DAS ORBITALE VERHALTEN VON CLUSTERN AUS KUPFERNADELN DER WEST FORD EXPERIMENTE
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Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 DAS ORBITALE VERHALTEN VON CLUSTERN AUS KUPFERNADELN DER WEST FORD EXPERIMENTE C. Wiedemann1, H. Krag, P. Wegener, P. Vörsmann Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme2, TU Braunschweig Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig ÜBERSICHT (Midas 6 wird aufgrund des Fehlstarts des sechsten Midas Satelliten auch als Midas 7 bezeichnet [4].) Cluster aus kurzen dünnen Kupferdrähten wurden bei Jeder Satellit verfügte über einen ausstoßbaren zylind- zwei Experimenten im Rahmen des West Ford Projek- rischen Dipol-Dispenser, der mehrere hundertmillionen tes in den frühen sechziger Jahren auf Umlaufbahnen Kupfernadeln enthielt. Die Dispenser waren 32 cm nahe 3.600 km Bahnhöhe freigesetzt. Die Drähte soll- lang und hatten einen Durchmesser von 12,8 cm. Die ten als Dipolantennen dienen und werden auch als Nadeln waren in eine Matrix aus Naphthalin eingebet- "West Ford Needles" bezeichnet. Die Entstehung von tet, welches unter Vakuumbedingungen verdampft und Clustern, d. h. zusammenhängenden Nadelklumpen, dadurch die Nadeln freisetzt [16], [8]. Es war beab- war eine unerwünschte Begleiterscheinung der Freiset- sichtigt, die Zylinder in Rotation zu versetzen, um die zungsvorgänge. Für die Experimente wurden Umlauf- Nadeln mit Hilfe der Zentrifugalkraft auf der Umlauf- bahnen gewählt, bei denen der Solardruck das Peri- bahn zu verteilen [6]. Beim zweiten Experiment im gäum der jeweiligen Umlaufbahn kontinuierlich ver- Jahre 1963 wurde der Zylinder zusätzlich in fünf flache ringert, bis die Dipole die oberen Schichten der Atmo- Teilzylinder zerlegt, um eine stabilere Rotation zu sphäre erreichen und wiedereintreten. Die Verklum- ermöglichen, da die Höhe dieser Teilzylinder kleiner pung der Nadeln reduzierte allerdings das Flächen-zu- als ihr Durchmesser ist (s. BILD 2). Beim Aussetzen Massen-Verhältnis der Objekte. Dadurch fiel die Wir- der Nadeln ist es bei beiden Experimenten zu Ver- kung des Solardruckes auf das Abstiegsverhalten der klumpungen gekommen. Diese Klumpen, die im fol- Cluster deutlich geringer aus als ursprünglich ange- genden als Cluster bezeichnet werden, unterscheiden nommen. Infolge dessen erhöhte sich die orbitale Le- sich in ihrem Flächen-zu-Massen-Verhältnis A/m von bensdauer der Cluster, so dass viele Objekte der Frei- einzelnen freifliegenden Kupfernadeln. Dadurch wirkt setzungsexperimente heute noch im All sind und einen sich eine durch den Strahlungsdruck der Sonne hervor- Beitrag zum Weltraummüll leisten. Die Ergebnisse gerufene Bahnstörung wesentlich geringer aus als bei einer numerischen Propagation der Umlaufbahnen der einzelnen Nadeln. Die Bildung von Kupfernadel- Cluster bis zu einer Referenzepoche werden präsen- Clustern war eine unerwünschte Begleiterscheinung, tiert. Das Ziel der Untersuchungen ist zu erklären, die durch eine missglückte Freisetzung der Dipole warum der erwartete Abstieg der Kupfernadeln nicht verursacht wurde. Während des ersten Experimentes erfolgt ist. Es wird gezeigt, dass die Cluster des ersten im Jahre 1961 konnte aufgrund des Versagens des Experimentes sehr hohe orbitale Lebensdauern aufwei- Dipol-Dispensers kein Dipolgürtel ausgebildet werden sen. Der Anteil der Cluster an der Gesamtpopulation [16], [8]. Basierend auf Radarbeobachtungen wird des Weltraummülls wird bestimmt und diskutiert. Die angenommen, dass während des ersten Experimentes Untersuchungen liefern ein Beitrag für ein Erweiterung ungefähr 40.000 [3] und während des zweiten Experi- des europäischen "Meteoroid and Space Debris mentes ungefähr 1.000 Cluster [7] freigesetzt wurden, Terrestrial Reference Modells" MASTER. die teilweise auch heute noch zu beobachten sind. In der Literatur war angenommen worden, dass die 1. EINLEITUNG Bahnlebensdauer der Cluster relativ gering ist und die meisten von ihnen bereits nach wenigen Jahren in die Das Ziel des West Ford Projektes bestand darin, einen Erdatmosphäre wiedereintreten werden [14]. Das Ziel Gürtel aus Dipolantennen um die Erde zu legen, an der Untersuchungen, die in diesem Vortrag präsentiert denen Radiowellen einer bestimmten Wellenlänge werden, besteht darin, das orbitale Verhalten der reflektiert werden können [2], [17], [9], [11]. Während Cluster zu simulieren, um zu erklären, warum der er- zweier Tests Anfang der sechziger Jahre sollte eine wartete Abstieg teilweise nicht erfolgt ist. Die Ergeb- große Zahl kleiner Kupfernadeln auf Erdumlaufbahnen nisse werden für eine Verbesserung des MASTER freigesetzt werden. Die Experimente wurden als se- Modells verwendet. Der Beitrag der Cluster zur Welt- kundäre Nutzlasten in den Jahren 1961 und 1963 an raummüllpopulation ist relativ gering. Bord der Satelliten Midas 4 and Midas 6 gestartet. 1 Email: c.wiedemann@tu-bs.de 2 Internet: http://www.tu-bs.de/institute/ilr Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 2. DAS MASTER MODELL Das Kernmodul von MASTER wird vom Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme entwickelt. Es umfasst die MASTER (ESA's Meteoroid and Space Debris Simulation aller Quellen und ist verantwortlich für die Terrestrial Reference Model) ist das europäische Mo- Erzeugung von Objekten und die Propagation aller dell zur Darstellung und Risikoabschätzung des Welt- Objekte zu bestimmten Epochen von 1957 bis heute. raummülles. MASTER liegt ein sehr komplexes Mo- Jedes einzelne Ereignis trägt zur Gesamtpopulation bei dell der Weltraumumgebung zugrunde. Es basiert auf und wird deterministisch simuliert. Es wird auf eine quasi-deterministischen Prinzipien und verwendet Ereignisdatenbank zugegriffen, die alle bekannten umfassende Theorien zur Bahnvorhersage sowie Volu- orbitalen Ereignisse enthält, von denen angenommen mendiskretisierungsverfahren, um die räumliche Dichte wird, dass sie zur Weltraummüllerzeugung beigetragen und Geschwindigkeitsverteilung der Weltraummüllob- haben. Diese Datenbank enthält zur Zeit 170 Frag- jekte einschließlich natürlicher Meteoriten in einem mentationsereignisse (überwiegend Explosionen und dreidimensionalen Kontrollvolumen zu bestimmen. wenige Kollisionen), 1032 Zündungen von Feststoffra- ketenmotoren, 16 NaK Kühlmittelaustritte und 2 Er- Seit 1995 entwickelt ein europäisches Konsortium eignisse im Rahmen des West Ford Projektes, die für unter Führung des Institutes für Luft- und Raumfahrt- die Freisetzung der Cluster verantwortlich sind. systeme der TU Braunschweig das europäische Modell Objektgröße MASTER. Unterstützt wird die Entwicklung durch 1 µm 10 µm 100 µm 1 mm 1 cm 10 cm 1m 10 m eta_max space (Braunschweig), QinetiQ (UK) und Radarkatalog Aerodata (Braunschweig). Mit seiner Fähigkeit zur Flussanalyse wird das ESA-MASTER Modell weltweit Fragmentationstrümmer für die Missionsplanung durch Vorhersage des Welt- Natrium-Kalium -Tropfen raummüllflusses auf vom Benutzer definierten Zielor- Schlackepartikel bits verwendet. Die erste Version dieses Modells, Al2O3-Staub MASTER '97, berücksichtigt künstliche Objekte, die Cluster durch historische Starts und Fragmentationsereignisse (Explosionen und Kollisionen) mit Durchmessern Ejecta größer als 100 µm entstanden sind [5]. Die nächste Farbpartikel Version, MASTER '99, wurde durch die Aufnahme Meteoriten von weiteren Beiträgen zum Weltraummüll und durch eine Erweiterung des Objektgrößenbereiches bis zu 1 µm Durchmesser verbessert [1]. Neben den Explo- BILD 1: Objekte im erdnahen Weltraum aufgeschlüs- sions- und Kollisionstrümmern wurden nun auch selt in die verschiedenen Beiträge zum Weltraummüll Beiträge berücksichtigt, die nicht auf Fragmentations- einschließlich Meteoriten ereignissen beruhen. Dazu gehören Schlackepartikel und sehr feiner Al2O3-Staub, die durch Zündungen von BILD 1 zeigt die Beträge zum Weltraummüll und die Feststoffraketenmotoren freigesetzt wurden. Darüber Meteoriten, die vom MASTER Modell berücksichtigt hinaus werden nun auch Kleinstpartikel, die durch werden. Die minimale Größe der freigesetzten NaK- Ablösung infolge von Oberflächenalterungsprozessen Tropfen beträgt 100 µm. Simulationsrechnungen zei- entstanden sind (überwiegend Farbpartikel und auch gen, dass kleine Tropfen mit einem Durchmesser von Stücke von Mehrschichtisolation), simuliert, ferner weniger als 3 mm inzwischen abgestiegen sind. Ejecta, d. h. Auswurfpartikel, die beim Einschlag klei- ner Objekte auf Oberflächen entstehen, und Flüssig- 3. WEST FORD EXPERIMENTE metalltropfen aus einer Natrium-Kaliumlegierung 3.1. Dipol-Dispenser (NaK), die aus den Kühlsystemen von Kernreaktoren ausgetreten sind. Alle Objektquellen zwischen LEO Im Rahmen der West Ford Experimente sind zwei und der geosynchronen Region werden berücksichtigt. verschiedene Arten von Kupfernadeln verwendet wor- den, die eine identische Länge aber unterschiedliche Derzeit wird die neuste Version, MASTER 2001, ent- Durchmesser aufweisen (s. TAB. 1). wickelt. Der Anwenderzweig des Modells wird voraus- sichtlich ab Herbst 2002 durch ESA/ESOC auf CD Das Prinzip der Verteilung besteht darin, die Dipole in ROM herausgegeben und enthält die Software ein- einem zylinderförmigen Rotationskörper, dem sog. schließlich vollständiger Dokumentation für die Dipol-Dispenser, anzuordnen und in eine flüchtige meisten gebräuchlichen Betriebssysteme. MASTER Matrix einzubetten, welche die Nadeln durch Sublima- 2001 wird einen Zeitrahmen abdecken, der von den tion freigibt. Dazu werden die Dipole mit einem Binder Anfängen der Raumfahrt bis zum Jahr 2050 reicht. imprägniert, der aus Naphthalin besteht. Die Nadeln sind parallel zueinander und zur Zylinderachse in 18 Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 flachen Zylindern angeordnet, deren Höhe jeweils der Dipollänge entspricht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Fehlfunktionen sowohl eine Freisetzung der Nadeln auf der ge- Experiment 1 2 wünschten Umlaufbahn als auch einen ordnungemäßen Startdatum 21. Okt. 1961 9. Mai 1963 Betrieb des Dipol-Dispensers verhindert haben. Der Dipollänge 1.78 cm 1.78 cm Dispenser wurde zwar ausgestoßen, aber offensichtlich Dipoldurchmesser 25.4 µm 17.8 µm nicht in Rotation versetzt. Die Ausstoßgeschwindigkeit wird auf einen Betrag von max. 3,1 m/s geschätzt [16]. TAB. 1: Startdatum und Dipolabmessungen für beide West Ford Experimente [16] 3.2. Bildung von Clustern Im Orbit wird der Dipol-Dispenser um seine Symme- Cluster bestehen aus einer Anzahl von Nadeln, die trieachse in Rotation versetzt. Die Leistung der einfal- aneinander hängen und einen Klumpen bilden. Es gibt lenden solaren Strahlung auf der Umlaufbahn führt zu grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie die Nadeln einer schnellen Sublimation des Bindermaterials im innerhalb eines Klumpens angeordnet sein können. Vakuum, wobei die Nadeln eine nach der anderen Cluster können sowohl aus Nadeln bestehen, die wie in freigesetzt werden. Die Dipole werden von der Ober- einer Kette an den Enden zusammenhängen, als auch fläche des rotierenden Zylinders abgegeben. Jeder Komponenten enthalten, in denen die Nadeln parallel Dipol verlässt den Zylinder mit einer Geschwindigkeit, zueinander angeordnet sind. Diese parallele Anordnung die der Umfangsgeschwindigkeit am Punkt der Be- ist für die Lebensdauer der Cluster von besonderer festigung der Nadel entspricht [16]. Bedeutung. Sie führt zur Bildung von kompakten Komponenten, die das Flächen-zu-Massen-Verhältnis vej= 3.1 m/s vej= 2.2 m/s A/m eines Clusters gegenüber einer einzelnen, freiflie- f = 8s -1 genden Nadel verringern. Mit geringerem A/m-Ver- hältnis ist auch die Wirkung des Strahlungsdruckes, die eine Änderung der Umlaufbahn des Clusters hervor- ruft, geringer. Die Ursache für die parallele Anordnung besteht wahr- scheinlich darin, dass die Nadeln miteinander ver- schweißt sind. Bei nachträglich durchgeführten Boden- tests im Anschluss an das erste Experiment stellte sich 1961 1963 heraus, dass das ursprünglich angewendete Imprägnie- rungsverfahren, bei dem die Dipole in einer Vakuum- BILD 2: Aufbau und Aussetzen der Dipol-Dispenser kammer mit Naphthalin getränkt wurden, einen vorhe- der beiden Experimente im Rahmen des West Ford rigen Kontakt der dicht gepackten Nadeln untereinan- Projektes der erlaubte. Wenn saubere Metallflächen im Vakuum miteinander Kontakt haben, kann es zu Verschweißun- Beim ersten Experiment kam es nicht zur Ausbildung gen kommen. Um dies zukünftig zu verhindern, wurde eines Dipolgürtels. Diskussionen in der Literatur deu- das Imprägnierungsverfahren für das zweite Experi- ten darauf hin, dass die Ursachen dafür anfangs nicht ment verbessert [16]. genau bekannt waren. Untersucht wurde bspw., ob eine Änderung der Rotationsachse des Dipol-Dispensers das Die vermutliche Zusammensetzung der Cluster ist in Freisetzen der Nadeln beeinträchtigt hat [6]. Inzwi- BILD 3 dargestellt. Vereinfachend wird für alle Cluster schen sind wichtige Details zum Start von Midas 4 derselbe prinzipielle Aufbau angenommen. Ein Cluster veröffentlicht worden, die über Fehlfunktionen der kann kompakte Komponenten enthalten, die aus pa- Agena-Oberstufe berichten. Der Satellit geriet nicht auf rallel angeordneten Nadeln bestehen. Diese Kompo- die vorgesehene Umlaufbahn und konnte seine Lage nenten weisen aufgrund des größeren Massenanteils nicht stabilisieren. Ein Steuerungsfehler der Atlas- bezogen auf die geometrische Querschnittfläche ein Rakete beförderte die Agena in eine falsche Aufstiegs- geringeres A/m-Verhältnis auf und sind verantwortlich bahn. Gleichzeit wurde das Treibgas für das Lagere- für eine erhöhte Bahnlebensdauer. Cluster können gelungssystem bis zur Vollendung des ersten Erd- ebenfalls lange Ketten aus Dipolen enthalten, die ver- umlaufs verbraucht, so dass der Satellit eine taumelnde mutlich für die hohe Radarquerschnittsfläche einiger Bewegung ausführte, die nicht korrigiert werden Objekte verantwortlich sind. Die Ketten haben grund- konnte. Als Folge ließ sich einer der beiden Solargene- sätzlich keinen Einfluss auf eine Änderung des A/m- ratoren nicht entfalten, so dass der Satellit nach dem Verhältnisses. 56. Orbit abgeschaltet wurde [4]. Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 West Ford Cluster Die Cluster wurden gebildet, als Klumpen von Nadeln den Dipol-Dispenser verlassen haben. Hier wird ange- Kompakte Komponente: nommen, dass dies während oder kurz nach dem Aus- Verringerung des stoßens des Dispensers und der Verdampfung des Flächen-zu-Massen-Verhältnisses Naphthalins geschah. Deshalb wird die Cluster-Bil- dung als Einzelereignis und nicht etwa als lang andau- Dipolkette: Vergrößerung ernder, kontinuierlicher Prozess betrachtet. der Radarquerschnittsfläche Für das erste Experiment wurden keine exakten Anga- ben über den genauen Zeitpunkt des Freisetzens in der BILD 3: Der vermutliche Aufbau der Dipol-Cluster Literatur gefunden. Deshalb werden das Startdatum und die Bahnelemente des Satelliten hier als Referenz Man kann darüber spekulieren, ob die Wahrscheinlich- herangezogen. Die Bahnelemente sind in dem TLE- keit des Auftretens von kompakten Komponenten beim Katalog gegeben und werden in TAB. 2 zusammenge- ersten Experiment größer ist, wogegen beim zweiten fasst. Aufgrund der Fehlfunktion während des ersten Experiment wahrscheinlich hauptsächlich lange Ketten Experimentes, wurde der Dispenser wahrscheinlich entstanden sind. Dies wird im Modell dadurch berück- nicht in Rotation versetzt [16]. Deshalb werden in sichtigt, dass man die Anzahl der simulierten Cluster diesem Fall den Clustern keine Zusatzgeschwindigkei- im ersten Experiment höher ansetzt. ten aufgeprägt. 3.3. Modell für die Freisetzung der Cluster Aufgrund des verbesserten Imprägnierungsverfahrens ist es beim zweiten Experiment wahrscheinlich, dass Im folgenden bezieht sich der Begriff "Modell" auf die die entstandenen Cluster anteilig weniger der durch Simulation der Freisetzung von Clustern. Das Modell Verschweißung entstandenen kompakten Komponen- wird verwendet, um zunächst eine Cluster-Population ten enthalten. Deshalb wird angenommen, dass mehr auf Erdumlaufbahnen zu erzeugen. Eine Propagation Cluster entstanden sind, die überwiegend aus Dipol- dieser Population liefert die Verteilung der Cluster zu ketten bestehen. Solche Ketten haben A/m-Verhält- einer bestimmten Referenzepoche. Jedes Freisetzungs- nisse, die mit denen einzelner Dipole vergleichbar sind. experiment wird als Einzelereignis behandelt. Somit Deshalb ist deren Bahnlebensdauer gering. Aus diesem wurden zwei Modelle entwickelt. Die Modelle berück- Grund werden sie im Modell nicht berücksichtigt. sichtigen nur langlebige Cluster mit A/m-Verhältnissen, Trotzdem müssen auch während des zweiten Experi- die kleiner als die eines einzelnen Dipols sind. Kurzle- mentes Cluster entstanden sein, die kompakte Kompo- bige Objekte, die im wesentlichen während des zweiten nenten enthalten. Der Grund für diese Annahme be- Experimentes freigesetzt wurden, wie bspw. millionen steht darin, dass mehrere langlebige Cluster beobachtet einzelner Dipole und mögliche Cluster, die nur aus wurden, die in den TLE-Katalog aufgenommen worden Dipolketten bestehen, sind nicht Teil des Modells. Das sind. Konzept des Modells beruht auf der Definition kugel- förmiger Objekte, deren Querschnittsfläche identisch Die Bahnelemente von Teilen des Dipol-Dispensers für mit der geschätzten geometrischen Querschnittsfläche das zweite Experiment werden in [13] gegeben und des zugehörigen Clusters ist. sind in TAB. 2 zusammengefasst. Nach [16] beträgt die Rotationsfrequenz des Dispensers acht Umdrehungen Das Modell für die Cluster-Freisetzung muss die Be- pro Sekunde. Deshalb ist die maximale Zusatzge- dingung erfüllen, verschiedene A/m-Verhältnisse zu schwindigkeit auf einen Betrag von 3,2 m/s berechnet liefern. Wegen des vermuteten Verschweißens einiger worden. Dipole (hauptsächlich während des ersten Experimen- tes) kann angenommen werden, dass größere Cluster Die Größenverteilung der Cluster wird durch eine ein- kompakte Komponenten enthalten und daher ein redu- fache Funktion beschrieben [18]: ziertes A/m-Verhältnis aufweisen. Diese Reduktion wird auf sehr einfache Weise durch die Annahme einer (1) n(> d ) / n0 = c0 + c1 / d konstanten Cluster-Dichte erzielt. Um die numerische Umsetzung des Modells zu vereinfachen, wurde für beide Experimente dieselbe Cluster-Dichte angenom- In Gl. 1 bezeichnet n(>d) die kumulative Anzahl von men. Basierend auf der vereinfachenden Annahme ei- Clustern, die größer als der Durchmesser d sind (An- ner kugelförmigen Cluster-Form, reduziert sich das zahlrückstandssumme), und n0 ist die Gesamtzahl der A/m-Verhältnis demnach proportional mit dem Kehr- freigesetzten Cluster. (Für d wird der durchschnittliche wert des Durchmessers. geometrische Durchmesser dav eingesetzt.) Zur Be- schreibung beider Experimente wurde derselbe Typ Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 von Größenverteilungsfunktion verwendet. Die Mo- dellparameter sind in TAB. 2 zusammenfasst und wer- Verursacht durch die Gravitationsstörung des zonalen den detailliert in [18] hergeleitet. harmonischen Terms J2 des Erdpotentials (Erdabplat- tung), kann man die dadurch hervorgerufene Bahnebe- Modellparameter Experimente nendrehung ausnutzen, um die gewünschte Orientie- 1961 1963 rung zur Sonne zu halten (sonnensynchrone Umlauf- Minimum dav,min [m] 0,696E-3 0,549E-3 bahn). Diese Bedingung wird unter der Voraussetzung, Cluster mmin [kg] 0,808E-7 0,397E-7 dass sie zu einem kontinuierlichen Abstieg eines Di- A/m [m²/kg] 4,71 5,97 poles führt, als "Resonanz" bezeichnet und hängt von Maximum dav,max [m] 3,90E-3 3,28E-3 der großen Halbachse, der Exzentrizität und der Inkli- Cluster mmax [kg] 0,142E-4 0,845E-5 nmax [-] 176 213 nation ab: A/m [m²/kg] 0,841 1,00 ( ) 27 Clus. Dichte ρcl [kg/m³] 0,457E+3 5 1 − 2 cos i − 5 cos 2 i Kumulative c0 [-] - 2,174E-1 - 2,011E-1 anom = re (1 − ε ) (2) Größen- c1 [m] 8,475E-4 6,598E-4 2 2 Verteilung n0 [-] 40.000 1.000 Summe aller mtot [kg] 0,597E-1 0,822E-3 Cluster ndip,tot [-] 739.000 20.700 In Gl. 2 bezeichnet a die große Halbachse, re den Ra- Bahnelemente dius der Erde (6.378 km), die Exzentrizität und i die Freisetzungsepoche 21.10.61 12.05.63 Inklination. Der Index "nom" bezieht sich auf die Große Halbachse [km] 10.004 10.020 nominale Resonanzlinie. Gl. 2 basiert auf Gl. 101 in Exzentrizität [-] 0,013 0,004 [15]. Inklination [Grad] 95,89 87,35 R. d. aufst. Knotens [Grad] 308,35 229,00 Arg. d. Perigäums [Grad] 18,0 68,2 4200 Resonanzlinie für Kreisbahnen TAB. 2: Modellparameter und Bahnelemente für beide 4100 West Ford Experimente [18] 4000 Bahnhöhe [km] Resonanzbereich für keine Resonanz 3.4. Resonanz 3900 exzentrische Bahnen möglich Einzelne Dipole (und einige Cluster) haben relativ 3800 hohe A/m-Verhältnisse. Deshalb kann der Strahlungs- 3700 druck der Sonne ihre Umlaufbahnen verändern. Bei ge- schickter Wahl der Bahnelemente kann dieser Effekt 3600 Midas 6 Midas 4 ausgenutzt werden, um die Bahnlebensdauer der Di- pole zu verringern. Die Ausnutzung des Strahlungs- 3500 druckes zur "Selbstreinigung" des Orbits ist notwendig, 3400 da die West Ford Experimente in einer Höhe von ca. 84 86 88 90 92 94 96 98 3.600 km durchgeführt wurden, in welcher die Restrei- Inklination [Grad] bung der Erdatmosphäre vernachlässigbar gering ist. Für das West Ford Projekt wurden Umlaufbahnen BILD 4: Nominale Resonanzlinie nach Gl. 2 für polare ausgewählt, auf denen der Strahlungsdruck das Peri- Umlaufbahnen einschließlich der Position der beiden gäum kontinuierlich absenkt, bis die Dipole bei etwa West Ford Experimente 1.500 km bis 2.000 km Höhe die oberen Schichten der Atmosphäre erreichen, abgebremst werden und wie- Aufgrund der zusätzlichen Bahnstörungen des Strah- dereintreten [13], [10], [12], [15]. Zweckmäßig ist lungsdruckes kann die ursprünglich eingestellte Dreh- dabei eine Ausrichtung der Umlaufbahn, bei der die rate der Bahnebene, mit der eine gleichbleibende Aus- Richtung zur Sonne parallel in der Bahnebene und richtung der Bahn zur Sonne erzielt werden soll, nicht rechtwinklig zur Apsidenlinie (Verbindungslinie zwi- beibehalten werden. Deshalb wurde von den Experi- schen Apogäum und Perigäum) der Dipolbahn liegt. mentatoren eine durchschnittliche Drehrate berechnet, Unter diesen Bedingungen kann der Strahlungsdruck was zu einem höheren Wert für die große Halbachse der Sonne den Dipol kontinuierlich am Apogäum sei- führt, als ursprünglich mit Gl. 2 geschätzt [15]. Daher ner Umlaufbahn abbremsen und am Perigäum be- wurde angestrebt, die Experimente oberhalb der nomi- schleunigen. Dadurch wird die Bahn zunehmend nalen Resonanzlinie zu platzieren. Diese Position elliptisch, wobei sich das Perigäum kontinuierlich der wurde beim ersten Experiment offensichtlich verfehlt. Atmosphäre nähert. Midas 4 erreichte aufgrund eines Steuerungsfehlers Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 kurz nach dem Start einen falschen Orbit. Gemäß der sind aufgrund ihrer langen Lebensdauer gut geeignet, Bahnelemente, die in [12] gegeben werden, kann ange- um mit numerischen Simulationen verglichen werden nommen werden, dass für den ursprünglichen Orbit zu können. eine Inklination nahe 90° und eine Bahnhöhe von 3.800 km geplant waren (s. BILD 4). Die Darstellung des Perigäums erleichtert es, eine Abschätzung über die zu erwartende Bahnlebensdauer Die Abweichungen des tatsächlich von dem geplanten zu geben, da dieser Punkt des Orbits der Atmosphäre Orbit sind in TAB. 3 wiedergegeben. am nächsten kommt. Wird ein Satellit am Perigäum durch atmosphärische Restreibung abgebremst, senkt 1961 Experiment i [Grad] a [km] a - anom [km] sich das Apogäum ab, so dass sich die große Halbachse Geplanter Orbit 90,00 10.178 76 der Umlaufbahn insgesamt verkleinert. Dieser Prozess Tatsächlicher Orbit 95,89 10.004 - 516 kann bei andauernder aerodynamischer Abbremsung am Perigäum zu einer Zirkularisierung der Umlaufbahn TAB. 3: Vergleich des ursprünglich geplanten [12] mit führen, wobei die Bahnhöhe schlussendlich der ur- dem tatsächlich erreichten Orbit für das erste West sprünglichen Höhe des Perigäums entspricht. Danach Ford Experiment ist der Satellit auf der gesamten Kreisbahn einem aero- dynamischen Widerstand ausgesetzt, so dass ein 3.5. Orbitales Verhalten der Cluster schneller Abstieg und Wiedereintritt zu erwarten ist. Die Umlaufbahnen zahlreicher Cluster des zweiten Wenn die Resonanzbedingung nicht erfüllt ist, kommt Experimentes werden kontinuierlich vermessen, so es nicht zu einem kontinuierlichen Herabsenken son- dass ihre Bahnelemente bekannt sind. Diese Objekte dern zu einem Oszillieren der Perigäumshöhe. Dies wurden in den Radarkatalog aufgenommen. Insgesamt wird dadurch verursacht, dass die Bahnebenendrehung 52 Cluster des zweiten Experimentes waren am 24. nicht mehr synchron mit der Drehung der Erde um die Juni 2002 noch in diesem Katalog enthalten. Im An- Sonne erfolgt. Das Resultat ist, dass die Sonne eine hang werden die Objekte unter Angabe ihrer Bezeich- Bahn nicht mehr kontinuierlich parallel zur Bahnebene nung (NORAD und international) aufgelistet (s. bestrahlt sondern von unterschiedlichen Seiten be- TAB. A1). Sehr viele dieser Cluster sind erst in den leuchtet. Dies hat zur Folge, dass sich die Richtung des neunziger Jahren in den Radarkatalog aufgenommen Strahlungsdruckes auf die Cluster ändert. Das kann worden. Einige werden aber schon seit den sechziger bspw. dazu führen, dass ein durch den Strahlungsdruck Jahren geführt. Von den letzteren werden hier drei zunächst abgesenktes Perigäum nach einer Drehung repräsentative Cluster ausgewählt, um deren orbitales der Bahnebene (bezogen auf die Richtung zur Sonne) Verhalten darzustellen (s. BILD 5). von der entgegengesetzten Seite bestrahlt wird und das Perigäum wieder anhebt. In Anhängigkeit von der gewählten Umlaufbahn, dem A/m-Verhältnis und dem Reflektionskoeffizienten des Clusters kann dies zu sehr langlebigen Umlaufbahnen führen. Dennoch können einige der oszillierenden Cluster absteigen, insbeson- dere dann, wenn durch den elfjährigen Zyklus der Son- nenaktivität sich die Atmosphäre infolge der Aufhei- zung der oberen Schichten ausdehnt. Fällt eine Aus- dehnung der Atmosphäre zeitlich mit einem niedrigen Perigäum zusammen, kann dies zum Abstieg eines Clusters führen. In BILD 5 sind drei langlebige Cluster dargestellt, die alle auf derselben Umlaufbahn freige- setzt wurden, sich aber völlig unterschiedlich verhal- ten. Der Cluster 2378 zeigt eine Oszillation des Peri- gäums, bei der eine Höhe von 3.000 km nicht unter- schritten wird. Die beiden anderen Cluster senken ihr Perigäum bis in die Nähe der oberen Schichten der BILD 5: Höhe des Perigäums über der Zeit für drei Atmosphäre ab. Eines dieser beiden Objekte, der ausgewählte Cluster des zweiten West Ford Experi- Cluster 2374, hat inzwischen mit seinem kontinuierlich mentes basierend auf Daten des TLE-Kataloges Abstieg begonnen und steht heute, ca. vier Jahrzehnte nach seiner Freisetzung, kurz vor dem Wiedereintritt. BILD 5 zeigt den Verlauf des Perigäums über der Zeit für drei Cluster des zweiten West Ford Experimentes. Der Verlauf des Perigäums der Cluster aus BILD 5 soll Dargestellt sind die Objekte 2374 (1963-014V), 2375 mit numerischen Simulationsrechnungen verglichen (1963-014W) und 2378 (1963-014Y). Diese Cluster Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 werden. Als Startpunkt wird die Epoche der Freiset- zung der Cluster des zweiten Experimentes nach TAB. 2 festgelegt. Für die numerische Simulation wird derselbe Propagator verwendet, der auch für die Erzeu- gung der MASTER Population benutzt wird. Die Er- gebnisse sind in BILD 6 dargestellt. Es kann gezeigt werden, dass sich der Verlauf qualitativ nachrechnen lässt, wenn ein passendes A/m-Verhältnis vorgegeben wird. Die Freisetzung wird als Einzelereignis simuliert. Das unterschiedliche Verhalten der Cluster ist aus- schließlich eine Funktion des gewählten A/m-Verhält- nisses. BILD 7: Numerische Simulation des Verlaufes der Höhe des Perigäums über der Zeit für Cluster des ersten West Ford Experimentes mit A/m-Verhältnissen zwischen 1 m2/kg bis 5 m2/kg (in Intervallen 0,5 m2/kg) basierend auf den Modellparametern aus TAB. 2 Ähnliche Simulationen sind für das zweite Experiment durchgeführt worden (s. BILD 8). BILD 6: Numerische Simulation des Verlaufes der Höhe des Perigäums über der Zeit für drei Cluster des zweiten West Ford Experimentes Die Modelle nach TAB. 2 berücksichtigten Cluster mit A/m-Verhältnissen von ca. 1 m2/kg bis 5 m2/kg. Ergeb- nisse numerischer Simulationsrechnungen sind für das erste Experiment in BILD 7 und für das zweite Expe- riment in BILD 8 dargestellt. In diesen Abbildungen wurde das A/m-Verhältnis in Schritten von jeweils 0,5 m2/kg zwischen den genannten Modellgrenzen variiert. Die Simulationsrechnungen für das erste Expe- BILD 8: Numerische Simulation des Verlaufes der riment zeigen, dass die Bahnlebensdauer sämtlicher Höhe des Perigäums über der Zeit für Cluster des durch das Modell erzeugter Cluster sehr lang ist. Auch zweiten West Ford Experimentes mit A/m-Verhältnis- Cluster mit großen A/m-Verhältnissen von 5 m2/kg sen zwischen 1 m2/kg bis 5 m2/kg (in Intervallen bleiben bis zum Jahre 2002 im All. Wenn die Bahn- 0,5 m2/kg) basierend auf den Modellparametern aus elemente zum Zeitpunkt der Freisetzung allerdings in TAB. 2 der Weise modifiziert werden, dass sie die Resonanz- bedingung erfüllen, wäre ihre Lebensdauer sehr viel Für Cluster mit A/m-Verhältnissen von 5 m2/kg ist die kürzer. Ein Ersetzen der Inklination und der großen Resonanzbedingung erfüllt, so dass sie innerhalb weni- Halbachse durch die Werte des ursprünglich geplanten ger Jahre nach der Freisetzung abgestiegen sind. Die Orbits aus TAB. 3 führt zu deutlich reduzierten Le- Simulation von Clustern mit kleineren A/m-Verhältnis- bensdauern für Cluster mit großen A/m-Verhältnissen. sen zeigt eine Oszillation der Perigäumshöhe. Auch diese Objekte können wiedereintreten. Dies passiert bspw. wenn die Absenkung des Perigäums mit einer Periode hoher Solaraktivität zusammenfällt. Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 3.6. Räumliche Dichte und im Falle des ersten Experimentes der Einschuss des Satelliten in einen falschen Orbit, auf dem die Die räumliche Dichte von Weltraummüllobjekten Resonanzbedingung nicht erfüllt ist. Es kann erwartet wurde für die Referenzepoche des 1. August 1999 werden, dass die meisten Cluster des ersten Experi- berechnet [18]. Der Beitrag der Cluster wird mit ande- mentes für lange Zeit im Orbit verbleiben werden. ren Quellen in BILD 9 verglichen. Die Darstellung beschränkt sich auf Objekte mit Durchmessen größer 5. LITERATUR als 1 mm. Die Fragmente, Schlackepartikel und TLE- Objekte (gemeint sind die Objekte des Radarkataloges, [1] Bendisch, J., Krag, H., Rex, D., Wegener, P., die nicht durch Fragmentationsereignisse entstanden Wiedemann, C., Klinkrad, H., Sdunnus, H., sind) treten in allen Bahnhöhen auf. Im Gegensatz dazu The consideration of non fragmentation debris in sind die NaK-Tropfen und die Cluster auf bestimmte the MASTER model, Acta Astronautica, Vol. 50, Bahnhöhen beschränkt. BILD 9 zeigt die räumliche No. 10, 2002, S. 615-628 Dichte der Cluster, welche die Beiträge beider Experi- [2] Cutler, C., Radio communication by means of mente enthält, als fette Linie. Ihr Beitrag zur Welt- satellites, Proceedings of the Fourth raummüllpopulation ist ungefähr drei bzw. zwei AFBMD/STL Symposium, Advances in Ballistic Größenordnungen geringer als für Fragmente bzw. Missile and Space Technology, 1961, Vol. 3, S. Schlacke bei 3.600 km Bahnhöhe. 254-271 [3] Goldstein, R., Goldstein, S., Kessler, D., Radar 1E-04 observations of space debris, Planet. Space Sci., 1E-05 Fragmente Vol. 46, No. 8, 1998, S. 1007-1013 (siehe auch: Räumliche Dichte [1/km³] 1E-06 http://techreports.jpl.nasa.gov/1997/97-0414.pdf) NaK-Tropfen Schlacke 1E-07 [4] Hall, R., Missile Defense Alarm: The Genesis of Cluster 1E-08 Space-based Infrared Early Warning, Quest, Vol. 1E-09 7, No. 1, Spring 1999, S. 5-17 1E-10 TLE-Objekte [5] Klinkrad, H., Bendisch, J., Sdunnus, H., 1E-11 1E-12 Wegener, P., Westerkamp, R., An introduction 200 1300 2400 3500 4600 5700 6800 to the 1997 ESA MASTER Model, Proceedings Bahnhöhe [km] of the Second European Conference on Space Debris, ESA SP-393, May 1997, S. 217-224 BILD 9: Die räumliche Dichte von Weltraummüllob- [6] Lyttleton, R., Singer, F., Dynamical jekten größer als 1 mm über der Bahnhöhe einschließ- Considerations Relating to the West Ford lich der Cluster beider West Ford Experimente zur Experiment, veröffentlicht in: S. Singer, Torques Referenzepoche 1. August 1999 and attitude sensing in earth satellites, Academic Press 1964, S. 107-117 4. ZUSAMMENFASSUNG [7] MacLellan, D., Morrow, W., Shapiro, I., Effects of the West Ford Belt on Astronomivcal Es sind zwei Modelle entwickelt worden, um das unbe- Observations, Proceedings of the IEEE, May absichtigte Freisetzen von Clustern bei zwei Experi- 1964, S. 564-570 menten im Rahmen des West Ford Projektes zu be- [8] Morrow, W., Rogers, T., The West Ford schreiben. Die Grundlage der Modelle bildet die ver- Experiment - An Introduction to This Issue, einfachende Annahme einer konstanten Cluster-Dichte. Proceedings of the IEEE, May 1964, S. 461-468 Beide Modelle haben ähnliche Parameter und berück- [9] Overhage, C., Radford, W., The Lincoln sichtigen Cluster mit A/m-Verhältnissen, die ungefähr Laboratory West Ford Program - An Historical zwischen 1 m2/kg und 5 m2/kg liegen. Die Cluster Perspective, Proceedings of the IEEE, May 1964, haben durchschnittliche geometrische Durchmesser S. 452-545 zwischen einigen 100 µm und wenigen Millimetern. [10] Parkinson, R., Jones, H., Shapiro, I., Effects of Der Beitrag zur Weltraummüllpopulation in diesem Solar Radiation Pressure on Earth Satellite Größenbereich ist relativ gering. Die Gesamtmasse Orbits, Science, Vol. 131, 25 March 1960, S. aller Cluster im Weltraum im Jahre 2002 wird auf 920-921 ungefähr 60 g geschätzt. Die Gesamtzahl der Cluster [11] Reichhardt, T., Needles in the Sky: The Strange umfasst etwa 40.000 Objekte, die insgesamt ca. History of Project West Ford, Space World, July 750.000 Nadeln enthalten. Als wesentliche Gründe für 1986, S. 8-11 die Langlebigkeit einiger Cluster sind zwei Ursachen [12] Shapiro, I., Jones, H., Lifetime of Orbiting identifiziert worden. Dies sind die Verringerung des Dipoles, Science, Vol. 134, 6 October 1961, S. A/m-Verhältnisses durch das Auftreten kompakter 973-979 Komponenten infolge der Verklumpung einiger Nadeln Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme, TU-Braunschweig, Hermann-Blenk-Str. 23, 38108 Braunschweig, www.aerospace-systems.de
Wiedemann, C., Krag, H., Wegener, P., Vörsmann, P., Das orbitale Verhalten von Clustern aus Kupfernadeln der West Ford Experimente, Vortrag DGLR-2002-027, Jahrbuch 2002 der DGLR, Band II, S. 1009-1017 [13] Shapiro, I., Jones, H., Perkins, C., Orbital m Masse [kg] Properties of the West Ford Dipole Belt, mmax Masse des größten modellierten Clusters [kg] Proceedings of the IEEE, May 1964, S. 469-518 mmin Masse des kleinsten modellierten Clusters [kg] [14] Shapiro, I., Last of the West Ford Dipoles, mtot Gesamtmasse aller freigesetzter Cluster, die pro Science, Vol. 154, 16 December 1966, S. 1445- Experiment modelliert werden [kg] 1448 n(
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