Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen

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Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
Magazin des Bundesamts für Energie BFE
                                 Nummer 2 | März 2017

Wege
in die Energiezukunft

      Biogas                    Wasserstoff                           Paradox
Anlagen für virtuelles        Modelle der Zukunft                 Norwegen setzt auf
 Kraftwerk poolen             in der Praxis testen                Wasserkraft und Öl
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
InhaltsVerzeichnis

02          Swissgrid-Chef
            Yves Zumwald im Interview                 06           Virtuelles Kraftwerk und
                                                                   erneuerbare Regelenergie             07                   Wasserstoff für LKW
                                                                                                                             aus Wasserkraft

10          Mehr Flexibilität für den
            öffentlichen Busverkehr                   12           Energiestrategie
                                                                   von Norwegen im Fokus                13                   Post-Chefin Susanne Ruoff
                                                                                                                             über Nachhaltigkeit

04          Cyberrisiken einschätzen
                                                      05           Power-to-Gas-Verfahren erklärt
                                                                                                        08                  Forschen für die Mobilität

14          Update zur Standortsuche
            für geologische Tiefenlager               15           Über den Ursprung und den
                                                                   Wandel des Wasserzinses              16                   Aufgeschnappt
                                                                                                                             im Energiebereich

Impressum
ENERGEIA, das Magazin des Bundesamts für Energie BFE,                            Rückmeldungen und Anregungen: energeia@bfe.admin.ch,
erscheint 6-mal jährlich in deutscher und französischer Ausgabe.                 Tel. 058 462 56 11, Fax 058 463 25 00
Deutsch: 10’000 Exemplare | Französisch: 5950 Exemplare
                                                                                 Gratis-Abonnement und Adressänderungen: Bundesamt für Energie,
Copyright Bundesamt für Energie. Alle Rechte vorbehalten.                        Mühlestrasse 4, 3003 Bern oder abo@bfe.admin.ch
Gesamtverantwortung: Marianne Zünd (zum)                                         Nachdruck: Artikel können mit Quellenangabe verwendet werden.
                                                                                 Bitte Belegexemplar senden.
Chefredaktion: Angela Brunner (bra), Stellvertreterin Sabine Hirsbrunner (his)
Redaktionelle Beiträge: Laura Antonini (anl), Angela Brunner (bra),
                                                                                                                                      PERFOR MANCE
Sabine Hirsbrunner (his), Fabien Lüthi (luf), Selina Zehnder (zes)
Layout: Melanie Stalder (ste)                                                                                                                neutral
                                                                                                                                          Drucksache
                                                                                                             No. 01-17-275202 – www.myclimate.org
Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1, 3001 Bern, www.staempfli.com                                            © myclimate – The Climate Protection Partnership
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
ÜBERZEUGUNG UMSETZEN
Die heutigen Energieinfrastrukturen wurden im Laufe des 20. Jahr-
hunderts errichtet. Dabei kamen verschiedene Entwicklungen
zum Einsatz, die gemäss ihren spezifischen Potenzialen genutzt
wurden. In den kommenden Jahrzehnten werden wir in der Lage
sein, konventionelle Infrastrukturen und neue Anwendungen,
Produktion und Verbrauch sowie zentralisierte und dezentrale
Anlagen miteinander zu kombinieren. Die Potenziale der ver-
schiedenen Neuentwicklungen werden uns dabei unterstützen,
unseren Gesamtenergieverbrauch zu senken und herkömmliche
Energiequellen durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen.

Jedes Jahr bezahlen die Schweizer Konsumentinnen und Konsu-
menten über 25 Milliarden Franken für Energie. Diese stammt
zu knapp zwei Dritteln aus importierten fossilen Energieträgern
(Treibstoff, Heizöl und Gas). Über die Senkung des Verbrauchs
und den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz müssen
wir dafür sorgen, dass unsere Energiekosten verringert werden
und unsere Abhängigkeit von Einfuhren vermindert wird.
                                                                    Quelle: BFE
Dieser Umbau ist indes für alle Beteiligten eine grosse Heraus-
forderung. Die Energiebranche muss sich mit einem grundlegenden
Wandel ihrer Geschäftsmodelle und Erträge auseinandersetzen.
Konsumentinnen und Konsumenten müssen sich bewusst werden,          «Die Technologien, die es für den Umbau des Energie­
dass sie als Akteure Einfluss auf ihren Verbrauch und die neue      systems braucht, sind verfügbar und werden von Jahr
Wertschöpfungskette im Energiesektor nehmen können. Der                    zu Jahr effizienter und kostengünstiger.»
Gesetzgeber schliesslich wird Rahmenbedingungen schaffen                        Benoît Revaz, Direktor des BFE
müssen, welche die Komplementarität zwischen bestehender In-
frastruktur und neuen Anwendungen sicherstellt, die richtigen
Impulse für Investitionen setzt und mittels Marktmechanismen
eine angemessene Vergütung der Wertschöpfung gewährleistet.

Die Technologien, die es für den Umbau des Energiesystems
braucht, sind verfügbar und werden von Jahr zu Jahr effizienter
und kostengünstiger. Damit bleibt die vielleicht grösste Hürde
übrig: unsere Überzeugung in die Tat umzusetzen. So, wie unsere
Vorfahren mit dem Bau von Wasserkraftwerken Weitblick und
unternehmerischen Mut bewiesen haben, so ist unsere Generation
gefordert, die Chancen zu nutzen, die sich mit dem Umbau unserer
Energieversorgung eröffnen.

Benoît Revaz, Direktor des BFE

PS: Mehr erfahren Sie im Video auf www.energeiaplus.com/
category/energeia.

                                                                                                         ENERGEIA Nr. 2/2017 | 1
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
«Tempo ZUSAMMENBRINGEN»
Ein sicheres Netz ist das oberste Ziel der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid. Wie sie sich dafür rund
um die Uhr einsetzt, erklärt CEO Yves Zumwald im Interview.

Welche Bilanz ziehen Sie nach                Warum ist dies so wichtig?                     die Politik Richtwerte für den Schweizer
Ihrem ersten Jahr als CEO?                   Die Anzahl Photovoltaikanlagen und             Stromproduktionsmix definiert. Wie ab-
Swissgrid befindet sich seit der schritt-    Marktteilnehmer beispielsweise wächst          hängig oder unabhängig wollen wir vom
weisen Übernahme des Hochspannungs-          derzeit schneller als die Netzinfrastruktur.   Ausland sein? Unser Job besteht darin,
netzes in einer Konsolidierungsphase.        Dieses Tempo müssen wir zusammen-              aufgrund des erwarteten Mix zu simulieren,
Dieser Prozess braucht Zeit. Im vergange-    bringen. Darum müssen wir die Bevölke-         wie dieser zum Markt und zur Netzinfra-
nen Jahr ist es uns gelungen, die Bezie-     rung überzeugen, dass es eine moderne          struktur passt. Wir haben mit dem «Strate-
hungen mit der Branche zu intensivieren      Netzinfrastruktur braucht. Wir sind des-       gischen Netz 2025» das Netz der Zukunft
und die Rollenteilung besser zu klären.      halb in ständigem Austausch mit Kantonen,      entwickelt, das selbst für den Atomaus-
Gemeinsam mit den Stromversorgern und        Gemeinden und der Politik und erklären         stieg gerüstet sein soll.
den Behörden haben wir alles unternom-       unsere Aufgaben.
men, um die Versorgungssicherheit auch                                                      In den kommenden zehn Jahren
in der herausfordernden Wintersituation      Wie managen Sie das Netz heute?                wollen Sie 2,5 Milliarden Franken
zu gewährleisten.                            Um jederzeit die Balance von Strompro-         in das Netz investieren.
                                             duktion und -nachfrage im Netz herstellen      Das sind die Kosten für das «Strategische
Weitere wichtige Erfahrungen?                                                               Netz 2025», wobei 1,5 Milliarden Franken
Wir stehen in engem Austausch mit den                                                       in rund 200 Kilometer neue Leitungen
umliegenden Übertragungsnetzbetreibern,         «Eine Netzentwicklung ohne die              und eine Milliarde in den Unterhalt von
damit wir technisch weiterhin mit Europa      Schweiz könnte gefährlich werden.»            bestehenden Leitungen investiert werden
verbunden und abgestimmt sind, auch ohne       Yves Zumwald, CEO von Swissgrid              sollen. Die meisten Leitungen stammen
Stromabkommen. Eine Entwicklung ohne                                                        aus den 60er- und 70er-Jahren. Mit dem
die Schweiz könnte gefährlich werden für                                                    Umbau sind wir heute im Schneckentempo
die Netzstabilität. Insgesamt bin ich mit    zu können, tauschen wir laufend mit der        unterwegs. Im Wallis beispielsweise, zwi-
meinem ersten Jahr zufrieden. Ich führe      Branche Daten aus. Besonders wichtig           schen Chamoson und Chippis dauert das
ein gutes Team und kann auf die Unter-       für den sicheren Betrieb des Übertragungs­     Leitungsprojekt bereits über 30 Jahre. Es
stützung von vielen Experten zählen.         netzes sind verlässliche Prognosen. Diese      gibt aber auch erfolgreiche Beispiele, z.B.
                                             professionalisieren wir laufend, um besser     im Kanton Graubünden, wo derartige
Welche Schwerpunkte setzen Sie               vorausplanen zu können. Heute stützen          Projekte eher akzeptiert sind.
dieses Jahr?                                 wir uns primär auf Realtime-Daten von
Wir fokussieren unsere Aufgabe stark auf     Stromversorgern und Wetterprognosen.           Gehört die Zukunft Smart Grids?
die notwendige Modernisierung des Über-                                                     Unser Netz ist jetzt schon smart, verglichen
tragungsnetzes. Wir wollen und müssen        Wie schätzen Sie die Entwicklungs-             mit Verteilnetzen. Es ist stark automatisiert,
diesen Aus- und Umbau so schnell wie         chancen dafür ein?                             und für die Laststeuerung wurden kürzlich
möglich umsetzen. Dafür braucht es auch      Die Digitalisierung eröffnet uns eine neue
eine bessere Akzeptanz in der Bevölke-       Welt. Viele tüfteln bereits an nützlichen
rung. Damit die Netzinfrastruktur recht-     Energie-Apps. Bald wird es neue techno-           «Die dezentrale Netzeinspeisung
zeitig bereit ist, müssen die Verfahren      logische Lösungen und Optionen geben,              wächst derzeit schneller als die
rund um den Netzausbau gegenüber heute       um das Netz noch effizienter zu betreiben.         Netzinfrastruktur. Dieses Tempo
wesentlich beschleunigt werden. Deshalb      Und dies wird schneller passieren, als wir        müssen wir zusammenbringen.»
befürworten und unterstützen wir die         heute denken.                                     Yves Zumwald, CEO von Swissgrid
Strategie Stromnetze, die sich in der par-
lamentarischen Diskussion befindet. Mit      Wie wichtig ist für Sie die Energie-
der Energiewende wird künftig mehr           strategie 2050?                                neue Transformatoren gebaut. Wir tauschen
erneuerbarer Strom dezentral ins Netz
­                                            An der Energiestrategie orientieren wir        zudem viele Daten mit unseren Nachbarn
eingespeist. Dafür wollen wir bereit sein.   uns für die Netzplanung. Es ist Zeit, dass     aus, um grenzüberschreitende Netzsicher­
                                                                                            heitsberechnungen durchzuführen.

2 | ENERGEIA Nr. 2/2017
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
Yves Zumwald
         Seit März 2016 ist Yves Zumwald
         (geb. 1967) CEO von Swissgrid.
         Zuvor war der Elektroingenieur
         unter anderem Vertriebsdirektor bei
         Romande Energie (2009–2013) und
         arbeitete in verschiedenen Funktionen
         bei Alpiq (damals EOS) im Bereich
         Netze und Infrastruktur (2002–2009).

Quelle: Swissgrid

     Warum braucht es diese länder-                 Ein flächendeckendes Blackout in der           Wie gestalten Sie die Energie­
     übergreifende Zusammenarbeit?                  Schweiz ist eher unwahrscheinlich. Doch        zukunft mit?
     Wir befinden uns im Herzen von Europa          es kann unter Umständen zu Teilausfällen       Indem wir das Netz für die künftigen An-
     und müssen bei unserer Arbeit immer das        kommen. Wir tun alles, um derartige            forderungen fit machen. Zudem wollen
     Gesamtsystem betrachten: Das Hochspan-         Situationen bei uns zu vermeiden, und
                                                    ­                                              wir in Europa sicherstellen, dass die
     nungsnetz erstreckt sich von Norwegen bis      greifen im Notfall ein. Mit Redispatch-­
     nach Süditalien und von Spanien bis in die     Massnahmen können wir wenn nötig
     Türkei. Um das Netz stabil zu halten, müs-     ­zusammen mit den Betreibern die Pro-            «Die europäischen Übertragungs­
     sen die europäischen Übertragungsnetzbe-        duktionspläne ändern oder die Netzkup-           netzbetreiber müssen jederzeit
     treiber jederzeit die gleiche Musik spielen.    pelungen anpassen. Wenn sich Netzeng-              die gleiche Musik spielen.»
                                                     pässe abzeichnen, kaufen wir frühzeitig         Yves Zumwald, CEO von Swissgrid
     Damit diese Zusammenarbeit jederzeit            Regelenergie ein.
     einwandfrei funktioniert, müssen wir uns
     technisch über die Grenzen hinweg sauber       Wie gut ist Swissgrid vor Cyber­               Schweiz weiterhin eine Pionierrolle spielen
     abstimmen. Mit der Marktkoppelung              angriffen geschützt?                           kann. Sollte es künftig einen gesamteuro-
     nimmt die Anzahl Stromproduzenten auf          Wir sind uns der Risiken bewusst und er-       päischen Markt geben, braucht es allenfalls
     dem Markt zu, deshalb dürfte die exakte        greifen entsprechende Massnahmen. Aber         nur noch etwa 5 anstatt 42 Koordinations-
     Orchestrierung aller Teilnehmer im In-         wir sind nicht allein im System. Mit den       stellen wie heute. Wir verfügen über in-
     und Ausland künftig noch anspruchsvoller       ausländischen Übertragungsnetzbetreibern       novative Ideen und das nötige Know-how.
     werden.                                        und anderen Betreibern von kritischen          Beim Management unserer 120 Bilanz-
                                                    ­Infrastrukturen gilt es, gemeinsame Sicher­   gruppen etwa sind wir in Europa top. Nun
     Wie schätzen Sie das Risiko für ein             heitsnormen zu entwickeln. Irgendwo           möchten wir das Leitsystem der nächsten
     Blackout ein?                                   bleibt sonst ein Schlupfloch geöffnet.        Generation entwickeln. (bra)

                                                                                                                        ENERGEIA Nr. 2/2017 | 3
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
CYBERRISIKEN BEKÄMPFEN
Wie arbeitet der Bund mit der Energiebranche zusammen, um Netze intelligenter und sicherer zu
gestalten? Eine Schutzbedarfsanalyse des Bundesamts für Energie hilft bei der Risikoeinschätzung.
Nun sollen einheitliche Branchenstandards definiert werden.

Bis 2025 sind intelligente Messsysteme          gewichtet mögliche Bedrohungen nach             Missbrauch von Zugriffrechten oder falsche
Teil der meisten Schweizer Haushalte. So        deren Eintrittswahrscheinlichkeit, um fest­     Abrechnungen über mehrere Jahre. Als
sieht es die Energiestrategie 2050 vor.         zustellen, wie hoch das damit verbundene        katastrophal gelten dabei jene Fälle, die
Diese sogenannten Smart Meter könnten           Sicherheitsrisiko ist.                          über eine Million Franken kosten würden.
Energieversorgern und Endverbrauchern                                                           Für die Risikoeinstufung wurde auf eine
dabei helfen, Kosten zu sparen, indem sie       Was bedeutet es beispielsweise, wenn tau-       Vorlage des Informatiksteuerungsorgans
automatisch regelmässig detaillierte Ver-       send Smart Meter durch einen technischen        des Bundes zurückgegriffen.
brauchsdaten erfassen.                          Fehler oder durch Sabotage plötzlich aus-
                                                fallen würden? Was wäre die Konsequenz          Grosser Schutzbedarf erkannt
Cyberrisiken einschätzen                        davon? Wie teuer wäre dies? Wie sind            Im Grunde wurden 14 Risikoszenarien
Das Netz wird durch den Einsatz dieser          Smart Meter vor externen Störungen und          und verschiedene Varianten davon entwor-
intelligenten Messsysteme zwar smarter,         Cyberangriffen zu schützen?                     fen und aus Sicht des Verteilnetzbetreibers
aber auch angreifbarer. Die Herausforde-                                                        oder eines dritten Messdienstleisters (Da-
rung besteht darin, mögliche Schwachstel-       Risikoszenarien analysiert                      tenmanager) sowie des Endverbrauchers
len und Sicherheitsrisiken vorgängig zu         Mit derartigen Fragen befasst sich die          analysiert. «Plausible Szenarien wurden
identifizieren. In welchen Bereichen es wie     Schutzbedarfsanalyse. Berücksichtigt wur-       hierfür berücksichtigt», sagt Bruno Le Roy,
viel Schutz braucht, hat kürzlich eine Studie   den dabei Einzelfälle bis hin zu grossflächi-   Fachspezialist für Netze beim Bundesamt
im Auftrag des Bundesamts für Energie           gen Ereignissen und vorsätzliche Hand-          für Energie. «Die Analyse hat gezeigt, dass
analysiert. Diese Schutzbedarfsanalyse          lungen wie eine Datenmanipulation, der          der Schutzbedarf für die Smart-Metering-­
                                                                                                Infrastruktur gross ist.» Für jedes Szenario
                                                                                                wurde der jeweilige Schutzbedarf ermit-
Aufgabenteilung                                                                                 telt, und darauf basierend wurden geeignete
                                                                                                Sicherheitsmassnahmen empfohlen.

                                                                                                Branchenstandards festlegen
                                                                                                Jetzt liegt der Ball bei der Branche: Der
                                                                                                Verband Schweizerischer Elektrizitäts­
                                                                                                unternehmen (VSE) muss einheitliche Vor­
                                                                                                gaben und Standards für die Cybersicher-
                                                                                                heit von Messsystemen definieren und
                                                                                                diese für sich dokumentieren. Eine unab-
                                                                                                hängige Stelle soll prüfen, wie sie umge-
      Der Bund macht eine                   Die Branche           Eine Prüfstelle wacht         setzt werden.
     Schutzbedarfsanalyse.              definiert Standards.    über die Implementierung.
                                                                                                «Damit haben wir für die Schweiz eine
                                                                                                flexible, subsidiäre Lösung gefunden, die
                                                                                                den Marktakteuren Spielraum lässt, um
                                                                                                die Mindestanforderungen selbst festzu-
Risiko einschätzen                                                                              legen», sagt Le Roy. Andere Länder würden
                                                                                                hingegen ein eher starres und kostenin-
                                                                                                tensiveres System kennen. Das Schweizer
gering                                     mittel                                      hoch     Modell soll laut dem Experten einfacher
Schadenausmass x Eintrittswahrscheinlichkeit = Risikoniveau                                     umzusetzen sein. (bra)
Daraus resultieren der Schutzbedarf und geeignete Massnahmen.                     Quelle: BFE

4 | ENERGEIA Nr. 2/2017
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
WIE STROM ZU GAS WIRD
Eine verstärkt dezentrale Stromproduktion erfordert mehr Flexibilität in diesem Sektor. Neben einer
intelligenten Netzsteuerung werden in Zukunft allenfalls neue Möglichkeiten der Stromspeicherung
nötig sein. Eine davon könnte in Zukunft das Power-to-Gas-Verfahren sein.

Die optimale Abstimmung zwischen Strom­         und so gelagert werden kann. Anwendungs­      den.» Ein weiterer grosser Nachteil von
verbrauch und Stromproduktion wird in           möglichkeiten für das Gas finden sich im      Power-to-Gas sind die die hohen Um-
Zukunft immer wichtiger werden. Beson-          Moment in der Industrie oder im Mobilitäts­   wandlungsverluste. «Beim Einsatz von
ders herausfordernd ist dies, weil die          bereich, wo Wasserstoff und Methan direkt     Power-to-Gas als Stromspeicher gehen
Stromproduktion stärker dezentral ge-           zur Betankung von Fahrzeugen genutzt          rund zwei Drittel der Energie verloren»,
schieht und grossen Schwankungen unter­         werden können (siehe Seiten 7 und 8).         erklärt er. Es mache heute also Sinn, an-
liegt (beispielsweise Solar- und Wind-                                                        dere Speichermöglichkeiten mit höheren
strom). Das Versorgungssystem muss darum        Bedarf in der Schweiz offen                   Wirkungsgraden vorzuziehen, z.B. Batterie-
flexibler werden. «Mithilfe von Smart           «Das Power-to-Gas-Verfahren ist erst lang­    oder Pumpspeicher.
Grids können Netze effizienter bewirt-          fristig eine Option zur Stromspeicherung»,
schaftet und die Konsumenten und Pro-           erklärt Stefan Oberholzer. «In Kombination    Ob die Power-to-Gas-Technologie zur
duzenten zweckmässig verknüpft werden»,         mit Kavernenspeichern könnte so bei einem     Stromspeicherung je grossflächig in der
sagt Stefan Oberholzer, BFE-Fachspezialist      sehr hohen Anteil an erneuerbarem Strom       Schweiz Einsatz finden wird, ist offen.
Energieforschung.                               in Zukunft eine Speicherung über saisonale    Heute wird insbesondere am Elektrolyse-
                                                Zeiträume möglich werden.» Im Moment          verfahren und an der Einspeisung des
Ein Lastmanagement (Demand Side Ma-             seien die Überschüsse an erneuerbarer         Gases geforscht, und im Rahmen von
                                                                                              ­
nagement), welches das Nachfrageverhalten       Energie allerdings noch nicht so gross,       ­Pilot- und Demonstrationsanlagen werden
der Versorgungssituation anpasst, sowie         dass sich ein rascher und teurer Ausbau        zurzeit erste praktische Erfahrungen ge-
flexible Kraftwerke, die im Falle einer         von Power-to-Gas-Anlagen lohnen würde,         sammelt, z.B. im Hybridwerk Aarmatt oder
­erhöhten Nachfrage zugeschaltet werden         so Oberholzer weiter. «Die Anlagen können      mit der Energy-System-Integration-Platt-
 können, erhöhen die Flexibilität ebenfalls     im Moment mit Strom aus erneuerbaren           form des Paul-Scherrer-Instituts. (his)
 (siehe Seite 6). «Eine weitere Option sind     Quellen nicht wirtschaftlich betrieben wer-
 neue Speichertechnologien, um über-
 schüssigen Strom zu speichern und bei
 Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen»,
                                                                                                          O2        H2 O
 sagt Oberholzer weiter. Dazu gehört auch
                                                                                                  Sauerstoff        Wasser
 das Power-to-Gas-Verfahren, das in der
 Industrie bereits sehr lange angewendet
                                                                                                                    O
 wird.                                                                                                      H
                                                                                                                             O
                                                                                                                    O
                                                                                                                                            Wasserstoff
                                                                                                                                            H2

                                                                                                           H
                                                                                                      H         H
Strom zu Wasserstoff und Methan                                                                            H
                                                                                                                         O
                                                                                                                    O
Beim Power-to-Gas-Verfahren (siehe Gra-
fik) wird in einem Elektrolyseur mithilfe             Erneuerbarer Strom                                   Elektrolyse
von überschüssigem Strom Wasser in seine
Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauer-                                                                            Erdgasnetz
stoff (O) gespalten. Wird der Wasserstoff                     Strom, Wärme, Mobilität
nicht sofort gebraucht, kann er in Tanks
zwischengespeichert oder in geringen                                                                                    CH4
                                                                                                                        Methan
Mengen ins Erdgasnetz eingespeist werden.
Längerfristig lässt sich der Strom als                                                                    Methanisierung
Methan speichern. Dazu wird der Wasser­
stoff unter Beifügung von CO2 zu synthe-                                                                                CO2
tischem Methan umgewandelt, das an-                                                                                     Kohlendioxid
schliessend ebenfalls ins Erdgasnetz geleitet   Quelle: BFE

                                                                                                                        ENERGEIA Nr. 2/2017 | 5
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
ERNEUERBARE iM MARKT
Die Produzenten von erneuerbarem Strom werden sich in Zukunft besser in den Markt integrieren
müssen. Die Firma Fleco Power zeigt mit ihrem virtuellen Kraftwerk, wie das funktionieren kann.

Biogasanlagen haben gegenüber Wind-           Stefan Mutzner, Geschäftsführer von           bei unvorhersehbaren Wetterereignissen
oder Solarstromanlagen einen gewichtigen      Ökostrom Schweiz und Verwaltungs-             nutzt Swissgrid unsere Regelenergie»,
Vorteil: Sie verfügen über Gasspeicher­       ratspräsident von Fleco Power.                erklärt Zahnd. Fleco Power bietet soge-
kapazitäten, was sie flexibler und für eine                                                 nannte negative Tertiärregelleistung an.
bedarfsgerechte Produktion interessant        Pilotprojekt gestartet                        Das heisst, dass sie bei Überkapazitäten
macht. «Das heutige Vergütungsmodell          Aus diesem Grund hat Ökostrom Schweiz         im Netz die Einspeisung ihrer Biogasan-
der kostendeckenden Einspeisevergütung        im April 2015 die Tochtergesellschaft Fleco   lagen drosselt, um das Netz zu entlasten.
(KEV) bietet den Produzenten von erneu-       Power gegründet und ein vom BFE geför-        Die Biogas­anlagen produzieren weiterhin
erbarer Energie allerdings keine Zusatz­      dertes Pilotprojekt mit Biogasanlagen aus     Gas, das dann im vorhandenen Speicher
erlöse, wenn sie ihren Strom bedarfsgerecht   der ganzen Schweiz gestartet. Gesteuert       zwischengelagert wird.
ins Netz einspeisen», erklärt Urs Zahnd,      werden diese über das virtuelle Kraftwerk
Geschäftsführer der Fleco Power AG.           von Fleco Power mit Sitz in Winterthur. Un-   Direktvermarktung als Zukunft
                                              terdessen sind bereits über 90 Anlagen (ne-   Entschädigt werden die Anlagenbetreiber
Flexibilität nutzen                           ben Biogas- auch PV-Anlagen und Klein-        zum einen dafür, dass sie die Flexibilität
Bei Ökostrom Schweiz, der Muttergesell-       wasserkraftwerke) mit einer Nennleistung      ihrer Anlage zur Verfügung stellen. Wenn
schaft von Fleco Power, ist man jedoch        von zirka 30 Megawatt im Netzwerk von         die Anlagen bei Überkapazitäten im Netz
schon seit Jahren der Ansicht, dass insbe-    Fleco Power eingebunden. Zusätzlich ist die   gedrosselt werden, kommt eine weitere
sondere die Flexibilität der Biogasanlagen    Integration von Windkraftanlagen geplant.     Entschädigung dazu. Zahnd relativiert
besser genutzt werden müsste. Für einzelne,                                                 ­jedoch: «Die Teilnahme am Regelenergie­
kleine Anlagen ist es unter den aktuellen     «Wir haben uns im Regelenergiemarkt            markt erschliesst zwar eine zusätzliche
Rahmenbedingungen schwierig, selber im        etabliert und bedienen Swissgrid mit           Einnahmequelle, ist aber finanziell nicht
Markt zu agieren. «Bündelt man jedoch         unserer Dienstleistung», erklärt Urs Zahnd.    als Ersatz für das heutige Vergütungs­
die Potenziale einer grösseren Anzahl von     Das heisst, Fleco Power kommt dann zum         modell der KEV zu verstehen».
Biogasanlagen und bewirtschaftet diese        Zug, wenn es zu Unregelmässigkeiten im
über ein virtuelles Kraftwerk gemeinsam,      Netz kommt. «Beispielsweise im Sommer,        Die Zukunft sieht Urs Zahnd darum in
wird es ökonomisch interessant», erklärt      wenn das Netz stark ausgelastet ist, oder     einem anderen Geschäftsmodell, das Fleco
                                                                                            Power für seinen Kunden ebenfalls anbieten
                                                                                            will. «In der Energiestrategie 2050 ist die
                                                                                            Direktvermarktung für die Produzenten
                                                                                            von erneuerbarer Energie vorgesehen. Die
                                                                                            KEV wird dann durch eine Einspeise­
                                                                                            prämie abgelöst.» Während mit der KEV
                                                                                            heute fixe Einspeisetarife bezahlt werden,
                                                                                            steht bei der Direktvermarktung die Ab-
                                                                                            geltung nach Produktionszeitpunkt im
                                                                                            Zentrum. Zwar bleiben die Gesamtvergü-
                                                                                            tungen im neuen Modell wohl etwa gleich
                                                                                            hoch. Wer aber bedarfsgerecht produziert,
                                                                                            kann einen Zusatzertrag erwirtschaften.
                                                                                            «Die Betreiber erhalten so den Anreiz,
                                                                                            ­einen Beitrag zur Systemstabilität zu leis-
                                                                                             ten», erklärt Zahnd. Ob die Direktver-
                                                                                             marktung eingeführt wird, hängt vom
                                                                                             Ergebnis der Volksabstimmung über die
Quelle: Fleco Power                                                                          Energiestrategie 2050 ab. (his)

6 | ENERGEIA Nr. 2/2017
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
LKW tankt wasserstoff
Coop feierte kürzlich gleich zwei Premieren: die Einweihung ihrer ersten Wasserstofftankstelle
und die Jungfernfahrt ihres ersten Wasserstoff-Lkws. Warum unterstützt das Bundesamt für Energie
diese Pionierleistung?

«H2» prangt unübersehbar auf dem weissen,      Erneuerbar produziert                                                           wie Emmi und Feldschlösschen auf Inter-
34 Tonnen schweren Lkw, der mit seinem         Seine Firma liefert Coop den Wasserstoff.                                       esse. Auch verschiedene Energieversorger
Anhänger an der Coop-Tankstelle im             Dieser wird mittels Elektrolyse in einem                                        entdecken laut Huber die Vorteile von
aargauischen Hunzenschwil steht. In seinen     Laufwasserkraftwerk der IBAarau aus er-                                         Wasserstoff als Speicherlösung.
Tank strömt gasförmiger Wasserstoff (H2)       neuerbarem Strom produziert. Dabei wird
mit rund 350 bar, innert weniger Minuten       Wasser in seine Bestandteile, Wasserstoff                                       Ausbau geplant
ist er gefüllt. Damit kommt der Lkw rund       und Sauerstoff, zerlegt (2 H2O > 2 H2 + 1 O2).                                  «Dieses Projekt soll die Huhn-Ei-Proble-
400 Kilometer weit.                            In der Brennstoffzelle kommt es zu einer                                        matik von Wasserstoff für den Verkehr
                                               kalten Verbrennung. Der Wasserstoff                                             durchbrechen, indem es gleichzeitig für
Umgerüsteter Elektro-Lkw                       reagiert dabei mit Sauerstoff. So wird                                          die Infrastruktur und die Nachfrage
In seinem Innern stapeln sich Bananen          wieder Strom erzeugt, um den Elektro-                                           sorgt», sagt Men Wirz, Cleantech-Spezialist
und weitere Waren. Aufgeladen hat er diese     motor des Lkw anzutreiben. Zudem ent-                                           beim BFE, das das Projekt unterstützt.
im neuen Verteilzentrum von Coop, das          steht Wasser­dampf, der verpufft.                                               Langfristig will Coop an weiteren Tank-
rund einen Kilometer entfernt liegt. Um                                                                                        stellen Wasserstoff anbieten – auch für
genug Ladefläche zu haben, ist dieser          Trotz des geschlossenen Wasserkreislaufs                                        Private. Um die neue Wasserstofftank-
Elektro-Lkw nur mit einer kleinen Batterie     ist der Einsatz von Wasserstoff nicht nur                                       stelle in Hunzenschwil rentabel betreiben
unterwegs. Darin wird seine Bremsenergie       mit Vorteilen verbunden. «Unsere Heraus­                                        zu können, wäre eine stärkere Auslastung
zwischengespeichert, wenn er einen Hang        forderung besteht darin, mit Gas unter                                          nötig. Dies passt zur Nachhaltigkeits­
hinunterfährt oder im Stadtverkehr häufig      hohem Druck zu hantieren», sagt Huber.                                          strategie von Coop: Bis 2023 will das
bremsen muss. Ein Teil des eingesparten        Zudem sei der Wirkungsgrad geringer als                                         Unternehmen CO2-neutral werden. Pro
Platzes nimmt das moderne Brennstoff-          bei Batterien. Dennoch stosse die Lkw-­                                         Wasser­stoff-Lkw könnte es 70 bis 80 Ton-
zellensystem ein.                              Technologie bei verschiedenen Grossfirmen                                       nen CO2 im Jahr einsparen. (bra)

Potenzial entdeckt                                                                                                                     L au
                                                                                                         f                                    fw
                                                                                                      mp                                        ass
Verantwortlich für die Umrüstung bzw.                                                             a                                                   er
                                                                                           e   rd                                                          kr
den Einbau dieser Komponenten sowie                                                   ss                                                                     a
                                                                                                                                                               ft
                                                                              a

für das Design war die Firma Esoro. Deren
                                                                             W

                                                                                                                                                                   w
                                                                                                                                                                        er

Geschäftsführer Diego Jaggi sagt: «Unser
                                                                                                                                                                        k

Wasserstoff-Lkw ist weltweit einzigartig,
da er sich mit seinem Anhänger für
Logistiktransporte eignet.» Das Modell gibt
                                                            nstof fzellen-

es noch nicht als Serienproduktion. Jaggi
                                                                                                                                                                             Elektrolyse
                                                                    g

                                                                                                                           Wasser-
                                                       Bren rzeu

und sein Projektteam sind jedoch zuver-
sichtlich, dass Wasserstoff-Fahrzeuge kurz                                                                                 kreislauf
                                                           fah

vor dem Durchbruch stehen. Verschiedene
Autohersteller investieren derzeit in diesen
Bereich. «Wir sind weit gereist, um neue,
wasserstoffbetriebene Autos zu sehen,
                                                                                                                                                                         t

die im Hinblick auf die Winterolympiade
                                                                                                                                                                        or
                                                                                                                                                                    sp
                                                                             W

2018 in Pyeongchang und die Sommer­                                              se
                                                                                                                                                               an
                                                                             as

                                                                                      rs                                                                           tr
olympiade 2020 in Tokio getestet werden»,                                                  to                                                             o   ff
ergänzt sein Projektpartner Rolf Huber                                                          fft
                                                                                                      an                                              rst
                                                                                                           k st                                ss e
von H2 Energy.                                                                                                    e ll e                 Wa                        Quelle: BFE

                                                                                                                                                                   ENERGEIA Nr. 2/2017 | 7
Wege in die Energiezukunft - Biogas - BFE Publikationen
Nachhaltig Unterwegs
Wie kann der Verbrauch von fossilem Treibstoff im Verkehr reduziert werden? Dieser Frage geht die
Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) mit ihrem Future Mobility Demonstrator
in Dübendorf nach und erforscht die Nutzung von alternativen Antriebssystemen.

«Der Verkehr muss seinen Beitrag leisten,    Wasserstoff
um CO2-Emissionen zu senken», meint          Im Vordergrund des Projektes steht derzeit
Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeug­   Wasserstoff, mit dem Brennstoffzellen-
antriebssysteme der Empa. Denn in der        fahrzeuge betankt werden sollen. Hierzu
Schweiz ist der Verkehr für rund 30 Pro-     wird Wasser mithilfe eines Elektrolyseurs
zent der jährlichen CO2-Emissionen ver-      in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespaltet.
antwortlich.                                 Der Wasserstoff kann dann in Druck­
                                             speichern zwischengespeichert werden,
Demonstrationsanlage seit 2015               bis er gebraucht wird. In der Demonstrations­
Eine Senkung dieser Abgase könnte der        anlage sind dafür ein Elektrolyseur, ein
Verkehr insbesondere mit nicht fossilen      Wasserstoffdruckspeicher, ein Kompressor
und CO2-armen Treibstoffen erreichen. Mit    sowie eine Wasserstoffzapfsäule einge-
dem Future Mobility Demonstrator (kurz       richtet.

                                             Methan aus Wasserstoff

                                                                                                                                        erstoff
 «Um die CO2-Emissionen zu senken,           Im Rahmen von «move» wird zudem er-             Elektrolyse und Wasserstofffahrzeug
   muss auch der Verkehr seinen              forscht, wie synthetisches Methan aus

                                                                                                                                   Wass
       Beitrag dazu leisten.»                Wasserstoff gewonnen werden kann. Dabei
   Christian Bach, Abteilungsleiter          soll künftig ebenfalls mittels Elektrolyse
   Fahrzeugantriebssyteme, Empa              Wasserstoff erzeugt werden. Dieser soll
                                             in einem weiteren chemischen Prozess
                                             mit Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu
«move») in Dübendorf ZH untersucht die       Methan umgewandelt werden. Das Methan
Empa seit 2015, wie alternative Antriebs-    wird zur Speicherung ins Erdgasnetz ein-

                                                                                                                                    endioxid
systeme effizient genutzt und Fahrzeuge      gespeist.                                                 Methanisierung
sicher getankt bzw. geladen werden können.
                                             Die Empa beabsichtigt, eine Methanisie-                                           Kohl
Antriebssysteme vergleichen                  rungsanlage in den Demonstrator einzu-
«move» dient dabei als Demonstrations-       bauen. Bis damit die Methanisierung vor
anlage, um verschiedene Antriebssysteme      Ort erfolgen kann, bezieht die Empa für
miteinander zu vergleichen. Konkret heisst   ihre Zapfsäule Biogas aus der Region
dies, dass die Anlage einen Praxistest von   anstelle von synthetischem Methan.
Hardware und Modellen unter realen                                                                     Biogas-Anlagen
Bedingungen ermöglicht.                      Lithium-Ionen-Netzbatterien
                                             Installiert ist im Rahmen von «move»
Die Forscher der Empa beschäftigen sich      jedoch bereits eine Ladestation für Elektro­
im Rahmen des «move»-Projektes mit           fahrzeuge. Die Forscher planen, in den
drei verschiedenen alternativen Antriebs-    nächsten Jahren eine Lithium-Ionen-­
systemen, die primär Wasserstoff, synthe-    Netzbatterie in die Demonstrationsanlage
tisches Methan und Strom nutzen:             zu integrieren. Diese soll eine effiziente
                                             Zwischenspeicherung des Stroms für den
                                             Betrieb von Elektroautos ermöglichen –
                                             ohne grossen Speicherverlust.
                                                                                             Elektro-Fahrzeuge und Netz-Batterie

8 | ENERGEIA Nr. 2/2017
30 Fahrzeuge im Einsatz                     insbesondere Standards im Bereich Sicher-     Kombination für die Zukunft
Mit der Methan- und Wasserstofftankstelle   heit für weitere Tankstellen mit Wasser-      «Wasserstofffahrzeuge alleine können
sowie der Elektroladestation werden je      stoff gesetzt werden.                         Diesel- und Benzinfahrzeuge aber nicht
zehn Personenwagen sowie ein Kehrfahr-                                                    ersetzen», meint Bach. «Das Gleiche gilt
zeug mit Brennstoffzellen betrieben.        Erste Erkenntnisse                            für Gas- und Elektrofahrzeuge.» Welches
Schätzungsweise 37’000 Liter Benzin und     Wasserstoff ist leicht entflammbar. Deshalb
Diesel könnten laut Bach so künftig pro     gelten in der Schweiz hohe Auflagen im
Jahr eingespart werden                      Umgang damit. Die Empa untersucht mit             «Wasserstofffahrzeuge alleine
                                            der Suva und Industriepartnern, wie diese      können Diesel- und Benzinfahrzeuge
Know-how gewinnen                           an Tankstellen umgesetzt werden können.                  nicht ersetzen.»
Der Future Mobility Demonstrator ermög-     Erste Erkenntnisse dienten dabei als Grund-      Christian Bach, Abteilungsleiter
licht die Bildung von Know-how im Be-       lage der Sicherheitsvorschriften für die          Fahrzeugantriebssyteme, Empa
reich der Wasserstofftankstelle und deren   erste öffentliche Wasserstofftankstelle in
Umsetzung. Deshalb unterstützt das BFE      der Schweiz (siehe Seite 7). Bald soll ein
Teile von «move» im Rahmen seines Pilot-    allgemeiner Leitfaden zur Sicherheit an       der alternativen Antriebssysteme das viel-
und Demonstrationsprogramms. Mit der        öffentlichen Wasserstofftankstellen folgen.   versprechendste ist, kann Bach heute nicht
Demonstrationsanlage können laut Empa                                                     sagen. Jedes davon habe seine Vor- und
                                                                                          Nachteile. Eine Kombination aller Systeme
                                                                                          sei deshalb die Zukunft des Verkehrs. (zes)

                                                                                             Antriebsenergie als Speicher
                                                                                             Die Empa will mit dem Future Mobility
                                                                                             Demonstrator auch der Frage nach­
                                                                                             gehen, wie überschüssiger Strom aus
                                                                                             erneuerbaren Energieträgern gespei-
                                                                                             chert und nutzbar gemacht werden
                                                                                             könnte (für Power-to-Gas, siehe Seite 5).

                                                                                             Falls etwa Photovoltaik- und Wind­
                                                                                             anlagen im Sommer künftig mehr
                                                                                             Strom produzieren, als verwendet
                                                                                             werden kann, entsteht ein Strom­
                                                                                             überschuss. Dieser liesse sich auch für
                                                                                             alternative Antriebssysteme nutzen.
                                                                                             Darin sehen die Forscher der Empa
                                                                                             eine Chance, fossile Treibstoffe im
Übersicht über die Prozesse im Future                                                        Verkehr schrittweise zu ersetzen –
Mobility Demonstrator zu den drei
Antriebssystemen mit Wasserstoff, Strom                                                      und damit auch die CO2-Emissionen
und Methan. Quelle: Empa                    Stromüberschuss aus PV-Anlagen (> 2035)          des Verkehrs zu reduzieren.

                                                                                                               ENERGEIA Nr. 2/2017 | 9
Effizient und flexibel
In den Städten ist die Elektromobilität im Aufwind. Die öffentlichen Verkehrsbetriebe achten immer
stärker auf die Energieeffizienz ihrer Flotte, um die Umweltbelastung und die Kosten zu verringern.
Genf und Zürich setzen dabei auf Elektrobusse.

Dass Elektrobusse nicht durchgängig auf       Mehr als 60 Jahre später dreht sich die        sich für «SwissTrolley plus» entschieden:
Fahrleitungen angewiesen sein müssen,         Frage wieder um Elektrobusse, die ab-          ein Fahrzeug, das mit Hilfe seiner leistungs­
ist an sich kein Novum. Schon 1953 waren      schnittsweise auf das Fahrleitungsnetz         fähigen Batterien längere Teilstrecken
zwischen Yverdon und Grandson in Kanton       verzichten können. Zwei der grössten           ohne Fahrleitung befahren kann. Es handelt
Waadt zwei sogenannte Gyrobusse im            Städte der Schweiz haben sich entschlossen,    sich hierbei um innovative Lösungen für
Einsatz, die von der im Schwungrad ge-        Tests mit innovativen Elektrobusmodellen       eine weitere Elektrifizierung des öffentli-
speicherten kinetischen Energie angetrieben   durchzuführen. Die Genfer Verkehrsbe-          chen Verkehrs und zur Ablösung der
wurden. Die Busse wurden jeweils an den       triebe (tpg) haben sich für den Elektrobus    ­Dieselbusse.
Haltestellen wieder aufgeladen. Nach ein      TOSA (trolleybus à optimisation du système
paar Jahren musste das nicht sehr rentable    d’alimentation) entschieden, der ohne Ober­   Ladevorgang an der Haltestelle
Projekt jedoch aufgegeben werden. Der         leitungen fährt und an den Haltestellen an    In Genf heisst das innovative System
Einsatz von Dieselbussen war damals           eine Ladeschiene andockt und Strom zapft.     TOSA. Die Elektrobusse, die über eine
wirtschaftlich interessanter.                 Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) haben       Reichweite von ungefähr 30 Kilometern
                                                                                            verfügen, laden ihre Batterien an ausge-
                                                                                            wählten Haltestellen entlang der Fahr-
                                                                                            strecke auf. «Wir haben eine Elektrobus-­
                                                                                            Lösung gesucht, die uns erlaubt, auf

                                                                                             «Wir haben eine Elektrobus-Lösung
                                                                                                gesucht, die uns erlaubt, auf
                                                                                                Ober­leitungen zu verzichten.»
                                                                                             Denis Berdoz, Generaldirektor der tpg

                                                                                            Oberleitungen zu verzichten, und gleich-
                                                                                            zeitig eine grosse Transportkapazität bietet,
                                                                                            indem die Batterien nicht zu viel Platz
                                                                                            beanspruchen. Kann man auf Oberleitun-
                                                                                            gen verzichten, bringt das Einsparungen
                                                                                            bei den Unterhaltskosten sowie einen
                                                                                            ästhetischen Gewinn», erklärt Denis
                                                                                            Berdoz, Generaldirektor der tpg.

                                                                                            Der TOSA-Bus wurde während dreier
                                                                                            Jahre auf der Strecke zwischen dem Flug-
                                                                                            hafen Genf und dem Messezentrum Pal­
                                                                                            expo getestet. In dieser Phase wurden die
                                                                                            Haltestellen mit Schnell­     ladestationen
                                                                                            ausgerüstet. Während der Bus anhält, um
                                                           Der TOSA-Bus wird an
                                                                                            die Fahrgäste aus- und einsteigen zu lassen,
                                                           Haltestellen nachgeladen.        dockt der Stromabnehmer des Busses an
                                                           Quelle: P. Albouy                eine Ladestation über seinem Dach an
                                                                                            und zapft Strom. An den Endstationen sind

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Der «SwissTrolley plus» bei einer Testfahrt.
                                                                                                   Quelle: Tom Kawara

die Batterien nach einem mehrminütigen         rücklegen. Die Verkehrsbetriebe Zürich        Nach einer Testphase ohne Fahrgäste
Halt wieder vollständig aufgeladen.            haben ihre Trolleybusse mit sogenannten       wird der «SwissTrolley plus» im zweiten
                                               Traktionsbatterien ausgestattet und befah-    Halbjahr auf verschiedenen Linien einge-
Das Projekt konnte im Rahmen einer             ren seit 2015 kürzere Teilstrecken plan-      setzt, um laufend Informationen unter
öffentlich-privaten Partnerschaft erfolg-
­                                              mässig im Batteriemodus. Der «Swiss­          ­realen Bedingungen zu gewinnen.
reich durchgeführt werden. Die Tests des       Trolley plus» geht einen Schritt weiter:
Systems haben die Direktion der tpg und        «Das neue Modell bietet mehr Flexibilität.    Zwei Leuchtturmprojekte des BFE
den Kanton Genf überzeugt. Im Juli 2016        Dank Hochleistungsbatterien kann es           Der Bund hat die beiden Vorhaben im
sind zwölf neue TOSA-Busse und die             deutlich längere Strecken abseits der         Rahmen des Leuchtturmprogramms des
erforderlichen Ladestationen bestellt          Fahrleitung zurücklegen», erklärt Oliver      BFE im Cleantech-Bereich unterstützt,
worden. Sie sollen die Dieselbusse der Linie                                                 denn der elektrische öffentliche Verkehr
23 ersetzen. Der Einsatz der TOSA-Busse                                                      in den Städten ist ein wichtiges Thema
erfolgt sukzessive nach ihrer Lieferung:       «Dank den Hochleistungsbatterien und          mit einem grossen Energiesparpotenzial.
«Wir werden Ende 2017 auf der Strecke           einer Software, sollten wir gegenüber        «Wir haben hier zwei sehr interessante
etappenweise Elektrobusse einführen,               einem herkömmlichen Trolleybus            Technologien, die uns eine Vorstellung
was im Normalfall fünf Monate dauern           15 Prozent Energie einsparen können».         davon geben, wie der öffentliche Verkehr
dürfte. Für einige Monate werden wir einen           Oliver Obergfell, Projektleiter         in einigen Jahren aussehen könnte», meint
gemischten Verkehr mit Diesel- und Elektro­       Unternehmenskommunikation, VBZ             Philippe Müller, Leiter der Sektion Clean­
­bussen haben», kündigt der Generaldirektor                                                  tech des BFE. Angesichts der positiven
 an. «Die Arbeiten für das Ladesystem                                                        Ergebnisse mit den neuen Fahrzeugen
 werden jedoch schon Ende dieses Jahres        Obergfell, Projektleiter Unternehmens-        blickt Philippe Müller noch weiter vor-
 abgeschlossen sein, damit von der ersten      kommunikation der Verkehrsbetriebe            aus: «Meiner Meinung nach werden sich
 Lieferung an alles bereitsteht.» Inzwischen   ­Zürich. Der Bus kann also längere fahrlei-   viele Städte solchen Technologien zuwen-
 denken die tpg schon darüber nach, andere      tungslose Strecken bedienen, die bis anhin   den, wenn sie ihre Dieselfahrzeuge im
 Buslinien auf das TOSA-System umzu-            den Einsatz von Dieselbussen erforderten.    öffentlichen Verkehr ersetzen müssen.»
 stellen.
                                               Ein energiesparender Prototyp                 Die Projekte in Genf und Zürich zeigen,
Fahrleitungsnetz verlassen                     Laut Oliver Obergfell bietet das neue         wie innovativ die Schweizer Mobilitäts-
Die Verkehrsbetriebe Zürich haben in Zu-       Fahrzeug im Vergleich zu früheren             akteure im öffentlichen Verkehr sind.
sammenarbeit mit der Carrosserie HESS          ­Modellen einen weiteren grossen Vorteil:     Dass das TOSA-Projekt auch im Ausland
AG, der ETH Zürich und der Berner               «Dank seinen Hochleistungsbatterien und      wahrgenommen wird, kann Denis Berdoz
Fachhochschule eine Version «plus» des          einer ausgeklügelten Software, die ein       bestätigen: «Wir haben aus vielen Ländern
SwissTrolley-Modells entwickelt, einen          selbstlernendes Energiemanagement er-        ein Echo auf den TOSA-Bus erhalten,
Prototypen, der im Moment getestet wird.        möglicht, sollten gegenüber herkömmli-       darunter aus Russland und sogar aus Süd-
Herkömmliche Trolleybusse verfügen über         chen Trolleybussen Energieeinsparungen       amerika.» (luf)
Notfahraggregate und können nur kürzere         in der Grössenordnung von 15 Prozent
Teilstrecken abseits der Fahrleitung zu-        erreicht werden können.»

                                                                                                                 ENERGEIA Nr. 2/2017 | 11
NORWEGEN IN SCHWARZ-WEISS
Seinen Wohlstand verdankt Norwegen dem schwarzen Gold und der weissen Kohle. Eine Expertenreise
in den Norden.

Ein Land voller Fjorde, Berge, Gletscher     kraftproduzent (138 Terawattstunden im         schaft und des Landes für die künftigen
und Wasserfälle. Ein Land, wo die atem-      Jahr 2015). Ausserdem verfügt es über          Generationen zu bewahren – auch für
beraubende Natur nicht nur die Lebens-       eine grosse Produktionsflexibilität, da fast   Zeiten, in denen die fossilen Rohstoffe
bedingungen prägt, sondern auch eine         zwei Drittel der Kapazität aus Speicher-       versiegt sein sollten.
wertvolle Ressource darstellt. Dieses Bild   seen stammt. Somit kann das Land die
hatte ich vor Augen, als ich kürzlich als    Energie saisonal speichern. Das Schmelz­       Norwegen exportiert das geförderte Öl
Expertin für eine Evaluation der norwegi-    wasser aus den Frühlings- und Sommer-          und Gas fast vollständig. Das Land selbst
schen Energiepolitik durch die internatio-   monaten kann bis zum Winter gelagert           bezieht Strom sowie Wärme zum grössten
nale Energie Agentur (IEA) nach Norwe-       werden. Die Schweiz verfügt ebenfalls          Teil aus erneuerbaren Energien. Und auch
gen reiste. Auf dem Weg in den Norden        über solche wertvolle Flexibilität, aber in    im Bereich der Elektromobilität befindet
beschäftigte mich eine wichtige Frage:       geringerem Umfang.                             es sich im internationalen Vergleich an
Wie kann ein Ölförderland sich als erneu-                                                   der Spitze: 20 Prozent der neuen norwegi-
erbares Land positionieren?                  Den zweiten Durchbruch erlebte                 schen Autos fahren mit Strom. Ausserdem
                                             Norwegen in den 60er-Jahren mit der            engagiert sich Norwegen international
Vor der industriellen Revolution hatte       Entdeckung der ersten Ölfelder auf dem         stark für die Klimafrage.
Norwegen hauptsächlich von der Fischerei     Festland­
                                                     sockel. Die Förderung von Öl
gelebt. Der Durchbruch kam gegen Ende        und Gas nahm somit immer mehr zu und           Meine Reise nach Norwegen hat mir auf-
des 19. Jahrhunderts mit dem Beginn der      wurde schnell zum wichtigsten Industrie-       gezeigt, dass das vermeintliche Paradox –
Ära der Wasserkraft. Während in vielen       sektor des Landes. Norwegen ist heute          die Koexistenz bei der Nutzung der Energie­
europäischen Ländern die industrielle        der drittgrösste Öl-Exporteur der Welt         träger Öl, Gas und Wasser – durchaus
Revolution mit Kohle angetrieben wurde,      und deckt jährlich rund 20 Prozent der         Sinn macht. Norwegen ist ein grosses Land
nutzte Norwegen energetisch primär die       europäischen Gasnachfrage ab. Zudem ist        mit wertvollen natürlichen Ressourcen.
sogenannte weisse Kohle, die Wasserkraft.    das Land international ein wichtiger           Es verwaltet und nutzt diese achtsam, zu-
Plötzlich konnte das Land auf saubere,       Akteur bei der Entwicklung von Techno-         kunftsgerichtet – und sichert sich damit
billige und massenhaft verfügbare Energie    logien für eine effizientere Förderung.        den eigenen künftigen Wohlstand.
zählen.                                      Die Einnahmen aus dem Öl- und Gas­
                                             geschäft werden in einen staatlichen           Laura Antonini, Fachspezialistin
Mit rund 1500 Wasserkraftwerken ist          Pensionsfonds eingezahlt. Ziel dieses          erneuerbare Energien beim BFE
Norwegen der grösste europäische Wasser­     Fonds ist es, den Wohlstand der Gesell-

                                                                            Staudamm Grimsosen im norwegischen Høyanger. Quelle:
12 | ENERGEIA Nr. 2/2017                                                    Norwegian Water Recources and Energy Directorate/Simon Oldani
ZWEITES LEBEN FÜR BATTERIEN
Point de vue d’expert Der Klima­
wandel ist eines der drängendsten Probleme
unserer Zeit. Eindrückliche Beispiele
zeigen sich in unserem Alpenraum: Die
Gletscher schwinden, die Schneefallgrenze
steigt. Experten sagen vermehrt extreme
Wetterereignisse wie starke Niederschläge,
Hochwasser oder Hitzewellen voraus.
Wir müssen jetzt Massnahmen für ein
­zukunftsfähiges Klima ergreifen.

Als grösstes Transport- und Logistik­
unternehmen in der Schweiz betreibt die
Post ein energieintensives Geschäft. Klima­
schutz steht deshalb im Fokus unserer
Corporate-Responsibility-Strategie, und wir
haben uns ein ambitioniertes Klimaschutz­
ziel gesetzt: Bis 2020 wollen wir unsere
CO2-Effizienz um 25 Prozent steigern im
Vergleich zu 2010. Wir setzen auf energie­
effiziente Technologien und verwenden
erneuerbare Energie. Unser Klimaziel ist
langfristig ausgerichtet und steht im Ein-
klang mit der Stabilisierung der globalen
Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad
Celsius bis im Jahr 2100 gegenüber vor­
                                                Quelle: Schweizerische Post AG
industriellen Werten.

                                               Die Kreislaufwirtschaft berücksichtigen      erneuerbarer Energie aus der Schweiz.
 «Wir leisten einen wertvollen Beitrag         wir dabei ebenfalls: Da die Batterien der    Die zehn eigenen Photovoltaikanlagen
   für eine nachhaltige Schweiz.»              Elektroroller nach einigen Jahren eine zu    speisen pro Jahr knapp neun Gigawatt-
   Susanne Ruoff, Konzernleiterin              geringe Speicherkapazität haben, um die      stunden Solarstrom ins Netz – weitere
     der Schweizerischen Post AG               betrieblichen Anforderungen der Zustel-      zehn Anlagen sind in Planung.
                                               lung zu erfüllen, hat die Post zusammen
                                               mit weiteren Partnern das Projekt «Ein       Ich bin überzeugt, dass das Bedürfnis
Die Post testet laufend alternative Antriebe   zweites Leben für Postrollerbatterien» ins   nach fair hergestellten und ökologischen
und Treibstoffe und setzt diese auch ein.      Leben gerufen. Aussortierte Batterien        Dienstleistungen und Produkten bei den
Biodiesel, Ökostrom und Biogas sind            werden zu stationären Stromspeichern für     Konsumentinnen und Konsumenten weiter
standardmässige Treibstoffe für unsere         Solarstrom umgebaut.                         zunimmt – und das zu Recht. Die Post
Fahrzeugflotte. Die gesamte Rollerflotte –                                                  entspricht diesem Bedürfnis, indem sie
rund 6300 Stück – besteht aus elektrisch       Auch bei den Gebäuden nimmt die Post         die digitale und physische Welt verbindet
betriebenen Zwei- und Dreiradfahrzeugen.       ihre Verantwortung wahr und senkt den        und dabei konsequent auf Energieeffizienz
Die Roller werden mit «naturemade              Energiebedarf kontinuierlich. Sie setzt      und erneuerbare Energie setzt. Unsere
star»-zertifiziertem Ökostrom betrieben,       bei Neubauten und beim Ersatz von            Dienst­leistungen und Produkte leisten so
brauchen sechsmal weniger Energie als          Heizungsanlagen grundsätzlich auf Brenn-     einen Beitrag zu einer nachhaltigen Schweiz
Benzinroller, sind emissionsfrei und ge-       stoffe aus erneuerbaren Energieträgern.      und zu einem zukunftsfähigen Klima.
räuschlos unterwegs und bieten den Mit-        Ihren gesamten Strombedarf deckt die
arbeitenden mehr Sicherheit.                   Post mit «naturemade basic»-zertifizierter   Susanne Ruoff, Konzernleiterin
                                                                                            der Schweizerischen Post AG

                                                                                                                ENERGEIA Nr. 2/2017 | 13
Keine Zeit verlieren
Zur sicheren Lagerung radioaktiver Abfälle braucht es in der Schweiz ein geologisches Tiefenlager.
Um geeignete Standorte zu finden, muss die Nagra die Bodenbeschaffenheit genau kennen. Dafür
hat sie 16 Bohrgesuche eingereicht.

Der Bund sucht ein Standortgebiet, das        Wichtige Vorarbeiten                          dürfen am Verfahren teilnehmen. Die Be-
die Anforderungen für ein künftiges geo-      Um rechtzeitig mit spezifischen erdwissen-    willigungen werden voraussichtlich Mitte
logisches Tiefenlager erfüllt. In solchen     schaftlichen Untersuchungen in der dritten    2018 vom UVEK erteilt.
Anlagen sollen die radioaktiven Abfälle       Etappe des Sachplans starten zu können,
aus den Kernkraftwerken, der Medizin,         werden bereits jetzt Vorbereitungsarbeiten    Verschiedene Standorte untersuchen
der Industrie und der Forschung in der        durchgeführt. So werden die Gesuche für       Die Gesuche für Sondierbohrungen werden
Tiefe langfristig gelagert werden. In einem   Sondierbohrungen bereits in Etappe 2          für alle verbleibenden möglichen Stand-
ersten Schritt wurden sechs potenzielle       eingereicht. «Das ganze Verfahren zur         ortgebiete eingereicht. Für die Gebiete
geologische Standortgebiete festgelegt,       Erlangung der Bohrbewilligungen wird          Jura Ost und Zürich Nordost hat die Nagra
die sich aus sicherheitstechnischer Sicht     rund zwei Jahre dauern, da verschiedene       acht Gesuche eingereicht, effektiv werden
für Tiefenlager eignen. Aktuell befinden      Akteurinnen und Akteure beteiligt sind.       voraussichtlich drei bis fünf Bohrungen
wir uns in Etappe 2. In dieser werden         Deshalb wurden die Gesuche von der            pro Region durchgeführt. Das Erstellen
weitere Untersuchungen durchgeführt, um       Nagra frühzeitig eingereicht», erklärt        des Bohrplatzes und der Aufbau der
die Auswahl der Standortgebiete einzu­        ­Peter Raible von der Sektion Kernenergie­    Bohranlage werden rund drei Monate
engen. Voraussichtlich Ende 2018 wird          recht des BFE.                               dauern, der eigentliche Bohrbetrieb bis zu
der Bundesrat entscheiden, welche der                                                       einem Jahr.
sechs Standortgebiete in der nächsten         Während des Bewilligungsverfahrens kön-
Etappe ver­tieft untersucht werden sollen.    nen verschiedene Fachbehörden des Bun-        Die durch die Kernbohrung gewonnenen
In Etappe 3 werden erdwissenschaftliche       des und die betroffenen Kantone zu den        Gesteinsschichten werden anschliessend
Untersuchungen in diesen Gebieten vorge-      Gesuchen Stellung nehmen. Gemeinden           von den Geologinnen und Geologen
nommen werden.                                und Privatpersonen, die Einsprache erheben,   anhand verschiedener Methoden unter-
                                                                                            sucht. Nach Abschluss der Untersuchung
                                                                                            wird das Gelände bei gewissen Bohrplätzen
                                                                                            wieder in den ursprünglichen Zustand
                                                                                            zurückversetzt und rekultiviert. An anderen
                                                                                            bleibt der Bohrkeller bestehen, und es
                                                                                            werden Messinstrumente im Bohrloch
                                                                                            zur Langzeitbeobachtung installiert.

                                                                                            Ein langes Verfahren
                                                                                            Nachdem die Nagra die beiden Standort-
                                                                                            gebiete Jura Ost und Zürich Nordost für
                                                                                            Etappe 3 vorgeschlagen hatte, sprach sich
                                                                                            das Eidgenössische Nuklearsicherheits­
                                                                                            inspektorat dafür aus, dass das Standort­
                                                                                            gebiet Nördlich Lägern ebenfalls im Ver-
                                                                                            fahren bleiben soll. «Für dieses Gebiet
                                                                                            werden die Sondierbohrgesuche in der ers-
                                                                                            ten Jahreshälfte eingereicht, damit wir bei
                                                                                            Bedarf bereit sind», sagt Nagra-Sprecherin
                                                                                            Jutta Lang. Bis zur Eröffnung des Tiefen-
                                                                                            lagers – nicht vor 2050 – sind noch um-
                                                                                            fangreiche Arbeiten nötig. Noch ein weiter
                                                                                            Weg für die künftigen Generationen. (luf)

                               Die geplanten Bohrplätze werden dem Bohrplatz von
14 | ENERGEIA Nr. 2/2017       Schlattingen TG ähnlen (Geothermiebohrung). Quelle: Nagra
Zinsen auf die Wasserkraft
    Er ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Bergkantone und -gemeinden: der Wasserzins. Jeder
    Betreiber eines Wasserkraftwerkes muss diese Abgabe proportional zur Leistung des Kraftwerkes zahlen.
    Doch was ist der Wasserzins überhaupt, und woher stammt er?

    In der Schweiz sind öffentliche Gewässer       Kantone über das Wasser und die Wasser­         enthalten war auch die Begrenzung der
    seit je Sache der Kantone. Sie besitzen        kraft: Soll der Bund die Kontrolle über         Abgabe für die Wasserkraftnutzung. Die
    also das Recht, frei über die Gewässer in      alle öffentlichen Gewässer übernehmen           Gewässerhoheit sowie die Kompetenz,
    ihrem Territorium zu verfügen. Dieses          und somit auch über die Wasserkraft?            Abgaben einzutreiben, waren jedoch immer
    Recht umfasst auch die Möglichkeit, Kon­       Oder soll die bisherige Wasserhoheit der        noch Sache der Kantone.
    zessionen zur Nutzung der Gewässer an          Kantone aufrechterhalten bleiben?
    Gemeinden und andere Institutionen zu                                                          Steigende Abgaben
    vergeben. Die Konzessionsnehmer ihrerseits     Ein Grossteil der Wasserkraftwerke be­          Erst 1916 folgte das erste nationale Wasser­
    haben die Pflicht, eine Abgabe für die         fand sich schon damals in den Gebirgen          gesetz, in dem der Bund eine maximale
    wirtschaftliche Nutzung der Gewässer an        der Schweiz. Deshalb erhofften sich die         Höhe für den Wasserzins festhielt (Art. 49).
    den Kanton – und in gewissen Gebieten          Bergkantone von der bisherigen Regelung         Die Maximalhöhe des Wasserzins mit
    auch an die Gemeinden – zu entrichten,         ein höheres Einkommen. Das industriali­         8.16 Franken pro Kilowatt trat per 1. Ja­
    z.B. für die Stromgewinnung mit Lauf­          sierte Mittelland hingegen sprach sich für      nuar 1918 in Kraft. Seither wurde der
    wasserkraftwerken. Diese Abgabe wird           eine Kontrollübernahme durch den Bund           ­Maximalsatz des Wasserzinses sechsmal
    Wasserzins genannt.                            aus. Es erwartete dadurch tiefere Wasser­        schrittweise durch das schweizerische
                                                   zinsen und günstigere Strompreise für die        Parlament erhöht. Seit 2015 beträgt er
    Unterschiedliche Ansichten                     Konsumenten.                                     110 Franken pro Kilowatt.
    Als Ende des 19. Jahrhunderts die Elekt­
    rizität immer mehr verbreitet war, gewann      1908 zog die Diskussion eine Revision der       «Diese wiederholten Erhöhungen des Was­
    die Wasserkraft an Bedeutung. Mit der          Bundesverfassung nach sich. Im damals           serzinses wurden in der Vergangenheit
    zunehmenden Nutzung der Wasserkraft            neu geschaffenen Artikel 24 bis wurde dem       meist mit der Teuerung begründet», er­
    wurden die Unterschiede bei den Rege­          Bund die Zuständigkeit für grenz- und           klärt Christian Dupraz, Leiter der Sektion
    lungen der Kantone zum Wasserzins              kantonsübergreifende Gewässer zugespro­         Wasserkraft des Bundesamt für Energie.
    deutlicher. Es entwickelte sich eine Dis­      chen und die Kompetenz, Grundregeln im          Zudem hat der Wert der Wasserkraft als
    kussion rund um das Hoheitsrecht der           Bereich Wasserkraft durchzusetzen. Darin        flexible und erneuerbare Energiequelle
                                                                                                   zugenommen.

               Übrige Kantone:
                                                                                                   288 Millionen Franken
               91,6 Mio (16,5%)
                                                                                                   Für die Bergkantone und -gemeinden wur­
                                                                                                   de der Wasserzins über die Jahre hinweg
                                                                          VS 164 Mio (29,5%)       zu einer der wichtigsten Einnahmequellen –
                                                                                                   bis heute. Die Kantone Graubünden und
  UR 26,4 Mio (4,7%)                                                                               Wallis sowie deren Gemeinden nahmen
                                                                                                   zum Beispiel im Jahr 2015 insgesamt
                                       Wasserzinseinnahmen                                         rund 288 Millionen Franken mit dem
                                              pro Kanton                                           Wasserzins ein. Dies entsprach mehr als
BE 45,5 Mio (8,2%)                    (inkl. deren Gemeinden)                                      der Hälfte aller gesamtschweizerischen
                                        Total 556,6 Mio. CHF                                       Wasserzinseinnahmen.

                                                                                                   Ob der Wasserzins künftig wieder steigt,
                                                                                                   wird sich zeigen. Sicher ist jedoch, dass
   AG 49,6 Mio (8,9%)
                                                                                                   der Bundesrat dem Parlament einen Ent­
                                                                                                   wurf für die Regelung des Wasserzinses
                                                                     GR 124,4 Mio (22,3%)          ab 2020 vorlegen muss. Dies ist im Wasser­
                 TI 55,1 Mio (9,9%)                                Quelle: BFE, Stand Daten 2015   rechtsgesetz so festgehalten. (zes)

                                                                                                                       ENERGEIA Nr. 2/2017 | 15
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