Der Energieträger Wasserstoff und seine Speicherung im geologischen Untergrund - Dr. Peter Pilz, GFZ Potsdam
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Der Energieträger Wasserstoff und seine Speicherung im geologischen Untergrund Dr. Peter Pilz, GFZ Potsdam, Sektion 4.8 Geoenergien 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Wasserstoff als Energiespeichermedium regenerative Energien Sauersto? Sauerstoff Mobilität Stahlindustrie H2 Elektrolyse H2 H2-Anwendungen Elektrizität Wie hoch ist der Speicherung künftige Bedarf und & Transport haben wir genug erneuerbare Energien für grünen Wasserstoff? Wasser Wärme Chemieindustrie 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Möglicher H2-Bedarf in einem zukünftigen dekarbonisierten Energiesystem Parameter Region 2030 2050 Scenario A Scenario B Scenario A Scenario B Wasserstoffbedarf (TWh) Deutschland 4 20 250 800 EU 30 140 800 2250 Elektrolysekapazität (GW) Deutschland 1 5 50 80 EU 7 35 341 511 Bandbreiten für H2-Bedarf und Elektrolysekapazität; nach Fraunhofer H2 Roadmap für Deutschland (2019): Szenario A: fast vollständige elektrifizierte Welt / Szenario B: elektrifizierte und auf Synfuel basierende Welt Andere Studien: NOW (2018), Dena (2018), BDI (2018), ES2050 (2020) Die Bandbreiten ergeben sich aus: Szenario mit 85%, 90% oder 95% Emissionsreduzierung, Durchbruch von Technologien, Entwicklung neuer Speichermedien und Energieimportszenarien 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Erneuerbare Energien: Stromverluste durch Einspeisemanagement TWh • seit 2017 gingen durch das Einspeisemanagement mehr als 5 TWh/Jahr an Erneuerbarer Energie (EE) verloren • seit 2014 sind das in Summe mehr als 27 TWh • mit zunehmendem Anteil der EE an der Gesamtenergieversorgung wird auch dieser Betrag steigen • statt Anlagen abzuregeln, wäre es sinnvoller, die Energie zu speichern 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Welche Speichermöglichkeiten gibt es? Jahresstrombedarf der Haushalte* Untergrundspeicher * ohne Industrie und GHD; Strombedarf pro Person: 1,45 MWh/a Die einzige Speicheroption im TWh-Bereich Gewährleistung der Versorgungssicherheit Saisonale Speicherung (CH4, CO2, H2) chemisch thermisch Die Speicherung chemischer mechanisch elektrochemisch Energie wird auch im elektromagnetisch elektrisch zukünftigen Energiesystem eine entscheidende Rolle spielen Die Datenwolken geben Bereiche an, in denen sich einzelne heute bereits realisierte Anlagen in Deutschland bewegen Power-to-Gas zur langfristigen Energiespeicherung Modifiziert nach Sterner (2017) 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Deutschland hat die größte Gasspeicherkapazität der EU und steht weltweit an vierter Stelle • Der Erdgasverbrauch unterliegt je nach Temperatur großen saisonalen Veränderungen • seit über 60 Jahren Erfahrung mit unterirdischer Speicherung in Deutschland • Geologische Speicher: erschöpfte Öl- und Gasfelder, Grundwasserleiter, Salzkavernen, Felskavernen, stillgelegte Bergwerke • 378 Einzelspeicher in Deutschland in Betrieb (Status 2020): 362 Kavernen (dazu 40 im Bau), 16 Porenspeicher (Aquifere, erschöpfte Öl- und Gaslagerstätten) (Quelle: Gas Infrastructure Europe, GIE) Porenspeicher Kavernenspeicher Speichervolumen total Arbeitsgasvolumen der Speicher in Betrieb Mrd. Nm³ 8,6 15,3 23,9 Erdöl, Erdgas, Kohle – EEK, 2020 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Bewertungs- und Benchmarking-Ergebnisse Quelle: HyUnder Project, 2013 Safety Technical feasibility Investment costs Ergebnis: Operation 1. Salzkavernen 2. Erschöpfte Öl- und Gasfelder 3. Saline Aquifere 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Geologische Untergrundspeicher Kavernenspeicher Vorteile • Hohe Ein- und Ausspeicherraten, bei hohen Drücken • Geringer Kissengasanteil und Wassergehalt im Fördergas • kaum Gasverluste, keine Mineralreaktionen Nachteile • Setzungen im Top der Kaverne möglich: Grundbrüche • Sole-Entsorgung stark beschränkt, teuer • Hoher Genehmigungs- und Zeitaufwand (grüne Wiese: ± 10 a) • Eingeschränkte räumliche Verfügbarkeit • Volumenverlust durch Kavernenkonvergenz Aquiferspeicher Vorteile • Große räumliche Verfügbarkeit • Sehr hohe Speichervolumina • Langzeitstabilität des Speichervolumens • Keine Setzungen Nachteile • Mikrobiologische Umwandlung bei < 100˚C Gaskonversion • Mineralreaktionen sind möglich (z. B. Sulfide Sauergas) • Hoher Kissengasanteil • Speicherbetrieb muss im Aquifergleichgewicht erfolgen (nach Liebscher et al., 2016) • Hoher Wassergehalt im Fördergas 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Geologische Untergrundspeicher Vorteile Ausgeförderte Öl- und Gaslagerstätten • Gut erforschte und langzeitdiche Reservoire • umfangreiche Datenbanken und Modelle existieren • Restgas ist als Kissengas verwendbar • Wiederverwendung bestehender Oberflächen- und Bohrlochanlagen • Anbindung an vorhandene Infrastruktur • Ein geringerer Wassergehalt im Reservoir unterstützt eine effiziente Gasinjektion Nachteile • geochemische und mikrobiologische Reaktionen • H2-Verluste durch Blockaden des Porenraumes möglich • Unterdruck führt zu betrieblichen Einschränkungen • großes verfügbares Speichervolumen benötigt große Gasmengen (Gasverdünnung) • alte und korrodierte Sonden schwächen die Integrität der Deckschickten Quelle: HyUnder Project, 2013 • hoher Anteil an Begleitgasen bei der Gasrückförderung 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Beispiel I – Salzkavernen Quelle: VNG Gasspeicher GmbH • Im Rahmen der HYPOS-Forschungsinitiative wurde 2019 in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) ein Reallabor mit H2-Forschungs- kaverne gestartet; Betreiber ist die VNG Gasspeicher GmbH • Der Speicher wird in die bestehende H2-Infrastruktur des mittel- deutschen Chemiedreiecks (Leuna-Schkopau-Bitterfeld) eingegliedert. • Forschungsschwerpunkt: Betriebskonzept, regulatorischer Rahmen, Genehmigungsplanung, Sicherheitskonzept, Kosten- berechnung Quelle: www.cleanthinking.de • Die Entwicklung einer H2-Testkaverne in Rüdersdorf (Brandenburg) begann im Februar 2021, Betreiber EWE • Die H2-Reinheit ist für Anwendungen im Mobilitätsbereich relevant und wird vom DLR mittels Qualitätsanalyse während des Speicher- und Rückförderprozesses untersucht • Forschungsschwerpunkt: Kenntnisse über den Reinheitsgrad des injizierten und entnommenen Wasserstoffs gewinnen. 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Beispiel II – Erschöpfte Gaslagerstätte • Projekt Undergound SUN.STORAGE Speicherung von CH4 mit 10% H2 in einer ehemaligen Methanlagerstätte (~1000 m Tiefe) in Pilsbach, Oberösterreich; 2017 erfolgreich vom Betreiber RAG abgeschlossen. • H2-Verlust 18% nach 3 Monaten Ein- und Ausspeicherung und 4 Monaten Standzeit: davon 5% Kissengas, 3% Methanisierung, 7,5-10% Lösungs- und Diffusionsverluste • Ein Folgeprojekt mit der Speicherung von 100% H2 ist geplant • Projekt Underground SUN.CONVERSION Speicherung von CH4 mit 20% H2 im RAG-Speicher Pilsbach. • Ziel des Forschungsprojekts ist es, die vorhandene poröse Gesteinsstruktur als natürlichen Bioreaktor für den Methanisierungsprozess zu nutzen. • Seit Dez.2020 läuft das Nachfolgeprokjekt Underground Sun Conversion – Flexible Storage (USC-FlexStore). Quelle: RAG Austria 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Beispiel III – Saline Aquifere Bisher gibt es noch keine Erfahrungen mit der Speicherung von 100% H2 im salinen Aquifer, dafür aber mit Stadtgas (50-60 Vol.%. H2) in Ketzin (Brandenburg) Lokale Industriepartner planen ein Energiewendelabor mit Sektor- kopplung in Ketzin/Havelland. Dazu hat das GFZ ein H2-Aquifer- speicherexperiment mit folgenden Aufgaben konzipiert: • abiotische und biotische Reaktionen mit den Reservoir- und Deckgesteinen sowie Formationsfluid • H2-Löslichkeit im Formationsfluid • Materialintegrität (Stahlkorrosion, Diffusion) • Gaskonversion (z. B. Methanogenese, 4 H2 + CO2 → CH4 + 2 H2O) • Interaktion mit organischen Gesteinskomponenten (Kohle, Öl, Erdgas) • petrophysikalische Parameter (z. B. H2-Durchlässigkeit, Permeabilität, Porosität) der Reservoir- und Deckgesteine • Entwicklung und Anwendung geeigneter Methoden zur Sicherheitsüberwachung • Abschätzung der Wirtschaftlichkeit einer saisonalen H2-Aquiferspeicherung • Zusammenarbeit mit Partnern aus Industrie, Wissenschaft und Politik Quelle: GFZ 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Regionale Wertschöpfungseffekte Energieproduzenten steigender Strombedarf Netzbetreiber Netzerweiterung und -upgrade Speicherbetreiber zusätzliche geologische Speicher CO2-Emitter CO2 aus der Prozessindustrie Kommunen Flächennutzung, Steuereinnahmen Erdgas-/Erdölfirmen Wiederverwendung der Infrastruktur Investoren Business case Bevölkerung/Umwelt langfristigere Klimastabilität Quelle: GFZ/POF IV 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
Zusammenfassung der Schwerpunkte ► Die Energiespeicherung in Salzkavernen kann mit akzeptablem Aufwand von Erdgas auf H2 umgestellt werden und ist die erste Option für den Hochlauf des H2-Marktes ► Ausgeförderte Öl- und Gaslagerstätten eignen sich aufgrund von hohen Kohlen- wasserstoffrestgehalten im Gestein besonders für die mikrobielle H2-Methanisierung (Zeithorizont: Monate). ► Saline Auqifere können bei (a) begrenzten Lösungs- und Diffusionsverlusten und (b) Eindämmung der mikrobiellen Aktivität auch geeignete H2-Speicher sein. ► Die Voraussetzung für den Nachweis der technischen Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und langfristigen Sicherheit einer H2-Aquiferspeicherung ist ein Pilotprojekt. ► Die geologischen Voraussetzungen, der Speicherbedarf und die wissenschaftlich- technischen Expertisen sind in Berlin-Brandenburg grundsätzlich vorhanden. ► Die Wertschöpfungseffekte in der Region wären erheblich. 10. Energiesymposium "Neue Energie für die Mobilitätswende“, am 12. März 2021 an der TH Wildau
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