Das Strafrecht in der Krise - Eine Untersuchung der Strafbestimmungen in der COVID-19-Verordnung 2 und welche Lehren daraus zu ziehen sind - sui ...

 
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Das Strafrecht in der Krise
Eine Untersuchung der Strafbestimmungen in der COVID-19-Verordnung 2
und welche Lehren daraus zu ziehen sind

Gian Ege / David Eschle *%

Der Bundesrat hat im Rahmen der Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus
(Covid-19) Strafvorschriften auf Verordnungsebene erlassen und diese als Reaktion
auf die sich rasch ändernden Umstände häufig angepasst. Das wirft die Fragen auf,
ob der Bundesrat überhaupt Strafvorschriften erlassen darf und welchen Anforde-
rungen diese genügen müssen. Eine Analyse der Strafbestimmungen in der COVID-
19-Verordnung 2 zeigt, dass sich diese auf eine – wenn auch diskussionswürdige –
Grundlage stützen können. Die konkrete Ausgestaltung verletzt allerdings teilweise
das Verhältnismässigkeitsprinzip und das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot. Aus-
serdem vermag die Notverordnungskompetenz des Bundesrates die Anwendung
des Ordnungsbussenverfahrens auf gewisse Übertretungen nicht zu decken. Insge-
samt ist es angezeigt, dass der bundesrätliche Umgang mit den Strafvorschriften
überdacht wird, um für zukünftige Krisensituationen die richtigen Schlüsse zu zie-
hen.

I. Einleitung............................................................................................................ 280
II. Entwicklung ......................................................................................................... 281
III. Darf der Bundesrat Strafbestimmungen erlassen? ............................................282
IV. Analyse der Strafbestimmungen ......................................................................... 287
   1. Vergehen (Art. 10f Abs. 1) ............................................................................... 287
   2. Übertretungen (Art. 10f Abs. 2) ...................................................................... 291
V. Ausblick................................................................................................................294

Zitiervorschlag: Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise, Eine
                 Untersuchung der Strafbestimmungen in der COVID-19-Verordnung
                 2 und welche Lehren daraus zu ziehen sind, in: sui-generis 2020,
                 S. 279

URL:                   sui-generis.ch/137

DOI:                   https://doi.org/10.21257/sg.137

   ____________________________
* Dr. iur. Gian Ege (gian.ege@rwi.uzh.ch), Oberassistent für Strafrecht und Strafprozessrecht, Uni-
  versität Zürich. David Eschle, MLaw (david.eschle@rwi.uzh.ch), wissenschaftlicher Mitarbeiter am
  Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Verwaltungsstrafrechts von Prof.
  Dr. iur. Marc Thommen, Universität Zürich.

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   gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

I. Einleitung                                                 achtung erhielt dabei der Umstand, dass
1                                                             der Bundesrat in seinen Verordnungen
    Das Jahr 2020 wird als Jahr der Pande-
                                                              auch Strafvorschriften erliess.7 Eine Un-
    mie in Erinnerung bleiben. Zu Beginn
                                                              tersuchung dieser Normen drängt sich
    des Jahres breitete sich ein neuartiges
                                                              jedoch auf, da einerseits ungeklärt ist, ob
    Coronavirus (SARS-CoV-2) und die
                                                              der Bundesrat diese Bestimmungen
    dadurch verursachte Lungenkrankheit
                                                              überhaupt so hätte erlassen dürfen, und
    (Covid-19) weltweit rasant aus und wur-
                                                              die Straftatbestände andererseits selbst
    de von der World Health Organization
                                                              grossen Klärungsbedarf aufweisen.
    (WHO) am 11. März 2020 zur Pandemie
    erklärt.1 Auch in der Schweiz verbreitete            2    Dieser Beitrag zeichnet den Erlass sowie
    sich das Virus ab Ende Februar 2020
                                                              die häufigen und raschen Änderungen
    stark.2 Als Reaktion rief der Bundesrat
                                                              der Strafvorschriften nach (II.). An-
    am 28. Februar 2020 die besondere Lage
                                                              schliessend wird beleuchtet, ob der Bun-
    im Sinne des Epidemiengesetzes (EpG)3
                                                              desrat überhaupt Strafvorschriften erlas-
    aus.4 Diese Einschätzung wurde am
                                                              sen darf und welchen Anforderungen
    16. März 2020 revidiert und die Situation
                                                              diese genügen müssen (III.). Die Strafbe-
    zur ausserordentlichen Lage heraufge-
                                                              stimmungen der Verordnungen werden
    stuft.5 Zur Eindämmung der Virusver-
                                                              sodann ausführlich auf ihre Rechtmäs-
    breitung sowie zur Abfederung ihrer
                                                              sigkeit hin untersucht (IV.). Aufgrund
    Auswirkungen hat der Bundesrat zahlrei-
                                                              der daraus gewonnenen Erkenntnisse
    che Verordnungen erlassen. Die rasch
                                                              wird abschliessend aufgezeigt, welche
    ändernden Umstände unterwarfen diese
                                                              Lehren für eine ähnliche Situation in der
    Regelungswerke einem steten Wandel,
                                                              Zukunft zu ziehen sind (V.).
    was zu verschiedenen rechtlichen Un-
    klarheiten führte. Mit deren wissen-
    schaftlichen Aufarbeitung beschäftigt
    sich mittlerweile eine Vielzahl von Publi-
    kationen.6 Vergleichsweise geringe Be-
    ____________________________
1   WHO, WHO Director-General's opening remarks
    at the media briefing on COVID-19, 11. März
    2020.
2   Schweizerische Eidgenossenschaft, COVID-19 in
    der Schweiz.
3   Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragba-              che Situationen verlangen nach ausserordentli-
    rer     Krankheiten     des    Menschen     vom           chen Lösungen.», ZBl 121/2020, S. 268 ff.; An-
    28. September 2012 (Epidemiengesetz, EpG;                 dreas Stöckli, Regierung und Parlament in Pan-
    SR 818.101).                                              demiezeiten, ZSR 139/2020, Sondernummer
4   Medienmitteilung      des    Bundesrats     vom           «Pandemie und Recht», S. 9 ff.; Emanuel Georg
    28. Februar 2020 (Coronavirus: Bundesrat ver-             Tschannen, Das Corona-Massnahmenpaket des
    bietet grosse Veranstaltungen).                           Bundesrats, Jusletter vom 14. April 2020; Dami-
5   Medienmitteilung des Bundesrats vom 16. März              an Wyss, Sicherheit und Notrecht, Jusletter vom
    2020 (Coronavirus: Bundesrat erklärt die «aus-            25. Mai 2020; Andreas Zünd/Christoph Errass,
    serordentliche Lage» und verschärft die Mass-             Pandemie – Justiz – Menschenrechte, ZSR
    nahmen).                                                  139/2020, Sondernummer «Pandemie und
6   Z.B. Giovanni Biaggini, «Notrecht» in Zeiten des          Recht», S. 69 ff.
    Coronavirus, ZBl 5/2020, S. 239 ff.; Florian          7   Vgl. allerdings Annika Burrichter/Moritz Vischer,
    Brunner/Martin Wilhelm/Felix Uhlmann, Das                 Der Vergehenstatbestand nach Art. 10f Abs. 1 der
    Coronavirus und die Grenzen des Notrechts, AJP            COVID-19-Verordnung 2, forumpoenale online
    2020, S. 685 ff.; Andreas Kley, «Ausserordentli-          first 2020.

                                            sui-generis 2020, S. 280
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

II. Entwicklung                                                   und private Veranstaltungen wurden
3                                                                 gänzlich verboten und mittels als Verge-
      Mit der am 28. Februar 2020 in Kraft
                                                                  hen ausgestalteter, besonderer Strafvor-
      getretenen Verordnung über Massnah-
                                                                  schrift unter Strafe gestellt.13 Mit Inkraft-
      men zur Bekämpfung des Coronavirus8
                                                                  treten am 21. März 2020 wurde ein Ver-
      verbot der Bundesrat Grossveranstaltun-
                                                                  bot von öffentlichen Menschenansamm-
      gen.9 In dieser Verordnung waren keine
                                                                  lungen von mehr als 5 Personen in die
      Strafvorschriften vorgesehen. Da sich die
                                                                  Verordnung        aufgenommen.14         Der
      Massnahme auf Art. 6 i.V.m. Art. 40 EpG
                                                                  Verstoss dagegen wurde als Übertretung
      stützte, hätte eine Verletzung des Veran-
                                                                  eingestuft und gleichzeitig wurde für die
      staltungsverbots eine Bestrafung nach
                                                                  Ahndung das Ordnungsbussenverfahren
      Art. 83 lit. j EpG nach sich ziehen kön-
                                                                  vorgesehen.15 Als weitere Übertretungen
      nen.10 Am 13. März 2020 wurde diese
                                                                  wurden ab dem 26. März 2020 die nicht
      Verordnung durch die Verordnung 2
                                                                  bewilligte Ausfuhr von Schutzausrüs-
      über Massnahmen zur Bekämpfung des
                                                                  tung16 – per 3. April 2020 erweitert auf
      Coronavirus (COVID-19)11 abgelöst. Ver-
                                                                  wichtige medizinische Güter17 –, ab dem
      anstaltungen ab 100 Teilnehmenden
                                                                  2. April 2020 der Verstoss gegen die Ein-
      wurden verboten.12 Gesonderte Strafvor-
                                                                  schränkungen des grenzüberschreiten-
      schriften waren nicht vorgesehen, eine
                                                                  den Personenverkehrs18 sowie ab dem
      Strafbarkeit konnte sich weiterhin aus
                                                                  17. April 2020 der Verstoss gegen das
      dem EpG ergeben.
                                                                  Verbot des Einkaufstourismus19 in die
4                                                                 Verordnung aufgenommen. Letztere zwei
      Mit der Deklarierung der ausserordentli-
                                                                  wurden ebenfalls dem Ordnungsbussen-
      chen Lage wurde die Verordnung am
                                                                  verfahren unterstellt.20
      16. März 2020 angepasst. Öffentliche
      ____________________________                          5     Ab dem 27. April 2020 begann der Bun-
 8    Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung
      des Coronavirus (COVID-19) vom 28. Februar                  desrat, die Massnahmen schrittweise zu
      2020 (SR 818.101.24).                                       lockern21 und gewisse Veranstaltungen
 9    Art. 2 Verordnung über Massnahmen zur Be-                   wurden wieder zugelassen.22 Per 30. Mai
      kämpfung des Coronavirus.
 10   Benjamin Märkli, Die «Corona-Verordnung» des                2020 galt das Versammlungsverbot nur
      Bundesrats vom 28. Februar 2020, Jusletter vom              noch für Ansammlungen von mehr als
      9. März 2020, Rz. 23; vgl. auch Botschaft vom
      3. Dezember 2010 zur Revision des Bundesgeset-              ____________________________
      zes über die Bekämpfung übertragbarer Krank-           13   Art. 6 und Art. 10d (16. März 2020, AS 2020 783).
      heiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG)             14   Art. 7c (20. März 2020, AS 2020 863).
      (BBl 2011 311), S. 363.                                15   Art. 10d Abs. 3 (20. März 2020, AS 2020 863).
 11   Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämp-               16   Art. 10f     Abs. 2      lit. b    (25. März    2020,
      fung des Coronavirus (COVID-19) vom 13. März                AS 2020 1065).
      2020 (COVID-19-Verordnung 2; SR 818.101.24).           17   Art. 10f     Abs. 2        lit. b   (3. April   2020,
      Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf                AS 2020 1155).
      die Verordnung nach den Änderungen vom                 18   Art. 10f Abs. 2 lit. c (1. April 2020, AS 2020 1137).
      27. Mai 2020 (AS 2020 1815) mit Stand am               19   Art. 10f Abs. 2 lit. d, Abs. 4 und 5 (16. April 2020,
      6. Juni 2020. Wird auf eine ältere Version abge-            AS 2020 1245).
      stellt, ist in Klammern das Datum der letzten Än-      20   Art. 10f Abs. 4 und 5 (16. April 2020,
      derungen sowie die Fundstelle in der AS angege-             AS 2020 1245).
      ben. Ausserdem wird auf die genaue Bezeichnung         21   Vgl. Art. 6 Abs. 2 und 3 (16. April 2020,
      der Verordnung verzichtet. Artikel, die ohne nä-            AS 2020 1249) sowie Art. 6 Abs. 2 und 3
      here Angaben genannt werden, sind immer sol-                (29. April 2020, AS 2020 1401 und 8. Mai 2020,
      che aus der COVID-19-Verordnung 2.                          AS 2020 1499).
 12   Art. 6 (13. März 2020, AS 2020 773).                   22   Art. 6 Abs. 3 lit. k (20. Mai 2020, AS 2020 1751).

                                               sui-generis 2020, S. 281
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

       30 Personen.23 Damit einhergehend fie-                         oder ob dies der Bundesversammlung als
       len die entsprechenden Handlungen aus                          Gesetzgeberin vorbehalten gewesen wäre.
       dem Anwendungsbereich der Strafvor-
       schriften. Mit Inkraftsetzung am 6. Juni                 8     Bei Übertretungen ist Art. 1 StGB29 Ge-
       2020 wurden die Strafbestimmungen der                          nüge getan, wenn die Busse in Verord-
       Lockerung angepasst und inhaltlich prä-                        nungen der Exekutive, die sich im Rah-
       zisiert.24 Das Veranstaltungsverbot, das                       men von Verfassung und Gesetz halten,
       Versammlungsverbot und die entspre-                            angedroht ist.30 Für Freiheitsstrafen ver-
       chenden Strafbestimmungen gelten vo-                           langen Bundesgericht und Lehre demge-
       raussichtlich bis zum 5. Juli 2020.25                          genüber eine klare Grundlage in einem
                                                                      formellen Gesetz (so explizit Art. 31
 6     In praktisch allen zahlreich neben der                         Abs. 1 BV31).32 Teilweise wird ein Gesetz
       COVID-19-Verordnung 2 im Zusammen-                             im formellen Sinn auch bei Geldstrafen
       hang mit der Corona-Pandemie erlasse-                          gefordert.33 Notverordnungen, die der
       nen Verordnungen26 sind keine Strafvor-                        Bundesrat unmittelbar gestützt auf die
       schriften enthalten. Einzige Ausnahme                          Verfassung erlässt, stellen eine Ausnah-
       bildet Art. 23 der COVID-19-Solidar-                           me dar: Hier können Verstösse unter
       bürgschaftsverordnung27.28                                     Umständen auch mit Freiheitsstrafe
                                                                      sanktioniert werden.34 So beurteilte das
                                                                      Bundesgericht die Androhung von Frei-
III. Darf der Bundesrat
                                                                      heitsstrafen bei Missachtung des Waffen-
     Strafbestimmungen erlassen?
                                                                      tragverbots für jugoslawische Staatsan-
 7     Zunächst stellt sich die Frage, ob der                         gehörige, vom Bundesrat direkt auf
       Bundesrat überhaupt dazu ermächtigt                            Art. 102 Ziff. 8–10 aBV (heute Art. 184
       war, in der COVID-19-Verordnung 2                              Abs. 3 und Art. 185 Abs. 3 BV) gestützt,
       Strafbestimmungen zu erlassen und ins-                         als verfassungskonform.35 Der Bundesrat
       besondere Freiheitsstrafen anzuordnen,                         könne in Notverordnungen Gefängnis-

       ____________________________                                   ____________________________
  23   Art. 7c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2.                     29   Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezem-
  24   Art. 10f COVID-19-Verordnung 2.                                ber 1937 (StGB; SR 311.0).
  25   Art. 12 Abs. 12 COVID-19-Verordnung 2.                    30   BGE 96 I 24 E. 3a; vgl. EJPD, Gesetzgebungsleit-
  26   Siehe die chronologische Darstellung (Stand:                   faden, 4. Aufl., Bern 2019, Rz. 891.
       29. April 2020) bei Brunner/Wilhelm/Uhlmann               31   Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge-
       (Fn. 6), S. 687; vgl. auch Tschannen (Fn. 6),                  nossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101).
       Rz. 7 ff.                                                 32   BGE 124 IV 23 E. 1; BGE 112 Ia 107 E. 3b; Wolf-
  27   Verordnung zur Gewährung von Krediten und                      gang Wohlers, in: Wohlers/Godenzi/Schlegel,
       Solidarbürgschaften in Folge des Coronavirus                   Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommen-
       vom 25. März 2020 (SR 951.261).                                tar, 4. Aufl., Bern 2020, Art. 1 N 3 (zit. HK StGB-
  28   Mit Busse bis zu 100 000 Franken wird bestraft,                BearbeiterIn).
       «wer vorsätzlich mit falschen Angaben einen               33   Peter     Popp/Anne       Berkemeier,     in:    Nig-
       Kredit nach dieser Verordnung erwirkt oder die                 gli/Wiprächtiger (Hrsg.), Strafrecht, Basler
       Kreditmittel in Abweichung von Artikel 6 Ab-                   Kommentar, 4. Aufl., Basel 2019, Art. 1 N 28 (zit.
       satz 3 verwendet». Dieser Tatbestand wird vor-                 BSK StGB-BearbeiterIn).
       liegend nicht näher behandelt, s. dazu Benjamin           34   Gilbert Kolly, Selbständige Verordnungen als
       Märkli/Moritz Gut, Missbrauch von Krediten                     Grundlage für Freiheitsstrafen, SJZ 89/1993,
       nach      Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung,               S. 352 ff., 354; Stefan Trechsel/Marc Jean-
       AJP 6/2020, S. 722 ff. sowie Edy Salmina, Le                   Richard-dit-Bressel, in: Trechsel/Pieth (Hrsg.),
       disposizioni penali previste dall’Ordinanza feder-             Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommen-
       ale sulle fideuissioni solidali Covid-19, Novità fis-          tar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2018, Art. 1 N 13.
       cali 3/2020, S. 103 ff.                                   35   BGE 123 IV 29.

                                                   sui-generis 2020, S. 282
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

     strafen (heute Freiheitsstrafen bis zu drei                   Der Bundesrat geht von Letzterem aus:
     Jahren) androhen, wenn diese dem Un-                          Im Ingress der Verordnung figurieren
     wert, der in der Missachtung der bundes-                      Art. 184 Abs. 3 und Art. 185 Abs. 3 BV
     rätlichen Anordnungen und Verbote lie-                        nach einem dreitägigen Intermezzo im
     ge, angemessen sind.36 Im Ergebnis stellt                     März 2020 nicht mehr als Ermächti-
     die Rechtsprechung zum Waffentragver-                         gungsgrundlagen.42     Die   COVID-19-
     bot für jugoslawische Staatsangehörige                        Verordnung 2 verweist seit der Ausru-
     an Strafnormen die gleichen Anforde-                          fung der ausserordentlichen Lage am
     rungen wie an andere Bestimmungen des                         16. März – als einzige der Corona-
     konstitutionellen «Notrechts»:37 Liegt                        Notverordnungen – auf Art. 7 EpG.43
     eine Situation gemäss Art. 185 Abs. 3 BV                      Dieser ermächtigt den Bundesrat in einer
     vor,38 können Strafbestimmungen erlas-                        ausserordentlichen Lage, für das ganze
     sen werden, wenn dies dringend not-                           Land oder einzelne Landesteile die
     wendig ist, die Strafe zur Durchsetzung                       «notwendigen Massnahmen» anzuord-
     der Verordnung unbedingt erforderlich                         nen.44 Den Ermächtigungsgrundlagen,
     und im Vergleich zum Tatunrecht ver-                          die im Ingress von bundesrechtlichen Er-
     hältnismässig ist.39 Bei der Androhung                        lassen angegeben werden, kommt jedoch
     von freiheitsentziehenden Sanktionen in                       keine normative Kraft zu.45 Der Bundes-
     Notverordnungen muss indessen grosse                          rat kann mit anderen Worten auch kon-
     Zurückhaltung geübt werden.40                                 stitutionelles Notrecht erlassen, ohne
                                                                   dies explizit zu sagen. Aus den beiden
9    Wie steht es also um die Bestimmungen                         möglichen Grundlagen – Art. 185 Abs. 3
     in Art. 10f? Nicht einheitlich beantwortet
     wird bislang die für die Ermächtigung                         wohl auch Biaggini (Fn. 6), S. 262 f.; a.M. Brun-
     wichtige Frage, ob sich die bundesrät-                        ner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6), S. 696 f.; Bur-
     lichen Massnahmen und Anordnungen in                          richter/Vischer (Fn. 7); differenzierend in Bezug
                                                                   auf die Strafbestimmungen Zünd/Errass (Fn. 6),
     der Verordnung (und damit auch die                            S. 89.
     Strafnormen) materiell auf die Verfas-                   42   Vom 13. bis 16. März 2020, vgl. Ingress der
     sung und/oder auf das EpG stützen.41                          COVID-19-Verordnung 2 (von 13. März 2020,
                                                                   AS 2020 773, bis 16. März 2020, AS 2020 783).
     ____________________________                             43   Mit der Änderung vom 18. März 2020
36   BGE 123 IV 29 E. 4c.                                          (AS 2020 841) wurden zwei weitere Rechtsgrund-
37   Thomas Gächter, Selbstständiges Verordnungs-                  lagen in den Ingress der Verordnung aufgenom-
     recht des Bundesrates und Gesetzesvorbehalt für               men: Anhang I Art. 5 des Abkommens vom zwi-
     Freiheitsstrafen, in: Ackermann (Hrsg.), Straf-               schen der Schweizerischen Eidgenossenschaft ei-
     recht als Herausforderung, Zürich 1999, S. 231 ff.,           nerseits und der Europäischen Gemeinschaft und
     240 f.; Stöckli (Fn. 6), S. 25.                               ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Frei-
38   Eine schwere Störung der öffentlichen Ordnung                 zügigkeit 21. Juni 1999 (FZA; SR 0.142.112.681)
     oder der inneren bzw. äusseren Sicherheit muss                sowie Art. 28 der EU-Verordnung 2016/399 des
     eingetreten sein oder unmittelbar drohen. Aus-                Europäischen Parlaments und des Rates vom
     serdem sind die Verordnungen zu befristen.                    9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für
39   Gächter (Fn. 37), S. 241; David Rechsteiner,                  das Überschreiten der Grenzen durch Personen
     Recht in besonderen und ausserordentlichen La-                (Schengener Grenzkodex); beide wirken sich
     gen, Diss. St. Gallen, Zürich/St. Gallen 2016,                nicht auf die innerstaatliche Legitimation des
     S. 175.                                                       Bundesrats aus.
40   Gächter (Fn. 37), S. 241; vgl. auch Guido Jenny,         44   Damit ist auch der Erlass von Verordnungen ge-
     Die strafrechtliche Rechtsprechung des Bundes-                meint, anders könnte der Bundesrat keine gene-
     gerichts im Jahre 1997, ZBJV 134/1998,                        rell-abstrakten Anordnungen für das ganze Land
     S. 606 ff., 609.                                              treffen; vgl. Stöckli (Fn. 6), S. 20.
41   Stöckli (Fn. 6), S. 21 f., geht davon aus, dass sich     45   BGE 144 II 454 E. 4.3.1; Rechsteiner (Fn. 39),
     die Primärmassnahmen auf Art. 7 EpG stützen,                  Rz. 511; Zünd/Errass (Fn. 6), S. 88.

                                                sui-generis 2020, S. 283
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

      BV und Art. 7 EpG – resultieren für die                     keine Pflicht, Massnahmen zu befristen
      Strafnormen der Verordnung zwei Sze-                        oder in ordentliches Recht zu überfüh-
      narien.                                                     ren.52 Auch der Rechtsschutz wäre bei
                                                                  einer Abstützung auf Art. 7 EpG wegen
10    Zunächst ist denkbar, dass sich die Straf-                  Art. 190 BV im Vergleich zum verfas-
      bestimmungen direkt auf die Notverord-                      sungsunmittelbaren Notrecht einge-
      nungskompetenz nach Art. 185 Abs. 3 BV                      schränkt.53 Vor diesem Hintergrund
      stützen. Für diese Auslegung spricht in                     scheint es wenig plausibel und mit dem
      erster Linie die Botschaft zum noch jun-                    Notrechtsinstitut der BV schwer verein-
      gen EpG, das erst Anfang 2016 in Kraft                      bar, dass die Bundesversammlung der
      trat. Ihr zufolge ist Art. 7 EpG nur ein                    Regierung mit dem offen formulierten
      deklaratorischer Verweis auf Art. 185                       Art. 7 EpG eigenständige – also neben
      Abs. 3 BV und verankert das konstitutio-                    den vom Verfassungsgeber vorgesehenen
      nelle Notrecht auf Gesetzesstufe.46 Art. 7                  – (Not-)Rechtsetzungsbefugnisse verlei-
      EpG schafft somit keine neuen Kompe-                        hen wollte.54
      tenzen, sondern wiederholt lediglich die-
      jenigen der Verfassungsbestimmung.47                  11    Handelt es sich bei Art. 10f um eine
      Auch eine verfassungskonforme Ausle-                        «echte»       Notverordnungsbestimmung
      gung führt zu diesem Ergebnis. Die Ent-                     i.S.v. Art. 185 Abs. 3 BV, hätte diese den
      scheidung, welche Rechtsetzungsbefug-                       allgemeinen Verfassungsprinzipien zu
      nisse dem Bundesrat in Zeiten der Not                       genügen, also insbesondere dem Rechts-
      zukommen, wurde im Grundsatz durch                          gleichheitsgebot und dem Verhältnis-
      den Verfassungsgeber gefällt.48 Dieser                      mässigkeitsprinzip.55 Es wäre zu prüfen,
      entschied sich gegen eine umfassende                        ob die Strafe zur Durchsetzung der vom
      Staatsnotstandsklausel49 und statuierte                     Bundesrat aufgestellten Verhaltensnor-
      eine Pflicht zur Befristung von Notver-                     men und Verbote erforderlich ist und die
      ordnungen (Art. 185 Abs. 3 BV). Der Ge-                     angedrohten Strafen verhältnismässig
      setzgeber unterstellte solche überdies ei-                  sind zum Unrechtsgehalt des Normbru-
      nem Überführungsmechanismus: Der
      Bundesrat muss dem Parlament innert                         ____________________________
      sechs Monaten einen Entwurf für ein                    52   So auch Biaggini (Fn. 6), S. 265; Brun-
                                                                  ner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6), S. 694; a.M.
      Bundesgesetz oder eine Notverordnung                        Stöckli (Fn. 6), S. 48, der postuliert, Art. 7d
      der Bundesversammlung unterbreiten,                         RVOG auch auf Notverordnungen anzuwenden,
      ansonsten tritt die bundesrätliche Ver-                     die gestützt auf Art. 7 EpG erlassen wurden;
                                                                  ebenso Wyss (Fn. 6), Rz. 15; in diese Richtung
      ordnung ausser Kraft (vgl. Art. 7d Abs. 2                   deutet auch die Botschaft EpG (Fn. 10), S. 365 f.,
      RVOG50).51 Art. 7 EpG auferlegt dagegen                     wobei Art. 7d RVOG zu jenem Zeitpunkt noch
                                                                  nicht in Kraft war.
      ____________________________                           53   Brunner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6), S. 697; eine
 46   Botschaft EpG (Fn. 10), S. 334, 337 sowie 364 f.            abstrakte Normenkontrolle ist auf jeden Fall un-
 47   Brunner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6), S. 693.                    zulässig, vgl. Urteil des Bundesgerichts
 48   So auch Zünd/Errass (Fn. 6), S. 89 f., allerdings           2C_280/2020 vom 15. April 2020 E. 2.2.
      mit gegenteiligem Schluss.                             54   Ebenso Brunner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6),
 49   Biaggini (Fn. 6), S. 242.                                   S. 694; a.M. Biaggini (Fn. 6), S. 263 f.; Kley
 50   Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz              (Fn. 6), S. 273.
      vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010).                  55   Giovanni Biaggini, Bundesverfassung der Schwei-
 51   Zu den daraus resultierenden Fragen in Bezug auf            zerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Zürich
      die Corona-Notverordnungen Biaggini (Fn. 6),                2017, Art. 185 N 10a; Ralph Trümpler, Notrecht,
      S. 251 ff. sowie Stöckli (Fn. 6), S. 48.                    Diss. Zürich, Zürich/Basel/Genf 2012, Rz. 310 ff.

                                               sui-generis 2020, S. 284
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

     ches.56 Was der Gesetzgeber in Art. 82                  13    In Bezug auf den Erlass der Strafnormen
     und 83 EpG bereits unter Strafe gestellt                      in Art. 10f gehen verschiedene Autoren
     hat, wäre Richtschnur für die Verhält-                        davon aus, dass Art. 7 EpG nur eine
     nismässigkeitsprüfung.57 Die Anordnun-                        wacklige oder keine genügende Ermäch-
     gen in der Verordnung dürfen nach bun-                        tigungsbasis bildet.63 Sie argumentieren
     desgerichtlicher Rechtsprechung nämlich                       insbesondere, die Strafbestimmungen
     grundsätzlich nicht im Widerspruch zu                         verletzten das Verhältnismässigkeits-
     Erlassen der Bundesversammlung ste-                           prinzip64und die Straftatbestände des
     hen.58                                                        EpG hätten abschliessenden Charakter.65
                                                                   Letzteres überzeugt nicht: In einer nor-
12   Das zweite mögliche Szenario ist, dass die                    malen Lage können kantonale Behörden
     Strafbestimmungen       der    COVID-19-                      insbesondere Massnahmen gegenüber
     Verordnung 2 ihre Grundlage direkt in                         der Bevölkerung erlassen (Art. 40 EpG).
     Art. 7 EpG finden. Die Lehre sieht darin                      In einer besonderen Lage ist der Bundes-
     teilweise eine eigenständige epidemiologi-                    rat dazu ermächtigt (Art. 6 Abs. 2 lit. b
     sche Ermächtigungsnorm für bundesrätli-                       i.V.m. Art. 40 EpG). Einen Verstoss ge-
     ches Notrecht.59 Wie weit diese Kompe-                        gen solche Massnahmen stellte der Ge-
     tenz reicht und welche «Massnahmen»                           setzgeber als Übertretung (Art. 83 Abs. 1
     sie genau umfassen soll, ist im Einzelnen                     lit. j EpG) unter Strafe.66 Anders ist die
     ungeklärt.60 Teilweise wird postuliert,                       Situation demgegenüber in einer ausser-
     Art. 7 EpG stelle eine im Vergleich zu                        ordentlichen Lage: Der Bundesrat kann
     Art. 185 Abs. 3 BV weitergehende Er-                          alle Massnahmen anordnen, die notwen-
     mächtigung dar,61 beispielsweise indem er                     dig sind und den Zwecken des EpG67 und
     auch finanzielle Leistungen des Bundes                        der Bekämpfung der Epidemie dienen.68
     zulässt, die den Rahmen des verfassungs-                      Die Strafbestimmungen des EpG können
     unmittelbaren Notrechts sprengen.62                           hier wegen des strengen Analogiever-
                                                                   bots69 keine Anwendung finden. Gleich-
                                                                   zeitig ist es erforderlich, dass der Bun-
                                                                   desrat die Massnahmen in einer ausser-
     ____________________________                                  ordentlichen Lage wie diejenigen des Ge-
56   Gächter (Fn. 37), S. 243.                                     setzes unter Strafe stellen kann.
57   S. dazu unten IV.1.a.
58   BGE 123 IV 29 E. 3a S. 34. In der Corona-Krise
     hat sich zwar gezeigt, dass diese Regel nicht abso-           ____________________________
     lut gelten kann und der Bundesrat unter Um-              63   Niggli Marcel Alexander, Bundesrat darf keine
     ständen auch von Bundesgesetzen abweichendes                  Strafen erlassen, NZZ vom 16. April 2020, S. 7;
     Recht setzen können muss, s. für Beispiele und                Stöckli (Fn. 6), S. 25; Zünd/Errass (Fn. 6), S. 89.
     zum Ganzen Brunner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6),              64   Dazu eingehend IV.1.b.
     S. 696 ff. Von den gesetzgeberischen Wertungen           65   Niggli (Fn. 63), S. 7; Stöckli (Fn. 6), S. 25; David
     im EpG, das gerade die Bekämpfung von Epide-                  Zollinger, Nulla poena sine lege oder die rechtli-
     mien zum Ziel hat, dürfte allerdings nur sehr zu-             che Seite der Virusbekämpfung, Inside Parade-
     rückhaltend divergiert werden.                                platz vom 30. März 2020.
59   So insb. Biaggini (Fn. 6), S. 264; Kley (Fn. 6),         66   Rechsteiner (Fn. 39), Rz. 890; Zünd/Errass
     S. 272; in Bezug auf Primärmassnahmen auch                    (Fn. 6), S. 84; Botschaft EpG (Fn. 10), S. 363, Ta-
     Stöckli (Fn. 6), S. 47; s. auch IV.1.a.                       belle 3 sowie 365.
60   S. z.B. Zünd/Errass (Fn. 6), S. 83 ff.; Biaggini         67   Vgl. Art. 2 EpG.
     (Fn. 6), S. 260 ff.                                      68   Kley (Fn. 6), S. 273; Trümpler (Fn. 55), Rz. 181;
61   Biaggini (Fn. 6), S. 263; Kley (Fn. 6), S. 272 ff.;           vgl. auch Botschaft EpG (Fn. 10), S. 363, Tabelle 3.
     a.M. Stöckli (Fn. 6), S. 20 f.                           69   BSK StGB-Popp/Berkemeier, Art. 1 N 31; HK
62   Biaggini (Fn. 6), S. 261 f.                                   StGB-Wohlers, Art. 1 N 13.

                                                sui-generis 2020, S. 285
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

14   Geht man davon aus, dass es sich bei den                    zahlreichen anderen Corona-Notver-
     Strafbestimmungen in der Verordnung                         ordnungen aus)72: Die Verordnung ist
     um Massnahmen in einer ausserordent-                        gemäss deren Art. 12 Abs. 3 befristet und
     lichen Lage nach Art. 7 EpG handelt, hat                    die sechsmonatige Frist zur Überführung
     man es nicht mehr mit eigentlichen Not-                     in ordentliches Recht nach Art. 7d Abs. 2
     verordnungsbestimmungen zu tun. Da-                         RVOG läuft erst im Frühherbst ab. So-
     mit gewinnt die Frage an Bedeutung, in-                     weit Art. 7 EpG als Grundlage für den Er-
     wieweit die Anforderung an ein Gesetz                       lass von Strafbestimmungen nicht aus-
     im formellen Sinn gemäss Art. 1 StGB er-                    reicht, kann sich der Bundesrat deshalb
     füllt sind: Strafvorschriften in bundesrät-                 auf Art. 185 Abs. 3 BV stützen.73 Die
     lichen Notverordnungen, die sich direkt                     Strafnormen wären rechtmässig, wenn
     auf die Verfassung stützen, können den                      sie sich an die allgemeinen Verfassungs-
     Anforderungen von Art. 1 StGB genügen.                      prinzipen halten und der Wahrung der
     Ob dies auch für Strafnormen in Verord-                     Schutzgüter von Art. 185 Abs. 3 BV (öf-
     nungen gelten kann, die sich auf eine                       fentliche Ordnung, innere und äussere
     (wenn auch sehr umfassende) Delegation                      Sicherheit)74 dienen.75
     in einem Gesetz stützen, ist dagegen
     zweifelhaft. Eine weitere Konsequenz
     dürfte sein, dass sich der Bundesrat stär-
     ker an der im EpG vorgenommenen Ab-
     wägung orientieren muss, ob und wie
     Verstösse gegen epidemiologische Mass-
     nahmen zu bestrafen sind, als dies bei ei-
     ner Abstützung auf Art. 185 Abs. 3 BV                       ____________________________
                                                            72   Vgl. die Auflistung der 14 Verordnungen bei Bi-
     der Fall wäre.70 Freilich ist die Regierung                 aggini (Fn. 6), Fn. 65; in der Zwischenzeit kamen
     nicht davon entbunden, sich an die                          folgende vier dazu (Stand: 6. Juni 2020): die
                                                                 Verordnung über die Durchführung der kantona-
     grundlegenden Bestimmungen der Ver-                         len gymnasialen Maturitätsprüfungen 2020 an-
     fassung zu halten, insbesondere an das                      gesichts der Pandemie des Coronavirus vom
     Verhältnismässigkeitsprinzip.71                             29. April 2020 (COVID-19-Verordnung gymnasi-
                                                                 ale Maturitätsprüfungen; SR 413.16), die Verord-
                                                                 nung über Übergangsmassnahmen zugunsten der
15   Die Frage, was materiell Grundlage für                      Printmedien im Zusammenhang mit dem
                                                                 Coronavirus vom 20. Mai 2020 (Covid-19-
     die Strafbestimmungen in der COVID-                         Verordnung Printmedien; SR 783.03), die Ver-
     19-Verordnung 2 bildet, ist zumindest in                    ordnung über Übergangsmassnahmen zugunsten
     der ausserordentlichen Lage von unter-                      der elektronischen Medien im Zusammenhang
                                                                 mit dem Coronavirus vom 20. Mai 2020 (Covid-
     geordneter Bedeutung: Dann dürften                          19-Verordnung          elektronische      Medien;
     nämlich die Voraussetzungen für die                         SR 784.402) sowie die Verordnung über die Ab-
     Anwendung von Art. 185 Abs. 3 BV er-                        federung der wirtschaftlichen Auswirkungen der
                                                                 Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus
     füllt sein (davon geht der Bundesrat bei                    (Covid-19) auf die institutionelle familienergän-
                                                                 zende Kinderbetreuung vom 20. Mai 2020 (Co-
     ____________________________                                vid-19-Verordnung familienergänzende Kinder-
70   S. IV.1.b; in diesem Sinne auch Zünd/Errass                 betreuung; SR 862.1).
     (Fn. 6), S. 89.                                        73   So auch Stöckli (Fn. 6), Fn. 98; a.M. wohl Biaggi-
71   Zünd/Errass (Fn. 6), S. 84; unklar in dieser Hin-           ni (Fn. 6), S. 263, Fn. 113, der vom Vorrang von
     sicht BGE 131 II 670 E. 3.3, wonach die inhaltli-           Art. 7 EpG ausgeht, ohne sich zu den Strafbe-
     chen Schranken für Massnahmen nach Art. 10                  stimmungen zu äussern; Kley (Fn. 6), S. 271 f.
     aEpG (dem Vorgängerartikel von Art. 7 EpG)             74   Biaggini (Fn. 55), Art. 185 N 10.
     nicht abstrakt bestimmt werden können.                 75   Dazu IV.1.a.

                                              sui-generis 2020, S. 286
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

IV. Analyse der Strafbestimmungen                           18    Die Strafbestimmungen des EpG dürften
                                                                  – gerade, wenn sich die Verordnung auf
 1. Vergehen (Art. 10f Abs. 1)                                    Art. 185 Abs. 3 BV stützen sollte – keine
 16                                                               harten Grenzen für diese Prüfung dar-
      Der als Vergehen ausgestaltete Art. 10f
                                                                  stellen. Dennoch sind die dem EpG zu-
      Abs. 1 wirft zwei Fragen auf: Ist die Norm
                                                                  grundeliegenden Wertungen des Gesetz-
      verhältnismässig (a) und genügt sie dem
                                                                  gebers der naheliegende Massstab, an
      Bestimmtheitsgebot (b)?
                                                                  dem sich der Bundesrat orientieren
                                                                  muss, wenn er Strafbestimmungen ver-
      a) Verhältnismässigkeit
                                                                  hältnismässig ausgestalten will. Dies gilt
 17   Art. 10f Abs. 1 stellt in all seinen bisheri-               umso mehr, weil der Bundesrat in Notla-
      gen Fassungen Widerhandlungen gegen                         gen die Aufgaben des Parlaments unter
      die Verbote und Einschränkungen von                         Zeitdruck übernimmt. Er sollte nicht
      Veranstaltungen und Betrieben in                            ohne gute Gründe von der Wertung ab-
      Art. 6 ff. unter Strafe. Er hat damit                       weichen, die der demokratisch legiti-
      grundsätzlich zum Ziel, Massnahmen zur                      mierte Gesetzgeber bereits sorgfältig vor-
      Eindämmung der Übertragung des                              genommen hat.
      Coronavirus strafrechtlich abzusichern
      und das Unrecht von Verstössen gegen                  19    Das Gesetz stellt die meisten Verstösse
      solche Massnahmen abzugelten. Dies                          gegen epidemiologische Massnahmen
      dürfte mittelbar nicht nur dem Zweck                        gemäss Art. 83 Abs. 1 lit. a–m EpG als
      des EpG dienen, die Verbreitung über-                       Übertretungen unter Strafe. Vergehen
      tragbarer Krankheiten zu bekämpfen                          sind gemäss Art. 82 Abs. 1 EpG nur die
      (vgl. Art. 2 Abs. 1 EpG). Auch der Schutz                   Verletzung der Vorschriften zum Um-
      der Gesundheit der Gesamtbevölkerung                        gang mit Krankheitserregern (Art. 26–28
      – ein hochrangiges Gut i.S.v. Art. 185                      EpG) sowie Verstösse gegen das Berufs-
      Abs. 3 BV – dürfte damit angestrebt wer-                    und Tätigkeitsverbot (Art. 38 EpG). Die
      den. Als materielle Schranke für den Er-                    Unterscheidung knüpft an die Schwere
      lass von Strafnormen in der Corona-                         der Widerhandlung an: «Schwere Verlet-
      Krise bleibt somit das Verhältnismässig-                    zungen hochrangiger Rechtsgüter wer-
      keitsprinzip.76 Als Not-Gesetzgeber muss                    den als Vergehen, weniger schwere An-
      der Bundesrat die Strafnormen so ausge-                     griffe als Übertretungen sanktioniert.»80
      stalten, dass diese abstrakt verhältnis-                    Diese Wertung reflektiert die COVID-19-
      mässig sind. Damit erhält er gewisse Ge-                    Verordnung 2 höchstens punktuell. Der
      staltungsspielräume:77 Im Gegensatz zu                      Charakter der Massnahmen in Art. 6 ff.
      Interessenabwägungen im Einzelfall,                         entspricht demjenigen verschiedener
      dem wohl wichtigsten Anwendungsfall                         Massnahmen des Gesetzes: Art. 40
      des Verhältnismässigkeitsprinzips,78 ist                    Abs. 2 EpG sieht wie Art. 6 der Verord-
      dieses als Maxime in der Rechtsetzung                       nung Veranstaltungsverbote (lit. a) sowie
      weniger griffig.79                                          Massnahmen zum Betrieb von privaten
      ____________________________                                Unternehmen und öffentlichen Instituti-
 76   Im Ergebnis ebenso Burrichter/Vischer (Fn. 7).
 77   BGE 123 IV 29 E. 3b; BGE 131 II 670 E. 3.1.
 78   Biaggini (Fn. 55), Art. 5 N 20.                             m.H. zur Rechtsprechung; Biaggini (Fn. 55),
 79   Georg Müller/Felix Uhlmann, Elemente einer                  Art. 5 N 20.
      Rechtsetzungslehre, 3. Aufl., Zürich 2013, Rn. 52      80   Botschaft EpG (Fn. 10), S. 422.

                                               sui-generis 2020, S. 287
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

     onen bis hin zur Schliessung (lit. b) vor.             des Einzelnen eingreifen83 – deren Miss-
     Die Pflicht zur Erstellung und zur Einhal-             achtung unter hohe Strafen zu stellen,
     tung von Schutzkonzepten, die im Rah-                  würde dazu führen, dass der Grund-
     men der Lockerungen einen wesentli-                    rechtseingriff im Ergebnis unverhältnis-
     chen Teil des Straftatbestands in Art. 10f             mässig wäre. Diese Überlegungen dürf-
     ausmacht, erinnert stark an die Verhü-                 ten auch für die Verbote und Einschrän-
     tungsmassnahmen nach Art. 19 Abs. 2                    kungen von Versammlungen und wirt-
     lit. b EpG. Der Bundesrat kann Betriebe                schaftlichen Tätigkeiten in Art. 6 ff. der
     und Veranstalter verpflichten, Präventi-               Verordnung gelten, die der Bundesrat in
     onsmaterial bereitzustellen und be-                    der ausserordentlichen Lage angeordnet
     stimmte Verhaltensregeln einzuhalten,                  hat. In diesem Punkt unterscheidet sich
     wobei er die Schwere der Erkrankung                    die Situation auch von jener im Ent-
     und die Grösse des Risikos bei der Kon-                scheid zum Waffentragverbot für jugo-
     kretisierung dieser Massnahmen zu be-                  slawische Staatsangehörige, in dem sich
     rücksichtigen hat.81 Der Gesetzgeber hat               das Bundesgericht zum bisher einzigen
     Verstösse gegen beide diese Massnah-                   Mal zur Androhung von Freiheitsstrafen
     men nur als Übertretungen unter Strafe                 in Notverordnungen geäussert und diese
     gestellt (Art. 83 Abs. 1 lit. c bzw. lit. j            als verfassungskonform beurteilt hat.84
     EpG). Die Tatbestände in der Verord-                   Das Verbot, in der Öffentlichkeit Waffen
     nung befinden sich mit einer Strafdro-                 zu tragen, stellte einen «höchstens ge-
     hung von bis zu drei Jahren Freiheits-                 ringfügigen Eingriff in die Freiheitsrech-
     strafe an der Obergrenze von Vergehen                  te»85 dar.
     (vgl. Art. 10 Abs. 3 StGB) und werden
     damit deutlich härter sanktioniert.              21    Weiter ist in der Abwägung zu berück-
                                                            sichtigen, dass Art. 10f Abs. 1 lediglich
20   Aus den Erläuterungen zur Verordnung                   abstrakt gefährdendes Verhalten unter
     geht nicht hervor, wieso der Bundesrat                 Strafe stellt86 und keine tatsächliche
     die Strafdrohungen im Vergleich zum                    Rechtsgutsverletzung verlangt. Den unter
     EpG teilweise erheblich verschärfte, aber              Strafe gestellten Handlungen wird eine
     beispielsweise die Fahrlässigkeitsstraf-               typische Gefährlichkeit für die Gesund-
     barkeit82 nicht übernahm. Denkbar wäre,                heit unterstellt.87 Ob eine Ansteckungs-
     dass die Strafandrohungen des EpG dem                  gefahr tatsächlich besteht oder eine Per-
     Bundesrat in der ausserordentlichen La-                son das Coronavirus in sich trägt, ist für
     ge zu lasch erschienen. Die vom Gesetz-                die Strafbarkeit nicht entscheidend, was
     geber eher im tieferen Bereich angesetz-               ____________________________
     ten Bestrafungen sind allerdings in ihrem         83   Bspw. die Quarantäne (Art. 35 i.V.m. Art. 83
     grundrechtlichen Kontext zu sehen: Die                 Abs. 1 lit. h EpG), die Pflicht, sich ärztlich unter-
                                                            suchen und Proben entnehmen zu lassen (Art. 36
     Übertretungstatbestände des EpG knüp-                  i.V.m. Art. 83 Abs. 1 lit. i EpG) oder die verschie-
     fen an Massnahmen an, die teilweise oh-                denen Massnahmen gegenüber der Bevölkerung
                                                            (Art. 40 i.V.m. Art. 83 Abs. 1 lit. j EpG).
     nehin schon stark in die Freiheitsrechte          84   BGE 123 IV 29.
                                                       85   BGE 123 IV 29 E. 3b S. 36.
                                                       86   A.M. Burrichter/Vischer (Fn. 7), die von einem
                                                            konkreten Gefährdungsdelikt ausgehen.
     ____________________________                      87   Vgl. Günter Stratenwerth, Schweizerisches Straf-
81   Botschaft EpG (Fn. 10), S. 377.                        recht, Allgemeiner Teil 1: Die Straftat, 4. Aufl.,
82   Art. 82 Abs. 2 EpG.                                    Bern 2011, § 9 N 15.

                                         sui-generis 2020, S. 288
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

      gerade bei Handlungen, die im Grenzbe-                      von den Normadressaten, von der
      reich der Strafbarkeit liegen, problema-                    Schwere des Eingriffs in Verfassungs-
      tisch ist. Auch vor diesem Hintergrund                      rechte und von der erst bei der Konkreti-
      erscheint die Qualifikation der Verstösse                   sierung im Einzelfall möglichen und
      in Art. 10f Abs. 1 als Vergehen unverhält-                  sachgerechten Entscheidung»94. Insge-
      nismässig.88                                                samt wird eine Verletzung des Be-
                                                                  stimmtheitsgebots nur in Extremfällen
      b) Bestimmtheit                                             angenommen; nämlich dann, wenn die
22                                                                Strafvorschriften evident unbestimmt
      Art. 1 StGB verlangt, dass eine Tat aus-
                                                                  sind.95
      drücklich unter Strafe gestellt sein muss.
      Das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot                23    Besonders problematisch sind Blankett-
      («nulla poena sine lege certa») verlangt,
                                                                  strafnormen, also Straftatbestände, de-
      dass Strafnormen präzise formuliert sein
                                                                  ren Inhalt erst durch weitere Bestim-
      müssen.89 Diese Voraussetzung gilt auch
                                                                  mungen konkretisiert werden.96 Das
      im     Nebenstrafrecht.90      Das    Be-
                                                                  Bundesgericht ist der Auffassung, dass
      stimmtheitsgebot ist in Art. 7 EMRK aus-
                                                                  grundsätzlich auch sie dem Be-
      serdem völkerrechtlich verankert.91 Der
                                                                  stimmtheitsgebot genügen können.97
      Grundsatz verlangt, dass Strafvorschrif-
                                                                  Wenn die Ermittlung des Normgehalts
      ten so formuliert sind, «dass der Bürger
                                                                  aber zu aufwendig und kompliziert ist,
      sein Verhalten danach richten und die
                                                                  wird dem Erfordernis der hinreichenden
      Folgen eines bestimmten Verhaltens mit
                                                                  Präzisierung einer Strafnorm nicht mehr
      einem den Umständen entsprechenden
                                                                  entsprochen.98
      Grad an Gewissheit erkennen kann».92
      Dies bedeutet allerdings nicht, dass der              24    Art. 10f Abs. 1 ist eine Blankettstrafnorm.
      Gesetzgeber gänzlich auf allgemeine und
                                                                  Die Strafbarkeit ergibt sich erst in Kom-
      vage Begriffe verzichten müsste. Sowohl
                                                                  bination mit Art. 6 ff. Zunächst ist prob-
      das Bundesgericht als auch der EGMR
                                                                  lematisch, dass sich der Regelungsgehalt
      verlangen keine absolute Bestimmtheit.93
                                                                  von Art. 6 immer wieder veränderte und
      Der verlangte Bestimmtheitsgrad hängt
                                                                  teilweise nur für einige Tage in einer Fas-
      insbesondere ab «von der Vielfalt der zu
                                                                  sung verblieb, was die Nachvollziehbar-
      ordnenden Sachverhalte, von der Kom-
                                                                  keit und Voraussehbarkeit der Strafbar-
      plexität und der Vorhersehbarkeit der im
                                                                  keit erheblich erschwerte.99 Daneben be-
      Einzelfall erforderlichen Entscheidung,
                                                                  standen auch inhaltlich Unklarheiten. So
      ____________________________
 88   Kritisch auch Stöckli (Fn. 6); Zünd/Errass                  war weitgehend unbestimmt, was alles
      (Fn. 6), S. 89; a.M. Burrichter/Vischer (Fn. 7).
 89   BGE 141 IV 279 E. 1.3.3; HK StGB-Wohlers, Art. 1            ____________________________
      N 7.                                                   94   BGE 138 IV 13 E. 4.1; vgl. auch BSK StGB-
 90   BGE 141 IV 279 E. 1.3.3.                                    Popp/Berkemeier, Art. 1 N 46.
 91   Urteil des EGMR [GK] 9174/02 vom                       95   HK StGB-Wohlers, Art. 1 N 10.
      19. September 2008 (Korbely gegen Ungarn),             96   HK StGB-Wohlers, Art. 1 N 9; vgl. auch BSK
      Ziff. 73; vgl. auch BSK StGB-Popp/Berkemeier,               StGB-Popp/Berkemeier, Art. 1 N 45.
      Art. 1 N 50.                                           97   Urteile des Bundesgerichts 6B_866/2016 vom
 92   BGE 141 IV 279 E. 1.3.3; BGE 138 IV 13 E. 4.1;              9. März 2017 E. 5.2; 6B_967/2015 vom 22. April
      BGE 117 Ia 472 E. 3e.                                       2016 E. 2.3; 6B_385/2008 vom 21. Juli 2008
 93   BGE 138 IV 13 E. 4.1; BGE 132 I 49 E. 6.2; Urteil           E. 3.3.2.
      des EGMR 23372/94 vom 24. Februar 1998 (La-            98   HK StGB-Wohlers, Art. 1 N 9.
      rissis u.a. gegen Griechenland).                       99   Vgl. auch Burrichter/Vischer (Fn. 7).

                                               sui-generis 2020, S. 289
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

      als verbotene Veranstaltung nach Art. 6               25     Neben der Organisation oder Durchfüh-
      galt. Obschon in den Erläuterungen zur                       rung einer verbotenen Veranstaltung ist
      Verordnung etwa Konzerte, Kongresse,                         auch die Verletzung von anderen in
      Sportveranstaltungen, Demonstrationen,                       Art. 6 geregelten Pflichten105 tatbe-
      Quartierfeste und Generalversammlun-                         standsmässig.106 Dabei kann sich nur die
      gen als Beispiele für verbotene Veranstal-                   «verantwortliche Person» bzw. der «Or-
      tungen genannt wurden,100 waren die                          ganisator» strafbar machen.107 Oftmals
      Grenzen des Verbots unscharf. So sollten                     war aber unklar, welche Handlungen
      «Veranstaltungen im kleinen privaten                         strafbar waren. Im Rahmen der Locke-
      Rahmen»101 nicht erfasst sein.102 Wie                        rungen der Massnahmen wurde diese
      weit der kleine private Rahmen reichte,                      Problematik mittels präziser formulier-
      blieb unklar. Die Unbestimmtheit des                         ten Tathandlungsvarianten entschärft. Es
      Veranstaltungsbegriffs zeigt sich auch am                    wurden aber auch neue Probleme ge-
      Beispiel von Demonstrationen: In den                         schaffen. So müssen die verantwortlichen
      Erläuterungen wurden sie explizit als                        Personen bzw. die Organisatoren «die
      verbotene Veranstaltungen aufgeführt.103                     Vorgaben für die Durchführung von Ver-
      Nachdem das absolute Demonstrations-                         anstaltungen nach Artikel 6 Absätze 3–
      verbot vermehrt in die Kritik geraten                        5» einhalten oder umsetzen.108 Bei priva-
      war, sah sich der Bundesrat zu einer Än-                     ten Veranstaltungen müssen dabei «die
      derung veranlasst. Es wurde jedoch nicht                     Empfehlungen des BAG betreffend Hygi-
      die Verordnung angepasst, sondern an                         ene und soziale Distanz eingehalten wer-
      einer Pressekonferenz erklärt, dass die                      den»109. Damit ergibt sich der Umfang
      Juristen des Bundes zu einer Neubeurtei-                     der strafbaren Handlung erst in einer
      lung gekommen seien und Demonstrati-                         Kombination mit ausserhalb der Verord-
      onen nicht mehr als Veranstaltungen                          nung liegenden Empfehlungen des BAG.
      zählten. Unter Einhaltung des Sicher-                        Mag ein solcher Verweis im Rahmen ei-
      heitsabstands sei das Demonstrieren                          ner gesundheitspolizeilichen Massnahme
      demnach möglich.104 Dieses fast saloppe                      zulässig sein,110 so ist eine sich darauf be-
      Vorgehen der Behörden verdeutlicht die                       ziehende Strafbarkeit höchst problema-
      Unschärfe des Veranstaltungsbegriffs.                        tisch. Dass die Ermittlung des Normge-
                                                                   halts bei einem Verweis auf eine Norm,
                                                                   ____________________________
      ____________________________                           105   Art. 6 enthielt in verschiedentlich angepasster
100   BAG, Erläuterungen zur Verordnung 2 vom                      Form Anweisungen für nicht geschlossene Ein-
      13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämp-                    richtungen und zugelassene Veranstaltungen,
      fung des Coronavirus (COVID-19-Verordnung 2)                 bspw. die Vorschrift, ein Sicherheitskonzept vor-
      (Version vom 28. Mai 2020; aktualisiert am                   zusehen, oder die Beschränkung der Anzahl Gäs-
      29. Mai 2020), S. 21.                                        te an einem Restauranttisch (vgl. Art. 6 Abs. 3bis
101   BAG, Erläuterungen zur Verordnung 2 vom                      [29. April 2020, AS 2020 1401]).
      13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämp-              106   Art. 10f Abs. 1 lit. a–f.
      fung des Coronavirus (COVID-19-Verordnung 2)           107   Seit der am 6. Juni 2020 in Kraft getretenen Fas-
      (Version vom 15. Mai 2020), S. 21.                           sung [AS 2020 1815] ergibt sich dies ausdrücklich
102   Nachdem im Rahmen des Lockerungsprozesses                    aus der Bestimmung. Vorher war die Beschrän-
      die maximale Anzahl Personen auf 30 erhöht                   kung des Täterkreises nur indirekt herzuleiten
      wurde, hat sich diese Problematik gelöst.                    und ergab sich nicht aus dem Wortlaut der Be-
103   BAG (Fn. 100), 21.                                           stimmung.
104   Point de Presse Coronavirus vom 18. Mai 2020           108   Art. 10f Abs. 1 lit. b.
      (ab 6:25). In die Erläuterungen wurde dies jedoch      109   Art. 6 Abs. 4 lit. a.
      nicht übernommen.                                      110   Vgl. BGE 131 II 670.

                                               sui-generis 2020, S. 290
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

      die wiederum auf Empfehlungen eines                        wendung des Ordnungsbussenverfahrens
      Bundesamts verweist, aufwendig und                         rechtmässig ist (c).
      kompliziert ist, wird kaum in Abrede zu
      stellen sein.                                              a) Rechtmässigkeit
                                                          28     Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit
26    Teilweise wird angenommen, dass unbe-
                                                                 sind die Übertretungen im Vergleich zum
      stimmte Rechtsbegriffe durch eine kon-
                                                                 Vergehen weniger problematisch.115 So
      sistente Rechtspraxis präzisiert werden
                                                                 handelt es sich um Übertretungen, die an
      können;111 genau dies scheidet vorliegend
                                                                 die im EpG vorgesehenen Taten ange-
      aber aus. So ist die Notverordnung gera-
                                                                 lehnt sind.116 Auch betreffend ihre Be-
      de darauf ausgelegt, nur für eine sehr be-
                                                                 stimmtheit sind die Übertretungen weni-
      grenzte Zeit zu gelten. Ausserdem waren
                                                                 ger diskussionswürdig als das Vergehen
      verschiedene Verhaltensweisen nur sehr
                                                                 in seiner ursprünglichen Fassung.117 Ei-
      kurz der Strafbarkeit unterstellt. Ent-
                                                                 nerseits sind die Anforderungen an die
      sprechend ist es unmöglich, eine einheit-
                                                                 Bestimmtheit infolge der niedrigeren
      liche Rechtspraxis zu den unbestimmten
                                                                 Strafdrohung weniger streng,118 ander-
      Rechtsbegriffen zu entwickeln und damit
                                                                 seits erfassen die Übertretungen genauer
      der entstehenden Rechtsunsicherheit zu
                                                                 definierte Tathandlungen. Alle vier Über-
      begegnen. Insgesamt genügt Art. 10f
                                                                 tretungen verweisen auf eine Verletzung
      Abs. 1 den Anforderungen nach Art. 7
                                                                 anderer Artikel der Verordnung, die kla-
      EMRK und Art. 1 StGB nicht.
                                                                 rer sind als Art. 6 und sich im üblichen
                                                                 Rahmen von auslegungsbedürftigen Tat-
2. Übertretungen (Art. 10f Abs. 2)                               beständen halten dürften.
27    Die Verordnung sieht in Art. 10f Abs. 2
      vier Übertretungstatbestände vor: Der                      b) Fehlendes Unrechtsbewusstsein
      Verstoss gegen das Versammlungsverbot               29     Eine besondere Situation ergab sich
      nach Art. 7c (lit. a), die Ausfuhr von
                                                                 dadurch, dass die Aktualisierungen und
      Schutzausrüstung oder wichtigen medi-
                                                                 die Auslegung der Normtexte anlässlich
      zinischen Gütern ohne Bewilligung nach
                                                                 der regelmässigen Pressekonferenzen
      Art. 4b Abs. 1 (lit. b), der Verstoss gegen
                                                                 thematisiert wurden. Dass daraus Prob-
      Einschränkungen des grenzüberschrei-
                                                                 leme entstehen können, zeigt die Kom-
      tenden Verkehrs nach Art. 4 Abs. 4112
                                                                 munikation zu Art. 10f Abs. 2 lit. a.
      (lit. c)113 sowie der Verstoss gegen das
                                                                 Obschon der Tatbestand vom Verbot von
      Verbot des Einkaufstourismus (lit. d)114.
                                                                 öffentlichen    Menschenansammlungen
      Im Folgenden wird untersucht, ob die
                                                                 sprach, verwies er bis zur Anpassung am
      Übertretungstatbestände        rechtmässig
                                                                 30. Mai 2020 auf eine Verletzung des ge-
      sind (a), welche Folgen behördliche In-
                                                                 samten Art. 7c, womit auch ein Verstoss
      formationen für das Unrechtsbewusst-
                                                                 gegen die 2-m-Abstandsregel der Straf-
      sein haben können (b) und ob die An-
      ____________________________
111   Vgl. Urteil des EGMR 14307/88 vom 25. Mai
      1993 (Kokkinakis gegen Griechenland), Ziff. 52;            ____________________________
      BSK StGB-Popp/Berkemeier, Art. 1 N 47.               115   S. IV.1.a.
112   Aufgehoben per 15. Juni 2020 (AS 2020 2099).         116   Vgl. Art. 83 EpG.
113   Aufgehoben per 15. Juni 2020 (AS 2020 2099).         117   S. IV.1.b.
114   Aufgehoben per 15. Juni 2020 (AS 2020 2099).         118   BGE 138 IV 13 E. 4.1.

                                             sui-generis 2020, S. 291
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

      barkeit unterstellt war.119 Nur wo die Ab-                    führte somit letztlich dazu, dass ver-
      standseinhaltung absolut unmöglich er-                        schiedene strafwürdige Verhaltensweisen
      schien, war die Abstandspflicht und da-                       hätten straflos bleiben müssen.
      mit auch die Strafbarkeit einge-
      schränkt.120 Entgegen Aussagen von Ver-                       c) Anwendung des
      tretern der Bundesbehörden121 war die                            Ordnungsbussenverfahrens
      Abstandsregel von dieser Ausnahme ab-                  30     Für die Übertretungen nach Art. 10f
      gesehen von allen Personen einzuhalten
                                                                    Abs. 2 lit. a, c und d wird das Verfahren
      – also auch von Familien und Personen,
                                                                    nach Ordnungsbussengesetz125 für an-
      die im gleichen Haushalt leben .122 Die
                                                                    wendbar erklärt, und es sind Ordnungs-
      behördliche Information dürfte dazu ge-
                                                                    bussen von 100 Franken vorgesehen.126
      führt haben, dass bei Familienmitglie-
                                                                    Für die Übertretungen nach Art. 10f
      dern oder im gleichen Haushalt wohnen-
                                                                    Abs. 2 lit. c und d wird die Eidgenössi-
      den Personen, die sich in der Öffentlich-
                                                                    sche Zollverwaltung als zuständig erklärt,
      keit nicht an die Abstandsregeln hielten,
                                                                    Ordnungsbussen zu erheben.127
      ein Verbotsirrtum nach Art. 21 StGB be-
      stand. Ein solcher liegt vor, wenn der Tä-             31     Das Ordnungsbussenverfahren ist ein
      ter fälschlicherweise glaubt, sein Han-
                                                                    formalisiertes, rasches und kostengünsti-
      deln werde von einer Verbotsnorm nicht
                                                                    ges Verfahren, das auf die Erledigung
      erfasst.123 Gerade weil betroffene Perso-
                                                                    von leicht nachweisbaren Massendelik-
      nen auf Aussagen von Behörden vertrau-
                                                                    ten zugeschnitten ist.128 Da sich das Ver-
      en, dürfte der Irrtum nicht vermeidbar
                                                                    fahren bei der Ahndung anderer Übertre-
      gewesen sein, da sich durch entspre-
                                                                    tungen bewährt habe, wird es auch zur
      chende Aussagen auch ein gewissenhaf-
                                                                    Abwicklung ausgewählter Übertretungen
      ter Mensch hätte in die Irre führen las-
                                                                    der COVID-19-Verordnung 2 vorgese-
      sen.124 Die behördliche Kommunikation
                                                                    hen.129 Das Verfahren ist dadurch ge-
      ____________________________                                  kennzeichnet, dass ausgewählte Behör-
119   BAG (Fn. 101), S. 41 f. Seit der Anpassung ver-
      weist die Bestimmung nur noch auf eine Verlet-
                                                                    den unmittelbar feststellen, dass ein
      zung von Art. 7c Abs. 1, womit die Missachtung                Straftatbestand erfüllt ist, und dafür ei-
      der Abstandsregeln nicht mehr bestraft werden                 nen vorab bestimmten Bussbetrag ver-
      kann, vgl. BAG (Fn. 101), S. 33.
120   BAG (Fn. 101), S. 33, nennt die Mutter mit ihrem              hängen.130 Dabei sind die zuständigen
      Kleinkind oder die Frau, die ihren gehbehinder-
      ten Partner stützt.                                           ____________________________
121   Vgl. z.B. Point de Presse Coronavirus vom 18. Mai       125   Ordnungsbussengesetz vom 18. März 2016 (OBG;
      2020 (ab 22:31) und Point de Presse Coronavirus               SR 314.1).
      vom 15. Mai 2020 (ab 56:22): Daniel Koch, Dele-         126   Art. 10f Abs. 3 lit. b und Abs. 4.
      gierter des BAG für COVID-19, verneinte die Gel-        127   Art. 10f Abs. 5.
      tung der Abstandsregeln für Familien ausdrück-          128   Philippe Weissenberger, Kommentar Strassen-
      lich; vgl. auch Michael von Ledebur/Fabian                    verkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, Zü-
      Baumgartner, Händchen halten verboten? Die                    rich 2015, Art. 1 OBG N 10; vgl. auch Urteil des
      Polizei büsst in Zürich eine Frau, weil sie zu we-            Bundesgerichts 6B_722/2019 vom 23. Januar
      nig Abstand zu ihrem Partner hielt, nzz.ch vom                2020 E. 1.3.1.
      15. Mai 2020.                                           129   BAG, Erläuterungen zur Verordnung 2 vom
122   So ausdrücklich BAG (Fn. 101), S. 33.                         13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämp-
123   Sog. direkter Verbotsirrtum, s. Kurt Seel-                    fung des Coronavirus (COVID-19-Verordnung 2)
      mann/Christopher Geth, Strafrecht Allgemeiner                 (Version vom 2. Juni 2020), S. 41.
      Teil, 6. Aufl., Basel 2016, Rz. 238.                    130   Grundsätzlich ergibt sich die Höhe der Busse aus
124   Vgl.     BGE 75 IV 150      E. 3;    Seelmann/Geth            den Anhängen zur OBV (Ordnungsbussenverord-
      (Fn. 123), Rz. 242 m.w.H.                                     nung vom 16. Januar 2019 [SR 314.11]).

                                                sui-generis 2020, S. 292
Gian Ege/David Eschle, Das Strafrecht in der Krise

       Behörden von der Anwendung der Straf-                       trägt CHF 100.136 Die Übertretungen der
       zumessungsgrundsätze des Strafgesetz-                       Verordnung sind damit in der Liste nach
       buches dispensiert,131 indem dem Ver-                       Art. 1 Abs. 2 OBG vorgesehen, stützen
       schulden, dem Vorleben und den persön-                      sich aber nicht auf ein Gesetz i.S.v. Art. 1
       lichen Verhältnissen des Täters keine                       Abs. 1 lit. a OBG. Damit stellt sich die
       Bedeutung zukommt.132 Nichtsdestotrotz                      Frage, ob der Bundesrat die Übertretun-
       besteht weitgehende Einigkeit, dass es                      gen überhaupt dem Ordnungsbussenver-
       sich um eine strafrechtliche Sanktion                       fahren unterstellen durfte.
       und um ein Strafverfahren handelt, wes-
       halb mit Ausnahme der vorbehaltenen                  33     Im OBG wurde bewusst eine abschlies-
       Bestimmungen alle Grundsätze des                            sende Liste an Gesetzen aufgenommen,
       Strafrechts und Strafprozessrechts gel-                     damit keine Unklarheiten entstehen,
       ten.133                                                     wann das Ordnungsbussenverfahren an-
                                                                   wendbar ist.137 Es ist nicht ersichtlich,
32     Das Ordnungsbussenverfahren ist nur                         dass dem Bundesrat in diesem Punkt
       auf Übertretungen anwendbar, die in                         aufgrund der epidemiologischen Lage ein
       einem in Art. 1 Abs. 1 lit. a OBG erwähn-                   Regelungsspielraum zukäme. Die An-
       ten Gesetz oder einer sich auf eines die-                   wendung des Ordnungsbussenverfahrens
       ser Gesetze abstützenden Verordnung                         hat keinen Bezug zur Bekämpfung der
       aufgeführt ist. Ausserdem muss der Bun-                     Epidemie.138 Auch lassen sich dadurch
       desrat die Übertretungen und den vorge-                     die aufgestellten Regeln nicht effektiver
       sehenen Bussbetrag auflisten.134 Die ent-                   durchsetzen,139 weshalb diese Regelung
       sprechenden Listen finden sich in den                       durch die Notverordnungskompetenz des
       Anhängen zur OBV. Nachdem die An-                           Bundesrats nicht gedeckt ist. Schliesslich
       wendung des Ordnungsbussenverfahrens                        unterliegen die Übertretungen des EpG
       mit der Änderung vom 20. März 2020 in                       nicht dem Ordnungsbussenverfahren,140
       der Verordnung festgeschrieben wurde,                       weswegen auch die – durch das Bundes-
       wurde die Liste in Anhang 2 der OBV am                      gericht anerkannte141 – analoge Anwen-
       27. März 2020 um die entsprechenden                         dung des Ordnungsbussenverfahrens
       Tatbestände ergänzt.135 Sie werden alle in                  ausgeschlossen ist.
       Ziff. XV aufgeführt, und die Busse be-

       ____________________________                                ____________________________
 131   Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2019 vom             136   OBV, Anhang 2, Ziff. XV, 15001–15004.
       23. Januar 2020 E. 1.3.1.                             137   Botschaft OBG (Fn. 134), S. 970.
 132   Art. 1 Abs. 5 OBG.                                    138   Vgl. auch Brunner/Wilhelm/Uhlmann (Fn. 6),
 133   Urteil des Bundesgerichts 6B_722/2019 vom                   S. 699, die für den Ausschluss des Rechtsschutzes
       23. Januar 2020 E. 1.3.1; Stefan Maeder, Sicher-            in Art. 11 Abs. 3 der Verordnung über die Abfede-
       heit durch Gebühren?, AJP 2014, S. 679 ff., 681;            rung der wirtschaftlichen Auswirkungen des
       Markus H. F. Mohler, Anmerkungen zur vorge-                 Coronavirus (COVID-19) im Kultursektor vom
       schlagenen Revision des Ordnungsbussengeset-                20. März 2020 (COVID-Verordnung Kultur;
       zes, Jusletter vom 10. August 2015, Rz. 11 ff.              SR 442.15) zum gleichen Schluss kommen.
       m.w.H.                                                139   Vgl. Marcel Alexander Niggli/Stefan Maeder, Die
 134   Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 15 OBG; vgl. auch Bot-            Haftung des Motorfahrzeughalters für Ord-
       schaft vom 17. Dezember 2014 zum Ordnungs-                  nungsbussen, in: Probst/Werro (Hrsg.), Stras-
       bussengesetz (BBl 2015 959), S. 981.                        senverkehrsrechts-Tagung 2018, Bern 2018,
 135   COVID-19-Verordnung 2         (27. März    2020             S. 65 ff., 75.
       [AS 2020 1101], 1. April 2020 [AS 2020 1137] und      140   Art. 1 Abs. 1 lit. a OBG.
       16. April 2020 [AS 2020 1245]).                       141   BGE 114 IV 50.

                                               sui-generis 2020, S. 293
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