http://members.aol.com/ReinerJank/index.htm 158 Sprit 11/07
8 Anhang Arbeitsaufträge für die einzelnen Projektgruppen Sprit 11/07 159
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