Autismus Krankheitsübersicht - Kindernetzwerk e.V.

Die Seite wird erstellt Stefan-Nikolai Fröhlich
 
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Autismus Krankheitsübersicht - Kindernetzwerk e.V.
Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
    chronischen Krankheiten und Behinderungen

       Krankheitsübersicht

         Autismus
KINDERNETZWERK

AN ALLE BEZIEHER UND NUTZER DIESER KRANKHEITSÜBERSICHT

Mit den in dieser Krankheitsübersicht enthaltenen Informationen bietet das
Kindernetzwerk e.V. lediglich einen ersten Überblick über die Erkrankung, die
Behinderung oder das entsprechende Schlagwort.
Alle Informationen werden nach bestem Wissen – mit tatkräftiger Unterstützung
unseres pädiatrischen Beraterkreises und wissenschaftlichen Fachbeirats – aus
diversen Quellen ( Fachbücher, Fachartikel, Kindernetzwerk-Archiv sowie aus dem
Internet ) zusammengestellt.
Bei der Krankheitsübersicht wird darauf geachtet, dass die Informationen verständlich
und gut leserlich geschrieben sind. Wir möchten Eltern, Betroffenen und
Nichtmedizinern dadurch ermöglichen, insbesondere auch seltene Erkrankungen
besser zu verstehen.
Wir streben einen möglichst hohen Grad an Aktualität an, können aber wegen des
rapiden medizinischen Fortschrittes nicht in jedem Fall garantieren, stets den
allerneusten Stand des Wissens komplett abzubilden. Gerade deshalb empfehlen wir,
sich immer an einer der zuständigen Selbsthilfegruppen zu wenden (siehe beiligende
Adressen) um dort weiteres aktuelles Material anzufordern und individuelle Beratung
einzuholen!

Die Krankheitsübersicht ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch bestimmt. Eine
Weitergabe an Dritte ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Die
Unterlagen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Inhalte der beigefügten
Materialien stellen keine Bewertung von Seiten des Kindernetzwerks dar, sondern
dienen der übersichtlichen Zusammenfassung vorhandener Informationsmaterialien
in kompakter Form.
Bei einem Teil der Krankheitsbildern liegen beim Kindernetzwerk noch umfassendere
Informationen (Infopakete) vor. Näheres erfahren sie über die Geschäftsstelle.

Aufgrund der Seltenheit vieler Erkrankungen ist es nicht möglich, bei allen
Krankheitsübersichten ein Fallbeispiel darzustellen. Falls Sie uns dabei unterstützen
möchten, nehmen sie bitte Kontakt mit dem Kindernetzwerk e.V. auf.

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Autismus
       Autismus-Spektrum (autistic spectrum disorder)
             tiefgreifende Entwicklungsstörung
              (frühkindlicher Autismus Kanner)
                      Asperger-Syndrom

               Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von
                    Prof. Dr. Gerhard Neuhäuser, Gießen
                                  Mai 2011

                             Kurzbeschreibung:

Ausgeprägte Störung des Sozialverhaltens
• mit mangelnder Kontaktfähigkeit,
• oft stark beeinträchtigter Sprachentwicklung,
• stereotypen, ritualisierenden und zwanghaften Verhaltensweisen.
• Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung mit             oder    ohne
  wesentliche Minderung kognitiver Funktionen,
• vielfach komplexe Mehrfachbehinderung.

Als Autismus wurde 1911 von dem Schweizer Psychiater Eugen Bleuler ein
Grundsymptom der Schizophrenie bezeichnet:
• Rückzug in eine gedankliche Binnenwelt
• Zunehmende Abkehr von der Umwelt, mangelnde Kontaktaufnahme zu den
   Mitmenschen
• Überwiegen traumhaft-phantastischer Gedanken

                Symptome / Formen / Krankheitsverlauf:

1943 beschrieb der Kinderpsychiater Leo Kanner in Boston (USA) den
frühkindlichen Autismus (early infantile autism), unabhängig von ihm 1944 der
Wiener Pädiater Hans Asperger die autistische Psychopathie.

Eine ausgeprägte Kontaktstörung ist das gemeinsame Symptom, die Entwicklung der
betroffenen Kinder kann jedoch sehr unterschiedlich verlaufen.

Beim Autismus Kanner        fallen meist schon im Säuglingsalter ein geringer
Blickkontakt und kein oder nur wenig „soziales Lächeln“ auf, die Kinder wirken „in
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sich    zurückgezogen“,      wollen   nicht   hochgenommen         werden   (fehlende
Kontaktaufnahme), erscheinen wenig aktiv.
Vermehrtes Schreien, Fütterungsprobleme und Schlafstörungen sind nicht selten.
Die statomotorische Entwicklung verläuft langsam, sprachliche Fähigkeiten werden
nicht immer und oft nur unvollkommen ausgebildet.
Mitunter wird eine „autistische Regression“ mit Verlust bereits erworbener Funktionen
beobachtet.

Die Kinder beschäftigen sich viel mit sich selbst und zeigen stereotype
Verhaltensweisen, wie Kopfschütteln, Schaukeln, Wedeln mit den Händen,
Zehengang, auch Augenbohren und Selbstverletzung.
Ihr Spiel ist eintönig, bei manchen Hantierungen können sie recht geschickt sein,
zum Beispiel indem sie Gegenstände in drehende Bewegung versetzen.
Sie kennen offenbar keine Gefahren, haben trotzdem selten Unfälle.
Blickkontakt wird gemieden, körperliche Berührung oft abgewehrt, Erwachsene „wie
Gegenstände“ betrachtet, ohne dass es zu verbaler oder nonverbaler
Kommunikation kommt (sog. Muschel- oder Igelkinder).

Oft gibt es ausgeprägte Veränderungsängste mit Panikreaktionen in ungewohnter
Umgebung. Bei starker Objektbezogenheit sind die Kinder bestrebt, gewisse
Angewohnheiten zwanghaft aufrecht zu erhalten.

Deutlich ist oft eine Über- oder Unterempfindlichkeit für sensorische Reize, zum
Beispiel wenig Reaktion auf Schmerz, verstärktes Reagieren auf Geräusche oder
Gerüche, Faszination für visuelle Stimuli.

Wird eine sprachliche Kommunikation möglich, treten „pronominale Umkehr“
(Verwenden von Du statt Ich), Echolalie (Wiederholen einer gestellten Frage),
„Phonographismus“      (schallplattenartiges   Wiederholen von Sätzen   bzw.
Satzbruchstücken) und Perseverationen mit Neologismen (Wortneubildungen) auf.
Die Stimme klingt eintönig (fehlende Prosodie).

Die kognitiven (intellektuellen) Fähigkeiten sind oft gemindert, allerdings ist die
Intelligenz wegen der Kontaktstörung nur schwer genau zu ermitteln. Je nach den
sprachlichen und geistigen Entwicklungsmöglichkeiten kommt es allmählich zu einer
gewissen Selbständigkeit mit begrenzter sozialer Integration oder ist dauernder
Hilfebedarf in einer geschützten, konstanten Umgebung nötig.

Im Jugendalter treten nicht selten epileptische Anfälle auf, vor allem wenn eine
schwere Behinderung vorliegt (keine Sprache, wenig soziale Fertigkeiten).

Beim Asperger-Syndrom (autistische Psychopathie) entwickeln sich sprach-liche
und kognitive Fähigkeiten weitgehend normal, deutlich ist meist eine bleibende
motorische Ungeschicklichkeit.

Früh kommt es zur Ausbildung von Spezialinteressen, die stets mit einer Störung
im Sozialkontakt einhergehen. Nicht selten sind die Kinder überdurchschnittlich
begabt, wirken aber als Sonderlinge und Außenseiter („Little Professor Syndrome“).
Vielfach ist die Prosodie der Sprache (Ausdrucksfähigkeit) verändert.
Menschen mit Asperger-Syndrom sind nicht in der Lage, sich in Denken und Gefühle
andere Menschen zu versetzen, haben also ein nur gering entwickeltes soziales
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Empfinden (Empathie). Beeinträchtigungen im Bereich der nonverbalen
Kommunikation betreffen sowohl das Verstehen der Botschaften anderer Men-schen
als auch das Aussenden eigener entsprechender Signale; es fällt deshalb auch
schwer, Freundschaften zu schließen. Asperger selbst hat die Störung als
„Extremvariante männlichen Charakters“ bezeichnet, zumal sie überwiegend bei
Knaben beobachtet wird.

Von einem atypischen Autismus spricht man, wenn die tiefgreifende Entwick-
lungsstörung erst nach dem dritten Lebensjahr deutlich wird oder die diagnosti-schen
Kriterien des Autismus Kanner nicht eindeutig erfüllt sind.

Bei manchen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit geistiger Behinderung
werden „autistische Verhaltensweisen“ beobachtet, zum Beispiel Kontaktstörung
und Stereotypien.

Durch schwere frühkindliche Deprivation (Mangel an Beziehung zu anderen
Personen) kann eine „psychogene“ autistische Störung entstehen, die dann vor
allem die soziale Kontakt- und Beziehungsfähigkeit betrifft (Hospitalismus,
Deprivationssyndrom).

                                  Diagnostik:

Die Diagnose Autismus wird hauptsächlich aufgrund einer Verhaltensbeobachtung
des Kindes und nach dem Entwicklungsverlauf gestellt. Oft besteht längere Zeit
Zweifel, wenn eine Entwicklungsstörung bemerkt wird und die diagnostischen
Kriterien nicht eindeutig sind.

Obwohl eine Frühdiagnose angestrebt werden sollte, ist die klare Zuordnung bei
Autismus Kanner oft erst im Kindergartenalter, bei Asperger-Syndrom im
Schulalter möglich.

Mit verschiedenen Fragebogen sind bestimmte Verhaltensbereiche zu erfassen und
vergleichbar zu beurteilen:
-  Checklist for Autism in Toddlers (CHAT)
-  Autism Diagnostic Interview Revised (ADI-R)
-  Autism Diagnostic Obervation Schedule – Generic (ADOS-G)
-  Childhood Autism Rating Scale (CARS)
-  Autism Behavior Checklist (ABC)
Je nach geistigem Leistungsvermögen ist eine Unterteilung in Low, Intermediate und
High Functioning Autism möglich.

Nach der ICD-10 sind folgende diagnostische Kriterien einer tiefgreifenden
Entwicklungsstörung zu berücksichtigen:
-  Qualitative    Beeinträchtigung      in     sozialen    Interaktionen      und
   Kommunikationsmustern,
-  eingeschränktes, stereotyp sich wiederholendes Repertoire von Interessen und
   Aktivitäten.
-  Diese Abweichungen sind in allen Situationen zu beobachten, variieren jedoch im
   Ausprägungsgrad.
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-   Meist besteht die auffällige Entwicklung seit frühester Kindheit (Manifestation vor
    dem dritten, spätestens im fünften Lebensjahr).
-   Vielfach besteht eine gewisse allgemeine kognitive Beeinträchtigung, die
    Störungen sind jedoch durch ein Verhalten definiert, das nicht dem Intelligenzalter
    entspricht.
-   Es werden frühkindlicher Autismus (F 84), atypischer Autismus (F 84.1) und
    Asperger-Syndrom (F 84.5) unterschieden.

Das DSM-IV, die US-amerikanische Klassifikation psychischer Störungen,
unterscheidet als tiefgreifende Entwicklungsstörungen 299.00 Autistische Störung
und 299.80 Asperger-Syndrom.

Nach bestimmten Kriterien werden qualitative Beeinträchtigung der sozialen
Interaktion und Kommunikation sowie beschränkte repetitive und stereotype
Verhaltens-, Interessen- und Aktivitätsmuster beurteilt, ferner Verzögerung oder
abnorme Funktionsfähigkeit mit Beginn vor dem dritten Lebensjahr bezüglich sozialer
Interaktion, Sprache und symbolischem bzw. Phantasiespiel.

Bei der neurologischen Untersuchung ist nach Symptomen einer
Hirnfunktionsstörung    zu    suchen.    Nicht    selten     beobachtet     man
Koordinationsprobleme, die z.B. mit dem Körperkoordinationstest für Kinder (KTK)
genauer erfasst werden können.

Stoffwechselstörungen sind mit einem geeigneten Screeningprogramm
auszuschließen. Gegebenenfalls werden spezielle biochemische, zytogenetische
oder molekulargenetische Analysen nötig.

Mit bildgebender Diagnostik (vor allem durch eine Magnetresonanztomographie)
ist nach Strukturveränderungen am Gehirn zu suchen, zum Beispiel nach einer
Unterentwicklung von Kleinhirnanteilen.
Im Elektroenzephalogramm finden sich oft Hinweise für das Vorliegen einer
vermehrten Anfallsbereitschaft.

Notwendig ist immer, die Funktion der Sinnesorgane sorgfältig zu überprüfen (vor
allem Ausschluss einer Schwerhörigkeit, wenn eindeutige Reaktionen auf Geräusche
fehlen).

                                     Ursachen:

Die eigentliche Ursache des Autismus ist nicht bekannt.

Autistische Syndrome können im Rahmen bestimmter Störungen und Syndrome
auftreten, zum Beispiel bei Kindern mit
-  Röteln-Embryopathie,
-  fragilem X-Syndrom,
-  Rett-Syndrom,
-  tuberöser Sklerose oder
-  unbehandelter Phenylketonurie (PKU).
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Die früher geäußerte Ansicht, Autismus sei Folge einer bestimmten
Familienkonstellation oder eines motivationalen Konfliktes, also durch
Umweltfaktoren bedingt, ist nicht haltbar.
Vielmehr gibt es viele überzeugende Hinweise dafür, dass organische Störungen
verantwortlich sind, nicht zuletzt auch genetische Faktoren:
      Familien- und Zwillingsbefunde,
      Nachweis von Genen, vor allem auf Chromosom 5 (zwischen den Genen
      Cadherin 9 und 10), 7 und 15,
      vereinzelt monogene Vererbung bei maternaler Duplikation 15q11-q13,
      Zusammenhang mit höherem Alter des Vaters,
      ungünstige Einflüsse während der Schwangerschaft und Geburt; die mit
      gewissen       Risikosituationen     verbunden     sein können;
      diskutiert     wird die Bedeutung eines hohen vorgeburtlichen
      Tesosteronspiegels in der „extreme male brain theory“.

Jedenfalls kommt es zu einer Hirnfunktionsstörung mit beeinträchtigter
Wahrnehmungsintegration       und    Informationsverarbeitung.      Dabei    sind
verschiedener Funktionssysteme des Gehirns betroffen, was vor allem dazu führt,
dass es schwer oder ganz unmöglich ist, sich in andere Menschen zu versetzen,
deren Gefühle zu empfinden und entsprechend zu reagieren („theory of mind“); eine
verminderte Funktion des Systems der „Spiegelneurone“ scheint dabei eine Rolle zu
spielen, das dem unwillkürlichen Registrieren des Verhaltens anderer Menschen
dient.

Die Hirnfunktionsstörung hat wohl auch zur Folge, dass Kinder mit Autismus dann
besondere Verhaltensweisen entwickeln, weil sie in ihrer Sinneswahrnehmung
übersteigert oder vermindert reagieren.

Welche Bedeutung Strukturveränderungen im Bereich des Kleinhirns haben, ist
noch unklar; jedenfalls gibt es Beziehungen zur sprachlichen und kognitiven
Entwicklung.

Diskutiert wird, ob Virusinfektionen oder eine Störung im Stoffwechsel des
Neurotransmitters Serotonin eine Rolle spielen. Ein möglicher Zusammenhang mit
Schutzimpfungen (Masern-Mumps) ist angenommen worden, war jedoch in größeren
Studien eindeutig zu widerlegen; dasselbe gilt für einen Zusammenhang mit in
Impfstoffen enthaltenem Quecksilber.

                                Häufigkeiten:

Nach verschiedenen Erhebungen wird die Häufigkeit des frühkindlichen Autismus
mit 4 - 5 : 10 000 bei Kindern im Alter von 4 bis 15 Jahren, des Asperger-
Syndroms mit 7 : 1000 im Alter von 7 bis 16 Jahren angegeben.

Dabei ist jeweils zu berücksichtigen, welche diagnostischen Kriterien zugrunde
gelegt wurden. So sind nach anderen Angaben 1,16% der Menschen dem Autismus-
Spektrum zuzuordnen; 0,39% haben frühkindlichen Autismus, 0,77% eine
tiefgreifende Entwicklungsstörung wie Asperger- oder Rett-Syndrom.
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Jungen sind deutlich öfter betroffen als Mädchen (etwa 3:1 bzw. 8:1).
Vorkommen bei Geschwistern und bei Zwillingen ist mehrfach beschrieben, was für
die Bedeutung genetischer Faktoren spricht.
In den letzten Jahren wird angeblich eine Zunahme autistischer Störungen
beobachtet (zwischen 2002 und 2006 um 57%); dies ist wohl vor allem auf eine
frühere und bessere Diagnostik zurückzuführen.

            Verwandte Krankheiten / Differentialdiagnose /
                       Begleitfehlbildungen:

Abzugrenzen sind immer bekannte Syndrome, die mit autistischen Verhaltensweisen
einhergehen können, was nicht immer einfach ist:
-  Röteln-Embryopathie
-  Fragiles X-Syndrom
-  Rett-Syndrom
-  Tuberöse Sklerose
-  Geistige Behinderung mit autistischen Verhaltensweisen

Es gibt Überschneidungen und keine sicheren Kriterien für die Differenzierung.
Wichtig ist deshalb die genaue Verhaltensbeobachtung mit Analyse des
Entwicklungsverlaufs.

In der Differentialdiagnose sind ferner zu berücksichtigen:
        - Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom
        - Angelman-Syndrom
        - Urbach-Wiehte-Syndrom
        - Bindungsstörung
       - Desintegrative Störungen des Kindesalters (Heller-Syndrom),
       - Psychotische Erkrankungen (Schizophrenie, Borderline-Störung),
       - Neurotische Kontaktstörungen,
       - Elektiver Mutismus,
       - Landau-Kleffner-Syndrom im Rahmen einer benignen Partialepilepsie.
.

                             Standardtherapie:

Eine kausale Behandlung des Autismus gibt es nicht.
 Sobald entsprechende Symptome auffallen, muss mit einer intensiven
   Frühförderung des Kindes unter Einschluss seiner Eltern und Familie
   (Elternberatung,     Elterntraining bzw.     -therapie, Selbsthilfegruppen,
   familienentlastende Dienste) begonnen werden.
 Das Programm ist individuell zu gestalten und hat die besondere Situation des
   Kindes zu berücksichtigen, das wenig Neugierverhalten und Eigenmotivation
   zeigt.
 Hilfreich sind verschiedene heilpädagogisch und verhaltenstherapeutisch
   orientierte Maßnahmen, auch im späteren Verlauf der Entwicklung.
   Physiotherapie hilft motorische Defizite abzubauen, durch Ergotherapie werden
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    Wahrnehmungsfunktionen          und    Integrationsfähigkeit angesprochen,     mit
    Logopädie Sprachauffälligkeiten beeinflusst.
   Mit speziellen Trainingsmethoden, zum Beispiel TEACCH (Treatment and
    Education of Autistic and Related Communication-Handicapped Children)
    oder Psychoedukatives Elterntraining („NAS Early Bird“-Programm), sind
    nach den Ergebnissen verschiedener Studien gute Erfolge zu erzielen.
   Die Wirksamkeit der „gestützten Kommunikation“ (facilitated communication),
    wobei autistische Kinder am Computer mit einer „stützenden“ Person erstaunliche
    Fähigkeiten entwickeln können, wird nach wissenschaftlichen Analysen
    kontrovers beurteilt.
   Andere Möglichkeiten der Kommunikationshilfe (unterstützte Kommunikation)
    sind oft sinnvoll, abhängig allerdings vom Ausmaß der autistischen Störung.
   Eine Festhaltetherapie (Martha Welch, Irina Prekop) soll die Kontaktstörung
    überwinden helfen; ihre Wirksamkeit ist umstritten.
   Dasselbe gilt vom auditorischen Integrationstraining, zum Beispiel nach der
    Methode von Tomatis.
   Medikamente können zur Beeinflussung des Verhaltens eingesetzt werden, vor
    allem bei allgemeiner Unruhe, Impulsivität und Aggressivität. Spezifische
    psychopharmakologische Maßnahmen gibt es jedoch nicht. Mit verschiedenen
    atypischen Neuroleptica sind günstige Ergebnis erzielt worden (z.B. Risperidal).
   Alternative Behandlungsmaßnahmen, auch die Gabe von Sekretin oder von
    homöopathischen Substanzen haben sich nicht als wirksam erwiesen.
   Hilfreich ist die Betreuung von Kindern mit Autismus in speziellen
    Therapiezentren, die vor allem vom Bundesverband Hilfe für das autistische
    Kind eingerichtet worden sind. In Krisensituationen müssen die Kinder und
    Jugendlichen nicht selten in geeignete Kliniken eingewiesen werden.

         Weitere Therapien, zum Teil noch in der Erforschung:

Nicht bekannt.
Möglicherweise bringt eine genauere molekulargenetische Differenzierung
(Nachweis von Polymorphismen) in Zukunft Hinweise für einen gezielten Einsatz von
Psychopharmaka.

                                    Prognose:

Im Allgemeinen bleibt das autistische Verhalten lebenslang bestehen, wobei es im
Rahmen des „Autismus-Spektrum“ Unterschiede in der Ausprägung gibt.
Bedeutsam ist, für Menschen mit Autismus eine individuell gut geeignete Umgebung
zu finden („ökologische Nische“).
Bei frühkindlichem Autismus Kanner ist vielfach mit einer deutlichen, bleibenden
Behinderung zu rechnen; als prognostisches Kriterium gilt die sprachliche
Entwicklung.
Beim Asperger-Syndrom findet man ebenfalls anhaltend ausgeprägte autistische
Züge, es kann jedoch die soziale Integration in verschiedenen Bereichen relativ gut
gelingen.
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                        Beratung der Familien:

Eine intensive begleitende Beratung der Eltern und der Familie ist wichtig,
sobald die Diagnose gestellt ist bzw. eine Entwicklungsstörung auffällt.

Genetische Beratung kommt in Frage, wenn es entsprechende Hinweise gibt und
ein mögliches Wiederholungsrisiko anzunehmen ist (empirisches Risiko für
Geschwister eines Mädchens mit Autismus 15%, eines Knaben 7%).
BUNDESVERBÄNDE

Bei folgenden BUNDESWEITEN ANLAUFSTELLEN können Sie
Informationsmaterial anfordern. Fragen Sie dort auch nach Ansprechpartnern des
jeweiligen Verbandes in der Umgebung Ihres Wohnortes! Falls vorhanden, sind
auch Auslandsadressen mit aufgelistet. Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir
in Bereichen, in denen bereits bundesweite Ansprechpartner existieren, primär
diesen Initiativen den Versand von Informationsmaterial und die Vermittlung
spezieller Hilfen überlassen. Bei zusätzlichen Fragen können Sie sich natürlich
jederzeit wieder an das Kindernetzwerk wenden!

Gesprächsgruppe von Angehörigen              autismus Deutschland e.V. -Bundesverband
bei Autismus und Asperger-Syndrom            zur Förderung von Menschen mit Autismus
Radickestr. 55                               Bebelallee 141
12489 Berlin                                 22297 Hamburg
Tel.: 0 30/6 77 23 31                        Tel.: 0 40/5 11 56 04
                                             Fax: 0 40/5 11 08 13
e-mail: dr.britaschirmer@gmx.de              e-mail: info@autismus.de
Ansprechpartner/innen: Frau Dr. Schirmer     Internet: www2.autismus.de
                                             Ansprechpartner/innen: Christian Frese,
                                             Geschäftsführer
                                             Die Adressen der Regionalverbände erhalten Sie über den
                                             Bundesverband!
                                             Oder direkt auf der homepage: www2.autismus.de

                                             Weitere Informationen insbesondere für Asperger- und
                                             high-functioning-Autisten unter:
                                             www.tonyattwood.com.au

ab&p -                                       ABR (Advanced Biomechanical Rehabilitation)
Aktion Behinderung & Projekte e.V.           Therapie
                                             Frau Jana Neumann
Franzstr. 107
                                             Alt Eschersheim 83 A
52064 Aachen
Tel.: 02 41/60 22 06                         60433 Frankfurt
Tel.: 02 41/96 10 95 98 Frau Ponten
Fax: 02 41/96 10 96 19                       e-mail: abr.deutschland@web.de, info@abr-
                                             therapy.com
e-mail: eMail@abundp.org
                                             Internet: www.abr-therapie.de
Internet: www.abundp.de
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