Der geschlechtsabhängige Gebrauch von Emoticons in SMS in der Schweiz

Die Seite wird erstellt Vanessa-Hortensia Rieger
 
WEITER LESEN
Universität Basel, Deutsches Seminar
HS 2012
Proseminar: Struktur der deutschen Sprache im Kontext
Dozentin: M.A. Vera Mundwiler

  Der geschlechtsabhängige
Gebrauch von Emoticons in SMS
        in der Schweiz
                 Abgabedatum: 25.02.2013

         Proseminararbeit von Maximilian Gutgesell

           Fächer: Deutsche Philologie/Mathematik

                Matrikelnummer: 11-915-931

                     Erlenstrasse 57
                         4058 Basel
                    Tel.: 079 538 88 65
               max.gutgesell@stud.unibas.ch
1. Einleitung................................................................................................. 3

2. Hauptteil................................................................................................... 4
    2.1 Klärung und Hintergrund der Begriffe „Emoticon“ und „SMS“ .... 4
      2.1.1 Emoticons ...................................................................................... 4
      2.1.2 SMS ............................................................................................... 6
    2.3 Stand der Forschung........................................................................ 8
    2.4 Leitfrage und Hypothese.................................................................. 9
    2.5 Korpus, Auswahl der Emoticons und Datenerhebung................. 9
      2.5.1 Das Korpus sms4sciences.ch........................................................ 9
      2.5.2 Auswahl und Abfrage der Emoticons........................................... 10
      2.5.3 Auswertung der Daten ................................................................. 12

3. Zusammenfassung und Schlusswort ................................................. 13

Quellenverzeichnis ................................................................................... 15

!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!
!

!                                                    "!
1. Einleitung
!
Short Message Service, kurz SMS, ist ein Phänomen der letzten Jahrzehnte,
welches     innert    kürzester     Zeit    weitreichende      Veränderungen       in   der
zwischenmenschlichen Kommunikation herbeigeführt hat. Neben vielen Vorteilen
bringen Kurznachrichten jedoch einige Probleme mit sich. Einerseits können
paraverbale Zeichen wie Lautstärke und Intonation sowie non-verbale Zeichen wie
Gesten und Gesichtsausdrücke in elektronischen Texten nicht vermittelt werden.
Andererseits muss die zu vermittelnde Botschaft an die beschränkte Kapazität der
Zeichen einer Kurznachricht angepasst werden. Kurznachrichten bestehen nicht nur
aus geschriebenen Wörtern, sondern können auch durch sogenannte Emoticons
ergänzt werden. Ein Emoticon ist eine Folge aus Satzzeichen, welches ikonisch ein
Gesicht darstellt und meistens ein menschliches Gefühl symbolisiert. Emoticons
können aber auch Objekte wie ein Verkehrsmittel oder Lebensmittel darstellen.
Diese Proseminararbeit untersucht mithilfe des Korpus sms4sciences.ch, dem
Schweizer SMS Korpus, den geschlechtsspezifischen Gebrauch von Emoticons in
Kurznachrichten in der Schweiz. Die Forschungsfrage lautet „Verwenden Frauen
und Männer in SMS in der Schweiz Emoticons gleich häufig? Was sind die
Gründe für allfällige Unterschiede?“. 17 gängige Emoticons werden nach ihrer
relativen Häufigkeit in von Männern versendeten Kurznachrichten und andererseits in
von Frauen versendeten Kurznachrichten abgefragt und diese verglichen. Es gibt es
noch   keine   vergleichbare      Studie   in    diesem    Teilgebiet   der   elektronischen
Kommunikation.       Meine   Hypothese          lautet   aufgrund   bereits    existierender
Untersuchungen, dass Frauen tendenziell mehr Emoticons gebrauchen als Männer.
In einem ersten Teil wird der Begriff Emoticon genauer betrachtet. Neben
verschiedenen Definitionen liegt der Fokus auf den Funktionen und der Geschichte
der Emoticons. Anschliessend wird kurz auf das Medium Short Message Service
eingegangen und dessen Hintergründe, Eigenschaften und die daraus resultierenden
Probleme genauer beleuchtet. Um eine theoretische Grundlage für die Auswertung
der Daten zu haben, folgt ein Kapitel, welches die Unterschiede in der
Kommunikation von Frauen und von Männern kurz erläutert. Nach einem kurzen
Einblick in die schon existierende Forschung auf diesem Gebiet folgt im Hauptteil
dieser Arbeit die Untersuchung des Gebrauchs von 17 ausgewählten Emoticons mit
Hilfe des Korpus und die anschliessende Auswertung und Diskussion der Daten. Im
Schlussteil wird das Resultat der Untersuchung nochmals kurz zusammengefasst,
auf Probleme dieser Forschungsarbeit eingegangen und ein Blick in die Zukunft
geworfen.

!                                               #!
2. Hauptteil

2.1 Klärung und Hintergrund der Begriffe „Emoticon“ und „SMS“

        2.1.1 Emoticons

Wahrscheinlich gibt es wenige Menschen im Besitz eines Mobiltelefons, die noch nie
ein Emoticon gesehen beziehungsweise gebraucht haben. Wir treffen sie alltäglich in
der heutigen, modernen Welt an. Sie tauchen in Kurznachrichten (SMS, WhatsApp,
Twitter), in der Werbung, auf Internetseiten, in Emails und vielem mehr auf.
Emoticons vereinfachen die tagtägliche Kommunikation erheblich.

Das Hacker‘s Dictionary (Raymond 1994: 162) umschreibt den Begriff Emoticon -
eine Komposition der englischen Wörter Emotion und Icon1 - wie folgt:

             An ASCII2 glyph used to indicate an emotional state in e-mail or news [Ein
             ASCII Bildzeichen, welches gebraucht wird um einen emotionalen Zustand
             in Emails oder Nachrichten anzuzeigen].

Laut Rezabek et al. (1998: 201, zit. nach Amaghlobeli 1998: 348) sind Emoticons

             visual cues formed from ordinary typographical symbols that when
              read sideways represent feelings or emotions [visuelle Hinweise,
             gebildet aus üblichen typographischen Symbolen, welche Gefühle oder
             Emotionen repräsentieren, wenn sie seitwärts gelesen werden].

Der letzte Aspekt ist typisch für Emoticons, denn die meisten sind aufgrund ihrer
Zusammensetzung             aus     typographischen           Zeichen       um     90°     meistens        im
Gegenuhrzeigersinn gedreht.

Emoticons vermitteln nicht nur einen tatsächlich vorhandenen Gefühlszustand, sie
dienen auch dazu, sarkastische oder ironisch gemeinte Aussagen zu markieren oder
eine simple Aussage zu verstärken oder abzuwerten. Die Ergänzung eines Textes
durch Bildsprache bietet sich an, da die in persönlicher Kommunikation vorhandenen
para- und non-verbalen Zeichen wie Gesten, Gesichtsausdrücke, Stimmlage und
Lautstärke in der elektronischen Kommunikation nicht vorhanden sind (Dresner et al.
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
%!Wobei man bei Emoticons in der sprachwissenschaftlichen Terminologie nicht nur von Icons sprechen kann.
Einige Emoticons, wie zum Beispiel
1993: 250; Frehner 2008: 121f.). Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:

          (1) Du bist doof
          (2) Du bist doof :-)

Im Gegensatz zu (1), welches wortwörtlich gelesen werden kann, deutet das
Emoticon in (2) darauf hin, dass diese Aussage nicht ernst gemeint ist.

Ebenso sind Emoticons verstärkende Indikatoren der sogenannten illokutiven Kraft
der versendeten Short Messages. Der Begriff „illokutiv“ stammt aus der
Sprachakttheorie von J. S. Austin und wurde erstmals erwähnt in How to Do Things
with Words aus dem Jahre 1962. Ein illokutiver Akt ist, im Gegensatz zum lokutiven
Akt, welcher sich auf die simple Produktion einer sprachlichen Äusserung bezieht,
die mit der sprachlichen Äusserung verfolgte Absicht (Dresner et al. 1993: 253).
Betrachtet man die zwei verschiedenen Antworten auf die Frage „Was machst du
heute? Hast du Lust etwas zu unternehmen?“

          (3) Ich habe heute Schule
          (4) Ich habe heute Schule :-(

sieht man, dass (3) eine andere Absicht als (4) verfolgt. Während mit der Antwort (3)
gemeint ist, dass der Betreffende keine Zeit hat, impliziert das Emoticon in Antwort
(4), dass der Betreffende keine Zeit hat, nicht gerne in der Schule ist und
wahrscheinlich     gerne         etwas    unternehmen     würde.     In        gewissen
Kommunikationssituationen kann ein Emoticon sogar entscheidend sein, ob sich ein
Konflikt entwickelt oder nicht. Falls der Empfänger den illokutiven Akt des Senders
nicht erkennt und eine andere Absicht in die Short Message hineininterpretiert, führt
dies schnell zu ungewollten Missverständnissen.

Der Ursprung der Emoticons findet sich an der Carnegie Mellon Universität in
Pittsburgh, Pennsylvania. Im Jahr 1982 erfand der junge Professor Scott Fahlmann
das wohl gängigste Emoticon, nämlich :-), auch einfach Smiley genannt. Er suchte
nach einer Lösung für die in Chatrooms immer wieder auftretenden Spannungen,
ausgelöst durch Missverständnisse der User. In kürzester Zeit verbreitete sich das
Smiley an anderen Universitäten. Als sich das Internet in den 1990er Jahren weltweit
ausdehnte, begann der Siegeszug der Emoticons. (nytimes.com; Raymond 1994:
163).
!                                          &!
Mittlerweile gibt es eine riesige Fülle an Emoticons, welche verschiedenste
Bedeutungen haben. Kein Gefühl kann nicht durch ein Emoticon ausgedrückt
werden. Obwohl eine solche Vielfalt existiert, greift man im alltäglichen Gebrauch auf
wenige Standardemoticons zurück.. In verschiedenen Lexika, gedruckt oder
elektronisch, können Emoticons und deren Bedeutung nachgeschlagen werden, zum
Beispiel auf http://www.heisoft.de/web/emoticon/emoticon.htm oder in Emoticons:
Kultkommunika-tion ohne Worte von Karin Niedermeyer (2001) und Smileys von
David W. Sanderson (1997), um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

      2.1.2 SMS

SMS, ein Akronym des englischen Begriffs Short Message Service, ist ein
Phänomen, welches im späten 20. Jahrhundert erstmals auftaucht und eigentlich ein
Nebenprodukt anderer mobiler Kommunikationsdienstleistungen ist (Frehner 2008:
81ff.). SMS wird zum Teil zur Bezeichnung des Mediums selbst oder der einzelnen
Nachrichten gebraucht. Im Folgenden wird mit SMS das Medium gemeint und
Kurznachrichten bezieht sich auf die einzelnen Nachrichten. Laut Crystal (2008: 186)
definiert sich SMS als „A mobile phone service that enables a user to send short
written messages to other users“ [ein Mobiltelefonservice welcher es den Usern
erlaubt, sich gegenseitig kurze, schriftliche Nachrichten zu senden]. Doch
ursprünglich war SMS gar nicht dafür gedacht:

          It started as a message service, allowing operators to inform all their own
          customers about things such as problems with the network. When we
          created SMS (Short Message Service) it was not really meant to
          communicate from consumer to consumer and certainly not meant to
          become the main channel which the younger generation would use to
          communicate with each other.
          [Es hat angefangen als Nachrichtendienst, welcher es den
          Mobilfunkbetreibern erlaubte, ihre Kunden über Dinge wie Probleme mit
          dem Netzwerk zu informieren. Als wir SMS (Short Message Service)
          erschufen, war es nicht dazu gedacht, dass Konsumenten mit anderen
          Konsumenten kommunizieren können und noch weniger, dass es zum
          Hauptkommunikationskanal der jüngeren Generation wird].
          (Zitat von Cor Stutterheim aus Wray 2002)

SMS wurde von den Mobilfunkbetreibern kreiert, um ihrerseits die Kunden
kontaktieren zu können, wie das obige Zitat zeigt. Die ersten Kurznachrichten
wurden, je nach Quelle, entweder in Finnland im Jahre 1992 bzw. 1993 (Crystal
!                                      '!
2008: 4) oder in Grossbritannien im Jahre 1992 (Buckingham 2001: 13) zu
experimentellen Zwecken versendet. Populär wurde SMS aber erst einige Jahre
später, als Anfangsschwierigkeiten von den Netzbetreibern behoben werden konnten
und die SMS-Nutzer eine bestimmte Anzahl erreicht haben. Seit diesem Zeitpunkt
steigt die Zahl der weltweit versendeten Kurznachrichten drastisch (Crystal 2008:
4f.). Während in der Schweiz im Jahre 1998 noch 36 Millionen Kurznachrichten
versendet wurden, waren es 2000 schon 1‘053 Mio., 2005 3‘448 Mio und 2011
geschätzte 6‘754 Mio. (bakom.admin.ch 2012). Das goldene Zeitalter des SMS neigt
sich jedoch so langsam dem Ende zu. Nachrichten werden immer mehr über
kostenlose Programme wie Facebook, Twitter und vor allem WhatsApp versendet
(Frankfurter Allgemeine 2012). Aufgrund der beschränkten Anzahl der verfügbaren
Zeichen, üblicherweise 160, wenn mit dem lateinischen Alphabet3 geschrieben wird,
unterscheidet sich die Sprache in den Kurznachrichten zum Teil drastisch im
Vergleich      zu    der     Standardsprache.          Viele    Abkürzungen,         Auslassungen,
typographische Symbole und Ikone, eben Emoticons, werden aus diesem Grund
verwendet (Crystal 2008: 6f.; Frehner 2008: 91ff.). Exemplarisch dafür ist folgendes
Zitat:

            2B or not 2B - tht is th? (Crystal 2008: 1)

Bei genauerem Hinsehen erkennt man den wohl berühmtesten Satz Shakespeares,
„To be or not to be, that is the question“ [Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage].

2.2 Unterschiede in der Kommunikation zwischen Frau und Mann

Da diese Arbeit die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Gebrauch der
Emoticons in SMS untersucht, ist eine kurzer Überblick der unterschiedlichen
Kommunikation         von     Mann      und     Frau      unumgänglich.        In    verschiedenen
Forschungsarbeiten kommt man zum Schluss, dass Männer eher gefühllos und
Frauen emotional sind. Dafür werden dafür verschiedene Gründe genannt. Balswick
et al. (1971: 366f.) kommen zur Schlussfolgerung, dass Männer entweder durch die
Rolle des männlichen Geschlechts in der Gesellschaft, in die sie hineinwachsen,
gefühlsschwach sind oder dass sie durch das Lernen der Rolle ihres Geschlechts
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
#!Das lateinische Alphabet ist mit 7 Bit codiert. Bei andere Sprachen, wie Hochchinesisch oder
Japanisch, haben die Short Messages eine maximale Länge von 70 Zeichen, denn diese Alphabete
sind mit 16 Bit codiert aufgrund der komplexeren und zahlreicheren Schriftzeichen (vgl. Crystal, 2008:
6).!
!                                                 (!
annehmen, nicht emotional sein zu dürfen. Im Gegensatz dazu verteidigt Sattel
(1976: 475f.) den Standpunkt, dass die männliche Ausdrucksschwäche eine Folge
des Anspruchs und Streben nach Macht ist. Gefühle zu zeigen bedeutet verletzlich
zu sein. Oppermann (1995: 16) bestätigt durch eine nur mit Frauen durchgeführte
Umfrage, dass Männer eher dominant, behauptend, einfach und emotionslos und
Frauen eher vorsichtig, zurückhaltend, emotional und ganzheitlich sprechen.

            Frauen sprechen eine Sprache, die Bindung, menschliche Nähe und
            Akzeptanz sucht. Männer sprechen eine Sprache, die status- und
            machtorientiert ist. (Oppermann 1995: 61).

            Männern kommt es mehr auf Informationsvermittlung an - für Frauen ist
            die Beziehung zu ihrem Gesprächspartner wichtiger. (Oppermann 1995:
            10)

Auch diese zwei Zitate implizieren, dass Frauen zwischenmenschliche Beziehungen,
also Gefühle untereinander, mehr wertschätzen, während Männer in einer fast schon
egoistischen Weise sich Vorteile verschaffen zu suchen.

Im Hinblick auf die spätere Auswertung der Daten wurden neuere Untersuchungen
im Bereich Gender ausser Acht gelassen. Da das Korpus sms4sciences.ch
ausschliesslich Informationen über das biologische Geschlecht und nicht über die
geschlechtliche Identität sammelt, bezieht sich die Auswertung der Daten auf die
vorangegangenen Resultate.

2.3      Stand der Forschung

Es existieren bereits Studien über die geschlechtsspezifischen Unterschiede im
Gebrauch von Emoticons. Alle Daten dieser Studien wurden jedoch in Mailinglisten
erfragt und in sogenannten Newsgroups erhoben und untersucht. Untersuchungen
über die Unterschiede der Geschlechter beim Gebrauch von Emoticons in SMS gibt
es noch keine.

Witmer et al. (1997) kommen in ihrer Untersuchung zum Schluss, dass Frauen
tendenziell mehr Emoticons in Emails verwenden als Männer, beide Geschlechter
jedoch    relativ   wenig   Emoticons   gebrauchen.   Wolf   (2000)   stellt   in   ihrer
Forschungsarbeit über Newsgroups fest, dass Frauen Emoticons häufig verwenden,
um humorvolle Nachrichten zu senden, während Männer diese meistens in einer
sarkastischen oder ärgernden Weise der Nachricht hinzufügen. Hartig et al. (kein

!                                         )!
Datum vorhanden) konstatieren, dass Männer deutlich weniger Emoticons in privaten
Emails versenden als Frauen es tun.

2.4     Leitfrage und Hypothese

Die Leitfragen dieser Arbeit lautet „Verwenden Frauen und Männer in SMS in der
Schweiz Emoticons gleich häufig? Was sind die Gründe für allfällige
Unterschiede?“. In dieser Untersuchung wird versucht, diese Frage mithilfe der von
sms4sciences.ch gesammelter Kurznachrichten von allen Altersgruppen und in allen
vier Landessprachen zu beantworten.

Meine Hypothese lautet, dass Frauen die selben Emoticons häufiger verwenden als
Männer. Dies stützt sich auf die Schlussfolgerungen der Kapitel 2.2 und 2.3.

2.5     Korpus, Auswahl der Emoticons und Datenerhebung

        2.5.1 Das Korpus sms4sciences.ch

Die Abfrage der Emoticons erfolgt im Korpus sms4sciences.ch, dem Schweizer SMS
Korpus, einem Projekt der Universität Zürich, der Université de Neuchâtel, der
Universität Bern und der Universität Leipzig. Das Korpus beinhaltet insgesamt 25‘947
Kurznachrichten, wobei von Ende Oktober 2009 bis Februar 2010 23‘988
Kurznachrichten in der ganzen Schweiz und Ende April 2011 bis Juli 2011 1‘959
Kurznachrichten im Tessin und in Graubünden gesammelt wurden. Die gesammelten
Kurznachrichten stammen von 2‘784 Teilnehmern, von denen jedoch nur 1‘316 den
dazugehörigen Fragebogen ausgefüllt haben. Das Alter, das Geschlecht und weitere
Informationen über die Teilnehmer sind nur von letzteren vorhanden, weshalb ich bei
der Datenerhebung nur die Kurznachrichten dieser Teilnehmer berücksichtige.
Insgesamt sind 847 Frauen, 465 Männer und 4 Teilnehmer ohne Angabe des
Geschlechts4 registriert. Die Partizipanten stellten eine oder mehrere Kurznachrichten
zur Verfügung. Die Anzahl der für diese Arbeit relevanten Kurznachrichten beträgt
20‘413. 13‘595 Kurznachrichten von Frauen, 6‘789 Kurznachrichten von Männern
und 27 von Teilnehmern ohne Angaben des Geschlechts sind im Korpus gesammelt.
Die Kurznachrichten wurden vor allem in schweizerdeutschem Dialekt, Hochdeutsch,
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
$!Diese vier Teilnehmer haben jedoch abgesehen von der Altersangabe den Rest des Fragebogens ausgefüllt im
Gegensatz zu den Teilnehmern, die keinen Fragebogen ausgefüllt haben.!
!                                                        *!
Hochfranzösisch,          Hochitalienisch        und      den      verschiedenen          Dialekten    des
Rätoromanischen verfasst, weitere Sprachen und Dialekte sind zu vernachlässigen.
Die Sprachen, in welchen die Kurznachrichten verfasst wurden, werden in dieser
Arbeit nicht unterschieden. Der Fokus liegt auf der ganzen Schweiz und nicht auf den
jeweiligen Landesteilen. Die kürzeste Kurznachricht besteht aus einem Zeichen, die
längste aus 2‘374 Zeichen5. Die durchschnittliche Länge einer Kurznachricht beträgt
115 Zeichen. Doppelt vorhandene Kurznachrichten oder Mitteilungen, die nicht von
einer Person versandt wurden wie zum Beispiel Erinnerungen oder Provider-
Informationen wurden gelöscht. Der jüngste Teilnehmer des Projekts ist 12 Jahre,
der älteste 77 Jahre alt. Wie viele Kurznachrichten insgesamt ein Emoticon
beinhalten, ist gesamthaft nur unter grossem Aufwand herauszufinden. Man müsste
jede    Kurznachricht        auf    allfällige    Zeichenfolgen,         welche      zusammen         etwas
symbolisieren, überprüfen und diese dann abfragen, was aber den Rahmen dieser
Arbeit sprengt.

        2.5.2 Auswahl und Abfrage der Emoticons

Die 17 folgenden Emoticons wurden ausgewählt, weil ich diese selbst häufig benutze
und oft in empfangenen Kurznachrichten antreffe.
             Emoticon                       Bedeutung
   1a           :-)
                              lachendes, glückliches Gesicht
   1b            :)
   2a           ;-)
                              Augenzwinkern
   2b            ;)
   3a          :-D
                              lautes, starkes Lachen
   3b          :D
   4a          :-P
                              Zunge rausstrecken
   4b           :P
   5a           :-(
                              trauriges, unglückliches Gesicht
   5b            :(
   6a           :-/
                              skeptisches Gesicht
   6b            :/
   7a           :-*
                              (verliebt) küssen
   7b           :*
   8a          :-S
                              Verwirrung
   8b           :S
    9
Diese 17 in Tabelle 1 aufgelisteten Emoticons können im Korpus ein- oder mehrmals
pro Kurznachricht erscheinen, es werden aber alle Emoticons gezählt.
Die Emoticons 1 - 8 wurden in den Varianten mit und ohne Bindestrich, welcher die
Nase symbolisiert, abgefragt. Variationen wie :-)) , (-: , =) , bei denen Satzzeichen
vertauscht oder hinzugefügt oder das Emoticon 90° im Uhrzeigersinn anstatt im
Gegenuhrzeigersinn geschrieben wurden, werden aus Zeit- und Aufwandsgründen
nicht beachtet, obwohl sie die gleiche Bedeutung tragen. Im Gegensatz dazu macht
das Korpus keinen Unterschied zwischen Gross- und Kleinschreibung, :-p und :-P
zählen als dasselbe Emoticon.
In der folgenden Tabelle 2 wird nur die relative Häufigkeit angegeben, da die
absolute Häufigkeit keinen Aufschluss auf die Verteilung zwischen Männern und
Frauen gibt. Berechnet wird die relative Häufigkeit durch das Vorkommen der
Zeichenfolge pro 1000 Wörtern in den Kurznachrichten aus der entsprechenden
Kategorie, also nicht durch die Häufigkeit pro Kurznachrichten oder durch die
Häufigkeit pro Teilnehmer. Das Emoticon 1a zum Beispiel besitzt eine relative
Häufigkeit von 4.64. Das bedeutet, dass diese Zeichenfolge 4.64 Mal in 1000
Wörtern in allen gesammelten Kurznachrichten, welche von Frauen versendet
wurden, vorkommt. Ob der Adressat des Emoticon männlich oder weiblich ist, liess
sich nicht feststellen und wurde daher ausser Acht gelassen. Das Korpus rundet die
relative Häufigkeit auf zwei Stellen nach dem Dezimalpunkt. Die fett gedruckten
Zahlen stellen die relative Häufigkeit der Emoticonpaare, welche die gleiche
Bedeutung tragen, dar. Sie werden durch das Addieren der beiden einzelnen Werte
von a und b errechnet.

          abgefragtes         Frauen               Männer               Total
           Emoticon
    1a         :-)        4.64                  4.13             4.50
                                   7.08                7.33                 7.15
    1b         :)         2.44                  3.20             2.65
    2a         ;-)        2.19                  2.24             2.23
                                   3.54                 3.1                 3.43
    2b         ;)         1.35                  0.86             1.20
    3a        :-D         1.38                  0.81             1.21
                                   1.85                1.18                 1.65
    3b        :D          0.47                  0.37             0.44
    4a        :-P         0.28                  0.42             0.32
                                   0.42                0.67                 0.49
    4b         :P         0.14                  0.25             0.17
    5a         :-(        0.53                  0.72             0.59
                                   0.89                0.99                 0.93
    5b         :(         0.36                  0.27             0.34
    6a         :-/        0.11                  0.02             0.08
                                   0.16                0.04                 0.12
    6b          :/        0.05                  0.02             0.04
!                                         %%!
7a             :-*            0.82                      0.68               0.78
                                               0.96                    0.76               0.90
    7b              :*            0.14                      0.08               0.12
    8a             :-S            0.16                      0.07               0.13
                                               0.26                    0.14               0.22
    8b             :S             0.10                      0.07               0.09
     9
Die zwinkernden Emoticons 2a und 2b werden vor allem gebraucht um auf
Sarkasmus anzudeuten und sind in Flirt-Dialogen häufig anzutreffen (Frehner, 2008:
122). Frauen haben in den zur Verfügung gestellten Kurznachrichten die Emoticons
2a und 2b etwas öfter als Männer gebraucht. Nach den Smileys 1a und 1b wurden
2a und 2b am zweithäufigsten versendet. Auch 3a und 3b, die laut lachenden
Emoticons, wurden öfter von Frauen als von Männern verschickt. Die küssenden
Emoticons 7a und 7b als auch das Emoticon 9, das die Bedeutung Herz oder Liebe
trägt, werden ebenfalls von den Frauen bevorzugt.

8a und 8b wurden beinahe doppelt so viel von Frauen als von Männern versendet.
Diese Emoticons werden gebraucht, wenn eine Aussage unklar ist oder etwas nicht
verstanden wird. Vermutlich mit dem Ziel, Missverständnissen aus dem Weg zu
gehen, brauchen Frauen dieses Emoticon doppelt so oft wie Männer, denn sie legen
mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen (vgl. Kapitel 2.2). Auch 6a und 6b,
die skeptischen Gesichter, wurden von den weiblichen Teilnehmern deutlich häufiger
versendet als von den männlichen Teilnehmern, die zwei Emoticons sind insgesamt
jedoch nur sehr selten in den gesammelten Kurznachrichten anzutreffen.

3. Zusammenfassung und Schlusswort
!
Ziel der Arbeit war der Vergleich der Häufigkeiten nach Geschlecht der versendeten
Emoticons in Kurznachrichten in der Schweiz. Gesamthaft wurden die 17 Emoticons
in der Kategorie Frauen und Männer pro 1000 Wörter 15.42 versendet. Die geringe
Zahl erstaunt.
Auf den ersten Blick scheint diese Untersuchung die schon existierende Forschung
zu unterstreichen. Die im Korpus registrierten weiblichen Teilnehmerinnen haben
mehr Emoticons als die männlichen Teilnehmer versendet, die Differenz beträgt
jedoch nur 1.55 Emoticons pro 1000 Wörtern. Dies entspricht der Hypothese, der
Unterschied ist jedoch viel kleiner als erwartet. Da das Ergebnis nicht sehr deutlich
ausfällt, ist es also nicht einmal tendenziell zutreffend, von emotionalen Frauen und
gefühlsschwachen Männern im Hinblick auf die Häufigkeit der versendeten
Emoticons in Kurznachrichten in der Schweiz zu sprechen. Die im Rahmen dieser
Arbeit erfolgte Untersuchung lässt hingegen die plausible Vermutung zu, dass
Männer die Emoticons, welche sarkastisch und ärgernd gemeint sind, öfter
gebrauchen als Frauen. Gemeint sind das zwinkernde Emoticon und jenes, welches
die Zunge rausstreckt. Frauen dagegen sind in der Mehrzahl wenn es um die
!                                        %#!
Emoticons, welche mit Liebe und Zuneigung zu tun haben, nämlich 7a, 7b und 9,
geht.
Diese gewonnenen Erkenntnisse sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen. Es gibt
zahlreiche weitere Emoticons und Varianten der hier erforschten, die im Korpus nicht
abgefragt wurden, jedoch einen entscheidenden Einfluss auf das Resultat haben
könnten. Alle Emoticons, welche in den gesammelten Nachrichten des Korpus
sms4sciences.ch vorkommen ausfindig zu machen, wäre mit einem nicht zu
leistenden Aufwand verbunden gewesen. Eine quantitative Erhebung wie diese
müsste zudem mit qualitativen Studien ergänzt werden, da sich der Gebrauch von
Emoticons auch danach richtet, welcher Art die Nachricht ist (privat oder
geschäftlich) und wie vertraut sich Sender und Empfänger sind. Ebenso spielt das
Geschlecht des Empfängers eine grosse Rolle.
Es wäre interessant zu erforschen, ob die hier gewonnenen Erkenntnisse auf alle
Alterskategorien zutreffen. Die Rollen von Mann und Frau in den älteren
Generationen unterscheidet sich oft von denen jener in der jüngeren Generation,
weshalb eine Abweichung hinsichtlich Auswahl und Häufigkeit der Emoticons in den
verschiedenen Altersgruppen ziemlich wahrscheinlich ist.
Ausserdem hat das SMS als Mittelungsmedium viel Konkurrenz erhalten. Für die
Zukunft relevant wären Untersuchungen, welche aufzeigen, wie Emoticons
Nachrichten auf WhatsApp, Facebook oder Twitter ergänzen und ironisieren. Dank
der grossen Auswahl an vorgefertigten und katalogisierten Emoticons können diese
in geschickter Verbindung miteinander ganze Geschichten erzählen. Es wird sich
zeigen, ob in Zukunft die geschriebenen Worte in elektronischer Kommunikation
ihren Platz halten können oder ob eine buchstabenlose Bildsprache, nur aus
Emoticons bestehend, ihnen den Rang abläuft.
An diesem Punkt möchte ich meinen Dank aussprechen, das Korpus für diese
Untersuchung benutzt haben zu dürfen.

!                                       %$!
Quellenverzeichnis
Amaghlobeli, Natia (2012): Linguistic Features of Typographic Emoticons in SMS
    Discourse. Theory and Practice in Language Studies 2, 348-354. Online unter:
    http://www.google.ch/url?sa=t&rct=j&q=sms%20emoticons%20sex%20linguistic
    s&source=web&cd=1&ved=0CDUQFjAA&url=http%3A%2F%2Fojs.academypu
    blisher.com%2Findex.php%2Ftpls%2Farticle%2Fdownload%2Ftpls0202348354
    %2F4260&ei=TszrUOHELs3Cswbt24GYAQ&usg=AFQjCNFUuize4I2WHeKj8d
    Jp9G8bEywTFg&bvm=bv.1357316858,d.Yms (konsultiert am 23.02.2013).

Austin, John L. (1962): How to do things with words. Oxford: Clarendon Press.

Balswick, Jack; Peek, Charles (1971): The inexpressive male: a tragedy of American
     society. The family coordinator 20, 363-368.

Buckingham, Simon (2001): Succes 4 SMS. Bericht über SMS. Online unter:
     http://kambing.ui.ac.id/onnopurbo/library/library-ref-eng/ref-eng-
     2/physical/wireless/cellullar/sms/sms.pdf (konsultiert am 23.01.2013).

Bundesamt für Kommunikation (2012): Amtliche Fernmeldestatistik 2011. Online
    unter:
    http://www.bakom.admin.ch/dokumentation/zahlen/00744/00746/index.html?lan
    g=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z
    6gpJCDe4J2e2ym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A-- (konsultiert am 23.02.2013).

Crystal, David (2008): Txtng: the Gr8 Db8. Oxford: Oxford University Press.

Dresner, Eli; Herring, Susan C. (2010): Functions of the nonverbal in CMC.
    emoticons and illocutionary force. Communication theory 3, 249-268.

Frankfurter Allgemeine (kein Autor angegeben, 2012): Nach 20 Jahren naht das
     Ende. Artikel in der Frankfurter Allgemeinen. Online unter:
     http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/sms-nach-20-jahren-naht-das-ende-
     11980369.html (konsultiert am 23.02.2013).

Frehner, Carmen (2008): Email - SMS - MMS: the linguistic creativity of
     asynchronous discourse in the new media age. Bern: Peter Lang.

Hartig, Johannes; Jude, Nina; Moosbrugger, Helfried (kein Datum vorhanden):
     Mittelbarkeit von Emotionen in Computervermittelter Kommunikation. Online
     unter: http://gor.de/archive/gor99/tband99/pdfs/a_h/hartig.pdf (konsultiert am
     23.02.2013).

Kennedy, Pagan (2012): Who Made That Emoticon? Artikel in der New York Times
    vom 23. November 2012. Online unter:
    http://www.nytimes.com/2012/11/25/magazine/who-made-that-
    emoticon.html?_r=0 (konsultiert am 23.02.2013).

Leib, Sascha (kein Datum vorhanden): Emoticons. So versteht man sich im Internet.
Online-Lexikon für Emoticons. Online unter:
http://www.heisoft.de/web/emoticon/emoticon.htm (konsultiert am 23.02.2013)
!                                         %&!
Niedermeier, Karin (2001): Emoticons: Kultkommunikation ohne Worte. Mainz:
     Schmidt.

Oppermann, Katrin (1995): Frauensprache – Männersprache. Zürich: Orell Füssli.

pc.net, kein Autor und kein Datum: Emoticons. Fun Text-Based Expressions. Online
     unter: http://pc.net/emoticons/ (konsultiert am 23.02.2013).

Raymond, Eric Steven (1993): The Hacker‘s Dictionary. 2nd ed. Cambridge: MIT
    Press.

Rezabek, L. L.; Cochenour, J. J. (1998): Visual cues in computer-mediated
    communication: Supplementing text with emoticons. Journal of Visual Literacy
    18, 201-215.

Sawerschel, Hans (2003): Nonverbale Kommunikation. Zeichen, Signale und
    Symbole als Vermittler von Botschaften. Der Sprachspiegel 4, 127-129.

Sanderson, David (1997): Lexikon der Emotikons. Zeitschrift für Semiotik 3, 307-315.

Sattel, Jack W. (1976): The inexpressive male: Tragedy or Sexual Politics? Social
     Problems 23, 469-477.

Wray, Richard (2002): First with the message. Artikel in The Guardian vom
    16.03.2002. Online unter: http://www.guardian.co.uk/business/2002/mar/16/5
    (konsultiert am 23.02.2013).

Wolf, Alecia (2000): Emotional expression online: Gender differences in emoticon
     use. CyberPsychology and Behavior 3, 827–833.

Witmer, Diane F.; Katzman, Sandra L. (1997): On-line smiles: Does gender make a
    difference in the use of graphic accents? Journal of Computer Mediated
    Communication, 2. Online unter:
    http://jcmc.indiana.edu/vol2/issue4/witmer1.html (konsultiert am 23.02.2012).

!

!                                        %'!
Philosophisch-Historische   Studiendekanat   Bernoullistr. 28   Tel.: 061 267 30 50
Fakultät                                     CH-4056 Basel      Studiendekanat-Phil1@unibas.ch
                                                                www.philhist.unibas.ch

Erklärung betr. „Regeln zur Sicherung wissenschaftlicher Redlichkeit“

Hiermit bestätige ich, dass ich vertraut bin mit den von der Philosophisch-Historischen
Fakultät der Universität Basel herausgegebenen „Regeln zur Sicherung wissenschaftlicher
Redlichkeit“ und diese gewissenhaft befolgt habe.

Vorname & Name:

Titel der schriftlichen Arbeit:

Datum:

Unterschrift:
Sie können auch lesen