Der Kanton Aargau: Öffentliche Finanzen, Steuern und Standortqualität - NAB-Regionalstudie Aargau 2011

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Der Kanton Aargau: Öffentliche Finanzen, Steuern und Standortqualität - NAB-Regionalstudie Aargau 2011
NAB-Regionalstudie Aargau 2011

Der Kanton Aargau: Öffentliche Finanzen,
Steuern und Standortqualität
2

Inhalt

Einleitung                                                                                  3
1. Standortqualität und finanzielle Wohnattraktivität                                        4
2. Steuern als zentraler Faktor der Standortqualität                                      16
3. Die Lage der Aargauer Kantonsfinanzen                                                   26
Fazit                                                                                     38

Impressum
Herausgeber                                                                                       Titelbild
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Uetlibergstrasse 231, CH-8070 Zürich
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Kontakt                                                                                           Christian Pfister, spective productions
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                                                                                                  20. Oktober 2011
Autoren
Thomas Rühl, Tel. +41 (0)44 333 72 65                                                             Abonnements und Bestellungen
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Andreas Christen
Boris Meier

Disclaimer
Dieses Dokument wurde vom Economic Research der Credit Suisse hergestellt und ist nicht das
Ergebnis einer/unserer Finanzanalyse. Daher finden die «Richtlinien zur Sicherstellung der Unab-
hängigkeit der Finanzanalyse» der Schweizerischen Bankiervereinigung auf vorliegendes Doku-
ment keine Anwendung.

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Die darin vertretenen Ansichten sind dieje-
nigen des Economic Research der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Drucklegung (Änderungen
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Einleitung

Öffentliche Körperschaften stehen ständig vor der Heraus-        Die Weltwirtschaft – und indirekt auch die Aargauer Unter-
forderung, einerseits möglichst attraktive steuerliche           nehmen – blickt auf eine turbulente Zeit zurück. Die weite-
Rahmenbedingungen zu bieten und andererseits die                 ren Aussichten sind sehr ungewiss; im Vergleich zu den EU-
Staatsfinanzen im Lot zu halten. Gleichzeitig erwarten die        Ländern und den USA sind die Perspektiven in der Schweiz
Einwohner und die ansässigen Firmen regelmässige Investi-        jedoch weniger düster. Die Aargauer Kantonsfinanzen wur-
tionen in die Infrastruktur, ein reichhaltiges Bildungsangebot   den bisher nur marginal von den konjunkturellen Verwer-
und weitere Staatsausgaben oder Umverteilungsmassnah-            fungen der letzten Jahre betroffen. Der weitgehend intakte
men. Vor dem Hintergrund der historisch hohen Schulden-          Arbeitsmarkt hat Einbussen bei den Steuereinnahmen ver-
stände in den USA und einigen EU-Ländern wird die Lage           hindert. Einziger Wermutstropfen ist der mit hoher Wahr-
der öffentlichen Finanzen selbst immer mehr zu einem Fak-        scheinlichkeit eintreffende Ausfall der Gewinnausschüttung
tor der Standortqualität. Für investitionswillige Unternehmen    der Schweizerischen Nationalbank. Diese ohne weiteres
und mobile Steuerpflichtige wirkt eine hohe Staatsschuld          Zutun anfallenden Erträge machen rund 3 % der kantonalen
abschreckend: Der Abbau von staatlichen Leistungen oder          Einnahmen aus.
Steuererhöhungen liegen in der Luft. Neben der Analyse           Der Aargauer Staatshaushalt blieb während der Krisenjahre
der Standortqualität sowie der finanziellen Wohnattrak-           in den schwarzen Zahlen, und auch für 2012 ist ein Über-
tivität der Aargauer Regionen steht daher die Analyse der        schuss budgetiert. Der kantonale Schuldenstand bleibt weit
Aargauer Kantonsfinanzen im Mittelpunkt der diesjährigen          unter dem Niveau ausländischer Gebietskörperschaften und
NAB-Regionalstudie.                                              deutlich unter dem kritischen Wert. Während insgesamt 9
Bezüglich der Standortqualität zählt der Kanton Aargau seit      Schweizer Kantone in einer Nettobetrachtung schuldenfrei
2010 zu den drei attraktivsten Schweizer Wirtschaftsstand-       sind, gilt dies nicht für den Aargau. Die Ausfinanzierung der
orten. Mit seiner zentralen Lage und dank der günstigen          Aargauischen Pensionskasse konnte nicht vollständig von
Steuerbelastung der natürlichen und juristischen Personen        Reserven aufgefangen werden und hat den Kanton gezwun-
vermag der Aargau den dritten Rang im Standortqualitäts-         gen, Fremdkapital aufzunehmen. Insofern steht der Aargau
indikator der Credit Suisse zu verteidigen. Die Aargauer         weniger attraktiv da als die Vergleichskantone. Aufgrund der
Wirtschaftsregionen positionieren sich allesamt über dem         stabilen Ertragslage und der vergleichsweise zurückhalten-
Schweizer Durchschnitt, was sich in der Zuwanderung von          den kantonalen Ausgabenpolitik erachten wir diese Situation
Privatpersonen und Unternehmen bemerkbar macht.                  jedoch nicht als besorgniserregend.
Im Vergleich zu den nahe gelegenen Zentren Zürich, Basel,
Zug und Bern weisen die Aargauer Gemeinden zudem eine
hohe finanzielle Wohnattraktivität auf. Nach Abzug der
obligatorischen Abgaben und Wohnkosten lebt der Durch-
schnittshaushalt im Aargau günstiger als in den Ballungs-
räumen. Auch wenn zusätzlich Pendelkosten in die Rech-
nung einbezogen werden, bleibt das Bild für die Aargauer
Gemeinden günstig: Die geringeren Wohnkosten sowie das
günstige Steuerklima wirken sich stärker aus als die Aus-
gaben, welche Pendler für den täglichen Weg zum Arbeits-
platz in Kauf nehmen müssen.
4

1. Standortqualität und finanzielle Wohnattraktivität

Die Wahl des Wohnorts sowie die Standortwahl eines Fir-
                                                                Abbildung 1     Standortqualität der Schweizer Kantone 2011
mensitzes hängen nicht unwesentlich von der finanziellen                         Synthetischer Indikator, CH = 0,
                                                                                Steuerbelastung für das Jahr 2010
Attraktivität einer Region ab. Beispiele wie die Kantone Zug
oder Schwyz zeigen, dass sich über die Steuerpolitik die Ein-    2.5

wohner- und Branchenstruktur langfristig stark beeinflus-         2.0
sen lassen. Tiefe Steuern sind allerdings nicht die einzigen     1.5
Erfolgskriterien für die Schaffung eines attraktiven Stand-
                                                                 1.0
orts. Der Kanton Genf beispielsweise verfügt über eine der
                                                                 0.5
schweizweit höchsten Steuerbelastungen; dank der guten

                                                                                                                GR

                                                                                                                UR

                                                                                                                NE
                                                                                                                VD
                                                                                                                BE
                                                                                                                GL

                                                                                                                FR

                                                                                                                VS

                                                                                                                JU
                                                                                                                AI

                                                                                                                TI
                                                                  0
Verfügbarkeit von Hochqualifizierten und der attraktiven                ZG
                                                                       ZH
                                                                       AG
                                                                       GE
                                                                       BS
                                                                       NW
                                                                        SZ
                                                                       SH
                                                                       TG
                                                                       OW
                                                                        BL
                                                                       AR
                                                                       SO
                                                                       LU
                                                                       SG
                                                                –0.5
verkehrstechnischen Erreichbarkeit weist der Stadtkanton
trotzdem eine vorzügliche Standortattraktivität auf.            –1.0

                                                                –1.5

1.1 Standortqualität der Schweizer Kantone
Im Wettbewerb um zuziehende Unternehmen und Privat-             Quelle: Credit Suisse Economic Research

personen ist die Standortqualität entscheidend. Mit der
abnehmenden Bedeutung von administrativen Hürden bei
grenzüberschreitenden Tätigkeiten steigen die Wahlmöglich-      des Standortqualitätsindikators lassen sich ausserdem die
keiten beim Entscheid über den Wohn- und Geschäftsstand-        langfristigen Potentiale der Schweizer Wirtschaftsstandorte
ort. Die zunehmende Mobilität führt zu einer Intensivierung     erkennen.
des Standortwettbewerbs um Investitionen, Arbeitsplätze         Für die Steuerbelastung der natürlichen Personen werden
und Steuersubstrat. Zusätzlich zum internationalen Wett-        sowohl das Niveau wie auch die Progression der Einkom-
bewerb bietet der Schweizer Föderalismus einen fruchtbaren      mens- und Vermögenssteuern berücksichtigt. Die Steuer-
Nährboden für eine lebhafte landesinterne Konkurrenz. Eine      belastung von juristischen Personen beruht auf einer
permanente Pflege der regionalen Standortfaktoren wird für       Auswertung der Reingewinn- und Kapitalsteuern. Der Aus-
die Kantone daher mehr und mehr unabdingbar.                    bildungsstand der Bevölkerung wird durch den Anteil der
Um die Standortqualität von Schweizer Kantonen und Regio-       Personen an der Bevölkerung im Alter zwischen 19 und 69
nen zu messen und miteinander zu vergleichen, haben wir         Jahren gemessen, welche mindestens eine abgeschlossene
einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Dieser       Berufslehre aufweisen. Für die Verfügbarkeit von hoch-
umfasst die wichtigsten fünf quantitativ messbaren Erfolgs-     qualifizier ten Arbeitskräften wird der Anteil der Bevölkerung
faktoren im Standortwettbewerb: die Steuerbelastung der         zwischen 25 und 69 Jahren berücksichtigt, der über eine
natürlichen und juristischen Personen, den allgemeinen          Ausbildung auf Tertiärstufe verfügt. Die verkehrstechnische
Ausbildungsstand der Bevölkerung, die Verfügbarkeit von         Erreichbarkeit wird für den motorisierten Individualverkehr
Hochqualifizierten sowie die verkehrstechnische Erreich-         und für den öffentlichen Verkehr berechnet. Neben den
barkeit. Sogenannte weiche Standortfaktoren – etwa die          Fahrzeiten zwischen den einzelnen Gemeinden bzw. Ver-
landschaftliche Schönheit oder die Qualität der öffentlichen    kehrsknoten wird dabei auch das zugehörige Potential an
Dienste – lassen sich quantitativ kaum messen und unter-        Einwohnern und Arbeitsplätzen berücksichtigt. Beim Stand-
liegen meist Werturteilen. Aus diesem Grund werden sie für      ortqualitätsindikator handelt es sich um einen relativen Index,
die Berechnung des Indikators nicht berücksichtigt. Anhand      bei welchem der Wert für die ganze Schweiz bei Null liegt.
5

Positive Werte des Indikators weisen auf eine höhere, nega-
                                                                  Abbildung 2                                            Standortqualität ausgewählter Regionen 2011
tive Werte auf eine tiefere Standortqualität im Vergleich zum                                                            Synthetischer Indikator, CH = 0,
                                                                                                                         Steuerbelastung für das Jahr 2010
gesamtschweizerischen Durchschnitt hin.
Abbildung 1 zeigt die Werte des Standortqualitätsindikators        2.5

der Schweizer Kantone für das Jahr 2011. Ein Wert in der
                                                                   2.0

                                                                                                                                                                                     Brugg/Zurzach
Bandbreite zwischen +0.3 und –0.3 kann als im Schwei-

                                                                                                                                                                                                                                                                Olten/Gösgen/Gäu
zer Mittel liegend interpretiert werden. Der Kanton Aargau

                                                                                                                                                                                                                                                                                   Oberes Baselbiet
                                                                   1.5

                                                                         Lorzenebene/Ennetsee

                                                                                                                                                                                                          Freiamt

                                                                                                                                                                                                                                                Sursee/Seetal
konnte nach seinem Sprung in die Top-3 aller Schweizer

                                                                                                                                                                                                                    Luzern
                                                                                                                                                                                                     AG

                                                                                                                                                                                                                             Fricktal
                                                                   1.0

                                                                                                                                                                                                                                        Aarau
Kantone im vergangenen Jahr seinen dritten Platz im Stand-

                                                                                                               Knonaueramt
                                                                                                Zürich-Stadt

                                                                                                                                         Mutschellen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Oberaargau
                                                                                                                             Limmattal

                                                                                                                                                                         Unterland
ortqualitätsindikator erfolgreich verteidigen. Davor platzieren    0.5

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Willisau
                                                                                                                                                       Baden
                                                                                                                                                               Furttal
sich mittelfristig uneinholbar die Kantone Zug und Zürich.
                                                                    0
Dicht auf den Fersen liegt der Kanton Genf, der sich um 5
Ränge verbessern konnte. Das Aufholtempo des Stadtkan-            –0.5

tons ist insofern zu relativieren, als Ranggewinne im breiten
Mittelfeld einfacher zu realisieren sind als Vorstösse in die     Quelle: Credit Suisse Economic Research

Top-Platzierungen. Die Nachbarkantone Basel-Landschaft,
Solothurn, Luzern und Bern rangieren in der Mitte des Klas-
sements, während der für das Fricktal bedeutende Kanton           welcher auch der Bezirk Zofingen zählt. Ansonsten fanden
Basel-Stadt unverändert auf Platz 5 liegt.                        keine Rangverschiebungen im Vergleich zum Standortquali-
                                                                  tätsindikator 2010 statt.
1.2 Standortqualität im regionalen Vergleich                      Mehr oder weniger unverändert zeigen sich folglich auch die
Da der kantonale Durchschnitt der Standortfaktoren regio-         Standortfaktoren. Grösster Trumpf des Kantons im Dreieck
nale Unterschiede nicht zum Vorschein bringt, drängt sich         der Zentren Basel, Bern und Zürich bleibt nach wie vor die
insbesondere für grössere, heterogene Kantone die Betrach-        verkehrstechnische Erreichbarkeit, gefolgt von der Steuer-
tung der Standortqualität auf regionaler Stufe auf. Damit         belastung der juristischen Personen (Abbildung 3). Ebenfalls
kann das Attraktivitätsprofil innerhalb der Kantonsgrenzen         attraktiv gestaltet sich die Besteuerung der natürlichen Per-
hervorgehoben werden.                                             sonen, welche verglichen mit dem Schweizer Durchschnitt
Alle Aargauer Wirtschaftsregionen weisen im Landes-               deutlich tiefer ausfällt. Bei den beiden Faktoren Ausbil-
vergleich eine überdurchschnittliche Standortqualität auf         dungsstand der Bevölkerung und Verfügbarkeit von Hoch-
(Abbildung 2). Die nahe Zürich gelegenen Regionen weisen          qualifizierten klassifiziert sich der Aargau insgesamt im
dabei tendenziell eine höhere Attraktivität auf als die westli-   Landesmittel. Allerdings weisen Baden und Mutschellen,
cher liegenden. Mit Mutschellen und Baden können sich zwei        welche nahe dem grossen Arbeitsmarkt für Hochqualifi-
der Aargauer Gebiete in den Top-10 aller 110 Wirtschafts-         zierte der Region Zürich liegen, in beiden Kategorien über-
regionen platzieren. Nur die Wirtschaftsregion Lorzen-            durchschnittliche Werte auf.
ebene/Ennetsee und die Stadt Zürich mit den unmittelbaren
Agglomerationen positionieren sich vor den beiden. Das
Fricktal sowie das Freiamt mussten seit letztem Jahr geringe
Rangverluste hinnehmen. Den tiefsten Wert unter den
Aargauer Regionen erreicht die Wirtschaftsregion Aarau, zu
6

Abbildung 3     Komponenten der Standortqualität
                Synthetischer Indikator, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2010
 2.5
                           AG             Aarau          Brugg/Zurzach            Baden          Mutschellen        Freiamt     Fricktal

 2.0

                                                                                                                                                         Stärke
 1.5

 1.0

 0.5

                                                                                                                                                         CH-Mittel
 0.0

                                                                                                                                                         Schwäche
–0.5
           Steuerbelastung der              Steuerbelastung der           Ausbildungsstand der             Verfügbarkeit von        Verkehrstechnische
           natürlichen Personen             juristischen Personen             Bevölkerung                  Hochqualifizierten          Erreichbarkeit

Quelle: Credit Suisse Economic Research

1.3 Frei verfügbares Einkommen als Parameter der                                      auf dem 14. Rang, findet sich in einem breiten Mittefeld wie-
finanziellen Wohnattraktivität                                                         der; auf vergleichbarem Niveau mit seinen Nachbarn Luzern
Nicht überall ist das Leben gleich teuer. Neben den Unter-                            und Solothurn. Die Einwohner der Kantone Zug und Bern
schieden in der Steuerbelastung wird die finanzielle Wohn-                             dagegen müssen bereits tiefer in die Tasche greifen, liegen
attraktivität einer Gemeinde durch zusätzliche Faktoren                               aber immer noch über dem Schweizer Mittel. Bedeutend teu-
bestimmt. Unterschiedliche Immobilienpreise, Krankenversi-                            rer kommt das Wohnen in den Nachbarkantonen Baselland
cherungsprämien, Familienzulagen sowie weitere Faktoren                               und Zürich. Am günstigsten in der Schweiz lebt der Durch-
ergeben in der Summe erhebliche Differenzen zwischen den                              schnittshaushalt in den Kantonen Uri und Glarus. Der Kanton
Wohnorten. Die finanzielle Wohnattraktivität einer Gemeinde                            Genf ist mit einer Ausprägung von knapp –4.0 der deutlich
wird durch das frei verfügbare Einkommen umfassend                                    teuerste Kanton der Schweiz. Ebenfalls übermässig tief in
                 1
ausgedrückt.                                                                          die Tasche greifen muss der Durchschnittshaushalt in den
Abbildung 4 zeigt die Indikatorwerte der Schweizer Kantone                            Kantonen Basel-Stadt und Waadt.
für einen breit gefassten Mittelstand. Der Kanton Aargau,                             Eine hohe finanzielle Wohnattraktivität kann entweder auf tie-
                                                                                      fen Fixkosten, auf tiefen obligatorischen Abgaben oder einer
1 Es stellt denjenigen Betrag dar, welcher einem Haushalt nach Abzug sämtlicher       Kombination dieser Vorteile beruhen. Abbildung 5 beleuch-
  Zwangsabgaben und Fixkosten zur Verfügung steht. Um das frei verfügbare
  Einkommen für einen breiten Mittelstand auszudrücken, haben wir den RDI-
                                                                                      tet die Hintergründe der kantonalen RDI-Werte. Auf der
  Indikator (Regional Disposable Income) berechnet. Unsere Studie «Wohnen und         horizontalen Achse ist die standardisierte Summe der obli-
  Pendeln: Wo lebt sich’s am günstigsten? Das verfügbare Einkommen in der
                                                                                      gatorischen Abgaben abgetragen, welche die Belastung der
  Schweiz» erläutert den Indikator im Detail. Sie finden diese unter dem folgenden
  Link: www.credit-suisse.com/research p Schweizer Wirtschaft p Regionen              Haushalte im jeweiligen Wohnkanton aufzeigen. Die Ver ti-
7

                                                                                           kale stellt die standardisierte Summe der wohnortsgebunde-
Abbildung 4     Frei verfügbares Einkommen in den Schweizer Kantonen
                (RDI-Indikator) 2011                                                       nen Fixkosten dar. Die attraktive Positionierung des Kantons
                Ohne Pendelkosten; synthetischer Indikator, CH = 0
                                                                                           Aargau ist den obligatorischen Abgaben und den Fixkosten
 3                                                                                         annähernd zu gleichen Teilen zuzuschreiben. Beide Werte
      UR

                                                                                           liegen im unteren Schweizer Mittelfeld. Während das höhere
      GL

 2
                   OW

                  AR
                  TG
                   AI

                  SH

                 NW
                 SG

                                                                                           verfügbare Einkommen gegenüber den Kantonen Zug und
                GR

                SO
                SZ

               AG
               JU
               LU

               VS

 1
              FR

                                                                                           Zürich auf die tieferen Fixkosten zurückzuführen ist, fallen
            TI
           ZG
           BE

 0
                                                                                           die gegenüber den Kantonen Basel-Landschaft, Bern und
                                                                  NE
                                                                 ZH
                                                                BL

–1                                                                                         Solothurn deutlich tieferen obligatorischen Abgaben auf.
                                                                           VD
                                                                           BS

–2

–3

–4
                                                                                  GE

Quelle: Credit Suisse Economic Research

Abbildung 5     Bedeutung der Ausgabenkomponenten in den Schweizer Kantonen 2011
                Obligatorische Abgaben: Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialabgaben, obligatorische Krankenversicherung
                Fixkosten: Wohnkosten, Nebenkosten, Energiekosten; standardisierte Werte, CH = 0
                                                                                            Fixkosten

     Hohe Fixkosten
                                                                                                                            GE            Doppelte Nachteile
kompensieren Steuervorteile

 ZG

                                                       ZH
                                                                                                                  BS

                                                                                                                            VD
           SZ
                                                                               CH-Mittel                     BL
                         NW
                                                                                                                                       Obligatorische Abgaben
                                                 GR
                                   OW                           LU                         TI
                                                                          AG                                           BE
                                                      AI
                              UR                                     SG                                           FR
                                                                                                        SO   VS                                     NE
                                                                               AR      SH
                                                           GL
                                                                      TG

                                                                                                                                  JU
                                                                                                                                             Asymmetrische
 Kombinierte Vorteile
                                                                                                                                             Positionierung

Quelle: Credit Suisse Economic Research
8

Abbildung 6       Frei verfügbares Einkommen in den Schweizer Gemeinden (RDI-Indikator) 2011
                  Synthetischer Indikator, CH = 0; unter Berücksichtigung der Pendelkosten ins nächstgelegene Zentrum

                                                                                                   Bad Zurzach                         –5.2 – –2.0
                                                                                                                                       –2.0 – –1.0
                      Rheinfelden                                                                                                      –1.0 – –0.3
     Basel                                                                                                                             –0.3 – 0.0
                                                                                                                      Bülach
                                                                                                                                        0.0 – 0.3
                                                           Frick                                                                        0.3 – 0.6
                  Liestal                                                      Brugg                                                    0.6 – 1.0
                                                                                           Baden
                                                                                                     Wettingen                Kloten    1.0 – 1.5
                                                                                                                                        1.5 – 2.0
                                                                                                                                        2.0 – 3.0
                                                                                            Spreitenbach
                                                                                                                                       Kanton Aargau
                                                                   Aarau                               Dietikon
                                                                               Lenzburg                              Zürich
                                                      Oberentfelden
                                           Olten                                          Wohlen
                                                   Oftringen
                                        Aarburg

                                           Rothrist     Zofngen                                     Muri
                                                                                                                  Affoltern
                                                                                                                  am Albis

Solothurn

                          Langenthal
                                                                                                           Sins
                                                                                                                         Zug
                                                                      Sursee

 0        5   10 km
                                                        Willisau

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Bundesamt für Statistik, Geostat, DDS

1.4 Frei verfügbares Einkommen in den Gemeinden                                                        Abbildung 6 zeigt das frei verfügbare Einkommen auf Ge-
Die Gemeinden als unterste Verwaltungsstufe der Schweizer                                              meindeebene unter Einbezug der Pendelkosten. Das frei
Staatsordnung sind als Betrachtungsebene für das frei ver-                                             verfügbare Einkommen fällt dabei in den Zentren und ent-
fügbare Einkommen optimal geeignet. Die meisten Kompo-                                                 lang der Hauptverkehrsachsen deutlich ab. Höhere Immo-
nenten der finanziellen Wohnattraktivität sind entweder von                                             bilienpreise sowie eine häufig stärkere Belastung durch
lokal administrierten Preisen tangiert oder stellen Güter lokal                                        Steuern und Krankenversicherungsprämien lassen die finan-
abgegrenzter Märkte dar. Aus diesem Grund vergleichen wir                                              zielle Wohnattraktivität schwinden. Als Bindeglied zwischen
hier die finanzielle Wohnattraktivität von ausgewählten Aar-                                            den drei Grossregionen Basel, Bern und Zürich positioniert
gauer Gemeinden mit derjenigen von Vergleichsgemeinden                                                 sich der Kanton Aargau mit seinem generell hohen frei ver-
                                    2
der Nachbarkantone. Neben dem RDI-Indikator betrachten                                                 fügbaren Einkommen als attraktiver Wohnstandort. Dank
wir das frei verfügbare Einkommen für vier Referenzhaus-                                               guter verkehrstechnischer Anbindung positioniert sich der
halte. Anders als bei der Betrachtung auf Kantonsebene                                                 Aargau auch attraktiv für Beschäftigte aus den nahe liegen-
werden auf der Ebene der Gemeinden die direkt anfallenden                                              den Grosszentren. Die zusätzlichen Kosten für das Pendeln
Kosten des Pendelns berücksichtigt.                                                                    vermögen die Differenzen im frei verfügbaren Einkommen
                                                                                                       zwischen den teureren Zentrumsregionen und deren Agglo-
2 Gerne stellen wir Ihnen das Factsheet Ihrer Wohngemeinde oder allfälliger                            merationen in den meisten Fällen nicht auszugleichen.
     Vergleichsgemeinden zur Verfügung (ausschliesslich ab 500 Einwohnern).
     Unter dem folgenden Link finden Sie ein Bestellformular:
     www.credit-suisse.com/research p Schweizer Wirtschaft p Regionen
9

1.5 Grenzeinkommen als Indikator des frei                       zusätzlichen Frankens Einkommen für den Konsum zur Ver-
verfügbaren Einkommens                                          fügung stehen. In anderen Worten: während die Einwohner
Der Durchschnittshaushalt wendet 11.7 % des Brutto-             des Aargaus 65 Rp. eines zusätzlich verdienten Frankens in
einkommens für Einkommens- und Vermögenssteuern auf.            die eigene Tasche stecken dürfen, können die Zuger 74 Rp.
Folglich stellt die Steuerlast der natürlichen Personen einen   behalten. Deutlich unter den Schweizer Mittelwert kommen
essentiellen Aspekt der finanziellen Wohnattraktivität dar.      dagegen die Kantone Neuenburg, Jura und Genf zu liegen.
Das Grenzeinkommen beschreibt den Anteil eines zusätz-
lich verdienten Frankens, welcher dem Haushalt für seinen       1.6 Wohnkosten
Konsum zur Verfügung steht. Es ist einzig von der Steuer-       Neben den Steuern stellen die Wohnkosten für den Gross-
belastung der Gemeinde abhängig und wird – anders als           teil der Schweizer Haushalte eine der bedeutendsten
etwa die Wohnkosten oder die Krankenkassenprämien – in          Ausgabenkomponenten dar. Im Jahr 2008 erreichte der
keiner Weise von Märkten beeinflusst. Der Wert drückt aus,       Anteil der Miet- respektive Hypothekarzinsausgaben 11.9 %
wie stark das verfügbare Einkommen bei Steigerungen des         des durchschnittlichen Haushaltsbudgets. Dabei sind die
Erwerbseinkommens zunimmt. Unter der Annahme, dass              Wohnkosten vor allem für Haushalte mit einem geringeren
durch zusätzliche Anstrengungen tendenziell ein höheres         bis mittleren Budget ein entscheidender Faktor. Bei den
Lohneinkommen erreicht werden kann, gibt der Indikator          Ausgaben von Haushalten mit vergleichsweise hohen Ein-
Hinweise auf die finanziellen Anreize, höhere Einkommen zu       kommen dominiert dagegen die Steuerbelastung.
generieren. Die steuerlichen Anreize lassen zudem erwar-        Die Wohnkosten fallen regional stark unterschiedlich aus.
ten, dass sich Personen mit einem tendenziell ansteigen-        Abbildung 8 zeigt die Transaktionspreise für ein Stock-
den Erwerbseinkommen in Regionen mit einem höheren              werkeigentum mit durchschnittlichem Ausbaustandard auf
Grenzeinkommen niederlassen. Mit einem Wert von 65 %            Gemeindeebene. Da im Kanton Aargau die Steuern zwi-
liegt der Kanton Aargau am oberen Rand eines breiten            schen den Gemeinden untereinander nur wenig abweichen,
Mittelfeldes; rund 2 Prozentpunkte über dem Schweizer           zeigt sich hier ein vergleichbares Bild zum RDI-Indikator.
Mittelwert (Abbildung 7). Die Spitzengruppe bilden die Kan-     Das Gefälle zwischen urbanen und ländlichen Gemeinden
tone Zug, Schwyz und Uri, wo einer Person über 70 % eines       sowie die herausragenden Preise in den Städten Basel und

Hypothetisches Beispiel 1:                                      Krankenkasse) resultiert ein verfügbares Einkommen von
Familie Basler, wohnhaft in Liestal (BL)                        101’700 CHF. Bei Einbezug von Wohnkosten, Nebenkosten,
Familie Basler wohnt in Liestal (BL) in einem Einfamilien-      Energie- und Elektrizitätskosten sowie der Kosten für die
haus (mittlerer Ausbaustandard, Fremdfinanzierung 80 %).         tägliche Autofahrt zum Arbeitsort Basel resultiert ein frei
Herr und Frau Basler haben zwei Kinder, verfügen über           verfügbares Einkommen von 48’500 CHF.
ein erspartes Vermögen von 300’000 CHF und erzielen             Mit einem Umzug nach Rheinfelden würde sich das frei ver-
gemeinsam ein Erwerbseinkommen von 150’000 CHF. Mit             fügbare Einkommen trotz der höheren Pendelkosten auf
der Familienzulage und dem Vermögensertrag erreicht der         59’500 CHF erhöhen, was einer Differenz von 11’000 CHF
Haushalt ein Bruttoeinkommen von rund 157’000 CHF.              entspricht. Der Zeitaufwand pro Pendelweg nach Basel
Nach Abzug aller Zwangsabgaben (Steuern, Vorsorge- und          bliebe dabei bei ca. 20 Minuten.
Sozialversicherungsbeiträge, Prämien der obligatorischen
10

Abbildung 7     Grenzeinkommen in den Schweizer Kantonen 2011
                Frei verfügbarer Anteil an einem zusätzlichen Franken Erwerbseinkommen (Durchschnittswert); in Prozent

100%

 90%

 80%

 70%

 60%

 50%

 40%

 30%

 20%

 10%

  0%
        ZG    SZ    UR   NW    OW    ZH    GL    GR    AI    AG    LU   AR    BS    SG    SH    TG   CH    BL     TI     VD   SO   VS   FR   BE   GE   JU   NE

Quelle: Credit Suisse Economic Research

Zürich sind markant. In Bezug auf die regionalen Disparitäten                       1.7 Pendelkosten und Steuerabzüge
verhalten sich die Mietpreise grundsätzlich ähnlich wie die                         Neben dem Verlust von Zeit durch die aufgewendete Fahrt
Preise für Wohneigentum. Schweizweit gesehen liegen die                             schlagen sich die Kosten des Pendelns direkt im frei verfüg-
teuerste und die günstigste Gemeinde um rund das Zwei-                              baren Einkommen nieder. Unterschiede zwischen den ge-
einhalbfache auseinander. Die Wohnkosten sind jedoch                                meindespezifischen Pendelkosten können zu einem grossen
nicht unabhängig zu betrachten, sondern stehen in direktem                          Teil mit der Distanz des Arbeitsweges und der Wahl des Trans-
Zusammenhang mit den im Kapitel über die Standortqualität                           portmittels erklärt werden. So übersteigen die Ausgaben für
vorgestellten Messgrössen wie der Erreichbarkeit und der                            den motorisierten Individualverkehr diejenigen für den öffent-
steuerlichen Belastung.                                                             lichen Verkehr teilweise um mehr als das Vierfache. Aber auch
                                                                                    kantonale und regionale Einflüsse können die Pendelkosten
                                                                                    erheblich beeinflussen. Im öffentlichen Verkehr, der bezüg-
                                                                                    lich des Arbeitsverkehrs hauptsächlich in Tarifverbünden
                                                                                    organisiert ist, variieren die Preisstrukturen teilweise erheb-
                                                                                    lich. Für die Nutzung des Privatfahrzeuges spielen fiskalpoli-
                                                                                    tische Unterschiede der Kantone eine Rolle, die in Form von
                                                                                    Steuerabzügen und Verkehrssteuern zum Tragen kommen.
                                                                                    Für den Kanton Aargau ist einerseits der innerkantonale
                                                                                    Tarifverbund A-Welle relevant. Dieser deckt einen Grossteil
                                                                                    des Kantons ab. Andererseits wurde die Zusammenarbeit
11

Hypothetisches Beispiel 2:                                      bezug von Wohnkosten, Nebenkosten, Energie- und Elektri-
Ehepaar Müller, wohnhaft in Bergdietikon (AG)                   zitätskosten sowie der Kosten für die tägliche Autofahrt zum
Das kinderlose Ehepaar Müller möchte von ihrem Ein-             Arbeitsort in Zürich resultiert ein frei verfügbares Einkom-
familienhaus (hoher Ausbaustandard) in Bergdietikon (AG)        men von 67’700 CHF.
nach Rüschlikon (ZH) an den Zürichsee ziehen. Sie verfügen      Mit einem Umzug nach Rüschlikon bliebe ihnen bei Beibehal-
über ein erspartes Vermögen von 600’000 CHF und erzie-          tung ihres Lebensstils unter dem Strich ein frei verfügbares
len ein gemeinsames Erwerbseinkommen von 250’000                Einkommen von 38’500 CHF. Obschon ihr Einkommens-
Franken sowie eine Kapitalrendite von 5’500 CHF. Vom            steuerbetrag leicht sänke, würden die höheren Wohnkosten
Bruttoeinkommen von 255’500 CHF bleibt nach Abzug aller         zu einer Gesamtdifferenz von fast –30’000 CHF führen. Die
Zwangsabgaben (Steuern, Vorsorge- und Sozialversiche-           zu erwartende Pendelzeit nach Zürich würde dafür von etwa
rungsbeiträge, Prämien der obligatorischen Krankenkasse)        20 Minuten auf ca. 12 Minuten fallen.
ein verfügbares Einkommen von 162’000 CHF. Unter Ein-

mit den Tarifverbünden in den Nachbarkantonen in den letz-      Die für den Arbeitsweg anfallenden Mobilitätsausgaben
ten Jahren verstärkt. Das Gebiet der A-Welle an sich deckt      sind in der Schweiz zu einem grossen Teil vom steuerbaren
bereits Verbindungen nach Olten und in weitere Teile des        Einkommen absetzbar. Diese indirekte Subvention des
Kantons Solothurn ab. Für weitere Verbindungen über die         Pendelns ist jedoch politisch umstritten, da sie Anreize für
Kantonsgrenzen hinweg verfügt die A-Welle über Verein-          längere Arbeitswege setzt und im Maximalfall zu Abzügen
barungen und teilweise auch gemeinsame Abonnemente              vom steuerbaren Einkommen von über 30’000 CHF führen
mit anderen Tarifverbünden. Der Z-Pass ist ein Angebot des      kann. Die Situation im Kanton Aargau entspricht derjenigen
Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV), welcher die Pendler-           der meisten Schweizer Kantone: Abzugsberechtigt sind die
regionen Zürich, Zug/Schwyz, Aargau und Nordostschweiz          Kosten für ein Zweitklassabonnement oder eine Pauschale
mit einem gemeinsamen Ticket verbindet. Auf der Basler          von 700 CHF für ein Fahrrad oder Kleinmotorrad. Bei nach-
Seite ist dies die Kooperation mit dem Tarifverbund Nord-       gewiesener Notwendigkeit eines Privatfahrzeugs dürfen
westschweiz (TNW), welcher das erweiterte Einzugsgebiet         für die ersten 15’000 km Arbeitsweg 70 Rp. pro Kilometer
der Stadt Basel zum Einheitstarif von 700 CHF pro Jahr ab-      abgezogen werden; für weitere Kilometer jeweils noch 50
deckt. Auf Berner Seite ist ein «Zusatzabo» A-Welle/Libero      Rp. Der Kanton Aargau erhebt die fünfttiefsten Steuern für
(Berner Tarifverbund) erhältlich; für die Kantone Nidwalden,    Personenwagen und trägt somit ebenfalls zu attraktiven
Obwalden und Luzern arbeitet die A-Welle mit dem ansässi-       Pendelkonditionen bei. Nur die Kantone Uri, Schwyz, Thur-
gen Verbund Passepartout zusammen. Auch auf deutscher           gau und Waadt vermelden tiefere Jahressteuern für einen
Seite besteht die Möglichkeit für kombinierte Tickets mit den   Personenwagen.
Angeboten des Waldshuter Tarifverbundes (WTV). Auch der
motorisierte Individualverkehr (MIV) bietet via Autobahnen
A1 und A3 eine gute Erschliessung über die Kantonsgrenzen
hinweg. Abbildung 10 auf Seite 14 zeigt die jährlichen Kos-
ten sowie den Zeitaufwand von ausgewählten Gemeinden zu
den jeweils entsprechenden Mittel- und Grosszentren.
12

Abbildung 8     Preise Stockwerkeigentum
                Transaktionspreis einer Eigentumswohnung im durchschnittlichen Ausbaustandard; in CHF

                                                                                                                                   > 1’000’000
                                                                                               Bad Zurzach
                                                                                                                                   800’000 – 1’000’000
                  Rheinfelden                                                                                                      700’000 – 800’000
  Basel
                                                                                                                  Bülach           650’000 – 700’000
                                                                                                                                   600’000 – 650’000
                Liestal                               Frick                   Brugg                                                550’000 – 600’000
                                                                                      Baden
                                                                                                Wettingen                 Kloten
                                                                                                                                   500’000 – 550’000
                                                                                                                                   450’000 – 500’000
                                                                                      Spreitenbach                                 400’000 – 450’000
                                                              Aarau                                                                < 400’000
                                                                                                Dietikon
                                                                         Lenzburg                               Zürich             Kanton Aargau
                                                                Oberentfelden
                                                                                      Wohlen                                       Hauptverkehrsstrassen
                                    Olten
                                Aarburg Oftringen

                                       Rothrist   Zofingen
                                                                                                              Affoltern
                                                                                                 Muri         am Albis

Solothurn
                          Langenthal

                                                                                                     Sins
                                                                                                                     Zug
                                                                Sursee

 0      5   10 km
                                                  Willisau

Quelle: Wüest & Partner, Geostat, DDS

Die Referenzhaushalte und ihre Pendelkosten                                                          Die Informationen zum Pendelverkehr beziehen sich auf
Single: Erwerbstätige Einzelperson mit einem Erwerbsein-                                             die Strecken in die nächsten relevanten Zentren. Startpunkt
kommen von 75’000 CHF und einem Vermögen von 50’000                                                  ist das Gemeindezentrum der betrachteten Gemeinde. Für
                                                                          2
CHF. Wohnhaft in einer Mietwohnung mit 60 m .                                                        den öffentlichen Verkehr gelten die Preise eines Strecken-
Ehepaar: Ehepaar ohne Kinder mit einem Erwerbseinkom-                                                abonnements von lokalen Tarifverbünden oder der Schwei-
men von 250’000 CHF und einem Vermögen von 600’000                                                   zerischen Bundesbahnen oder, im Maximalfall, der Preis
CHF. Wohnhaft in einem Einfamilienhaus mit hohem Aus-                                                eines Generalabonnements (GA). Für den Falltyp «Verheira-
baustandard (Fremdfinanzierung 80 %).                                                                 tete ohne Kinder» gilt es zu beachten, dass ein sogenanntes
Familie: Verheiratete mit 2 Kindern. Erwerbseinkommen                                                «Partner-GA» zu einem reduzierten Tarif erhältlich ist. Die
150’000 CHF, Vermögen 300’000 CHF. Wohnhaft in durch-                                                Kosten des motorisierten Individualverkehrs (MIV) basieren
schnittlichem Einfamilienhaus (Fremdfinanzierung 80 %).                                               für die verschiedenen Haushaltstypen auf folgenden Fahr-
Rentnerpaar: Ehepaar im Ruhestand. Renteneinkommen                                                   zeugtypen: Single = kleiner Mittelklassewagen; Ehepaar
total 80’000 CHF. Vermögen 300’000 CHF. Wohnhaft in                                                  = gehobener Mittelklassekombi und kleiner Mittelklasse-
                                              2
einer Mietwohnung mit 100 m .                                                                        wagen; Familie: Mittelklassekombi.
13

Abbildung 9       Frei verfügbares Einkommen im Vergleich
                  Ausgewählte Gemeinden, Referenzhaushalte gemäss Angaben

                                                          Mit Pendelkosten ins nächste Zentrum                 Ohne Pendelkosten
                                     RDI-Indikator       Single*        Ehepaar*         Familie*   Single*   Ehepaar*       Familie*   Rentnerpaar*
Brugg/Zurzach
Bad Zurzach                                  0.72        35’100           97’600          71’600    38’000    104’600        73’900          48’800
Birr                                         0.51        35’100           90’700          67’600    37’100     95’900        69’000          47’700
Würenlingen                                  0.33        34’900           84’100          62’900    37’100     89’000        64’400          47’300
Brugg                                        0.52        34’400           94’100         68’500     36’300     98’300        70’500          46’000
Aarau
Rothrist                                     0.71        36’000           91’500         66’900     37’500     94’800        68’400          48’100
Suhr                                         0.72        36’200           95’200         70’100     37’300     97’900        70’400          48’000
Zofingen                                      0.51        34’900           90’200         66’900     37’000     95’400        68’300          47’300
Oftringen                                    0.80        36’400           93’000         68’800     37’800     96’700        69’500          48’900
Aarau                                        0.35        36’500           79’500         58’800     37’200     81’200        59’500          47’300
Aarburg                                      0.83        35’800           98’500         71’700     36’900    101’400        72’900          47’500
Baden
Neuenhof                                     0.20        34’100           86’500         63’600     35’100     88’500        64’600          44’700
Obersiggenthal                               0.10        35’900           77’900         58’400     36’900     80’400        59’400          47’000
Baden                                        0.12        35’000           79’700         59’500     35’700     81’300        59’500          44’800
Wettingen                                   –0.02        36’100           72’800         54’400     36’700     74’400        55’100          46’400
Bergdietikon                                –0.39        33’300           74’900         56’500     36’000     80’700        59’200          45’200
Mutschellen
Zufikon                                       0.50        35’300           91’700         66’800     38’100     97’800        69’700          48’700
Rudolfstetten-Friedlisberg                  –0.10        33’400           75’600         57’500     36’600     82’500        60’700          46’300
Mellingen                                    0.60        35’600           91’500         67’100     37’100     95’500        68’700          47’600
Bremgarten                                   0.26        34’400           85’200         63’800     37’100     91’700        66’600          47’300
Freiamt
Dottikon                                     0.55        34’600           92’300         67’500     37’400     99’200        70’400          47’600
Sins                                         0.27        33’300           89’900         67’300     35’700     95’100        69’000          45’200
Villmergen                                   0.44        34’200           89’400         65’900     37’400     96’900        69’200          47’700
Muri                                         0.40        34’200           89’600         66’600     37’500     96’800        69’300          48’100
Fricktal
Magden                                      –0.17        32’900           79’700         60’200     35’800     86’200        63’300          45’400
Frick                                        0.39        34’500           89’000         65’600     37’000     95’100        68’200          47’200
Möhlin                                      –0.23        32’600           76’800         59’200     35’700     84’300        62’400          45’400
Rheinfelden                                  0.02        33’600           81’300         61’800     36’400     88’300        64’800          46’300
Gemeinden in anderen Kantonen
Basel (BS)                                  –1.69        29’100           56’700         44’600     29’900     58’900        45’500          35’300
Pratteln (BL)                               –1.06        31’700           62’500         51’300     33’600     67’500        53’400          43’400
Liestal (BL)                                –1.33        30’200           60’900         50’600     32’800     67’400        53’300          42’100
Sissach (BL)                                –1.14        31’500           61’800         51’500     34’400     68’900        54’500          44’500
Zürich (ZH)                                 –2.26        32’600           19’300         21’200     33’500     21’500        22’100          39’800
Schlieren (ZH)                              –0.41        34’500           63’800         51’200     36’700     69’200        53’500          45’300
Dietikon (ZH)                               –0.49        33’900           64’100         51’500     36’200     69’900        53’200          44’500
Regensdorf (ZH)                             –0.62        33’800           59’400         47’900     36’600     66’200        50’800          44’900
Bülach (ZH)                                 –0.23        34’500           67’600         53’700     37’600     74’800        56’800          46’600
Rüschlikon (ZH)                             –1.64        32’000           41’300         35’700     33’700     45’600        37’400          39’500
Olten (SO)                                   0.91        36’200           94’800         68’100     36’800     95’800        68’000          46’900
Trimbach (SO)                                0.90        35’300           98’000         70’500     35’900     99’600        71’200          46’300
Oensingen (SO)                               0.40        32’000           91’600         67’300     35’300     98’700        69’900          44’600

* Die Definition der Referenzhaushalte ist in der nebenstehenden Box ersichtlich.
Quelle: Credit Suisse Economic Research
14

Abbildung 10 Informationen zum Pendlerverkehr
                  Jährliche Kosten pro Pendler und Jahr in CHF; Zeit pro Weg in Minuten

                                                Pendeln zum nächsten Mittelzentrum               Pendeln zum nächsten Grosszentrum
                                                         MIV*                  ÖV                          MIV*                 ÖV
                                        Nach        Dauer    Kosten      Dauer    Kosten      Nach     Dauer      Kosten   Dauer     Kosten
Brugg/Zurzach
Bad Zurzach                            Baden           24       5’023       38       1’089   Zürich       45       8’976     58      2’286
Birr                                   Baden           13       3’524       21        864    Zürich       31       7’487     50      2’034
Würenlingen                            Baden           16       3’790       19        864    Zürich       39       8’212     39      2’241
Brugg                                  Baden           14       3’212       15        864    Zürich       33       7’437     32      2’241
Aarau
Rothrist                                Olten            9      2’547         8       630    Zürich       50      11’345     57      2’754
Suhr                                    Aarau            7      1’657         5       630    Zürich       40       9’062     37      2’466
Zofingen                                 Olten          12       3’528         7       864    Zürich       49      11’081     45      2’808
Oftringen                               Olten            9      2’390       17        630    Zürich       48      10’986     56      2’754
Aarau                                   Aarau            5       837          8       630    Zürich       41       9’425     37      2’619
Aarburg                                 Olten            5      1’769         4       630    Zürich       48      11’278     45      2’691
Baden
Neuenhof                               Baden             5      1’629         6       630    Zürich       24       6’231     26      1’746
Obersiggenthal                         Baden             6      1’320       12        864    Zürich       29       6’701     32      2’034
Baden                                  Baden             5       837          5       630    Zürich       24       6’217     22      1’746
Wettingen                              Baden             5       837          2       630    Zürich       28       6’400     21      1’746
Bergdietikon                           Baden           20       4’344       29      1’413    Zürich       20       5’654     30      1’377
Mutschellen
Zufikon                                 Baden           21       4’733       48      1’089    Zürich       20       5’049     49      1’746
Rudolfstetten-Friedlisberg             Baden           20       5’321       21      1’413    Zürich       20       5’640     22      1’413
Mellingen                              Baden           10       2’593       27        630    Zürich       29       7’044     30      1’746
Bremgarten                             Baden           20       4’533       41      1’089    Zürich       20       5’135     42      1’746
Freiamt
Dottikon                                Aarau          18       4’847       27      1’089    Zürich       32       7’924     44      2’241
Sins                                      Zug          17       3’813       33      1’395    Zürich       29       7’584     63      2’619
Villmergen                              Aarau          21       5’410       34      1’323    Zürich       33       6’616     52      2’034
Muri                                      Zug          29       5’555       58      1’638    Zürich       29       6’638     59      2’034
Fricktal
Magden                                  Olten          34       8’047       45      1’330    Basel        21       5’425     30        700
Frick                                   Aarau          20       4’701       28      2’025    Basel        33       7’957     37        700
Möhlin                                  Aarau          40       7’477       66      1’789    Basel        25       5’670     35        700
Rheinfelden                             Aarau          38       7’925       58      1’789    Basel        20       5’147     20        700
Gemeinden in anderen Kantonen
Basel (BS)                              Aarau          51    10’238         36      2’331    Basel        10       1’222     14        700
Pratteln (BL)                           Olten          36       8’529       35      1’791    Basel        15       3’434     14        700
Liestal (BL)                            Olten          32       7’701       21      1’575    Basel        20       4’725     14        700
Sissach (BL)                            Olten          25       5’396       14      1’287    Basel        23       6’062     17        700
Zürich (ZH)                        Winterthur          24       6’239       32      2’043    Zürich       10       1’218     10        711
Schlieren (ZH)                     Winterthur          32       7’023       50      2’043    Zürich       18       3’628     17      1’035
Dietikon (ZH)                          Baden           16       3’933         9     1’053    Zürich       21       4’994     12      1’035
Regensdorf (ZH)                    Winterthur          29       6’887       47       1’701   Zürich       20       4’809     26      1’035
Bülach (ZH)                        Winterthur          27       5’098       30       1’377   Zürich       22       5’483     24      1’377
Rüschlikon (ZH)                           Zug          32       5’940       31       1’629   Zürich       12       2’666     19      1’035
Olten (SO)                              Olten            5       846        10        630    Zürich       54      11’894     30      2’628
Trimbach (SO)                           Olten            5       846        11        630    Zürich       56      12’031     47      2’691
Oensingen (SO)                      Solothurn          17       5’533       18       1’629   Zürich       59      13’079     75      2’934

* Mittelklassewagen
Quelle: TCS, SBB, Credit Suisse Economic Research
15

Abbildung 11 Prämienbelastung von Familien mit zwei Kindern 2011
                    Bruttoeinkommen von 85’000 CHF ohne Vermögen; jährliche Medianprämie der 2011 zugelassenen Krankenversicherer; Franchise: Erwachsene = 1’000
                    (ohne Unfalldeckung), Kinder = 300 CHF (mit Unfalldeckung); Versicherungsmodell BASE; in CHF; die Zahlen hinter den Kantonskürzeln kennzeichnen
                    die verschiedenen Prämienregionen

12000
              Prämienverbilligung                       Nettoprämie
11000
10000
 9000
 8000
 7000
 6000
 5000
 4000
 3000
 2000
 1000
     0
                                                                    AG

                                                                                                               SO
         ZG
               OW
                    GR 1
                           GR 3
                                  GR 2
                                         AI
                                              NW
                                                   AR
                                                        UR
                                                             BL 2

                                                                         GL
                                                                              LU 3
                                                                                     BL 1
                                                                                            LU 2
                                                                                                   SZ
                                                                                                        SH 2

                                                                                                                    SH 1
                                                                                                                           TG
                                                                                                                                ZH 3
                                                                                                                                       LU 1
                                                                                                                                              SG 3
                                                                                                                                                     VS 2
                                                                                                                                                            SG 2
                                                                                                                                                                   ZH 2
                                                                                                                                                                          SG 1
                                                                                                                                                                                 FR 2
                                                                                                                                                                                        VS 1
                                                                                                                                                                                               TI 2
                                                                                                                                                                                                      ZH 1
                                                                                                                                                                                                             VD 2
                                                                                                                                                                                                                    BE 3
                                                                                                                                                                                                                           TI 1
                                                                                                                                                                                                                                  FR 1
                                                                                                                                                                                                                                         NE
                                                                                                                                                                                                                                              BS
                                                                                                                                                                                                                                                   GE
                                                                                                                                                                                                                                                        JU
                                                                                                                                                                                                                                                             BE 2
                                                                                                                                                                                                                                                                    VD 1
                                                                                                                                                                                                                                                                           BE 1
Quelle: Für Prämienverbilligungen zuständige kantonale Ämter, Credit Suisse Economic Research

1.8 Krankenkassenkosten und                                                                                                      zwei bis drei Gebiete unterteilt. Folglich weisen verschiede-
Prämienverbilligungen                                                                                                            ne Prämienregionen unterschiedliche Prämien für dieselbe
Der steigende Anteil der älteren Bevölkerungsklassen an                                                                          Versicherungsleistung auf.
der Gesamtbevölkerung, die zunehmende durchschnittliche                                                                          Zur Entlastung von Personen in bescheidenen wirtschaftli-
Lebenserwar tung sowie die Entwicklung moderner, aber                                                                            chen Verhältnissen gewähren die Kantone mit finanzieller Un-
teurer medizinischer Behandlungsverfahren haben über die                                                                         terstützung vom Bund Prämienverbilligungen. Diese hängen
vergangenen Jahre einen rasanten Anstieg der Gesund-                                                                             grösstenteils von Einkommen, Vermögen und Haushaltstyp
heitskosten verursacht. Dies hat zur Folge, dass die Kranken-                                                                    der Versicherten ab und variieren je nach Kanton – wie auch
kassenprämien als Kostenposition in den Haushaltsbudgets                                                                         die Prämien – stark in ihrer Höhe. Bei der Vergabe wird zwi-
deutlich an Bedeutung gewonnen haben. Zwischen 2000                                                                              schen Kindern, jungen Erwachsenen und Erwachsenen un-
und 2010 betrug das durchschnittliche jährliche Wachstum                                                                         terschieden. In Abbildung 11 ist die Nettoprämie nach Abzug
der monatlichen Durchschnittsprämien für Erwachsene über                                                                         der Prämienverbilligung für eine vierköpfige Familie mit einem
25 Jahre 5.2 %, während der Landesindex der Konsumen-                                                                            jährlichen Bruttoeinkommen von 85’000 CHF ohne Vermö-
tenpreise im Mittel lediglich um jährlich 0.9 % zulegte. In der                                                                  gen dargestellt. Dank einer beachtlichen Prämienverbilligung
Schweiz ist es den Versicherern erlaubt, ihre Prämien kan-                                                                       positioniert sich der Kanton Aargau für diese Beispiel-
tonal und regional den effektiven Kosten anzupassen. 2001                                                                        Familie im unteren Mittelfeld. Für einen über-25-jährigen,
wurde der Bund beauftragt, die bis anhin von den Versiche-                                                                       ledigen Erwachsenen, der nicht von einer Prämienverbilli-
rern individuell bestimmten innerkantonalen Prämienregio-                                                                        gung profitieren kann, ist die Belastung dagegen leicht über-
nen zu vereinheitlichen. Der Kanton Aargau bildet dabei                                                                          durchschnittlich. Abbildung 11 zeigt ebenfalls exemplarisch,
eine Prämienregion als Ganzes; andere Kantone, mit einer                                                                         wie das System der Prämienverbilligungen die interkanto-
für Versicherer heterogenen Kostenverteilung, wurden in                                                                          nale Ungleichheit in der Prämienbelastung weiter verstärkt.
16

2. Steuern als zentraler Faktor der Standortqualität

Die Steuerbelastung ist derjenige Standortfaktor, der sich mit                                                                         den Grossteil der Einnahmenseite der staatlichen Erfolgs-
dem geringsten Aufwand verändern lässt und am schnells-                                                                                rechnung dar. Eine zu hohe Besteuerung führt kurzfristig zu
ten Wirkung zeigt. Um die Jahrtausendwende setzte unter                                                                                höheren Erträgen, birgt mittelfristig jedoch die Gefahr, dass
einigen Kantonen ein intensiver Steuerwettbewerb ein. Ins-                                                                             Steuerpflichtige wegziehen. Zu tiefe Steuersätze können
besondere in der Zentralschweiz wurde die Standortattrak-                                                                              zur Folge haben, dass die gesetzlichen Staatsaufgaben nur
tivität mit einschneidenden Steuersenkungen für juristische                                                                            durch Inkaufnahme von Defiziten erbracht werden können.
sowie natürliche Personen auf Hochglanz poliert. Bereits in
den 1920er-Jahren hat sich der Kanton Zug als steuerlich                                                                               2.1 Steuerbelastung
attrak tiver Kanton positionieren können und verzeichnete                                                                              Der Kanton Aargau präsentierte sich 2010 gegenüber sei-
seither zahlreiche Ansiedlungen von Firmen und Privat-                                                                                 nen Nachbarkantonen bezüglich der Steuerbelastung als
personen aus aller Welt. Schlüssel zum Erfolg von Standorten                                                                           attraktiv (Abbildung 12). Gleichauf mit dem Kanton Luzern
kann jedoch nicht allein die Steuerbelastung sein. Gerade für                                                                          lässt der Aargau die Kantone, Bern, Solothurn und die beiden
Unternehmen spielen zusätzlich auch die Verfügbarkeit von                                                                              Basel bei der Steuerattraktivität für natürliche sowie juristi-
qualifizierten Arbeitskräften, die öffentliche Infrastruktur und                                                                        sche Personen deutlich hinter sich. Gegenüber dem Kanton
weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Aus Sicht von öffent-                                                                            Zürich weist der Aargau zwar eine höhere Steuerbelastung
lichen Körperschaften nimmt die Steuerpolitik eine zentrale                                                                            für natürliche Personen auf, unterbietet den Nachbarn jedoch
Rolle bei der Ressourcenbeschaffung ein. Steuern stellen                                                                               bei den juristischen Personen. Einzig der Kanton Zug weist

Abbildung 12 Steuerbelastung in ausgewählten Regionen 2010
                                                         Synthetischer Indikator; der Schweizer Durchschnitt entspricht dem Achsenschnittpunkt

                                            130                                                                                                               BS
                                                   Hohe Steuerbelastung für                                                                                          GE
                                                   juristische Personen, tiefe                                                                                                                    NE
                                                        Steuerblastung für                                                                                   VD
                                            120        natürliche Personen                                                                                                      JU          Hohe Steuerbelastung
                                                                                                                         Olten/Gösgen/Gäu                                                      für natürliche und
                                                                                                                                                               FR                            juristische Personen
Steuerbelastung der juristischen Personen

                                            110                                                      ZH                                            SO                 BE
                                                                                      Unterland                                   TI
                                                                                 Knonaueramt                                                            Oberaargau
                                                                                                            Zürich-Stadt                                             VS
                                                                                    Limmattal                              Willisau           CH                           BL
                                            100
                                                                                                  Furttal                  Sursee/Seetal            Oberes Baselbiet
                                                                                                                Luzern
                                                                                                                            GR
                                            90                                                                 Freiamt            Aarau Brugg/Zurzach
                                                                                                                                      Fricktal
                                                                                                     Mutschellen
                                                                                                UR                                      SH
                                            80                                                               Baden GL AG
                                                                  Lorzenebene-                                                   LU
                                                                                                                                     SG
                                                           ZG     Ennetsee                                                        TG
                                                                                        NW
                                            70
                                                                      SZ                              AI
                                                                                        OW
                                            60                                                                                    AR                                                       Hohe Steuerbelastung für
                                                   Tiefe Steuerbelastung für                                                                                                               natürliche Personen, tiefe
                                                          natürliche und                                                                                                                      Steuerblastung für
                                                      juristische Personen                                                                                                                   juristische Personen
                                            50
                                              50                 60                70                80                 90                100                  110                   120            130                 140
                                                                                                              Steuerbelastung der natürlichen Personen

Quelle: Credit Suisse Economic Research
17

Abbildung 13 Steuerbelastung natürliche Personen 2003–2010               Abbildung 14 Steuerbelastung juristische Personen 2003–2010
                   Index, CH = 100                                                          Index, CH = 100

140                                                                      140

130                                                                      130

120                                                                      120

110                                                                      110

100                                                                      100

90                                                                       90

80                                                                       80

 70                                                                       70

60                                                                       60

50                                                                       50

40                                                                       40
       2003    2004        2005      2006   2007   2008   2009   2010           2003    2004        2005      2006   2007   2008   2009   2010
  AG          ZH          BE         LU     ZG      SO      BS      BL     AG          ZH          BE         LU      ZG     SO      BS          BL

Quelle: Credit Suisse Economic Research                                  Quelle: Credit Suisse Economic Research

in beiden Kategorien attraktivere Steuerkonditionen auf. Als             schnittliches Steuerniveau auf, bis in den Jahren 2007 und
finanziell günstige Alternative auch bezüglich Wohnkosten                 insbesondere 2009 die im Jahr 2006 von der Bevölkerung
zieht der Aargau Einwohner aus den Zentren Basel, Bern                   gutgeheissene Teilrevision des Steuergesetzes in Kraft trat.
und Zürich an und positioniert sich als attraktiver Agglome-             Bei den natürlichen Personen wurden die Einkommens- und
rationskanton. Auf regionaler Stufe ist die Wirtschaftsregion            die Vermögenssteuern leicht reduziert, während auf Seite
Mutschellen mit deutlich tieferen Steuern für Privatpersonen             der juristischen Personen die Gewinnsteuer per 2009 stark
die betreffend Steuerbelastung attraktivste Region im Kan-               gekürzt wurde.3 In der Folge unterbot der Aargau die Kantone
ton Aargau. Baden schneidet bei den natürlichen Personen                 Solothurn, Bern, Zürich sowie Basel-Landschaft und zog
ebenfalls günstiger ab als die übrigen Aargauer Regionen.                gleich mit dem Kanton Luzern. Der leichte Anstieg im Jahr
Bezüglich Unternehmenssteuern positionieren sich die                     2010 resultierte aus Steuersenkungen anderer Kantone. Um
sechs Wirtschaftsregionen gleichauf.                                     die steuerliche Attraktivität bei den natürlichen Personen
In Abbildung 13 und Abbildung 14 wird die Entwicklung der                weiter zu verbessern, ist eine neue Steuergesetzrevision in
Steuerbelastung im Kanton Aargau den Vergleichskantonen                  Planung (siehe Box Seite 18).
gegenübergestellt. Ein Anstieg im Steuerbelastungsindi-                  Abbildung 15 zeigt die Belastung durch Gemeinde-, Kan-
kator ist nicht zwangsläufig auf eine Erhöhung des Steuer-                tons- und Bundessteuern relativ zum Bruttoeinkommen
satzes zurückzuführen, sondern kann von Steuersenkungen                  sowie deren Abweichung zum Schweizer Mittel bis zu einem
in anderen Kantonen herrühren, da der Indikator die Posi-                Einkommen von 500’000 CHF für ein verheiratetes Steuer-
tionierung relativ zum Schweizer Durchschnitt darstellt. Der
Kanton Aargau wies über mehrere Jahre hinweg ein durch-                  3 Vgl. NAB-Regionalstudie Aargau 2010.
18

Steuergesetzrevision Kanton Aargau                              derbetreuungskostenabzugs vorgesehen. Ferner sollen die
Der Kanton Aargau ruht sich nicht auf den Lorbeeren aus.        Einkommenssteuer für höhere Einkommen sowie die Ver-
Die attraktive Positionierung im umkämpften Steuerwett-         mögenssteuer insgesamt reduziert werden. Zusätzlich ist
bewerb unter den Kantonen soll beibehalten werden. Dafür        ein Ausgleich der kalten Progression vorgesehen. Gerech-
lancierte die Regierung eine Überarbeitung des Steuer-          net wird in der Botschaft mit Mindereinnahmen von rund 90
gesetzes. Im Fokus stehen, nach umfangreichen Steuer-           Mio. CHF für den Kanton und von rund 85 Mio. CHF für
erleichterungen für die Unternehmen in den vergangenen          die Gemeinden. Die Vorlage wurde nach der Vernehmlas-
Jahren, die natürlichen Personen.                               sung ohne grössere Änderungen an den Grossen Rat zur
Im April 2011 veröffentlichte der Aargauer Regierungsrat        Beratung weitergegeben. Politisch ist sie jedoch weiterhin
die Botschaft zur ersten Beratung des Grossen Rats über         umstritten: Unterstützt wird die Revision seitens der bür-
die Steuergesetzrevision. Geplant ist vornehmlich eine Ent-     gerlichen Parteien. Die Grünen fordern Ertragsneutralität,
lastung des Mittelstandes. Ab 2013 soll die Einkommens-         während sich die Sozialdemokratische Partei sowie die Ver-
steuer für mittlere Einkommen rund 5 % tiefer ausfallen.        bände der Gemeinden gegen eine Änderung des Steuer-
Zudem ist eine Erhöhung des Kinderabzugs und des Kin-           gesetzes zum jetzigen Zeitpunkt aussprechen.

subjekt mit zwei Kindern auf. Die Progressionskurve in der      Die Progression bei der Vermögenssteuer wird in Abbildung
Einkommenssteuer zeigt, dass der Kanton Aargau ab einem         17 und Abbildung 18 anhand der Belastung durch Kantons-
Einkommen von 55’000 CHF im Vergleich zum Schweizer             und Gemeindesteuern dargestellt. Hier positioniert sich
Durchschnitt konkurrenzfähige Steuersätze hat. Ab einem         der Kanton Aargau weniger attraktiv als beim Einkommen.
Einkommen von 105’000 CHF bietet der Aargau auch im             Für Vermögen bis 150’000 CHF ist die Steuerbelastung im
Vergleich zu allen Nachbarkantonen ausser Zug und Zürich        regionalen Vergleich gar am höchsten. Erst ab einem Vermö-
attrak tivere Konditionen bei der Einkommenssteuer. Schluss-    gen von 350’000 CHF ist der Aargau fiskalisch günstiger als
endlich wird ab einem Einkommen von 380’000 CHF auch            der Schweizer Schnitt. Ab 450’000 CHF an aufwärts ist die
der Kanton Zürich bezüglich der Einkommenssteuer unter-         fiskalische Belastung in Zürich, Luzern, Zug und Solothurn
boten. Jedoch bleibt der Vorteil gegenüber Zürich beschei-      milder, in Bern und Baselland höher als im Aargau.
den. Ebenfalls sehr gering fällt der Unterschied zur Luzerner   Abbildung 19 zeigt die Belastung von Reingewinn und
Progressionskurve aus: Der Aargau ist fiskalisch maximal um      Eigenkapital durch Kantons- und Gemeindesteuern. Zu den
etwa 1 % günstiger als sein südlicher Nachbar. Generell gilt,   abgebildeten Sätzen ist jeweils noch die Belastung durch die
dass der Aargau ab einem gewissen Einkommen günstiger ist       direkte Bundessteuer (8.5 %) zu zählen. Gemessen an diesen
als die meisten seiner Nachbarkantone; jedoch bleibt diese      Parametern besitzt der Aargau nicht nur im regionalen, son-
Differenz ausser im Vergleich zu Bern und Zug immer unter       dern auch im schweizweiten Vergleich einen klaren Steuer-
3 % des Einkommens. In Abbildung 16 ist ersichtlich, dass die   vorteil, insbesondere für Firmen mit niedriger Rentabilität. Für
Differenz des Aargauer Steuersatzes zum Schweizer Schnitt       höhere Renditestufen verliert der Kanton Aargau etwas von
mit zunehmendem Einkommen kontinuierlich zunimmt.               seiner relativen fiskalischen Attraktivität. Jedoch ist unter
                                                                den Nachbarkantonen neben Zug ab einer Rendite von 16 %
                                                                einzig Luzern steuerlich günstiger positioniert als der Aargau.
19

Abbildung 15 Einkommenssteuer 2010                                                  Abbildung 16 Einkommenssteuer 2010
                 Steuerbelastung in Prozent des Bruttoeinkommens;                                   Abweichung zum Schweizer Mittel in Prozentpunkten;
                 Steuersubjekt: verheiratet mit zwei Kindern                                        Steuersubjekt: verheiratet mit zwei Kindern

35                                                                                    4

30                                                                                    2

                                                                                      0
25

                                                                                     –2
20
                                                                                     –4
15
                                                                                     –6

10
                                                                                     –8

 5                                                                                  –10

 0                                                                                  –12
50’000     125’000     200’000        275’000   350’000      425’000      500’000    50’000    125’000      200’000    275’000     350’000    425’000     500’000
     AG     ZH         BE        LU        ZG        SO         BL        Schweiz      AG          ZH          BE             LU       ZG          SO           BL

Quelle: Credit Suisse Economic Research                                             Quelle: Credit Suisse Economic Research

Abbildung 17 Vermögenssteuer 2010                                                   Abbildung 18 Vermögenssteuer 2010
                 Steuerbelastung in Promille des steuerbaren Vermögens;                             Abweichung zum Schweizer Mittel in Promillepunkten des steuer-
                 Steuersubjekt: verheiratet ohne Kinder                                             baren Vermögens; Steuersubjekt: verheiratet ohne Kinder

0.8                                                                                  0.3

0.7
                                                                                     0.2

0.6

                                                                                     0.1
0.5

0.4                                                                                    0

0.3
                                                                                    –0.1

0.2

                                                                                    –0.2
0.1

 0                                                                                  –0.3
      0      200’000        400’000        700’000        1’500’000    5’000’000        0         200’000       400’000         700’000    1’500’000  5’000’000
     AG     ZH         BE        LU        ZG        SO        BL         Schweiz     AG          ZH           BE             LU        ZG         SO        BL

Quelle: Credit Suisse Economic Research                                             Quelle: Credit Suisse Economic Research
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