Der Grasshopper Club ist als Marke einzigartig - 62 GC
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**62-67_06_Begegnung_P+.qxd 28.11.2008 14:17 Uhr Seite 62 62 GC Begegnung Der Grasshopper Club ist als Marke einzigartig Sie stehen an der Spitze des bekanntesten Schweizer Fussball-Klubs und der Schweizer Liga: GC-Präsident Roger Berbig und Peter Stadelmann, der Präsident der Swiss Football League. «GCLife» moderierte ein anregendes Gespräch zwischen den beiden Führungspersönlichkeiten. Moderation Eugen Desiderato und Daniel Fricker | Bilder Melanie Duchene «GCLife»: Herr Stadelmann, welchen einzigartigen Wert hat, den wir auch sie sind eher im Verfolgerfeld von zwei, Stellenwert hat der Grasshopper Club entsprechend vermarkten. Diese An- drei Klubs. Ich finde, der Umbau der Zürich für die Liga? strengungen dürfen nie nachlassen, Mannschaft war sehr gut. Es waren Peter Stadelmann: GC hat als Marke darauf achten wir besonders. Ich den- radikale Veränderungen, die auch das den obersten Stellenwert, den man ke, dass es für den Schweizer Fussball Spielsystem betrafen. Das ist sehr gut haben kann. Es ist aber im Moment so, insgesamt gut wäre, wenn mindestens gelungen, die Mannschaft in dieser dass der Wert der Marke und der Wert vier Mannschaften um den Titel mit- Zusammensetzung macht in der aktuel- des Klubs im Schweizer Fussball nicht spielen könnten. len Situation von GC viel Sinn. Auf der ganz korrespondieren. Ich hoffe, dass anderen Seite ist es speziell schwierig GC wieder zum richtigen Konkurrenten «GCLife»: Kann die Liga bei dem Vor- in Zürich, mit zwei Spitzenklubs. Da des FC Basel oder des FC Zürich wer- haben helfen, die Marke GC wieder geht es auch darum, sich bei den den kann. Das Potenzial ist da, aber es wertvoller zu machen? Zuschauern zu behaupten. Aber als gibt auch gewisse Schwierigkeiten, die Berbig: Es ist nicht primär die Aufgabe Marke ist GC einfach sensationell und überwunden werden müssen. GC war der Liga, nur für einen Klub da zu sein. einmalig, und ich denke, es ist der schon immer das grösste Feindbild für Die Liga muss schauen, dass ein aus- Wunsch der Liga, dass GC schnell den alle anderen Mannschaften, und das gewogenes Verhältnis in dieser Liga Anschluss an die Spitze findet. Da hät- spricht eben für GC. Im Moment ist es besteht, damit auch die Kleinen etwas ten wir von der Swiss Football League so, dass man die Hoffnung hat, dass haben. Aber das haben mittlerweile selbstverständlich gar nichts dagegen, GC wieder stärker wird – das ist in auch die Grossen gemerkt, dass es ganz im Gegenteil, es wäre schön, etwa das, was man als Momentaufnah- auch ein Miteinander ist. Wir müssen wenn aus einem Zweikampf ein Vier- me sagen kann. diesen Markt miteinander abdecken. kampf werden würde, was absolut Roger Berbig: Es war einfach das Es ist ja logisch, dass jeder am Schluss möglich ist. Für mich gehört GC zu den Bayern-München-Syndrom, das wir frü- trotzdem noch für sich schaut, aber besten fünf Mannschaften in der her hatten – eben von allen gehasst zu auch die ganz Grossen merkten, dass Schweiz. Von der sportlichen Kompe- werden. Das war ja ein gutes Zeichen, es ohne die Kleinen nicht geht, dass tenz her und im Managementbereich da wir erfolgreich waren. Aber jetzt auch diese Klubs finanzielle Mittel und muss sich GC vor niemanden verste- müssen wir etwas unten durch, weil wir Unterstützung brauchen. Das ist für cken. Aber im Moment scheint man in einfach zu wenig Geld haben. Unser mich eigentlich die politische Hauptauf- finanzieller Hinsicht deutlich mehr Ziel muss es sein, die Marke GC jetzt gabe der Liga. Schwierigkeiten zu haben als andere nicht abbröckeln zu lassen. GC ist fast Stadelmann: Zu den Kleinen kann Klubs. Und ich stelle mir vor, dass es schon eine historische Marke, die ihren man die Grasshoppers nicht zählen, nicht ganz so einfach ist, mit wenig
**62-67_06_Begegnung_P+.qxd 28.11.2008 15:53 Uhr Seite 63 Begegnung GC 63 Diskussion um Fussball auf höchstem Niveau: GC-Präsident Roger Berbig und Peter Stadelmann, Präsident der Swiss Football League. oder keinem Geld super Transfers zu präsident Rolf Dörig oder Verwaltungs- Stadelmann: Ich denke, dass in der machen … rat Heinz Spross zum Beispiel, die Schweiz ein enormer Leidensdruck da Berbig: Genau. Aber unser Problem bewegen sich in den wichtigen Kreisen. sein muss, bis die entsprechenden Leu- ist, dass uns das einfach niemand Aber es ist bei der aktuellen Wirt- te dann zu Hilfe kommen. Mit anderen glaubt, da wir die Edelmarke GC sind schaftslage wirklich schwierig, zusätzli- Worten: Wenn GC abstiegsbedroht mit dem Image des noblen Zürcher che Mittel zu bekommen. wäre, würden sich möglicherweise Umfelds, des Nobelklubs – das lässt leichter Geldgeber finden. Und man darf sich nicht so einfach wegbringen. Uns «GCLife»: Woran liegt das genau? nicht vergessen: Die Ansprüche sind glaubt wirklich praktisch keiner, dass Berbig: Natürlich ist die Wirtschaftslage hoch, wenn man berücksichtigt, was wir Geld brauchen oder keines haben. prekär, das erleichtert uns die Situation zum Beispiel Basel für eine Entwicklung Sonst wäre es ja einfacher, pro Saison tatsächlich nicht. Ehrlicherweise muss nahm in den letzten Jahren und jetzt drei bis vier Millionen zu beschaffen im man aber sagen, dass wir die Mittel den anderen Klubs voraus ist. Und dann Grossraum Zürich. Aber wir bekommen auch nur schwer auftreiben konnten, als hat GC, wenn ich das offen sagen darf, das Geld nur mit intensiven Bemühun- die Wirtschaftslage besser war. Viel- auch noch ein bisschen ein Problem mit gen und ausgezeichneten Beziehun- leicht ist eine gewisse Skepsis vorhan- dem Stadion. Der Letzigrund ist nicht gen. Ich selber habe ja sicher eines der den gegenüber GC aufgrund dessen, wirklich jenes Stadion, das man sich als kleinsten Netzwerke, aber GC-Zentral- was in der Vergangenheit passierte. Fussball-Klub wünscht.
**62-67_06_Begegnung_P+.qxd 28.11.2008 14:17 Uhr Seite 65 Begegnung GC 65 «GCLife»: Dürfen Sie das als Liga- her extrem. Und er ist auch heute noch Präsident so offen sagen? vorhanden. Stadelmann: Ich äussere diese Kritik jetzt einfach mal, ich muss nicht immer «GCLife»: Erster werden zu wollen, ist nachfragen, ob ich das darf oder nicht. ja nichts Schlechtes. Jedenfalls würde eine richtige Fuss- Berbig: Ja, schon. Aber die Rahmen- ball-Arena in Zürich auch einen Teil der bedingungen müssen eben auch stim- Identifikation ausmachen. men. Da man ja in diesem Geschäft Berbig: Kommt dazu, dass der Letzi- Ziele formulieren muss, setzten wir uns grund das Stadion des FC Zürich war. zunächst den fünften und dann den Wenn ich da hingehe, komme ich in dritten Rang zum Ziel. Das ist wohl ein absolut steriles, neutrales Stadion, auch ein realistisches Szenario. Um in dem ich nirgendwo ein GC-Emblem wirklich ganz oben angreifen zu kön- erblicke. Der FCZ kann sich wenigs- nen, müssten wir das Team jedoch tens historisch ein bisschen zuhause deutlich verstärken. fühlen. Wir nicht. Uns gehen deswegen bis zu 2000 Zuschauer pro Heimspiel «GCLife»: Empfinden Sie die GC-Ver- verloren. gangenheit mit den zahlreichen Titeln als Hypothek? «GCLife»: Auch marketingtechnisch Berbig: Nein, eine Hypothek ist das ist der Letzigrund für moderne Ansprü- nicht, so weit würde ich nicht gehen. che nicht zeitgemäss ausgestattet. Ich kann mit unserer Vergangenheit Kann die Liga in dieser Beziehung Auf- sehr gut leben und bin auch überzeugt, lagen machen, zum Beispiel in Bezug dass wir irgendwann an die erfolgrei- auf die Anzahl Logen? che Zeit anknüpfen werden. Vor die- Stadelmann: Es gibt von uns gewisse sem Hintergrund sehe ich die GC-Ver- Vorschriften in dieser Richtung. Aber gangenheit als Ansporn, nicht als die generelle Haltung der Liga ist Hypothek. natürlich die: Lieber ein neues Stadion, und dafür gewisse Nachteile in Kauf «GCLife»: Was ist für einen Klub wich- nehmen. Im Fall des Letzigrund darf tiger – Titel gewinnen oder eine gesun- man nicht vergessen: Ohne diese neue de finanzielle Basis besitzen? Arena hätte die EURO 08 nicht in der Berbig: Als Fan und Spieler sagte ich Schweiz stattfinden können. Offenbar immer Titel, ganz klar. Aber jetzt sitze sind gemeinsame Bestrebungen des ich nun mal auf einem anderen Stuhl. Grasshopper Club und des FC Zürich Man muss einen gesunden Mittelweg im Gang, damit sich an der unvorteil- finden, starke Strukturen aufbauen, die haften Situation etwas ändert. Aber sowohl Titel als auch gutes Wirtschaf- man muss schon sehen: Als Grasshop- ten ermöglichen. per Club mit all den zahlreichen Titeln Stadelmann: Ich denke, die Situation, in der Vergangenheit, dazu ausgerech- in der sich GC aktuell befindet, ist eine net in der Stadt Zürich mit dem vielfälti- sehr lehrreiche. Zu der Zeit, als GC gen Freizeitangebot, ist es natürlich sehr erfolgreich war, hatte der Klub von schon schwierig, aus der dritten oder der Stadion-Infrastruktur her Vorteile vierten Position der Liga ein grosses gegenüber den anderen Klubs. In den Zuschaueraufkommen zu generieren. letzten Jahren gab es nun an anderen Berbig: GC muss immer Erster wer- Orten gute Entwicklungen in diesem den, dieser Leistungsanspruch war frü- Bereich. Die Situation hat sich also
**62-67_06_Begegnung_P+.qxd 28.11.2008 14:18 Uhr Seite 67 Begegnung GC 67 verschoben und damit auch die Aus- Es ist aber auch schön zu sehen, wie stattung mit finanziellen Mitteln. Aktuell ein ehemaliger Spitzenfussballer wie braucht es eine Schwäche der Kon- Roger Berbig nun mit diesen Manage- kurrenz, damit ein Klub, der deutlich ment-Fragen konfrontiert wird. weniger Mittel hat, nach vorne stossen Berbig: Ich lerne auf jeden Fall enorm kann. Deshalb steht der Grasshopper viel. Es ist sehr interessant. Wichtig ist Club derzeit auch nicht dort, wo viele es einfach, sich mit guten Leuten zu Beobachter und Fans den Klub gerne umgeben. Ich denke, das GC-Funda- sehen würden. ment steht wieder. Den ersten Stock Berbig: Die anderen Vereine müssten bauten wir schon und irgendwann wer- sich ja schon wundern, wenn sie dop- den auch weitere hinzukommen – bis pelt so viel Geld investieren wie wir – wir dann die Attika-Wohnung erreicht und trotzdem nicht weiter oben ste- haben. hen. Sicher hängt nicht alles nur vom Geld ab. Das Beispiel Thun zeigte «GCLife»: Wir sprachen jetzt viel über doch: Wenn alle Sterne richtig stehen die Probleme von GC. Wo sehen Sie und in einem Team alles zusammen- die grössten Probleme der Liga, Herr passt, kann ein Klub immer mal nach Stadelmann? oben ausschlagen. Aber für mittel- bis Stadelmann: Das grösste Problem im längerfristigen Erfolg, dass man auf Schweizer Fussball ist für mich die Dauer unter den ersten zwei bleibt, Gewalt, der Fakt, dass die Sicherheit dafür braucht es dann eben doch die vor allem ausserhalb der Stadien nicht entsprechenden finanziellen Möglich- gewährleistet ist. Innerhalb der Sta- keiten. Abgesehen davon: Das Bei- dien gibt es dann die Pyro-Problema- spiel Thun kommt in hundert Jahren tik, die in meinen Augen massiv unter- vielleicht einmal vor. schätzt wird. Wenn tausend Grad Stadelmann: Bei Überraschungs- heisse Fackeln abgeschossen wer- mannschaften wie Thun, denen ein den, ist das meiner Ansicht nach ein solcher «Lucky Punch» gelingt, kommt krimineller Akt. Ein weiteres Problem es nach dem Erfolg in der Regel zu sehe ich im Bereich des Marketing. riesigen Problemen, weil die Rahmen- Dort müssen wir noch zulegen. Wir bedingungen nicht stimmen. Dieses haben vor allem im TV-Geschäft deut- Problem kann man bei GC auf jeden lich weniger Möglichkeiten als die Fall ausschliessen. Insofern würde ich Konkurrenz im Ausland. Das führt den Klub nach meiner Wahrnehmung dann beispielsweise dazu, dass man knapp hinter der Spitze positionieren. Spieler in die zweite Bundesliga ver- Ich denke, GC hat ein sehr gutes liert, weil schon dort wesentlich mehr Management, aber mit einem Drittel zu verdienen ist. Wir müssen in der des Geldes, das anderen Klubs zur Schweiz zusätzliche Vermarktungs- Verfügung steht, ist es schwer. Diese möglichkeiten generieren. Letztlich Situation dem Fan zu vermitteln, ist sehe ich auch ein gesamtschweizeri- nicht einfach. Und solange es nicht sches Mentalitätsproblem. Wenn man zum Konkurs kommt, interessiert es an der EURO 08 nach zwei Spielen den Fan herzlich wenig, woher die Mit- schon aus dem Wettbewerb ausge- tel kommen und wie viel mehr die Kon- schieden ist und trotzdem von einem kurrenz zur Verfügung hat. Da zählen erfolgreichen Turnier spricht, stimmt nur die Titel. Den Präsidenten interes- etwas nicht. Da würde ich mir eine sieren natürlich ganz andere Fragen. andere Einstellung wünschen.
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