"Das war's!" Als einziges Industrieland will Deutschland alle seine Atomkraftwerke schnellstmöglich abschalten. Das ehrgeizige Ziel birgt enorme ...
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Titel Beleuchtetes Brandenburger Tor am 26. März „Das war’s!“ Als einziges Industrieland will Deutschland alle seine Atomkraftwerke schnellstmöglich abschalten. Das ehrgeizige Ziel birgt enorme Probleme und wird große Widerstände provozieren. Acht drängende Fragen zu einem nationalen Kraftakt – und die Antworten. Der 11. März war ein ganz Wahrscheinlichkeit ist Kernkraft eine ver- versorgt, dass ein fürchterlicher Tsunami besonderer Tag, für die tretbare Energie. Die deutsche Angst da- Japan überschwemmt habe. Vier Tote wa- Welt und für Angela Mer- vor hielt sie für irrational. ren offiziell bestätigt, als der Airbus ab- kel. Es war der Tag, als Tei- „Die Deutschen haben kein Verhältnis hob. In Brüssel gelandet, schaltete Merkel le Japans von einem Erd- zur Wahrscheinlichkeit“, hatte sie seiner- ihr iPad ein; während der Fahrt in die beben der Stärke 9,0 und zeit als Umweltministerin in der Atom- Stadt verfolgte sie die Meldungen. einem Tsunami verwüstet wurden. Und debatte wiederholt geklagt. Nun dauerte Um 15.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit es war der Tag, an dem die Bundeskanz- es nur wenige Stunden, um Merkels Ver- wurde gemeldet, dass Japan den atoma- lerin morgens als Atomkraftbefürworte- hältnis zur Wahrscheinlichkeit einer ato- ren Notstand ausgerufen hatte. Im Ta- rin aufstand und in der Nacht als Atom- maren Katastrophe umzustürzen. gungszentrum der EU-Regierungschefs kraftgegnerin zu Bett ging. Die Kanzlerin war am frühen Nach- verfolgte sie, wann immer es ging, die Jahrzehntelang hatte ihr der wissen- mittag des 11. März auf dem Weg zum Fernsehbilder aus Japan. Es war etwas schaftliche Verstand einer Quantenche- Europäischen Rat in Berlin-Tegel ins Flug- eingetreten, das Merkel für nicht vorstell- mikerin gesagt: Nach allen Regeln der zeug gestiegen, mit der letzten Meldung bar gehalten hatte. Sie ließ sich nichts an- 62 D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1
Unbeleuchtetes Brandenburger Tor am 26. März im Rahmen einer Aktion von Klimaschützern FOTOS: CARSTEN KOALL / GETTY IMAGES merken und absolvierte die Sitzung äu- In der deutschen Politik hat seither ein greifend will Merkel folgerichtig einen ßerlich ungerührt. Aber für sich, ganz im beispielloser Wettlauf eingesetzt: Wer neuen Atomkonsens herbeiführen und Stillen, hatte sie eine Entscheidung ge- will noch schneller und noch konsequen- einen ihrer größten Fehler, die Aufkün- troffen. ter aus dieser Energieform aussteigen als digung des einst von Rot-Grün beschlos- „Das war’s!“, sagte sie am nächsten Mor- die anderen? Selbst die vormalige Pro- senen Ausstiegs, vergessen machen. gen, als sie mit ihrem Büro die Lage erör- Atom-Partei FDP ist schlagartig zum Geg- Die Wahlen in Baden-Württemberg terte. In Fukushima ging für die deutsche ner mutiert. In Deutschland regiert und und Rheinland-Pfalz haben den Lauf der Kanzlerin das atomare Zeitalter zu Ende. opponiert seit Fukushima die größtmög- Dinge noch beschleunigt. Sie erklären das Spätestens seit Merkels nuklearem Er- liche Koalition aus Kernkraftabschaffern Phänomen aber nur bedingt. In die poli- weckungserlebnis ist das Schicksal der von der Linken bis zur FDP. Parteiüber- tische Psyche des Landes hatte sich seit Kernenergie in Deutschland be- dem erfolgreichen Widerstand ge- siegelt. Umgehend zog die Bun- gen das Atomkraftwerk im badi- desregierung de facto ihre gerade schen Wyhl der Widerstand gegen erst beschlossene Laufzeitverlän- diese Energieform tiefer eingegra- gerung für die Kernkraftwerke ben als in jedem anderen Land der wieder zurück. Merkel und ihr Vi- Welt. Eine grüne Partei wurde aus zekanzler Guido Westerwelle diesem Widerstand heraus ge- nannten es ein Moratorium, aber gründet. Und die hat inzwischen auch das hatte zur Folge, dass die die Kraft, Regierungschefs zu stel- sieben ältesten Meiler sofort ab- len wie den ersten Grünen-Minis- MICHAEL GOTTSCHALK / DAPD geschaltet wurden. Kaum jemand terpräsidenten Winfried Kretsch- in Deutschland glaubt noch daran, mann in Baden-Württemberg. dass sie je wieder ans Netz gehen Deutschland soll aussteigen, da werden. „Die Lage nach dem Mo- sind sich die Deutschen nach der ratorium wird eine andere sein als Katastrophe von Fukushima einig vor dem Moratorium“, hatte Mer- wie selten: 71 Prozent sehen das kel gleich gesagt. Atomaussteiger Röttgen, Merkel: Nix wie raus nach einer Blitzumfrage der ARD D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1 63
Titel inzwischen so, im Herbst vergangenen Wirtschaftskollege Rainer Brüderle dem weiß die Regierung offenbar noch keine Jahres waren es nur 51 Prozent. Noch Kanzleramt ein „Eckpunktepapier zur Antwort. mehr, nämlich 80 Prozent, stimmen dem Beschleunigung der Energiewende“ vor- Rot-Grün hatte den Ausstieg für das von der Regierung durchgesetzten Mora- legen, das Merkel am 15. April mit den Jahr 2021 angesetzt. Wegen des Still- torium für alte Atommeiler zu. Ministerpräsidenten beraten will. „Netze, stands mehrerer Reaktoren verbrauchte Einfach wird der grundlegende Umbau erneuerbare Energien, Energieeffizienz“ die Branche aber ihre Reststrommengen der Energieversorgung allerdings nicht. sollen die zentralen Themen sein. In der langsamer, weshalb das wahre Aus zu- Es gilt, erhebliche Hindernisse zu über- ersten Maihälfte ist ein „Gespräch BK’in letzt für 2023 vorgesehen war. winden, technische und wirtschaftliche. mit Zivilgesellschaft“ vorgesehen. Die Im vergangenen Herbst verlängerte Vor allem die Stromkonzerne werden er- Kanzlerin im Gespräch mit ihrem Volk? Schwarz-Gelb die Restlaufzeiten durch- bitterten Widerstand leisten, und sie ha- Dann sollen um den 16. Mai herum die schnittlich um zwölf Jahre, also bis min- ben möglicherweise das Recht auf ihrer Reaktorsicherheitskommission und um destens 2035. Weil Strommengen von al- Seite. Denn das bisherige Vorgehen der den 27. Mai die Ethikkommission ihre Be- ten auf neue Reaktoren übertragen wer- Regierung ist juristisch höchst umstritten. richte vorlegen. den können, gingen die Stromkonzerne Und doch: Der Ausstieg wird kommen, Bereits Anfang Juni will die Regierung davon aus, ihre modernsten Meiler bis vielleicht sogar schneller, als es die rot- ein „Beschlusspapier Beschleunigung zur Jahrhundertmitte laufen zu lassen – grüne Regierung 2000 beschlossen hatte. Energiewende“ fertigstellen, Mitte Juni mit einer Million Euro Gewinn pro Tag. Notwendig ist allerdings eine nationale Kraftanstrengung, vergleichbar mit den Mühen der deutschen Vereinigung. Einen ähnlichen Umbau einer Industriegesell- schaft hat es bislang nicht gegeben. Es ist zugleich der Abschied vom Wachstumsmodell der vergangenen Jahr- zehnte. Dieses Modell beruhte auf billi- gem Geld und billiger Energie. Es ver- brauchte Ressourcen, die in Zukunft feh- len, es hinterließ einen Berg von Schul- den, eine zerstörte Umwelt und Atom- müll, der noch Tausende von Jahre weiter strahlen wird. Wie die Finanz- hat auch die Energiewirtschaft die Risiken ver- tuscht und die wahren Kosten verschleiert – und den Zahltag in die Zukunft ver- schoben. Hier wie da muss im Notfall der Staat eingreifen. Die Schäden einer atomaren Katastro- phe aber seien finanziell „völlig unzurei- chend“ abgesichert, kritisiert der Wup- pertaler Ökonom Paul Welfens. Der Wis- senschaftler schätzt die Kosten, die ein Super-GAU in einem Land wie Deutsch- land verursachen würde, auf fünf bis DAVID EBENER / PICTURE ALLIANCE / DPA sechs Billionen Euro, also auf mehr als das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts. Durch Versicherungen gedeckt ist nur ein winziger Bruchteil, die Maximalsumme liegt bei 2,5 Milliarden Euro. Ähnlich wie die Banken in der Finanz- krise, verließen sich die Atomkonzerne darauf, dass im Katastrophenfall der Staat für die Entschädigungen geradestehe – Revision im AKW Grafenrheinfeld: Ähnlich wie bei den Banken muss im Katastrophenfall der ohne Rücksicht auf die volkswirtschaftli- chen Konsequenzen. soll das Kabinett es verabschieden. Ab- Doch in der vergangenen Woche stellte hängig vom Ergebnis der Kommissionen die Reaktorsicherheitskommission über- Die Politik: Was will sollten dann auch bereits die Beschlüsse aus harte Prüfkriterien vor. Nun scheint zur „Stilllegung von alten KKW“ erfol- durchaus denkbar, dass ausgerechnet die die Regierung wirklich? gen – und zwar entweder „durch aufsicht- schwarz-gelbe Koalition einen Ausstiegs- Bundeskanzlerin Merkel ist fest entschlos- liche Verfügung im Konsens Bund/Län- kurs einschlägt, der sogar schneller greift sen, den Vorwurf zu entkräften, dass sie der“ oder durch ein neues Atomgesetz. als der rot-grüne. ihren Schwenk aus reinem Opportunismus Dass einer der alten Meiler noch einmal Röttgen will nicht noch einmal auf eine vor den letzten Landtagswahlen gestartet ans Netz geht, glaubt in Berlin niemand Zahl festgenagelt werden. „Sicher noch und nicht wirklich ernst gemeint habe. An- mehr. Das Vorgehen der Regierung be- 10 bis 15 Jahre“ werde die Kernkraft ge- fang vergangener Woche vereinbarte sie stärkt die Stromkonzerne in ihrem Glau- nutzt, sagte er kürzlich. Dass einige seiner mit den Spitzen der Koalition einen Zeit- ben, dass das Moratorium von Anfang an engsten Mitarbeiter lieber schon vor 2020 plan, der auf die endgültige Stilllegung eine Farce gewesen sei. den letzten Meiler stillgelegt sehen wol- der alten Kernkraftwerke hinausläuft. Was aber passiert mit dem Rest der len, ist aber ein offenes Geheimnis. Schon am 6. April sollen Bundesum- Anlagen? Wann sollen die letzten vom Doch wichtiger als ein Ausstiegstermin weltminister Norbert Röttgen und sein Netz gehen? Auf diese zentrale Frage ist es, Ersatz für die fehlenden Energie 64 D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1
zu beschaffen. Allein um die geplanten Millionenbetrag bekommen, wenn sie aus der Brennelementesteuer in Höhe Ziele für Windstrom von Offshore-Anla- den Bau von Stromleitungen auf ihrem von 2,3 Milliarden Euro fest im Haushalt gen vor der deutschen Küste zu erreichen, Gebiet unterstützen. Zudem sollen länd- eingeplant. Wenn weniger Meiler am „müsste ab sofort in der günstigen Jah- liche Regionen stärker von der Produk- Netz sind, gibt es weniger Geld. Schäuble reszeit zwischen Mai und September je- tion erneuerbarer Energie profitieren. rechnet mit 200 Millionen Euro Minder- den Tag ein Rotor ins Meer gestellt wer- Zum Ausbau von Offshore-Windparks einnahmen – nur für die Zeit des Mora- den“, heißt es im Umweltministerium. ist ein eigenes Programm in Vorbe- toriums. Um die Einnahmeausfälle zu Die Branche verzeichnet aber eher Sta- reitung. Statt wie bisher nur mit Bürg- kompensieren, erwägt sein Amt, den gnation. Banken sind infolge der Finanz- schaften zu helfen, würde die staatliche Steuersatz pro Gramm Kernbrennstoff krise vorsichtiger geworden, Offshore- Bank KfW künftig selbst zinsgünstige anzuheben. Parks zu finanzieren. Kredite aus Bundesmitteln vergeben. Zu- Auch die Zahlungen der Energiever- Zudem muss die Strominfrastruktur an dem sollen die Stromkonzerne über ei- sorger an den Energiefonds könnten bald den dezentralen und schwankenden Öko- nen kürzeren Zeitraum höhere Renditen ausfallen. Ursprünglich sollten die Kon- strom angepasst werden. Seit Jahren be- für Offshore-Parks zugesichert bekom- zerne dieses und nächstes Jahr je 300 Mil- klagen Merkel und ihre Minister, dass es men. lionen Euro einzahlen, danach für weitere beim Bau von Stromleitungen zu wenig Im Gespräch ist auch eine deutliche vier Jahre je 200 Millionen Euro. In Re- vorangehe. Doch trotz mancher Be- Aufstockung des Bundesprogramms zur gierungskreisen geht man jedoch nicht Ausstieg vom Ausstieg vom . . . Geplante Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerke nach Beschluss des Energiekonzepts 2050 Schleswig- vorübergehend stillgelegt Holstein Brokdorf 2032 Brunsbüttel 2019 Krümmel 2032 Unterweser 2020 Emsland 2033 Niedersachsen Grohnde 2032 Hessen Biblis A 2018 Grafenrheinfeld 2028 Biblis B 2018 Baden- Bayern Württemberg Philippsburg 1 2020 Isar 1 2018 Philippsburg 2 2031 Isar 2 2032 Neckarwestheim 1 2020 Gundremmingen B 2028 Neckarwestheim 2 2035 Gundremmingen C 2029 Quelle: BMU Staat für die Schäden geradestehen schleunigungsversuche für Genehmi- energetischen Gebäudesanierung. Zuletzt mehr davon aus, dass die Konzerne tat- gungsverfahren hat sich bisher nicht viel war die Nachfrage nach Fördermitteln so- sächlich alles zahlen. getan. Neben Klagen von Anwohnern ist gar gesunken, weil die Regierung Inter- vor allem die Frage offen, wie sich der essenten mit Kürzungen verunsichert hat- Die Konzerne: Wird die Bau von Leitungen für Investoren lohnen te. Nun sollen rund zwei Milliarden Euro soll. Dasselbe gilt für Stromspeicher: Um pro Jahr fließen. Atomwirtschaft einlenken? zum Beispiel alte Bergwerke zu unter- Besonders wichtig aber sind Vorfahrts- Die Chefs der vier großen hiesigen Ener- irdischen Wasserkraftwerken umzufunk- regeln für die neue Infrastruktur: giekonzerne RWE, E.on, Vattenfall und tionieren, sind massive Investitionen und „Schnelle Schaffung von planungsrecht- EnBW verstehen die neue deutsche Welt aufwendige Bauarbeiten nötig. lichen Grundlagen für Stromautobahnen nicht mehr. Noch vor einem halben Jahr Zurzeit arbeiten die Fachbeamten der gemeinsam mit den Ländern“ lautet das haben sie sich mit der Regierung auf eine Minister Röttgen und Brüderle an ver- Ziel. Stromleitungen sollen zudem mit Verlängerung der Laufzeiten für ihre schiedenen Maßnahmen, um den Ausbau Bahntrassen gebündelt werden. Atommeiler verständigt, nun soll das alles der regenerativen Energien und der not- Das alles kostet viel Geld – bei sinken- nicht mehr gelten? wendigen Infrastruktur voranzutreiben. den Einnahmen. Bisher hat Finanzminis- Dabei hatten die Herren jahrzehnte- So sollen Kommunen einen dreistelligen ter Wolfgang Schäuble die Einnahmen lang beste Beziehungen zu allen Regie- D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1 65
Titel HANS BLOSSEY / ULLSTEIN BILD (R.) PAUL LANGROCK / ZENIT (L. + M.) Erneuerbare Energien (Biogasanlage, Windkraftanlage, Solarturmkraftwerk): Langfristig zahlen sich die Investitionen aus rungen gepflegt. Als Großinvestoren, giekonzept und die Laufzeitverlänge- sächlich enorm. Es war der Leiter von Verwalter der Stromnetze und Besitzer rung – hätten die Energiekonzerne eine Röttgens Abteilung für Reaktorsicherheit, unzähliger Kraftwerke war ihnen stets Chance gehabt, einen Konsens mit der Gerald Hennenhöfer, der vorschlug, das ein kurzer Draht zum Kanzleramt sicher. Politik und der Gesellschaft herzustellen. Moratorium auf den Paragrafen 19 des Das war unter dem SPD-Kanzler Gerhard Damals schlug die Regierung vor, die äl- Atomgesetzes zu gründen – einen Not- Schröder so und auch in den Anfangszei- testen Atomkraftwerke zu schließen und standsparagrafen. RWE ficht nun eben- ten von Angela Merkel. die Laufzeiten nur für moderne Meiler diese These an, dass Gefahr im Verzug Doch jetzt teilte die Kanzlerin Kon- zu verlängern. gewesen sei. Gibt das Verwaltungsgericht zernbossen wie Jürgen Großmann (RWE) Doch Großmann und seine Kollegen Kassel den Konzernen recht, könnte das oder Johannes Teyssen (E.on) den Ent- lehnten den Vorschlag ab. Sie konnten Moratorium in sich zusammenfallen oder schluss der Bundesregierung, sieben sich untereinander nicht einigen, wie sie aber enorme Schadensersatzzahlungen Kraftwerke kurzzeitig vom Netz zu neh- die Lasten dieses Plans aufteilen sollten. nach sich ziehen. men, nur in knappen Telefonaten mit. Stattdessen provozierten sie die Bundes- RWE-Chef Großmann blieb mit seiner Den Vollzug erhielten sie schriftlich von regierung mit einer Anzeigenkampagne. Klage allerdings allein, sein E.on-Kollege den Aufsichtsbehörden. Wie es weiter- Merkel reagierte mit der Brennelemen- zog nicht mit. Teyssen glaubt nicht, dass geht, wissen sie nicht. testeuer, die zusammen mit anderen Zah- die Altmeiler selbst bei einem Sieg vor Ge- Mit Verständnis für ihre missliche Lage lungen mindestens 50 Prozent der erwar- richt innerhalb der drei Monate wieder können die Energieversorger aber kaum teten Milliardengewinne aus der Lauf- hochgefahren werden können. Eine Klage rechnen. Ihr Image ist denkbar schlecht. zeitverlängerung abschöpfen soll. Seit- gegen das Moratorium, sagte er Großmann Und dazu haben sie in der Vergangenheit dem ist das Verhältnis nachhaltig gestört. am vergangenen Donnerstag am Telefon, einiges beigetragen. Ihre überhöhten Preise Einen konstruktiven Dialog hat es nicht sei deshalb nicht nur sinnlos, sie würde sorgen seit Jahren für Unmut. Und immer mehr gegeben. auch das Verhältnis zur Regierung weiter wieder haben sie die dringend notwendige RWE will sich das nicht länger gefallen verhärten. Großmann machte dagegen Modernisierung des Kraftwerkparkes in lassen, am Freitag vergangener Woche deutlich, wie wenig Verständnis er für den Frage gestellt und zugleich den Zusam- reichte Konzernchef Großmann Klage ge- Schmusekurs seines Konkurrenten hat. menbruch der Stromnetze beschworen. gen das Moratorium ein. Einig aber sind sich die Stromversorger Noch im vergangenen Jahr – während Das rechtliche Risiko, das die Bundes- beim weiteren Vorgehen. Zunächst wol- der Verhandlungen über das neue Ener- regierung mit ihrem Kurs einging, ist tat- len die Konzerne die Zahlungen an den 66 D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1
Fonds zur Förderung erneuer- barer Energien einstellen. Für Energiewende Atomstrom aus Tschechien und Frankreich importiert. Meiler, die nicht laufen, wollen Stromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland, Die Situation, heißt es bei die Bosse auch nicht zahlen. in Terawattstunden pro Jahr Netzbetreibern wie Amprion Und das gilt nicht nur für oder Tennet, sei schwierig, Erneuerbare Energien Fossile Energieträger Kernenergie den Sonderfonds. Auch die aber weitgehend unter Kon- Brennelementesteuer soll aus- 600 trolle. Um sie auch mittelfristig gesetzt werden, wenn die ab- Photovoltaik 12,5 zu stabilisieren und Strom- geschalteten Atomkraftwerke 568 schwankungen oder gar Aus- endgültig nicht mehr ans Netz Wind 43,4 550 fälle zu verhindern, müssten gehen. Die Abgabe, heißt es Wasserkraft 20,4 18,0 % EU-Strom- 35,4 in den nächsten Wochen wei- ,4 bei RWE und E.on unisono, sei verbund tere, bereits eingemottete Koh- eindeutig mit dem Beschluss Biomasse 31,77 Photovoltaik 57,0 le- und Gaskraftwerke reakti- einer Laufzeitverlängerung Kraft-Wärme- 58,0 viert werden. verknüpft gewesen. Wenn es Kopplung Erdwärme 6,6 Anders wäre die Situation, die in ihrer ursprünglichen (Gas, Kohle, Öl) wenn kurzfristig weitere Wind 182,0 Form nicht mehr gäbe, sei auch Erdgas/Öl 60,0 Atomkraftwerke vom Netz ge- die Grundlage für Zahlungen nommen werden. Dann, war- davon: in die Staatskasse entfallen. an Land nen Wissenschaftler wie Fron- Sollte ein endgültiges Aus- Kohle 244,0 del oder die Energieexpertin stiegsgesetz noch hinter den offshore des Deutschen Instituts für Ausstiegsbeschluss der rot- 65,6 % Wirtschaftsforschung (DIW), grünen Regierung unter Kanz- 60,3 % Claudia Kemfert, könnte es ler Schröder zurückfallen, wol- davon: mit der Versorgung in len beide Stromkonzerne auf Braunkohle Wasserkraft 23,5 Deutschland wirklich proble- Schadensersatz klagen. Biomasse 56,1 matisch werden. Und dann Steinkohle könnte die von den Stromkon- Der Atomstrom: Wie wich- zernen seit Jahren prophezeite tig ist die Kernkraft? Kraft-Wärme- 81,0 Situation eintreten, dass die Kopplung Lastverteilung in den Netzen Immer wieder hatten die (Gas, Kohle, Öl) 34,4 % nicht mehr funktioniert. Selbst Konzerne gemahnt, wie wich- Kern- 130,0 * laut Basis- großflächige Blackouts wären szenario tig die Atomkraftwerke für die energie 2010 A; Erdgas/Öl 28,0 möglich. sichere Energieversorgung der Quelle: Kohle 80,0 Leitstudie Deutschen sind. Immer wieder 21,7 % 2010 von davon: Braunkohle Der Ausstieg: Woher wird hatten sie vor der drohenden DLR, IWES die Energie der Zukunft und IFNE Steinkohle Stromlücke gewarnt. Und nun? Nun lässt die Regierung sieben kommen? Atomkraftwerke von heute auf 2010 2020 PROGNOSEN* 2030 Diese Woche überreicht Jür- morgen abschalten, ein weite- gen Schmid, Leiter des Fraun- res, das in Krümmel, ist ohnehin vom Wind zurückzuführen. Der produziert an hofer-Instituts für Windenergie, Bundes- Netz genommen – und der Strom fließt wirklich stürmischen Tagen mehr Strom, umweltminister Röttgen eine neue Stu- weiter, nicht einmal das Licht flackert, als verbraucht wird. die. Sie soll den Weg weisen, wie die denn Deutschland produziert Strom im Und da nach wie vor zu wenig Leitun- 22 Prozent Strom, die heute aus der nu- Überfluss. gen und vor allem Speicher zur Verfü- klearen Kettenreaktion stammen, sauber Der größte Teil wird noch immer in ge- gung stehen, wird der Strom an manchen und klimafreundlich ersetzt werden sol- waltigen Kraftwerken erzeugt, die von Tagen zu Dumping-Preisen in Nachbar- len. „Diese Generation hat die große Auf- den vier großen Stromversorgern und länder verkauft – und manchmal sogar gabe, das Energieproblem dauerhaft zu zahlreichen kleineren Stadtwerken in der verschenkt. lösen“, sagt der 66-Jährige und gesteht, gesamten Republik gebaut wurden. Rund An anderen Tagen aber liefern Wind dass er gern noch einmal „20 Jahre jün- 22 Prozent des Stroms lieferten bislang und Sonne kaum Energie. Dann müssen ger“ wäre. die 17 Atommeiler. Etwa 17 Prozent stam- Kraftwerke praktisch die gesamte Versor- Schmid hält den vollständigen Atom- men aus regenerativen Energiequellen gung plus eventuelle Ausfälle – auch im ausstieg bis 2020 für machbar. In seinem wie Wasserkraft, Sonne und Wind. Die europäischen Verbundsystem – überneh- Konzept spielen auch Kohlekraftwerke, Spitzenposition beim Ökostrom hält die men. Genau darauf ist die Kraftwerkspla- abgesehen von den bereits genehmigten Windkraft mit mehr als 6 Prozent. nung in Deutschland seit Jahren ausge- und in Bau befindlichen Anlagen, keine Rund 17 Terawattstunden, das ent- richtet. große Rolle mehr. Fossiler Energieträger spricht dem jährlichen Verbrauch einer Dennoch halten Experten selbst eine mit Zukunft sei vor allem das Gas. Sie Großstadt wie Berlin, wurden im vergan- dauerhafte Abschaltung der jetzt vom lassen sich schnell und günstig hoch- und gen Jahr im Saldo nach Österreich oder Netz genommenen sieben beziehungs- wieder runterfahren, weshalb sie zum in die Schweiz verkauft. weise, inklusive Krümmel, acht Atom- Ausbalancieren der unsteten Wind- und Daraus den Schluss zu ziehen, dass meiler für möglich. Zurzeit laufen etwa Sonnenkraft bestens geeignet seien. Neue man Atomkraftwerke in entsprechender bei RWE alle verfügbaren Kohlemeiler Gaskraftwerke mit einem Leistungszu- Größenordnung einfach schließen könn- auf Hochtouren. Gaskraftwerke, die we- wachs von 3,6 Gigawatt etwa fordert auch te, sagt Manuel Frondel, Energieexperte gen geringeren Verbrauchs normalerwei- Peter-Michael Nast vom Deutschen Zen- am Rheinisch-Westfälischen Institut für se am Wochenende vom Netz gingen, trum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Wirtschaftsforschung, wäre jedoch falsch. sind permanent in Betrieb. Dazu weht den nächsten neun Jahren. Denn dummerweise ist ein Großteil der seit Tagen ein relativ kräftiger Wind. Und Technisch ist das leicht zu machen. Stromexporte auf den unstetig wehenden was noch fehlt, wird in Form von billigem Doch die Beliebtheit dieser Kraftwerksart D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1 67
schlägt sich bereits in den Preisen nieder: Siemens, einer der wenigen Hersteller, hat sie in den vergangenen Jahren deut- lich erhöht. Statt großer Gaskraftwerke will Ener- gieforscher Schmid möglichst kleine, de- zentrale Einheiten über das Land vertei- len. Sukzessive soll das Methan, das sie verfeuern, nicht aus Russland oder Nor- wegen importiert werden, sondern aus heimischer Bioproduktion stammen: Ab- fälle aus Holz und Kunststoffen könnten in einer jener Vergasungsanlagen, von denen eine der größten Europas im öster- reichischen Güssing steht, in Erdgas ver- wandelt werden. Und noch eine weitere klimafreund- liche Quelle könnten die Gaskraftwerke erschließen. In Schmids Fraunhofer-Insti- tut wird derzeit eine Elektrolyse-Anlage konzipiert, die an stürmischen Tagen den überschüssigen Windstrom zur Herstel- lung von Methan verwendet. Überhaupt Wind: Die meisten Gutach- ter halten ihn für entscheidend, um vom nuklearen ins regenerative Zeitalter um- zuschalten. Rund 20 Prozent des Stroms sollen die drehenden Ungetüme im Jahre PAUL LANGROCK / ZENIT 2020 ins Elektrizitätsnetz einspeisen, und das, ohne die Landschaft weiter zu ver- spargeln. „Wir werden in zehn Jahren we- niger Windräder in Deutschland stehen haben als die heutigen 20 000“, prophe- zeit DLR-Experte Nast. Unterirdische Höchststromtrasse in Berlin: Erdkabel machen den Strom teurer Künftig sollen die Anlagen im Mittel 5,5 Megawatt produzieren, derzeit brin- gebaut werden, wo das Wasser nur weni- ehemals Hamburger Umweltsenator und gen sie es erst auf durchschnittlich zwei ge Meter tief ist. Damit deutschen Strand- heute Chef von RWE Innogy. Die Son- Megawatt. In Schmids Institut in Bre- urlaubern der Anblick der Windräder er- neneinstrahlung in Deutschland entspre- merhaven entsteht zurzeit eine Mühle spart bleibe, müssen die hiesigen Wind- che jener in Alaska. „So wie man dort mit 90 Meter langen Rotorblättern. Auf parkbetreiber hier über 30 Kilometer Ab- keine Ananas züchten kann, kann man 20 Megawatt Leistung könnten die Ag- stand zur Küste wahren – in Wassertiefen auch hierzulande Photovoltaik nicht wirt- gregate kommen und insbesondere auf von 30 bis 50 Metern. „Mit jedem Meter schaftlich betreiben“, so das Urteil des hoher See jede Menge Strom ins Netz galoppieren die Kosten schneller davon“, Sozialdemokraten. Eine Lösung für die drücken. warnt Becker. fernere Zukunft könnten jedoch riesige Dort soll deshalb auch die eigentliche Doch schon bald soll es für tiefe Ge- Solarkraftwerke in sonnenreichen Gegen- Zukunft der Windkraft liegen. Sogar die wässer eine Lösung geben: Schwimmen- den sein, wie sie etwa im Rahmen des großen Stromkonzerne mit ihren Atom- de Windräder, die ähnlich wie Bohrplatt- sogenannten Desertec-Projekts in Nord- meilern, etwa EnBW, haben das begriffen formen an Land gefertigt, vom Schiff afrika geplant sind. und stecken riesige Summen in den Aus- herausgezogen und am Meeresboden In Deutschland dagegen ist die Aus- bau von Offshore-Windparks. Die Tech- mit Stahltauen verankert werden. „Das beute gering. Trotz Einspeisevergütungen niker kämpfen indes noch mit den Tü- Einsparpotential ist enorm“, sagt Wind- allein im laufenden Jahr in Höhe von cken des Standorts. So leiden etwa die kraftexperte Schmid. Einen ersten Pro- über sechs Milliarden Euro beträgt der Generatoren unter dem Salzwasser, und totyp haben Siemens und das norwegi- Anteil des Solarstroms im deutschen Netz auch die Verankerung auf dem Meeres- sche Energieunternehmen Statoil errich- nur zwei Prozent. boden hält noch nicht so zuverlässig wie tet. Die Anlage generiert seit Mitte 2009 Die Politik hat auf diese deprimierende gewünscht den Elementen stand. Fraun- an der Küste nördlich von Stavanger Bilanz schon zaghaft reagiert und die Ver- hofer-Ingenieur Schmid sieht darin „Kin- Strom. gütung für Solarstrom gekappt. „Das ist derkrankheiten, die schon bald ausge- So purzelt der Preis für die Windener- noch nicht genug“, sagt Fraunhofer-Mann standen sind“. gie: Auf See werde man bei fünf bis sechs Schmid, der das auch bei Bundesumwelt- Nicht alle sind so optimistisch. „Es ist Cent pro Kilowattstunde landen. „Damit minister Röttgen diese Woche wieder- einfach illusorisch, unter den jetzigen Be- kann es der Wind locker mit Kohlestrom holen will. Nur mit deutlich reduzierter dingungen jedes Jahr drei neue 400-Me- aufnehmen“, sagt Stefan Kohler, Chef der Photovoltaik kommt er auf seine Progno- gawatt-Windparks auf See errichten zu Deutschen Energie-Agentur. se, dass die Energiepreise bis 2020 trotz wollen“, sagt etwa Sven Becker, Ge- Deshalb zweifelt auch kaum ein Ex- Atomausstiegs nur um acht Prozent stei- schäftsführer des Stromverbunds Trianel, perte mehr an der Kraft des Windes. Wi- gen sollen. hinter dem rund 50 Stadtwerke stehen. derstand regt sich hingegen immer stär- Die Gutachter des DLR rechnen damit, Das meiste Investorengeld gehe zudem ker gegen die Stromgewinnung aus der dass in den nächsten zehn Jahren die er- gerade in Offshore-Windparks in Groß- Sonne, auch Photovoltaik genannt. Der neuerbaren Energien mit Mehrkosten für britannien. Dort darf näher an der Küste schärfste Kritiker ist Fritz Vahrenholt, das Energiesystem von 136 Milliarden 68 D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1
Titel gebots die Nord-Süd-Verbindungen im- Ausreichend versorgt mer stärker belastet. Noch kritischer dürf- Netto-Kraftwerksleistungen am Tag te die Situation im Mai sein, wenn die des höchsten Strombedarfs 2009*, Stromversorger weitere fünf Meiler für in Megawatt Wartungsarbeiten vom Netz nehmen. Langfristig könnten Stromspeicher Leistung, die zur hier Abhilfe schaffen. Je nach Bedarf Verfügung stand Leistung, die ohne die nehmen sie Energie auf oder geben sie durch das Moratorium 92 800 stillgelegten sieben ab und gleichen so die Fluktuation aus. Atom-Kraftwerke zur Doch ihre Möglichkeiten sind be- Verfügung gestanden grenzt: Batterien sind relativ leistungs- 90000 hätte** schwach und teuer, für Druckluftspeicher 87662 fehlt es an unterirdischen Kaver- nen, in denen die Luft zusammen- 20 % Leistungs- gepresst aufbewahrt werden kann. 85000 reserve hätte auch Und Anlagen, die Energie in ohne die sieben Moratoriums-Kraft- speicherbaren Wasserstoff oder werke zur Verfügung Methan verwandeln, haben einen 80000 gestanden. außerordentlich niedrigen Wir- kungsgrad. Maximale Am besten geeignet sind Pumpspei- Strom- cherkraftwerke. Bei Stromüberschuss pum- 75000 nachfrage pen sie Wasser in ein hochgelegenes Be- 73 000 cken, bei Strombedarf stürzt das Wasser in die Tiefe und treibt Generatoren an, die Strom erzeugen. Die Technik ist seit 70000 Jahrzehnten etabliert, doch die Land- schaft in Deutschland lässt kaum noch Neubauten zu. Hier könnte Norwegen aushelfen. Die Skandinavier beziehen ihren Strom fast *2. Dezember, 18 Uhr; **Biblis A und Bruns- büttel waren nicht am Netz (zusammen vollständig aus 370 Wasserkraftwerken. 1938 MW); Quelle: BDEW; Unternehmensangaben Allerdings sind die meisten Becken dort noch nicht als Pumpspeicher ausgelegt. Außerdem wären gewaltige Seeverbin- Euro zu Buche schlagen – mehr als die Allein der Ausbau der Netze wird Jah- dungen nötig, die den Strom rund 600 Hälfte verursacht durch Photovoltaik. re dauern, rund 40 Milliarden Euro ver- Kilometer durch die Nordsee nach In ferner Zukunft aber zahlen sich die anschlagt die Branche dafür bis 2020. Es Deutschland transportieren. Zwei sol- Investitionen in erneuerbare Energien fehlt vor allem an Höchstspannungstras- cher Kabelprojekte sind in Planung, nach den Berechnungen des DLR aus: Im sen, um insbesondere den zusätzlichen frühestens 2015 soll das erste einsatzbe- Zeitraum von 2031 bis 2040 spart Windstrom aus dem Norden in den Süden reit sein. Deutschland 273 Milliarden Euro in der der Republik zu transportieren, dorthin, Schnelle Erfolge im Ausbau der erneu- Energieproduktion ein. „Dann stimmt der wo die meisten Bürger leben und die erbaren Energien sind also nicht zu er- alte Slogan der Ökobewegung wirklich, größten Unternehmen angesiedelt sind. warten. Die fossilen Quellen müssen die dass Sonne und Wind nichts kosten“, sagt Da diese Leitungen aber mehrere Bun- Zwischenzeit überbrücken. Das Problem DLR-Fachmann Nast. desländer kreuzen, ist die Genehmigung ist nur: Es sind zu wenige neue, effiziente Diese schöne Prognose kann aber nicht langwierig. Bis überhaupt ein Raumord- Gas- und Kohlekraftwerke im Bau, um darüber hinwegtäuschen, dass der Weg nungsverfahren eingeleitet wird, verge- die Lücke zu schließen. In der Not müs- dorthin steinig ist. hen oft mehr als drei Jahre. sen nun womöglich alte Dreckschleudern, Das größte Manko aber: Grüner Strom die schon seit Jahrzehnten in Betrieb Die Umsetzung: Wie kann die ist, anders als fossile Energie, nicht ver- sind, länger laufen als geplant. Energiewende gelingen? lässlich verfügbar. Selbst auf hoher See So ist das mit allen Alternativen zum herrscht manchmal tagelang Flaute. Und Atomstrom: Auch sie haben Nachteile – In diesen Tagen laufen die letzten Tests, frischt der Wind gerade dann auf, wenn und Gegner. dann will der Energieversorger EnBW den der Energiebedarf besonders niedrig ist, Ostsee-Windpark Baltic 1 ans Netz brin- sprengt es das System: Dann ist zuweilen Der Widerstand: Scheitert gen. Die Anlage befindet sich 16 Kilometer so viel Strom im Netz, dass die Versorger der Ausstieg an den Bürgern? vor der Halbinsel Fischland Darß Zingst. sogar dafür bezahlen, damit ihnen je- Die Strommenge, die von den 21 Windrä- mand die Kilowatt abnimmt. Thomas Jacob hat gerade neue T-Shirts dern erzeugt wird, reicht freilich besten- Genauso unberechenbar verhält sich für seinen Protest drucken lassen: rot mit falls aus, um eine Kleinstadt zu versorgen. die Sonne. Solche Schwankungen beein- einem durchgestrichenen Windrad vorn Und das nur bei optimalen Bedingungen. trächtigen die Stabilität des Netzes er- drauf. „Wir stehen zu unserer Sache, egal Baltic 1 ist nach dem Alpha-Ventus- heblich, die Betreiber haben alle Mühe, ob uns die Leute jetzt beschimpfen“, sagt Forschungsprojekt in der Nordsee erst das Stromangebot zu prognostizieren und er. In Deutschland sind jetzt alle Atom- der zweite Windpark in deutschen Mee- das System auszubalancieren. kraftgegner, auch Jacob mag Kernkraft- resgewässern. Die Energiebranche hinkt Nach dem Aus für sieben Atomkraft- werke nicht. Aber er ist und bleibt vor weit hinter ihren Offshore-Planungen werke fällt den Technikern die Steuerung allem ein Gegner der Windkraft. her – und hinter Ländern wie Dänemark ohnehin schon schwerer. Sie beobachten Er lebt in der Gemeinde Märkische oder Großbritannien. mit Sorge, wie die Konzentration des An- Heide in Brandenburg, das einzige D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1 69
Titel sich das Geschäft in nächster Zeit Aktien jagen amortisieren könnte, war schon damals fraglich. Seit der Nuklearkatastrophe in Fukushima und dem Atommorato- rium der Kanzlerin glaubt kaum noch Wie Grüne und SPD die EnBW zum Öko- jemand an eine kurzfristige Refinan- Energieerzeuger umbauen wollen zierung. Nils Schmid (SPD), Finanzmi- nister in spe, spricht von einer „schwe- er Mittwoch dieser Woche ist Untersteller gerade noch gefehlt. ren Erblast“, einem „Milliardenrisiko“. D für Franz Untersteller, Frak- tionsvize der Grünen im Stutt- garter Landtag und gehandelt als künf- Schließlich gibt es schon jetzt genug Ungemach beim Umbau der EnBW zum Öko-Energieversorger. Schmid und Untersteller wissen, dass sie einen langen Atem brauchen werden. Die strategische Neuausrich- tiger Umweltminister, ein wichtiger Bisher setzte der Stromkonzern vor tung von EnBW wird Geld kosten und Tag, ein Tag der Entscheidung. Am 6. allem auf Atomkraft. Mehr als die Hälf- in den nächsten Jahren kaum etwas April wird sich zeigen, ob der Umbau te des Unternehmensgewinns speiste einbringen, Gewinnausschüttungen der EnBW zu einem grünen Stromun- sich bisher, so heißt es in einem kürzlich von dreieinhalb Prozent, mit denen ternehmen eine Chance hat. erstellten Greenpeace-Gutachten, aus Mappus seinen riskanten Deal finan- An jenem Tag läuft das Angebot der Kernenergie. Bei der Nutzung von zieren wollte, wird das Unternehmen des Landes Baden-Württemberg aus, Sonnen- und Windenergie hingegen ist kaum erwirtschaften. Aktien des Stromkonzerns zum Stück- EnBW Branchen-Schlusslicht. Ledig- Vor zweieinhalb Wochen legte Uwe Leprich, Wirtschaftsprofessor an der Technischen Hochschule Saarbrücken, ein 54-seitiges Gutachten zur Perspek- tive der EnBW vor – im Auftrag der Umweltschutzorganisation Green- peace. Sein Papier liest sich quasi wie eine Betriebsanleitung für das grün- rote Umbauprojekt. Der Wissenschaftler rät zu einer Schrumpfkur bis zu einer „zukunfts- fähigen Größe“. Der Konzern müsse sich von allen reinen Finanzbeteili- gungen trennen. 2,1 Milliarden Euro könnten durch das Abstoßen etwa von Anteilen an Stadtwerken erzielt DANIEL MAURER / DAPD werden. Weitere 300 Millionen Euro hält er aus dem Verkauf der Strom- Fernnetze für realisierbar. Die Gelder sollten in Windkraftan- lagen und Gaskraftwerke in Baden- Partner Kretschmann, Schmid: Schrumpfkur bis zur zukunftsfähigen Größe Württemberg fließen sowie in Beteili- gungen an Solaranlagen in Spanien preis von 41,50 Euro zu übernehmen. lich die Wasserkraft, etwa mit dem neu- oder Marokko. Hingegen sollten Plä- Eine ganze Reihe von Kommunen hat en Stauwerk in Rheinfelden, spielt bei ne für Investitionen in Stein- und bereits verkauft, rund sechs Millionen der Stromerzeugung eine Rolle. Braunkohlekraftwerke gestoppt wer- Aktien gingen damit aufs Land über. Eher lästig beim Umstrukturieren den. Das gilt auch für die Alt-Atom- Doch die künftige grün-rote Landes- ist das wilde Beteiligungsportfolio des meiler Neckarwestheim 1 und Phi- regierung in Stuttgart braucht noch Unternehmens: EnBW gehört die lippsburg 1, die im Zuge des Morato- mehr, um bei der EnBW bestimmen Mehrheit an den Stadtwerken in Düs- riums vom Netz genommen wurden. zu können. Sie braucht die Mehrheit, seldorf ebenso wie Anteile an einem Sie sollten abgeschaltet bleiben. 50 Prozent plus eine Aktie. Energieversorger in Norddeutschland Leprich geht davon aus, dass eine Bis zur vorigen Woche sah es so oder an Kraftwerken in Tschechien. runderneuerte EnBW eher regionaler aus, als sei das kein Problem. Doch „Eine unternehmerische Strategie ist Dienstleister sein sollte als globaler dann funkte plötzlich der andere da nicht zu erkennen“, sagt Rezzo Konzern. „Eine Neuorientierung der Großaktionär der EnBW dazwischen, Schlauch, einst Grünen-Funktionär EnBW kann bis 2020 gelingen“, pro- die Oberschwäbischen Elektrizitäts- und ehemaliger EnBW-Beirat. gnostiziert der Wirtschaftsprofessor. werke (OEW). Der Zweckverband Das größte Risiko aber hat der ab- Allerdings mit einem für die Grü- von neun württembergischen Land- gewählte Ministerpräsident Stefan nen und ihre Wähler besonders bitte- kreisen, eher CDU-Hochburgen, will Mappus (CDU) seinem Nachfolger ren Wermutstropfen: Die beiden neue- nun seinerseits Aktien kaufen. Winfried Kretschmann (Grüne) hinter- ren Atomkraftwerke Neckarwestheim Die Landräte wollen verhindern, lassen. Im Dezember hatte das Land 2 und Philippsburg 2 müssten am Netz dass das Land die Mehrheit bei EnBW das 45-Prozent-Aktienpaket des fran- bleiben. Ohne die Meiler, sagt der bekommt und damit die grüne Ener- zösischen Stromkonzerns EDF über- Greenpeace-Gutachter Leprich, „ist giewende einleiten kann – ein Rennen nommen, für 4,7 Milliarden Euro. Der der Umbau nicht finanzierbar“. um die letzten freien Aktien, das hatte Kauf wurde auf Pump finanziert. Ob SIMONE KAISER, ANDREAS WASSERMANN 70 D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1
THOMAS PFLAUM / VISUM Stahlwerk in Duisburg: Ein höherer Strompreis kann dazu führen, dass manche Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden Kernkraftwerk in seinem Bundesland tig. Klar, solche Erdkabel machen den Die Wirtschaft: Gefährdet steht seit 1990 still, aber es gibt hier rund Strom teurer. Umgelegt auf ganz 3000 Windräder. Brandenburg liegt in Deutschland gehe es aber nur „um Cent- der Ausstieg den Wohlstand? Sachen Energiewende ziemlich weit vorn. Beträge“. „Der Strom in Deutschland muss sicher, Zu weit vorn, findet Jacob, vor drei Zu zwei Dutzend ähnlichen Initiativen sauber und bezahlbar bleiben, sonst ge- Jahren hat er die Volksinitiative Windrad in Deutschland hält Gosslar Kontakt, fährden wir die Basis unseres Wohlstan- gegründet, 25 Bürgerinitiativen machen überall im Land wollen die Leute keines- des“, sagt Hans-Peter Keitel, der Präsi- inzwischen mit. Seit dem Beben in Japan falls unter neuen Leitungen leben, Atom- dent des Bundesverbandes der Deutschen ärgert sich Jacob über die Horrorszena- ausstieg hin oder her. Industrie (BDI). Man müsse aufpassen, rien der Politiker, die nun schnell aus der Gosslar sagt, dass er seit dem Unglück dass durch die Diskussion über Atom- Atomkraft rauswollen, aber auch vor in Fukushima Angst habe – weniger um strom „unser wirtschaftlicher Erfolg nicht Stromlücken warnen. seine Gesundheit als um seine Bürger- unter die Räder kommt“. Er war gerade auf Sylt bei den Leuten, rechte. „Wir müssen aufpassen, dass nicht Manuel Frondel, Energieexperte beim die dort gegen Windräder kämpfen, und alles zu schnell geht.“ Am liebsten wäre Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirt- sagt, man denke über ein bundesweites ihm, es gebe noch ein Moratorium, und schaftsforschung (RWI), sagt, mit einem Bündnis nach. Am Sonnabend wollte Ja- zwar für den Netzausbau. frühen Aus für die Kernkraft löse sich cob in Potsdam demonstrieren, ein großer „Volksvermögen in Luft auf“. Verkürzte Aktionstag seiner Initiative, den er vor Fukushima geplant hatte. Windräder wür- Wachsender Energiehunger Laufzeiten der Atomkraftwerke würden „Wohlstandsverluste in dreistelliger Mil- den auch nach Fukushima noch furchtbar Deutscher Nettostrom- liardenhöhe“ verursachen. verbrauch, in Milliarden 534,2 530,0 aussehen und gefährlichen Schall erzeu- Wer den schnelleren Ausstieg aus der gen, sagt Jacob. „An den Nachteilen hat Kilowattstunden Kernkraft fordere, ohne ein tragfähiges sich ja nichts geändert.“ Konzept für eine Energieversorgung zu 501,4 Mit Einsprüchen und Klagen im Ge- haben, bringe „die Wettbewerbsfähigkeit nehmigungsverfahren können die Pro- der deutschen Industrie in Gefahr“, sagt testler den Bau neuer Windräder oder 472,9 BASF-Chef Jürgen Hambrecht. Stromtrassen stoppen – und damit die Steht also der Niedergang des Indu- 472,6 Energiewenden erheblich verzögern. striestandorts Deutschland bevor, wenn Der Atomausstieg geht auch ohne die Atommeiler abgeschaltet werden? neue Überlandleitungen, sagt Peter Goss- Müssen die Deutschen auf ihren Wohl- lar. Seit vier Jahren kämpft er gegen eine 1991 1995 2000 2005 2010 stand verzichten? solche Leitung, sie soll von Wahle in Nie- Wohl kaum. Vergleichbare Warnungen dersachsen nach Mecklar in Hessen füh- gab es immer wieder, beispielsweise vor ren, mindestens 180 Kilometer, 380 000 Stromfresser Wirtschaft schärferen Umweltvorschriften. Doch die Volt, Wechselstrom. An der Strecke gibt Anteil am Verbrauch 2010, in Prozent deutsche Industrie wurde bislang nicht es 19 Bürgerinitiativen, die Menschen Quelle: schwächer, sondern stärker. fürchten um den Wert ihrer Häuser, sie AGEB, BMWi Chemische Industrie, Maschinenbauer, fürchten elektromagnetische Strahlen. Verkehr 3,1 Autohersteller, Stahlerzeuger, Firmen aus Herzschrittmacher könnten aussetzen, der Medizin-, der Umwelt- und Werkstoff- Öffentliche sagt Gosslar, „und wir haben hier viel Einrichtungen 8,7 technik zählen weltweit zur Spitze – ob- Kurbetrieb“. wohl die Energiekosten für Unternehmen Sie fordern Erdkabel auf der ganzen Bergbau/ in Deutschland schon bislang oft höher sind Strecke, entlang der Autobahn verlegt, Private Verarbeitendes als für ausländische Konkurrenten. Deshalb Haushalte Gewerbe mit Gleichstrom betrieben. Eine saubere, entwickelten sie besonders effiziente Ma- 26,6 45,9 sichere Sache, sagt Gosslar. Auf so einer schinen und Produktionsanlagen. Und die langen Strecke gebe es das zwar noch lassen sich dann auch gut exportieren. nicht – aber warum nicht was Neues pro- Landwirt- Handel/ Im Durchschnitt liegt der Anteil der bieren? Wenn Energiewende, dann rich- schaft 1,6 Gewerbe Energiekosten an der Wertschöpfung bei 14,1 71
FRANK LEONHARDT / DPA Anti-Atomkraft-Demonstration am 26. März in München: Keine andere Nation folgt bisher dem deutschen Beispiel weniger als zehn Prozent. Sollten die Restrisiko so viele Menschenleben ge- Proglio, als wenn man in Paris Häu- Strompreise durch einen Ausstieg aus der fährde, „wie es sich jetzt in Japan zeigt, ser, die älter als 20 Jahre sind, abreißen Kernkraft steigen, würde dies die Auto- dann dürfen wir ein solches Restrisiko wollte. industrie und viele andere Branchen nur einfach nicht mehr eingehen“. Selbst in Japan reagiert die Regierung geringfügig belasten. Aber gerade die Abkehr von der zögerlich. Zwar hat der Fukushima-Kon- Es gibt allerdings auch die Alumini- Atomenergie erfordert nach Ansicht des zern Tepco die Pläne zum Bau dreier neu- um-, die Zement- und Stahlhersteller, bei Bosch-Chefs „Technikkompetenz“. Und er Reaktoren gestoppt. Insgesamt aber denen die Energiekosten mitunter mehr darin liegt die Chance für viele Unter- sieht die Regierung keine Alternative, als ein Viertel der Kosten ausmachen. Hei- nehmen des Landes. Atomkraft werde die Hauptquelle von delcement, den drittgrößten Zementher- Energie bleiben, versicherte Wirtschafts- steller weltweit, würden steigende Strom- Modell Deutschland: Ein Vorbild minister Kaoru Yosano. preise treffen. Aber das Unternehmen will für den Rest der Welt? Und so wird sich in Deutschland ent- „keine Drohkulisse aufbauen“, wie ein scheiden, ob es eine hochindustrialisierte Sprecher sagt. Noch wisse niemand, ob Am Ende des Ausstiegs wird Deutschland Wirtschaftsnation schaffen kann, sich aus und wie stark die Strompreise tatsächlich ein anderes Land sein, und die Welt wird der Abhängigkeit von der Atomwirtschaft steigen. Die Schätzungen schwanken zwi- mit Spannung verfolgen, ob das Experi- zu befreien. Ob die erneuerbaren Ener- schen 10 und 30 Prozent. Das hängt vor ment gelingen wird. Denn keine andere gien so ausgebaut werden können, dass allem davon ab, wie schnell Deutschland Nation folgt bisher dem deutschen Bei- sie am Ende ein ganzes Land versorgen. aus der Kernkraft aussteigt und wie schnell spiel, alle anderen wollen an der Atom- Und ob das alles ohne dramatische Wohl- die alternativen Energieerzeuger ausge- kraft festhalten. standseinbußen möglich ist. baut werden. In Großbritannien etwa soll der Chef- Wenn es gelingt, wird die Bundes- Ein höherer Strompreis kann dazu füh- inspektor für Atomanlagen bis Mitte Mai republik zum Modell für ein neues nach- ren, dass manche Produktion ins Ausland ermitteln, welche Lehren die Regierung haltiges Wirtschaften, das die Ressourcen verlagert wird. Vielleicht wird in Deutsch- aus dem Unglück in Japan ziehen kann. schont und künftige Generationen nicht land weniger Aluminium und Stahl pro- Premierminister David Cameron hat al- belastet. Es wird führend sein in der Ent- duziert. Dafür entstehen an anderer Stel- lerdings bereits versichert, dass Atom- wicklung und Produktion energiesparen- le neue Arbeitsplätze. kraft Teil des Energiemix bleiben solle. der Zukunftstechnologien, ein grüner Ex- Zu den Gewinnern werden nicht nur die Die USA lassen zwar ihre 104 Anlagen portweltmeister. Windradhersteller und die Produzenten überprüfen, niemand in Washington aber Und wenn das Experiment misslingt? von Blockheizkraftwerken zählen. Siemens denkt ernsthaft an einen Ausstieg. Es Dann zahlen die Deutschen für den Aus- kann vom Bau neuer Stromnetze und bleibt dabei: Bis 2020 sollen sogar vier stieg aus der Atomwirtschaft einen hohen Pumpspeicherwerke profitieren, BASF von bis acht neue Meiler ans Netz gehen. Preis. der steigenden Nachfrage nach Gebäude- Auch Frankreich, das seinen Strom zu Niemand weiß, ob es am Ende mehr isolierungen, bei Bosch dürfte der Absatz drei Vierteln aus Atomkraft bezieht, un- Gewinner oder Verlierer geben wird. Es von Energiespartechnik für Haushaltsgerä- terzieht seine 58 Reaktoren einem Check. hängt davon ab, ob die Unternehmen te, Gebäude und Automobile wachsen. Präsident Nicolas Sarkozy aber bleibt mitziehen und die Bürger sich nicht ver- Bosch-Chef Franz Fehrenbach hat „überzeugt von der Angemessenheit der weigern. Ob es gelingt, die großen Wi- Technologie, mit der sich Energie sparen Wahl“, nukleare Quellen zu nutzen, sagt derstände in einer gemeinsamen Kraft- lässt, schon vor Jahren als Wachstumsfeld er, immerhin verliehen sie Unabhängig- anstrengung zu überwinden. für sein Unternehmen festgelegt. Jetzt keit. Abschalten ist für ihn keine Option, Klar ist nur: Das Ziel ist alle Mühen fordert er als erster Konzernchef Deutsch- auch nicht in Fessenheim, dem Meiler, wert. FRANK DOHMEN, DIETMAR HAWRANEK, lands die Abkehr von der Kernkraft. der nur 25 Kilometer von Freiburg im WIEBKE HOLLERSEN, ALEXANDER JUNG, ARMIN MAHLER, PETER MÜLLER, Man müsse davon ausgehen, dass das Breisgau entfernt liegt. GERALD TRAUFETTER, CHRISTIAN SCHWÄGERL, Restrisiko von Technologien auch eintre- Ein solches Vorgehen sei so abwegig, CHRISTOPH SCHWENNICKE te, sagt Fehrenbach. Und wenn dieses meint der Chef des Versorgers EDF, Henri 72 D E R S P I E G E L 1 4 / 2 0 1 1
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