Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

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Informationsblatt 16

Demenz bei Menschen mit
Lernschwierigkeiten
Bei Menschen mit Lernschwierigkeiten treten alle Formen der Demenz genauso auf wie in der
Gesamtbevölkerung. Meist zeigen sie sich aber zu einem früheren Zeitpunkt, und ihre Symptomatik
wird aufgrund der vorliegenden Schädigungen später wahrgenommen. Da die Lebenserwartung von
Menschen mit Lernschwierigkeiten erheblich gestiegen ist und weiter steigt, wird es immer wichtiger,
Demenzerkrankungen frühzeitig zu erkennen, um einen angemessenen Umgang und die richtige
Behandlung und Pflege zu ermöglichen.

Wenn wir in diesem Informationsblatt                                        in den Fokus neuerer wissenschaftli-
von Menschen mit Lernschwierig-                                                cher Untersuchungen.
keiten sprechen, dann greifen
wir das Anliegen von „Netz-                                                        Wie viele Menschen mit
werk People First Deutsch-                                                         Lernschwierigkeiten
land e. V. – Mensch zuerst“ auf,                                                   und Demenz gibt es?
das seit Jahren die Bezeichnung
„geistig behindert“ abschaf-                                                         Weltweit leben ca. 5 Millionen
fen und durch „Lernschwierig-                                                      Menschen mit Down-Syndrom. In
keiten“ ersetzen möchte. In der                                                  Deutschland wird von einer Gruppe
Begründung wird darauf hingewie-                                             mit ca. 50.000 Personen (Statista 2022)
sen, dass der Begriff „geistig behindert“                               ausgegangen. Forschungsergebnisse bele-
negative Zuschreibungen produziert und den Aspekt          gen, dass sich der Anteil von Menschen mit Lernschwie-
des Lernens ausblendet. Bei der Bezeichnung „Men-          rigkeiten mit einer Demenz im Zeitraum 2010 bis 2030
schen mit Lernschwierigkeiten“ richtet sich die Aufmerk-   verdreifacht hat und weiterhin ansteigen wird (Dieck-
samkeit auf das Lernen, das an den Möglichkeiten der       mann et al. 2010). 2030 wird in stationären Wohnein-
Personen ausgerichtet wird. Die vielfältigen Studien-      richtungen jeder zweite Bewohner 60 Jahre oder älter
ergebnisse, die insbesondere aus dem internationalen       sein, im ambulant betreuten Wohnen liegt der Anteil der
Ausland vorliegen, unterscheiden bei Menschen mit          Älteren bei mehr als einem Drittel. Diese Zahlen verdeut-
Lernschwierigkeiten und Demenz im Wesentlichen zwei        lichen, wie wichtig die Entwicklung und Weiterentwick-
Hauptuntersuchungsgruppen:                                 lung von Konzepten in der Behindertenhilfe für diese
                                                           Personengruppe ist.
 1. Menschen mit Down-Syndrom
                                                           Wann tritt eine Demenz bei Menschen
 2. Menschen mit Lernschwierigkeiten (intellektuelle       mit Lernschwierigkeiten auf?
    Beeinträchtigungen), aber ohne Down-Syndrom
                                                           Neuere Studien (Iulita et al. 2022) belegen, dass der ge-
Während für die erste Gruppe umfangreiche Studiener-       schätzte Krankheitsbeginn bei Menschen mit Down-Syn-
gebnisse vorliegen, rückt die zweite Gruppe erst langsam   drom im Durchschnitt bei 53,8 Jahren liegt. Im Vergleich
                                                           zur Allgemeinbevölkerung treten Demenzerkrankungen

Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Infoblatt 16                                                                1 von 7
Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

früher und häufiger auf und zeigen einen schnelle-         Welche Demenzsymptome treten auf?
ren Verlauf. Statistisch bekommt im Alter 40plus jeder
Zehnte und im Alter 50plus jeder Dritte eine Demenz, in    Die Symptome einer Demenz unterscheiden sich bei
wenigen Fällen auch in jüngeren Jahren. Bei den über       Menschen mit Down-Syndrom nicht wesentlich von de-
60-Jährigen steigt der Anteil auf 50 Prozent und höher –   nen in der Allgemeinbevölkerung. Folgende Symptome
hier driften die Studienergebnisse weit auseinander. Die   werden beobachtet, aber meistens erst in der Rückschau
geschätzte Krankheitsdauer liegt im Durchschnitt bei 4,6   verstanden (Deb et al. 2007):
Jahren, deutlich kürzer im Vergleich zur Allgemeinbe-
völkerung mit einer durchschnittlichen Krankheitsdauer       • Verschlechterung im Kurzzeitgedächtnis
von etwa 8 Jahren.                                           • Desorientierung
                                                             • Probleme, Anweisungen zu folgen
Für Menschen mit Lernschwierigkeiten ohne Down-Syn-          • Sprach- und Sprechproblematiken
drom ist das Demenzrisiko im Vergleich zur Allgemein-        • Schlafstörungen
bevölkerung drei- bis vierfach erhöht. Jüngere Studien       • Abbau an persönlichen Fähigkeiten
(Takenoshita et al. 2020) belegen auch, dass eine De-        • Interessenverlust und sozialer Rückzug
menzerkrankung bei ihnen oft früher eintritt. Mit zuneh-     • Gangstörungen
mendem Lebensalter nähert sich das Demenzrisiko aller-       • Herausfordernde/zwanghafte Verhaltensweisen
dings dem der Allgemeinbevölkerung an.                         (zum Beispiel mehrfache Wiederholungen von Be-
                                                               wegungen, übermäßig viel Zeit zum Essen, mehrfach
Weshalb haben Menschen mit Down-                               hintereinander auf die Toilette gehen), oft verbun-
Syndrom ein so hohes Demenzrisiko?                             den mit einer gestörten Impulskontrolle (letztere tritt
                                                               als Symptom bei Menschen mit Lernschwierigkeiten
Das Down-Syndrom gilt als die häufigste nicht vererbte         häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung)
genetische Ursache für eine intellektuelle Beeinträch-       • Zunahme an Emotionalität (Weinen, niedrigere Frus-
tigung. Beim Down-Syndrom ist das Chromosomen-                 trationstoleranz, Schreien)
paar 21 durch ein zusätzliches Chromosom verdrei-            • Halluzinationen (vor allem im visuellen Bereich)
facht, was letztendlich zu einer erhöhten Bildung eines
Eiweißmoleküls (Beta-Amyloid-Protein) führt. Durch         Erst mit dem Auftreten von Verhaltensänderungen wird
diese Überproduktion entstehen Ablagerungen im Ge-         das Umfeld aufmerksam, auch wenn der Zusammen-
hirn, sogenannte Plaques. Die Anhäufung von Beta-Amy-      hang mit einer Alzheimer-Demenz häufig noch nicht her-
loid-Plaques zwischen den Neuronen im Gehirn ist auch      gestellt wird. Oft werden diese Anzeichen missverstan-
ein Hauptmerkmal der Alzheimer-Krankheit. Diese Beta-      den und als Eigenwilligkeit oder Reaktanz ausgelegt.
Amyloid-Ablagerungen gelten als eine Ursache für das
Auftreten von demenziellen Symptomen. Fast alle Er-        Ein weiterer Hinweis auf eine beginnende Demenz­
wachsenen mit Down-Syndrom weisen ab dem vierten           erkrankung sind epileptische Anfälle. Sie treten bereits
Lebensjahrzehnt (Videla et al. 2022) die Alzheimer-typi-   in einem frühen Stadium auf und lassen sich nicht mit
schen Veränderungen im Gehirngewebe einschließlich         Medikamenten einstellen. Insbesondere handelt es sich
der Amyloid-Ablagerungen auf.                              um Absencen. Eine Absence ist vergleichbar mit einem
                                                           Zustand der Abwesenheit, der als Interesselosigkeit oder
                                                           Verträumtheit missverstanden werden könnte. Diese frü-
                                                           hen Epilepsien betreffen ca. 75 Prozent aller Menschen
                                                           mit Down-Syndrom und Demenz (Halder 2008). Auch
                                                           Schluckbeschwerden treten vergleichsweise früh im
                                                           Krankheitsverlauf auf.

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Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

Wie wird die Diagnostik durchgeführt?                       und die psychische Verfassung in den Blick genommen
                                                            und als Einflussfaktoren mitberücksichtigt. Die deutsche
Eine diagnostische Abklärung – so früh wie möglich          Übersetzung steht als Download zur Verfügung unter:
– hilft, behandelbare Erkrankungen auszuschließen.          www.the-ntg.org/ntg-edsd
Insbesondere bei Menschen mit Down-Syndrom sind
Erkrankungen der Schilddrüse nicht selten. Endokrinolo-     Gibt es wirksame Medikamente für Menschen
gische Erkrankungen (zum Beispiel Diabetes), Herz-Kreis-    mit Lernschwierigkeiten und Demenz?
lauferkrankungen, ernährungsbedingter Mangel und
weitere Ursachen können Demenzsymptome auslösen.            Es gibt nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Antide-
Zu einer umfassenden Diagnostik gehört auch eine Un-        mentiva. Der Wirkstoff Donepezil scheint bisher als ein-
tersuchung der sensorischen Fähigkeiten (Sehen, Hören)      ziges Medikament bei der Behandlung kognitiver De-
und des psychischen Befindens, zum Beispiel zum Aus-        menzanzeichen bei Erwachsenen mit Down-Syndrom
schluss einer Depression.                                   zu wirken (de Oliveira & de Paula Faria 2022). Die An-
                                                            wendung von Antioxidantien, Memantin, Vitamin E und
Eine Früherkennung bei Menschen mit Lernschwierig-          über die Nase verabreichtem Insulin zeigen keine ausrei-
keiten ist sehr komplex. Ärztinnen und Ärzte benötigen      chende Wirksamkeit für die Behandlung von Demenz bei
dafür Verständnis und Hintergrundwissen für Demenz­         Menschen mit Down-Syndrom.
erkrankungen sowie möglichst genaue Informationen
von Angehörigen und professionellen Betreuerinnen und       Wie kann das Wohnumfeld gestaltet werden?
Betreuern über die beobachteten Veränderungen.
                                                            Für die Schaffung eines angepassten Wohnumfeldes gel-
Viele Untersuchungen zum Ausschluss behandelbarer           ten die gleichen Prinzipien, die seit vielen Jahren für die
Demenzursachen kann die Hausärztin oder der Hausarzt        Wohnraumgestaltung von Menschen mit Demenz vorlie-
vornehmen (Informationsblatt siehe: Kuhn/Rutenkröger        gen. Dabei geht es unter anderem um Orientierung (Er-
2018, S.78ff). Augen- und Ohrenärzten stehen Untersu-       kennbarkeit von Türen, Farbkonzept), Vermeidung von
chungsmethoden zur Verfügung, die keine aktive Mitwir-      Umweltstressoren (zum Beispiel schlechte Raumakustik,
kung der Patientinnen und Patienten erfordern. Am Ende      mangelnde Innenraumbeleuchtung) und Vermeidung
der diagnostischen Etappen stehen medizinische Verfah-      von Irritationen (zum Beispiel spiegelnde oder harte
ren, die in einigen Kliniken für Menschen mit Lernschwie-   Farbwechsel in Fußbodenbelägen).
rigkeiten zur Verfügung stehen.
                                                            Im Zusammenleben mit anderen entstehen oft ange-
Welches Einschätzungsinstrument gibt es?                    spannte Situationen und Konflikte, wenn Mitbewoh-
                                                            nerinnen, Mitbewohner und Betreuungspersonal den
Die internationale Forschungsgruppe (National Task          Zusammenhang zwischen Verhaltensänderung und
Group) hat das Verlaufsbeobachtungsinstrument „Early        Demenz nicht erkennen. Die Konflikte sind für alle Be-
Detection Screen for Dementia“ (NTG-EDSD) weiterent-        teiligten eine große Belastung. Mitarbeitende der Be-
wickelt und stellt es kostenfrei in verschiedenen Spra-     hindertenhilfe benötigen deshalb ausreichendes Hinter-
chen zur Verfügung (AADMD 2013). Das Instrument eig-        grundwissen über demenzbedingte Veränderungen, um
net sich für Angehörige oder Betreuende, die über einen     situationsgerecht und vorausschauend handeln zu kön-
längeren Zeitraum mit der betroffenen Person im Kon-        nen (zum Beispiel Einsatz der oben genannten Verlaufs-
takt stehen. Sie dokumentieren ihre Beobachtungen,          beobachtung). Sie können den Mitbewohnerinnen und
und durch die jährliche Wiederholung lassen sich Ver-       Mitbewohnern Wissen über Demenz vermitteln (Demenz
änderungen abbilden, die für eine Frühdiagnostik den        Support 2017), einen Perspektivenwandel anstoßen und
Anstoß geben. Dabei werden auch allgemeine Verände-         die anderen zur Unterstützung der betroffenen Personen
rungen des Gesundheitszustandes, Lebensereignisse           anregen.

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Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

Wie kann der Arbeitsplatz in einer                          stationären Wohnen gelingen. Ca. 25 Prozent der Men-
Werkstätte erhalten bleiben?                                schen mit Lernschwierigkeiten, die 50 Jahre und älter
                                                            sind, leben jedoch in Privathaushalten und mehrheitlich
Für viele Menschen mit Lernschwierigkeiten hat die Ar-      bei den Eltern, aber auch bei Geschwistern (2012 lag das
beit in einer Werkstätte einen hohen Stellenwert – sie      durchschnittliche Lebensalter der Eltern bei rund 75 Jah-
ist identitätsstiftend und selbstwertstärkend. Leistungs-   ren (Dieckmann & Metzler 2013)).
abbau und störende Ver-
haltensweisen führen                                                                         Wenn Menschen mit
letztendlich zum Verlust                                                                     Lernschwierigkeiten bei
des Arbeitsplatzes und                                                                       ihren Familien leben,
zu einem Aufenthalt im                                                                       dann besteht der Kon-
Förder- und Betreuungs-                                                                      takt zu einem Träger nur
bereich (FuB). Wenn die                                                                      über die Tätigkeit in einer
professionellen Begleit-                                                                     Werkstätte. In diesem Fall
personen die Verhaltens-                                                                     fällt der Werkstätte die
änderungen jedoch als                                                                        Aufgabe zu, die Familien
Zeichen einer möglichen Demenz erkennen, können sie         für dieses Thema zu sensibilisieren und Informationen
ihre Beobachtungen an Angehörige oder Mitarbeitende         zur Verfügung zu stellen. Für pflegende Angehörige gibt
an den Nahtstellen zum Wohnen weitergeben. Im Vor-          es Schulungsangebote der Alzheimer-Gesellschaften und
dergrund steht, den Arbeitsplatz so lange wie möglich       über den Kontakt zu den Demenzfachberatungsstellen
zu erhalten. Dafür ist es notwendig, die Erwartungen an     können hilfreiche Informationen zu Ansprechpersonen in
die sich verändernde Leistungsfähigkeit der betroffenen     der Region oder zu ergänzenden Möglichkeiten der Ein-
Person anzupassen. Das setzt bei den professionellen        gliederungshilfe in Erfahrung gebracht werden.
Begleitpersonen Hintergrundwissen voraus, wie Umwelt-
stressoren vermindert werden können, wie der Arbeits-       Welche Wohn- und Versorgungskonzepte
platz angepasst werden kann oder Anforderungen re-          werden empfohlen?
duziert werden können. Besondere Aufmerksamkeit ist
der Werkstattgruppe zu schenken, die als soziales Um-       In Einrichtungen der Behindertenhilfe wird oft versucht,
feld bedeutsam für die Arbeitsatmosphäre ist. Die Kolle-    über individuelle Konstrukte die Situation zu meistern.
ginnen und Kollegen in der Werkstätte brauchen Unter-       Dennoch werden Grenzen erreicht, wenn keine ange-
stützung, damit ein Perspektivenwechsel gelingt. Dann       passten Konzepte entstehen. Dann wird aufgrund des
wird der Leistungsverlust nicht als Ausdruck von Faul-      erhöhten pflegerischen und personellen Aufwands ent-
heit oder Desinteresse verstanden, sondern als Symp-        schieden, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten und
tom der Demenzerkrankung. Konflikte werden reduziert,       Demenz ihr vertrautes Umfeld verlassen müssen, um in
Hilfestellungen beim Gang zur Toilette oder in den Pau-     einer Pflegeeinrichtung versorgt zu werden. Zu diesem
senraum selbstverständlich. Medienangebote und Bro-         Versorgungsbruch gibt es Berichte (Thompson 2002),
schüren helfen bei diesem Perspektivenwandel (siehe         dass im neuen Umfeld ein schneller Abbauprozess beob-
weiterführende Informationen am Ende des Infoblatts).       achtet wurde und sich das Lebensende früh einstellte.

Welche Unterstützung brauchen Angehörige?                   Studien aus dem internationalen Ausland setzen bei den
                                                            Wohn- und Versorgungssettings für Menschen mit Lern-
Eltern und/oder Geschwister müssen über das Demenz-         schwierigkeiten und Demenz zwei Schwerpunkte:
risiko ihrer Familienmitglieder mit Lernschwierigkeiten
informiert werden. Dies kann gut über die vorhande-         Beim „Ageing in Place“ geht es darum, das so-
nen Kommunikationsstrukturen im ambulanten oder             ziale Umfeld der Betroffenen vorzubereiten,

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Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

Unterstützungssysteme bis hin zur palliativen Beglei-         • Information und Unterstützung von An- und
tung aufzubauen und räumliche Anpassungen frühzei-              Zugehörigen
tig in den Blick zu nehmen. Dann können Menschen mit          • Entwicklung von Forschungsansätzen und Studien
Lernschwierigkeiten und Demenz durch eine gute infra-           zu den Sichtweisen der Betroffenen
strukturelle und fachliche Unterstützung bis zum letzten
Atemzug in ihrem gewohnten Umfeld bleiben.                  Weiterführende Informationen
                                                            und Materialien
Das „in place progression“ bedeutet eine konzeptio-
nelle Weiterentwicklung des stationären oder ambulant       Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e. V.
betreuten Wohnumfeldes. Es geht um die Anpassung            Website: http://www.menschzuerst.de/pages/
der personellen Präsenz und um adäquate Angebote,           startseite/was-tun-wir/kampf-gegen-den-begriff-
die sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientie-      geistig-behindert.php
ren. So müssen diese nicht in neue Einrichtungen mit
passendem Versorgungsangebot umziehen, sondern              Broschüre: Was ist eine Demenz? Ein Heft in Leichter
das Versorgungsangebot vor Ort wird an ihren Bedarf         Sprache.
angepasst. Als Beispiel sei auf die ambulant betreute       Kostenfrei bestellbar: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/
Wohnpflegegemeinschaft „Südring 36“ in Hamburg hin-         service/publikationen/was-ist-eine-demenz--96074
gewiesen, die eine 24-Stunden Begleitung mit einem
multidisziplinären Team realisiert hat. Mitarbeitende aus   Broschüre: Hat Mama Demenz? Ein Heft über älter
der Alten- und Krankenpflege und aus der Behinderten-       werdende Menschen mit Demenz. In Leichter Sprache.
hilfe ergänzen sich und haben als gemeinsames Ziel das      Kostenfrei bestellbar:
Wohlbefinden der Betroffenen im Blick. So kann auf die      https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/
Bedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten und        publikationen/hat-mama-demenz-ein-heft-ueber-
Demenz pädagogisch und pflegerisch kompetent einge-         aelter-werdende-menschen-mit-demenz-in-leichter-
gangen werden (Grunwald et al. 2012; Ganß 2018).            sprache--726474

Beide Ansätze haben noch Seltenheitswert.                   DVD: „Herausforderung Demenz“ für Menschen mit
                                                            Lernschwierigkeiten.
Wie kann die Situation für Menschen                         Kostenfrei bestellbar: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/
mit Lernschwierigkeiten und                                 service/publikationen/-herausforderung-demenz-fuer-
Demenz verbessert werden?                                   menschen-mit-lernschwierigkeiten-116086

Verbesserungsbedarf besteht noch an vielen Stellen:         Literatur

  • Verbesserung von Maßnahmen zur Diagnostik und           AADMD (2013): NTG - Early Detection Screen for
    medizinischen Versorgung                                Dementia (NTG-EDSD).
  • Konzeptionelle Weiterentwicklung neuer                  Available from https://www.the-ntg.org/ntg-edsd
    Wohnformen
  • Verbindliche Qualifizierung von Mitarbeitenden der      de Oliveira, L. C.; de Paula Faria, D. (2022):
    Behindertenhilfe zum Thema Demenz                       Pharmacological Approaches to the Treatment of
  • Umsetzung von Bildungskonzepten, um das Zusam-          Dementia in Down Syndrome: A Systematic Review of
    menleben der Mitbewohnerinnen und Mitbewohner           Randomized Clinical Studies. Molecules 27(10).
    zu stärken und die Arbeitsatmosphäre unter den Ar-
    beitskolleginnen und -kollegen in den Werkstätten zu
    erleichtern

Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Infoblatt 16                                                                5 von 7
Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

Deb, S.; Hare, M.; Prior, L. (2007): Symptoms of dementia       Statista 22.10.2022: https://de.statista.com/
among adults with Down's syndrome: a qualitative                infografik/15758/down-syndrom-in-deutschland/
study. Journal of Intellectual Disability Research 51(9):
726-739.                                                        Takenoshita, S. et al. (2020): Prevalence of dementia
                                                                in people with intellectual disabilities: Cross-sectional
Demenz Support Stuttgart gGmbH / Caritasverband der             study. International Journal of Geriatric Psychiatry 35(4):
Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. (2017): Was ist eine         414-422.
Demenz? Ein Heft in Leichter Sprache. Stuttgart.
                                                                Thompson, D. (2002): Growing Older with Learning
Demenz Support Stuttgart gGmbH / Lebenshilfe Baden-             Disabilities: The GOLD Programme. Tizard Learning
Württemberg (2019): „Herausforderung Demenz“ für                Disability Review 7(2): 19-26.
Menschen mit Lernschwierigkeiten. DVD, Stuttgart.
                                                                Videla, L. et al. (2022): Longitudinal Clinical and
Dieckmann, F.; Giovis, C.; Schäper, S.; Schüller,               Cognitive Changes Along the Alzheimer Disease
S.; Greving, H. (2010): Vorrausschätzung der                    Continuum in Down Syndrome. JAMA Network Open
Altersentwicklung von Erwachsenen mit geistiger                 5(8): e2225573.
Behinderung in Westfalen-Lippe. Münster: Katholische
Hochschule NRW.

Dieckmann, F.; Metzler, H. (2013): Alter erleben –
Lebensqualität und Lebenserwartung von Menschen
mit geistiger Behinderung im Alter. Abschlussbericht.
Stuttgart.

Ganß, M. (2018): Südring 36: Eine Wohngemeinschaft
für Menschen mit Behinderung und Demenz mit
interdisziplinärer Begleitung. Demenz – Das Magazin
2018(39): 28-30.

Grunwald, K.; Kuhn, C.; Meyer, T.; Voss, A. (2012):
Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung: Eine
empirische Bestandsaufnahme. Bad Heilbrunn.

Halder, C. (2008): Über das Älterwerden von Menschen
mit Down-Syndrom: Diese Menschen werden oft zu
schnell als „Alzheimer-Patienten" abgestempelt.
ProAlter 40(2): 30-36.

Iulita, M. F. et al. (2022): Association of Alzheimer Disease
With Life Expectancy in People With Down Syndrome.
JAMA Netw Open 5(5): e2212910.

Kuhn, C.; Rutenkröger, A. (2018): Risiko Demenz
für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ergebnisse
internationaler Studien. Frankfurt.

Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Infoblatt 16                                                                       6 von 7
Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten

Für dieses Informationsblatt danken wir:                            Impressum
Christina Kuhn und Dr. Anja Rutenkröger,
Demenz Support Stuttgart gGmbH                                      Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V.
Januar 2023                                                         Selbsthilfe Demenz
                                                                    Friedrichstraße 236
                                                                    10969 Berlin
                                                                    Tel: 030 - 259 37 95 0
                                                                    Fax: 030 - 259 37 95 29
                                                                    www.deutsche-alzheimer.de
                                                                    info@deutsche-alzheimer.de

                                                                    Alzheimer-Telefon:
                                                                    Tel: 030 - 259 37 95 14
                                                                    Mo – Do 9 – 18 Uhr, Fr 9 – 15 Uhr

                                                                    Spendenkonto:
                                                                    Bank für Sozialwirtschaft Berlin
                                                                    IBAN: DE91 1002 0500 0003 3778 05
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 Informationsblätter der Deutschen Alzheimer Gesellschaft                     ❯ Link zur Downloadseite

  1 Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen             15 Allein leben mit Demenz
  2 Die neurobiologischen Grundlagen                  16 Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten
    der Alzheimer-Krankheit                           17 Urlaubsreisen für Menschen mit
  3 Die Diagnose der Alzheimer-Krankheit                 Demenz und ihre Angehörigen
    und anderer Demenzerkrankungen                    18 Schmerz erkennen und behandeln
  4 Die Genetik der Alzheimer-Krankheit               19 Autofahren und Demenz
  5 Die medikamentöse Behandlung                      20 Wahlrecht und Demenz
    von Demenzerkrankungen
                                                      21 Gehörlose und schwerhörige
  6 Die nicht-medikamentöse Behandlung                   Menschen mit Demenz
    von Demenzerkrankungen
                                                      22 Haftung und Haftpflichtversicherung
  7 Die Entlastung pflegender Angehöriger                bei Demenzerkrankungen
  8 Die Pflegeversicherung                            23 Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für
  9 Das Betreuungsrecht                                  pflegende Angehörige und Menschen mit Demenz
10 Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung,            24 Palliative Versorgung von Menschen ​
   Ehegattennotvertretungsrecht, Patientenverfügung      mit Demenz in der letzten Lebensphase
11 Die Frontotemporale Demenz                         25 Chronische Traumatische Enzephalopathie (CTE)
12 Klinische Forschung                                26 Berufstätigkeit und vorzeitiger Ausstieg
13 Ambulant betreute Wohngemeinschaften                  aus dem Beruf bei Demenz
   für Menschen mit Demenz                            27 Das Ehegattennotvertretungsrecht
14 Die Lewy-Körperchen-Demenz

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