Tagungsband VIERTES NATIONALES RESSOURCENFORUM - und 5. März 2021 - Systemiq
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VIERTES NATIONALES RESSOURCENFORUM Tagungsband Neustart in eine ressourcenschonende Zukunft oder zurück in die Vergangenheit? 4. und 5. März 2021 www.ressourcenforum.at
Foto: Leube RUDOLF ZROST PRÄSIDENT RESSOURCEN FORUM AUSTRIA Wertschöpfung und Nachhaltigkeit – eine Vision? Doch ist die Ressourcenübernutzung keineswegs nur ein Neustart in eine ressourcenschonende ökologisches Problem, sondern auch ein langfristiges Zukunft oder zurück in die Vergangenheit? Problem für die Wirtschaft. Die Materialkosten in der pro- duzierenden Wirtschaft sind hoch, Preisschwankungen ver- Der Titel unseres Programms in diesem Jahr lautete: mindern Planungssicherheit, Versorgungsunsicherheiten „Neustart in eine ressourcenschonende Zukunft oder und Knappheiten von Rohstoffen führen dazu, dass das zurück in die Vergangenheit?“ – Warum? Nun, die letzten Thema Ressourcenversorgung mittlerweile zu den größten Monate waren wirtschaftlich wie gesellschaftlich durch Herausforderungen für produzierende Betriebe zählt. Die die Corona-Pandemie geprägt. Alle Hoffnungen stehen aktuelle Situation mit großen Lieferengpässen bei Conta- auf einer Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen für inern und Kostensteigerungen um das 10-fache in nur 1 Gesellschaft und Wirtschaft im Jahr 2021. Doch auch die Jahr zeigt das deutlich! Für die Landwirtschaft stellen sich Klima- und Ressourcenkrise ist nach wie vor ungelöst. Herausforderungen wie der Verlust von Böden, die Klima- Der wirtschaftliche Neustart nach Corona bietet eine änderung oder die Endlichkeit künstlicher Dünger. Chance, auch dieser zweiten großen Krise zu begegnen. Gerade Krisen bieten oft auch Chancen, Bestehendes zu Ressourcenwende hinterfragen. Wie kann das „Hochfahren“ nun gleichzei- tig zu mehr Nachhaltigkeit führen? Denken Sie zurück Deshalb bedarf es sowohl aus ökonomischer wie auch an die leeren Städte und Autobahnen im März 2020. Die aus ökologischer Motivation heraus einer Ressourcen- Corona-bedingten Einschränkungen zeigten zu Beginn der wende – also einer Wende zu ressourcenschonenderem Pandemie einmal mehr die vermeintliche Unvereinbarkeit Wirtschaften mit gleich hoher Wertschöpfung. Um das zu wirtschaftlicher Aktivität und dem Schutz der Natur auf. erreichen, werden aktuell drei miteinander verbundene Doch das war nur ein temporärer Effekt. Und muss das Lösungsansätze diskutiert: Ressourceneffizienz, Kreislauf- überhaupt so sein? Sind wirtschaftliche Entwicklung und wirtschaft und Bioökonomie. Ressourcen-Effizienz meint Schutz der Lebensgrundlagen unvereinbar? Wir denken, alle Maßnahmen, die einen geringeren Materialeinsatz je sie sind vereinbar! produzierter Einheit bringen. Kreislaufwirtschaft meint das Schließen von Material- und Energiekreisläufen durch Wertschöpfung und Ressourcenverbrauch u.a. Wiederverwendung, Recycling, Überholen bestehender Produkte, Vermeidung von Abfällen, Wiederverwendung Gesellschaftliches Handeln und Wertschöpfung stehen fast als Sekundärrohstoffe. Bioökonomie meint den kontinu- immer im Austausch mit der Natur. Ganz ohne Material ierlichen Ersatz von fossilen Rohstoffen durch nachwach- geht es nicht, natürliche Ressourcen sind die Basis von sende Rohstoffe (zB biobasierte Kunststoffe statt Kunst- Wirtschaft und Gesellschaft. Landwirtschaft, Handwerk, stoffe aus Erdöl). Alle drei Konzepte und ihre Maßnahmen Industrie und Dienstleistung schöpfen unterschiedliche sind miteinander verbunden und voneinander abhängig! Werte. Aber so unterschiedlich diese Bereiche auch sein Gemeinsam haben Sie eines: Die Achtsamkeit gegenüber mögen, die meisten haben gemeinsam, dass natürliche dem Material, das uns die Natur zur Verfügung stellt, um Rohstoffe verwendet, verarbeitet, veredelt – eben ver- unsere Zivilisation in Schwung zu halten. Wie diese außer braucht werden. Schwung geraten kann, haben wir in den letzten Monaten Unser aller Ressourcenverbrauch ist bei weitem zu hoch nur allzu heftig präsentiert bekommen. Wir waren gezwun- und absolut nicht nachhaltig, weder in Österreich noch gen unsere Lebens- und Arbeitsweisen anzupassen. Die global. Unsere Bedürfnisbefriedigung und die natürliche Online-Welt des kontaktlosen Handels hat das Verbrau- Regenerationsfähigkeit der Natur sind nicht im Einklang. cherverhalten für immer verändert. Globale Lieferketten Die dadurch entstehende Überschreitung ökologischer sind ins Stocken geraten. Die aufgrund der Globalisierung Grenzen resultiert in Instabilitäten und Problemen wie entstandenen Abhängigkeiten von manchmal weit ent- dem Klimawandel und dem Artensterben. fernten LieferantInnen wurden teilweise zum Problem.
Ressourcen-Effizienz und Kreislaufwirtschaft können hier einen Beitrag leisten, um Unternehmen und Standorte widerstandsfähiger und unabhängiger zu gestalten. Zukunft der Gesellschaft Um unsere VerbraucherInnen-Gesellschaft in eine ressour- Inhalt censchonende Zukunft zu führen, braucht es vor allem Motivation. Der Schriftsteller und Historiker Philipp Blom hat vor einiger Zeit sinngemäß gesagt: „Eines der größten 4 Grußworte Probleme ist es, wenn eine Gesellschaft keine Verbesse- 6 Keynote | Ressourcenproduktivität – rung mehr in der Zukunft erwartet und deshalb nur will, Europas nächstes Geschäftsmodell dass die Gegenwart nicht aufhört.“ Was wir also brauchen 10 Forum Gemeinden und Regionen ist: Hoffnung auf Verbesserung in der Zukunft. Deshalb müssen wir trotz Pandemie und Klimakrise ein positives 14 Forum Wirtschaft Zukunftsbild entwerfen. Ein Zukunftsbild, in dem ressour- 18 Forum Landwirtschaft censchonendes Wirtschaften ein Wettbewerbsvorteil ist. 20 Forum Bildung Keynote und Programm 22 Interview | Aus Wollen Können machen 24 Zukunftsdialog | Neustart in eine Ein solches Zukunftsbild für Europa entwarf Keynote-Spea- ressourcenschonende Zukunft oder zurück ker Martin Stuchtey für uns, als er über Ressourcen-Pro- in die Vergangenheit? duktivität als Europas zukünftigem Geschäftsmodell sprach (Eine Zusammenfassung seines Vortrags finden 26 Impuls | Ressourcennutzung in Österreich Sie ab Seite 6). Außerdem diskutierten am Nationalen 29 Diskussion | Welche Rolle spielen Ressourcenforum ExpertInnen und PraktikerInnen aus globale Wertschöpfungsketten, Wirtschaft, Landwirtschaft, Gemeinden und Regionen der Standort und die Finanzmärkte für sowie Bildung, wie wir die Ressourcenwende in alle Teile einen ressourcenschonenden Neustart? unserer Gesellschaft tragen können. Denn eines ist klar: Ressourcen-Schonung geht uns alle an. Nicht nur die Wirt- 32 Plenum | Ökobilanz des täglichen Lebens schaft, auch alle KonsumentInnen und auch wir selbst als 33 Interview | Ressourcenschonendes MultiplikatorInnen im eigenen Umfeld sind gefragt. Nur Bauen und Wohnen – ein Muss! gemeinsam schaffen wir die Ressourcenwende! Unser Ziel muss es sein, in der Praxis aufzuzeigen, dass Wohlstand 36 Plenum | „Gesucht: Das Geschäftsmodell und Entwicklung vom Naturverbrauch erfolgreich ent- der Zukunft“ koppelt werden können. Dazu muss Kreislaufwirtschaft, 38 Interview | Der Wasser(zähler)kreislauf Ressourcen-Effizienz und Bioökonomie Teil der Philosophie von uns allen werden. Und dafür steht das Ressourcen 39 Ausblick Forum Austria! Ihr Rudolf Zrost
Keynote Ressourcenproduktivität – Europas nächstes Geschäftsmodell „Im Kontext von Green Deal und internationa- kapitalverbrauch. Die Kosten dieses Naturkapitalverlusts werden lem Ressourcenwettbewerb rückt eine neue täglich spürbarer: Luftverschmutzung, Flächenzersiedlung, Boden- Kompetenz ins Blickfeld: Wohlstandsgenerie- verlust, Artenschwund und natürlich der Klimawandel. Wir erleben eine beinahe vollständige Marginalisierung der natürlichen Welt: nur rung getrieben durch Dematerialisierung und mehr 3% aller Wirbeltiere sind Wildtiere, die planetaren Belastungs- Dekarbonisierung. In einer solchen Welt wird grenzen sind weit überzogen, auf 3kg Fisch in den Weltmeeren kom- Ressourcenproduktivität zum politischen Leit- men bereits 1kg Plastik. indikator. Ein entkoppeltes Industriemodell er- fordert mehr als effizienteres Wirtschaften, es Problemlösung Wachstum? erfordert einen systemischen Umbau.“ Bekommt Wachstum diese Probleme langfristig in den Griff, wie uns die Hypothese von der abnehmenden Umweltbelastung der Um- Bis Mitte der 80er Jahre entwickelten sich alle Leitindikatoren welt-Kuznets-Kurve glauben macht? Ich denke, dieses Verständnis von Gesellschaft und Wirtschaft parallel und aufwärts. Ab diesem von grünen Wachstum irrt. Wie das International Ressource Panel Zeitpunkt kam es zu einem Bruch, den man als Ausgangspunkt aufzeigt, kommt es trotz zunehmender globaler Tertiärisierung nicht einer dann einsetzenden „großen Divergenz“ bezeichnen könnte. zu einer Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcen- Wirtschaftliche Entwicklung und echter Fortschritt, beispiels- verbrauch. Die globale Ressourcenproduktivität sank zuletzt, anstatt weise gemessen durch den Genuine Progress Indicator – gingen zuzunehmen. nicht mehr im Gleichschritt sondern gerieten außer Takt. Seitdem Mit unserem herkömmlichen Wachstumsverständnis kommen wächst zwar nach wie vor die Arbeitsproduktivität, die Wirtschaft wir also nicht weiter. Gehen wir aber davon aus, dass sich und auch die Beschäftigung, doch hinken die durchschnittlichen unmittelbar etwas an unserem Hunger nach Ressourcen ändern Haushaltseinkommen wie insbesondere der gesamtgesellschaft- muss – und diesen Anspruch verfolgt zumindest die europäische liche Wohlstand hinterher. Ein Riss zwischen dem Nutzen und den Politik, indem Sie sich mit dem Green Deal auf anspruchsvolle Kosten unseres Wachstum ist aufgebrochen. Wir wachsen uns Klimaziele und Ressourcenproduktivität verpflichtet hat – dann zunehmend arm. Dies resultiert in großen wirtschaftlichen Dispa- erleben wir gerade dadurch auch zusätzlich einen sogenannten ritäten, welche unter anderem das Aufkommen politischer Popu- Minsky-Moment und ein Problem der stranded assets. Was lismen und gesellschaftliche Spannungen zu verantworten haben. meine ich damit? Konjunkturzyklen leben von der (überzogenen) Verbunden ist diese Entwicklung zudem mit einem massiven Natur- Zuversicht von Investoren. Minsky, ein amerikanischer Ökonom Die grosse Divergenz Quelle: Stuchtey, et al (2015), Federal Reserve Bank of St. Louis, Brynjolfsson and McAfee, Kubiszewski et al. (2013) 6 VIERTES NATIONALES RESSOURCENFORUM | Tagungsband
FOTO: MARTIN STUCHTEY/SYSTEMIQ Martin Stuchtey Professor für Ressourcenstrategien und -management an der Universität Innsbruck, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von SYSTEMIQ beobachtete, dass zu Beginn eines Zyklus sichere Investitionen stemische Änderungen, könnte dafür aber gerade in der jetzigen durchführen, je länger ein Aufschwung andauert, sie zuneh- Krisensituation ein wichtiger Baustein eines Konjunktur- und mend spekulativ handeln, weil sie (zu) große Zuversicht in die Zukunftsprogrammes für Europa und Österreich werden. Viel- herkömmlichen Anlageformen haben. So lange, bis es zu einem leicht gerade deshalb findet das Konzept der Circular Economy Minsky-Moment kommt, also einem Zeitpunkt wo das Vertrauen auch zunehmend in Politik und Betrieben Unterstützung. Denn schlagartig zurückgeht, weil die zugrundeliegenden Produkte es verspricht geringere Ressourcenverbräuche und systemische und Dienstleistungen nicht mehr benötigt werden – sei es durch Einsparmöglichkeiten gleichermaßen. Um das zu verstehen, einen Technologiewandel oder eine Änderung des Konsum- muss man sich die sechs wesentlichen Ressourcenentkopp- musters. Diese herkömmlichen Anlagen sind im aktuellen Fall lungshebel ansehen, die passenderweise das Akronym Resolve fossile Energieträger und der ressourcenintensive industrielle bilden: REgenerate (Die Regneration und Wiederherstellung der Sektor. Große Öl- und Kohleunternehmen werden in einer Gesundheit der Ökosysteme), Share (Die intensivere Nutzung solchen Umschwungsphase massiv an Wert verlieren – übrig durch Teilen, Wiederverwenden und Instandhalten), Optimise bleiben dann deren stranded assets: Fördertürme, Flugzeug- (Die Erhöhung der Effizienz und Eliminierung von Verschwen- friedhöfe, Industrieruinen und Geisterökonomien. Auch deshalb dung), Loop (Die stoffliche Kreislaufführung), Virtualise (Die können wir den Übergang zu einem zirkularen regenerativen dematerialisierte Befriedigung von Bedürfnissen) und Exchange Industriesystem nicht mehr ignorieren. Wir brauchen also ein (der Einsatz fortschrittlicher Materialien, Technologien, Services neues Paradigma! und Produkte). Verständlicher wird die Logik dieser Hebel, wenn man Sie Auf der Suche nach einer neuen Logik auf die großen ressourcenverbrauchenden Bedürfnisse einer Volkswirtschaft, nämlich Mobilität, Lebensmittel und Wohnraum Und diese Suche nach einem neuen wirtschaftlichen Paradigma anlegt und sich die Frage stellt, wie dadurch ein demateria- und eines alternativen gesellschaftlichen Metabolismus geht lisiertes Alternativmodell entstehen kann: Beispielsweise die jeden an: Jede/n BürgerIn, LandwirtIn, UnternehmerIn und Überführung des heutigen Verkehrs in ein Mobilitätssystem, das PolitikerIn! Jeder steht vor der Herausforderung: Investieren verbunden, elektrifiziert, geteilt, autonom und basierend auf wir im Einzelnen und als Gesellschaft jetzt in die Vergangenheit cradle-to-cradle-Prinzipien ausgerichtet ist. Oder die Einführung oder die Zukunft. Kein Weg führt also mehr an einem zirkulären, dematerialisierter Lösungen statt heutigen Wegwerfprodukten: regenerativen Wertschöpfungssystem vorbei, denn es ist not- öffentliche Wasserspender statt verkaufter Plastikflaschen. wendig, attraktiv, möglich, verlangt von uns zwar deutliche sy- Die globale Ressourcenproduktivität nimmt ab, nicht zu Quelle: Global Footprint Network, 2012; UNDP, 2014; Global Resources Outlook 2019, IRP VIERTES NATIONALES RESSOURCENFORUM | Tagungsband 7
Dabei orientieren sich die AkteurInnen einer Kreislaufwirtschaft petenz ins Blickfeld: Wohlstandsgenerierung getrieben durch zunehmend weniger an Produkten und ihren Kosten, sondern Dematerialisierung und Dekarbonisierung. In einer solchen Welt an deren Nutzen und den konkreten Dienstleistungen. Statt des wird Ressourcenproduktivität zum politischen Leitindikator. Ein Verkaufs von Autos, stehen die Personenkilometer im Mittelpunkt entkoppeltes Industriemodell erfordert mehr als effizienteres oder eben die Kalorie gesunde Ernährung. Circular Economy Wirtschaften, es erfordert einen systemischen Umbau. bietet also nicht nur eine Möglichkeit, um Ressourcen zu sparen und das Klima zu schützen, sondern auch ein enormes Einspa- Dreifache Entkopplung als Geschäftsmodell rungspotenzial. Es stellt somit ein Instrument dar, um unsere Lebenshaltungskosten günstiger zu machen. Und die so erhöhte In der Vergangenheit ging es darum, möglichst viel wirtschaft- Ressourcenproduktivität wirkt als wirtschaftlicher Stimulus. Das liche Aktivität zu generieren (Wirtschaftswachstum). In der lässt sich auch bereits empirisch zeigen, denn je ressourcenpro- Zukunft sind massive Entkopplungen das Ziel. Wir müssen das duktiver ein Land, desto reicher ist es. Je mehr Wohlstand aus Wohlbefinden des Menschen entkoppeln von seiner wirtschaft- einer Ressource geschöpft werden kann, desto erfolgreicher ist lichen Aktivität, die wirtschaftlichen Aktivitäten vom Ressour- ein Land. Dies ist die Wohlstandsformel der Zukunft. cenverbrauch und den Ressourcenverbrauch wiederum von den Umweltauswirkungen. Diese dreifache Entkopplung muss das neue Geschäftsmodell Europas und der Welt werden. Dafür Dematerialisierung als neues Wachstumsmodell – brauchen wir geänderte Rahmenbedingungen. Der Green New „Kapitalismus ohne Kapital“ Deal ist dabei der erste Schritt, da er erstmals das Soziale, Und Circular Economy ist deswegen auch attraktiv, weil es eine das Ökologische und das Wirtschaftliche in einer Zielfunktion neue Technologieoption – die Dematerialisierung der industri- zusammenführt. Realistisch ist er nur, wenn wir geänderte ellen Produktion - aufgreift. Auch ganz ohne Ressourcen- und systemische Voraussetzungen schaffen. Dafür haben wir den Klimadebatte stellen wir fest, dass industrielle Wertschöpfung System Change Compass entwickelt, der als Navigationsinstru- zunehmend dematerialisiert. Bis zu dem Punkt, wo sich Indus- ment für politische Maßnahmen verwendet werden kann und triegesellschaften die Frage stellen, ob wir mit einer klassischen dazu führt, dass wir das System neugestalten und neu abbilden, Ausstattung industrieller Produktionsinfrastrukturen für die Zu- Interventionen entwerfen und implementieren sowie Akteu- kunft gewappnet sind. Deshalb rückt Im Kontext des Green Deal, rInnen mobilisieren und befähigen. des internationalen Ressourcenwettbewerbs, eine neue Kom- Dreifache Entkopplung als Geschäftsmodell Quelle: IRP (2019). Global Resources Outlook 2019 8 VIERTES NATIONALES RESSOURCENFORUM | Tagungsband
Der System Change Compass als Vorweg, es würde deutlich an Attraktivität gewinnen, wenn Öster- Navigationsinstrument reich 1. seine politischen Entscheidungen jährlich auf einen echten Darüber hinaus geht es nicht nur darum, mit diesem Kompass Fortschrittsindikator ausrichtet, so wie es das deutlich kleinere die alte bestehende Industrielandschaft zu transformieren und Neuseeland tut – und nicht länger nur nach dem BIP, in die Zukunft zu bringen, sondern das Zielsystem ausgehend 2. durch die Umschichtung von Arbeits- auf Ressourcensteuern von den Bedürfnissen rückwärts zu denken. Dazu müssen wir zum Wegbereiter für ein wirtschafts- und arbeitnehmerfreundli- auch über die politische Konstitution in der Breite nachden- cheres Steuersystem wird (wie in Schweden erstmals auspro- ken und nicht nur neue techno-industrielle Systeme schaffen biert), und auf erneuerbare Energien und Wasserstoff setzen. Die 3. einen Transformations- und Innovationsfonds aufsetzt (wie das systemischen Voraussetzungen können wir nur schaffen, wenn viel kleinere Finnland), wir folgende zehn Punkte verwirklichen: Wir müssen erstens 4. eine nationale Klimakommission einrichtet (wie Großbri- Wohlstand neu definieren und dabei auf mehr soziale Fairness tannien) sowie einen BürgerInnenrat (wie in Frankreich) um setzen, denn wir können Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft Langfristigkeit und Akzeptanz der Klimapolitik zu sichern nicht realisieren, wenn unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem 5. die Landwirtschaft im Sinne der Bauern und Konsumenten zu viele Verlierer erzeugt. Wir müssen zweitens Ressourcennutzung nach regenerativen Prinzipien neu ausrichtet, neu definieren und damit Wohlstand von der Nutzung natürlicher 6. das Corona-Konjunkturpaket nutzt, um den Finanzplatz Wien Ressourcen entkoppeln. Wir müssen drittens ein neues Fortschritts- zu einem Leitstandort für nachhaltige Finanzierung zu machen, verständnis entwickeln, welches die Erfüllung gesellschaftlicher 7. sich als Zentrum einer neuen Bauhausbewegung für nach- Bedürfnisse wieder in den Mittelpunkt unserer wirtschaftlichen haltiges Bauen und Stadtentwicklung etabliert, basierend auf Ökosysteme stellt. Viertens müssen wir die bestehenden Metriken (österreichischem) Holzbau und ökologischen Materialien, zur Messung von Wohlstand neu definieren. Fünftens müssen wir 8. die Märkte durch intelligente Regeln nutzt, um grünen Strom, Digitalisierung und intelligenten Wohlstand als Kern europäischer Rezyklate, organische Lebensmittel oder Ökosystemleistungen Wettbewerbsfähigkeit verstehen. Sechstens müssen wir ein System zu produzieren, aus Anreizen schaffen, die den wahren Wert von Sozial- und Na- 9. einen Digitalcluster „Industrie 5.0“ für die Entwicklung ressour- turkapital berücksichtigen. Siebtens müssen wir unsere Konsum- censchonender Produktionsmethoden und Geschäftsmodelle muster fundamental ändern und diese viel stärker am Nutzen und schafft und nicht am Besitzen ausrichten. Achtens müssen wir das Finanz- 10. den Aufbau einer Circular Economy mit weitgehendem Ersatz system zu einem Katalysator der Transformation umgestalten. von Primärrohstoffen durch Sekundärrohstoffe zur langfristigen Neuntens müssen wir die Governance unserer Gesellschaft auf ein Absicherung der Petro- und Metallindustrie des Landes voran- neues systematisches und wissensbasiertes Fundament stellen und treibt. zu guter Letzt zehntens einen neuen Generationenvertrag durch neue Formen der Führung errichten. Ob diese Vorschläge Gehör finden? Ich weiß es nicht. Aber es gibt Augenblicke, in denen sich alle in den Dienst einer großen Sache Chance für Österreich? Aktuelle Krise? der Zukunft stellen sollten und die vor uns liegende Transformation ist ein solcher Augenblick! Nie war der Zeitpunkt so gut wie jetzt! Das hört sich alles komplex und theoretisch an? Erlauben Sie mir Ihnen am Beispiel Österreichs aufzuzeigen, welche konkreten syste- mischen Schritte möglich und nötig wären, um aus Österreich ein ressourcenproduktiveres und umweltgerechteres Land zu machen. Die Aufnahme der Keynote zur Nachschaue finden Sie unter: https://www.ressourcenforum.at/ nachschau-viertes-nationales-ressourcenforum// VIERTES NATIONALES RESSOURCENFORUM | Tagungsband 9
Ressourcen Forum Austria Schwarzstraße 19 A-5020 Salzburg T +43 662 870571 205 M info@ressourcenforum.at Diese Veranstaltung ist nur mit zahlreichen Unterstützern und Förderern möglich geworden und wir bedanken uns an dieser Stelle sehr herzlich bei folgenden Unternehmen und Institutionen:
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