Bundestagswahl 2013: Jede Stimme zählt
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igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 1 24. Ausgabe I September 2013 Bundestagswahl 2013: Jede Stimme zählt vielfalt im betrieb aus- und weiterbildung aus politik und gesellschaft Diversity-Tag 2013: IG Metall Kampagne: Migration in Europa: Zu kurz begriffen Revolution Bildung Vom Bürger zum Bettler
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 2 INHALT editorial von Christiane Benner 3 bundestagswahl 2013 Tag der Entscheidung 4 „Diese Politik hat keine Zukunft“ Interview mit Günter Burkhardt (PRO ASYL) 5 Beispielhaft: Aktionen von unten 6 vielfalt im betrieb Diversity-Tag 2013: Zu kurz begriffen 7 Meldungen 9 aus- und weiterbildung IG Metall Kampagne: Revolution Bildung 10 Berlin braucht dich! 11 Meldungen 12 recht und gesetz Meldungen 13 aus politik und gesellschaft Migration in Europa: Vom Bürger zum Bettler 14 die letzte seite Klare Ansagen 16 Titelbild von Hermann Herold, Maler, lebt und arbeitet in Mannheim Rhythmische Herbstlandschaft Ö̈l auf Leinwand 60 x 70 cm, 2008 IMPRESSUM Herausgeber: Berthold Huber, Detlef Wetzel, Bertin Eichler, IG Metall Vorstand, Wilhelm-Leuschner-Str. 79, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069-6693-2918, E-Mail: igm-migration@igmetall.de // Redaktion: Ressort Migration/Integration // Redaktionelle Mitarbeit: DGB Bildungswerk, Bereich Migration & Qualifizierung, Düsseldorf, PreWiTec, Wuppertal // Gestaltung: kus-design, Mannheim // Druck: alpha print medien AG, Darmstadt 2
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 3 EDITORIAL LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN, mit dieser Ausgabe haltet Ihr die neue IGMigration in den Händen. Wir haben das Magazin konzeptionell komplett überarbeitet. Wir verbinden damit nicht mehr nur das Ziel, aus gewerkschaftlicher Perspek- tive regelmäßig über die Themen „Migration“ und „Integration“ zu berichten. Wir wollen vor allem die wachsende Vielfalt zeigen, in der sich diese Themen in unserem Organisationsbereich niederschlagen. Und angesichts des demo- grafischen Wandels und der zunehmenden Notwendigkeit, den Fachkräfte- Foto: IG Metall bedarf zu sichern, wird es immer wichtiger, diese Themen in die strategische Personalentwicklung einzubinden. Die neue IGMigration spiegelt diese Vielfalt gestalterisch und inhaltlich Christiane Benner, geschäftsführendes wider: durch ein farbenfrohes Layout, durch pointierte Berichte, Tabellen Vorstandsmitglied der IG Metall und Grafiken und durch wiederkehrende Rubriken, in denen wir über aktuelle betriebliche, rechtliche, politische sowie Fragen der Aus- und Weiterbildung informieren. Zusätzlich geben wir zielgenaue Hinweise darauf, wo weiterführende Informationen oder Ratgeber zu finden sind. Den Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe haben wir der Bundestagswahl am 22. September 2013 gewidmet. Im Vorfeld dazu hat die IG Metall eine bisher beispiellose Beschäftigtenbefragung durchgeführt, in der mehr als 514.000 Beschäftigte ihre Ansprüche an die Arbeitswelt und die politischen Akteure formuliert haben. Ein zentrales Ergebnis dieser Umfrage war: Zwei Drittel der Befragten halten im Zuge eines politischen Kurswechsels gleiche Bildungschancen unabhängig von Herkunft und Einkommen der Eltern für ein „sehr wichtiges“ Handlungsfeld. (Mehr Informationen findet Ihr auf den Seiten der IG Metall im Internet) Was wir dafür aber brauchen, sind eine neue Willkommenskultur und moderne Antworten auf die Fragen der Zuwan- derung. Eine Einwanderungs- und Integrationspolitik 2.0 sozusagen. Denn Vielfalt tut gut und ist längst gelebte Wirklichkeit. Politik muss diese Vielfalt daher gestalten. Wir sprechen uns deshalb für Mehrstaatigkeit und das kommunale Wahlrecht für alle aus, die hier dauerhaft leben. Der Optionszwang dagegen muss weg. Denn er nötigt junge Migrantinnen und Migranten, einen Teil ihrer Identität abzulegen. Dabei haben immer weniger Menschen in diesem Land ausschließlich deutsche Wurzeln. Die Bundestagswahl am 22. September bietet eine gute Chance, dieser Überzeugung eine Stimme zu geben. Sie macht den Richtungs- und Regierungswechsel möglich. Allerdings nur dann, wenn die, die wählen dürfen, auch tatsächlich wählen gehen. Apropos Wechsel: Mit Dušan Vesenjak haben wir einen neuen Kollegen für das Ressort Migration / Integration gewonnen. Sein Schwerpunkt wird die Umsetzung der betrieblichen Gleichstellung durch entsprechende Quali- fizierungskonzepte sein. Er ist seit dem 1. August im Team – gemeinsam mit Petra Wlecklik und Christian Heide. Christiane Benner 24/13 3
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 4 BUNDESTAGSWAHL 2013 Tag der Entscheidung Bei der Bundestagswahl fordert DGB-Vorstandsmitglied werden wichtige Weichen Annelie Buntenbach. für die Migrationspolitik in Deutschland gestellt. DGB, Asylpolitik: Tausende Tote an den EU-Außengrenzen PRO ASYL, Interkultureller © style-photography.de – fotolia.com Grundlegende Kritik üben PRO ASYL, Rat und IG Metall mahnen DGB und Interkultureller Rat auch eine radikale Umkehr in Asyl- an der Asylpolitik, die allein auf Ab- und Einwanderungsfragen an. wehr und nicht auf Integration aus- gerichtet sei. Die Folge: An den EU- Außengrenzen sterben jedes Jahr Deutschland im Jahr 2013: Tausende tausende Menschen. Diejenigen, die junger Menschen laufen Gefahr, dass es trotz der Hürden bis nach Europa ihnen der Staat mit Verweis auf die und Flüchtlingspolitik sowie die schaffen, werden in Lagern isoliert, „Optionspflicht“ den deutschen Pass Bekämpfung von Rassismus und haben keinen freien Zugang zum entzieht. Das ist keine Science Fic- Rechtsextremismus (> Kasten). Arbeitsmarkt und erhalten keine tion, sondern bittere Wirklichkeit. Auf 46 Seiten stellt das Dokument Sprach- und Integrationskurse. Und zwar eine, die Bundeskanzlerin ausführlich zwanzig Forderungen an Akuter Handlungsbedarf zeigt sich Angela Merkel und ihre Bundesregie- die zukünftige Bundesregierung vor. zudem beim Staatsbürgerschaftsrecht. rung zu verantworten haben. Sorge bereitet den Organisatio- Viele junge Menschen, die als Kinder DGB, PRO ASYL und Interkulturel- nen vor allem die wachsende Zahl nicht-deutscher Eltern in Deutschland ler Rat schlagen daher Alarm. In ei- der Menschen, die an den Rand der geboren wurden, könnten bald ihre nem Positionspapier fordern sie von Gesellschaft gedrängt werden. „Die deutsche Staatsangehörigkeit verlie- der nächsten Bundesregierung einen Parteien müssen endlich eine Ant- ren. „Die Optionspflicht ist das Relikt umgehenden Politikwechsel und wort geben auf die zunehmende ge- einer fremdenfeindlich und rassistisch eine grundlegende Neuausrichtung sellschaftliche Spaltung in Deutsch- geführten Wahlkampfdebatte Ende der Einwanderungs-, Aufenthalts- land und der Europäischen Union“, der 90er Jahre“, warnt Torsten Jäger, Geschäftsführer des Interkulturellen Rates. „Sie muss abgeschafft werden.“ Die wichtigsten Forderungen im Überblick Rassismus überwinden und Diskriminierung verhindern durch Recherchequellen zur • eine ausreichende Finanzierung von Organisationen und Projekten Bundestagswahl • die Weiterentwicklung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes • Positionspapier „Menschenrechte • die Nutzung aller rechtsstaatlichen Mittel im Vorgehen gegen die NPD für Migranten und Flüchtlinge“ Einwanderung sozial und menschenwürdig gestalten durch von DGB, PRO ASYL und Interkul- • den vereinfachten Zugang zum Daueraufenthalt turellem Rat: www.dgb.de/ • die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Zuwanderung presse/++co++1096967e-d4c7- Die „Festung Europa“ abbauen durch 11e2-8d60-00188b4dc422 • eine gefahrenfreien Einreise • die Überarbeitung der Zuständigkeiten der EU-Länder bei Asylfragen • Rechtshilfefond zum Optionszwang: Das Zusammenleben von Familien sichern durch www.wider-den-optionszwang.de • einen voraussetzungslosen Nachzug von Ehepartnern • Was ist eigentlich die Options- • Senkung der Hürden für „sonstige Familienmitglieder“ pflicht? Flyer für BR, JAVen, Partizipation verbessern durch VL und Interessierte: • eine erleichterte Einbürgerung igm-migration@igmetall.de • die Akzeptanz der Mehrstaatigkeit • Übersicht Wahlprogramme: • die Abschaffung des Optionszwangs www.migration-online.de/ • Kommunales Wahlrecht für dauerhaft in Deutschland lebende Menschen 2013_wahlprogramme 4
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 5 BUNDESTAGSWAHL 2013 „Diese Politik hat keine Zukunft“ Die IG Migration sprach mit Günter Burkhardt, dem Geschäftsführer von PRO ASYL, über das Positionspapier, das der Verein gemeinsam mit dem Deutschen Gewerk- schaftsbund und dem Interkulturellen Rat veröffentlicht hat. Deshalb ist es sinnvoll, dass der Welche Erwartungen richtet PRO DGB und die Gewerkschaften, ASYL an Gewerkschaften in Bezug denen es ja auch um die Frage der auf das Thema Migration und Zuwanderung und der Integration Flucht? Günter Burkhardt, Geschäftsführer von von Eingewanderten geht, sich mit Burkhardt: Gewerkschaften haben PRO ASYL einer Flüchtlingsorganisation wie eine gesamtgesellschaftliche Auf- PRO ASYL zusammentun und ein gabe, die weit über die reine Inte- Welche Erwartungen richten sich Gesamtkonzept entwickeln, wie eine ressensvertretung der Anliegen an das gemeinsame Vorgehen? Neuausrichtung der Migrations-, ihrer Mitglieder hinausgeht. Den Burkhardt: Aus Sicht von PRO ASYL, Integrations- und Asylpolitik aus- Anspruch, die Gesellschaft mit zu dem Interkulturellen Rat und dem sehen kann. gestalten, müssen wir gemeinsam DGB ist eine grundlegende Neuaus- umsetzen. Daher setzen wir uns richtung der europäischen und der Wie können die beschriebenen gemeinsam für Rechtssicherheit deutschen Migrations- und Flücht- Positionen vermittelt werden? und gleiche Rechte ein. Wir brau- lingspolitik erforderlich. Die auf Burkhardt: Es kommt PRO ASYL chen Gewerkschaften, die stark Abwehr ausgerichtete Politik ist darauf an, dass das Thema Men- sind und die über das Anliegen nicht zukunftsgewandt. Wir wollen schenrechte auf die politische der bei ihnen organisierten Arbeit- ein Europa der Menschlichkeit, ein Agenda gesetzt wird. Wir rufen alle nehmerinnen und Arbeitnehmer Europa, das auf den Menschenrech- dazu auf, in die Wahlveranstaltun- hinaus öffentlich Position bezie- ten basiert und nicht ein Europa gen zu gehen, Diskussionen mit hen. Wir erwarten, dass sich die der Märkte. Vor diesem Hintergrund Bundestagskandidaten zu beginnen Gewerkschaften auch für Rechte müssen Migrations-, Integrations- und die Notwendigkeit einer geän- von Flüchtlingen öffentlich stark und Flüchtlingspolitik zusammen derten Asyl- und Migrationspolitik machen. Ein Europa, das versucht, betrachtet werden. Eine Aufteilung, deutlich zu machen. Die Bundes- die Grenzen für die Flüchtlinge zu nach der Deutschland auf der einen tagswahl findet zeitgleich mit der schließen, während es gleichzeitig Seite aus ökonomischen Gründen Interkulturellen Woche statt, in der weltweit Handel treibt, das weltweit einige wenige Zuwanderer will und Kommunen, Kirchen, Verbände, Ge- Migration organisieren und auch auf der anderen Seite die Mauern werkschaften aktiv sind. Wir erwar- weltweit führende Exportgemein- hoch sind, um Flüchtlinge abzuweh- ten und hoffen, dass von sehr vielen schaft sein will, kann nicht funk- ren, ist nicht konsistent und auch gesellschaftlichen Gruppen der Ruf tionieren. Rassismus und Aus- nicht zukunftsgewandt. Eine solche nach Veränderung an die künftigen grenzung stehen im Widerspruch Aufteilung wird auf Dauer nicht Abgeordneten des Deutschen Bun- zu diesen Zielen, die öffentlich funktionieren. destages herangetragen wird. formuliert werden. PRO ASYL ist eine unabhängige Menschenrechtsorganisation, die 1986 mit dem Ziel gegründet wurde, Flüchtlingen in Deutschland eine Stimme zu geben. Der Verein setzt sich für den Schutz und die Rechte verfolgter Menschen ein, begleitet Flüchtlinge in ihren Asylverfahren und leistet Einzelfallhilfe. Außerdem erstellt der Verein Recherchen über die Situation von Flüchtlingen. Diese führten zum Beispiel 2011 dazu, dass der Europäische Gerichtshof entschied, keine Flüchtlinge mehr nach Griechen- land zu schicken, da die Flüchtlingslager dort vollkommen überfüllt und die Zustände unhaltbar waren. 24/13 5
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 6 BUNDESTAGSWAHL 2013 Beispielhaft: Aktionen von unten In vielen Verwaltungsstellen munaler Ebene kommt Bewegung für ihre Veranstaltungen auf ein brei- und Betrieben laufen Aktio- ins Spiel. Migrantenforen in Flens- tes Bündnis und holten vorab die nen, um die Forderungen burg, Kiel und in anderen Städten Integrationsbeauftragten und -räte positionieren sich mit Resolutionen. mit ins Boot. So konnte ein breiter nach kommunalem Wahl- Im Landtag wurde kommunales Kreis von Interessierten angespro- recht, Mehrstaatigkeit und Wahlrecht debattiert. Und der Kieler chen werden. der Abschaffung des Options- Innenminister warb auf der Sitzung Außer der CDU, die aus termin- zwangs zu unterstreichen. der Integrationsminister und -minis- lichen Gründen in beiden Städten Drei Beispiele dafür, wie terinnen für Mehrstaatigkeit. absagte, nahmen alle angefragten Mitglieder sich in den Wahl- Parteien teil. Das Interesse, mit Poli- kampf einmischen. Multiplikatoren gewinnen tikern und Politikerinnen über dop- Auf Augenhöhe diskutieren – unter pelte Staatsbürgerschaft, Options- diesem Motto liefen im Vorfeld der zwang und Wahlrecht zu sprechen, Flagge zeigen war groß. Über 50 Personen kamen Kommunalwahl in Schleswig- nach Köln, in Mönchengladbach wa- Holstein am 26. Mai: Kurz vor ren es 65 Interessierte, überwie- Schließung der Wahllokale gend Multiplikatorinnen und eilen die Kandidaten und Multiplikatoren aus Vereinen Kandidatinnen zur Auszäh- und Migrantenorganisati- lung ins Rathaus. Doch onen sowie Betriebsräte vor dem Eingang stellen und Gewerkschafter. sich ihnen drei Men- Sie tragen die Ergeb- schen mit Schildern nisse in ihre Organi- entgegen. Ihre Forde- sationen weiter. rung: Kommunales „Deswegen nahmen Wahlrecht für Dritt- die Bundestagskan- staatsangehörige! didaten die Diskus- Das ist nur eine sion sehr ernst,“ zieht von vielen Aktionen, Erkan Zorlu Bilanz. die Barbara Winkler, Vor- sitzende des bezirklichen Kräfte bündeln Migrationsausschusses der Manchmal bietet es sich IG Metall Küste, angestoßen auch an, gemeinsame Sache hat. Über 380 Buttons hat sie in mit anderen Gewerkschaften zu Schleswig-Holstein verteilt, Presse- machen. In Frankfurt beispielsweise mitteilungen herausgegeben und bündelten IG Metall und ver.di ihre Diskussionsveranstaltungen organi- v.l.n.r.: Ana Esteban-Strube – Spanien, Kräfte, um eine Diskussionsveran- Ingvar Sira – Norwegen, Bobby Winker – siert. Ihr Tipp: „Macht das Thema USA staltung mit den Parteien zu organi- sichtbar. Kommt ins Gespräch!“. Es sieren. Der Vorsitzende des ver.di- geht nicht nur um plakative Forde- Bundestagswahl viele Diskussionen Migrationsausschusses, Bülent Oruc, rungen. Wichtig ist vor allem, den mit Bundestagskandidaten und wurde in den IG Metall Migrations- Hintergrund zu verstehen und For- -kandidatinnen. Etwa in Köln, Mön- ausschuss eingeladen, das weitere derungen zu diskutieren. chengladbach und auch in Lippstadt. Vorgehen abgestimmt und die Ver- Erste Erfolge sind sichtbar. Auf Erkan Zorlu, Vorsitzender des Ar- anstaltung auf den 12. September der Delegiertenversammlung soll beitskreises Migration Köln-Lever- gelegt. „So können wir gemeinsam eine Resolution zum Kommunal- kusen, und Emrah Bektas, stellver- eine große Interessensgruppe an- wahlrecht und zur Mehrstaatigkeit tretender Leiter des Migrationsaus- sprechen“, erklärt Thomas Kasper eingebracht werden. Auch auf kom- schusses Mönchengladbach, setzten vom IG Metall Bezirk Mitte. 6
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 7 VIELFALT IM BETRIEB Diversity-Tag: Zu kurz begriffen Am 11. Juni 2013 fand der erste „Diversity-Tag“ in Deutschland mit mehr als 340 Aktionen statt. Ein Erfolg, auf dem sich nicht ausruhen lässt. Denn wer von Diversity spricht, meint noch nicht immer die Gleichbehand- lung von Minderheiten. Der 11. Juni 2013 war ein bunter Tag keineswegs immer gelingt, droht der Vielfalt. Am ersten deutschen die Gefahr, dass am Ende nichts Diversity-Tag nahmen 218 Unter- übrig bleibt als reine PR. nehmen und Institutionen mit mehr als zwei Millionen Beschäftigten Interkulturelle Öffnung: Vielfalt teil. Sie zeigten, wie und warum als Ressource etablieren gemischte Teams erfolgreich sein Ziel einer „interkulturellen Öffnung“ können. Angemeldet waren insge- ist es, Menschen mit Migrationshin- samt 342 Aktionen in allen 16 Bun- tergrund die gleichberechtigte Teil- desländern. Das Spektrum reichte habe an den Prozessen, Dienstleis- von Workshops und Konferenzen tungen und Produkten des Unter- über Ausstellungen bis hin zu Aletta Gräfin von Hardenberg, nehmens zu ermöglichen und die Straßenfesten. Geschäftsführerin Charta der Vielfalt e.V. kulturelle Vielfalt im Unternehmen Die „Charta der Vielfalt“ haben als von allen Beteiligten anerkannte inzwischen mehr als 1.500 Unterneh- hen, favorisieren Gewerkschaften Ressource zu etablieren. „Vielfalt“ men und Institutionen in Deutsch- das Konzept der „Interkulturellen bezieht dabei nicht nur die regionale land unterschrieben. Bis 2014 sollen Öffnung“ als Anleitung für mehr Herkunft der Mitarbeitenden ein, es 2.000 sein. „Wir geben keine Mitbestimmung und Gleichbehand- sondern auch unterschiedliche konkreten Maßnahmen vor, fordern lung im Betrieb. Lebensstile und soziale Lagen, ver- aber, dass den Unterschriften auch „Diversity Management“ erhebt schiedene Kommunikationsformen Taten folgen“, sagt Aletta Gräfin von den Anspruch, alle Vielfaltsmerk- und Arbeitsmotivationen. Eine inter- Hardenberg, Geschäftsführerin des male, darunter auch Genderaspekte, kulturelle Öffnung erfordert daher Trägervereins Charta der Vielfalt e.V. in den Blick zu nehmen und die da- immer ein Paket von Maßnahmen, In der Praxis zeigt sich allerdings mit verbundenen Betriebsprozesse das in puncto Organisations-, Per- ein Problem: Management und über alle Hierarchieebenen „top sonal- und Produktentwicklung so- Belegschaft sprechen bei der For- down“ abzuarbeiten. Weil das aber wie Aus- und Weiterbildung an den mulierung der Ziele nur selten die gleiche Sprache. Während die Un- ternehmensleitungen „Diversity Mehr Informationen zum Thema gibt es hier. Management“ meist als operatives • IQ-Fachstelle Diversity Management: www.vielfalt-gestalten.de Rezept gegen den demografischen • Charta der Vielfalt, 1. Deutscher Diversity-Tag: www.deutscher-diversity-tag.de Wandel und für die Sicherung des • Verband für Interkulturelle Arbeit (VIA) e.V. Bayern: www.via-bayern.de eigenen Fachkräftebedarfs verste- 24/13 7
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 8 VIELFALT IM BETRIEB jeweiligen Betrieb angepasst wer- Vordergrund. Zudem wurden Praxis- den muss (> Tabelle). beispiele, Weiterbildungsangebote Einen guten Überblick, wie Viel- und Werkzeuge zum Thema vorge- falt in Deutschland aktuell diskutiert stellt. Als zu „soft“ und damit weni- und gelebt wird, lieferte die Konfe- ger relevant für die betriebliche renz „Vorteil Vielfalt. Neue Ansätze Nutzung wurden die Ideen der US- in der Personalarbeit von kleinen amerikanischen Bürgerrechtsbewe- und mittleren Unternehmen (KMU)“. gung abgetan, die mit ihrem Diver- Sie fand im Rahmen des Diversity- sity-Verständnis seit den 1950er Tages in München statt und wurde Jahren vor allem für soziale und de- von rund 160 Vertretern aus Wirt- mokratische Ziele kämpft. In Mün- schaft und Politik besucht. Anders chen wurden daher nur die bunten Christine Lüders, Leiterin der Anti- als bei Großkonzernen gibt es bei Blüten einer attraktiven Blume ge- diskriminierungsstelle des Bundes KMU zurzeit nur wenige Beispiele gossen, nicht aber ihre Wurzeln. gelebter Vielfalt. Dabei stellen die- Dabei muss allen Beteiligten klar se Unternehmen rund 60 Prozent sein: Wer Vielfalt im Betrieb mit sem Zusammenhang eine Studie aller Arbeitsplätze in Deutschland. Leben füllen will, benötigt einen des Zentrums für Europäische Wirt- langen Atem. Dazu gehört, auf allen schaftsforschung. Die Studie zeigt, Weniger Lohn für Menschen Ebenen zu informieren und zu sen- dass Bürgerinnen und Bürger mit mit Migrationshintergrund sibilisieren. Und dazu gehört auch, Migrationshintergrund im Durch- Dass Vielfältigkeitskonzepte Vorteile sich Widerständen zu stellen und schnitt bis zu 16,5 Prozent weniger für Unternehmen bieten, war unter um personelle und finanzielle Res- verdienen als solche ohne Migrati- den Podiumsteilnehmern unumstrit- sourcen zu kämpfen. Darauf wies in onshintergrund. „Mit Einzelfällen“, ten. Dabei standen die betriebswirt- München Christine Lüders, die Lei- sagte Lüders, „lässt sich diese schaftliche Perspektive und die Si- terin der Antidiskriminierungsstelle strukturelle Diskriminierung nicht cherung des Fachkräftebedarfs im des Bundes, hin. Sie zitierte in die- erklären.“ Interkulturelle Öffnung contra Diversity Management: Unterschiede und Gemeinsamkeiten Konzept Interkulturelle Öffnung Diversity Management Herkunft • Soziale Arbeit • Human Resources Management Funktion / Zweck • Soziale Gerechtigkeit • Wertschöpfung, Erfolg des Unternehmens • Gleichbehandlung von Minderheiten • Gewinnerzielung • Gleichberechtigte Teilhabe • Erreichung von Wettbewerbsvorteilen • Gestaltung von Vielfalt als Zweck • Gesellschaftliche Verantwortung Dimensionen • Alter, Geschlecht, Ethnie, Behinderung, sexuelle • Alter, Geschlecht, Ethnie, Behinderung, Orientierung, religiöses Bekenntnis sexuelle Orientierung, religiöses Bekenntnis • Unterschiedliche Lebenslagen, subkulturelle • Einkommen, beruflicher Werdegang, geografischer Differenzierungen, urbanes bzw. ländliches Milieu Standort, Familienstand, Ausbildung Ziele • Veränderung von Gesellschaft • Positionierung am Markt • Anerkennung von Gleichheit und Verschiedenheit • Anerkennung und optimale Nutzung vorhandener nach innen und außen Diversität • Verhinderung von Diskriminierung am Arbeitsplatz • Verhinderung von Diskriminierung am Arbeitsplatz Zielgruppen • Mitarbeiter/-innen • Mitarbeiter/-innen • Nutzer/-innen • Kunden/Kundinnen Quelle: Handschuck, Sabine / Schröer, Hubertus: „Interkulturelle Orientierung und Öffnung“, 2012 8
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 9 VIELFALT IM BETRIEB MELDUNGEN ++ IG Metall und Vielfalt — Das Bundesnetzwerk Bür- Mit der Datenbank sollen ausgewiesene Fachleute aller gerschaftliches Engagement, ein Zusammenschluss von Wissensgebiete mit Migrationshintergrund an Institutio- Akteuren aus Bürgergesellschaft, Staat und Wirtschaft, nen und an Medienschaffende vermittelt werden. Der hat sich in seinem Juni-Newsletter dem Thema „Diversity Vielfaltfinder wurde initiiert von Neue Deutsche Medien- in Unternehmen“ gewidmet. Dort ist u.a. zu lesen, wie macher, Deutsch Plus und Forum der Brückenbauer. die IG Metall mit diesem Thema umgeht. Autorinnen des Mehr Infos unter: www.vielfaltfinder.de Beitrags sind Petra Wlecklik und Sissi Banos. Beide sind beim Vorstand der IG Metall beschäftigt. Der Beitrag ++ Interkulturelle Woche — Die Wer offen ist, kann mehr erleben. stellt ausgehend von der Zukunftsdebatte der IG Metall Interkulturelle Woche findet in die- vor gut zehn Jahren Entwicklungen in den Bereichen Gen- sem Jahr bundesweit unter dem der Mainstreaming, Jugend und kulturelle Vielfalt sowie ICH HABE Motto „Wer offen ist, kann mehr er- EINE 1 die Rolle der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit dar. IN DEUTSCH. UND DU? leben“ vom 22. bis zum 28. Septem- Mehr Infos unter: www.b-b-e.de/?id=14930 ber 2013 statt. Welche Veranstaltun- gen wo organisiert werden, zeigt eine ++ Sonderprogramm — Das Bundesministerium für Online-Veranstaltungsdatenbank, die Arbeit und Soziales hat das Sonderprogramm „Förde- auf www.interkulturellewoche.de rung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteres- zu finden ist. Dort können auch Materialien wie Plakate sierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräf- und Flyer heruntergeladen werden. ten aus Europa“ (MobiPro-EU) aufgelegt. Es läuft bis 2016 und soll Hemmnisse abbauen, die in der Praxis ++ Ausländerquote bei Daimler in Top-Positionen — häufig die Mobilität Jugendlicher und junger Erwachse- Der Daimler Konzern will nun auch eine Ausländerquote ner aus anderen EU-Staaten in den deutschen Ausbil- für sein konzerneigenes Nachwuchsprogramm einführen. dungs- und Arbeitsmarkt beeinträchtigen. Die Sprachför- Schon früh wurde eine Selbstverpflichtung, die Aspiratio- derung im Herkunftsland und in Deutschland ist daher nal Guideline 2020, festgelegt. 20 % der leitenden Posi- ein Schwerpunkt des Programms (> Tabelle). tionen soll bis 2020 mit Frauen besetzt sein. Personalvor- Mehr Infos unter: www.arbeitsagentur.de stand Wilfried Porth sagte dazu gegenüber der Zeitung Die Welt: „Bislang ist der Konzern auf Managementebene ++ Vielfaltfinder — Expertinnen und Experten aus noch sehr deutsch geprägt.“ Um dem entgegenzuwirken, verschiedensten Fachgebieten können in der neuen Da- sollen aus Ländern wie den USA, China oder Indien Fach- tenbank „Vielfaltfinder“ gesucht und gefunden werden. kräfte für Top-Positionen in Deutschland angeworben Sie alle eint der Migrationshintergrund. In der deutschen werden. Diese sollen die Hälfte der Teilnehmerinnen und Medien- und Konferenzlandschaft werden Menschen Teilnehmer am Nachwuchsprogramm stellen. Eine gene- mit Migrationshintergrund häufig nicht berücksichtigt, relle Ausländerquote von bereits in Deutschland lebenden begründen die Macher des Vielfaltfinders ihr Projekt. Ausländern ist laut Porth aber nicht vorgesehen. Sonderprogramm ”MobiPro-EU“: Fördermöglichkeiten (Auszug) für Praktikum und betriebliche Ausbildung Maßnahme Förderung Deutsch-Sprachkurs im Herkunftsland max. 1.700 € Anreise zum Bewerbungsgespräch oder Praktikum bis 500 km: 200 €, mehr: 300 € Anreise / Rückreise zur betrieblichen Berufsausbildung jeweils 500 € inkl. Umzugskosten praktikumsbegleitender Sprachkurs max. 1.000 € ausbildungsbegleitender Sprachkurs / Nachhilfe 130 bis 200 € pro Monat (je nach Region) Lebensunterhalt während Praktikum / Ausbildung max. 818 € pro Monat Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales 24/13 9
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 10 AUS- UND WEITERBILDUNG Revolution Mehr Informationen unter www.revolutionbildung.de Bildung In ihrer jüngsten Kampagne „Revolution Bildung“ fordert die IG Metall Jugend eine radikale Reform des Bil- dungssystems. Jugendliche mit Migrationshintergrund würden davon besonders profitieren. „Gute Bildung ist die Voraussetzung keit von der Schule über den Beruf liegt diese Quote dagegen bei 61 Pro- für eine gute Arbeit und eine gute bis hin zum Masterstudium. zent (> Tabelle). Zukunft. Und damit der Schlüssel Diese Missverhältnisse sind nicht für eine starke Demokratie“, erklärt Zugang zu Bildung muss von heute auf morgen zu ändern. Die Eric Leiderer, Bundesjugendsekretär kosten- und barrierefrei sein Kampagne „Revolution Bildung“, die der IG Metall. „Doch leider hat die Jugendliche mit Migrationshinter- im März 2013 gestartet wurde, läuft Politik hier in den letzten Jahren grund würden davon besonders pro- daher – gefördert vom Vorstand der völlig versagt. Sie hat die Bildung fitieren. Der Berufsbildungsbericht IG Metall – bis 2015. „Darüber hinaus der Herrschaft der Märkte unterwor- 2013 des Bundesinstitutes für Be- benötigt sie aber auch aktive Unter- fen und hingenommen, dass immer rufsbildung (BiB) zeigt, dass aktuell stützung in den Betrieben“, sagt mehr Menschen abgehängt werden. lediglich 46 Prozent, also weniger Petra Wlecklik vom IG Metall Ressort Das wollen wir ändern. Und dazu als die Hälfte aller Jugendlichen mit Migration & Integration. „Etwa durch gehen wir mit unserer neuen Kam- Migrationshintergrund, die sich auf Betriebsräte, die Chancengleichheit pagne „Revolution Bildung“ an den eine vollqualifizierende Berufsaus- unter dem Aspekt von Vielfalt thema- Start.“ In ihrem „Bildungsmanifest“ bildung bewerben, diese auch tat- tisieren wollen.“ fordert die IG Metall Jugend einen sächlich erhalten. Die erste heiße Phase der Kampag- kosten- und barrierefreien Zugang Bei Bewerberinnen und Bewer- ne endet nach der Bundestagswahl. zu Bildung, mit mehr Durchlässig- bern ohne Migrationshintergrund Bis zum 30. September 2013 werden nicht zuletzt in Jugend- und Betriebs- Herkunft prägt Zukunft: Berufseinstieg mit und ohne versammlungen Unterschriften für Migrationshintergrund im Vergleich das Bildungsmanifest gesammelt, Verbleib der Bewerber/-innen 1, 2 (%) Migrationshintergrund das der zukünftigen Bundesregierung mit ohne dann pünktlich zu den Koalitionsver- 3 handlungen überreicht werden soll. betriebliche Ausbildung in BBiG / HwO-Beruf 30 46 außerbetriebliche Ausb. in BBiG / HwO-Beruf 8 7 Bis Jahresende ist dann eine Be- schulische / sonstige Berufsausbildung 6 6 standsaufnahme zur Aus- und Weiter- Studium 2 2 bildung in den Betrieben geplant. sonstige, nicht voll qualif. Berufsausbildung 32 24 „Diese Aktion ist eine gute Gelegen- Erwerbstätigkeit / Jobben 9 6 heit, die strukturelle Diskriminierung Arbeitslosigkeit 11 7 im Bildungsbereich zum Thema zu Sonstiges 2 2 machen“, sagt Wlecklik. „Die gefühl- Gesamt 100 100 te Lage reicht dafür nicht aus. Was Quelle: BiB, 1 = Bewerber/-innen, die sich im Berichtszeitraum 2011 / 2012 auf einen Ausbildungsplatz zählt, sind Daten und Fakten.“ bewarben; 2 = Zeitpunkt der Befragung: Ende 2012 / Anfang 2013; 3 = Berufsbildungsgesetz / Hand- werksordnung 10
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 11 AUS- UND WEITERBILDUNG Berlin braucht dich! Eine gute Ausbildung ist der Schlüssel zum persönlichen und unternehmerischen Erfolg. Die Metall- und Elektroindustrie beteiligt sich daher in Berlin an einer Initiative, die Betrieben hilft, ihre Ausbildung aktiv für Jugendliche mit Migrationshintergrund zu öffnen. Der Verband der Metall- und Elek- geführt. Es finden u. a. Betriebsbe- troindustrie (VME) und die IG Metall sichtigungen, Schnupperpraktika sind sich einig: Attraktive Berufs- und dreiwöchige Betriebspraktika ausbildung und gute Facharbeit statt, in denen die Jugendlichen ge- sind der Schlüssel für die Zukunft nau auf die spezifischen Berufsfelder des Industriestandorts Berlin. Des- eines Betriebs vorbereitet werden. halb haben VME und IG Metall am Wesentlich für den Erfolg ist, dass 12. Juni 2013 mit dem Berliner Senat sie sich dabei willkommen fühlen. vereinbart, dass sich die Metall- und Elektroindustrie an der erfolg- Warum sich das Mitmachen für reichen Initiative „Berlin braucht Metall- und Elektro-Betriebe lohnt dich!“ beteiligt. Die Initiative hilft Betrieben, ihre Ausbildung aktiv für • Viel mehr Jugendliche als bisher Jugendliche mit Migrationshinter- erfahren, worum es bei Ausbildung grund zu öffnen. Sie ist seit vielen und Facharbeit in der Metall- und Jahren ein Markenzeichen in Berlin Elektroindustrie geht und welche und in der Berliner Verwaltung und beruflichen Perspektiven sich er- landeseigenen Betrieben bereits er- öffnen. folgreich gelebte Praxis. • Mehr Jugendliche als bisher wer- ergänzt Arno Hager, Erster Bevoll- den sich eine Berufsausbildung Vierstufige Vorbereitung: mächtigter der IG Metall Berlin. Er in den Berufsfeldern Metall und Schule trifft Arbeitswelt begrüßt, dass die Initiative die Be- Elektro als eine realistische Option „Fachkräftesicherung und Integration rufsorientierung nicht länger den für ihr weiteres Leben vorstellen. gehen eine fruchtbare Verbindung einzelnen Betrieben überlässt, son- Damit erweitert sich der Kreis der- ein“, freut sich Dilek Kolat, Sena- dern diese als gemeinsame Sache jenigen, die als Nachwuchs für die torin für Arbeit, Integration und von vielen Schulen und Betrieben Betriebe infrage kommen. Frauen. „In Berlin haben 40 Prozent definiert. Hager: „Das erhöht die • Die Gruppe der Auszubildenden der unter Sechzehnjährigen einen Wirkung und spart Ressourcen.“ wird heterogener. „Berlin braucht Migrationshintergrund. Es ist nicht Seit 2006 versucht die Initiative, dich!“ hilft dabei, sich auf die zu verantworten, dass so viele Fä- Schüler und Schülerinnen mit Mi- neuen Realitäten einzustellen. higkeiten und Talente brachliegen.“ grationshintergrund dafür zu gewin- • Die Zusammenarbeit mit den „Die Öffnung der anspruchsvol- nen, eine betriebliche Berufsausbil- Schulen verbessert sich weiter. len Berufsausbildungen in der Me- dung im Öffentlichen Dienst und bei Das nützt dem gegenseitigen Ver- tall- und Elektrobranche für Jugend- den Betrieben mit Landesbeteili- ständnis, verbessert die Qualität liche mit Migrationshintergrund ist gung für sich in Betracht zu ziehen. von Berufsorientierung in Schule eine gute Chance für beide Seiten“, Bisher haben sich 45 Betriebe und und Praktika und führt dazu, dass 32 Schulen beteiligt. Nun kommen Jugendliche eine solide Grundlage die Betriebe der Metall- und Elektro- für ihre Berufswahl erhalten. Kontakt Berufliches Qualifizierungsnetzwerk industrie hinzu. • Die kompetente Begleitung sorgt für Migrantinnen und Migranten in Durch ein vierstufiges System dafür, dass das Zusammenspiel Berlin (BQN) , Tel: 030 / 275 908 70 von Betriebsbegegnungen werden zwischen Betrieben, Schulen und E-Mail: info@berlin-braucht-dich.de die Schüler ab der 7. und bis zur den Jugendlichen so reibungslos Infos: www.berlin-braucht-dich.de 10. Klasse an die Arbeitswelt heran- wie möglich verläuft. 24/13 11
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:31 Seite 12 AUS- UND WEITERBILDUNG MELDUNGEN DEINE MEINUNG ZÄHLT Schreib uns, was du zu sagen hast! Schreib uns deine Meinung ++ Weiterbildungsbeteiligung — Durch zur IGMigration per E-Mail: igm-migration@igmetall.de ständig neue Anforderungen am Arbeitsplatz oder mit der Post an: IG Metall Vorstand ist lebenslanges Lernen ein wichtiger Punkt zur FB Zielgruppenarbeit und Gleichstellung Arbeitsplatzsicherung geworden. Doch welche Ressort Migration/Integration Zugangsmöglichkeiten zur Weiterbildung gibt Wilhelm-Leuschner-Str. 79 • 60329 Frankfurt am Main es? Forscherinnen und Forscher im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung überprüften bestehen- de Untersuchungen zu diesem Thema. Danach MITGLIED WERDEN – SO GEHT’S zeigt sich, dass schulische und berufliche Ab- schlüsse und die Erwerbstätigkeit die Weiter- Wer Mitglied werden will, kann am Arbeitsplatz IG Metall bildungsteilnahme entscheidend beeinflussen. Vertrauensleute oder andere Kolleginnen und Kollegen Außerdem prägen die berufliche Stellung, die ansprechen, die der IG Metall angehören. Art des Beschäftigungsverhältnisses und be- Informationen im Internet: www.igmetall.de triebliche Faktoren die Weiterbildungsaktivitä- per Telefon: 069/6693-2578 ten. Faktoren wie Alter, Geschlecht und Migra- per E-Mail: mitglieder@igmetall.de tionshintergrund seien nur mittelbar bedeut- sam, so die Forscherinnen und Forscher. Aller- dings bestehe für konkrete Aussagen weiterer Forschungsbedarf, etwa um der Vielfältigkeit der Personen mit Migrationshintergrund Rech- nung zu tragen. Mehr Infos unter: www.library. fes.de/pdf-files/wiso/09852.pdf ++ Höhere Qualifikation — Nach einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung haben Neuzuwanderer und -zuwanderinnen ein höhe- res Bildungs- und Qualifikationsniveau als die deutsche Bevölkerung. 43 Prozent der Zuwan- derinnen und Zuwanderer zwischen 15 und 65 Jahren haben demnach einen Meister oder einen Hochschul- bzw. Technikerabschluss. Zum Vergleich: Bei den Deutschen ohne Migra- tionshintergrund liegt der Anteil lediglich bei 26 Prozent. Entgegen dem gängigen Bild in Deutschland hat sich demnach die Zusammen- setzung und Qualifikation von Einwanderern und Einwanderinnen in den vergangenen zehn Jahren radikal verändert. Mehr Infos unter: www.bertelsmann-stiftung.de ++ Internetratgeber prekäre Beschäftigung — Der DGB hat einen Internetratgeber für prekär Beschäftigte entwickelt. Der Ratgeber richtet sich an Betroffene und bietet Informationen für be- fristet Beschäftigte, Minijobber, Honorarkräfte, Leiharbeitnehmende, Ein-Euro-Jobber, Prakti- kanten und Teilzeitbeschäftigte. Mehr Infos unter: www.ratgeber-ungesicherte-jobs.dgb.de 12
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:32 Seite 13 RECHT UND GESETZ MELDUNGEN ++ Übersicht zu AGG-Urteilen — ++ Altersgrenzen wirksam — Ob altersunabhängiger Urlaubsan- In Betriebsvereinbarungen kann das spruch oder die Ablehnung einer Be- Ausscheiden aus dem Unternehmen werberin mit Kopftuch: 2012 wurden Asylpolitik weiterhin je nach Land und der Eintritt in die Rente mit verschiedene Urteile zur Umsetzung unterschiedlich geregelt werde. 65 Jahren geregelt werden. Dagegen des Allgemeinen Gleichbehandlungs- hatte ein Beschäftigter mit unbefris- ++ Kein Anspruch auf Auskunft gesetzes (AGG) gefällt. Vorrangig tetem Arbeitsvertrag geklagt. Das — Ein Arbeitgeber muss einem Stel- beschäftigten sich die Gerichte mit Bundesarbeitsgericht urteilte, dass lenbewerber keine Auskunft über Fällen von Altersdiskriminierung. die Altersgrenze zulässig ist, sofern die Gründe einer Ablehnung geben. Dazu kamen Fälle von Diskriminie- der Beschäftigte anschließend die Eine in Russland geborene Frau hatte rungen wegen des Geschlechts, Regelaltersrente beziehen kann. sich erfolglos als Softwareentwickle- einer Behinderung, der sexuellen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom rin beworben. Sie vermutete wegen Identität oder der Religion. 05. März 2013 – 1 AZR 417/12) ihrer Herkunft, ihres Geschlechts Eine Übersicht findet sich auf und ihres Alters diskriminiert wor- ++ Sprache nicht festlegen — www.antidiskriminierungsstelle.de den zu sein und verlangte eine Aus- Eine verpflichtende Sprachregelung ++ Fachkräftezuwanderung — kunft darüber, welche Kriterien für für Arbeitsverträge verstößt gegen Fachkräfte aus Staaten außerhalb die Ablehnung entscheidend waren. das Unionsrecht, so ein Urteil des der EU („Drittstaaten“) können seit Das Bundesarbeitsgericht urteilte Europäischen Gerichtshofs. In dem Juli 2013 leichter nach Deutschland jedoch, dass sie keinen Anspruch Fall ging es um eine Regelung in einreisen. Bislang durften aus Dritt- auf Auskunft habe. Die Klägerin Belgien, nach der alle Arbeitsverträge staaten nur Akademiker die Blaue konnte eine Benachteiligung gemäß von Unternehmen mit Sitz in Flan- Karte der EU beantragen. Nach der des Allgemeinen Gleichbehandlungs- dern auf Niederländisch gehalten sein neuen Verordnung können nun auch gesetzes nicht ausreichend belegen. müssen. Nach Einschätzung des Ge- Fachkräfte mit Berufsabschluss in (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom richts verstößt diese Regelung ge- Deutschland arbeiten. Dazu muss 25. April 2013, 8 AZR 287/08) gen die Arbeitnehmerfreizügigkeit in zunächst der Ausbildungsabschluss der EU, da sie eine abschreckende ++ Zwang zum Deutschlernen — auf Gleichwertigkeit geprüft werden. Wirkung auf Menschen ohne ent- Empfängerinnen und Empfänger von Zudem muss ein Bedarf am Arbeits- sprechende Sprachkenntnisse haben Hartz-IV-Leistungen können zur Teil- markt bestehen. Dieser wird von der könne. (Europäischer Gerichtshof, nahme an einem Integrationskurs Bundesagentur für Arbeit auf Basis Urteil vom 16.04.2013, C-202/11) verpflichtet werden, wenn sie aus der Arbeitsmarktstatistik festgelegt. Sicht des Amtes nicht ausreichend ++ Bleiberecht — Im Juli 2011 (Verordnung über die Zulassung von Deutsch sprechen. Eine türkische wurde eine Bleiberechtsregelung für neueinreisenden Ausländern zur Aus- Frau mit vier Kindern war vom Job- „gut integrierte Jugendliche und He- übung einer Beschäftigung [BeschV] ) center aufgefordert worden, dreimal ranwachsende“ geschaffen. Danach ++ EU-Asylrecht — Die Vertreter wöchentlich an einem Integrations- können bisher geduldete Jugendli- der EU-Institutionen haben sich auf kurs teilzunehmen. Als sie den Kurs che, die bestimmte Voraussetzungen ein Gesetzespaket zum Aufbau eines nicht besuchte, kürzte das Amt ihr erfüllen, eine Aufenthaltserlaubnis gemeinsamen Asylpakets geeinigt. die Leistungen. Das Sozialgericht erhalten. Das Bundesverwaltungs- Damit sollen in allen EU-Staaten die hielt in seiner Entscheidung fest, gericht stellte dazu nun klar, dass in gleichen Bedingungen für Asylsu- dass die Beherrschung der deut- der Regel dafür zwar die Identität chende gelten, bei Sicherheit, Ver- schen Sprache in Wort und Schrift des ausländischen Staatsangehöri- sorgung und den Asylverfahren. unabdingbare Voraussetzung für die gen geklärt sein müsse, die Auslän- Allerdings bleibt nach wie vor der dauerhafte Eingliederung in Arbeit derbehörde im Rahmen einer Ermes- EU-Staat für das Asylverfahren zu- sei. Die Kürzung sei deswegen zu sensentscheidung von dieser Klä- ständig, in dem der Bewerber zuerst Recht erfolgt. (Sozialgericht Wies- rung aber absehen könne. (Bundes- ankommt. Menschenrechtsorgani- baden, Urteil vom 13. Mai 2013 – verwaltungsgericht, Urteil vom sationen kritisieren, dass damit die S 12 AS 484/10) 14. Mai 2013, AZ 1 C 17.12) 24/13 13
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:32 Seite 14 AUS POLITIK UND GESELLSCHAFT Vom Bürger zum Bettler t? Rumänien auf. Menschen aus ande- erwünsch ren osteuropäischen EU-Ländern ise un Einre zog es bevorzugt nach Großbritan- nien und Irland. Das hat sich geän- Existenzmin imum? nwürde? dert. „Neue Untersuchungen zeigen, Mensche dass 70 Prozent des Anstiegs der Zuwanderung nach Deutschland in den Jahren 2007 bis 2012 auf die Tatsache zurückgeht, dass sich die wirtschaftliche Lage in anderen Ziel- © laurine45 – fotolia.com ländern verschlechtert hat“, sagt Prof. Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsfor- schung. Nur rund zehn Prozent des Anstiegs ließen sich mit der Einfüh- rung der Arbeitnehmerfreizügigkeit Die Migrationsströme in Europa ordnen sich neu. In erklären. Deutschland haben vor allem Zuwanderer aus dem Balkan schlechte Karten. Ihnen werden hier systematisch grund- Bundesregierung räumt ein: Belastbare Belege gibt es nicht legende Rechte verwehrt. Zudem wird auf ihrem Rücken „Viele Einwanderer würden also wei- ein demagogischer Wahlkampf geführt. terhin gerne in Spanien oder Groß- britannien leben. Die schlechte Ar- Im Juli 2013 wurden beim Bundesamt dem Bayernkurier. „Wer nur nach beitsmarktlage hingegen schreckt für Migration und Flüchtlinge 9.516 Deutschland kommt, um hier Sozial- sie ab.“ Zum Jahreswechsel 2012/13 Asylerstanträge gestellt. Das waren hilfe zu kassieren, muss zurückge- lebten in Deutschland 205.000 rumä- mehr als doppelt so viele wie im Jahr schickt werden.“ nische und 119.000 bulgarische zuvor. Die meisten Menschen kamen Die Migrationsströme ordnen Staatsangehörige. Das waren 29,0 aus der Russischen Föderation, Sy- sich durch die aktuelle Finanz- und bzw. 26,5 Prozent mehr als im Vor- rien und Serbien nach Deutschland. Wirtschaftskrise radikal neu. Bis zu jahr. Bundesinnenminister Hans-Peter ihrem Ausbruch nahmen Spanien Im Bundestagswahlkampf wird Friedrich nannte diese Entwicklung in und Italien rund 80 Prozent der argumentativ mit harten Bandagen der Augsburger Allgemeine „alarmie- Zuwanderung aus Bulgarien und gekämpft. Das gilt auch beim Thema rend“. Die wachsende Zuwanderung „Arbeitnehmerfreizügigkeit inner- aus dem Balkanstaat Serbien erklär- halb der EU“, die ab 2014 auch für te er damit, dass „die seit 2009 gel- Rumänien und Bulgarien gelten soll. tende Visafreiheit hier schamlos aus- Friedrich aber hetzt gegen Minder- genutzt wird“. heiten, die sich nicht per Stimmzet- Die Balkanstaaten Bulgarien und tel wehren können. Und er täuscht Rumänien gehören bereits zur EU. falsche Tatsachen vor. Auch von hier reisen die Menschen Als Minister flüstert er der Öffent- ohne Visa nach Deutschland ein. Und lichkeit ein, dass bald Massen aus auch ihnen hat Friedrich bereits ge- dem Balkan, darunter Roma und Foto: BMI droht. „Freizügigkeit gibt nicht das Sinti, nach Deutschland strömen, um Recht auf Zuwanderung unmittelbar sich hier auf die faule Haut zu legen in die Sozialsysteme“, sagte er im Bundesinnenminister Hans-Peter und dafür Hartz IV zu kassieren. Be- März 2013 in einem Interview mit Friedrich lastbare Belege dafür nennt er nicht. 14
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:32 Seite 15 AUS POLITIK UND GESELLSCHAFT Wie auch? Es gibt sie nicht. Das Migranten auf, die nach Deutsch- räumte die Bundesregierung auf An- land kommen und hier keine Arbeit frage der Fraktion „Die Linke“ ein. finden. „Diese Menschen erhalten Demnach ist die Arbeitslosigkeit weder Hartz IV noch eine Kranken- unter Bulgaren und Rumänen mit versicherung und haben daher 9,6 Prozent deutlich niedriger als manchmal keine andere Möglichkeit, unter allen Ausländern (16,4 Pro- als ihre Existenz durch Betteln oder zent). Mehr als die Hälfte dieser auch Prostitution zu sichern“, schil- Migranten zieht es aufgrund der dert Claudius Voigt von der Gemein- guten Arbeitsmöglichkeiten nach nützigen Gesellschaft zur Unterstüt- Baden-Württemberg und Bayern, zung Asylsuchender e.V. (GGUA) also dorthin, wo CSU-Mann Fried- seine Erfahrungen. „Der Sozialstaat Claudius Voigt, Rechtsexperte der GGUA rich seinen Wahlkreis hat. entzieht sich in diesem Fall voll- in Münster ständig seiner verfassungsrechtlich „Der Sozialstaat entzieht sich vorgegebenen Verantwortung.“ seiner Verantwortung.“ Voigt steht mit dieser Sichtweise Deutschland aufhalten, gleicher- Etwa die Hälfte aller Rumänen und nicht allein da. Im Juli 2012 kanzelte maßen zu (…) Die in Art. 1 Abs. 1 GG Bulgaren arbeiteten im Jahr 2011 das Bundesverfassungsgericht das garantierte Menschenwürde ist laut Bundesregierung als Saisonar- geltende Asylbewerberleistungsge- migrationspolitisch nicht zu rela- beiter, die nach dem Ende ihrer Tä- setz als verfassungswidrig ab, da tivieren.“ tigkeit im Regelfall in ihre Herkunfts- es das Recht auf den Bezug eines Auch die EU-Verordnung VO 883 länder zurückkehren. Wie dringend menschenwürdigen Existenzmini- zur Koordinierung der Systeme der sie als Arbeitskräfte gebraucht wer- mums nicht gewährleistete. „Art. 1 sozialen Sicherheit folgt dieser den, zeigt die Tatsache, dass sie Abs. 1 GG begründet diesen An- Maßgabe. Sie trat 2010 in Kraft und seit 2012 für eine bis zu sechsmo- spruch (…) als Menschenrecht. (…)“, schreibt vor, dass EU-Bürgern unab- natige Beschäftigung keine Arbeits- stellten die Richter fest. „Das hängig von ihrem Wohnort und ihrer erlaubnis mehr benötigen. Grundrecht steht deutschen und Erwerbssituation ein Existenzmini- Auf diese Menschen zielt Fried- ausländischen Staatsangehörigen, mum von staatlicher Seite gewährt rich nicht. Er stachelt gegen jene die sich in der Bundesrepublik werden muss. Die Bundesregierung stört das alles nicht. Statt nationales an EU- Einwanderung nach Deutschland Recht anzupassen, rührte sie das Sozialgesetzbuch (SGB) II bislang nicht an. In § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 heißt es hier zum Bezug von exis- tenzsichernden Leistungen: „Ausge- nommen sind (…) Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthalts- recht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Fami- lienangehörigen (…)“. Mehrere Landessozialgesetze haben inzwi- schen darauf hingewiesen, dass dieser Passus nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Friedrich weiß das. Dennoch hetzt er weiter. Damit muss Schluss sein. Demagogen dürfen in der Einwanderung 2012 insgesamt: 1,081 Millionen, davon 0,966 Mio. Ausländer und 0,115 Mio. Spätaussied- nächsten Bundesregierung keinen ler und zurückkehrende Deutsche. – Quelle: Statistisches Bundesamt Platz mehr haben. 24/13 15
igmigration_Nr_24:druck 27.08.13 10:32 Seite 16 DIE LETZTE SEITE Foto: Henning Kaiser, picture alliance / dpa Klare Ansagen In einer Einheitsgewerkschaft wie der IG Metall dürfen verschiedene politische Meinungen und Positionen vertreten sein. Das gilt auch für die aktuellen Entwicklungen in der Türkei. Die demokratischen Grundrechte aber sind nicht verhandelbar. Diese Grenze zog Christiane Benner, tisch schikaniert, Arbeitnehmerin- zu organisieren, sind die Grundlagen geschäftsführendes Vorstandsmit- nen und Arbeitnehmer sind faktisch für das Engagement der IG Metall, glied der IG Metall, am 22. Juni rechtlos. bekräftigten die geschäftsführenden 2013 in Köln vor rund 40.000 Men- Gleichzeitig sprach sich Benner Vorstandsmitglieder am 2. Juli 2013 schen. Zu der zentralen Protestver- für einen EU-Beitritt der Türkei aus. in ihrer Erklärung. Alles andere anstaltung gegen die Politik der Die Proteste sind ein Zeichen für würde bedeuten, den demokrati- türkischen Regierung hatte die eine lebendige Zivilgesellschaft, schen Kräften in der Türkei in den alevitische Gemeinde aufgerufen. heißt es in einer Solidaritätserklä- Rücken zu fallen. Benner betonte, dass die Politik rung. Der EU-Beitrittsprozess kann ihr Handeln nicht allein wirtschaft- diese Entwicklung fördern. Univer- Mehr Infos: lichen Interessen unterordnen dürfe. selle Grund- und Menschenrechte, www.igmetall.de/ig-metall- Über die Hälfte der Bevölkerung in wie die Versammlungsfreiheit, die verurteilt-gewalt-gegen-friedlich- demonstrierende-12038.htm der Türkei leben von weniger als Pressefreiheit, das Recht auf freie 300 Euro Mindestlohn. Zudem wer- Meinungsäußerung und die Mög- www.industriall-europe.eu den die Gewerkschaften systema- lichkeit, sich in einer Gewerkschaft 5486-42449
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