Der geschlechtsabhängige Gebrauch von Emoticons in SMS in der Schweiz
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Universität Basel, Deutsches Seminar HS 2012 Proseminar: Struktur der deutschen Sprache im Kontext Dozentin: M.A. Vera Mundwiler Der geschlechtsabhängige Gebrauch von Emoticons in SMS in der Schweiz Abgabedatum: 25.02.2013 Proseminararbeit von Maximilian Gutgesell Fächer: Deutsche Philologie/Mathematik Matrikelnummer: 11-915-931 Erlenstrasse 57 4058 Basel Tel.: 079 538 88 65 max.gutgesell@stud.unibas.ch
1. Einleitung................................................................................................. 3 2. Hauptteil................................................................................................... 4 2.1 Klärung und Hintergrund der Begriffe „Emoticon“ und „SMS“ .... 4 2.1.1 Emoticons ...................................................................................... 4 2.1.2 SMS ............................................................................................... 6 2.3 Stand der Forschung........................................................................ 8 2.4 Leitfrage und Hypothese.................................................................. 9 2.5 Korpus, Auswahl der Emoticons und Datenerhebung................. 9 2.5.1 Das Korpus sms4sciences.ch........................................................ 9 2.5.2 Auswahl und Abfrage der Emoticons........................................... 10 2.5.3 Auswertung der Daten ................................................................. 12 3. Zusammenfassung und Schlusswort ................................................. 13 Quellenverzeichnis ................................................................................... 15 ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! "!
1. Einleitung ! Short Message Service, kurz SMS, ist ein Phänomen der letzten Jahrzehnte, welches innert kürzester Zeit weitreichende Veränderungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation herbeigeführt hat. Neben vielen Vorteilen bringen Kurznachrichten jedoch einige Probleme mit sich. Einerseits können paraverbale Zeichen wie Lautstärke und Intonation sowie non-verbale Zeichen wie Gesten und Gesichtsausdrücke in elektronischen Texten nicht vermittelt werden. Andererseits muss die zu vermittelnde Botschaft an die beschränkte Kapazität der Zeichen einer Kurznachricht angepasst werden. Kurznachrichten bestehen nicht nur aus geschriebenen Wörtern, sondern können auch durch sogenannte Emoticons ergänzt werden. Ein Emoticon ist eine Folge aus Satzzeichen, welches ikonisch ein Gesicht darstellt und meistens ein menschliches Gefühl symbolisiert. Emoticons können aber auch Objekte wie ein Verkehrsmittel oder Lebensmittel darstellen. Diese Proseminararbeit untersucht mithilfe des Korpus sms4sciences.ch, dem Schweizer SMS Korpus, den geschlechtsspezifischen Gebrauch von Emoticons in Kurznachrichten in der Schweiz. Die Forschungsfrage lautet „Verwenden Frauen und Männer in SMS in der Schweiz Emoticons gleich häufig? Was sind die Gründe für allfällige Unterschiede?“. 17 gängige Emoticons werden nach ihrer relativen Häufigkeit in von Männern versendeten Kurznachrichten und andererseits in von Frauen versendeten Kurznachrichten abgefragt und diese verglichen. Es gibt es noch keine vergleichbare Studie in diesem Teilgebiet der elektronischen Kommunikation. Meine Hypothese lautet aufgrund bereits existierender Untersuchungen, dass Frauen tendenziell mehr Emoticons gebrauchen als Männer. In einem ersten Teil wird der Begriff Emoticon genauer betrachtet. Neben verschiedenen Definitionen liegt der Fokus auf den Funktionen und der Geschichte der Emoticons. Anschliessend wird kurz auf das Medium Short Message Service eingegangen und dessen Hintergründe, Eigenschaften und die daraus resultierenden Probleme genauer beleuchtet. Um eine theoretische Grundlage für die Auswertung der Daten zu haben, folgt ein Kapitel, welches die Unterschiede in der Kommunikation von Frauen und von Männern kurz erläutert. Nach einem kurzen Einblick in die schon existierende Forschung auf diesem Gebiet folgt im Hauptteil dieser Arbeit die Untersuchung des Gebrauchs von 17 ausgewählten Emoticons mit Hilfe des Korpus und die anschliessende Auswertung und Diskussion der Daten. Im Schlussteil wird das Resultat der Untersuchung nochmals kurz zusammengefasst, auf Probleme dieser Forschungsarbeit eingegangen und ein Blick in die Zukunft geworfen. ! #!
2. Hauptteil 2.1 Klärung und Hintergrund der Begriffe „Emoticon“ und „SMS“ 2.1.1 Emoticons Wahrscheinlich gibt es wenige Menschen im Besitz eines Mobiltelefons, die noch nie ein Emoticon gesehen beziehungsweise gebraucht haben. Wir treffen sie alltäglich in der heutigen, modernen Welt an. Sie tauchen in Kurznachrichten (SMS, WhatsApp, Twitter), in der Werbung, auf Internetseiten, in Emails und vielem mehr auf. Emoticons vereinfachen die tagtägliche Kommunikation erheblich. Das Hacker‘s Dictionary (Raymond 1994: 162) umschreibt den Begriff Emoticon - eine Komposition der englischen Wörter Emotion und Icon1 - wie folgt: An ASCII2 glyph used to indicate an emotional state in e-mail or news [Ein ASCII Bildzeichen, welches gebraucht wird um einen emotionalen Zustand in Emails oder Nachrichten anzuzeigen]. Laut Rezabek et al. (1998: 201, zit. nach Amaghlobeli 1998: 348) sind Emoticons visual cues formed from ordinary typographical symbols that when read sideways represent feelings or emotions [visuelle Hinweise, gebildet aus üblichen typographischen Symbolen, welche Gefühle oder Emotionen repräsentieren, wenn sie seitwärts gelesen werden]. Der letzte Aspekt ist typisch für Emoticons, denn die meisten sind aufgrund ihrer Zusammensetzung aus typographischen Zeichen um 90° meistens im Gegenuhrzeigersinn gedreht. Emoticons vermitteln nicht nur einen tatsächlich vorhandenen Gefühlszustand, sie dienen auch dazu, sarkastische oder ironisch gemeinte Aussagen zu markieren oder eine simple Aussage zu verstärken oder abzuwerten. Die Ergänzung eines Textes durch Bildsprache bietet sich an, da die in persönlicher Kommunikation vorhandenen para- und non-verbalen Zeichen wie Gesten, Gesichtsausdrücke, Stimmlage und Lautstärke in der elektronischen Kommunikation nicht vorhanden sind (Dresner et al. !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! %!Wobei man bei Emoticons in der sprachwissenschaftlichen Terminologie nicht nur von Icons sprechen kann. Einige Emoticons, wie zum Beispiel
1993: 250; Frehner 2008: 121f.). Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: (1) Du bist doof (2) Du bist doof :-) Im Gegensatz zu (1), welches wortwörtlich gelesen werden kann, deutet das Emoticon in (2) darauf hin, dass diese Aussage nicht ernst gemeint ist. Ebenso sind Emoticons verstärkende Indikatoren der sogenannten illokutiven Kraft der versendeten Short Messages. Der Begriff „illokutiv“ stammt aus der Sprachakttheorie von J. S. Austin und wurde erstmals erwähnt in How to Do Things with Words aus dem Jahre 1962. Ein illokutiver Akt ist, im Gegensatz zum lokutiven Akt, welcher sich auf die simple Produktion einer sprachlichen Äusserung bezieht, die mit der sprachlichen Äusserung verfolgte Absicht (Dresner et al. 1993: 253). Betrachtet man die zwei verschiedenen Antworten auf die Frage „Was machst du heute? Hast du Lust etwas zu unternehmen?“ (3) Ich habe heute Schule (4) Ich habe heute Schule :-( sieht man, dass (3) eine andere Absicht als (4) verfolgt. Während mit der Antwort (3) gemeint ist, dass der Betreffende keine Zeit hat, impliziert das Emoticon in Antwort (4), dass der Betreffende keine Zeit hat, nicht gerne in der Schule ist und wahrscheinlich gerne etwas unternehmen würde. In gewissen Kommunikationssituationen kann ein Emoticon sogar entscheidend sein, ob sich ein Konflikt entwickelt oder nicht. Falls der Empfänger den illokutiven Akt des Senders nicht erkennt und eine andere Absicht in die Short Message hineininterpretiert, führt dies schnell zu ungewollten Missverständnissen. Der Ursprung der Emoticons findet sich an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh, Pennsylvania. Im Jahr 1982 erfand der junge Professor Scott Fahlmann das wohl gängigste Emoticon, nämlich :-), auch einfach Smiley genannt. Er suchte nach einer Lösung für die in Chatrooms immer wieder auftretenden Spannungen, ausgelöst durch Missverständnisse der User. In kürzester Zeit verbreitete sich das Smiley an anderen Universitäten. Als sich das Internet in den 1990er Jahren weltweit ausdehnte, begann der Siegeszug der Emoticons. (nytimes.com; Raymond 1994: 163). ! &!
Mittlerweile gibt es eine riesige Fülle an Emoticons, welche verschiedenste Bedeutungen haben. Kein Gefühl kann nicht durch ein Emoticon ausgedrückt werden. Obwohl eine solche Vielfalt existiert, greift man im alltäglichen Gebrauch auf wenige Standardemoticons zurück.. In verschiedenen Lexika, gedruckt oder elektronisch, können Emoticons und deren Bedeutung nachgeschlagen werden, zum Beispiel auf http://www.heisoft.de/web/emoticon/emoticon.htm oder in Emoticons: Kultkommunika-tion ohne Worte von Karin Niedermeyer (2001) und Smileys von David W. Sanderson (1997), um nur eine kleine Auswahl zu nennen. 2.1.2 SMS SMS, ein Akronym des englischen Begriffs Short Message Service, ist ein Phänomen, welches im späten 20. Jahrhundert erstmals auftaucht und eigentlich ein Nebenprodukt anderer mobiler Kommunikationsdienstleistungen ist (Frehner 2008: 81ff.). SMS wird zum Teil zur Bezeichnung des Mediums selbst oder der einzelnen Nachrichten gebraucht. Im Folgenden wird mit SMS das Medium gemeint und Kurznachrichten bezieht sich auf die einzelnen Nachrichten. Laut Crystal (2008: 186) definiert sich SMS als „A mobile phone service that enables a user to send short written messages to other users“ [ein Mobiltelefonservice welcher es den Usern erlaubt, sich gegenseitig kurze, schriftliche Nachrichten zu senden]. Doch ursprünglich war SMS gar nicht dafür gedacht: It started as a message service, allowing operators to inform all their own customers about things such as problems with the network. When we created SMS (Short Message Service) it was not really meant to communicate from consumer to consumer and certainly not meant to become the main channel which the younger generation would use to communicate with each other. [Es hat angefangen als Nachrichtendienst, welcher es den Mobilfunkbetreibern erlaubte, ihre Kunden über Dinge wie Probleme mit dem Netzwerk zu informieren. Als wir SMS (Short Message Service) erschufen, war es nicht dazu gedacht, dass Konsumenten mit anderen Konsumenten kommunizieren können und noch weniger, dass es zum Hauptkommunikationskanal der jüngeren Generation wird]. (Zitat von Cor Stutterheim aus Wray 2002) SMS wurde von den Mobilfunkbetreibern kreiert, um ihrerseits die Kunden kontaktieren zu können, wie das obige Zitat zeigt. Die ersten Kurznachrichten wurden, je nach Quelle, entweder in Finnland im Jahre 1992 bzw. 1993 (Crystal ! '!
2008: 4) oder in Grossbritannien im Jahre 1992 (Buckingham 2001: 13) zu experimentellen Zwecken versendet. Populär wurde SMS aber erst einige Jahre später, als Anfangsschwierigkeiten von den Netzbetreibern behoben werden konnten und die SMS-Nutzer eine bestimmte Anzahl erreicht haben. Seit diesem Zeitpunkt steigt die Zahl der weltweit versendeten Kurznachrichten drastisch (Crystal 2008: 4f.). Während in der Schweiz im Jahre 1998 noch 36 Millionen Kurznachrichten versendet wurden, waren es 2000 schon 1‘053 Mio., 2005 3‘448 Mio und 2011 geschätzte 6‘754 Mio. (bakom.admin.ch 2012). Das goldene Zeitalter des SMS neigt sich jedoch so langsam dem Ende zu. Nachrichten werden immer mehr über kostenlose Programme wie Facebook, Twitter und vor allem WhatsApp versendet (Frankfurter Allgemeine 2012). Aufgrund der beschränkten Anzahl der verfügbaren Zeichen, üblicherweise 160, wenn mit dem lateinischen Alphabet3 geschrieben wird, unterscheidet sich die Sprache in den Kurznachrichten zum Teil drastisch im Vergleich zu der Standardsprache. Viele Abkürzungen, Auslassungen, typographische Symbole und Ikone, eben Emoticons, werden aus diesem Grund verwendet (Crystal 2008: 6f.; Frehner 2008: 91ff.). Exemplarisch dafür ist folgendes Zitat: 2B or not 2B - tht is th? (Crystal 2008: 1) Bei genauerem Hinsehen erkennt man den wohl berühmtesten Satz Shakespeares, „To be or not to be, that is the question“ [Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage]. 2.2 Unterschiede in der Kommunikation zwischen Frau und Mann Da diese Arbeit die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Gebrauch der Emoticons in SMS untersucht, ist eine kurzer Überblick der unterschiedlichen Kommunikation von Mann und Frau unumgänglich. In verschiedenen Forschungsarbeiten kommt man zum Schluss, dass Männer eher gefühllos und Frauen emotional sind. Dafür werden dafür verschiedene Gründe genannt. Balswick et al. (1971: 366f.) kommen zur Schlussfolgerung, dass Männer entweder durch die Rolle des männlichen Geschlechts in der Gesellschaft, in die sie hineinwachsen, gefühlsschwach sind oder dass sie durch das Lernen der Rolle ihres Geschlechts !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! #!Das lateinische Alphabet ist mit 7 Bit codiert. Bei andere Sprachen, wie Hochchinesisch oder Japanisch, haben die Short Messages eine maximale Länge von 70 Zeichen, denn diese Alphabete sind mit 16 Bit codiert aufgrund der komplexeren und zahlreicheren Schriftzeichen (vgl. Crystal, 2008: 6).! ! (!
annehmen, nicht emotional sein zu dürfen. Im Gegensatz dazu verteidigt Sattel (1976: 475f.) den Standpunkt, dass die männliche Ausdrucksschwäche eine Folge des Anspruchs und Streben nach Macht ist. Gefühle zu zeigen bedeutet verletzlich zu sein. Oppermann (1995: 16) bestätigt durch eine nur mit Frauen durchgeführte Umfrage, dass Männer eher dominant, behauptend, einfach und emotionslos und Frauen eher vorsichtig, zurückhaltend, emotional und ganzheitlich sprechen. Frauen sprechen eine Sprache, die Bindung, menschliche Nähe und Akzeptanz sucht. Männer sprechen eine Sprache, die status- und machtorientiert ist. (Oppermann 1995: 61). Männern kommt es mehr auf Informationsvermittlung an - für Frauen ist die Beziehung zu ihrem Gesprächspartner wichtiger. (Oppermann 1995: 10) Auch diese zwei Zitate implizieren, dass Frauen zwischenmenschliche Beziehungen, also Gefühle untereinander, mehr wertschätzen, während Männer in einer fast schon egoistischen Weise sich Vorteile verschaffen zu suchen. Im Hinblick auf die spätere Auswertung der Daten wurden neuere Untersuchungen im Bereich Gender ausser Acht gelassen. Da das Korpus sms4sciences.ch ausschliesslich Informationen über das biologische Geschlecht und nicht über die geschlechtliche Identität sammelt, bezieht sich die Auswertung der Daten auf die vorangegangenen Resultate. 2.3 Stand der Forschung Es existieren bereits Studien über die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Gebrauch von Emoticons. Alle Daten dieser Studien wurden jedoch in Mailinglisten erfragt und in sogenannten Newsgroups erhoben und untersucht. Untersuchungen über die Unterschiede der Geschlechter beim Gebrauch von Emoticons in SMS gibt es noch keine. Witmer et al. (1997) kommen in ihrer Untersuchung zum Schluss, dass Frauen tendenziell mehr Emoticons in Emails verwenden als Männer, beide Geschlechter jedoch relativ wenig Emoticons gebrauchen. Wolf (2000) stellt in ihrer Forschungsarbeit über Newsgroups fest, dass Frauen Emoticons häufig verwenden, um humorvolle Nachrichten zu senden, während Männer diese meistens in einer sarkastischen oder ärgernden Weise der Nachricht hinzufügen. Hartig et al. (kein ! )!
Datum vorhanden) konstatieren, dass Männer deutlich weniger Emoticons in privaten Emails versenden als Frauen es tun. 2.4 Leitfrage und Hypothese Die Leitfragen dieser Arbeit lautet „Verwenden Frauen und Männer in SMS in der Schweiz Emoticons gleich häufig? Was sind die Gründe für allfällige Unterschiede?“. In dieser Untersuchung wird versucht, diese Frage mithilfe der von sms4sciences.ch gesammelter Kurznachrichten von allen Altersgruppen und in allen vier Landessprachen zu beantworten. Meine Hypothese lautet, dass Frauen die selben Emoticons häufiger verwenden als Männer. Dies stützt sich auf die Schlussfolgerungen der Kapitel 2.2 und 2.3. 2.5 Korpus, Auswahl der Emoticons und Datenerhebung 2.5.1 Das Korpus sms4sciences.ch Die Abfrage der Emoticons erfolgt im Korpus sms4sciences.ch, dem Schweizer SMS Korpus, einem Projekt der Universität Zürich, der Université de Neuchâtel, der Universität Bern und der Universität Leipzig. Das Korpus beinhaltet insgesamt 25‘947 Kurznachrichten, wobei von Ende Oktober 2009 bis Februar 2010 23‘988 Kurznachrichten in der ganzen Schweiz und Ende April 2011 bis Juli 2011 1‘959 Kurznachrichten im Tessin und in Graubünden gesammelt wurden. Die gesammelten Kurznachrichten stammen von 2‘784 Teilnehmern, von denen jedoch nur 1‘316 den dazugehörigen Fragebogen ausgefüllt haben. Das Alter, das Geschlecht und weitere Informationen über die Teilnehmer sind nur von letzteren vorhanden, weshalb ich bei der Datenerhebung nur die Kurznachrichten dieser Teilnehmer berücksichtige. Insgesamt sind 847 Frauen, 465 Männer und 4 Teilnehmer ohne Angabe des Geschlechts4 registriert. Die Partizipanten stellten eine oder mehrere Kurznachrichten zur Verfügung. Die Anzahl der für diese Arbeit relevanten Kurznachrichten beträgt 20‘413. 13‘595 Kurznachrichten von Frauen, 6‘789 Kurznachrichten von Männern und 27 von Teilnehmern ohne Angaben des Geschlechts sind im Korpus gesammelt. Die Kurznachrichten wurden vor allem in schweizerdeutschem Dialekt, Hochdeutsch, !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! $!Diese vier Teilnehmer haben jedoch abgesehen von der Altersangabe den Rest des Fragebogens ausgefüllt im Gegensatz zu den Teilnehmern, die keinen Fragebogen ausgefüllt haben.! ! *!
Hochfranzösisch, Hochitalienisch und den verschiedenen Dialekten des Rätoromanischen verfasst, weitere Sprachen und Dialekte sind zu vernachlässigen. Die Sprachen, in welchen die Kurznachrichten verfasst wurden, werden in dieser Arbeit nicht unterschieden. Der Fokus liegt auf der ganzen Schweiz und nicht auf den jeweiligen Landesteilen. Die kürzeste Kurznachricht besteht aus einem Zeichen, die längste aus 2‘374 Zeichen5. Die durchschnittliche Länge einer Kurznachricht beträgt 115 Zeichen. Doppelt vorhandene Kurznachrichten oder Mitteilungen, die nicht von einer Person versandt wurden wie zum Beispiel Erinnerungen oder Provider- Informationen wurden gelöscht. Der jüngste Teilnehmer des Projekts ist 12 Jahre, der älteste 77 Jahre alt. Wie viele Kurznachrichten insgesamt ein Emoticon beinhalten, ist gesamthaft nur unter grossem Aufwand herauszufinden. Man müsste jede Kurznachricht auf allfällige Zeichenfolgen, welche zusammen etwas symbolisieren, überprüfen und diese dann abfragen, was aber den Rahmen dieser Arbeit sprengt. 2.5.2 Auswahl und Abfrage der Emoticons Die 17 folgenden Emoticons wurden ausgewählt, weil ich diese selbst häufig benutze und oft in empfangenen Kurznachrichten antreffe. Emoticon Bedeutung 1a :-) lachendes, glückliches Gesicht 1b :) 2a ;-) Augenzwinkern 2b ;) 3a :-D lautes, starkes Lachen 3b :D 4a :-P Zunge rausstrecken 4b :P 5a :-( trauriges, unglückliches Gesicht 5b :( 6a :-/ skeptisches Gesicht 6b :/ 7a :-* (verliebt) küssen 7b :* 8a :-S Verwirrung 8b :S 9
Diese 17 in Tabelle 1 aufgelisteten Emoticons können im Korpus ein- oder mehrmals pro Kurznachricht erscheinen, es werden aber alle Emoticons gezählt. Die Emoticons 1 - 8 wurden in den Varianten mit und ohne Bindestrich, welcher die Nase symbolisiert, abgefragt. Variationen wie :-)) , (-: , =) , bei denen Satzzeichen vertauscht oder hinzugefügt oder das Emoticon 90° im Uhrzeigersinn anstatt im Gegenuhrzeigersinn geschrieben wurden, werden aus Zeit- und Aufwandsgründen nicht beachtet, obwohl sie die gleiche Bedeutung tragen. Im Gegensatz dazu macht das Korpus keinen Unterschied zwischen Gross- und Kleinschreibung, :-p und :-P zählen als dasselbe Emoticon. In der folgenden Tabelle 2 wird nur die relative Häufigkeit angegeben, da die absolute Häufigkeit keinen Aufschluss auf die Verteilung zwischen Männern und Frauen gibt. Berechnet wird die relative Häufigkeit durch das Vorkommen der Zeichenfolge pro 1000 Wörtern in den Kurznachrichten aus der entsprechenden Kategorie, also nicht durch die Häufigkeit pro Kurznachrichten oder durch die Häufigkeit pro Teilnehmer. Das Emoticon 1a zum Beispiel besitzt eine relative Häufigkeit von 4.64. Das bedeutet, dass diese Zeichenfolge 4.64 Mal in 1000 Wörtern in allen gesammelten Kurznachrichten, welche von Frauen versendet wurden, vorkommt. Ob der Adressat des Emoticon männlich oder weiblich ist, liess sich nicht feststellen und wurde daher ausser Acht gelassen. Das Korpus rundet die relative Häufigkeit auf zwei Stellen nach dem Dezimalpunkt. Die fett gedruckten Zahlen stellen die relative Häufigkeit der Emoticonpaare, welche die gleiche Bedeutung tragen, dar. Sie werden durch das Addieren der beiden einzelnen Werte von a und b errechnet. abgefragtes Frauen Männer Total Emoticon 1a :-) 4.64 4.13 4.50 7.08 7.33 7.15 1b :) 2.44 3.20 2.65 2a ;-) 2.19 2.24 2.23 3.54 3.1 3.43 2b ;) 1.35 0.86 1.20 3a :-D 1.38 0.81 1.21 1.85 1.18 1.65 3b :D 0.47 0.37 0.44 4a :-P 0.28 0.42 0.32 0.42 0.67 0.49 4b :P 0.14 0.25 0.17 5a :-( 0.53 0.72 0.59 0.89 0.99 0.93 5b :( 0.36 0.27 0.34 6a :-/ 0.11 0.02 0.08 0.16 0.04 0.12 6b :/ 0.05 0.02 0.04 ! %%!
7a :-* 0.82 0.68 0.78 0.96 0.76 0.90 7b :* 0.14 0.08 0.12 8a :-S 0.16 0.07 0.13 0.26 0.14 0.22 8b :S 0.10 0.07 0.09 9
Die zwinkernden Emoticons 2a und 2b werden vor allem gebraucht um auf Sarkasmus anzudeuten und sind in Flirt-Dialogen häufig anzutreffen (Frehner, 2008: 122). Frauen haben in den zur Verfügung gestellten Kurznachrichten die Emoticons 2a und 2b etwas öfter als Männer gebraucht. Nach den Smileys 1a und 1b wurden 2a und 2b am zweithäufigsten versendet. Auch 3a und 3b, die laut lachenden Emoticons, wurden öfter von Frauen als von Männern verschickt. Die küssenden Emoticons 7a und 7b als auch das Emoticon 9, das die Bedeutung Herz oder Liebe trägt, werden ebenfalls von den Frauen bevorzugt. 8a und 8b wurden beinahe doppelt so viel von Frauen als von Männern versendet. Diese Emoticons werden gebraucht, wenn eine Aussage unklar ist oder etwas nicht verstanden wird. Vermutlich mit dem Ziel, Missverständnissen aus dem Weg zu gehen, brauchen Frauen dieses Emoticon doppelt so oft wie Männer, denn sie legen mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen (vgl. Kapitel 2.2). Auch 6a und 6b, die skeptischen Gesichter, wurden von den weiblichen Teilnehmern deutlich häufiger versendet als von den männlichen Teilnehmern, die zwei Emoticons sind insgesamt jedoch nur sehr selten in den gesammelten Kurznachrichten anzutreffen. 3. Zusammenfassung und Schlusswort ! Ziel der Arbeit war der Vergleich der Häufigkeiten nach Geschlecht der versendeten Emoticons in Kurznachrichten in der Schweiz. Gesamthaft wurden die 17 Emoticons in der Kategorie Frauen und Männer pro 1000 Wörter 15.42 versendet. Die geringe Zahl erstaunt. Auf den ersten Blick scheint diese Untersuchung die schon existierende Forschung zu unterstreichen. Die im Korpus registrierten weiblichen Teilnehmerinnen haben mehr Emoticons als die männlichen Teilnehmer versendet, die Differenz beträgt jedoch nur 1.55 Emoticons pro 1000 Wörtern. Dies entspricht der Hypothese, der Unterschied ist jedoch viel kleiner als erwartet. Da das Ergebnis nicht sehr deutlich ausfällt, ist es also nicht einmal tendenziell zutreffend, von emotionalen Frauen und gefühlsschwachen Männern im Hinblick auf die Häufigkeit der versendeten Emoticons in Kurznachrichten in der Schweiz zu sprechen. Die im Rahmen dieser Arbeit erfolgte Untersuchung lässt hingegen die plausible Vermutung zu, dass Männer die Emoticons, welche sarkastisch und ärgernd gemeint sind, öfter gebrauchen als Frauen. Gemeint sind das zwinkernde Emoticon und jenes, welches die Zunge rausstreckt. Frauen dagegen sind in der Mehrzahl wenn es um die ! %#!
Emoticons, welche mit Liebe und Zuneigung zu tun haben, nämlich 7a, 7b und 9, geht. Diese gewonnenen Erkenntnisse sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen. Es gibt zahlreiche weitere Emoticons und Varianten der hier erforschten, die im Korpus nicht abgefragt wurden, jedoch einen entscheidenden Einfluss auf das Resultat haben könnten. Alle Emoticons, welche in den gesammelten Nachrichten des Korpus sms4sciences.ch vorkommen ausfindig zu machen, wäre mit einem nicht zu leistenden Aufwand verbunden gewesen. Eine quantitative Erhebung wie diese müsste zudem mit qualitativen Studien ergänzt werden, da sich der Gebrauch von Emoticons auch danach richtet, welcher Art die Nachricht ist (privat oder geschäftlich) und wie vertraut sich Sender und Empfänger sind. Ebenso spielt das Geschlecht des Empfängers eine grosse Rolle. Es wäre interessant zu erforschen, ob die hier gewonnenen Erkenntnisse auf alle Alterskategorien zutreffen. Die Rollen von Mann und Frau in den älteren Generationen unterscheidet sich oft von denen jener in der jüngeren Generation, weshalb eine Abweichung hinsichtlich Auswahl und Häufigkeit der Emoticons in den verschiedenen Altersgruppen ziemlich wahrscheinlich ist. Ausserdem hat das SMS als Mittelungsmedium viel Konkurrenz erhalten. Für die Zukunft relevant wären Untersuchungen, welche aufzeigen, wie Emoticons Nachrichten auf WhatsApp, Facebook oder Twitter ergänzen und ironisieren. Dank der grossen Auswahl an vorgefertigten und katalogisierten Emoticons können diese in geschickter Verbindung miteinander ganze Geschichten erzählen. Es wird sich zeigen, ob in Zukunft die geschriebenen Worte in elektronischer Kommunikation ihren Platz halten können oder ob eine buchstabenlose Bildsprache, nur aus Emoticons bestehend, ihnen den Rang abläuft. An diesem Punkt möchte ich meinen Dank aussprechen, das Korpus für diese Untersuchung benutzt haben zu dürfen. ! %$!
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Philosophisch-Historische Studiendekanat Bernoullistr. 28 Tel.: 061 267 30 50 Fakultät CH-4056 Basel Studiendekanat-Phil1@unibas.ch www.philhist.unibas.ch Erklärung betr. „Regeln zur Sicherung wissenschaftlicher Redlichkeit“ Hiermit bestätige ich, dass ich vertraut bin mit den von der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Basel herausgegebenen „Regeln zur Sicherung wissenschaftlicher Redlichkeit“ und diese gewissenhaft befolgt habe. Vorname & Name: Titel der schriftlichen Arbeit: Datum: Unterschrift:
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