Das Interkulturelle Promotor*innen-Programm - So bringen wir mehr Vielfalt und Begegnung ins Eine-Welt-Engagement - Eine Welt ...

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Das Interkulturelle Promotor*innen-Programm - So bringen wir mehr Vielfalt und Begegnung ins Eine-Welt-Engagement - Eine Welt ...
Das Interkulturelle
    Promotor*innen-Programm
So bringen wir mehr Vielfalt und Begegnung
ins Eine-Welt-Engagement
Das Interkulturelle Promotor*innen-Programm - So bringen wir mehr Vielfalt und Begegnung ins Eine-Welt-Engagement - Eine Welt ...
Impressum
    Redaktion: Isabel Empacher

    Texte: Tina Adomako, Yammen Al Shumali, Bunmi Bolaji,
    Marcos Antonio Da Costa Melo, Isabel Empacher, Dorsa Billstein,
    Serge Palasie, Muna Sukhni, Felin Twagirashyaka

    Bildnachweise: Johanna Al Shumali: 8; Yammen Al Shumali: 18;
    Art at WORK: 40; BMZ: 24; Bunmi Bolaji: 8; DARF e.V.: 11, 21, 23, 40;
    Eine Welt Netz NRW e.V.: 17, 36, 37, 38, 40; FUgE Hamm e.V.: 8, 29;
    Andreas Grasser: 35; Markus Heißler: 22; IBZ Bielefeld e.V.: 34;
    InHaus e.V.: 26; Iriba-Brunnen e.V.: 4, 5, 13, 15; Hossam Katan: 20;
    Migrafrica e.V.: Titelseite, 6; Dorsa Billstein: 8; Serge Palasie: 32, 33;
    Raum der Kulturen Neuss e.V.: 30; Angela Schmitz: 27, 40;
    Muna Sukhni: 8; Felin Twagirashyaka: 8; Welthaus Minden: 19
    Gestaltung: LFS Münster – Praxis für Kommunikation und Gestaltung AGD

    Druck: Die Umweltdruckerei, 100 % Recyclingpapier,
    klimaneutral produziert und versendet

    Herbst 2020

2   Das Interkulturelle Promotor*innen-Programm wird gefördert durch den
Das Interkulturelle Promotor*innen-Programm - So bringen wir mehr Vielfalt und Begegnung ins Eine-Welt-Engagement - Eine Welt ...
Inhalt
■   Einleitung ................................................................................................................................................................ 4
■   Was ist das Interkulturelle Promotor*innen-Programm? ......................................................................... 5
■   Wirkungen und Erfolge des Interkulturellen Promotor*innen-Programms –
    Die Evaluierung ..................................................................................................................................................... 10
■   Netzwerken für eine interkulturelle Öffnung / Dr. Felin Twagirashyaka............................................. 15
■   Ich kann mit Rassismus nicht atmen / Yammen Al Shumali ..................................................................... 18
■   Begeisterung und Engagement für die SDG / Bunmi Bolaji ..................................................................... 21
■   Expertise von migrantischen Organisationen sichtbar machen / Dorsa Billstein ............................. 24
■   Sensibilisierung für Fluchtursachen in einer solidarischen
    Gesellschaft / Marcos Antonio Da Costa Melo ........................................................................................... 27
■   Geflüchtete Frauen – Mittlerinnen und Multiplikatorinnen / Muna Sukhni ....................................... 31
■   Unverzichtbare Perspektiven, Expertise und Zugänge / Serge Palasie................................................ 33
■   Nachwort: Interkulturelle Öffnung / Tina Adomako ................................................................................. 36
■   Kontakt und Informationen .............................................................................................................................. 40
                                                                                                                                                                                    3
Das Interkulturelle Promotor*innen-Programm - So bringen wir mehr Vielfalt und Begegnung ins Eine-Welt-Engagement - Eine Welt ...
EINLEITUNG

                Drei Jahre
           Interkulturelles
          Promotor*innen-
               Programm                                    Anerkennung für die interkulturelle Arbeit: Simone Wendland (MdL) und Serap Güler (NRW-
                                                           Staatssekretärin für Integration) im Mai 2018 zu Besuch bei der Trägerorganisation „Iriba-Brunnen“.

        Migrantinnen und Migranten             Drei Jahre Interkulturelles Promotor*in-              Ziele des Programms, welche Erfahrungen
          können mit ihren Kenntnis-           nen-Programm, die Pilotphase wurde                    wurden in den letzten drei Jahren gemacht
       sen und Perspektiven wichtige           2020 erfolgreich beendet – ein guter                  und welche Erfolge und Wirkungen zeich-
     Impulse für die Entwicklungszu-           Zeitpunkt, um ein Fazit zu ziehen. In Zah-            nen sich nun immer deutlicher ab?
    sammenarbeit des Landes Nord-              len: Über 200 Veranstaltungen haben die
           rhein-Westfalen geben. […]          Interkulturellen Promotor*innen realisiert            Die Vielzahl an Themen, die durch die Arbeit
    Die Kompetenzen und Kenntnis-              und erreichten insgesamt um die 10.000                der Interkulturellen Promotor*innen abge-
    se von zugewanderten Menschen              Menschen. Durchschnittlich wurden pro                 deckt wird, ist beachtlich und die Aktivitä-
     will die Landesregierung deshalb          Promotor*in fünf Beratungsgespräche pro               ten, die in den letzten drei Jahren stattge-
4     künftig noch besser für die ent-         Monat geführt, in den letzten drei Jahren             funden haben, können hier nicht annähernd
    wicklungspolitische Informations-          also ca. 1080. Das Programm wird getra-               umfassend dargestellt werden. Deshalb
                und Bildungsarbeit in          gen von sechs engagierten Interkulturellen            beschränken sich die Berichte der Interkul-
         Nordrhein-Westfalen nutzen.           Promotor*innen, die in dieser Zeit viel               turellen Promotor*innen in dieser Broschüre
         Entwicklungspolitische Schwerpunkte   erreicht und bewegt haben. Was sind die               auf einige Beispiele aus ihrer Arbeit. ■
             des Landes Nordrhein-Westfalen
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Was ist das Interkulturelle
                   Promotor*innen-Programm?
                   Bundesweit stärken       liche Teilhabe von Menschen mit und
                   bereits mehr als 140     ohne Flucht- und Migrationsgeschichte
                   Promotor*innen           und trägt mit einer differenzierten Dar-
                   mit ihrer Arbeit das     stellung der komplexen Thematik „Flucht
                   zivilgesellschaftliche   und Migration“ zu einer demokratischen,
                   Engagement für eine      gleichberechtigten Gesellschaft bei. Die
                   sozial gerechte und      Interkulturellen Promotor*innen unter-
                   global nachhaltige       stützen das entwicklungspolitische En-
                   Entwicklung. Seit Juli   gagement von Menschen mit Flucht- oder
                   2017 wird das Pro-       Migrationsgeschichte in ihrer Region. Sie
                   motoren-Programm in      vernetzen bestehende Eine-Welt-Initiati-
                   Nordrhein-Westfalen      ven, Kommunen und migrantische Orga-
                   durch eine interkultu-   nisationen, damit diese gemeinsam das
                   relle Komponente und     zivile Engagement zu Flucht, Migration
                   sechs Promotor*innen     und Entwicklung in ihrer Region fördern.
                   verstärkt, dank einer    Die Interkulturellen Promotor*innen
                   Förderung durch die      qualifizieren migrantische Organisati-      5
Landesregierung NRW. Das Interkulturel-     onen in der entwicklungspolitischen
le Promotor*innen-Programm stärkt die       Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie
entwicklungspolitische und gesellschaft-    tragen die globalen Hintergründe von
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Migrantische Organisationen
                                                                                                         diskutieren über mehr
                                                                                                         Teilhabemöglichkeiten in der
                                                                                                         entwicklungspolitischen Arbeit:
                                                                                                         Vernetzung untereinander ist
                                                                                                         dabei ein wichtiger Faktor.
                                                                                                         Empowerment Day im
                                                                                                         Regierungsbezirk Köln

    Flucht und Migration in die Öffentlichkeit,   Die Relevanz von entwicklungspolitischen    Perspektiven und globale Bezüge in deren
    wirken Rassismus und Rechtsruck entge-        Themen wurde durch die Entwicklungs-        Umsetzung zu integrieren und vor allem
    gen, machen die Expertise migrantischer       ziele der Vereinten Nationen in der Agen-   unterschiedliche Sichtweisen, Perspek-
    Akteur*innen sichtbar und zeigen so neue      da 2030 (Sustainable Development Goals,     tiven sowie biografische und kulturelle
6   Perspektiven auf. Durch das Programm          SDG) politisch gestärkt. Die SDG sind ein   Erfahrungen von Geflüchteten und
    sollen geflüchtete Menschen, Migrant*in-      wichtiger Bezugsrahmen des Programms.       Migrant*innen in die gesellschaftlichen
    nen und ihre Organisationen mehr als          Dabei sehen wir das Interkulturelle Pro-    Debatten um diese Themen einfließen zu
    bisher aktiv in das bürgerschaftliche Eine-   motor*innen-Programm als wichtiges          lassen.
    Welt-Engagement einbezogen werden.            Instrument, um entwicklungspolitische
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In Zeiten der Corona-Krise verschärft         Das Projekt verfolgt zwei zentrale Ziele:     lich Hilfebedürftige – zu differenzieren.
sich die Kluft zwischen Privilegierten und                                                  Die Expertise und das Wissen der migran-
sozial Benachteiligten weiter. Menschen,      1. Durch die stärkere interkulturelle         tischen Communities werden sichtba-
die bisher wenig Teilhabechancen hatten,      Öffnung der entwicklungspolitischen           rer gemacht, was zu einer verstärkten
drohen noch weiter abgehängt zu werden,       Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit wer-      und systematisierten Zusammenarbeit
in Bezug auf finanzielle und soziale Aspek-   den die globalen Hintergründe von Flucht      zwischen In- und Auslandsarbeit führt.
te sowie auch auf den Zugang zu neuen         und Migration stärker, authentischer und
Kommunikationsmöglichkeiten (Stichwort        wirkungsvoller thematisiert. Dies trägt zu
Digitalisierung). Zu diesen Benachtei-        mehr Verständnis für die globalen Zusam-
ligten gehören oftmals Geflüchtete und        menhänge in der breiten Bevölkerung bei
Menschen mit Migrationsgeschichte. Die        und motiviert mehr Menschen zu Engage-
Interkulturellen Promotor*innen ermög-        ment.
lichen mit ihren Angeboten Teilhabe und
Inklusion und wirken damit gegen diesen       2. Die Einbeziehung von Geflüchteten
Trend. Sie tragen dazu bei, eine Haltung      und Eingewanderten in die Eine-Welt-Ar-
globaler Solidarität in der migrantischen     beit vor Ort stärkt deren gesellschaftliche
Community und in der Mehrheitsgesell-         Teilhabe. Geflüchtete und Eingewanderte
schaft zu stärken und initiieren und unter-   treten öffentlich als wirkmächtige Akteure                                                7
stützen solidarische Aktionen und „Co-        und gesellschaftlich Engagierte auf, was
rona-Partnerschaften“ zwischen hiesigen       öffentlichkeitswirksame Beiträge dazu
MSO/NGO und Partnerorganisationen in          liefert, das Bild von Geflüchteten und
Ländern des Südens.                           Eingewanderten – nämlich als ausschließ-
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Wer sind die Interkulturellen Promotor*innen?

                                                                                               Regierungsbezirk Köln:
                                                                                                  Dorsa Billstein
                                                                                               Migrafrica e.V., Köln

    Regierungsbezirk Münster:       Ruhrgebiet:
        Dr. Felin Twagirashyaka         Bunmi Bolaji           Regierungsbezirk Düsseldorf:    Regierungsbezirk Arnsberg:
    Iriba-Brunnen e.V., Münster     Deutsch-Afrika Ruhrforum      Muna Sukhni                    Marcos Antonio Da Costa Melo
                                    e.V., Bochum               Raum der Kulturen Neuss e.V.,   Forum für Umwelt und gerechte
                                                               Neuss                           Entwicklung e.V., Hamm

8      Regierungsbezirk Detmold:
         Yammen Al Shumali
                 Internationales
            Begegnungszentrum
     Friedenshaus e.V., Bielefeld
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Zielgruppen und Aktivitäten
■   Migrant*innen und Geflüchtete              Die Interkulturellen Promotor*innen       mit anderen Akteur*innen aus der
                                               arbeiten mit diesen Zielgruppen an Pro-   Eine-Welt-Arbeit, von migrantischen
■   Migrantische Organisationen                jekten, Anlässen und Strukturen für ein   Organisationen, aus Wirtschaft, Politik
■   Akteur*innen der Eine-Welt-Arbeit          gemeinsames Eine-Welt-Engagement          und Verwaltung und anderen zivilgesell-
                                               von einheimischen und geflüchteten bzw.   schaftlichen Akteur*innen um Anlässe
■   Interessierte Bürger*innen und breite      eingewanderten Menschen in ihrer alten    zur Entwicklung neuer Kooperationen zu
    Öffentlichkeit, vor allem sozial Benach-   oder neuen Heimat Nordrhein-Westfalen.    schaffen.
    teiligte und junge Menschen                Sie beraten und qualifizieren migran-
■   Zivilgesellschaftliche Verbände,           tische und nicht migrantische Organi-
    Kirchen, Haupt- und Ehrenamtliche          sationen und Einzelpersonen rund um
    aus der Flüchtlingsarbeit                  entwicklungspolitisches Engagement,
                                               unterstützen und vernetzen Partner-
■   Akteur*innen aus Politik und               schaften zwischen In- und Ausland und
    Verwaltung                                 Diaspora-Organisationen, organisieren
                                               öffentliche Bildungs- und Informations-
■   Schulische und außerschulische
                                               veranstaltungen und vernetzen sich
    Bildungseinrichtungen

                                                                                                                                   9
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Wirkungen und Erfolge des Interkulturellen
     Promotor*innen-Programms – Die Evaluierung
         Die Verbindung der Eine- Welt-Arbeit      Das Interkulturelle Promotor*innen-Pro-      in vielen Bereichen übertroffen hat. Der
            und Integrationsarbeit ist in ihrem
                                                   gramm wurde seit Projektbeginn von           Ansatz, migrantische Akteur*innen und
               Ansatz ein einzigartiges            finep – Forum für internationale Ent-        Geflüchtete und MSO stärker als bisher
              Programm. […] Der da-                wicklung und Planung – begleitend eva-       mit der Eine-Welt-Arbeit zu verknüpfen
             durch geschaffene Mehr-               luiert. Schon das Evaluierungsergebnis       und somit die Potentiale der Zusammen-
               wert für die beteiligten            des ersten Jahres stellte fest, dass das     arbeit freizusetzen, hat sich als tragfähig
          Akteur*innen kann derzeit                Programm auf einem guten Weg sei. Die        und fruchtbar erwiesen (Bericht der
           nicht durch andere beste-               positiven Wirkungen haben sich in den        begleitenden Evaluierung 01.04.2019 bis
           hende Angebote abgedeckt                folgenden Jahren kontinuierlich ver-         30.03.2020, Seite 4).
          werden. Hier wurde Wissen                stärkt, so dass die Evaluation des dritten
          und Erfahrung gesammelt,                 und letzten Jahres des Modellprojekts
          die anderen Bundesländern                resümieren kann, dass das Programm
           als Vorbild für eine Skalie-            seine ambitionierten Ziele erreicht und
             rung des Projekts dienen
10                             können.
                               Bericht, Seite 31
Neue Zielgruppen werden erreicht
Die Evaluation bestätigt, dass die Inter-     sönliche Ansprache der Interkulturellen   Hintergrund haben die Interkulturellen
kulturellen Promotor*innen einen Zugang       Promotor*innen wichtige Faktoren, um      Promotor*innen eine Vorbildfunktion und
zu neuen Zielgruppen schaffen, den            die Gruppe der Geflüchteten überhaupt     bieten ein Identifikationspotential, das
klassische Eine-Welt-Akteur*innen in der      zur Teilnahme an den Angeboten und        Geflüchtete und Menschen mit Migrati-
Regel nicht haben (Bericht, Seite 4). Dabei   Veranstaltungen zu Eine-Welt-Themen       onsgeschichte anspricht.
sind der persönliche Kontakt und die per-     zu motivieren. Durch den „gemeinsamen“

                                                                                        Geflüchtete und
                                                                                        Migrant*innen als
                                                                                        Expert*innen
                                                                                        Diese können sich aktiv und mit ihrer
                                                                                        speziellen Expertise in das bürgerschaft-
      Studierende aus der ganzen Welt                                                   liche Leben in Deutschland einbringen
     kamen nach Bochum um sich dort
                                                                                        und erhalten so auch mehr Anerkennung
       mit den Weltentwicklungszielen
   auseinanderzusetzen – sie nehmen                                                     für ihre Kompetenzen (Bericht, Seite 4).      11
    nun ihr neu gewonnenes Wissen in                                                    Als ein Beleg sei hier ein Beispiel aus der
 ihre Heimatländer mit und werden zu
                                                                                        Befragung der Interkulturellen Promo-
          Multiplikator*innen der SDG.
                    Region Ruhrgebiet
Die in diesem Bericht          tor*innen selbst genannt: migrantische         Die Evaluation weist noch einmal darauf
               beschriebenen Erfolge          Expert*innen, die als Referent*innen und       hin, dass eine Wechselwirkung zwischen
                  und Wirkungen des           Lehrende bei Veranstaltungen des Inter-        positivem Eigenerleben der Migrant*in-
                      Interkulturellen        kulturellen Promotorenprogramms aktiv          nen selbst und dem Erleben der Mehr-
                    Promotor*innen-           waren, wurden befragt, ob ihre Expertise       heitsgesellschaft im Kontext entsteht,
              Programms führen alle           durch das Programm stärker wahrgenom-          wenn Menschen mit Migrationshinter-
         befragten Schlüsselpersonen          men wird. Dem stimmten 100 % zu (bei 19        grund neue Chancen gesellschaftlicher
          einhellig auf das sehr hohe         Befragten von Juli bis Dezember 2019).         Teilhabe finden. Dies kann sich positiv auf
     Engagement der Interkulturellen                                                         das gesellschaftliche Klima in den jeweili-
       Promotor*innen und ihre gute                                                          gen Orten auswirken (Bericht, Seite 5).
                  Vernetzung zurück.
                          Bericht, Seite 18
                                              Mehr Engagement
                                              Laut Evaluation ist das gesellschaftliche      zivilgesellschaftlichem Engagement und
                                              Engagement von Geflüchteten und Men-           der Beratungsbedarf in diesem Bereich
                                              schen mit Migrationshintergrund gestie-        hat stark zugenommen. Indikatoren dafür
                                              gen (Bericht, Seite 26ff.). 87 % der befrag-   sind zum Beispiel das öffentliche Auftre-
                                              ten Schlüsselpersonen geben an, dass die       ten auf kommunalen Veranstaltungen und
                                              Interkulturellen Promotor*innen einen          Antragstellungen für Projektförderungen.
                                              starken Beitrag dazu leisten (Bericht, Seite
12                                            27). Es besteht ein großes Interesse an
Interkulturelle Öffnung gelingt
Die Entwicklung der interkulturellen Öff-      globale Verantwortung bei Fluchtursachen
nung in der Eine-Welt-Arbeit wird von allen    mit ein. Teilnehmende der Veranstaltungen
befragten Schlüsselpersonen als positiv        des Interkulturellen Promotor*innen-Pro-
beschrieben. Die Interkulturellen Promo-       gramms wurden befragt, ob ihr Verständnis
tor*innen schlagen eine Brücke zwischen        für die jeweils gegenseitigen Perspektiven
der Arbeit der Eine-Welt-Organisationen        auf nachhaltige Entwicklung und Fluchtur-
und den migrantischen Vereinen, und eine       sachen zugenommen hat. Dies bestätigten
langsame interkulturelle Öffnung – von         88,57 % (bei 166 Befragten von Juli bis
beiden Seiten – ist zu beobachten. Das zeigt   Dezember 2019).
sich unter anderem dadurch, dass Flucht
                                               Laut Evaluation reflektieren Eine-Welt- Ak-
und Fluchtursachen verstärkt als gesell-
                                               teur*innen zunehmend die Möglichkeit und
schaftlich relevante Themen aufgenommen
                                               Relevanz der Beteiligung für Migrant*innen.   Felin Twagirashyaka referiert auf dem Fachtag „ConnAct“:
werden. Aber auch migrantische und Ak-
                                               Dabei geht es z.B. um Themensetzung,          Gemeinsame entwicklungspolitische Inlandsarbeit kann
teur*innen der Flüchtlingshilfe beziehen in                                                  nur auf Augenhöhe erfolgreich sein.
                                               Materialien in einfacher Sprache, Mehrspra-
ihren Diskursen/Veranstaltungen vermehrt
                                               chigkeit, Integration in Entscheidungspro-
klassische Eine-Welt-Themen wie Men-
                                               zesse oder Ansprache durch Menschen mit
schenrechte, Armutsbekämpfung oder
                                               Migrationshintergrund (Bericht, Seite 30).
                                                                                                                                                        13
Die IKP schaffen es
                                      Starke Vernetzung
            durch ihre Arbeit,
              eine einzigartige       Die Interkulturellen Promotor*innen sind       sie Ansatzpunkte für gesellschafts- und
        Verbindung zwischen           in ihren Regionen sehr gut vernetzt und        entwicklungspolitisches Engagement
      kommunalen Akteuren             mittlerweile bei den relevanten Akteur*in-     sind. Die Interkulturellen Promotor*innen
      der Integrationsarbeit,         nen bekannt und präsent. Die öffentliche       spielen bei der Aufrechterhaltung dieser
     migrantischen Akteuren           Wahrnehmung und der Bekanntheitsgrad           Netzwerke eine Schlüsselrolle: „In den
         und der Eine-Welt-           des Interkulturellen Promotor*innen-Pro-       Interviews mit Schlüsselpersonen […] war
          Arbeit herzustellen.        gramms sind stark gestiegen (Bericht,          der überwiegende Anteil der Meinung,
     Dadurch ergibt sich ein          Seiten 19-21). Viele fruchtbare Koope-         dass ohne die verbindende und treibende
     vielfältiges Potential an        rationen sind entstanden und durch die         Kraft der Interkulturellen Promotor*innen,
        multiplen Wirkungen           Veranstaltungen ist ein größeres Interesse     die Koordination und Vernetzung am Leben
         und Kooperationen,           an Eine-Welt-Themen entstanden: „Städti-       hält und weiter ausbaut, die entstandenen
      die in ihrer Bandbreite         sche Dezernate, Integrationsämter/Kultur-      Netzwerke nicht überleben würden. Zum
     noch nicht ausgeschöpft          ämter beteiligen sich immer häufiger an        Teil wird das dem noch recht frühen Stadi-
             werden konnten.          Veranstaltungen und zeigen großes Inter-       um nach drei Jahren Pilotprojekt begrün-
                   Bericht, Seite 4   esse an entwicklungspolitischen Themen         det („zarte Pflänzchen müssen wachsen“),
                                      und Nachhaltigkeit“ (Bericht, Seite 21). Von   zum anderen zeigt die Erfahrung, dass in
14                                    allen Beteiligten wurde der Wunsch nach        den meisten Netzwerken „eine Art Zent-
                                      mittel- und langfristiger Zusammenarbeit       rum vonnöten ist, das das Netzwerk leben-
                                      geäußert (Bericht, Seite 28). Die vielfälti-   dig hält“ (Bericht, Seite 15). ■
                                      gen Kooperationen gilt es, weiter aufrecht
                                      zu erhalten und weitere aufzubauen, da
D R . F E L I N T W A G I R A S H YA K A
                              Interkultureller Promotor des Regierungsbezirks Münster (Iriba-Brunnen e.V.)

                           Netzwerken für eine interkulturelle Öffnung
       „Mein Ziel ist                                                                     2017 fing ich meine Tätigkeit als
  es, dass die Leute                                                                      Interkultureller Promotor für die
   nicht mit Scham                                                                        Bezirksregierung Münster mit den
    oder Schuld aus                                                                       Schwerpunkten nachhaltige Entwick-
      unseren Anti-                                                                       lung und Interkulturelle Öffnung der
   rassismus Work-                                                                        Eine-Welt-Arbeit an. Um mehr MSO
    shops herausge-                                                                       in die Eine-Welt-Arbeit einzubeziehen,
  hen, sondern mit                                                                        suchte ich eine Kooperation mit dem
  einem Gefühl der                                                                        Integrationsrat der Stadt Münster,
  Verantwortung.“                                                                         dem Organ, das die MSO vertritt. Ich
 Tupoka Ogette bei einer                                                                  erklärte ihm, warum MSO sich für
 Lesung aus ihrem Buch                                                                    Entwicklungspolitik engagieren sollten.
         „Exit Racism“.
                                                                                          Daraufhin kam es zu einer Zusammen-
Regierungsbezirk Münster
                                                                                          arbeit. Die erste gemeinsame Veran-
                                                                                          staltung war eine Podiumsdiskussion
                                                                                          im Juni 2018. Wir diskutierten, wie
                                                                                          die europäische Landwirtschafts- und
                                                                                          Fischereipolitik Flucht aus Afrika nach
                                                                                          Europa verursacht. Sie zerstört näm-
                                                                                                                                    15
                                                                                          lich die Einnahmequellen von lokalen
                                                                                          Kleinbauern und Fischern.
Unsere Kooperation setzten wir im           engagiert. Im Münsterland gibt es wenige
     Projekt „Migration und Entwicklung auf      MSO. Die angetroffenen Vereine haben
     kommunaler Ebene“ fort. Es handelt sich     ihr Interesse an Entwicklungspolitik signa-      Internationales
     um ein durch SKEW gefördertes Projekt       lisiert. Die Arbeit ist, sie in diesem Bereich   Stadtteil-Café
     der Stadt Münster, das kommunale Ent-       zu qualifizieren und Migrant*innen zu
     wicklung fördert. Ich wurde neben an-       unterstützen, sich in Vereinen zusammen-         Coerde
     deren Partnern in die Steuerungsgruppe      zufinden und sie zu empowern.
                                                                                                  Coerde ist ein Stadtteil von Müns-
     aufgenommen. So bekam ich Zugang zu
                                                                                                  ter mit hohem Migrationsanteil.
     mehr als 100 MSO. Verschiedene Vernet-      Mehr Migrant*innen in der Eine-Welt-
                                                                                                  Das Interkulturelle Café hat sich
     zungstreffen fanden statt. Zur Qualifi-     Arbeit setzt voraus, dass sich Eine-Welt-
     zierung der MSO zur Entwicklungspolitik     Gruppen für sie öffnen. Bisher sind es           zum Ziel gesetzt, interkulturelle
     organisierte ich mit anderen Partnern im    nicht viele. Jedoch gibt es Gruppen, die         Begegnungen zu fördern und damit
     Juli 2019 einen Empowerment Day, bei        dazu bereit sind. Z.B. ein Verein im Kreis       Rassismus und Extremismus ent-
     dem Entwicklungspolitik, Eine-Welt-Ar-      Warendorf, der Menschen in einem Land            gegen zu wirken sowie die Teilhabe
     beit und den Welt-Entwicklungszielen        des globalen Südens hilft. Dort informier-       vor Ort zu stärken. Die über 90
     intensiv nachgegangen wurden. Finan-        te ich die Mitglieder über die SDG (sie          Besucher*innen (im ersten halben
     zierungsmöglichkeiten fürs Engagement       hatten vorher noch nichts davon gehört)          Jahr) hatten die Gelegenheit, sich
     und Projekte in Herkunftsländern sowie      und riet ihnen mit ihrem Partner im Rah-         zu Alltagsthemen und Nachhaltig-
     Partnerschaften wurden erläutert. Im-       men der SDG in echter Partnerschaft zu-          keit auszutauschen.
16   mer mehr MSO engagieren sich in der         sammenzuarbeiten. Um die Interkulturelle
     Eine-Welt-Arbeit. Zuletzt kooperierte ich   Öffnung noch weiter zu stärken, habe             Felin Twagirashyaka
     mit dem ODAK-Kulturzentrum e.V., der        ich einen Workshop zur interkulturellen          in Kooperation mit der AWO
     sich seit kurzem in der Eine-Welt-Arbeit    Öffnung im Februar 2020 gemeinsam
Teilnehmende aus
      migrantischen
                                                                                                  Veranstaltungsreihe
      und Eine-Welt-
     Organisationen
                                                                                                  „Unfair. Unfrieden.
 vernetzten sich auf                                                                              Flüchten“
   einem Workshop
zur interkulturellen                                                                              Auf spielerische Art und Weise
            Öffnung.
                                                                                                  vermittelte die Veranstaltungsreihe
  Regierungsbezirk
          Münster                                                                                 Informationen zu Fluchtursachen
                                                                                                  und -folgen. Beispielsweise fand im
                                                                                                  Rahmen dieser Reihe ein Kneipen-
      mit Vamos e.V., Aktion Human Welt e.V.         Zusammenhänge werden dem Publikum            quiz zum Thema Flucht mit rund
      und Eine Welt Netz NRW e.V. organisiert.       vorgetragen: Beispielsweise wurde 2019       60 Besucher*innen statt.
      Vertreter der MSO und Eine-Welt-Ar-            dargelegt, wie die Gewinnung von Roh-
                                                                                                  Felin Twagirashyaka
      beit-Gruppen diskutierten über Maßnah-         stoffen zur Herstellung von Handys und
                                                                                                  in Kooperation mit dem Beirat für
      men zur interkulturellen Öffnung und           Elektroautos Schäden in Ländern des          kommunale Entwicklungszusammen-
      über notwendige konkrete Themen für            globalen Südens verursacht. Ich starte-      arbeit und vielen weiteren Münstera-
      eine stärkere Zusammenarbeit zwischen          te daraufhin eine Handysammelaktion          ner Vereinen und Gruppen
      MSO und Eine-Welt-Gruppen. Ich werde           zum Recycling. Ältere funktionstüchtige
      weiter daran arbeiten und das entstande-       Handys wurden gespendet und unseren
      ne Netzwerk pflegen, um die Interkultu-        Partnern für eine weitere Nutzung zuge-    grationsrates organisiert mit Beteiligung
      relle Öffnung weiter voranzutreiben.           schickt. Ressourcenverbrauch und Ver-      von vielen MSO. Mit der Unterstützung
                                                     meidung von Müll bei Großveranstaltun-     des Projekts „Migration und Entwick-         17
      In meinem Verein Iriba-Brunnen e.V. orga-      gen sind auch weiterhin wichtige Themen    lung auf kommunaler Ebene“ wurde kein
      nisieren wir jährlich das Fest der Vielfalt.   auf unserer Agenda. Im September 2019      Plastik und Papier genutzt, was ein großer
      Tänze, Kulturen und Themen über globale        wurde das interkulturelle Fest des Inte-   Erfolg für uns war. ■
YA M M E N A L S H U M A L I
                                                                          Interkultureller Promotor des Regierungsbezirks Detmold (IBZ Bielefeld e.V.)

                                                                 Ich kann mit Rassismus nicht atmen
                                                                                                                          In den ersten drei Jahren als Interkultu-
                                                                                                                          reller Promotor für den Regierungsbezirk
                                                                                                                          Detmold habe ich mir unter anderem als
                                                                                                                          einen Schwerpunkt meiner Arbeit das
                                                                                                                          Thema „Rassismuskritik/ Antirassismus“
                                                                                                                          gesetzt. Wie sich derzeit wieder zeigt,
                                                                                                                          ist dieses Thema brandaktuell. Auch in
                                                                                                                          Deutschland ist Rassismus kein Relikt der
                                                                                                                          Vergangenheit, sondern Realität, sei es in
                                                                                                                          Form von institutionellem oder subtilem
                                                                                                                          Rassismus.

                                                                                                                          In meinem ersten Projektjahr fand ich in
                                                                                                                          der BUNDjugend NRW einen Kooperati-
                                                                                                                          onspartner, der sich ebenfalls intensiv mit
                                                                                                                          dem Thema beschäftigt. So organisierten
                                                                                                                          wir gemeinsam in Bielefeld die Multi-
                                                                                                                          plikator*innen-Schulung „Multi-Schu-
18                                                                                                                        lung-Flucht“ bei der insgesamt 30 Perso-
                                                                                                                          nen an mehreren Workshops zu Bildungs-
                                                                                                                          referent*innen zu den Themen „Flucht,
                                                                                                                          Migration, Asyl und Rassismus“ qualifiziert
 Sensibilisierung für ein respektvolles Miteinander: Teilnehmende der Multi-Schulung-Flucht. | Regierungsbezirk Detmold   wurden. Ein wichtiger Aspekt war uns
Yammen Al Shumali
                                       dabei, dass die Gruppe der Teil-                                             berichtet bei der
                                       nehmenden aus Personen mit-                                                  Eröffnung der
                                                                                                                    Ausstellung „Aleppo
                                       und ohne Migrationshintergrund                                               – Leben im Krieg“ in
VERANSTALTUNGSREIHE                    bestand. Und die Teilnehmenden                                               Minden von eigenen
                                       hatten während der Schulung                                                  Fluchterfahrungen.
„Afrika – Ewiger Ver-                  die Möglichkeit, sich über ihre
lierer oder Weltmacht                  persönlichen Erfahrungen auszutauschen         Konsequenzen und verletzende Wirkun-
von morgen?“                           und wir konnten viel davon lernen.             gen diese Wörter für betroffene Personen
                                                                                      haben und konnten ihre Handlungsweise
Die Reihe lieferte ein differenzier-   Im Anschluss an ihre Ausbildung führten        besser reflektieren und überdenken. Diese
tes Bild vom afrikanischen Konti-      wir gemeinsam mit den Multiplikator*in-        Reaktion habe ich auch in den weiteren
nent, seiner Vergangenheit, Gegen-     nen (jeweils zwei Migrant*innen und zwei       Workshops an Schulen feststellen können.
wart und Zukunft und den Heraus-       Deutsche) an diversen Schulen die Work-        Somit ist mir noch bewusster geworden,
forderungen und Chancen, die sich      shops „Miteinander“ zu den Themen Asyl,        wie wichtig es ist, gerade mit dieser jungen
ergeben werden. Auf insgesamt 3        Flucht, Migration und Rassismus durch. Bei     Zielgruppe zu arbeiten, um Rassismus
Veranstaltungen wurden die The-        unserem ersten Workshop hat mich sehr          möglichst früh zu bekämpfen.
men Good Governance, Nachhal-          überrascht, dass die Schüler*innen viele
tigkeit, Bildung und Umweltpolitik     rassistische Begriffe benutzten, ohne sich     Auch ist mir während der Workshops
behandelt und mit den insgesamt
                                       bewusst zu sein, dass diese Begriffe rassis-   aufgefallen, dass selbst die Lehrkräfte              19
                                       tisch und beleidigend sind. Durch unseren      kaum bis wenig Kenntnisse über das Thema
54 Teilnehmenden diskutiert.
                                       Workshop und die intensive Auseinander-        haben und nicht in der Lage waren, mit
Yammen Al Shumali                      setzung mit den Begriffen „Rassismus“ und      solchen rassistischen Beleidigungen ihrer
in Zusammenarbeit mit dem              „Diskriminierung“ haben sie gelernt, welche    Schüler*innen umzugehen. Aus diesem
Welthaus Bielefeld e.V. und dem
Fachpromotor Serge Palasie
Ganze Straßen -
                                                                                                                   züge sind in
                                                                                                                   Aleppo zerstört:
                                                                                                                   Foto der
                                                                                                                   Ausstellung
                                                                                                                   „Aleppo –
                                                                                                                   Leben im Krieg“
                                                                                                                   des syrischen
                                                                                                                   Fotografen

     Workshop                                                                                                      Hosam Katan.

     „Aus Alt mach Neu“
     Unter der Anleitung von zwei
     syrischen Näherinnen kreieren
     zwei Mal im Monat Teilnehmende,
     vorwiegend Frauen mit Fluchter-      Grund möchte ich gerne in Zukunft auch     Rassismus ist ein Phänomen, dass nicht
                                          Workshops für diese Zielgruppe anbieten.   von heute auf morgen verschwinden
     fahrung, aus alten Sachen wie z.B.
                                                                                     wird. Ich sehe es als meine Kernaufga-
     Kleidungsstücken, Verpackungen,
                                          Persönlich beschäftige ich mich auch       be als Interkultureller Promotor, eine
     Gläsern, Aktenordnern, Stoffen
                                          sehr viel mit dem Thema Rassismus und      Brücke zwischen der Mehrheits- und
     etc. etwas Neues. Während der        frage mich immer wieder, warum es das      Minderheitsgesellschaften zu schaffen
     Workshops geht es auch um die        überhaupt gibt. Warum müssen wir in        und über solche Themen aufzuklären, um
     Themen „nachhaltiger Konsum“         einer rassistisch geprägten Welt leben     ein besseres Verständnis füreinander zu
     und „Reduzierung von Müll“. Die      und was legitimiert Menschen dazu zu       entwickeln. ■
     Teilnehmenden werden zu einem        denken, dass sie besser sind als andere.
     bewussteren Umgang mit Abfällen      Warum spielt die Hautfarbe oder mein       # Ich kann mit Rassismus nicht
20   angeregt und beschäftigen sich       kultureller Hintergrund überhaupt eine     atmen
     intensiv mit nachhaltigem Konsum.    Rolle und führt zu einer Kategorisierung
                                          in besser oder schlechter? Die Natur
     Yammen Al Shumali                    zeigt uns etwas anderes, denn bunt ist
                                          eine viel schönere Mischung.
BUNMI BOLAJI
Interkultureller Promotor des Ruhrgebiets
         (Deutsch-Afrika-Ruhrforum e.V.)

 Begeisterung und
  Engagement für
          die SDG
Die Interkulturelle Promotorenstelle des
Eine Welt Netz NRW bietet uns im DARF
e.V. ein Instrument an, mit dem wir uns
intensiver mit Tat und Rat für die Inter-
kulturalität im Engagement für nachhal-
tige Entwicklung einsetzen können. Dies
vor allem in Punkto angepasster Beiträge
zur Sensibilisierungsarbeit, sowie Mo-
tivation und Begleitung von weiteren                    Über Gemeinsamkeiten und Unterschiede tauschten sich die Lehrer*innen und Mitarbeitende der
                                                Nelson-Mandela-Schule Bochum und der Iliso Care Society Kapstadt beim ersten Treffen der angehenden
Zielgruppen für Engagement. Deshalb           Schulpartnerschaft aus. Unterstützt wird die Partnerschaft von der Fachstelle Südafrika. | Region Ruhrgebiet
war es selbstverständlich für mich schon
zu Beginn des Interkulturellen Promo-       für die Eine Welt. Denn durch überzeu-                  In den letzten drei Jahren wurden eini-
                                                                                                                                                             21
tor*innen-Programmes, die SDG als           gende Information und Sensibilisierung                  ges diesbezüglich erreicht. Besonders
Schwerpunkt zu setzen, als Eckpunkte        lassen sich Menschen für Engagement                     gelungen ist der Aufbau eines mobilen
für die Sensibilisierung für Engagement     motivieren und gewinnen.                                „SDG-Café“ während der Etablierungs-
phase des Programms. Dabei handelt es    (BNE), ergänzt mit kulturellen Kompo-            piert, dass es in verschiedenen Konstel-
     sich um die Zusammenstellung einiger     nenten. Das als „SDG-Café“ getaufte              lationen zusammengestellt für Gruppen
     Elemente aus dem „Globalen lernen“ und   Endprodukt ist interkulturell, generati-         veranstaltet und als Stand auf öffentli-
     „Bildung für nachhaltige Entwicklung“    onsübergreifend und wurde spielerisch            chen Veranstaltungen und Festen bereit-
                                              aufgestellt. Das mobile Café ist so konzi-       gestellt werden kann. Das SDG-Café wur-
                                                                                               de als entwicklungspolitisches Informa-
                                                                                               tions- und Bildungsinstrument konzipiert,
                                                                                               mit dem Ziel, die globalen Hintergründe
                                                                                               und Zusammenhänge der Herausforde-
                                                                                               rung von nachhaltiger Entwicklung spiele-
                                                                                               risch für die Teilnehmer*innen begreiflich
       „Global Volunteers“ –                                                                   zu machen und dadurch das Prinzip des
       Multiplikator*innen                                                                     „global denken, lokal handeln“ zu verein-
       für die SDG                                                                             fachen.

       Sechs Studierende aus der ganzen                                                        Besonders bei dem SDG-Café sind das
       Welt kamen für sechs Wochen                                                             Reverse-Rollenspiel (z.B. Kartenspiel und
       nach Bochum und wurden in Work-                                                         Verhandlungsdialog mit vertauschten Rol-
       shops zu Multiplikator*innen der                                                        len – Menschen aus den globalen Norden
       nachhaltigen Entwicklung ausgebil-                                                      / Süden), der dialogische Aufbau und der
22     det. Im Anschluss gaben sie selber                                                      Einsatz von exotischen Materialien. Men-
       Workshops an einem Berufskolleg                Schüler*innen einer Bochumer Schule      schen mit Migrationsbiografie nehmen
                                                    erfuhren im direkten Chat mit einer süd-   sichtbar die Hauptrolle bei den Informa-
       in Bochum zu den SDG.                     afrikanischen Schulklasse viel über andere
                                                                             Lebenswelten.     tions- und Sensibilisierungsspielen an, und
       Organisation durch Bunmi Bolaji                     Bunmi Bolaji beim Chat der Welten   sorgen somit für Authentizität. So kann
       in Zusammenarbeit mit AIESEC                           (BtE/Eine Welt Netz NRW e.V.)
       und den Falken Bochum.
Mit viel Spaß
                                                                      und Neugier
                                                                      waren Kinder        Workshops zu
                                                                      und Jugendliche
                                                                      eines interkultu-   internationalen
                                                                      rellen Familien-
                                                                      zentrums beim       Partnerschaften
                                                                      Workshop im
                                                                      KaffeeGartenRuhr    Ziel der Workshops war es, das
                                                                      (Gruga Park in      Engagement von Akteur*innen im
                                                                      Essen) dabei.
                                                                                          Bereich der internationalen Part-
                                                                      Region Ruhrgebiet
                                                                                          nerschaften zu stärken. Grundsätz-
                                                                                          liches zum Thema Partnerschaften
                                                                                          wurde thematisiert (warum und wie
man sich z.B. durch die „Weltverteilungs-    Seit dem Aufbau hat das „SDG-Café“           profitieren wir von diesen Partner-
spiele“ über Fakten zu den 5Ps („People,     weit über 1000 Menschen erreicht.            schaften), genauso wie konkrete
Planet, Prosperity, Peace and Partnership“   Besucher*innen werden von der nied-
                                                                                          Anleitungen zur Antragstellung,
– Menschen, Planet, Wohlstand, Frieden       rigschwelligen Ansprache und den kul-
                                                                                          Förder- und Unterstützungsmög-
und Partnerschaft) der SDG austauschen       turellen Komponenten angezogen und
                                                                                          lichkeiten. Konkrete Projekte
und dabei „Wassertrommeln“ mit Kalebas-      kommen dadurch leicht ins Gespräch. Auf
sen genießen, genauso wie man sich über      diese Weise informieren sich viele Teil-     wurden ebenfalls vorgestellt.
die globale Lage der nachhaltigen Ent-       nehmende dialogisch sehr ausführlich und     Bunmi Bolaji
wicklungsziele durch das „SDG-Glücksrad      geben zum großen Teil an, dass sie vorher    in Kooperation mit der Fach-
                                                                                                                                23
/ Kartenspiel“ gut informieren und aus-      noch nie mit den SDG und ihrer Bedeu-        promotorin für Internationales
tauschen kann und dabei „Kochbanane“         tung in Berührung gekommen waren bzw.        Monika Dülge und Engagement Global
kulinarisch kennenlernen.                    damit auseinandergesetzt haben. ■
DORSA BILLSTEIN
                                                                    Interkulturelle Promotorin des
                                                                    Regierungsbezirks Köln (Migrafrica e.V.)

                                                                    Expertise von
                                                                    migrantischen
                                                                    Organisationen
                                                                    sichtbar machen
                                                                    Ich habe in den letzten Jahren in enger
                                                                    Zusammenarbeit mit Akteur*innen aus
                                                                    Verwaltung, Politik, Zivilgesellschaft,
                                                                    Wirtschaft, Wissenschaft und Kirche, Ver-
                                                                    anstaltungen zu entwicklungspolitischer
                                                                    In- und Auslandsarbeit konzipiert und
                                                                    durchgeführt. Dabei wurde ein besonderer
                                                                    Fokus auf die Rolle von migrantischen Or-
                                                                    ganisationen (MO) gelegt. In den letzten
24       Dorsa Billstein fordert beim Themenforum „Migration und
     Entwicklungszusammenarbeit“ die stärkere Einbeziehung von      drei Projektjahren wurden mit den MO
                                    migrantischen Organisationen.   entwicklungspolitische Forderungen und
                                                                    Zielsetzungen in einem partizipativen Pro-
                                                                    zess formuliert. Das Ziel der MO ist es im
                                                                    Rahmen eines Netzwerks (Migration and
Vertretung von
MO bei der Konzeption
des NAP-I:
                                          Development Council) mit internationaler      lungszusammenarbeit und historischen
Im Rahmen der Konzipierung des Na-
                                          Expertise zu einer effektiveren entwick-      Hintergründen von Fluchtursachen aufge-
tionalen Aktionsplan Integration
                                          lungspolitischen In- und Auslandsarbeit       klärt werden. So konnten das gegenseitige
(NAP-I) (2019-2020) der Bunderegie-       beizutragen, da entwicklungspolitische        Verständnis und die entwicklungspolitische
rung gab die Interkulturelle Promotorin   migrantische/diasporische Akteur*innen        Zusammenarbeit gestärkt werden und
des Regierungsbezirk Köln im The-         die Realitäten und Bedarfe in ihren Her-      es sind erfolgreiche Kooperationen für
menforum „Migration und Entwick-          kunftsländern und auch in Deutschland         zukünftige Projekte entstanden.
lungszusammenarbeit“ der Phase I (Vor     kennen und eine Brückenfunktion in der
                                                                                        Durch die Schaffung von Synergien mit
der Zuwanderung) wichtige Impulse.        entwicklungspolitischen In- und Auslands-
                                                                                        relevanten Akteur*innen der entwick-
Das Besondere an diesem Themen-           arbeit übernehmen können. Beim Fachtag
                                                                                        lungspolitischen In- und Auslandsarbeit
forum ist das Zusammendenken von          der Entwicklung beispielsweise, der im
                                                                                        und der Zusammenarbeit mit politischen
entwicklungspolitischem Engagement        Juni 2019 mit mehr als 200 TN in Köln
                                                                                        Entscheidungsträger*innen konnte das
                                          stattfand, wurden mit Hilfe strukturierter
und Integrationsprojekten, was für                                                      Interkulturelle Promotorenprogramm
                                          Dialoge die Bedarfe von MO hinsichtlich
die meisten entwicklungspolitischen                                                     die Zusammenarbeit von MO mit Politik
                                          Förderung und Partizipation in der ent-
Akteur*innen eine neue Ausrichtung                                                      und anderen engagierten Organisatio-
                                          wicklungspolitischen In- und Auslandsar-
bedeutete. Aufbauend auf den Diskus-                                                    nen und Initiativen nachhaltig in ihrer
                                          beit gebündelt und schließlich an relevante
sionen und Ergebnissen beim Themen-                                                     entwicklungspolitischen Arbeit stärken
                                          Entscheidungsträger*innen weitergege-
                                                                                        sowie bedarfsorientierte Zugangswege
forum hat das BMZ in Zusammenarbeit       ben. Ferner konnten die MO ihre Arbeit
                                                                                        zu entwicklungspolitischen Akteur*innen,
                                                                                                                                      25
mit den MO einen Themenbericht für        und Expertise sichtbar machen und sich mit
                                                                                        Förderern und internationalen Netzwer-
den NAP-I verfasst, der beim Integ-       relevanten Akteur*innen vernetzen. Zu-
                                                                                        ken schaffen.
rationsgipfel Bundeskanzlerin Angela      dem konnten alle Teilnehmenden des
Merkel übergeben wurde.                   Fachtags über den Kontext von Entwick-        Die Schnittstellenarbeit der Interkulturel-

Dorsa Billstein
„Menschen haben ein Recht                                                                    Beratung der Stadt
                    auf Teilhabe“,
                so Dorsa Billstein auf einer
                                                                                                    Köln zu Vielfalts-
         Podiumsdiskussion in Köln-Kalk zu                                                        kompetenz
                Vielfalt in der Gesellschaft.
                                                                                               Im Rahmen des Projekts „Einwanderung
                                                                                               Gestalten NRW“ brachte die Interkultu-
                                                                                               relle Promotorin des Regierungsbezirks
                                                                                               Köln ihre Expertise bei der Weiterent-
                                                                                               wicklung von Vielfaltskompetenz in der
                                                                                               Stadtverwaltung unter anderem bei der
                                                                                               Erstellung eines Eckpunktepapiers ein.
                                                                                               Interkulturelle Kompetenzen sollen in
                                                                                               den Strukturen der Verwaltung ver-
                                                                                               ankert werden und in das allgemeine
                                                                                               Verwaltungshandeln – wie Planung,
                                                                                               Steuerung, Außendarstellung usw. – in-
                                                                                               tegriert werden. Sensibilisierungssemi-
     len Promotor*innen und die Fokussierung      lichst gezielt einsetzen zu wollen. In den   nare sollen interkulturelle Kompetenzen
     auf die Sustainable Development Goals        letzten Jahre konnte die Verschmelzung       vermitteln, um vor allem dem Problem
     (SDG), gekoppelt an die migrantische/dia-    von klassischen Eine Welt Akteuren und       der Diskriminierung in Behörden ent-
     sporische Expertise und Perspektive sowie    migrantischen Akteuren Synergien schaf-      gegenzuwirken. Die Kooperation der
     der Vernetzung dieser mit Verwaltung,        fen, um gemeinsame und effektive Hand-       Promotorin mit dem neu entstandenen
26   Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und   lungs-und Lösungsansätze hinsichtlich der    Amt für Integration und Vielfalt (Kom-
     Wissenschaft deckt sich vor allem mit dem    Definition von Maßnahmen zur Erreichung
                                                                                               munales Integrationszentrum, Dienst-
     Bekenntnis der Landesregierung, die zur      der SDG zu finden. ■
                                                                                               stelle Diversity) wurde darüber hinaus
     Verfügung stehenden Ressourcen mög-
                                                                                               fortgeführt.

                                                                                               Dorsa Billstein
M A R C O S A N T O N I O D A C O S TA M E L O
                                                 Interkultureller Promotor des Regierungsbezirks Arnsberg (FUgE Hamm e.V.)

                                          Sensibilisierung für Fluchtursachen
                                          in einer solidarischen Gesellschaft
                                          „Wir haben nur das mitgenommen, was wir anhatten. Wir sind in die Türkei geflohen. Zu
                                          Fuß. Etwa einen Monat haben wir gebraucht“, berichtet Abdal Rahman Arrok im Vorfeld
                                          der Schulkinovorstellung „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ am 24. Januar 2020 im
Die richtige Antwort führt zum Schuss –   Cinemaxx Hamm. Der 15-jährige Geflüchtete aus Syrien erzählte detailliert, wie Assads
Torwandaktion mit Quiz beim
                                          Bomben 2014 auf seine Heimatstadt Akrab fielen und seine vierköpfige Familie in die
Essener Ruhrpott International.
                                                                                                   Türkei geflohen ist. Nach
                                                                                                   mehr als zwei Jahren ging es
                                                                                                   weiter nach Deutschland.
                                                                                                   Dieser beindruckende Bericht
                                                                                                   war einer der Höhepunkte
                                                                                                   meiner Arbeit als Interkultur-
                                                                                                   promotor im Regierungsbezirk
                                                                                                   Arnsberg im Jahr 2020. Im
                                                                                                   Anschluss an die Schulvor-
                                                                                                   stellung des Films mit mehr
                                                                                                   als 150 Schüler*innen wurden
                                                                                                   viele Parallelen zwischen
                                                                                                                                    27
                                                                                                   Anna, der Protagonistin des
                                                                                                   Films, und Abdal gezogen.
Torwandaktion                             Interviewabend
     beim „Essener                               zu Simbabwe und
     Ruhrpott                                    Kamerun
     International“                                Afrikanische Protagonistinnen
     Beim Fußballturnier des                    erzählten mit Brillanz und Humor
                                                                                    Heraus kam eine authentische Begegnung
     jährlichen „Essener Ruhrpott             über ihr Herkunftsland, den Weg       zwischen der Gegenwart der Flüchtlinge
     International“ gab es einen Stand        nach Deutschland und ihr Leben in     und der deutschen Vergangenheit, von
     mit Aktionen zu „Fair Trade“ in der      Hamm. Ihre Perspektive des Zu-        der die Schüler*innen im Kino gefangen
     Sportartikelproduktion. Betroffene       sammenlebens in Deutschland war       genommen wurden.
     berichteten aus eigener Erfahrung        häufig mit der Thematik Respekt
     über Kinderarbeit in der Fußballpro-     im Alltag verbunden. Die rund 40      Seit 2018 berichtet der Jugendliche
                                              Besucher*innen waren schockiert       Muhammad Waqas in Workshops an
     duktion, ein Dokumentarfilm wurde
                                              als sie von den negativen Erlebnis-   Grundschulen und Kindergärten über
     gezeigt, faire Fußbälle verlost und es
                                              sen bezüglich des Alltagsrassismus    Kinderarbeit und Fluchtursachen und
     gab eine Torwandaktion, bei der die
                                                                                    sein damit verbundenes persönliches
     Kinder nur schießen durften, wenn        in Deutschland erfuhren.
                                                                                    Schicksal. Er kommt aus Sialkot/Pakistan,
     sie Fragen über Kinderarbeit oder        Marcos Antonio Da Costa Melo          der Hauptstadt der Sportbälle. Acht von
     Fair Trade richtig beantworten konn-                                           zehn handgenähten Fußbällen, über 40
     ten. Besonders diese niedrigschwel-                                            Millionen im Jahr, werden dort hergestellt.
     lige Aktion zog viel Aufmerksamkeit                                            Ohne ausbeuterische Kinderarbeit wäre es
     auf sich.                                                                      kaum möglich, diese Menge zu produzie-
28   Marcos Antonio Da Costa Melo
                                                                                    ren, sagt er. Muhammad reflektiert in den
                                                                                    Schulworkshops seine Lebenserfahrung
     in Zusammenarbeit mit dem Interkul-
                                                                                    mit den wirtschaftlichen Zwängen und der
     turellen Promotor Bunmi Bolaji und der
                                                                                    Not, die zu ausbeuterischer Kinderarbeit
     Regionalpromotorin Angela Schmitz als
     Vertreter*innen des Netzwerks Faire                                            in seiner Familie führten. Bis zu seiner
     Metropole Ruhr
Fünf Jahre musste
                                                                     er selber als Kind
                                                                     Fußbälle nähen:
                                                                     Nun erzählt
                                                                     Muhammad Waqas
                                                                     in Deutschland von
                                                                     seinen Erfahrun-
                                                                     gen und wirbt für
                                                                     fair produzierte
                                                                                          Familien und Freundeskreise erfahren.
                                                                     Sportartikel.
                                                                                          Oder anders ausgedrückt: Wir alle sind
                                                                                          mehr als eins. Sie plädierte dafür, dass wir
                                                                                          das Verbindende durch eine „transkul-
                                                                                          turelle“ Interkulturarbeit in den Vorder-
                                                                                          grund rücken, also eine, die die Kategorie
Flucht nach Europa 2015 hat er als Kind,    Ruhrpott-International in Essen. Diese        der Herkunft überschreiten und uns für
zwischen seinem 9. bis 14. Lebensjahr, zu   waren durch die leidenschaftliche Betei-      eine solidarische Gesellschaft der Vielen
Hause und in den Fußballfabriken Bälle      ligung des Publikums von großem Erfolg        einsetzen lässt. Abschließend sagte sie:
genäht. Nach einer elf Monate langen        gekrönt.                                      „Wenn wir Netzwerke bilden, die mög-
Odyssee zu Fuß kam er im Sommer 2015                                                      lichst viele Menschen mit ihren unter-
in Deutschland an. Er weckte durch seine    Ein weiterer Höhepunkt der Interkultur-       schiedlichen Perspektiven einbinden, und
Erfahrungsberichte viel Interesse auch      arbeit in der Region war die inspirierende    dabei das vielschichtige interkulturelle
bei den Akteur*innen der Fairen Metro-      Einführung von Katharina Kühn zum             Beziehungsgeflecht zwischen ihnen in
pole Ruhr in der Jahrestagung am 4. Juli    Netzwerktreffen für Eine Welt und Inter-      den Blick nehmen, gelingt es uns, gemein-
2019 in Duisburg und den Mitgliedern        kultur am 5. Februar 2020 im FUgE-Haus        sam an grundlegenden gesellschaftlichen
der Steuerungsgruppe der Fairtrade Town     Hamm. Sie warnte uns vor einem infla-         Themen zu arbeiten. Nur so kann eine
Unna in einem Workshop am 9. Oktober        tionären und oberflächlichen Gebrauch         solidarische und diverse Gesellschaft          29
2019 im Rathaus Unna, ebenso wie bei        des Ansatzes „Interkultur“. Sie führte vor    möglich werden.“ ■
der Torwandaktion am 22. September auf      Augen, dass wir Alle verschiedene Identi-
dem Eine Welt und Umwelttag in Hamm         täten, aber auch gemeinsame Geschich-
und am 8. Dezember beim Fußballturnier      ten und Sozialisierungen durch unsere
MUNA SUKHNI
                                          Interkulturelle Promotorin des Regierungsbezirks Düsseldorf
                                          (Raum der Kulturen Neuss e.V.)

                                        Geflüchtete Frauen –
                                        Mittlerinnen und Multiplikatorinnen
     Wie motiviert man Menschen für
      gesellschaftliches, politisches
      oder kulturelles Engagement?
       Dies erfuhren Geflüchtete und
        Neuzugewanderte auf einem
     Seminar zur verstärkten gesell-
         schaftspolitischen Teilhabe.
         Regierungsbezirk Düsseldorf

30
Als Interkulturelle Promotorin des Regie-   schlechts sind nicht nur ein Problem in      der Stadt Neuss nähergebracht, Studien-
rungsbezirks Düsseldorf setze ich mich      den Partnerländern der deutschen Ent-        ausflüge durchgeführt, und verschiede-
besonders für die Gleichberechtigung        wicklungszusammenarbeit, sondern auch        ne Informationsveranstaltungen sowie
geflüchteter Frauen ein. Diskriminierung    ein durch Flucht und Migration entstan-      Seminare zu verschiedenen Themen, wie
und Ungleichheiten aufgrund des Ge-         denes nationales Problem geworden.           Arbeitsmarkt, Erste eigene Wohnung,
                                            Verschiedene Traditionen oder diskrimi-      Ressourcenverbrauch, Umweltschutz etc.
                                            nierende Geschlechterrollen, sowie Vor-      organisiert.
                                            urteile gegen Frauen sind oft erkennbar.
                                                                                         Um diesem Treffen auch nachhaltig Raum
                                            Um geflüchtete Frauen zu stärken und
  Faires Kita-                              ihre gleichberechtigte Teilhabe in ver-
                                                                                         zu bieten, entstand die Amal Initiative,
  Frühstück:                                schiedenen Bereichen zu fördern, habe
                                                                                         deren Name „Amal“ auf Arabisch „Hoff-
                                                                                         nung“ bedeutet. Die Hoffnung und Ziele
                                            ich im April 2018 das „Bildungsfrühstück
  Ziel des Projekts war es, die Kinder                                                   der Frauen sind, Teil der Gesellschaft
                                            für arabischsprechende geflüchtete Frau-
  eines Kindergartens mit hohem                                                          zu werden, ein friedvolleres Leben in
                                            en“ initiiert, bei dem sich eine geschlos-
  Migrationsanteil an die Themen                                                         Deutschland zu führen, einheimischen
                                            sene Gruppe von syrischen Frauen, mit
  Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und                                                      Frauen auf Augenhöhe zu begegnen,
                                            muslimischem, christlichem, kurdischem
  Konsum heranzuführen. Spielerisch                                                      Vorurteilen entgegen zu wirken und
                                            und arabischem Hintergrund wöchentlich
  erarbeiteten die 40 Kinder an zehn                                                     gleichzeitig durch den Gruppenzusam-
                                            trafen. Dadurch, dass ich selbst einen
                                                                                         menschluss das Gefühl zur Heimat nicht
  Projekttagen ein erstes Verständ-         arabischen Migrationshintergrund be-
                                                                                         zu verlieren.
  nis für globale Zusammenhänge,            sitze, bauten die Frauen sehr schnell ein
  welche sie im Rahmen des finalen          großes Vertrauen zu mir auf und nahmen       Die Amal Initiative setzt sich für interkul-
  Frühstücks mit Eltern und Freun-          sehr diszipliniert und regelmäßig an dem     turellen und interreligiösen Austausch
  den anhand regionaler und fairer          Treffen teil. Es hatte vor allem das Ziel,   ein, unterstützt neuzugewanderten              31
  Produkte präsentierten.                   die gesellschaftliche Teilhabe der Frauen    Frauen bei der Erstorientierung, fördert
                                            zu fördern und in ihrer Eigenständigkeit     den Informationszugang zu Themen der
  Muna Sukhni                               zu stärken. Hierzu wurde den Frauen          Nachhaltigkeit, Wirtschaft, Politik, Kultur,
  in Kooperation mit dem Programm           zunächst die städtischen Institutionen       Bildung und Rechte und engagiert sich für
  „Bildung trifft Entwicklung“ und
  dem evangelischen Familienzentrum
  „Kleine Leute, große Welt“
Der mittlerweile verstorbene Zeitzeuge

     Polit-Sofa:
                                                                                                  des Nationalsozialismus Theodor Wonja
                                                                                                  Michael erzählt bei der Filmvorführung
                                                                                                  von „Afro.Deutschland“ von seinen
     Das Format „Polit-Sofa“ ist eine Po-                                                         Erfahrungen mit Alltagsrassismus.
     diumsdiskussion zivilgesellschaftli-                                                         Regierungsbezirk Düsseldorf
     cher und politischer Akteur*innen
     unter Diskussionsbeteiligung des                                                             wähnenswert, denn oft besteht
     Publikums. Ziel ist es, die gleichbe-                                                        der Eindruck muslimische Frau-
     rechtigte Teilhabe von Migrant*in-                                                           en wären für eine gesellschaft-
     nen in der lokalen Politik voran                                                             liche Öffnung und den Kontakt
     zu treiben. Das Polit-Sofa fand in                                                           mit Andersgläubigen nicht offen
     verschiedenen Städten mit unter-                                                             genug. Die Begegnungen auf
     schiedlichen Themen statt. Beim                                                              Augenhöhe haben zum Glück
                                                                                                  diese Vorurteile reduziert.
     Polit-Sofa „Vor der Kommunalwahl
     2020: Migrantische Themen in der                                                              Frauen sind wertvolle Multi-
     Kommunalpolitik“ wurde vor allem                                                              plikatorinnen, sei es in ihrer
     auf die Frage der Teilhabe von                                                                Community oder eigenen
     Migrant*innen an der parteiinter-       mehr gesellschaftspolitische Teilhabe-      Familie. Sie sind Mittlerinnen zwischen
                                             chancen von geflüchteten Frauen. Durch      ihren Communitys und der Aufnahmege-
     nen sowie in den kommunalpoliti-
                                             die Amal Initiative ist es mir nicht nur    sellschaft. Sie sind es, die in ihrem Um-
     schen Gremien eingegangen. Das
                                             gelungen, die Frauen in ihrem Selbstbe-     feld Themen wie Gleichberechtigung und
     Format ist mit 40-70 Teilnehmen-
                                             wusstsein und ihrer Eigenständigkeit zu     Selbstbestimmung, bewusster Konsum
     den in der Regel sehr gut besucht.                                                  und Nachhaltigkeit anstoßen können.
                                             stärken, sondern auch in der gesamten
32   Muna Sukhni                             Gesellschaft das Denken außerhalb der       Daher werde ich geflüchtete/neuzuge-
     in Kooperation mit dem Kulturamt        Schublade zu fördern. Mehr als die Hälfte   wanderte Frauen in meiner Arbeit auch
     und Integrationsamt der Stadt Neuss     der Frauen der Amal Initiative tragen ein   zukünftig unterstützen. ■
     und zahlreichen Mitgliedsvereinen       Kopftuch. Dies finde ich besonders er-
     des Raum der Kulturen e.V.
„Eine Stärke des inter-
   kulturellen Promotor*innen-
  Programms ist der Zugang zu
    migrantischen Zielgruppen.
   Hier dienen wir als Brücke.“
          Dorsa Billstein - ganz links -
        bei der Podiumsdiskussion auf
                 dem Fachtag ConnAct

         S E R G E PA L A S I E
      Fachpromotor für Flucht,
     Migration und Entwicklung
     (Eine Welt Netz NRW e.V.)

Unverzichtbare                             Das Interkulturelle Promotor*innen-Pro-
                                           gramm ist als ergänzende Komponente des
                                                                                            potentiellen Kooperationspartner*innen
                                                                                            haben sich in den letzten Jahren zunehmend
                                           Eine Welt-Promotor*innenprogramms in             organisiert – etwa in Migrant*innen-Diaspo-
  Perspektiven,                            NRW die adäquate Antwort auf sich ändernde       ra-Organisationen (MDO). Zunehmend schlie-
                                           Realitäten. Zum einen hat die demografische      ßen sich MDO in Dachverbänden zusam-
 Expertise und                             Entwicklung in Deutschland längst dazu           men. Seit 2015 gibt es den Bundesverband
                                                                                                                                          33
                                           geführt, dass „alteingesessene“ Eine Welt-Ak-    Netzwerke von Migrantenorganisationen e.V.
      Zugänge                              teur*innen Kooperationspartner*innen aus
                                           dem Globalen Süden immer häufiger „direkt
                                                                                            (NEMO). Nicht alle MDO befassen sich mit
                                                                                            entwicklungspolitischen Themen. Zunächst
                                           vor der eigenen Haustüre“ finden. Viele dieser   bestimmen meistens Integrationsthemen ihre
Forum Eine Welt
                                                    interkulturell:
                                                                    Am 21. April 2020    Agenda. Aber auch in der entwicklungs-
                                                                    sollten erstmals     politischen In- und / oder Auslandsarbeit
                                                                    breit Schlüssel-     aktive MDO bleiben in der Regel mit
                                                                    akteur*innen aus     Integrationsthemen verbunden. Zum
                                                                    ganz NRW zu          anderen nahmen viele MDO das Zusam-
                                                                    einem Forum Eine     mendenken von entwicklungspolitischen
                                                                                         und integrationsbezogenen Themen
                                                                    Welt interkultu-
                                                                                         vorweg, was in Deutschland im Allge-
                                                                    rell nach Bochum
                                                                                         meinen und in der Eine Welt-Szene im
                                                                    zum Träger DARF
                                                                                         Besonderen spätestens 2015, dem Jahr
                                                                    e.V.eingeladen       der sogenannten „Flüchtlingskrise“ zuneh-
                                                                    werden. Das          mend notwendiger wurde. Nicht minder
                                                                    Treffen, an dessen   wichtig: Nach wie vor ist ein defizitärer
         Yammen Al Shumali und Serge Palasie
     stellen die Ausstellung zu Flucht „Schwarz     Planung auch die Interkulturellen    Blick auf Migration und Migrant*innen
                              ist der Ozean“ vor.   Promotor*innen beteiligt waren,      verbreitet und rechte Populist*innen
                                                    sollte schwerpunktmäßig das          gewinnen an politischem Gewicht. Hier
                                                    Thema „Interkulturelle Öffnung       kann ein strukturierter interkultureller
                                                    für junges Engagement in der Eine    Öffnungsprozess wie das Interkulturelle
34                                                  Welt-Arbeit“ behandeln. Pande-       Promotor*innen-Programm ein positives
                                                                                         Gegenbeispiel sein – auch für die Gesell-
                                                    mie-bedingt musste es bis auf
                                                                                         schaft als Ganzes.
                                                    Weiteres verschoben werden.
Die Broschüren „Sklaverei vor-
   bei!?“, „Afrika – Ewiger Verlierer
   oder Weltmacht von morgen?“, die
   Ausstellung „Schwarz ist der              gestärkt werden. Zahlreiche Menschen          wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht.
   Ozean“, sowie die Kurzdokumenta-          aus bzw. mit Wurzeln im Globalen Süden        Oft haben diese Expert*innen persönli-
   tion zum Fachtag „ConnAct“ finden         wurden erreicht. Einige kamen erstmals        che Beziehungen zu den entsprechenden
   Sie auf der Seite des Eine Welt           mit entwicklungspolitischen Themen            Regionen im Globalen Süden. In ihrer
   Netz NRW:                                 in Berührung. Zahlreiche vergleichbare        Vereinsarbeit leisten einige auch tagtägli-
                                             niederschwellige Veranstaltungen folgten      che Unterstützung von Geflüchteten – oft
      eine-welt-netz-nrw.de/flucht/
                                             seitdem, teils in Kooperation mit Regional-   in der jeweiligen Muttersprache. Sie sind
      migration.
                                             und Fachpromotor*innen.                       also am Puls des Geschehens. ■
                                             Die neuen Perspektiven, die durch das
Schon bei der ersten Veranstaltung           Interkulturelle Promotor*innen zum bishe-
(„Zusammenhänge(nd) neu denken –             rige Promotor*innenprogramm hinzuka-
Fluchtursachen besser einordnen“, For-       men, prägten auch maßgeblich das Projekt
mat der Fachstelle Flucht, Migration und     „Sklaverei vorbei!? – Aktuelle Beispiele
Entwicklung), die in Kooperation mit einer   struktureller Ausbeutung weltweit“ und
Trägerorganisation – konkret mit dem         die dazugehörige Veranstaltungsreihe
Raum der Kulturen Neuss e.V. – am 4. Juli    „CaféTeriya – Miteinander reden macht
2017 durchgeführt wurde, beeinflussten       Freu(n)de“ (2018). Die Behandlung von
die spezifische Expertise und der Zugang     Themen wie Flucht (-gründen und -rou-
zu neuen Zielgruppen die Behandlung der      ten) durch migrantische Expert*innen
                                                                                                                                         35
entwicklungspolitischen Themen positiv.      ergänzte bzw. korrigierte vielfach ver-
Die Wahrnehmung von Migrant*innen            breitete Vorstellungen. Oft abstrakt in
                                                                                                         Fachpromotor Serge Palasie
als wirkmächtige Akteur*innen konnte         Zahlen dargestellte Themen bekamen im
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