Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation

Die Seite wird erstellt Hortensia-Luzy Will
 
WEITER LESEN
Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation
Der deutsche Marineschiffbau in
Zeiten zunehmender europäischer
Kooperation
Ausgangslage in Deutschland
Hans Christoph Atzpodien

MEKO A 200 „Falke“ (Fotos: tkMS)

D     er Marineschiffbau in Deutschland
      hat eine lange, bis weit in das 19.
Jahrhundert hineinreichende Tradition
                                              heute neben seinem Standort in Rendsburg
                                              über zwei weitere Standorte in Kiel (ehe-
                                              mals HDW Gaarden und Lindenau), die auch
                                                                                               industrie zum weltweit erfolgreichsten An-
                                                                                               bieter in diesem Marktsegment haben wer-
                                                                                               den lassen.
an Standorten wie Hamburg, Kiel, Bre-         für den Marineschiffbau genutzt werden             Diese Entwicklungen sind auch in die stra-
men, Flensburg und Wolgast. Alte Na-          (teilweise in enger Kooperation mit tkMS).       tegischen Überlegungen der Bundesregie-
men wie Blohm+Voss oder HDW waren                Durch die so im letzten Jahrzehnt stark       rung eingegangen, welche im Jahr 2015
weltweit bekannt; heute stehen Namen          veränderte Marineschiffbau-Landschaft in         dazu geführt haben, dass die deutsche U-
wie thyssenkrupp Marine Systems (tkMS),       Deutschland kommt es unter den deutschen         Boot-Technologie zur nationalen Schlüssel-
Friedrich Lürssen Werft (FLW), German Na-     Marinewerften schon heute zu vielfältigen        technologie erklärt wurde, nicht aber die
val Yards Kiel (GNYK), Fassmer oder Abe-      Kooperationen: Dies galt und gilt für die Pro-   Systemtechnologie des Marine-Überwas-
king & Rasmussen (A&R) für Kompetenz          gramme K130 und F125 zwischen tkMS und           serschiffbaus. Es ist dabei nicht zu verken-
und Hochtechnologie im deutschen Ma-          FLW, aber auch zwischen tkMS und GNYK            nen, dass Deutschland bezüglich des Un-
rineschiffbau. Dabei haben die Verände-       bei den inzwischen abgelieferten Fregat-         ter- und Überwasser-Marineschiffbaues
rungen im Weltschiffbau ganz allgemein        ten in Algerien und für die im Bau befind-       unterschiedliche Signale in Richtung Euro-
und speziell auch durch die Finanzkrise       lichen Korvetten für Israel.* Mit dem 2. Los     pa zu senden scheint, und das, obwohl bei-
2008/2009 zu tief greifenden strukturel-      K130 kommt es nun auch zur Zusammenar-           de Bereiche eng miteinander verzahnt in
len und strategischen Konsequenzen im         beit von tkMS, Lürssen und GNYK. Diese in-       gleicher Weise in Deutschland beheimate-
deutschen Marineschiffbau geführt. Treiber    zwischen eingespielten Zusammenarbeits-          te Hochtechnologie repräsentieren sowie
der Entwicklung war hierbei vor allem die     Muster waren und sind durchaus erfolgreich,      über intakte nationale Wertschöpfungsket-
Restrukturierung im Bereich tkMS, die dort    zumal sie durch Einbindung einer großen          ten verfügen.
zu einer Fokussierung auf den Marineschiff-   Zahl von mittelständischen Zulieferunter-
bau, zu einer Konzentration des Überwas-      nehmen, die vorwiegend in Deutschland            Situation auf der europäischen
serbereiches auf Engineering, Einkauf und     ansässig sind, den Nachweis dafür bilden,        Ebene
Projektmanagement – also die Leistungen       dass Deutschland auch im Bereich des kom-
eines typischen Anlagenbauers – und zu        plexen Marine-Überwasserschiffbaus über          Europa hat im Bereich Sicherheit und Ver-
einer deutlichen Reduzierung von Stand-       autarke Wertschöpfungsketten im eigenen          teidigung im letzten Jahrzehnt ebenfalls
orten und Personal geführt hat. Zugleich      Land verfügt. Gleiches gilt erst recht für die   einen tief greifenden Wandel durchlaufen.
wurde die Kompetenz als Systemintegrator      traditionell in Kiel bei tkMS beheimatete        Bereits im Jahr 2004 wurde die European
für komplexe Großsysteme weiter gestärkt.     Systemführerschaft für den Bau konventi-         Defence Agency (EDA) mit dem Auftrag ge-
Umgekehrt hat FLW in dieser Zeit die Zahl     oneller, zumeist mit Brennstoffzellen aus-       gründet, „den Rat und die Mitgliedsstaaten
seiner Produktionsstandorte in Deutsch-       gestatteter U-Boote. Auch hier gibt es eta-      in ihren Bemühungen um die Verbesserung
land ausgebaut, insbesondere durch Erwerb     blierte nationale Wertschöpfungsketten, die      der Verteidigungsfähigkeiten der EU im Be-
der Peene-Werft in Wolgast und zuletzt        eine Vielzahl großer, aber auch mittelstän-      reich der Krisenbewältigung zu unterstüt-
auch durch den Erwerb der Blohm+Voss          discher deutscher Zulieferanten einschlie-       zen und die Gemeinsame Sicherheits- und
Shipyards in Hamburg. Auch GNYK verfügt       ßen und insgesamt die U-Boot-System-             Verteidigungspolitik (GSVP) … dauerhaft zu

4                                                                                                            MarineForum 1/2-2018
Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation
erhalten“. Durch den Vertrag von Lissabon
   wurde 2007 ferner geregelt, dass die EDA
   auch zur Ermittlung von Maßnahmen zur
   Stärkung der industriellen und technologi-
   schen Basis des Verteidigungssektors bei-
   tragen und den Rat bei der Beurteilung der
   Verbesserung der militärischen Fähigkeiten
   unterstützen soll.
     Parallel gab es auf der Ebene der EU wei-
   tere Anstrengungen, um den Markt für
   Rüstungsgüter zu einem mehr oder weni-
   ger normalen europäischen Binnenmarkt
   auszugestalten. Als Teil des sog. „Defence
   Package“ wurden bereits 2009 eine sog.
   Verbringungsrichtlinie zum vereinfachten
   innergemeinschaftlichen Transport von         Friedrich Lürssen Werft GmbH Betriebsteil Lemwerder (Foto: Wolfgang Kundel)
   Rüstungsgütern sowie eine Beschaffungs-
   richtlinie zur EU-weiten Ausschreibung von    heits- und Verteidigungsmarktes in Europa,    X  in einem sog. Fähigkeitsfenster die ge-
   Rüstungsaufträgen erlassen. Mit einer         X Anstoßen von Verteidigungskoopera-          meinsame Finanzierung der Entwicklung
   Laufzeit von 2014 bis 2020 wurde durch        tionen durch Anreize und Identifizierung      und Beschaffung von Rüstungsgütern
   die EU das zivile Forschungsprogramm          möglicher Kooperationsvorhaben sowie          (5 Mrd. p.a. als Referenzbetrag von EU-Mit-
   „Horizon 2020“ mit einer Dotierung von        X Schaffung einer nachhaltigen, innova-       gliedsstaaten).
   insgesamt knapp 80 Mrd. Euro aufgelegt,       tiven und wettbewerbsfähigen europäi-         Diese Förderung soll begleitet werden von
   das in Teilen auch auf die Eindämmung von     schen Verteidigungsindustrie.                 Investitionen in Lieferketten im Verteidi-
   Sicherheitsbedrohungen wie z.B. Kriminali-    Zu diesem Zweck kündigte die EU-Kommis-       gungsbereich sowie durch den Ausbau des
   tät, Terrorismus und Cyberattacken abziel-    sion die Bereitstellung von Fördermitteln     Binnenmarkts für Verteidigungsgüter. Die
   te. Im November 2016 schließlich wurde        im Rahmen des European Defence Fund           finanzielle Ausgestaltung dieser Förde-
   der „Europe Defence Action Plan“ mit fol-     an, nämlich                                   rung kann erst im nächsten mehrjährigen
   genden Zielen veröffentlicht:                 X in einem sog. Forschungsfenster 90 Mio.     Finanzrahmen (2021-2027) durch die Ent-
   X Sicherstellung und Stärkung eines wett-     bis 2019 sowie danach 3,5 Mrd. bis 2027,      scheidung des Europäischen Parlaments im
   bewerbsfähigen und effizienten Sicher-        und                                           Jahr 2019 sichergestellt werden.

                                                                                                                Profunde
                                                                                                                projektbezogene
                                                                                                                Beratungsleistungen

                                                                                                   Kostenminimierung
                                                                                                   bei Neubau und Betrieb

                                                                                           Gewährung von Betriebssicherheit

                                                                                     Zertifizierung und Qualitätskontrolle

                                                                            Marinespezifische erprobte Standards
                                                                            für unterschiedlichste Schiffstypen

IHR VERLÄSSLICHER PARTNER
FÜR DEN MARINESCHIFFBAU
Kontaktieren Sie uns: navy@dnvgl.com
Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation
Auch innerhalb der NATO gibt es seit Lan-    duct (GDP) on defence will aim to continue      Verteidigungsfall auf europäischer Seite ei-
gem eine Debatte, wie dort insbesondere        to do so. Likewise, Allies spending more        nen wirklichen Druck zu mehr militärischer
die Beiträge der europäischen NATO-Mit-        than 20% of their defence budgets on ma-        und rüstungspolitischer Zusammenarbeit
glieder gesteigert und effizienter gestal-     jor equipment, including related Research       erzeugt haben. Hinzu kamen die Gefahren
tet werden können. Erinnert sei hier an die    & Development, will continue to do so. Al-      einer europäischen Desintegration durch
bekannte Rede des früheren US-Verteidi-        lies whose current proportion of GDP spent      den sog. Brexit und verschiedene nationa-
gungsministers Robert Gates im Sommer          on defence is below this level will: halt any   listische Bewegung (insbesondere auch im
2011 zur Zukunft der NATO. Er sagte da-        decline in defence expenditure; aim to in-      EU-Kernland Frankreich). Gerade hier hat
mals wörtlich: „Indeed, if current trends      crease defence expenditure in real terms as     schließlich die Wahl des neuen französi-
in the decline of European defense capa-       GDP grows; aim to move towards the 2%           schen Präsidenten Macron einen Schub für
bilities are not halted and reversed, future   guideline within a decade with a view to        verstärkte deutsche-französische Koopera-
U.S. political leaders – those for whom the    meeting their NATO Capability Targets and       tion erzeugt, um der europäischen Integra-
                                                                                               tion neuen Schwung zu geben.
                                                                                                  Sieht man dort genauer hin, so zeigt sich
                                                                                               jedoch, dass dieser Schub aus französischer
                                                                                               Sicht mit einem klaren Führungsanspruch
                                                                                               verbunden ist, welcher durch das Aus-
                                                                                               scheiden Großbritanniens aus der EU noch
                                                                                               nachhaltiger eingefordert wird. So weist
                                                                                               ein französisches Strategiepapier („Revue
                                                                                               Stratégique“) zu Verteidigung und Nationa-
                                                                                               ler Sicherheit aus dem Oktober 2017 sehr
                                                                                               klar das französische Streben aus, vor al-
                                                                                               lem anderen die „strategische Autonomie“
                                                                                               Frankreichs in allen Belangen der Sicherheit
                                                                                               und Verteidigung seines Territoriums zu
                                                                                               gewährleisten. Wie die Süddeutsche Zei-
                                                                                               tung am 19.10.2017 unter der Überschrift
                                                                                               „Freiheit, Gleichheit, Sicherheit“ berichtete,
                                                                                               stellt Präsident Macron das Thema der na-
                                                                                               tionalen – auch inneren – Sicherheit in den
                                                                                               Mittelpunkt seiner Politik. Das französische
                                                                                               Strategiepapier spricht denn auch mit Blick
                                                                                               auf die Instabilität sowie auf aktuelle Be-
                                                                                               drohungen und Konflikte von der größten
F125 „Baden-Württemberg“ auf Erprobungsfahrt im Skagerrak (Foto: Bundeswehr)                   Konzentration von Herausforderungen für
                                                                                               Europa seit dem Ende des Zweiten Welt-
Cold War was not the formative experience      filling NATO‘s capability shortfalls. Allies    krieges. Dabei betrachtet es den Wunsch
that it was for me – may not consider the      who currently spend less than 20% of their      nach Stärkung einer europäischen Vertei-
return on America’s investment in NATO         annual defence spending on major new            digung vor allem aus Sicht des französi-
worth the cost. …. The good news is that       equipment, including related Research &         schen Strebens nach Sicherheit. Zugleich
the members of NATO – individually, and        Development, will aim, within a decade, to      betont das Papier nicht nur das französi-
collectively – have it well within their me-   increase their annual investments to 20%        sche „Netzwerk“ von Afrika über den Mitt-
ans to halt and reverse these trends, and      or more of total defence expenditures.“         leren Osten bis hin nach Asia-Pacific, son-
instead produce a very different future:          2014 wurde im Rahmen der NATO auch           dern auch die Tatsache, dass Frankreich
by making a serious effort to protect de-      die deutsche Idee zur Schaffung eines           nach dem Brexit das einzige europäische
fense budgets from being further gutted        Framework Nations Concept (FNC) aufge-          Land mit einem ständigen Sitz im UN-Si-
in the next round of austerity measures;       nommen. Ziel des Konzeptes ist die Verbes-      cherheitsrat und einer nuklearen Abschre-
by better allocating (and coordinating) the    serung der Art und Weise, wie die NATO          ckungskapazität in Europa sein wird. Resili-
resources we do have; and by following         mit der Sicherheits- und Verteidigungsin-       enz für das Leben der französischen Nation
through on commitments to the alliance         dustrie interagiert. Ziel ist eine für beide    ist das Ziel dieser Strategie; deutlicher kann
and to each other.“                            Seiten vorteilhafte und transparente Be-        man den Führungsanspruch Frankreichs
   Es war dieser Druck der USA zur Über-       ziehung im Hinblick auf eine Harmonisie-        im Rahmen einer kommenden „Ständigen
nahme verstärkter Verteidigungsanstren-        rung und Entwicklung der verschiedenen          Strukturierten Zusammenarbeit“ nicht ma-
gungen der europäischen NATO-Länder,           Fähigkeitsprofile (vonseiten der Industrie)     chen.
der beim NATO-Gipfel in Wales im Sep-          und Anforderungen (vonseiten der NATO).            Dazu passt wiederum im Bereich des Ma-
tember 2014 zu dem Committment der                Ungeachtet dieser verschiedenen Ini-         rineschiffbaus die im Juli 2017 von Präsi-
europäischen NATO-Mitglieder führte, ih-       tiativen ist jedoch zu konstatieren, dass       dent Macron getroffene Entscheidung, den
re Verteidigungsausgaben innerhalb der         erst der Schock aufgrund der völkerrechts-      geplanten Kauf der französischen Werft
folgenden 10 Jahre jeweils dem Level von       widrigen Annexion der Krim durch Russ-          in St. Nazaire (mit ihrem auch für militäri-
2 % des nationalen BIP anzunähern. Wört-       land im Jahr 2014, zudem die Wende in           sche Aufträge relevanten Großdock) durch
lich hieß es in dem Abschlussdokument          der russischen Militärstrategie und das Er-     die italienische Werftengruppe Fincantieri
des Wales-Gipfels: „Allies currently mee-      scheinen von US-Präsident Trump auf der         per Ausübung eines staatlichen französi-
ting the NATO guideline to spend a mini-       politischen Bühne mit seinen sehr vagen         schen Vorkaufsrechts zu durchkreuzen, um
mum of 2% of their Gross Domestic Pro-         Aussagen zur Rolle der USA in einem NATO-       dann schon im September 2017 gemein-

6                                                                                                            MarineForum 1/2-2018
Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation
sam mit dem italienischen Ministerpräsi-
denten Gentiloni den Plan einer Fusion der
beiden im Staatseinfluss stehenden Werf-
tengruppen Fincantieri und Naval Group
(früher DCNS) zu manifestieren. Deutlicher
kann ein staatlicher industriepolitischer
Einfluss unter französischer Führung nicht
zutage treten.
  Es stellt sich nun die Frage, was dies kon-
kret für den europäischen Marineschiff-
bau bedeuten kann, und welche Schluss-
folgerungen daraus aus deutscher Sicht
zu ziehen sind.

Quo vadis Marineschiffbau in
Deutschland?
Auch wenn bisher nicht klar ist, ob und in-           Korvette 130 „Braunschweig“ (Foto: Bundeswehr)
wieweit das französisch-italienische Fusi-
onsvorhaben unmittelbar auch den Bereich              Signal gesetzt, dass diese Technologie je-         frühzeitig mit Norwegen, aber auch mit
des Marineschiffbaus beider Werftengrup-              weils nur aus einer deutschen Führungspo-          Italien, Polen und den Niederlanden, über
pen betrifft, so muss dennoch die erste               sition heraus mit anderen Ländern zu teilen        die militärisch motivierten Anforderungen
Nutzanwendung aus deutscher Sicht sein,               ist. Der Prozess um das deutsch-norwegi-           an die neue U212 CD-Generation ausge-
dass sich Deutschland im Bereich des Ma-              sche U-Boot-Projekt U212 CD – der Wei-             tauscht, dabei auch das Vorziehen der ei-
rineschiffbaus strategisch sehr proaktiv              terentwicklung der bewährten deutschen             genen deutschen Beschaffung der U-Boo-
aufstellen muss, um bei den anstehenden               U212 A-Klasse unter deutscher Führung              te Nr. 7 und 8 als Beitrag eingebracht und
Veränderungsprozessen auf jeden Fall auf              – ist hierfür ein guter Beleg. Im Bewusst-         auch in industriepolitischer Hinsicht die
„Augenhöhe“ – vor allem im Verhältnis zu              sein, dass es bei diesem Vorhaben um nicht         Vorstellungen Norwegens aufgenommen,
Frankreich – mitspielen zu können.                    mehr und nicht weniger als das kommende            um eine Beschaffungsentscheidung der
  Im Bereich U-Boot ist die Sache ver-                NATO-europäische, konventionell angetrie-          norwegischen Regierung zugunsten des
gleichsweise einfach: Hier hat Deutschland            bene U-Boot für die nächsten Jahrzehnte            deutschen Designs zu bewirken. Diese Ent-
mit der Definition nationaler Schlüssel-              geht, hat die Bundesregierung hier ihren           scheidung wurde dann auch im Jahr 2017
technologien im Jahr 2015 ein eindeutiges             Führungsauftrag angenommen und sich                von Norwegen so getroffen, nachdem die

       FIT FÜR DIE ZUKUNFT
       Integrierte Kommunikationssysteme
       von Hagenuk Marinekommunikation

                   Neuer ERX 3003 – HF SDR                                 500 W / 1 kW HF Transceiver          Beispiel einer Bedienerkonsole
                 mit 24 kHz Breitband-Fähigkeit

       Die Hagenuk Marinekommunikation GmbH (HMK) gilt als                   wasserschiffen. Mit den Fernmeldeanlagen für die Korvetten
       Spezialist für integrierte Kommunikationslösungen. Im                 K 130, 1. und 2. Los, und den drei Einsatzgruppenversorgern
       Einsatz bewährt haben sich die hochentwickelten, schlüssel-           der Berlin-Klasse stellt HMK ihre führende Kompetenz im
       fertigen Systeme auf Landstationen, U-Booten und Über-                Bereich der Schiffskommunikation erfolgreich unter Beweis.

       Hagenuk Marinekommunikation GmbH
       Hamburger Chaussee 25 | 24220 Flintbek | Germany
       Phone: +49 4347 714-101 | Fax +49 4347 714-110                                 Hagenuk Marinekommunikation
       info@hmk.atlas-elektronik.com | www.hmk.atlas-elektronik.com                                      A company of the ATLAS ELEKTRONIK Group
Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation
industriellen Strukturen unter Führung von       denland zu kompensieren ist. Je größer          kung des Technologiestandorts Deutsch-
tkMS entsprechend ausgehandelt waren             die Gruppe der beteiligten Länder ist, um-      land den Begriff der Schlüsseltechnologie
und auch auf Regierungsebene in einem            so weniger dürften alle nationalen Wün-         auch auf den Überwasserschiffbau aus-
Ressort-Abkommen die notwendigen Re-             sche gleichermaßen zu befriedigen sein,         zuweiten.
gelungen über Spezifikationen, geltende          ohne dass am Ende die Harmonisierung              Die beschriebene Lage stellt die künfti-
Vorschriften und schließlich auch die Be-        des Geräts und die Wettbewerbsfähigkeit         ge Bundesregierung nun vor die Frage, ob
handlung neuer Intellectual Property bei         des Endprodukts dabei Schaden nehmen.           sie angesichts der anstehenden Program-
künftigen Export-Fällen getroffen waren.         Hier kommt naturgemäß der Programm-             me und Herausforderungen – namentlich
Dieser Vorgang könnte als Muster für die         führung – auf Regierungs- wie auf Indus-        des laufenden Beschaffungsprozesses für
Erarbeitung künftiger europäischer Rüs-          trieebene – eine entscheidende Rolle zu.        die Kampfschiffe der MKS 180-Klasse für
tungskooperationen gelten.                       Partnerschaft zwischen Regierung und In-        die Deutsche Marine – diese Kompetenz
  Im Bereich U-Boot bleibt nun abzuwar-          dustrie ist in diesem Zusammenhang eine         weiterhin national erhalten oder etwa zu-
ten, in welcher Form sich der Kreis der          unabdingbare Voraussetzung für das Ge-          gunsten einer neu aufgelegten „Frégate
an dieser Rüstungskooperation beteilig-          lingen der gesamten Kooperation.                européenne“ aufgeben will. Eine solche
                                                                                                 Entscheidung käme jedoch einem Todesur-
                                                                                                 teil für den intakten und weltweit führen-
                                                                                                 den deutschen Überwasser-Marineschiff-
                                                                                                 bau gleich, der dann auch international
                                                                                                 keine Chance mehr hätte, im Wettbewerb
                                                                                                 eine führende Position einzunehmen. Ge-
                                                                                                 rade im Bereich der von staatlichen Kunden
                                                                                                 dominierten Wehrtechnik hätte ein Indus-
                                                                                                 triezweig, von dem sich sein wichtigster
                                                                                                 Referenzkunde demonstrativ abwendet,
                                                                                                 auch in den Augen aller anderen Markt-
                                                                                                 teilnehmer weltweit seine entscheidende
                                                                                                 Referenz und damit seine Legitimation als
                                                                                                 Anbieter verloren.
                                                                                                   Dieses Beispiel veranschaulicht, dass es
                                                                                                 gerade für Deutschland als eine – auch im
                                                                                                 Bereich Wehrtechnik – führende Industrie-
                                                                                                 macht in Europa bei den anstehenden stra-
                                                                                                 tegischen Kooperationsentscheidungen um
                                                                                                 sehr viel geht. Es besteht ein unmittelba-
                                                                                                 rer strategischer Zusammenhang zwischen
MEKO A 200 „Falke“ bei Kanalfahrt (Foto: tkMS)                                                   dem Bestand an nationalen Schlüsseltech-
                                                                                                 nologien und der Positionierung Deutsch-
ten Länder erweitert. Italien als bisheriges       Schwieriger stellt sich die Lage im Be-       lands als Framework Nation und Anführer
Mitglied der U212 A-Nutzerfamilie wäre           reich des Überwasser-Marineschiffbaus           oder Beteiligter künftiger europäischer Rüs-
ein natürlicher Kandidat. Darüber hinaus         dar. Auch hier verfügt Deutschland heute        tungskooperationen.
würde aber auch im Fall Polen die opera-         nach wie vor über komplette und intak-            Die betroffene Industrie sitzt hier nicht im
tionelle militärische Zusammenarbeit der         te Wertschöpfungsketten mit führenden           „Driver’s Seat“, da es um strategische Regie-
deutschen und der polnischen Marine in           Systemhäusern sowie einer Vielzahl von          rungsentscheidungen geht, die wohlerwo-
der Ostsee für die Nutzung identischen Ge-       hoch spezialisierten Mittelständlern, die       gen aus der Position der wahrzunehmenden
räts, d.h. für Polen als weiteres Mitglied der   gemeinsam über die Systemkompetenz              nationalen Rolle und der nationalen Souve-
Nutzerfamilie für ein U212 CD sprechen.          zum Design und zur Herstellung hochkom-         ränitätsinteressen heraus zu treffen sind. Die
Schließlich suchen auch die Niederlande          plexer Groß-Systeme wie Fregatten und           Industrie muss jedoch die Regierung darauf
nach einem U-Boot der nächsten Generati-         Korvetten, aber auch von Schiffen zur Mi-       hinweisen, dass vorhandene Kompetenzen
on und wären damit ebenfalls ein Kandidat        nenbekämpfung, Schnellbooten, Patrouil-         immer nur einmal aufgegeben werden kön-
für diese Nutzergruppe, deren Rückgrat ein       lenbooten und Booten für Organe der In-         nen; anschließend sind sie dann nur unter au-
entstehender NATO-Standard für konven-           neren Sicherheit (Zoll, Polizei) verfügen. In   ßerordentlichen Anstrengungen wieder zu er-
tionelle U-Boote bildet. Bei diesen Über-        diesen Baumustern ist in hohem Maße mo-         langen, meistens überhaupt nicht mehr.  L
legungen ist jedoch nicht zu verkennen,          derne Elektronik und Systemintegrations-
dass die Harmonisierung von militärisch-         kompetenz gebunden, die nur innerhalb           Dr. Hans Christoph Atzpodien ist Haupt-
operationellen und industriellen Zielvor-        einer intakten Wertschöpfungskette ohne         geschäftsführer Bundesverband der Deut-
stellungen bei jedem Zuwachs in der Nut-         größere Funktionsrisiken gewahrt bleiben        schen Sicherheits- und Verteidigungsin-
zerfamilie eines solchen Programms immer         kann. Dennoch hat die Bundesregierung im        dustrie e.V (BDSV).
anspruchsvoller werden wird. Dies gilt ins-      Jahr 2015 diesen Bereich – entgegen teil-
besondere dann, wenn jedes beteiligte            weise dokumentierter Absicht – nicht zur
                                                                                                 Anmerkung:
Land – wie bisher üblich – die Vorstellung       nationalen Schlüsseltechnologie erklärt. In     * An F125 sind tkMS mit 80 % und FLW mit 20 % be-
hat, dass seine industriellen Strukturen an      diesem Zusammenhang sei daran erinnert,         teiligt; bei K130 (1. Los) waren tkMS mit 60 % und
einem derartigen Projekt zu beteiligen sind,     dass die ehemaligen Regierungsfraktionen        FLW mit 40 % beteiligt. Am EGV „Bonn“ waren tkMS,
                                                                                                 FLW, FSG und Peenewerft zu je einem Viertel betei-
oder sogar – im Sinne von Offset – jede          CDU/CSU und SPD die Bundesregierung
                                                                                                 ligt. Bei den Fregatten für Algerien war tkMS Gene-
Wertschöpfung im Herstellerland durch            in einem gemeinsam beschlossenen An-            ralunternehmer; die Fertigung fand in einer ARGE
entsprechende Wertschöpfung im Kun-              trag aufgefordert hatten, im Sinne der Stär-    aus tkMS und GNYK statt.

8                                                                                                                MarineForum 1/2-2018
Der deutsche Marineschiffbau in Zeiten zunehmender europäischer Kooperation
Sie können auch lesen