RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...

Die Seite wird erstellt Horst-Adolf Köster
 
WEITER LESEN
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
RegioFib e l
für Bayern
Über die Alltagstauglichkeit
regionaler Lebensmittel aus
Verbrauchersicht
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
Impressum
Herausgeber:    Aktionsbündnis Tag der Regionen Bayern / ALLES e.V.
		              in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Regionalbewegung e.V.
		              Hindenburgstraße 11, 91555 Feuchtwangen
Redaktion:      Dr. Melanie Oertel, Ilonka Sindel
Layout & Satz: Nicole Sillner, alma grafica UG
		www.almagrafica.de
Druck:		        Druckerei Michael GmbH, Schnelldorf

Urheberrechtshinweis: Alle Inhalte dieser Broschüre, insbesondere Texte und Grafiken, sind urheberrechtlich
geschützt (Copyright). Wer Teile oder Auszüge nutzen möchte, muss diese Broschüre zitieren.
Die Broschüre RegioFibel ist im Rahmen des Tag der Regionen Bayern mit Unterstützung des Bayerischen
Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz erstellt worden. Auf Bundesebene wird das Projekt
Tag der Regionen durch die Landwirtschaftliche Rentenbank unterstützt.
Der Bundesverband der Regionalbewegung e.V. wird unterstützt durch das Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft.
Die Verantwortung für den Inhalt trägt der Herausgeber.
Gedruckt auf Recycling-Papier aus 100 % Altpapier.

© Aktionsbündnis Tag der Regionen Bayern, ALLES e.V. in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der
  Regionalbewegung e.V., 2021.
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
Die RegioFibel

… stellt die Regionalbewegung und ihre Ziele vor

… erklärt worauf es bei glaubwürdige regionalen
  Produkten ankommt

… präsentiert Ergebnisse zur Alltagstauglichkeit des
  regionalen Einkaufs

… benennt gute Gründe für Regionalität

… bietet Tipps und Tricks zum regionalen Einkauf

… zeigt Handelsempfehlungen für Entscheidungsträger*innen auf
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
© BildervomLeben
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
Die RegioFibel für Bayern                                                                                                  5

                  Inhalt – RegioFibel für Bayern

                  Alltagsexperiment „RegioTester“.................................................... 6
                    Hintergrund und Motivation.................................................................... 6

                    Ergebnisse RegioTester............................................................................ 8

                    Genauer hingeschaut.............................................................................. 10

                    Stimmen einiger RegioTester ............................................................... 14

                    Resümee des Alltagsexperiments......................................................... 16

                  Wissenswertes zu Regionalität
                  und regionalen Produkten.............................................................. 18
                    Regionale Produkte sind im Trend! Sagt wer?...................................... 18

                    Gute Gründe für Regionalität................................................................. 20

                    Die Regionalbewegung: Kompetenz-Netzwerk
                    für Regionalität in Deutschland............................................................. 22

                    Vermarktende Regionalinitiativen in
                    Deutschland und Bayern........................................................................ 22

                    Welche Siegel gibt es für Regionalität? Eine Übersicht....................... 25

                  Schritt für Schritt zum RegioProfi.................................................. 28

                    Was macht ein regionales Lebensmittel aus?...................................... 28

                    Glaubwürdig regionale Produkte
                    und Mogelpackungen erkennen............................................................ 29

                    Tipps für einen regionaleren Einkauf.................................................... 30

                  Regional fündig werden in Bayern................................................. 32
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
6

 Alltagsexperiment „RegioTester“

 Hintergrund und Motivation

 RegioTester war die Mitmachaktion 2020 im Rahmen          gen zu veröffentlichen und damit mehr Bewusstsein
 des Projektes Tag der Regionen. Der Tag der Regionen      für Regionalität bei Verbrauchern und Politik zu schaf-
 wird vom Bundesverband der Regionalbewegung e.V.          fen. Die RegioTester sollten deswegen nicht ihre Ge-
 getragen und jährlich seit 1999 durchgeführt. In Bayern   wohnheiten ändern, wohl aber ihren Blick schärfen.
 ist die Regionalinitiative Artenreiches Land – Lebens-    Die ausgewählten Haushalte erledigten ihre Einkäufe
 werte Stadt e. V. Träger des Projektes.                   wie gehabt und versuchten regionalen Produkten da-
                                                           bei Vorrang zu geben. Die getätigten Einkäufe wurden
 Ziel war es, herauszufinden wie es den Haushalten         in Fragebögen dokumentiert, die Ergebnisse daraus
 beim regionalen Einkaufen ergeht: Lässt sich um die       flossen in diese RegioFibel ein.
 Ecke eine hiesige Milch besorgen? Wo kommt das
 Mehl für mein Bäckerbrot her? Welches Obst und Ge-
 müse wird in meiner Region angebaut? Kann der regi-
 onale Einkauf gut in den Alltag integriert werden oder
                                                           Inhaltliche Kernfragen
 müssen Haushalte „auf die Pirsch“ gehen, um die re-
                                                           › Wie alltagstauglich ist es mit regionalem Fokus einzu-
 gionalen Produkte zu finden? Medial begleitet wurde
                                                             kaufen? Müssen regionale Produkte gesucht werden
 der Verbrauchertrend zu Regionalität und Qualität un-
                                                             oder sind sie leicht zu finden? Was müsste verbessert
 ter die Lupe genommen.
                                                             werden?

                                                           › Wie hoch ist der Anteil regionaler Produkte im Haus-

 RegioTester in 5 Sätzen                                     halt?

                                                           › Welches Transportmittel wird für den Einkauf genutzt
 Die Regionalbewegung setzt sich für regionale Wirt-         und in welcher Entfernung liegen die Einkaufsmög-
 schaftskreisläufe ein und mit diesem Mitmach-Projekt        lichkeiten?
 haben wir von Verbraucher*innen erfahren, wie einfach
                                                           › Welche Relevanz spielt der Preis bei der Kaufent-
 oder schwer es ist, regionale Lebensmittel einzukau-
                                                             scheidung?
 fen. Ziel des Projektes war es, persönliche Erfahrun-
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
Die RegioFibel für Bayern                                                                                                 7

› Welche Kriterien (z.B. Siegel) spielen für die Produkt-
  wahl eine Rolle?
                                                            Fragebögen und Hinweise zum
› Welche Abwägungen werden beim Einkauf gemacht?
                                                            Alltagsexperiment
                                                            Die RegioTester haben Fragebögen (print und digital)

Realisierung                                                erhalten und füllten diese nach ihren Einkäufen aus.
                                                            Bei den Eintragungen wurden die Lebensmittel einzeln
                                                            aufgeführt. Die Auswertung der Fragebögen erhebt
Final wurden 10 bayerische RegioTester-Haushal-
                                                            nicht den Anspruch repräsentativ zu sein, aber sie er-
te ausgewählt. Jeder der teilnehmenden Haushalte
                                                            möglicht einen authentischen und unverfälschten Blick
ist einzigartig und doch repräsentativ für bestimmte
                                                            auf das Einkaufsverhalten im Hinblick auf regionale
Haushaltstypen. Dabei waren: drei Familien mit klei-
                                                            Produkte.
nen Kindern, zwei Singlehaushalte, eine Familie mit
erwachsenen Kindern, drei Paare und ein Familienzu-
                                                            In den Fragebögen wurden u. A. folgende Felder aus-
sammenschluss mit vier Erwachsenen und drei Kin-
                                                            gefüllt: Datum, Lebensmittel, Art der Verkaufsstelle (inkl.
dern. Vom Alter her gesehen, decken diese Haushalte
                                                            Optionen für Eigenanbau oder Lieferungen frei Haus),
alles, vom Kleinkind bis zum Rentenalter, ab.
                                                            genutztes Transportmittel, Hin- und Rückwege zum Ein-
                                                            kaufsort, geschätzte Entfernungen der Produkte bis zum
› 10 Haushalte
                                                            Einkaufsort, Relevanz des Preises, sowie Kriterien (z.B.
› 30 haushaltszugehörige Menschen                           bio, frisch, fair) und Freifelder für Anmerkungen.

› 1200 ausgewertete Datensätze (dokumentierte Pro-
                                                            Zusätzlich haben die RegioTester-Haushalte ein „Inf-
  dukte )
                                                            opaket“ erhalten, gefüllt mit Hinweisen zu Mogelpa-
Die Mitmachaktion RegioTester lief mit regionalem           ckungen, Saisonkalendern, Ausfüllhinweisen für die
Fokus in Bayern und wurde parallel auch auf Bundes-         Fragebögen und dem Ablauf der Mitmachaktion. Alle
ebene durchgeführt. Die hier vorgestellten Ergebnis-        Teilnehmer waren sehr engagiert, haben ihre Lebens-
se beziehen sich auf Bayern, für ein ganzheitlicheres       mittel-Einkäufe dokumentiert und uns in ihren Alltag
Bild werden stellenweise bundesweite Vergleichs-            blicken lassen.
zahlen genannt.
 © BildervomLeben
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
8

 Ergebnisse RegioTester

 Insgesamt standen der Auswertung für Bayern 1200 Datensätze (= dokumentierte Produkte) zur Verfügung.

 Auch regio-affinen Verbrauchern fällt der regionale Einkauf schwer – nur
 42 % der Lebensmittel kommen aus der Region.
 Wie hoch ist der Anteil regionaler Produkte?

 58 %                         42 %                 In der deutschlandweiten Gesamtauswertung wurde ein ähnli-
 nicht regional                                    cher Anteil mit 44 % regionaler Produkte angegeben.
                              regional

 Die Mehrpreisbereitschaft für regionale Produkte ist vorhanden.
 Hat der Preis die Kaufentscheidung beeinflusst?

                      12 %         10 %            Bei der Frage, ob der Preis relevant für den Kauf des
  78 %                Ja
                                   keine           Lebensmittels war, zeigte sich, dass der Preis lediglich für
  Nein
                                   Angabe          12 % aller gekauften Produkte relevant war, d.h. der Preis ist
                                                   nicht allein das Kriterium für den Einkauf.
                                                   Bei den regionalen Produkten war der Preis für 85 % der
                                                   Kaufentscheidungen nicht relevant.

 Regionale Produkte werden vorzugsweise im Supermarkt gekauft.

 Wo werden regionale Produkte in Bayern eingekauft?
                                                   40 % der regionalen Einkäufe wurden im Lebensmitteleinzel-
                                                   handel (LEH) getätigt. Mit Abstand folgen Hof-, Bio- und Dorflä-
   40 %                                            den mit knapp 22 %. Als dritte Bezugsquelle sind spezifische
                                                   Lebensmittelgeschäfte wie Käseladen, Metzger oder Bäcker
                                                   genannt (11 %). Lieferung frei Haus machten knapp 9 % aus.
                                                   Wochenmarkt, Eigenanbau und Sonstiges sind mit um die 5 %
                                                   ungefähr gleich auf und nur 2 % der regionalen Produkte werden
                                                   im Discounter bezogen.
            22%
                                                   In der bundesweiten Auswertung ist ebenfalls der LEH auf
                                                   Platz 1 mit 31 % und Hof-, Bio- und Dorfläden folgen mit 26 %,
                                                   Platz 3 belegt die Lieferung frei Haus mit 11 %. Dieses Ergebnis

  9%                           11 %                deckt sich auch mit den Bezugsquellen der gesamten Lebens-
                                                   mittel für Bayern.
                  5%
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
Die RegioFibel für Bayern                                                                                           9

Das Auto ist das wichtigste Transportmittel, auch für regionale Produkte.

Welches Transportmittel wurde genutzt?
                                                  Eindeutig ist das Auto mit 71 % das Transportmittel Nummer 1
                                                  für regionale Einkäufe, gefolgt vom Fahrrad mit 25 %. Lediglich
                                                  4% der Einkäufe wurden zu Fuß erledigt, öffentliche Nahver-
                                                  kehrsmittel spielten keine Rolle.

      4%          25 %          71 %
      zu Fuß      Fahrrad       Auto

Das Traumpaar „regional & bio“ findet selten zusammen.

Wieviele Produkte waren regional und bio?
                                                  Von allen dokumentierten Produkten in Bayern wurden 35 %

35 %                            42 %              als „bio“ markiert. Die Schnittmenge regional & bio machen
                                Regional          hingegen nur 14 % aller bezogenen Lebensmittel aus.
Bio

                                                          42 %                 35 %
                                                          Regional             Bio
                                                                     14 %
        23%
        Konventionell

Gemüse macht den größten Anteil an regionalen Produkten aus.

TOP 5 der regionalen Produkte
                                                  Die Top 5 Produktkategorien bei regionalen Produkten sind
                                                  Gemüse, Molkereiprodukte, Fisch/ Fleisch/ Wurst, Obst und
                                                  Backwaren. Dies sind Produktkategorien, bei denen Frische ein
                  40 %                            wichtiges Kriterium ist. Das wiederum können insbesondere
                  Gemüse
  24 %                                            regionale Produkte bieten.
  Molkerei-
  produkte

                                         7%
                                         Obst

                                         7%
                 6%                      Fleisch, Wurst
                 Backwaren               Fisch
RegioFibel für Bayern Über die Alltagstauglichkeit regionaler Lebensmittel aus Verbrauchersicht - Bundesverband der ...
10

 Genauer hingeschaut

 Was als „regional“ verstanden wird                      2017), die die Bereitschaft zum Kauf regionaler Produk-
                                                         te abfragt, ergänzt mit unseren tatsächlich dokumen-
 ist vielseitig                                          tierten Einblicken. Passenderweise wurde die Befra-
                                                         gung wie auch unser Alltagsexperiment RegioTester
 Eine Frage an die Teilnehmenden lautete: „In welchem    im Sommer durchgeführt.
 Umkreis muss ein Lebensmittel erzeugt bzw. pro-
 duziert sein, damit es sich für Sie um ein regionales   Im Vergleich unsere Auswertung der Regionalanteile:
 Lebensmittel handelt?“ Antworten waren unter ande-
 rem: „Regional bedeutet für uns 10 km, aber auch bis                               Eier
 zu 50 km.“ oder „Regional bedeutet für mich, dass so                               RegioTester 75 %
 „nah wie möglich“ produziert sein muss. Soll heißen,                               Deutschland 45 %
 Kartoffeln müssen aus einem Umkreis von 10 km sein,
 da es sie gibt.“

                                                                                    Obst/ Gemüse
 Damit hängt der Begriff „regional“ mit dem, was an-
                                                                                    RegioTester 47 %
 gebaut wird und verfügbar ist, zusammen. Einerseits
                                                                                    Deutschland 45 %
 wird dadurch der Begriff gedehnt, andererseits zeigt
 es auch, dass die nächstmögliche Verfügbarkeit eines
 Lebensmittels als „regional“ gelten kann. Deswegen
 war eine weitere Frage auf dem Fragebogen: „Aus                                    Milchprodukte
 welchem Umkreis stammen die regionalen Produkte?“                                  RegioTester 47 %
                                                                                    Deutschland 36 %
 Das Ergebnis für Bayern: Von allen regional markier-
 ten Produkten stammen 78 % aus einem maximalen
 Umkreis von 50 km und nur 21 % von mehr als 50 km
                                                                                    Fleisch
 Entfernung. Zum restlichen 1 % zählen Produkte aus
                                                                                    RegioTester 14 %
 Deutschland bzw. der EU.
                                                                                    Deutschland 35 %

       78 %                                                                         Wurst
                                                                                    RegioTester 57 %
                                                                                    Deutschland 29 %

                        21 %                                                        Fisch
                                                                                    RegioTester 14 %
                                                                                    Deutschland 14 %
                                           1%
                                                                                    Gesamt war die Gruppe
                                                                                    Fleisch/Wurst/Fisch
                                                                                    bei RegioTester zu 55 %
                                                                                    regional.

  aus max.          weiter als
  50 km Umkreis     50 km entfernt     Deutschland/EU

                                                         Zudem muss erwähnt werden, dass in größerem Maß-
                                                         stab lediglich die Bereitschaft zum Kauf für regionale

 Verbraucherstatistik und                                Produkte abgefragt werden kann. Einkäufe zu doku-
                                                         mentieren ist aufwendig und erfordert eine kontinuier-
 Lebensrealität                                          liche Betreuung. Und auch Supermärkte können keine
                                                         genauen Zahlen zum Kauf von regionalen Produkten
 Es ist spannend zu fragen, welche Lebensmittel oder     erheben, da das Verständnis von regionalen Produkten
 Produktgruppen regional eingekauft werden. Hier nun     sehr differiert und es keine einheitliche Kennzeichnung
 ein Vergleich mit Daten aus einer Erhebung (statista,   für regionale Produkte gibt.
Die RegioFibel für Bayern                                                                                          11

Wo werden bestimmte
Produktgruppen gekauft?
Basierend auf unseren Daten stellt sich für die baye-    für Fisch, Fleisch- und Wurstwaren wird der Metzger
rischen Einkäufe folgendes Bild dar: Im Lebensmit-       bzw. Fischladen aufgesucht. Der LEH ist hier die zweite
teleinzelhandel (LEH) wird bevorzugt eingekauft, er      Wahl.
hat Platz 1 inne für die „typisch“ regionalen Produkte
wie Eier, Milchprodukte und Obst & Gemüse. Lediglich

Tabelle 1: Übersicht zu der Frage: Wo werden bestimmte Produktgruppen eingekauft?

                                         Platz 1                 Platz 2                     Platz 3

Eier                           LEH                       Wochenmarkt                Hof-, Bio- und Dorfläden

Milch-                         LEH                       Hof-, Bio- und Dorfläden   Lieferung frei Haus /
produkte                                                                            Abholung

Obst und                       LEH                       Hof-, Bio- und Dorfläden   Lieferung frei Haus /
Gemüse                                                                              Abholung

Fisch,                         Metzger                   LEH                        Wochenmarkt
Fleisch
Wurst
 © BildervomLeben
12

 Welche Kriterien spielen eine Rolle?                          Bei welchen Produktgruppen
                                                               entscheidet der Preis?
 Mit der Entscheidung für oder gegen ein Produkt wägt
 jeder für sich beim Einkauf seine Prioritäten ab: Muss        Dass der Preis für ein Produkt eine Rolle bei der Kau-
 es günstig und möglichst frisch sein? Überwiegt der           fentscheidung spielt, ist klar. Jedoch ist es nicht der
 regionale Gedanke beim Einkauf? Bio-Gurke aus den             Preis allein, denn wenn der Preis dem Produkt gerecht
 Niederlanden oder eine bayerische konventionelle aus          wird und bestimmte Kriterien erfüllt, dann werden
 dem Gewächshaus? Vielleicht ist es auch von Einkauf           auch Produkte gekauft, die „teurer“ sind. In der Aus-
 zu Einkauf verschieden?                                       wertung war der Preis bei weniger als 1/3 der regional
                                                               gekauften Produkte relevant. Trotzdem ist es interes-
                                                               sant zu sehen, bei welchen Produktgruppen der Preis
 Kriterien für die Produktwahl:                                kauf-relevant ist.

            8%               4%                                Das Ergebnis: bei Gemüse, Molkereiprodukten, Obst,
            Saisonal
                             Fair
                                            29 %               Süßwaren und Knabbereien sowie bei Getreidepro-
                                            Regional
 13 %                                                          dukten wird mehr auf den Preis geachtet und dieser
 Frisch                                                        beeinflusst die Kaufentscheidung.

                                                               Bei welchen Produktgruppen spielt der Preis eine
                                                               Rolle?
          22 %                24 %
          Sonstiges
                              Bio

 Die Ergebnisse unserer Auswertung zeigen, dass die
 Kriterien „regional“ und „bio“ zusammen etwas mehr
 als 50% ausmachen. Die andere Hälfte machen „frisch“,
 „saisonal“, „fair“ und „sonstiges“ aus. Unter „Sonsti-
 ges“ fallen zum Beispiel Produkte, die „vor der Tonne
 gerettet werden“, oft Produkte, die wegen dem Min-
 desthaltbarkeitsdatum günstiger angeboten werden.
 Häufig sollten Produkte mehrere Kriterien erfüllen.
                                                               23 %       17 %       14 % 12 %               10 %
                                                               Gemüse     Molkerei- Obst       Süßwaren / Getreide-
                                                                          Produkte             Knabbereien produkte

 Regional und weitere Kriterien:

                5%            2%
                              Sonstiges
 24 %           Fair                           35 %
 Saisonal
                                               Bio
                                                               Frage: Was geht nicht regional?
                                                               Antwort einer RegioTesterin aus Feuchtwangen: „Was
                                                               nicht regional geht sind Zitronen und Orangen. Was
                                                               ebenfalls nicht regional geht sind Hilfsmittel wie Back-
                                                               pulver, Hefe, Gewürze, Rosinen, Kaffee, Kakao, Zu-
                          34 %                                 cker… Süßigkeiten sind auch problematisch, gibt es
                          Frisch                               kaum regional, hier reduziere ich und kaufe teilweise
                                                               im Weltladen.“

                                                               Durch die dokumentierten Einkäufe zeigt sich, auch
 Für Produkte, die als „regional“ markiert wurden zähl-        „klassisch regionale“ Produkte, wie Molkereiproduk-
 ten zusätzlich: frisch, saisonal und bio als Kaufkriterien.   te oder Gemüse, werden nicht immer regional ein-
                                                               gekauft. Zum anderen gibt es Produktkategorien, bei
 Anmerkung: Es wurden für 98 % der dokumentierten              denen ein regionales Angebot nicht vorhanden ist.
 Produkte Angaben zu den Kriterien gemacht. Mehr-              Unter anderen wurden Aufstriche, Saucen, Würzmittel,
 fachnennungen waren möglich.                                  pflanzliche Fette und Öle als nicht regional markiert.
Die RegioFibel für Bayern   13

© BildervomLeben
14

 Stimmen einiger RegioTester

                                       Zwei junge Familien
                                       Zum gemeinsamen Haushalt der
                                       zwei Familien gehören Hannah,
                                       Kaspar, Marlene, Maike, Annelie-
                                       se, Daniel, Ole und Jens. Sie le-
                                       ben als Wohngemeinschaft länd-
                                       lich in Mittelfranken und gestalten
                                       viele Dinge des täglichen Lebens
                                       gemeinsam. Das betrifft das Ein-
                                       kaufen, Kochen, Essen, Kinder-
                                       betreuung, Carsharing, Bau-,
                                       Gartenarbeiten und vieles mehr.

 Christine                             Spiel & Spaß gehört bei ihnen
                                       genauso zum Alltag wie leckeres
                                                                             Theresia & Jörg
                                       und gesundes Essen.
 Unser „Regionalfan“ lebt im länd-                                           Ein junges Paar in Würzburg, das
 lichen Mittelfranken und ihre Pri-    Ihre Einstellung zu regional          sich bewusst mit Nachhaltigkeit bei
 oritäten beim Einkauf sind saiso-                                           Lebensmitteln     auseinandersetzt.
 nal, regional und unverpackt.         „Regional einzukaufen bedeutet        Dabei spielen neben Regionalität
                                       für uns die Region kennen zu ler-     auch food sharing und die damit
 Ihre Einstellung zu regional          nen und zu stärken und ist für uns    verbundene Minimierung von Le-
                                       ein Beitrag zu einer umweltver-       bensmittelabfällen eine wichtige
 „Regional geht bei mir vor „bio“,
                                       träglicheren Lebensweise.“            Rolle. Einstellung: Lebensmittel.be-
 denn es ist ein Widerspruch, wenn
                                                                             wusst.per Rad.
 Bio-Obst oder -Gemüse dann lan-       Ihre Ermunterung
 ge Transportwege hinter sich ha-
 ben.“                                 „Einkaufslisten und Essensplan        Ihre Einstellung zu regional
                                       erleichtern den Einkauf und somit
 Ihre Ermunterung                                                            „Zum einen geht es bei Einkäufen
                                       den Alltag. Das Abo einer Gemü-
                                                                             im Bioladen oder auf dem Markt
                                       sekiste spart Zeit und unterstützt
 „Jeder sollte sich mit der Herkunft                                         darum, Kriterien zu unterstützen,
                                       zudem was uns wichtig ist.“
 seiner Lebensmittel auseinan-                                               die bei einem Schnelleinkauf im
 dersetzen und überlegen welche        Regional bedeutet für uns…            Supermarkt nicht alle zum Tragen
 Entwicklungen damit unterstützt                                             kommen. Und zum anderen ist es
 werden.“                              „…bis zu 10 km wie auch bis           uns ein Anliegen regionale Betrie-
                                       50 km.“                               be zu unterstützen."
 Regional bedeutet für mich…
                                                                             Ihre Ermunterung
 „…dass es von so „nah wie mög-
 lich“ her sein muss. Soll heißen,                                           „Nutzen, was vorhanden ist:
 bei Kartoffeln müssen die im Um-                                            saisonale und regionale Lebens-
 kreis von 10 km sein, weil es sie                                           mittel ebenso wie foodsharing,
 gibt. Spargel bauen wir hier nicht                                          das vorhandene Angebot bewusst
 an, deshalb wäre hier die nächste                                           annehmen und damit die eigene
 Quelle für mich bis 50 km. Regi-                                            Kreativität beim Kochen herausfor-
 onal ist für mich also an die Ver-                                          dern.“
 fügbarkeit gebunden und somit
 dehnbar. Meine Maxime ist bis 10                                            Regional bedeutet für uns…
 km und mehr nur dann, wenn es
                                                                             „…in einem Umkreis von 100 km,
 hier nicht angebaut wird."
                                                                             vor allem bezogen auf Obst und
                                                                             Gemüse.“
Die RegioFibel für Bayern                                                                                                                      15

Familie Willecke
Eltern und zwei kleine Kinder,
die in einer ländlich geprägten
Kleinstadt leben und auf eine ge-
sundheits- und umweltbewusste
Ernährung achten. Sie backen
den größten Teil ihres Brotes mit
Biomehlen aus der Umgebung
selbst, nutzen den wöchentlichen
Lieferservice einer Gemüsekiste
und versorgen sich in den Som-
mermonaten weitmöglichst mit

                                                                                                                     Alle Bilder © BildervomLeben
Obst und Gemüse aus dem Ei-
genanbau.

Ihre Einstellung zu regional
„Regional einzukaufen bedeutet
für uns einen wichtigen Beitrag
für Mensch und Umwelt zu leis-
ten.“                                Ursula
Ihre Ermunterung                     RegioTesterin Ursula aus Oberfran-      Ihre Ermunterung
                                     ken war eine besondere Teilneh-
„Anfangen. Bereit sein, eine klei-
                                     merin, denn sie kommt sozusagen         „Dran bleiben und mit den Men-
ne Veränderung nach und nach
                                     vom Fach – sie war als Beraterin für    schen sprechen. Nicht müde werden
anzupacken und es einfach pro-
                                     Direktvermarkter *innen tätig.          zu fragen wo was herkommt, und
bieren. Nach- und Verbessern
                                                                             sich von jenen, die für uns produzie-
kommt im Schritt danach.“
                                     Sie lebt auf dem Land und die Ein-      ren, inspirieren lassen.
Regional bedeutet für uns…           kaufsmöglichkeiten sind 10 bis
                                     20 km entfernt. Als Pendlerin war       Kurzum, vieles – vor allem Kartoffeln
„…so nah wie möglich, so weit        das zuvor kein Thema, denn da           und Getreideprodukte – sind für den
wie nötig. 50 km sind hier sicher    wurden oft Einkäufe auf dem Ar-         Alltagsgebrauch gut regional zu be-
noch regional. Wir denken öfter      beitsweg erledigt, aber jetzt als       kommen. Größere Mengen werden
noch mal nach, ob der Einkauf        Rentnerin? Ihre Motivation war die      portioniert und bei Bedarf genutzt.
jetzt für alle gut war.“             Neugier, ob die Vorurteile wie „zu      Damit haben sich die Fahrtwege mi-
                                     teuer“, „zu große Verpackungen“, „zu    nimiert und auch die Zeit, die es zum
                                     zeitaufwendig“ oder „ungeeignet         Einkaufen braucht.“
                                     für Einzelpersonen oder kleine Por-
                                     tionen …“ zutreffen oder eben doch      Regional bedeutet für mich…
                                     nicht. Zusätzlich standen für sie die
                                                                             „… ein „regionales Angebot“ von
                                     Fahrtwege im Fokus – wie können
                                                                             30 bis 50 km Einfachstrecke zu fin-
                                     Autowege vermieden werden?
                                                                             den. Definition Umkreis sind dann
                                     Ihre Einstellung zu regional            von Ecke zu Ecke ca. 80 bis 100 km.
                                                                             Ich habe dienstlich zwei Landkreise
                                     „Direktvermarktung zählt auf die        beraten, vom Standpunkt Amt gel-
                                     Unterstützung der Menschen, für         ten 40 bis 50 km entfernt noch als
                                     die sie produzieren" – und dafür        „regional“.“
                                     setzt sie sich ehrenamtlich und pri-
                                     vat ein.
16
© BildervomLeben

                    Resümee des Alltagsexperiments

                    Das Resümee aus dem Alltagsexperiment wird nach-         sofern sie denn überhaupt gelistet sind.
                    folgend als Hemmnisse und Chancen zusammenge-
                                                                            › Kennen und Auffinden der regionalen Anbie-
                    fasst und Weichen für die Politik vorgestellt.
                                                                              ter*innen: Welche Direktvermarkter*innen und /
                                                                              oder Regionalvermarktungsinitiativen gibt es in
                                                                              meiner Region bzw. wo werden deren Produkte
                    Hemmnisse beim fokussierten                               angeboten? Das Wissen darüber muss mühsam

                    Einkauf regionaler Produkte im                            zusammengetragen werden (Digital/Online,
                                                                              Websites, Nachfragen, Telefonate, Flyer o.ä.)
                    Alltag:                                                 › Verfügbarkeit bestimmter regionaler Lebensmit-
                                                                              tel, z.B. Süßwaren/Knabbereien oder Aufstriche,
                    › Die Alltagstauglichkeit des Einkaufs regionaler
                                                                              ist gar nicht gegeben oder lediglich rudimentär
                      Produkte ist sehr häufig nicht gegeben und selbst
                                                                              vorhanden.
                      regio-affine Personen stoßen beim Einkauf mit Fokus
                      auf regionale Produkte an ihre Grenzen:               › Kennzeichnung bei v.a. verarbeiteten Lebens-
                                                                              mitteln mit Angabe der Herkunft der Rohstoffe
                       › Die regionalen Lebensmittel sind per se nicht
                                                                              ist nicht „regional“ nachvollziehbar.
                         leicht „zu finden“ – auch nicht im Supermarkt,
Die RegioFibel für Bayern                                                                                            17

› Der fokussierte Einkauf regionaler Produkte bedarf           › Stärkung und Netzwerkbildung unter den Re-
  u.a. wegen vorgenannter Punkte wesentlich mehr                 gionalinitiativen und Wirtschaftsakteuren. Wie?
  Zeit, zum                                                      Einsetzen einer zentralen Ansprechperson, an
                                                                 die sich die dezentral organisierten Initiativen
    › Planen,
                                                                 wenden können. Diese koordiniert und treibt
    › Einkaufen,                                                 eine Verbesserung der Absatzwege voran.

    › Zubereiten, da es i.d.R. keine Fertigessen sind.         › Einfacheren Zugang in den Lebensmitteleinzel-
                                                                 handel (LEH). Der LEH hat eine Monopolstellung
› Spontaneinkäufe regionaler Produkte sind schwerer
                                                                 und ist Point of Sale Nr. 1, d.h. regionale An-
  zu gestalten; die Einkäufe in den Berufsalltag zu in-
                                                                 bieter*innen müssen ihre Produkte wesentlich
  tegrieren ist erschwert. Recherche, Öffnungszeiten,
                                                                 leichter als bisher dort platzieren können. Wie?
  Anfahrtswege und Einkaufsliste müssen organisiert
                                                                 Zum Beispiel weniger bürokratische Hürden,
  werden.
                                                                 faire Preisgestaltung, Verhandlungen auf Augen-
                                                                 höhe.

Chancen und positive Effekte                                   › Verbesserung der Online-Plattformen zur
                                                                 Vermarktung regionaler Lebensmittel (On-
› „Wissen, wo´s herkommt“ – eine Bereicherung:                   line-Marktplätze, Online-Shops o.ä.): Nutzung
  Der zeitliche Aufwand für den regionalen Einkauf               von Synergieeffekten der Anbieter *innen. Wie?
  resultiert in einer intensiven Beschäftigung mit den           Zum einen durch Förderung und zentrale Bewer-
  regionalen Anbietern*innen. Das teilweise persönli-            bung dieser Plattformen und zum anderen durch
  che Kennenlernen der Produzent*innen steigert die              Schaffen von Schnittstellen, um die Handhabung
  Wertschätzung derer.                                           für die Anbieter*innen zu erleichtern.

› Die RegioTester lernten ihre Region völlig neu kennen        › Ausbau der Beziehungen zwischen Erzeu-
  und entwickelten folglich ein neues Verständnis für            ger*innen und Verbraucher*innen und Stärkung
  ihre Kulturlandschaft und verstehen, wie der einzelne          solidarischer Gemeinschaftsprojekte (Markt-
  Konsum diese prägt.                                            schwärmereien, Solidarische Landwirtschaften,
                                                                 Ernährungsräte, Regionalwert AGs etc.). Wie?
› Das Wissen über den Anbau von bestimmten Pro-
                                                                 Systematische Unterstützung und Gewichtung
  dukten in der Region nahm bei den Teilnehmenden
                                                                 als alternative Absatzwege.
  wesentlich zu. Auch eben die Erkenntnis, warum be-
  stimmte Produkte weniger oder gar nicht angebaut         2. Die Außer-Haus-Verpflegung regionalisieren. Wie?
  werden (Bodenbeschaffenheit, klimatische Bedin-             Konsequenter Einsatz und entsprechende Aus-
  gungen o.ä.).                                               schreibungen regionaler Produkte in der Gemein-
                                                              schaftsverpflegung (u.a. öffentliche Einrichtungen).
› Der Kontakt zu anderen Menschen im Austausch
                                                              Hier bietet sich die Chance Verbraucher*innen mit
  über die Möglichkeiten des regionaleren Einkaufs er-
                                                              regionalen Produkten zu versorgen und sie über
  möglicht intensive soziale Kontakte. Das persönliche
                                                              die Herkunft sowie deren Bedeutung zu informie-
  Netzwerk verstärkt sich.
                                                              ren und zu sensibilisieren.
› Sobald sich die „neuen Einkaufswege“ etabliert ha-
                                                           3. Bessere Kennzeichnung regionaler Produkte.
  ben, lässt es sich besser planen und somit wieder Zeit
                                                              Bestehende Siegel sind nicht flächendeckend vor-
  „einsparen“.
                                                              handen, werden nicht durchgängig verwendet und
› Regionale Online-Angebote mit Lieferservice sparen          signalisieren nicht immer Glaubwürdigkeit, da sie
  sogar Zeit.                                                 oft zu umständlich und zu teuer für die Erzeuger*in-
                                                              nen sind. Weiterhin sind viele „Mogelpackungen“
› Der Preis allein ist nicht ausschlaggebend, was im
                                                              auf dem Markt, die Regionalität lediglich suggerie-
  Haushalt konsumiert wird.
                                                              ren, denn es gibt keine gesetzliche Regelung zur
                                                              Definition von „regional“.

Weichen für die Politik                                    4. Ausbau neuer und digitaler Instrumente zur Ver-
                                                              braucherinformation und zur Verbraucherbewusst-
Verbraucher*innen müssen in die Lage versetzt wer-            seinsbildung. Kommunikation regionaler Anbieter
den, regionale Produkte alltagstauglich einkaufen zu          gegenüber dem Verbraucher verbessern: Planung
können. Das bedeutet:                                         und Durchführung von entsprechenden zentralen
                                                              Marketingmaßnahmen.
1. Erhöhung der Verfügbarkeit regionaler Produkte
   durch:
18

 Wissenswertes zu Regionalität
 und regionalen Produkten

 Regionale Produkte sind im Trend! Sagt wer?

 Regionalität im Lebensmittelbereich ist kein Randthe-  onalen Produkten hoffen und 47 % würden einen hö-
 ma, regionale Lebensmittel fühlen sich eher vertraut   heren Preis bezahlen (Ipsos, 2018), Yougov (2018) fand
 und selbstverständlich an. Noch vor 50 Jahren wurde    heraus, dass 42 % der Befragten bei ihrer Auswahl auf
 der Großteil der Lebensmittel regional erzeugt, saiso- Regionalität achten, und laut Konsumbarometer (2019)
 nale Küche sowie der Gang zum handwerklichen Metz-     möchten 49 % mit dem Kauf regionaler Produkte die
 ger oder Bäcker war Alltag. Mit dem Erstarken von Su-  lokale Wirtschaft unterstützen. Je nach Umfrage und
 permärkten und Discountern nahm die Bedeutung der      Fragestellung schwanken die Prozentzahlen etwas,
 Herkunft der Produkte ab, und die „Alles an einem Ort“ fest steht, dass bei Befragungen Nachhaltigkeitsaspek-
 – Bequemlichkeit kombiniert mit Zeitersparnis nahm zu. te, Unterstützung der Region und regionale Kaufbe-
                                                        reitschaft heutzutage betont werden. Zudem orientiert
 Doch das Bewusstsein um den Ursprung unserer Le-       sich der Markt an solchen Umfragen, die somit das An-
 bensmittel wächst, das „Woher                                                gebot beeinflussen. Dabei ist es
 und Wie?“ gewinnt an Relevanz                                                als Verbraucher*in nicht so leicht
 und beeinflusst die Kaufentschei-                                            glaubwürdig regionale Produkte
                                    Hinweis: Ergebnisse aus Befra-
 dung. Hier präsentieren wir aktu-                                            und Mogelpackungen zu unter-
                                    gungen versus Alltagsexperiment
 elle Studienergebnisse, die sich                                             scheiden, denn anders als bei
 auf regionale Lebensmittel bezie-  In diesem Abschnitt werden Er-            „bio“ gibt es keine einheitlichen
 hen.                               gebnisse verschiedener Studien            Richtlinien. Auch der Handelsmar-
                                    zu regionalen Produkten vorge-            kenmonitor (2020) bestätigt, dass
 Laut Umfragen sind regionale Le-   stellt. Die durchgeführten Befra-         sich 71 % der Konsumenten mehr
 bensmittel „im Trend“ oder „sehr   gungen bilden die Handlungsbe-            regionale Marken wünschen und
 wichtig“. Hier einige Auszüge: bei reitschaft ab. Hingegen wurde bei         die Bereitschaft dafür mehr Geld
 einer Befragung des ZDF (2017)     RegioTester das tatsächliche Ein-         zu zahlen bei 38 % der Befragten
 antworteten 75 %, dass ihnen re-   kaufsverhalten dokumentiert. Die          gegeben ist (Handelsmarkenmo-
 gionale Lebensmittel „wichtig“     Anzahl der Haushalte hier ist nicht       nitor, 2018). Bereits 53 % achten
 bzw. „sehr wichtig“ sind, eine an- repräsentativ für die Gesamt-             stärker darauf, Produkte aus der
 dere Umfrage stellt heraus, dass   bevölkerung, bietet aber dafür            Region einzukaufen (Handelsmar-
 70 % auf mehr Angebot von regi-    authentische Einblicke ins Haus-          kenmonitor, 2018).
                                    haltsleben.
Die RegioFibel für Bayern                                                                                               19

Zahlen aus dem Ernährungsreport 2020
Jährlich stellt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft einen Ernährungsreport vor. Hier sind
einige Auszüge aus der aktuellen Ausgabe (2020) „Deutschland, wie es isst“, für den 1001 Bundesbürger ab 14
Jahren befragt wurden.
                                       25 %                            83 %
                                      Neue                                                           97 %mack
                35 %                  Produ
                                                                      Regionale
                                                                                                      Gesch
                Marke                       kte                       Herkunft

                                                     54 %
                                                                           55 p%
                                                     Produkt-
                                    46 %             Information               irati
                                                                                     on
                                       s
                                     Prei                                   Ins ment
                                                                                ti
                                                                             Sor

                                  Wichtige Kriterien beim Einkauf von Lebensmitteln

› Gekauft wird vor allem, was schmeckt – geben 97 % der      › Vor Corona: 9 % ließen sich 2019 Lebensmittel nach
  Befragten an, unabhängig von Alter und Geschlecht.           Hause liefern / während Corona: 6 % mehr lassen sich
                                                               häufiger als zuvor Lebensmittel nach Hause liefern
› 83 % legen Wert darauf, dass ein Lebensmittel aus der
                                                               und 8 % lassen sich häufiger als zuvor Fertiggerichtel
  Region kommt. Damit ist der Anteil seit 2016 (73 %)
                                                               nach Hause liefern.
  und 2017 (78 %) weiter gestiegen.
                                                             › 11 % der Befragten haben sich schon einmal Gemüse
› Regionale Herkunft ist bei frischen Produkten wichti-
                                                               und Obst direkt von Erzeugerinnen und Erzeugern aus
  ger: Vor allem Milch, Molkereierzeugnisse und Eier,
                                                               der Region nach Hause liefern lassen. In der Coro-
  auf Platz 2 folgen Brot und Backwaren, frisches Obst
                                                               na-Krise nutzen 7 % mehr als zuvor die Lieferangebo-
  und Gemüse sind auf Platz 3 und auf Platz 4 sind
                                                               te der Landwirtschaft aus der Region.
  Fleisch und Wurstwaren.

   Die Produktkategorien decken sich mit den Top 5
  der regional eingekauften Produkte der RegioTester,
  nur die Platzierung ist anders.

Zahlen aus dem Konsumbarometer für Deutschland 2019
Ein regionales Produkt ist für Sie in erster Linie ein Produkt, ...
(nur eine Antwort möglich)

                                                                                          das in Ihrer Region herge-
                                                                                          stellt wurde.

        85 %                                                                              das in Ihrem Land herge-
                                                                                          stellt wurde.

                                                             13 %                         das in einem europäischen
                                                               2%                         Land hergestellt wurde.

› 89 % der Verbraucher*innen schätzen die Qualität von regionalen Produkten

› 80 % sehen positive Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft

› 66 % finden, dass regionale Lebensmittel gut für die Umwelt sind

› Gründe für den Kauf von regionalen Produkten: Unterstützung für heimische Unternehmen (52 %), Umweltschutz
  (35 %) und Arbeitsplatzsicherung (33 %)

   ABER: Trotz hoher Wertschätzung ist der Anteil der Verbraucher*innen, die regelmäßig regionale Produkte kau-
    fen, noch relativ gering. Die Diskrepanz zwischen Wertschätzung und Umsetzung stört die Konsumentinnen
    und Konsumenten offenbar selbst  deswegen finden es 64 % der Verbraucher*innen wichtig, dass es mehr
    Unterstützung und Förderung heimischer Produkte gibt!
20

 Gute Gründe für Regionalität

 Die Potenziale von Regionalität, regional handeln und regionalen Wirtschaftskreisläufen gehen weit über das
 hinaus, was der Begriff auf den ersten Blick vermuten lässt. Denn regional handeln ist viel mehr als einfach nur
 „einkaufen vor Ort“. Regionaler Konsum trägt zur Nachhaltigkeit, zur vielfältigen Kulturlandschaft, zum regionalen
 Wirtschaftskreislauf bei und ist zusätzlich auch eine Bereicherung für die Verbraucher*Innen selbst.

 Gute Gründe für Regionalität sind:

                                                           Klimaschutz durch kurze Wege
                                                           Nicht-regionale und importierte Produkte bedeuten
                                                           längere Transportwege und damit mehr Emissionen.
 © HighwayStarz

                                                           Erhalt der Kulturlandschaft
                                                           Landwirtschaft ist mehr als Nahrungsmittelproduktion:
                                                           Sie prägt unsere Landschaft. Darum ist jede Region
                                                           einzigartig. Kulturlandschaft wird geprägt von kleintei-
 © Jürgen Fälchle

                                                           liger Landwirtschaft. Die kleinteilige, bäuerliche Land-
                                                           wirtschaft ist Voraussetzung und Kernelement eines
                                                           jeden regionalen Wirtschaftskreislaufes.

                                                           Wirtschaftliche Stabilität
                                                           Ein regionaler Wirtschaftskreislauf, der aus vielen Wirt-
                                                           schaftszweigen besteht, ist stabiler und widerstandsfä-
 © pressmaster

                                                           higer. Davon profitiert die gesamte Region, z.B. durch
                                                           höhere Steuereinnahmen, die dann wiederum der Re-
                                                           gion zur Verfügung stehen.

                                                           Arbeitsplätze vor Ort
                                                           Der Kauf regionaler Produkte unterstützt regionale Pro-
                                                           duzent*innen, regionale Betriebe, schafft Arbeitsplätze
                                                           und macht eine Region damit lebenswert.
 © goodluz

                                                           Frische Produkte
                                                           Weil Transportwege kürzer sind, sind Produkte schnel-
   © BildervomLeben

                                                           ler am Ort des Verzehrs und können länger ausreifen.
                                                           Das dient auch dem Geschmack.
Die RegioFibel für Bayern                                                          21

                            Verbraucher wird Gestalter – durch
                            Nachfrage Kulturlandschaft gestalten
                            Regionale Produkte stehen für Nähe zwischen Er-
© Matej Kalestik

                            zeuger*in und Verbraucher*in. Direkter Austausch
                            und aktive Rückmeldung schaffen Vertrauen und
                            ermöglichen Konsument*innen eine Mitgestaltung
                            der Kulturlandschaft in ihrer Region.

                            Weniger Lebensmittelverschwendung
                            Vom Feld bis zum Teller fallen viele Abfälle während
© Yuri Nedopekin

                            des Transports und zwischen den einzelnen Schrit-
                            ten der Wertschöpfungskette an. Je kürzer die Wert-
                            schöpfungsketten und Transporte sind, desto weni-
                            ger Lebensmittel müssen entsorgt werden.

                            Fördert die Biodiversität
                            Damit in einer Region vieles regional verfügbar ist,
                            muss die Landwirtschaft vielfältig und kleinteilig
                            sein. Das schafft Lebensräume für viele Tier- und
© grafxart

                            Pflanzenarten.

                            Kleinteilige Landwirtschaft fördert Biodiversität.

                            Geschlossene und ausgewogene
                            Nährstoffkreisläufe
                            Wenn Futtermittel in der gleichen Region an-
                            gebaut werden, in der sie benötigt werden,
© Ce Liu

                            schließt sich der Kreis: Die Nährstoffe, die dem
                            Boden beim Wachsen entzogen werden, wer-
                            den verfüttert und landen als Gülle oder Mist
                            wieder auf dem Feld. Ausgewogene Böden
                            sind der Grund für eine nachhaltige Produktion.

                            Unabhängigere Produktion
© VRD - stock.adobe.com

                            Produzent*innen, die regional erzeugen und ver-
                            markten, müssen nicht auf dem internationalen
                            Markt konkurrieren. Ohne den internationalen Preis-
                            druck kann eine faire Preis- und Lohngestaltung
                            leichter gelingen.

                            Saisonale Freilandprodukte sind regionale
                            Kostbarkeiten
© BildervomLeben

                            Mit regionalen und saisonalen Produkten folgt man
                            dem Jahreskreislauf und kann saisonale Vielfalt und
                            regionale Besonderheiten der Jahreszeiten auf dem
                            Teller erleben.
22

 Die Regionalbewegung: Kompetenz-Netzwerk
 für Regionalität in Deutschland

 Dachverband für Regionalinitiativen                     zu bringen. Mit Instrumenten wie der RegioApp
                                                         oder dem RegioPortal bietet der Verband regionalen
 Der gemeinnützige Bundesverband der Regional-           Akteuren eine Plattform sich zu präsentieren und macht
 bewegung e.V. (BRB) versteht sich als Dachverband       dort vor allem deren glaubwürdig regionales Angebot
 für die vielfältigen Akteure regionalen Wirtschaf-      für die Verbraucher*innen sicht- und auffindbar.
 tens. Seit 2005 fungiert der BRB gleichermaßen
 als Sprachrohr, Interessenvertretung und Kompe-
 tenznetzwerk für all diejenigen, die Teil regionaler
 Wirtschaftskreisläufe sind, regionale Wertschöp-
 fungsketten stärken und regionale Wertschöpfung
 fördern möchten. Dazu gehören Regionalinitiati-
 ven, lebensmittelerzeugende und –verarbeitende
 Kleinst-, Klein- und mittelständische Unternehmen,
                                                         Starke ländliche Regionen
 Direktvermarkter, Food-Kooperativen, solidarische
                                                         Der Verband setzt sich für ein umfassendes Konzept
 Gemeinschaftsprojekte, Startups aus der Regiobran-
                                                         der Regionalität ein, dass auch die Nahversorgung mit
 che und viele mehr. Derzeit vertritt der Bundesver-
                                                         Bildung, Informationen, Einkommen und Mitbestim-
 band der Regionalbewegung e.V. über 320 Mitglieds-
                                                         mung berücksichtigt. Der Erhalt der Lebensgrundlagen
 organisationen.
                                                         für Menschen, Tiere und Pflanzen, aber auch der Le-
                                                         bensqualität, Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen
                                                         und faire Preise, starke ländliche Räume sowie eine
                                                         gute Stadt-Land-Beziehung, bilden die übergeordne-
                                                         ten Ziele der Regionalbewegung.

                                                          Nähere Infos finden Sie unter
 Regionalität sichtbar machen                             www.regioapp.org
                                                          regioportal.regionalbewegung.de
 Ziel der Regionalbewegung ist es, das Angebot            www.regionalbewegung.de
 und die Nachfrage regionaler Produkte zusammen           www.tag-der-regionen.de

 Vermarktende Regionalinitiativen in
 Deutschland und Bayern

 Die Vermarktung regionaler Produkte erfolgt überwie-    9 Schlüssiger Definition der Region
 gend als Zusammenschluss zwischen Produzenten,
                                                         9 Kriterien, die Regionalität garantieren und
 Veredlern und Verkaufsstellen. Diese Regionalver-
 marktungsinitiativen sind breit aufgestellt und alle-   9 Kontrolle, zur Einhaltung der Kriterien.
 samt einzigartig.
                                                         Details zu Initiativen lassen sich im RegioPortal, der
                                                         Online-Plattform für Regionalinitiativen in Deutsch-
 Die Regionalbewegung definiert Regionalvermark-
                                                         land, finden.
 tungsinitiativen so:

                                                          regioportal.regionalbewegung.de
 Strukturierte Aktivitäten zur gemeinsamen Vermark-
 tung von Produkten, ggf. mit einer regionalen Marke
 bzw. Logo zur Kennzeichnung von Herkunft und Qua-
 lität mit:
DIE
                 PETENZ-
               MBayern
         K O für                                                  REGIONAL
                       E R K
Die RegioFibel                                                                         23
                                                                  BEWEGUNG
         N E T Z W
                                                   tä t!
                              fü r R e g io n a li
                                                                                and
                                                                   Bundesverb

                                                                            n g .d e
                                                         n a lb e w e g u
                                        w w w.r e g io
  © antic - stock.adobe.com
24

 Was ist regional? DAS ist regional!
 Regionalvermarktungsinitiativen in Bayern

 Bayern hat über 50 regionale Vermarktungsinitiativen zu bieten, dass ist beeindruckend und spiegelt die Vielfalt
 der Regionen wider! Viel Spaß beim Entdecken!

                                                                                                     Vermarktung von regionalen
                                                                                                     Lebensmitteln

                                                                                                     Vermarktung von regionalen
                                                                                                     Lebensmitteln in die Gastronomie

                                                                                                     Vermarktung von regionalen
                                                                                                     Blumen und Zierpflanzen

                                                                                     Direktvermarktung im
                                                                                     Landkreis Traunstein

 Karte zum Download und mehr Infos unter: regioportal.regionalbewegung.de
Die RegioFibel für Bayern                                                                                          25

Welche Siegel gibt es für Regionalität? Eine Übersicht

Verbraucher*innen möchten wissen, wo ein Lebens-          Siegel ist leicht mit dem weiteren EU-Siegel geschütz-
mittel herkommt, was drinsteckt und unter welchen         te geografische Angabe (g.g.A.) zu verwechseln, bei
Umständen es produziert wurde (BMEL, Deutschland,         dem lediglich ein Produktionsschritt in einer bestimm-
wie es isst, 2020).                                       ten Region erfolgen muss.

Gleich vorweg: Für glaubwürdige Regionalität gibt es
leider bisher kein bundesweit einheitliches Siegel. Für
ein solches setzt sich der Bundesverband der Regio-
                                                          Bundesweite Siegel
nalbewegung e.V. seit vielen Jahren ein.
                                                          Das Regionalfenster zeigt an, wo ein Produkt her-
                                                          kommt. Die Region, aus der die Rohware bezogen
Es gibt allerdings Siegel, die Bezüge zur Regionalität
                                                          wird, muss eindeutig benannt sein, beispielsweise ein
ausdrücken. Die drei folgenden Zeichen werden bun-
                                                          Bundesland, Landkreis oder Radius in Kilometern. Die
desweit einheitlich verwendet (Für Details siehe auch
                                                          erste Hauptzutat und die wertgebenden Zutaten müs-
www.lebensmittelklarheit.de):
                                                          sen zu 100 % aus der definierten Region stammen. Bei
                                                          zusammengesetzten Produkten muss die Gesamtsum-
                                                          me aller regionalen Rohstoffe als Prozentzahl angege-
                                                          ben werden.

                                                          Bauernhöfe, die das Zeichen Einkaufen auf dem Bau-
                                                          ernhof führen, erfüllen feste Nutzungsbedingungen.
                                                          Diese von der Fördergemeinschaft „Einkaufen auf
EU-Siegel                                                 dem Bauernhof“ beschlossenen Regeln gelten bun-
                                                          desweit. Die vier wichtigsten Regeln der Nutzungs-
Das EU-weit einheitliche Kennzeichen Geschützte Ur-       bedingungen sind: Nur landwirtschaftliche Betriebe
sprungsbezeichnungen (g.U.) steht für die Herkunft        können Zeichennutzer werden. Wenn ein Hofladen
eines Lebensmittels. Produkte, die dieses Siegel tra-     oder ein Verkaufsstand Waren eines anderen Betriebs
gen, müssen in einem festgelegten Gebiet nach be-         anbietet, sind diese Produkte gekennzeichnet, und
stimmten Kriterien erzeugt, verarbeitet und hergestellt   dürfen maximal 20 % des Gesamtumsatzes des Be-
werden. Sämtliche Produktionsschritte müssen in der       triebs ausmachen. Betriebe werden kontrolliert. Der
betreffenden Region erfolgen. Beispiel hierfür sind der   Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ist verboten.
Allgäuer Emmentaler oder der Parmaschinken. Das           (https://einkaufen-auf-dem-bauernhof.com/de/)
26

 Regionale Siegel und Zertifizierungen

                  Siegelname                        Definition für Region            Rohstoffe aus der Region

                                                                                     Obst, Gemüse
                                                                                     (Monoprodukte)

 EU-Siegel
                  Geschützte Ursprungsbezeichnung   Entspricht dem Herkunftsgebiet   100%
                  g.U.

                  Geschütze geografische Angabe     Entspricht dem Herkunftsgebiet   100%
                  g.g.A.

 Bund
                  Regionalfenster                   Eine definierte Region kleiner   100%
                                                    als Deutschland

                  Einkaufen auf dem Bauernhof       Direktvermarktung ohne Zukauf Aus eigener Erzeugung
                                                    aus dem Handel                oder Zukauf von
                                                                                  persönlich bekannten
                                                                                  Höfen (bis zu 20 %)

 Bayern
                  Geprüfte Qualität – Bayern        Innerhalb Bayerns                100%

                  Bayerisches Bio-Siegel            Innerhalb Bayerns                100%

 Regional
                  Regionalmarken der Regionalver-   Schlüssige individuelle          100%
                  marktungsinitiativen              Definitionen je nach Region
Die RegioFibel für Bayern                                                                              27

                         Verarbeitung in der    Vermarktung in   Einsatz heimischer        Ohne
                         Region                 der Region       Futtermittel              Gentechnik

Zusammengesetzte
Produkte

100%                     ja                     nein             Grundsätzlich ja          nein

0%                       Mind. eine Phase des   nein             nein                      nein
                         Produktionsprozesses

Hauptzutat zu 100 %,     i.d.R. ja              nein             nein                      nein
insgesamt mind. 51%
der Gesamtmasse

Aus eigener Erzeugung    Aus eigener Erzeu-     ja               ja                        ja (beim Anbau)
oder Zukauf von          gung oder Zukauf von
persönlich bekannten     persönlich bekannten
Höfen (bis zu 20 %)      Höfen (bis zu 20 %)

Genannte Zutaten zu      ja                     nein             nein                      Wurde diskutiert, ist
100%, ihr Anteil am                                                                        derzeit aber nicht
Gesamtprodukt zu                                                                           vorgesehen
mind. 60 %

Zutaten tierischen       ja                     nein             Mind. 50 % Futtermittel   ja
Ursprungs zu 100%,                                               müssen im Betrieb
pflanzliche Zutaten zu                                           oder in festen Futter-/
mind. 66%                                                        Mistkooperationen
                                                                 erzeugt werden

Unterschiedlich          i.d.R. ja              i.d.R. ja        i.d.R. ja                 Unterschiedlich
28

 Schritt für Schritt zum RegioProfi

 Was macht ein regionales Lebensmittel aus?

 Das Bewusstsein für den Kauf regionaler Produkte          › Die Basiskriterien (unabhängig vom Produkt) umfas-
 wächst, aber was genau ein „regionales Lebensmittel“        sen:
 ist, legen Menschen je nach individuellem Anspruch
                                                              › Rohstoffe aus der Region
 sehr unterschiedlich fest: Für manche ist es der Ort
 oder das nahe Umland, für andere eine Kilometer-             › Verarbeitung in der Region
 angabe, wie beispielsweise „im Umkreis von 50 oder
                                                              › Vermarktung in der Region
 100 km produziert“. Auch mit regionalen und geogra-
 fischen Grenzen wie „Bayern“ oder „Mittelfranken“            › Futtermittel aus der Region
 arbeiten Konsumentinnen und Konsumenten, um für
                                                              › Ohne Gentechnik
 sich abzugrenzen, was „regional“ ist und was nicht.

 Und tatsächlich sind diese Behelfskriterien auch nötig,
 denn der Begriff „regionales Lebensmittel“ ist nicht      Idealerweise werden diese Basiskriterien zudem un-
 eindeutig definiert. Ob ein mit dem Etikett „regio-       terstützt von:
 nal“ versehenes Produkt vom Feld auf den Tisch kam,
 oder quer durchs Land stufenweise verarbeitet wur-           › Fairen Preisen
 de, lässt sich bisweilen nur durch eigene Recherche
                                                              › Fairen Arbeitsbedingungen
 herausfinden.
                                                              › Vielfältigen Kulturlandschaften
 Aufklärung und -bewusstseinsbildung rund um Re-
                                                              › Artgerechter Tierhaltung
 gionalität und glaubwürdig regionale Produkte sind
 Kernanliegen der Regionalbewegung. Um einer Ver-             › Ökologischer Anbauweisen und
 wässerung des Begriffs „regional“ entgegenzutreten,
                                                              › Kurzen Transportwegen
 definiert die Regionalbewegung welche Kriterien als
 Basis dienen sollten.
Die RegioFibel für Bayern                                                                                          29

Glaubwürdig regionale Produkte und
Mogelpackungen erkennen

Da auf gesetzlicher Ebene bisher keine Kriterien und      › Und „Gut zu wissen!“ hilft auch weiter:
Richtlinien vorhanden sind, durch welche genau defi-
                                                              › Produktvermerk „Hergestellt für…“ enthält kei-
niert ist, in welchem Rahmen mit den Begriffen „Re-
                                                                ne Auskunft über die Herkunft der Rohstoffe.
gion“, „regional“ oder „regionales Produkt“ gewor-
ben werden darf, ist es nicht immer leicht, regionale         › Für Markennamen mit regionalem Bezug (z.B.
Lebensmittel zu erkennen. Die Folge davon ist ein un-           „Küstengold“, „Mühlhäuser“) sind im Markenge-
durchschaubarer Markt von ehrlichen, glaubwürdigen              setz keine Regelungen für die regionale Herkunft
Regionalprodukten bis hin zu „Mogelpackungen“, die              der Rohstoffe bzw. der Zutaten vorgeschrieben.
vermeintlich Regionalität versprechen.
                                                              › Auch sind Angaben wie „Bayerischer Leberkäs“
                                                                oder „Schwäbische Maultaschen“ lediglich Na-
Leider suggeriert auch die Werbung, dass es vor al-
                                                                men, die nichts über die Zutaten, Verarbeitung
lem um viel und billig im Einkaufswagen geht. Dieses
                                                                oder Vermarktung verraten.
„viel und billig“ ist jedoch das Gegenteil von einem
vielfältigen, nachhaltigen und regionalen Wirtschaften.       › Alle Produkte tierischen Ursprungs müssen ein
Werbung in Verbindung mit „regional“ oder „aus der              Identitätskennzeichen haben. Damit wird aber
Heimat“ ist überall präsent und legt Verbraucher*in-            nur die letzte Verarbeitungsstufe (auch Verpa-
nen nahe, dass es „gute“ Produkte sind, Produkte, mit           ckung) benannt und lässt nicht auf den Ursprung
denen man „Gutes“ bewirkt.                                      der Zutaten schließen.

Und wie können „Mogelpackungen“                           Kniffliges Siegel „g.g.A.“:
beim Einkauf vermieden werden?                            Europäisch, aber nicht regional
› Beim Handel des Vertrauens einkaufen und die direk-     Das EU-weit einheitliche Siegel „geschützte geografi-
  te Vermarktung unterstützen.                            sche Angabe (g.g.A.)“ heißt lediglich, dass eine Stufe
                                                          der Produktion im genannten geografischen Gebiet
› Sich nicht von unbestimmten Begriffen wie „aus der      erfolgen muss. So könnte das Schweinefleisch für die
  Region“, „von hier“, „Heimat“, „Nähe“ ohne genaue       Nürnberger Rostbratwurst aus Dänemark oder den
  Orts- und Regionalangaben verleiten lassen. Das gilt    Niederlanden stammen und nur die Wurstherstellung
  auch für Obst und Gemüse „aus Deutschland“.             in der Region erfolgen.
 © BildervomLeben
30

                                        Tipps für einen regionaleren Einkauf

                                        Die Grundgelassenheit für einen regionaleren Einkauf
                                        kann als „lieber pragmatisch als dogmatisch“ zusam-
                                                                                                   Ansätze für neue Routinen im
                                        mengefasst werden. Damit ist gemeint, dass jedes           Einkaufsverhalten
                                        bewusst konsumierte Produkt, das dem „Königsweg“
                                        regional – bio – fair entspricht, ein Beitrag mehr ist.    › Von all meinen Lebensmitteln, wie viel möchte ich
                                                                                                     regional beziehen?

                                                                                                      › Zum Beispiel: Jedes dritte (oder fünfte) Produkt
                                        Klassiker                                                       soll ein Regionales sein.

                                                                                                   › Welcher Anteil meines monatlichen Budgets für Ein-
                                        › Einkaufsliste vor dem Einkauf machen: Zu wissen
                                                                                                     käufe soll der Region zugutekommen?
                                          welches Essen in der Küche zubereitet wird, weckt
                                          Vorfreude, lenkt weniger beim Einkauf im Super-             › Zum Beispiel: Mindestens 1/5 soll der Region
                                          markt ab, spart Zeit und kann mit „Sowieso-Wegen“             zugutekommen und wird in regionale Produkte
                                          verbunden werden.                                             „investiert“.

                                        › „Sowieso-Wege“ nutzen und Extrafahrten vermei-           › Wie kann ich das bessere Wissen in konkretes Han-
                                          den: Wer auf alltäglichen Wegen an dem einen oder          deln umsetzen?
                                          anderen Direktvermarkter vorbeikommt, sollte die
                                                                                                      › Zum Beispiel durch Prioritäten setzen: Auch mal
                                          Gelegenheit nutzen und sich versorgen.
                                                                                                        auf Dinge auf dem Einkaufszettel verzichten,
                                        › Weniger bequem sein! Auf Fahrtwegen Schilder mit              wenn sie den eigenen Einstellungen nicht genü-
                                          „Kartoffeln frisch vom Feld“, „Eier unserer Hühner“           gen, denn Nachfrage kann auch durch „Verzicht“
                                          oder „Frische Erdbeeren“ anfahren und direkte Ver-            deutlich gemacht werden.
                                          marktung unterstützen.
                                                                                                   › Wie kann ich mit nur wenig Aufwand regionaler
                                        › Neugierig bleiben! Sie haben regionalen Käse ent-          einkaufen?
                                          deckt und wüssten gern, wie er genau hergestellt
                                                                                                      › Einmal etwas Zeit investieren und langfristig Zeit
                                          wird? Dann schauen Sie doch auf einen Ausflug vor-
                                                                                                        sparen. Zum Beispiel peu à peu auf bestimmte
                                          bei und entdecken kulinarische Schätze als regionale
                                                                                                        regionale Produktgruppen umstellen (z. B. Mehl:
                                          Erfahrung. Und vielleicht lernen Sie Ihre Produzentin-
                                                                                                        eine regionale Sorte gesucht und gefunden und
                                          nen und Produzenten selbst kennen?
                                                                                                        beibehalten) oder Fleisch und Wurstwaren kon-
                                        › Nachfragen! Egal wo eingekauft wird, fragen Sie               sequent beim regionalen Metzger beziehen oder
                                          nach der Herkunft und äußern den Wunsch nach mehr             eine regionale Gemüse- und Obstkiste regelmä-
                                          sichtbarer Regionalität und Transparenz.                      ßig nach Hause liefern lassen.
© Natalia Deriabina - stock.adobe.com
Die RegioFibel für Bayern                                                                                         31

› Und die anderen?
                                                          Nachhaltiger Konsum zahlt sich für
   › Genau, auch andere einzubeziehen, sich unterei-
     nander auszutauschen, hilft regionaler zu konsu-
                                                          jeden aus!
     mieren. Warum nicht bei den Nachbarn fragen,
                                                          Durch nachhaltiges Konsumieren macht man sich
     welche Einkaufswege sie nutzen? Zum Beispiel
                                                          ökologische Grenzen bewusst, setzt sich für faire So-
     kann man sich zum Einkauf zusammenschließen
                                                          zialstandards und umweltverträgliche Produktion ein,
     (z.B. regionales Ökofleisch auf Bestellung für an-
                                                          schätzt die Produkte wert und stärkt das Vertrauen in
     dere abholen und verteilen) oder gleich gemein-
                                                          nachhaltige Produktionsweisen.
     sam Einkäufe erledigen und Fahrtwege sparen.

› Und meine Essgewohnheiten?

   › Lassen Sie sich von alten Kochbüchern inspi-
     rieren, oft war Saisonalität der Lebensmittel
     der Ausgangspunkt zum Kochen. Saisonal und
     regional essen ist die nachhaltigste Art sich zu
     ernähren.

Kleine Motivationshilfen
› Vor dem Einkauf ein Foto vom Inneren des Kühl- oder
  Vorratschranks machen (kann auch die Einkaufsliste
  ersetzen).

› Visionär und Gründer des Bundesverbandes der Re-
  gionalbewegung e.V. Heiner Sindel pflegt auf die Zu-
  sammenhänge von Landschaftsbild und Ernährung
  hinzuweisen: „So wie wir uns ernähren, so sieht die
                                                           Bei allen Tipps hier und anderswo eine Bitte an Sie:
  Landschaft aus.“
                                                           Seien Sie fair zu sich selbst. Bei einer Umstellung
› Die RegioApp bietet ihren Nutzern eine schnelle und      geht es nicht sofort um 100 %, sondern um ein mehr
  umfangreiche Suche nach regionalen Produkten und         an Regionalität in der Speisekammer.
  regionaler Gastronomie.
Sie können auch lesen