3D- Tagung 31.1.18 Workshop "Essstörungen - Hintergründe, Früherkennung und -intervention" Handout

Die Seite wird erstellt Gesine Rothe
 
WEITER LESEN
3D- Tagung 31.1.18

Workshop «Essstörungen – Hintergründe,
    Früherkennung und –intervention»
              Handout
         T. Sigrist, M. Sc. Psychologin, KJP Liestal
Essstörungen nach ICD-10

F50.0 Anorexia nervosa

F50.1 Atypische Anorexia nervosa

F50.2 Bulimia nervosa

F50.3 Atypische Bulimia nervosa

F50.4 Essattacken bei anderen psychischen Störungen

F50.5 Erbrechen bei anderen psychischen Störungen

F50.8 Sonstige Essstörungen

F50.9 Essstörung, nicht näher bezeichnet

3D Tagung 31.1.18
Essstörungen nach ICD-10

F50.0 Anorexia nervosa

-Ein Körpergewicht von mindestens 15 % unter dem zu erwartenden Gewicht
oder ein BMI von 17,5 oder weniger (bei Erwachsenen)

-Selbst herbeigeführter Gewichtsverlust durch das Vermeiden energiereicher
Nahrung, verbunden mit mindestens einer der folgenden Massnahmen:
   • selbstinduziertes Erbrechen
   • selbstinduziertes Abführen
   • übertriebene körperliche Aktivität
   • Gebrauch von Appetitzüglern und/oder Diuretika

-Körperschemastörung in Form einer spezifischen und übermässigen Angst, zu
dick zu werden, bei einer sehr niedrigen Gewichtsschwelle für sich selbst.

3D Tagung 31.1.18
Essstörungen nach ICD-10

F50.0 Anorexia nervosa

-Endokrine Störungen auf der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse. Dies
zeigt sich bei Frauen als Amenorrhoe (Ausbleiben der monatlichen
Menstruation) und bei Männern als Libido- und Potenzverlust. Veränderte
Wachstums- und Kortisolspiegel, Änderungen des Stoffwechsels, von
Schilddrüsenhormonen und Störungen der Insulinsekretion treten ebenso auf.

-Beginnt die Erkrankung vor der Pubertät, so beeinträchtigt sie die Abfolge der
pubertären Entwicklung (Wachstumsstopp, fehlende Brustentwicklung und
primäre Amenorrhoe bei Mädchen; bei Knaben bleiben die Gonaden kindlich).
Nach Remission wird die Pubertätsentwicklung häufig normal abgeschlossen,
die Menarche tritt verspätet ein.

-Es wird unterschieden zwischen einem restriktiven Typ (ohne Essanfälle) und
einem Binge-/Purging-Typus mit Ess-Brechanfällen.

3D Tagung 31.1.18
Essstörungen nach ICD-10

F50.2 Bulimia nervosa

-Permanente Beschäftigung mit Essen, unkontrollierbare Gier nach
Nahrungsmitteln.

-Essanfälle, bei denen in kurzer Zeit sehr grosse Mengen an Nahrung
konsumiert werden (mindestens zweimal pro Woche innert drei Monaten).

-Gegenregulierende Massnahmen, um die Gewichtszunahme durch Essanfälle
zu kompensieren:
   • selbst herbeigeführtes Erbrechen
   • Missbrauch von Abführmitteln
   • zeitweilige Hungerperioden
   • Einnahme von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika.
     DiabetikerInnen vernachlässigen z.T. die Insulinbehandlung.

3D Tagung 31.1.18
Essstörungen nach ICD-10

F50.2 Bulimia nervosa

-Krankhafte Angst vor dem Dicksein, kombiniert mit einer klar definierte
Gewichtsgrenze, die deutlich unter dem medizinisch ‚gesunden‘ Zustand vor der
Erkrankung liegt.

-Häufig gab es einige Monate bis mehreren Jahren zuvor eine Episode von
Anorexia nervosa. -Diese kann voll ausgeprägt oder mit mässigem
Gewichtsverlust und/oder vorübergehender Amenorrhoe, gewesen sein.

3D Tagung 31.1.18
Anorexie

Häufigkeit Anorexie (Quelle: Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES)

-Gemäss Untersuchungen im deutschsprachigen Raum tritt die Anorexia
nervosa mit einer Lebenszeitprävalenz von 1.3% in unserer Gesellschaft auf
(Häufigkeit über die Lebensspanne betrachtet

-Die Erkrankung beginnt meist im Jugendalter und das weibliche Geschlecht
deutlich überwiegt (1:11)

-Die Mortalitätsrate liegt bei 0.56 - 1 % pro Jahr der Erkrankten und bei 5%
bezogen auf die gesamte Lebenspanne der Erkrankten

3D Tagung 31.1.18
Anorexie

Folgeerscheinungen (Quelle: Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES)

Durch Mangel- und Fehlernährung können sich zahlreiche körperliche
Folgeerscheinungen ausbilden wie
Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Magen-Darm-Störungen oder
Knochenmarkssuppression mit Anämie und erhöhter Infektanfälligkeit.

Hormonelle Veränderungen führen zu vorzeitiger Osteoporose mit dem Risiko
spontaner Knochenfrakturen, zu Amenorrhoe und ungewollter Kinderlosigkeit
bei Frauen oder zu Libido- und Potenzverlust bei Männern.

Ein früher Krankheitsbeginn beeinträchtigt die Abfolge der pubertären
Entwicklung (Wachstumsstopp, fehlende Brustentwicklung etc.).

3D Tagung 31.1.18
Anorexie

Risikofaktoren (Quelle: Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES)

Risikofaktoren für die Entwicklung einer Magersucht sind:
Unzufriedenheit mit Gewicht, Figur und Aussehen
Frühere Diäterfahrungen

In Kombination mit:
Selbstwertproblemen
Perfektionismus und Zwanghaftigkeit
emotional vermeidendes Verhalten bei hoher Ängstlichkeit
soziale Unsicherheit und unsicherer Bindungsstil
genetische Einflüsse

Gesellschaftliche Faktoren wie der Einfluss von schönheitsassoziierten Medien
spielen erwiesenermassen eine besondere Rolle, aber auch sportliches
Engagement in Bereichen, in denen Figur und Gewicht eine grosse Rolle spielen
(z. B.: Ballett, Reitsport, Kunstturnen).

3D Tagung 31.1.18
Bulimie

Häufigkeit Bulimie (Quelle: Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES)

-Aktuelle Untersuchungen zeigen eine Lebenszeitprävalenz von 1 bis 3% im
deutschsprachigen Raum.

-Dabei liegt das Verhältnis von Frauen zu Männern bei 3:1.

-Die Erkrankung beginnt meist in der Adoleszenz und kann bei 1.1 bis 5.8% der
Betroffenen über die Lebensspanne hinweg zum Tod führen.

3D Tagung 31.1.18
Bulimie

Folgeerscheinungen (Quelle: Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES)

Im Rahmen einer Bulimia nervosa zeigen viele Betroffene depressive
Verstimmungen und Ängste. Ein grosser Teil der Betroffenen hat Erfahrungen
mit Alkohol- oder Substanz.

Das häufige Erbrechen führt zu erheblichen und dauerhaften Schäden des
Zahnschmelzes und zu Karies.
Das mechanische Auslösen des Erbrechens verursacht Narben und Schwielen
an den Händen. Bei manchen Betroffenen sind die Speicheldrüsen,
insbesondere die Ohrspeicheldrüse deutlich vergrössert.
Der ständige Wechsel von Essen und Erbrechen kann zu Schwankungen des
Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes mit Nierenschädigungen, Ödemen und
Herzrhythmusstörungen führen.
Typische Folgen sind auch Magenüberdehnung, Entzündungen von Magen und
Speiseröhre, chronische Verstopfung sowie Vitamin- und
Nährstoffmangelerscheinungen.

3D Tagung 31.1.18
Bulimie

Risikofaktoren (Quelle: Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES)

-Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und ausgeprägtes Schlankheitsideal

-Diäterfahrungen

-Vorgeschichte einer Anorexia nervosa

-Selbstwertprobleme

-emotionale Instabilität und ausgeprägte Scham erleben

-gesteigerte Impulsivität

-Bindungsunsicherheit, Misstrauen und konflikthafte Beziehungen

-familiäre Belastungen

-traumatische Erlebnisse

 3D Tagung 31.1.18
Merkmale, die eine verdeckte Essstörung anzeigen können
(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Ess-Störungen AES)

Körperlich:
Gestopptes Grössenwachstum
Markante Veränderung oder häufige Schwankungen des Gewichts
Müdigkeit
Magendarm-Beschwerden
Unfähigkeit, an Gewicht zuzunehmen

Verhalten:
Veränderung der Essgewohnheiten
Schwierigkeiten, in sozialen Situationen zu essen
Widerstand, gewogen zu werden
Depression
Sozialer Rückzug
Unklare Absenzen in der Schule
Täuschendes und geheimnistuerisches Verhalten
Stehlen (u.a. im Esswaren zu besitzen)
Exzessive körperliche Betätigung
Substanzmissbrauch

 3D Tagung 31.1.18
Wie ansprechen?
(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Ess-Störungen AES)

Grundsätzlich gilt: Menschen mit Essstörungen sollten darauf angesprochen
werden. Das Gespräch – die Konfrontation von aussen – ist ein wichtiger, oft
entscheidender Anstoss für Personen mit Essstörungen, ihre Probleme
anzugehen und sich diesbezüglich auch Hilfe zu holen.

(auf der Homepage sind konkrete Tipps für Angehörige, Freunde, Lehrer etc. zu
finden)

 3D Tagung 31.1.18
Kinder- und Jugendpsychiatrie Baselland
                                                                  (Essstörungsambulanz, stationäre Anbebote)

           Haus- und Kinderärzte,                                                                 Behördliche Aufträge
              Schulen, SPD,                                       Selbstanmeldungen               (Gerichte, Vormund-
             Heilpädagogische                                   (Familien, Jugendliche)            schaftsbehörden,
               Tagesschulen                                                                       Jugendanwaltschaft)

                                                                    KJP BL
                                                                  Kinder- und
                                                            Jugendpsychiatrie Basel-
                                                                     Land

                    Poliklinik Liestal                                    Poliklinik Bruderholz          Poliklinik Laufen

                                    Psychotherapiestation für
                                                                            Psychosomatische
Jugendpsychiatriestation                 junge Frauen
                                                                              Abteilung A3
In der KPP Abteilung B2                mit schweren Ess-
                                                                                im UKBB
                                           Störungen
Quellen

-AES (Arbeitsgemeinschaft Ess-Störungen) Homepage:
http://www.aes.ch/

-ENES (Experten Netzwerk Essstörungen) Homepage:
http://www.netzwerk-essstoerungen.ch/faq/

-Remschmidt H., Schmidt M., Poustka F. (Hrsg.). Multiaxiales
    Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und
    Jugendalters nach ICD-10 der WHO. Mit einem synoptischen Vergleich von
    ICD-10 und DSM-IV. 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.
    Bern, Verlag Hans Huber (2006).

3D Tagung 31.1.18
Sie können auch lesen