Cluster und Innovationen - Cluster-Initiativen als Innovationstreiber Dr. Matthias Künzel Dr. Gerd Meier zu Köcker Thomas Köhler - Clusterportal BW
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Cluster und Innovationen Cluster-Initiativen als Innovationstreiber Dr. Matthias Künzel Dr. Gerd Meier zu Köcker Thomas Köhler
Impressum: Herausgeber ClusterAgentur Baden-Württemberg im Auftrag vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Haus der Wirtschaft Willi-Bleicher-Straße 19 70174 Stuttgart Telefon: +49 711 123-3033 www.clusteragentur-bw.de Autoren Dr. Matthias Künzel Dr. Gerd Meier zu Köcker Thomas Köhler Gestaltung VDI/VDE-IT Berlin Stand Dezember 2015
Inhalt Inhalt 1 Vorwort .......................................................................................................................................................... 3 2 Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen ................................................................................................ 5 3 Einführung in das Innovationsmanagement .............................................................................................. 6 3.1 Innovation – was ist das eigentlich?........................................................................................................ 6 3.2 Von der Invention zur Innovation............................................................................................................. 7 3.3 Prozesse im Innovationsmanagement.................................................................................................... 9 3.4 Open Innovation...................................................................................................................................... 11 3.5 Einbindung von Kunden in Innovationsprozesse – The Living Lab.......................................................... 14 3.6 Vom einzelnen Unternehmen zum Cluster.............................................................................................. 16 4 Operationalisierung im Clusterkontext ....................................................................................................... 18 4.1 Die Rolle des Clustermanagements als Innovationstreiber..................................................................... 19 4.2 Maßnahmen des Clustermanagements auf der Strategieebene............................................................ 19 4.2.1 Roadmapping................................................................................................................................ 20 4.2.2 Positionsbestimmung der Clusterakteure im Innovationskontext ............................................... 23 4.2.3 Technologie-Portfolio-Analyse....................................................................................................... 23 4.2.4 Strategie-Definition....................................................................................................................... 25 4.3 Methoden in der operativen Ebene......................................................................................................... 28 4.3.1 Technology Scouting..................................................................................................................... 30 4.3.2 Innovation Matching..................................................................................................................... 32 4.3.3 Cross-Clustering............................................................................................................................ 32 5 Ausblick ......................................................................................................................................................... 36 6 Literaturverzeichnis ...................................................................................................................................... 37 7 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................................. 39 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 1
2 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Vorwort 1 Vorwort Innovationen gelten seit vielen Jahren als Schlüssel für Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung wirtschaftlichen Fortschritt und breiten Wohlstand. Die- und industrieller Transformationsprozesse steigt die Be- sen Schlüssel erfolgreich zu „drehen“ – sowohl auf be- deutung der sog. branchenübergreifenden Innovationen. triebswirtschaftlicher wie auf volkswirtschaftlicher Ebe- D. h. Innovationen entstehen primär an den Schnittstellen ne – gehört zu den kontinuierlichen Herausforderungen zwischen verschiedenen Branchen (z. B. Gesundheit und des Managements auf unternehmerischer Ebene sowie Biotechnologie oder IKT und Automotive). Dieser Trend in der Politik. bewirkt gleichzeitig jedoch, dass Innovationen komplexer werden und somit vor allem für kleine und mittlere Un- Damit ein Unternehmen erfolgreich Innovationen hervor- ternehmen (KMU) deutlich schwieriger zu handeln sind. bringen kann, ist eine Vielzahl von Teilschritten zu absol- Genau hier können aber Cluster- und Netzwerk-Initiativen vieren. Diese reichen von der strategischen Ebene über ansetzen, die darauf abzielen, verschiedene Akteur(s- die Rahmenbedingungen bis hin zum einzelnen Mitarbei- gruppen) gezielt zusammenzubringen und zu vernetzen. ter. Allein die Tatsache der Verflechtung mit der strategi- D. h. das Cluster- bzw. Netzwerkmanagement übernimmt schen Ebene des Unternehmens, aber in gleicher Weise eine aktive Rolle, um richtige Akteure „an einen Tisch“ die Durchgängigkeit durch alle Handlungsebenen, macht zu bringen und somit die Barrieren für ein gemeinsames Innovieren zu einer Managementaufgabe. Innovieren zu reduzieren. Dies gilt nicht nur für Akteure aus verschiedenen Branchen, sondern auch für Akteure Innovationsmanagement ist die systematische Planung, in Bereichen der Wertschöpfungskette (z. B. Anwender Steuerung und Kontrolle von Innovationen in Organisati- mit Entwicklern oder Wissenschaften mit Wirtschaft). onen. Als Organisation in diesem Sinne gelten nicht nur Unternehmen – auch wenn diese in der weiteren Be- Die Förderung der Rahmenbedingungen für Innovati- trachtung im Fokus stehen –, sondern auch öffentliche on hat in Baden-Württemberg eine lange Tradition. Seit Verwaltungen oder Forschungseinrichtungen. Im Unter- der Jahrtausendwende liegt der Schwerpunkt auf der schied zu Kreativität und zur Invention, bei denen die Idee systematischen Vernetzung von Innovationsakteuren selbst und deren Entstehen im Mittelpunkt stehen, ad- und der Herausbildung einer eigenständigen Cluster- ressiert das Innovationsmanagement die Verwertung von politik, die ein wichtiges Element der Innovationspolitik Ideen. Innovationsmanagement ist dabei nicht auf neue Baden-Württembergs ist [1]. So wurden in der Vergan- Ideen i.e.S. beschränkt, auch die neuartige Kombination genheit verschiedene intermediäre Einrichtungen wie die von Bekanntem oder Bekanntes bei einer neuen Zielgrup- Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH pe wird als Innovation verstanden. (MFG) oder BIOPRO Baden-Württemberg GmbH (2002) geschaffen. Zuletzt wurden die eMobil BW GmbH, die Wie für jede Managementaufgabe existiert für das Inno- Umwelttechnik BW GmbH sowie im Jahr 2013 die Lan- vationsmanagement eine Vielzahl von Literatur, Ratge- desagentur Leichtbau BW GmbH gegründet. Diese Lan- bern und Beratungsangeboten. Vor diesem Hintergrund desagenturen sind neben den rund 120 Cluster-Initiativen bedeutet ein Leitfaden Innovationsmanagement eigent- und landesweiten Netzwerken wichtige Service- und Be- lich „Eulen nach Athen“ zu tragen. Schaut man tiefer in ratungseinrichtungen, welche für die Innovationsakteure diese Angebote, werden überwiegend innerbetriebliche in den jeweiligen Branchen- und Technologiefeldern eine Prozesse beleuchtet. Diese werden aber den heutigen signifikante Rolle als Dienstleister, Förderer und Modera- Herausforderungen der Innovationsprozesse und der tor im Innovationsprozess übernehmen. Seit 2011 kon- wirtschaftlichen Entwicklung nicht immer gerecht. Viel- zentriert sich die Innovations- und Wirtschaftspolitik des mehr nimmt die Verzahnung von Wirtschaftsakteuren in Landes auf ausgewählte Wachstumsfelder1, die vor dem Wertschöpfungsketten (und nicht nur dort) immer mehr Hintergrund globaler Trends und des Kompetenzprofils zu. des Landes die besten Wachstumschancen für die Wirt- schaft des Landes erwarten lassen. 1 Die vier Wachstumsfelder sind „nachhaltige Mobilität“, „Umwelttechnologien, Erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz“, „Gesundheit und Pflege“ sowie „Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Green IT und intelligente Produkte“ [1] Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 3
Vorwort Cluster-Initiativen und landesweite Netzwerke haben in Im zweiten Teil haben sich die Herausgeber auf die Zu- der Vergangenheit bereits vielfach erfolgreich bewiesen, sammenstellung von guten Praxisbeispielen gestützt und dass diese sehr gute Plattformen sind, Akteuren das ge- diese systematisiert. Diese sollen Cluster- und Netzwerk- meinsame Innovieren zu erleichtern. Gleichwohl besteht managements Impulse dafür geben, sich mit dem The- bei vielen Cluster-Initiativen und landesweiten Netzwer- ma intensiver und kreativer zu beschäftigen als bisher. ken in Baden-Württemberg noch ein hohes Potenzial, Es zeigt sich, dass es bereits eine Vielzahl von guten In- sich mehr und intensiver um das Thema Innovationen strumenten für Clustermanagements gibt, ihre Mitglie- und Produktentwicklung zu kümmern – gemeinsam mit der auf dem Weg zu Innovationen zu unterstützen. Die den Cluster- und Netzwerkakteuren. Vor allem, wenn es Herausforderung liegt also vielmehr in der konsequenten um das gemeinsame Innovieren geht, also die gemeinsa- Anwendung und Weiterentwicklung dieser Instrumente. me Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse, können Cluster- und Netzwerkmanagements konkretere Unterstützung leisten, als viele vermuten. Die vorliegende Publikation wendet sich daher zum einen an MitarbeiterInnen von Cluster- und Netzwerkmanage- ments, ungeachtet des Entwicklungsstandes der betref- fenden Cluster-Initiative bzw. des betreffenden Netzwer- kes. Bei ihnen soll das Bewusstsein dafür geschaffen werden, ihre Akteure intensiver und langfristiger als bis- her beim Innovieren zu unterstützen. D. h. Networking, Matchmaking oder Fachevents bleiben wichtige Maß- nahmen, um eine höhere Offenheit der Clusterakteure untereinander zu erreichen. Aber diese allein reichen nicht aus. Daher sollten weiterführende Services, wie Roadmapping, Technologie-Souting oder Cross-Cluste- ring gemeinsam in das Serviceportfolio der Cluster- und Netzwerkmanagements integriert werden. Zum anderen wendet sich die Broschüre an alle Cluster- akteure, die sich mit dem Thema „Innovation und Tech- nologietransfer“ befassen. Sie soll neben Grundlagen und neueren Trends im Innovationskontext verdeutli- chen, dass leistungsfähige Custer-Initiativen und landes- weite Netzwerke in der Tat Unternehmen unterstützen können, um gemeinsam zu innovieren. Die Herausgeber sind sich bewusst, dass die Vorkennt- nisse im Kontext „Cluster, Netzwerke und Innovationen“ in dieser breiten Zielgruppe sehr unterschiedlich sind. Sie haben dieses Dokument deshalb in zwei Segmente ge- teilt. Im ersten Teil erfolgt eine Einführung in die Themen Innovation und Innovationsmanagement. Dabei wird be- sonderes Augenmerk darauf gelegt, die Veränderungen durch moderne Interaktionsstrukturen herauszuarbeiten, die sich von klassischen innerbetrieblichen Herangehens- weisen unterscheiden. 4 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen 2 Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen Mit einem nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von sende Innovationsdynamik festzustellen. Die Existenz- etwa 2,9 Billionen Euro im Jahr 2014 [2] ist Deutschland gründungen befinden sich seit geraumer Zeit auf dem die größte Volkswirtschaft Europas und viertgrößte der Tiefststand, Patentanmeldungen von KMU sinken und Welt. Wachstum und Wohlstand werden in Deutschland der Kommerzialisierungsgrad von Forschungsergebnis- heute vorwiegend aus wissensintensiven Produkten und sen kann als vergleichsweise gering angesehen werden. Dienstleistungen gewonnen. Der primäre Wirtschafts- Daher kommt Cluster-Initiativen und landesweiten Netz- sektor spielt nur noch eine untergeordnete Rolle; trotz werken als Innovationstreibern zukünftig eine hohe Be- langer Bergbautradition werden insbesondere metalli- deutung zu, um einen Beitrag zur Trendumkehr zu leisten. sche Rohstoffe fast ausschließlich importiert. Neben den quantitativen Fakten sind es verschiedene Besonderhei- ten, die den Wirtschaftsstandort Deutschland auszeich- nen. Deutschland hat im Verhältnis zu den anderen Mit- gliedern der Europäischen Union einen hohen Anteil an produzierendem Gewerbe in der Gesamtwirtschaft. Der „German Mittelstand“ ist eine tragende Säule der Wirt- schaft und die Wirtschaftsstandorte sind eher dezentral strukturiert. Innovationen werden in der heutigen Zeit mehr und mehr zu einem Schlüssel für eine nachhaltige und erfolgreiche Entwicklung von Unternehmen. Das gilt sowohl für Un- ternehmen, die in Hochtechnologiebranchen aktiv sind, als auch für etablierte („Old-Economy-“)Branchen. Gera- de letztere werden in der öffentlichen Diskussion häufig übersehen, weisen aber überdurchschnittliche ungenutz- te Potenziale auf. Allein in Baden-Württemberg gehen rund 20.000 KMU jährlich mit neuen Produkten oder Prozessen an den Markt. Damit wird auch die volkswirt- schaftliche Bedeutung deutlich. Deutschland ist als einer der weltweit führenden Inno- vationsstandorte technologisch und wirtschaftlich gut aufgestellt. Doch der globale Innovationswettbewerb verschärft sich und neue Wettbewerber drängen auf die internationalen Märkte. Unternehmen sind heute bei der Wahl ihrer Standorte für Forschung und Entwicklung fle- xibler denn je. Ihre Wertschöpfungsketten werden inter- nationaler und komplexer. Gleichzeitig gewinnen an die jeweilige regionale Nachfrage angepasste Innovationen an Bedeutung. Wirtschaftliche Schwerpunkte in Baden-Württemberg sind die Metropolregionen Stuttgart und Rhein-Neckar sowie der Bodenseeraum und die Oberrheinachse. Mit Ausnahme von Stuttgart sind die Schwerpunkte bun- desländer- bzw. staatenübergreifend. Auch wenn Ba- den-Württemberg nach wie vor Platz 1 beim EU-weiten Innovationsvergleich belegt, so ist eine langsam nachlas- Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 5
Einführung in das Innovationsmanagement 3 Einführung in das Innovationsmanagement 3.1 Innovation – was ist das eigentlich? Wandel der Gesellschaft weg von der Kontinuität und vom Bewahren hin zu einer Anpassung sich verändern- Im 19. Jahrhundert waren Innovationen zu einem we- der Rahmenbedingungen. Im Laufe der zweiten Hälfte sentlichen Teil von der Maximierung des Zufalls gesteu- des 20. Jahrhunderts wurde eine neue Qualität erreicht: ert bzw. ergaben sich aus dem wissenschaftlich-techni- Die Versuche, Innovationen systematisch zu steuern und schen Fortschritt. Beispielhaft dafür steht die Entdeckung zu beherrschen, nahmen zu. Das Innovationsmanage- der Röntgenstrahlen von Wilhelm Conrad Röntgen in ment war geboren. Würzburg Ende 1895. Bemerkenswert ist, dass Röntgen seine Entdeckung nie patentieren ließ, um eine Nutzung Eine allgemein anerkannte („naturwissenschaftliche“) zum Wohle der Menschheit nicht zu behindern. Bereits Definition des Begriffs „Innovation“ gibt es nicht. Viel- ein Jahr später erfolgte die praktische Nutzung – die In- mehr verführt dieser Modebegriff zu einem inflationären vention ist zur Innovation geworden. 1901 erhielt Rönt- Gebrauch und folgerichtig zum inflationären Anwachsen gen dafür den ersten Nobelpreis für Physik der Wissen- von Deutungen und Definitionen. Für die vorliegende Pu- schaftsgeschichte. blikation soll auf die in [3] veröffentlichte Definition zu- rückgegriffen werden: 1911 lenkte Joseph Schumpeter mit seinem Buch „Die Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ die Aufmerk- Innovation = Bezeichnung in den Wirtschaftswissen- samkeit der Volkswirtschaftslehre auf das Thema Inno- schaften für die mit technischem, sozialem und wirt- vation. Die Kernidee Schumpeters besteht in der These schaftlichem Wandel einhergehenden (komplexen) Neu- „Kapitalismus ist Unordnung“. Aus dieser Unordnung erungen. entstehen Fortschritt und Wachstum. Mit seiner Veröf- fentlichung war Schumpeter seiner Zeit eigentlich weit Damit ist klar, dass der Begriff der Innovation wesentlich voraus. Erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts erfolgte der weitreichender ist, als er meist verstanden wird – eine Radikale Innovation 1000 Technologie sprung Innovationshöhe (symbolisch) 100 Generations wechsel 10 Weiterent wicklung 1 0,001 0,01 0,1 1 Häufigkeit (symbolisch) Abbildung 1: Korrelation zwischen Innovationshöhe und Häufigkeit 6 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Einführung in das Innovationsmanagement Reduktion auf die erfolgreiche Markteinführung neuer eines Innovationsmanagements sind heute so vielfältig Produkte, Verfahren bzw. Dienstleistung ist nicht zuläs- wie die Arten von Innovationen: Vom klassischen Inno- sig. Entscheidend ist vielmehr die „Neuheit“ des be- vationsprozess über Open Innovation bis zu Innovation trachteten Gegenstands: Greenhouses. Um hier zum Erfolg zu kommen ist es wichtig, für Innovationsprojekte die richtigen Werkzeuge • in der Sachdimension steht das Erscheinen neuartiger zu wählen. Bevor eine Auswahl dieser Werkzeuge näher Produkte, Methoden oder Dienstleistungen am Markt, betrachtet wird, soll der gemanagte Prozess selbst an dieser Stelle etwas näher betrachtet werden. • in der Zeitdimension steht der Wandel bestehender und die Implementierung neuer Prozesse, die durch- aus mit Erneuerungen in der Sachdimension verknüpft 3.2 Von der Invention zur Innovation sein können (aber nicht müssen) und Der eigentlichen Umsetzung (Einführung als Produkt / • in der Sozialdimension schließlich bezieht man sich auf Verfahren / Dienstleistung / Organisationsablauf) gehen im neue Formen des Vorteils oder anderer gesellschaftli- Innovationsprozess eine Beobachtung von Trends, Märk- cher Veränderungen. ten, Technologien (Inventionen), Bedarfen etc. und deren Bewertung voraus. Innovationen können dabei sowohl Innovationen können einen sehr unterschiedlichen Neu- vom Anbieter her (push) als auch vom Kunden her (pull) heitsgrad aufweisen. Auch wenn eine Quantifizierung vorangetrieben werden. In jedem Fall steht der Nutzen des „Neuheitsgrades“ eher ungewöhnlich erscheint, so für den Treiber im Mittelpunkt des Prozesses. Neben lässt sich vereinfacht sagen, dass die Häufigkeitsvertei- einem naheliegenden wirtschaftlichen Nutzen spielen lung einer logarithmischen Funktion gleicht (vgl. Abbil- beim Erfolg einer Innovation weitere Elemente eine wich- dung 1). Der (betriebs-)wirtschaftliche Erfolg korreliert tige Rolle: nicht mit der Innovationshöhe. • die Kompatibilität mit bestehenden Strukturen (Pro- Heute ist Innovation ein Modewort geworden. Das führt dukten, Prozessen, Wertesystemen etc.) zu einer Vielfalt von Auslegungen und Anwendungen. Deshalb gibt es viele Definitionen von Innovation. Von • die Einfachheit bzw. Niedrigschwelligkeit der (Erst-) der inkrementellen Prozessverbesserung über Produkt Nutzung linienerweiterungen und Geschäftsmodellinnovationen bis hin zu radikalen Systeminnovationen. Die Ansätze • der subjektive Vorteil (Prestige, Sichtbarkeit etc.) Ideen Inventionen Diffusion Bewertung / Ideengenerierung Entwicklung Produktion Auswahl Abbildung 2: Innovationstrichter Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 7
Einführung in das Innovationsmanagement … öffentlichen oder … der privaten Wirtschaft privaten Forschungsmitteln Bridging-the-gap! Investitionen aus … Valley of death Grundlagen Angewandte Machbar Marktnaher Markt Wachstum forschung Forschung keitsstudie Prototyp einführung Abbildung 3: Wirtschaftliches Risiko von Innovationen („Valley of death “) In jedem Fall ist die Zahl der Inventionen (Ideen, Lösun- chend gegeben. Das „Valley of death“ kann durchaus gen) und notwendigen Bewertungen wesentlich größer unterschiedlich tief ausgeprägt sein: Vom Markt bereits als die am Ende des Prozesses stehende Anzahl von Inno- nachgefragte Lösungen mit geringen Implementierungs- vationen. Der Innovationsprozess kann dabei ganz unter- kosten stehen an einem Ende dieser Skala – Lösungen schiedlich ausgestaltet sein. Die Art der Innovation sowie mit hohen Einstandskosten mit unklarer Marktakzeptanz die Struktur und Art der handelnden Organisationen be- am anderen Ende. einflussen diesen Prozess wesentlich. Allen gemeinsam ist ein „Innovationstrichter“ (engl. Innovation Funnel, vgl. Die Überbrückung des „Valley of death“ ist eine klassi- Abbildung 2). Er symbolisiert als weitverbreitete bildliche sche Aufgabe nicht nur vom Innovationsmanagement, Darstellung den Ablauf des Innovationsprozesses. Eine Vielzahl von Ideen wird generiert und abgewogen, aber nur ein kleiner Teil wird ausgewählt und weitergeführt. Ein noch kleinerer Teil von diesen wird in Produktent- wicklungen umgesetzt und schließlich nur ganz wenige als neue Produkte auf den Markt gebracht. Schnelle Schnelle Marktveränderung, Marktveränderung, Bereits mit dieser Betrachtung wird deutlich, dass In- geringe hohe novationen auch mit Risiken verbunden sind; bis eine Innovationsrate Innovationsrate Idee zu realem Umsatz geführt ist, müssen erhebliche Ressourcen (Arbeitskraft, Material, viele Ideen etc.) ein- gesetzt werden und erst am Ende des Prozesses ent- scheidet der Markt über den wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg. Die Balance zwischen Innovationsfreudigkeit und tragbarem Risiko stellt eine Herausforderung für das Langsame Langsame Management jedes Unternehmens dar. Deutlich wird die- Marktveränderung, Marktveränderung, ses im Modell des „Valley of death“ in dem das finanziel- hohe geringe Innovationsrate Innovationsrate le Risiko einer Innovation bildhaft dargestellt wird (siehe Abbildung 3). Während die Finanzierung der Forschung und Entwicklung insbesondere bei öffentlichen Mitteln bereits der Degression unterliegt, ist die Bereitschaft zur Investition durch die private Wirtschaft noch nicht hinrei- Abbildung 4: Verschiedene Markt-Charakteristika im Innovationskontext 8 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Einführung in das Innovationsmanagement sondern auch von der staatlichen Innovationsförderung. wert (= Sättigung; vgl. Abbildung 5). Sättigung bedeutet Typische Risiken in dieser Phase sind: hierbei der tatsächliche Grenzwert des Absatzes; ob dabei die prognostizierten Ziele erreicht werden, eine • Langlebigkeit der neuartigen Funktion / Technologie ist tatsächliche „objektive“ Marktsättigung eintritt oder ob kritisch (z. B. OLED – organische Leuchtdioden). geänderte Marktbedingungen (Wettbewerb, Bedarfsver- lagerungen) dieses Niveau verändern sei dabei unerheb- • Skalierbarkeit der erforderlichen Produktionstechnik lich. kann nicht nachgewiesen werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Innovation ein • Unternehmen kaufen nur bewährte Lösungen („kon- typischer mehrstufiger Prozess über eine Zeitspanne ist, servatives Marktumfeld“). wobei sich diese Prozesse (ggf. auf einer höheren Quali- tät) wiederholen. Der letztgenannte Punkt weist bereits auf ein wichti- ges Element bei der Ausrichtung eines Innovationsma- nagements hin. Die Vorgehensweise muss sich an den 3.3 Prozesse im Innovationsmanagement Gepflogenheiten und den investiven Möglichkeiten des Zielmarktes ausrichten. Vereinfacht können dabei ver- Innovationsmanagement kann als systematische Pla- schiedene Zielmarkt-Charakteristiken im Innovations- nung, Steuerung und Kontrolle von Innovationen in Or- kontext unterschieden werden (vgl. Abbildung 4). Viele ganisationen verstanden werden. Innovationsmanage- Märkte verändern mit der Zeit ihre spezifischen Charak- ment ist ausdrücklich auf die Umsetzung von Ideen in teristika. Der Automobilmarkt ist hier sicherlich ein signi- wirtschaftlich erfolgreiche Produkte, Verfahren bzw. fikantes Beispiel. War er früher eher durch lange Innova- Dienstleistungen ausgerichtet, d. h. auf den gesamten tionszyklen geprägt, so haben wir es heute mit schnellen „Innovationstrichter“. Das Management von Innovatio- Marktveränderungen und sehr hohen Innovationsraten zu nen sollte idealerweise Teil der Unternehmensstrategie tun. sein. Der Begriff wurde ursprünglich für innerbetriebliche Prozesse geprägt. Innovationsmanagement muss in allen Für Innovationen typisch ist eine mehrstufige Marktein- Handlungsebenen eines Unternehmens abgebildet wer- führungs- und Verbreitungsphase hin zur einem Grenz den. Eine sehr anschauliche Darstellung dessen wurde 100 % Sättigung Nachzügler 80 % Späte Mehrheit Grad der Marktsättigung 60 % Frühe Mehrheit 40 % 20 % Frühanwender Innovatoren 0% Einführung Marktdurchdringungsphasen Abbildung 5: Marktdurchdringungsphasen Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 9
Einführung in das Innovationsmanagement Innovationsstrategie Strategischer Fokus Implementierungskonzept Organisation und Kultur Innovationsklima Lifecycle Produkt-, Prozess-, Ideenmanage ment für Pro Organisations Verbesserungs Dienstleistungs- dukte / Prozesse / modell prozess innovationen Dienstleistungen Rahmenbedingungen Personalentwicklung und -führung, Wissensmanagement, Controlling, Infrastruktur, Projektmanagement Abbildung 6: A.T. Kearney’s House of Innovation (© A.T. Kearney) mit dem „A.T. Kearney House of Innovation” (vgl. Abbil- dung 6) entwickelt. Diese vier Ebenen – besser drei Ebenen und die Rah- Produkt- entwicklung Produkttest menbedingungen – müssen im Innovationsmanagement mit Kunden eines Unternehmens abgebildet werden. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen ist festzustellen, dass diese nur teilweise durch ein einzelnes Unternehmen gestaltet Ideenbe Produktver Produkt wertung trieb marketing werden können. FORTSCHRITT Die Rückkopplung aus vorangegangenen Innovationen Ideengene Produkt- spielt eine wesentliche Rolle auf allen drei Ebenen. Die- rierung entwicklung Produkttest ser Prozess ist in ein Umfeld (Rahmenbedingungen) ein- mit Kunden gebettet, mit dem er in Wechselwirkung tritt. In gewisser Hinsicht ähnelt er damit einem Regelkreis. Ideenbe Produktver Produkt wertung trieb marketing Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diesen Prozess dar- zustellen. Ausgehend vom kreisförmigen Stage- Gate- Modell [4] wurde in Abbildung 7 der Prozess mit einer Ideengene Produkt- rierung entwicklung Produkttest Helix in eine zeitliche Abfolge gebracht. Der Prozess stellt mit Kunden die 3. Schicht der Innovationspyramide aus Abbildung 6 dar, steht dazu also orthogonal. Es gilt jedoch – wie alle vorgenannten Darstellungen – unternehmensintern. Ideenbe Produktver Produkt wertung trieb marketing Für InnovationsmanagerInnen, aber auch für Cluster- und Netzwerkmanagements, die ihre Akteure in diesem Kon- Ideengene rierung text unterstützen, gibt es im zeitlichen Verlauf drei Hand- lungsschwerpunkte (vgl. Abbildung 8), die sich durch eine Nähe zu Systemübergängen auszeichnen: Abbildung 7: Innovationsspirale auf der Basis des Stage-Gate-Modells nach Cooper 10 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Einführung in das Innovationsmanagement • bei dem Zusammenbringen der verschiedenen Innova- Zusammenfassend wird deutlich, welche Schlüsselrolle tionsakteure, Innovationen und deren Management für Unternehmen spielen. In der Folge war und ist das innerbetriebliche • bei der Ideengenerierung (zusammen mit den Innova- Innovationsmanagement der Gegenstand vieler Publikati- tionsakteuren), onen – sowohl wissenschaftlicher Natur als auch als Rat- geber. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich keine • bei der Bewertung von Inventionen (im „Oberen Be- Empfehlungen oder Kritiken aussprechen, sondern mit reich des Innovationsrichters“), Gassmann und Sutter [6] sowie Hauschild und Salomo [7] beispielhaft zwei Bücher der neueren Literatur nennen. • bei der Überwindung des „Valley of death“ und • bei der Markteinführung. 3.4 Open Innovation Für diese Handlungsschwerpunkte werden unterschied- Eigentumsverhältnisse beeinflussen ökonomische Pro- liche Handlungskonzepte benötigt. D. h. Innovationmana- zesse wesentlich. Der Begriff der wissensbasierten gerInnen und auch Cluster- und NetzwerkmanagerInnen Ökonomie – von der OECD für den Entwicklungsstand müssen daher verschiedene Rollen einnehmen können, der wirtschaftlich führenden Staaten der Erde verwandt – je nachdem, wo man sich im Kontext der Innovations- verweist bereits auf eine sich wandelnde Relation zwi- wertschöpfungskette befindet (vgl. Abbildung 8). schen dem Recht an Wissen und dem Recht an physi- schen Gütern. Das Management von Innovationen hat inzwischen ein Entwicklungsniveau erreichet, welches mit der Fassung Als geistiges Eigentum (engl. intellectual property, IP) in einer Norm eine neue Qualität erreicht hat. Der Kern wird jenes Wissen bezeichnet, das durch geistige Leis- der vorliegenden (auf drei Jahre befristeten) technischen tungen entstanden ist. In der heutigen wissensbasier- Spezifikation [5] ist ein Innovationsmanagementsystem ten Ökonomie stellt geistiges Eigentum einen wichtigen (IMS). Dieses zielt auf das innerbetriebliche Innovations- Mehrwert im Wettbewerb dar. Dieser Mehrwert resul- management unter besonderer Berücksichtigung der tiert aus dem Recht, das betreffende Wissen (über Tech- Personalführung ab; lediglich in einem am Ende stehen- nologien, Prozesse etc.) für die Erzeugung von Produkten den Abschnitt wird das „Management der Zusammenar- und Dienstleistungen zu nutzen. Die rechtliche Würdi- beit (Kollaborationsmanagement)“ adressiert. gung von Wissen (engl. intellectual property rights, IPR) Den „Weg auf die … öffentlichen oder Brücke“ finden … der privaten Wirtschaft privaten Forschungsmitteln Bridging-the-gap! Inventionen Investitionen aus … evaluieren Wachstum unterstützen Valley of death Grundlagen Angewandte Machbar Marktnaher Markt Wachstum forschung Forschung keitsstudie Prototyp einführung Abbildung 8: Schwerpunkte des Unterstützungsbedarfs Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 11
Einführung in das Innovationsmanagement weist gegenüber dem Schutz an physischen Gütern eini- gen, Anstellung von Mitarbeitern mit neuen Kompe- ge Besonderheiten aus, beispielsweise mit dem Begriff tenzen oder Aufkauf von Unternehmen mit Schlüssel- der Erfindungshöhe (d. h. eine Qualitätsprüfung) und die kompetenzen) zeitliche Befristung. • das Investment in neue Geschäftsfelder außerhalb Vor diesem Hintergrund stellen die Strategien zum Um- des bestehenden Unternehmens gang mit dem für das jeweilige Unternehmen (und auch für Forschungseinrichtungen) relevanten (mehrwertbil- • die Kooperation mit komplementären Partnern (incl. denden) geistigen Eigentum ein Schlüsselelement der Wettbewerber und Netzwerke) Unternehmensstrategie dar [8]. Der letztgenannte Punkt ist der Schlüssel zum Verständ- Grundsätzlich gibt es dabei zwei Strategien: nis von Open Innovation. Open Innovation ist der kom- merzielle Austausch von Wissen (sei es klassische IPR, • die Veröffentlichung seien es Kundenerfahrungen etc.), wobei nicht in jedem Einzelfall Geld fließen muss. • der Schutz Das Konzept Open Innovation ist nicht zuletzt eine Or- Historisch erfolgte der Schutz des geistigen Eigentums ganisationsinnovation. Unternehmen und andere Akteure durch Geheimhaltung. Produktionsverfahren oder Rezep- öffnen sich für einen kontinuierlichen Wissensaustausch turen wurden nur ausgewählten Mitarbeitern offenbart ihren Zulieferern, ihren Forschungseinrichtungen, ihren und häufig mit dem Unternehmen an die nächste Genera- Wettbewerbern und letztendlich auch ihren (End-)Kun- tion weitergegeben. Auch bestanden Geheimhaltungen den. Die aktivere Einbeziehung von Endkunden ermög- durch Mitgliedschaft in Zünften und ähnlichen mittelalter- licht ein besseres Verständnis für ihre Bedürfnisse und lichen Organisationen. zeigt weiterhin auf, was Kunden für eine Neuheit bereit sind zu bezahlen. Open Innovation versteht sich in die- Mit der Entwicklung vom Handwerk zum Gewerbe wur- sem Sinne primär als Kooperationskultur. de Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Patent und weiteren Elementen eine rechtliche Absiche- rung jenseits der Geheimhaltung geschaffen; geistiges Open Innovation ≠ Free Innovation Eigentum wurde damit zur Ware. Patente sind jedoch mitnichten geheim, sondern vielmehr mit der Offenle- Es ist an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinzuweisen, gung frei zugänglich. dass Open Innovation nicht heißt, innovative Ideen mit beliebigen Akteuren im Außenfeld zu teilen. Vielmehr Mit Geheimhaltung und Patentschutz waren zwei grund- teilt man seine Ideen mit denjenigen Partnern, die im legende Vorgehensweisen geschaffen, die noch heute Rahmen einer (idealerweise) Win-win-Situation deren gelten; die Vor- und Nachteile sollen hier nicht erläutert Realisierungschancen verbessern. Ein Cluster bietet werden. Zum Thema IP-Strategien für Unternehmen gibt dafür eine sehr günstige Ausgangsposition, da grund- es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, von denen hier legende Vertrauensverhältnisse bereits aufgebaut sind nur auf zwei [9, 10] beispielhaft verwiesen werden soll. und (auch informelle) Kenntnisse über Stärken und Schwächen der potenziellen Partner verfügbar sind. „In Zeiten steigenden Wettbewerbsdrucks durch hö- heren Innovationsdruck bei gleichzeitig sinkenden For- schung und Entwicklung (FuE) -Budgets sind Unterneh- Diese Kultur ist durchaus mit Herausforderungen ver- men gezwungen, ihren Innovationsprozess zu öffnen, bunden. Betrachtet man solche Beispiele wie die Open- um durch Einbeziehung der Außenwelt gezielt ihr Innova- Source-Software LibreOffice [12], so stellen sich unmit- tionspotenzial zu erhöhen. Diese strategische Einbezie- telbar solche Fragen wie: hung wird als Open-Innovation-Ansatz bezeichnet“ [11]. • Wem gehört der gemeinsam erarbeitete IPR? Dabei gibt es drei mögliche Vorgehensweisen: • Wie baut eine solche Gruppe Vertrauen auf? • die Integration externen Wissens oder entsprechender Wissensträger (z. B. Vergabe von Entwicklungsaufträ- 12 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Einführung in das Innovationsmanagement Open Innovation Plattform (OptecNet D eutschland) Im Rahmen eines vom BMWi geförderten Verbundvorha- Rückmeldungen von Mitgliedern und Anwendern bens der Cluster OpTech-Net e. V., Optence e. V., Photo- beruht (Kollaboration intern), nics BW e. V., bayern photonics e. V., PhotonicNet GmbH • eine Austauschplattform für Innovationsgesuche und und OptoNet e. V. wurde eine multifunktionale Open In- Anfragen im Bereich Photonik, die schwerpunktmäßig novation Plattform entwickelt und erprobt. Ihr Alleinstel- auf Messen oder anderen zentralen Veranstaltungen lungsmerkmal liegt weniger in den Einzelfunktionen, son- eingesetzt wird, dern in der Verzahnung zu einem Gesamtkonzept für eine Zielgruppe (Branche). Die sechs Kooperationspartner re- • eine Schnittstelle für interdisziplinäre Kooperationen präsentieren in diesem Beispiel ca. 400 Clustermitglieder. mit anderen Hochtechnologie-Clustern bzw. -Netzwer- Damit konnten auch solche Formate wie Crowdsourcing ken, die Markttrends und Roadmaps berücksichtigt, umgesetzt werden, die ihrerseits für ihren Erfolg eine er- • eine Schnittstelle für Kleinstunternehmen mit besonde- hebliche kritische Größe benötigen. rem Betreuungs- und Informationsbedarf, Die Plattform zeigt deutlich, welche Bedeutung die Ko- • die Nutzung von „Social Networks“ als Innovations- operations- und Unternehmenskulturen für den Erfolg von plattform, die Erarbeitung und Etablierung neuer Open Innovation haben. Open Innovation basiert letztlich – Veranstaltungsformate (z. B. BarCamps) sowie neue wie alle gemeinsamen Aktivitäten eines Cluster auf Ver- Möglichkeiten der Finanzierung von Innovationen (z. B. trauen. Insofern sind Cluster die „natürliche“ Umgebung Crowdfunding) sowie für derartige Prozesse. Deutlich wird die Rolle internetba- sierter Verfahren. Sie können den Prozess unterstützen • die Bildung von zeitlich begrenzten Clusterteams zur und vereinfachen – es sind aber letztlich ausschließlich Unterstützung des Informationsflusses. Werkzeuge. Den Vertrauensbildungsprozess können sie Ein Grundgedanke ist hierbei, das Engagement im Clus- nicht ersetzen. Das im Verbundprojekt entwickelte Ge- ter, das bis dato vorwiegend auf Geschäftsführerebene samtkonzept basiert auf sechs einander ergänzenden und stattfindet, auf einen größeren Personenkreis im Unter- sich gegenseitig unterstützenden Elementen: nehmen zu erweitern und so das Unternehmensumfeld • die Nutzung einer branchenorientierten Crowdsour- stärker in die unternehmensübergreifende Ideengenerie- cing-Plattform, die u. a. auf den Erfahrungen und den rung und die Produktentwicklung einzubeziehen [13]. Unterstützung des Informationsflusses Kooperations-, Öffnungs- und Übertragungsprozesse Fachmessen als Adressierung von Themenübergreifendes Plattform (Innovations Kleinstunternehmen / Outside-in-Prozess für Cross-Clustering board, Innovations Start-ups Unternehmensumfeld forum) Internetbasierte Methoden Crowdsourcing Open Innovation Social Media BarCamps Plattform Weitere Informationen: www.optecnet.de Ein weiteres Beispiel zu Open Innovation in Clustern wird in [14] ausführlich behandelt. Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 13
Einführung in das Innovationsmanagement • Was passiert, wenn Teile offener IPR durch Einzelne Treiber von Innovationen (und späterer Nutzer) eine wich- wirtschaftlich ausgebeutet werden? tige Rolle. Dazu wurde das Grundkonzept des Living Lab definiert. Living Lab ist ein neuartiges Modell im Inno- Dass solche Fragestellungen durchaus prekär werden vationsmanagement. Es wird davon ausgegangen, dass können, zeigt die Vorgeschichte der Spaltung der Open- derartige Lösungen zukünftig eine größere Bedeutung Source-Community im Bereich Office-Software: erlangen; ein Vergleich mit der direkten Demokratie mag etwas hinken, zeichnet aber ein sehr plastisches Bild. Ein Im September 2010 entstand das oben genannte Living Lab kann auch als Zusammenführung von Open LibreOffice (Träger: The Document Foundation) als Ab- Innovation mit dem in der Vergangenheit nur bedingt ein- spaltung aus OpenOffice (Träger: Apache Software Foun- bezogenen Endkunden beschrieben werden. dation). Der Innovationsprozess kann also in keiner Weise offen in allen Phasen und Situationen gestaltet werden. Die richtige Einbindung von Endkunden in ein Living Lab Große Unternehmen entscheiden sehr dezidiert, welche ist ein Schwerpunkt der Innovationsforschung in diesem Themen sie allein (auch ohne FuE-Einrichtungen) – das Feld und letztlich der Schlüssel zum Mehrwert dieser betrifft meist absolute Kernelemente und Schlüsselkom- Methode. Living Labs adressieren in besonderer Weise petenzen – und welche sie kollaborativ bearbeiten (i.d.R. den Anwendungskontext von Technologien und daraus sind sie dort auf Kompetenzen / Vorarbeiten Dritter ange- entstehenden Produkten und Dienstleistungen. Durch wiesen oder die Marktgröße ist für Großunternehmen die Integration von (potenziellen) Nutzern (Privatkunden, unzureichend). Hier können Clustermanagements (auch Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen) können clusterübergreifend) als neutrale Ideenbroker in Erschei- Potenziale von soziotechnischen Innovationen für Pro- nung treten. Sie können potenzielle Kooperationspartner duktion und Konsum systemweit erfasst und analysiert mit den gesuchten speziellen Kompetenzen identifizieren werden. Die frühzeitige realitätsnahe Integration der An- bzw. Unternehmen, die sich in der betreffenden Marktni- wendungskontexte in die Forschungs- und Entwicklungs- sche bereits erfolgreich bewegen. prozesse befördert eine spätere Marktakzeptanz, redu- ziert Flop-Risiken und sorgt für eine schnellere Diffusion. Das Living Lab kann auch als eine geeignete Methode 3.5 Einbindung von Kunden in Innovations- angesehen werden, um sozial-ökologische Effekte von prozesse – The Living Lab Innovation zu bewerten. Neben der Kooperation von Akteuren entlang der Wert- Die Informationstechnik spielt eine Schlüsselrolle bei der schöpfungskette oder in Branchenzusammenhängen Realisierung eines Living Labs, was aber keinesfalls be- (B2B-Kooperation) spielt die Einbeziehung des Endnut- deutet, dass die Methode Living Lab auf IKT-Innovatio- zers (sowohl Geschäftskunden als auch Privatkunden) als nen beschränkt ist. For For schungsein schungsein richtungen richtungen Cluster- Unter Kunden Living Lab Initiative nehmen Öffentliche Unter Hand nehmen Öffentliche Hand Abbildung 9: Vom Triple-Helix-Modell des Clusters zum Quadro-Helix-Modell eines Living Labs 14 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Einführung in das Innovationsmanagement Das Projekt SmartIES2 [15] beschreibt fünf Schlüsselprin- terbeispiele dafür. Auch die Einbeziehung von Kunden zipien eines Living Labs: darf einen der Grundsätze von Open Innovation nicht außer Acht lassen: alle Beteiligten müssen (langfristig) • Der Mehrwert für den Kunden ist der Schlüssel einen Mehrwert für sich erkennen, wenn sie sich an für einen späteren Markterfolg der Innovation. Dazu einem Living Lab beteiligen. ist vor allem ein Verständnis für den Bedarf und die Motivationen der Kundengruppe erforderlich. Der • Ein weiteres Kernelement des Living-Lab-Konzeptes Mehrwert für einen Kunden kann durch die Summe die Implementierung eines realistischen Szenarios. beschrieben werden, die dieser für ein neues Pro- Nur so können die späteren Marktverhältnisse und dukt / eine neue Dienstleistung bereit ist zu bezahlen -einflussfaktoren adäquat erkannt und berücksich- und wie häufig er diese in Anspruch nimmt. Eine rein tigt werden. Dazu können Inventionen entweder in finanzielle Betrachtung kann hier aber zu kurz grei- Modellumgebungen vom Endkunden getestet werden fen – dieses zeigt das Beispiel der Energiesparlampe oder der Test erfolgt im tatsächlichen Umfeld des End- (Kompakt-Leuchtstofflampe). Der einfachen Amorti- kunden. Das erstgenannte Verfahren ist in jedem Fall sationsrechnung stehen hier solche Argumente wie erforderlich, wenn die rechtlichen oder technischen Farbwiedergabetreue, fehlende Schaltfestigkeit oder Rahmenbedingungen einen Test im realen Umfeld Einsatz im Außenbereich gegenüber. verbieten (vgl. Autonome Fahrzeuge). • Der Einfluss der späteren Kunden als kompetenter Die vorliegende Beschreibung lässt die Komplexität der Partner des Entwicklungsprozesses zeugt von einer Organisation eines Living Lab erkennen – gleichzeig Wertschätzung ihm gegenüber. Dabei können sich die zeichnen sich aber die Aufgaben ab, die ein Clusterma- potenziellen Kunden durchaus als heterogene Gruppe nagement in diesem Umfeld leisten kann: erweisen. Hier kann das Living Lab helfen, Kunden- gruppen genauer zu beschreiben. Kunden können in • Management eines heterogenen Prozesses mit hohen unterschiedlichen Rollen in einem Living Lab agieren: Ansprüchen an die Neutralität des Moderators aus demokratischen Gründen, um die Akzeptanz insbesondere politikgetriebener Lösungen zu analy- • Vertrauen aller Akteursgruppen in den Moderator, sieren (vgl. Demografie), aus ökonomischen Gründen Manager bzw. Ansprechpartner (z. B. um Nutzungshäufigkeiten zu ermitteln) oder aus entwicklungstechnischen Gründen (Schwerpunktset- • „Kopfstation“ für die Einbindung der vierten Achse zung des weiteren FuE-Prozesses). Letztlich handelt (der Kunden, die anderen drei Achsen der Helix sind es sich hier um die Implementierung eines Feedback- ohnehin in einer Cluster-Initiative präsent) prozesses. • Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit ist eine heute zunehmend erhobene Forderung. Die Vergabe LivingLab BWe (e-mobil BW GmbH) öffentlicher Mittel wird heute häufig davon abhängig gemacht, dass im Ergebnis zumindest keine zusätzli- Das Thema Elektromobilität eignet sich in besonde- che Umweltbelastung entsteht. Viele Kunden beach- rer Weise für ein Living Lab. Verkehr und Mobilität ten beim Einkauf Nachhaltigkeitsaspekte in unter- stehen im besonderen Interesse der Öffentlichkeit. schiedlicher Form – das reicht beim Privatkunden vom Das LivingLab BWe mobil besteht im Kern aus 34 Pro- Stromverbrauch eines Gerätes über die Beschaffung jekten und steht für einen systemischen Ansatz mit ausschließlich von FSC-zertifiziertem Papier bis hin ineinandergreifenden Projekten; die Elektromobilität zu Reparaturmöglichkeiten. Gerade der letztgenannte vom E-Bike über den E-PKW bis hin zum elektrischen Aspekt weist auf einen wirtschaftlichen Interessens- Transporter und Plug-in-Linienbussen soll für jedermann konflikt hin, wie aktuelle Diskussionen zu „geplanter erfahrbar gemacht werden. Die Projekte adressieren Obsoleszenz“ zeigen. Fragestellungen zu Intermodalität, Flotten und gewerb- lichen Verkehr, Infrastruktur und Energie, Wohnen und • Viele Unternehmen wenden Open Innovation bereits Elektromobilität, Stadt- und Verkehrsplanung, Fahrzeug- heute an. Die Cluster-Initiativen sind nachgerade Mus- 2 Transnational Nordic Smart City Living Lab Pilot Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 15
Einführung in das Innovationsmanagement technologie, Kommunikation und Partizipation sowie Bauindustrie, aber auch an die modernen Branchen der Ausbildung und Qualifizierung. Die Bundesregierung Informations- und Kommunikationstechnologien. KMU fördert die Schaufensterregion mit rund 45 Millionen sind in der Lage kleinere unternehmensspezifische Ko- Euro [16]. operationen aufzubauen, wobei man hier kaum von Netz- werken, schon gar nicht von strukturierten, strategisch Das LivingLab BWe mobil kann in besonderer Weise so- geplanten Netzwerken sprechen kann. Oftmals konzent- wohl die Nähe zum Endkunden (Bürger, Unternehmen) rieren sich diese Netzwerke auf Kunden-Lieferanten-Be- als auch zu Herstellern und Zulieferern adressieren. Ein ziehungen. wesentlicher Teil der Angebote sind der breiten Öffent- lichkeit zugänglich (z. B. Carsharing-Flotten oder ÖPNV). Cluster-Initiativen und landesweite Netzwerke in Ba- Eine weitere Besonderheit des baden-württembergi- den-Württemberg können als Kooperationsverbünde schen Schaufensters sind in diesem Zusammenhang kompetenter Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und die Kommunikationsangebote. Baden-Württemberg ist Forschung sowie Politik verstanden werden, die durch mit seinen zahlreichen Herstellern und Zulieferern ein eine enge, koordinierte Interaktion sowie Kommunikati- von der Automobilindustrie geprägter Industriestandort. on untereinander geprägt sind. Durch die intensive und Angesichts dieser besonderen Ausgangslage ist es für insbesondere frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Un- das Land besonders wichtig, den Technologiewandel ternehmen und Forschungsinstitutionen beschleunigt aktiv mitzugestalten. Gerade durch Kooperationen – sich der Wissenstransfer, wodurch zum einen Unterneh- hier wird die Bedeutung von Clustern deutlich – können men von den Forschungsergebnissen profitieren und so- die Unternehmen Nutzerbedürfnisse identifizieren und mit innovative Produkte und Dienstleistungen schneller in ihre strategischen Planungen einbinden. und wettbewerbsfähiger in den Markt bringen können. Weitere Informationen: www.livinglab-bwe.de Zum anderen finden Forschungseinrichtungen effektiver Wirtschaftspartner für die Umsetzung ihrer Forschungs- produkte. Cluster-Initiativen und Netzwerke sind dadurch 3.6 Vom einzelnen Unternehmen zum Cluster in der Lage, die Innovationsfähigkeit der Unternehmen bedeutend zu steigern und zur Profilbildung sowie Posi- Die vorliegende Publikation adressiert primär Innovati- tionierung von Regionen im internationalen Wettbewerb onsprozesse in vernetzten Strukturen. Der wesentliche beizutragen. Dabei sind Cluster-Initiativen und Netzwer- Unterschied gegenüber dem innerbetrieblichen Innova- ke, die von der räumlichen Agglomeration der Akteure tionsmanagement ist die Beziehungsebene: Innerhalb profitieren, mehr als ein loses Beziehungsgeflecht. Sie eines Unternehmen bestehen (wie auch immer ausge- agieren zielorientiert, unterstützen die Kompetenzent- prägte) hierarchische Strukturen; vernetzte Strukturen wicklung, Wissensaustausch, Innovationsgenerierung haben hingegen (unter Vernachlässigung bestehender und sind an den Erfordernissen einer Wissensgesellschaft wirtschaftlicher Abhängigkeiten) eine Peer-to-peer-Archi- sowie der fortschreitenden Globalisierung ausgerichtet. tektur. Damit ist Vertrauen das Schlüsselelement der Be- Hierzu bedarf es einer professionellen Koordination, die ziehungen zwischen den Akteuren. in der Regel ein Cluster- bzw. Netzwerkmanagement übernimmt [18]. Das Management von Netzwerken etwa in Form von Allianzen, Wertketten, Supply Chains oder langfristigen Innovieren Unternehmen aktiv in einer Cluster-Initiative Geschäftsbeziehungen gehört bei vielen privaten und oder einem Netzwerk, so erfolgt das Agieren demzufol- öffentlichen Unternehmen und zunehmend auch bei an- ge nicht mehr auf einzelbetrieblicher Ebene, sondern auf deren Arten von Organisationen (wie Nicht-Regierungsor- einer Multiakteursebene. Das Cluster- und Netzwerkma- ganisationen, Gewerkschaften und sogar Verwaltungen nagement übernimmt hierbei dann oftmals die Rolle des in Public-private-Partnerships) inzwischen zum Tagesge- Innovationsmanagements. Vor allem zu Beginn, wenn schäft. Vor allem die großen, global ausgerichteten Un- sich die betreffenden Akteure noch nicht gut kennen ternehmen waren in der Vergangenheit besonders erfolg- oder das notwendige Vertrauen fehlt. reich, wenn sie ihre Netzwerke gezielt und strategisch initiiert hatten [17]. Heutzutage ist die Wettbewerbsfähig- Folgende Determinanten bzw. Trends haben einen wich- keit einer ganzen Reihe von Branchen nicht mehr ohne tigen Einfluss auf die Innovationsgenerierung, sodass eine nachhaltige Vernetzung der Hersteller, Zulieferer, früher bekannte Muster oder Vorgehensweisen bei der Komplementoren und Kunden vorstellbar – man denke Innovationsgenerierung nicht mehr gelten (Reihenfolge nur an traditionelle Branchen wie die Automobil- oder die ohne Wertung): 16 Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber
Einführung in das Innovationsmanagement • Bisher getrennte Technologien werden konvergent Cluster-Initiativen organisiert oder nicht – leisten heute (vgl. analoge Sprachtelefonie und digitale Daten- essenzielle Beiträge für die Beschleunigung von Innovati- übertragung) und durchdringen breite Segmente der onsprozessen in Sinne der Akteure [22]. Mit der Exzellenz Wirtschaft. des Cluster- oder Netzwerkmanagements wachsen auch das Potenzial und die Fähigkeit durch des Cluster- bzw. • Die thematische Komplexität von einzelnen Innova- Netzwerkmanagements solche Innovationsprozesse im tionen übersteigt immer häufiger die technologische Sinne ihrer Mitglieder zu forcieren. Ausrichtung (Breite) eines Unternehmens. • Besonders viele Innovationen entstehen durch Ver- knüpfung verschiedener Technologien und Branchen. Auch innerhalb einer etablierten Branche („old eco- nomy“) können inkrementelle Innovationen wichtige Marktvorteile schaffen. • Viele (hoch-)technologische Innovationen brauchen einen langen Entwicklungsvorlauf, bis sie am Markt nutzbar sind; das „Valley of death“ der Innovation nimmt im Mittel eher zu. Das gilt nicht zuletzt für Innovationen, die auf komplexe Fertigungsprozesse angewiesen sind bzw. bei denen neue Fertigungspro- zesse integrativer Bestandteil der Innovation sind. • Die Rolle von Intellectual Property Rights (IPR, Recht am geistigen Eigentum) [19] im Innovationsprozess verändert sich. Etablierte Schutzmechanismen (Paten- te, Geheimhaltung) stehen teilweise im Wettbewerb mit neuen Methoden des Innovationsmanagements (Open Innovation). Daraus resultieren auch wirtschaft- liche Risiken. Vor dem Hintergrund dieser o. g. Trends gestaltet sich das Innovieren, vor allem für KMU, zunehmend anspruchs- voller, komplexer und zeitaufwendiger. Ein gemeinsames Interagieren von Akteuren mit verschiedenen Kompeten- zen wird daher zunehmend notwendiger. Die Erfolge von Cluster-Initiativen3 als Treiber von Inno- vationsprozessen sind unbestritten [20]. Folgerichtig ist die Wichtigkeit des Themas in Cluster- und Netzwerk-In- itiativen entsprechend hoch und ebenso wie die Bedeu- tung, die „richtigen“ Partner zu finden [21]. Im Rahmen einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2011 gaben rund zwei Drittel der befragten Cluster- und Netzwerkmanagements an, dass die Gene- rierung von Innovationen bzw. die Steigerung der Inno- vationsfähigkeit ein wichtiges bzw. sehr wichtiges Ziel der Netzwerkarbeit ist [13]. Dies bedeutet, Cluster und regionale Innovationsstrukturen – seien sie in formalen 3 Im Folgenden wird der Auddruck „Cluster-Initiative” verwandt, wobei es sich um eine regional konzentrierte Gruppe (Clusterakteure) handelt, die sich in geeigneter Art und Weise für ein gemeinsames, vertrauensvolles Agieren verständigt haben. Koordiniert wird dieses Agieren von einem Clustermanagement (bzw. Clusterorganisation). Cluster und Innovationen: Cluster-Initiativen als Innovationstreiber 17
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