Der Schlüssel für eine Zukunft - LERNZENTREN 3 SELIG - Stiftung Jesuiten weltweit

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Der Schlüssel für eine Zukunft - LERNZENTREN 3 SELIG - Stiftung Jesuiten weltweit
OSTERN 2022

LERNZENTREN
Der Schlüssel für eine Zukunft

              3 SELIG             4 INDIEN        8 MISSION
              Pater               Evening Study   Laienhelferinnen
              Rutilio Grande SJ   Center          Drei Porträts
Der Schlüssel für eine Zukunft - LERNZENTREN 3 SELIG - Stiftung Jesuiten weltweit
J E S U I T E N W E LT W E I T A K T U E L L

     Tanzen für Frieden                                Studienreise Indien                                Jesuiten und Matriarchinnen:
                                                                                                          Häusliche Religiosität

     D                                                 M
              ie Konfliktsituationen der Gegen-                   it Pater Saju George SJ und wei-
              wart bewegen auch Pater Saju                        teren indischen Mitbrüdern              im frühneuzeitlichen China
              George SJ, den Tänzer und Exper-                    erhalten wir vor Ort Einblicke in
     ten für klassisch-indischen Tanz. So will er      die Facetten des Subkontinents, der Wiege                            Mittwoch, 18.5.2022,
     auf der Europa-Tour 2022 zusammen mit             von Hinduismus und Buddhismus. Auch                                  19 Uhr, im Centrum 66,
     sieben Studierenden seines Kulturzent-            der Islam und das Christentum haben in                               Hirschengraben 66,
     rums Kalahrdaya mit ihrer Tanzkunst dem           Indien eine reiche Tradition. Die Begeg-                             Zürich
     Anliegen von Frieden und Gewaltlosigkeit          nung der Religionen über die Jahrhun­                                Die Historikerin Dr. Na­
     Raum verschaffen.                                 derte hat faszinierende Formen der Inkul-                            dine Amsler wird in ih-
       In der Schweiz werden sie über die              turation und von Reformbewegungen                                    rem Vortrag darlegen,
     Pfingsttage, von Samstag, 4., bis Sonn­           entfaltet.                                         wie die Ak­kommodationsmethode der
     tag, 12. Juni 2022, an verschiedenen Or-            Reise: Freitag, 4., bis Sonntag, 20. No­         Jesuiten in China ihren Umgang mit chi-
     ten in der Schweiz – in Gottesdiensten und        vember 2022, mit Pater Toni Kurmann SJ             nesischen Frauen formte und wie chine-
     an weiteren Veranstaltungen – auftreten.          in Zusammenarbeit mit dem Lassalle-                sische Christinnen als Akteurinnen in
     Auch wenn das Planen über Kontinente              Haus.                                              ihren Haus­halten eigene Formen von
     hinweg weiterhin herausfordert: Bereits             Vorbereitungstreffen: Samstag, 18.,              katholisch-christlicher Spiritualität ent-
     stehen wichtige Termine fest, wie zum             bis Sonntag, 19. Juni 2022, im Lassalle-           wickelten.
     Beispiel die Pfingstvesper im barocken            Haus. Mit Pater Bala Kiran Kumar Hruda-            Eine Veranstaltung der Jesuitenbiblio-
     Chorraum der Kathedrale von St. Gal­              yaraj SJ aus Karnataka. Er doktoriert an           thek Zürich in Zusammenarbeit mit dem
     len, 5. Juni 2022, um 18.00 h. Sie werden         der Universität Innsbruck. Er führt ein in         Ladanyi-Verein und der Ökumenischen
02   auch in Winterthur, Zürich im St. Jakob und       historische, kulturelle und religiöse Beson-       Gesellschaft Schweiz-China. Eintritt frei.
     Basel auftreten.                                  derheiten unserer Reiseziele. Kennen­              Sie sind herzlich eingeladen, vor­
       Weitere Informationen finden Sie unter          lernen der Reiseleitung und der Mit­rei­           gängig die Jesuitenbibliothek am
     www.jesuiten-weltweit.ch.                         senden. Möglichkeit, um offene Fragen zu           ­Hir­schen­­graben 74 zu besuchen (17.30–
                                                       klären.                                             18.30 Uhr). Lassen Sie sich China-Litera-
                                 Toni Kurmann SJ         Die Details zur Reise finden Sie unter            tur vom 17. Jahrhundert bis in die
                                                       www.lassalle-haus.org/de/reisen-pilgern.            ­Gegenwart aus den Beständen der Bib-
                                                                                                            liothek zeigen.
                                                                                   Toni Kurmann SJ                                     Esther Schmid

     Editorial
                         Liebe Freundinnen             In der Ukraine helfen die Jesuiten-Kommu-           Einer unserer Antwortversuche ist eine
                         und Freunde unserer           nitäten und -Institutionen nach ihren Mög-       Bildung, die Menschen in ihrer persönli-
                         Partner weltweit              lichkeiten. Der Flüchtlingsdienst der Jesu-      chen Entfaltung unterstützt und sie gleich-
                         In diesen Tagen Anfang        iten (JRS) ist ebenfalls aktiv. Er koordiniert   zeitig befähigt, Verantwortung für andere
                         März herrscht grosse          an den Grenzen der Nachbarländer die             zu tragen. Als Beispiel stellen wir in dieser
                         ­Betroffenheit über den       Hilfe für die Menschen auf der Flucht und        Ausgabe indische Lernzentren vor. Diese
                          Angriffskrieg auf die        auch die Hilfe der lokalen Jesui­ten. Wir wol-   ergänzen den Unterricht der öffentlichen
                          ­Ukraine durch die rus-      len mit Ihrer Unterstützung dafür einen          Schulen. Kinder marginalisierter Gruppen
                           sische Armee von Putin.     finanziellen Beitrag leisten.                    werden in ihren Lernbemühungen unter-
                           Wir hoffen auf die inter-      Auch dieser Krieg ist nicht wie eine Na-      stützt und lernen, Verantwortung für ihre
     nationale Diplomatie – dass diese Wege            turkatastrophe über unsere Welt herein-          Gemeinschaften zu überneh­men. Es geht
     findet, die Kampfhandlungen baldmög-              gebrochen. Wir fragen uns, wie wir als           auch um ein Kultivieren von Vertrauen auf
     lichst zu beenden. Auf Frieden und Integ-         kirchliche Ordensorganisation künftig            eine bessere Zukunft. So wie die Osterbe-
     rität für die Ukraine und deren demokra-          dazu beitragen können, dass Konflikte in         richte die Hoffnung stärken wollen, dass
     tische Freiheitsrechte!                           einer konstruktiven Weise angegangen             es jenseits des uns Vorstellbaren Lebens-
        Gegenwärtig hat die Nothilfe für die vom       werden und Minderheiten ihren Platz in           raum für alle Menschen gibt. Ihnen frohe
     Krieg betroffenen Menschen erste Priorität.       unseren Gesellschaften finden.                   Ostern!             Ihr P. Toni Kurmann SJ
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SELIGSPRECHUNG

Wenn es verboten ist, Christ zu sein
22. 1. 2022: Seligsprechung von Rutilio Grande SJ, Manuel Solórzano und Nelson Lemus

Leben und Wirken Rutilio Grandes
zeigen exemplarisch, welchen gesell-
schaftlichen Spannungsfeldern sich
die Kirche seit dem II. Vatikanischen
Konzil nicht mehr entziehen konnte.

M
             it dem Blick auf die Wirklichkeit
             von Ausbeutung und Unterdrü-
             ckung der armen Mehrheit der
 Bevölkerung, artikulierte sich die Pastoral
in einer Weise, die es den Betroffenen
­ermöglichte, bestehende Unrechtsord-
 nungen in Frage zu stellen. Daraus ist
 die Strömung der lateinamerikanischen
 Befreiungstheologien entstanden und
 eine Art, Kirche zu gestalten, die metho-       gung. In einem vielfältigen, dialogischen       Grundoptionen ihrer aufgeschlossenen
 disch radikal auf der Partizipation der ein-    Lernprojekt in Anlehnung an Paolo Freires       Priester und Delegierten der Gemeinde.
 fachen Leute aufbaut. Die Pastoral der          Pädagogik der Befreiung begannen die            Die Verfolgung der kirchlichen Mitarbei-
 Basisgemeinden steht seither für diesen         landlosen Feldarbeiterfamilien den Zu-          tenden begann: Ausländische Priester
 Ansatz.                                         sammenhang zwischen ihrer sklaven­              wurden des Landes verwiesen, einheimi-          03
    Rutilio Grande stammt selbst aus einer       ähnlichen Situation und den biblischen          sche wurden entführt und gefoltert. Am
 armen Familie aus El Paisnal in Aguilares,      Befreiungsgeschichten zu verstehen. Sie         12. März 1977 wurden Rutilio Grande
 einer kleinen Stadt ca. 40 Kilometer nörd-      organisierten sich politisch und forderten      und seine zwei Begleiter M    ­ anuel Solór­
 lich von San Salvador. Während einigen          von den Grossgrundbesitzern fairere Ar-         zano und Nelson Lemus auf dem Weg
 Jahren des Studiums, zuerst im Rahmen           beitsbedingungen, die rechtzeitige Aus-         zum ­Gottesdienst aus einem Hinterhalt
 des diözesanen Priesterseminars und             zahlung der vereinbarten Löhne, die             erschossen.
 nachher als junger Jesuit, auch im Ausland,     ­Anerkennung ihrer Rechte etc.                     Erzbischof Oscar Romero hatte nach
 hatte er sich die offene Theologie des II.         Rutilio wachte wie kein anderer darüber,     diesem Attentat erst richtig realisiert, in
 Vatikanums, der Bischofsversammlung              dass die kirchliche Arbeit nicht mit politi-   welche Barbarei Menschen fallen können,
 von Medellín 1968 wie auch der General-          scher Aktion verwechselt wurde. Doch nur       wenn sich die Machthaber eines ausbeu-
 kongregationen 1965/66 und 1974/75 der           ein Teil verstand die Notwendigkeit der        terischen Systems durch die Dynamik
 Jesuiten zu eigen gemacht.                       unterschiedlichen Rollen bei der Überwin-      ­einer bewusstseinsbildenden, lebensbe-
    Im Herbst 1972 wurde Rutilio Grande als       dung der krassen Unrechtsstrukturen. Die        zogenen Pastoral gestört fühlen. Damit
 Pfarrer nach Aguilares gesandt – ausge-          Oligarchie benützte Medien, Regierung,          erwachte sein Bewusstsein für die eigene
 rechnet in seine alte Heimat, wo er 1928         Polizei und Militär, um die Basisgemeinden      existenzielle Solidarität mit den Verfolg-
 zur Welt gekommen war. Zusammen mit              zu diffamieren und die kirchliche Hierar-       ten. Er wurde drei Jahre später, am 24. März
 drei anderen Jesuiten lancierte er die           chie auf ihre Seite zu ziehen. Doch die         1980, am Altar erschossen.
 Gründung einer Basisgemeinde-Bewe-               Mehrheit der Bischöfe stand hinter den                                Christoph Albrecht SJ
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INDIEN

04   Ausstellung der wissenschaftlichen Experimente in einem Lernzentrum der Provinz Madurai. Die Teams warten gespannt darauf,
     wer den Wettbewerb gewinnt. Bild: Provinz Madurai

     Lernzentren
     Nachhilfeunterricht, der Schlüssel für eine Zukunft in Indien

     Die Jesuiten führen Hunderte Lern-            rend mehr als einem Jahr konnte er keine      von Grund auf und können dadurch ihre
     zentren in Indien. Sie heissen Evening        Schule besuchen, nicht lernen und keine       Schulleistungen verbessern. Auch erste
     Study Center (ESC). Diese Lernzentren         Bücher mehr lesen. Im August 2021, wäh-       Grundlagen in Englisch werden vermittelt.
                                                   rend eines Besuchs bei seinem Onkel im        «Mit meiner Familie spreche ich Mundari,
     sind ein Ansatz der Jesuiten, um die          200 Kilometer entfernten Dorf Hotor, er-      aber in der Schule wird in Hindi unterrich-
     öffentliche Schulbildung von benach-          fährt Praveen, dass dort ein Lernzentrum      tet. Meine Eltern und Grosseltern sprechen
     teiligten Kindern in Indien mit einem         geführt wird. «Ich traf jeden Tag Kinder im   kein Hindi. Dank unseres Lehrer Mister
     ganzheitlichen Nachhilfeunterricht zu         Dorf, die mir vom Unterricht erzählten und    Sako habe ich die Grundlagen in Hindi
     ergänzen. Lernzentren sind kosten-            davon, was sie heute alles gelernt hatten.»   gelernt und verstehe es jetzt viel besser.»
                                                   Voller Enthusiasmus überredet er seine        Praveen ist glücklich, dass er wieder Un-
     günstig und effektiv.                         Eltern, dass er vorübergehend zu seinem       terricht erhält und Neues lernen kann.
                                                   Onkel ziehen durfte, damit er das Lernzen-    Schon heute weiss er, dass er später Lehrer

     P
            raveen Guria ist acht Jahre alt. Er    trum besuchen konnte. Trotz anfänglicher      werden möchte. «Ich werde jedem Kind in
            lebt mit seinen Eltern, zwei älteren   Skepsis gaben seine Eltern schliesslich       meinem Dorf das Lesen und Schreiben
            Geschwistern und seinen Grossel-       seinem Wunsch nach.                           beibringen.»
     tern in Pakartoli, einem kleinen Dorf im         Die Lehrpersonen der Lernzentren be-         Die Lehrpersonen der Lernzentren
     Bundesstaat Jharkhand im Nordosten In-        handeln alle Kinder gleich und klären alle    konnten den Unterricht auch während der
     diens. Er liebt es, zur Schule zu gehen.      offenen Fragen, die die Kinder haben. Vie-    Schulschliessungen wegen der Corona-
     Lesen ist seine grosse Leidenschaft. Als im   le Kinder aus Dalit- und Adivasi-Familien     Pandemie fortführen. Statt im Gemeinde-
     März 2020 alle Schule in Indien schliessen    sprechen eine lokale Stammessprache. In       saal trafen sie sich auf dem Dorfplatz oder
     mussten, blieb auch Praveen zu Hause und      den Schulen wird oft eine der offiziellen     auf einer Hausveranda. Kinder lernten mit
     konnte seine erst kurz zuvor begonnene        Landessprachen gesprochen. In den Lern-       grosser Motivation weiter und setzten sich
     Schulbildung nicht mehr fortsetzen. Wäh-      zentren lernen die Kinder die Sprachen        engagiert für ihre Dorfgemeinschaft ein.
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INDIEN

                                              DAS KONZEPT DER LERNZENTREN
                                              In Indien gilt eine Schulpflicht für Kinder   zentrum ist ausgestattet mit einer
                                              im Alter von 6 bis 14 Jahren. Im länd­        ­Leinwand, Schreibmaterial und Sport­
                                              lichen Indien ist das öffentliche Schul-       geräten. Die Animatorinnen und Ani-
Das Schuljahr 2021/2022, das in Indien im     system mangelhaft. Die öffentlichen            matoren erhalten für ihren täglichen
Mai 2021 begann, starteten fast alle Kinder   Schulen liegen weit verstreut und ha-          Einsatz eine kleine Entschädigung und
erfolgreich auf der nächsten Schulstufe in    ben namentlich in Dörfern der Dalit und        regelmässige Weiterbildungen in Päd-
den jetzt wieder geöffneten Schulen. Auch     Adivasi eine schlechte Infrastruktur.          agogik.
Praveen konnte dank dem Lernzentrum           Es mangelt an allem. Die Lehrerinnen             Die Kinder werden nicht nur bei ihrer
die nächste Schulstufe besuchen. Er lebt      und Lehrer sind oft schlecht ausgebil-         Schulbildung unterstützt. Sie werden
noch immer bei seinem Onkel und be-           det, erscheinen nicht zum Unterricht           ganzheitlich in ihrer Persönlichkeitsent-
sucht weiterhin das Lernzentrum.              und behandeln Kinder aus armen                 wicklung gefördert. Am Samstag wer-
                                              Familien diskriminierend. Die Jesuiten         den kleine Theaterauftritte eingeübt,
Leidenschaft für Malerei und Auftritte        setzen hier an. Anstatt eigene Privat-         Lieder gesungen und es wird gemalt.
Für Santhiya, Schülerin der 11. Klasse in     schulen mit hohen Betriebskosten zu            Die Kreativität der Kinder wird geweckt
Madurai, ist der Quiz-Wettbewerb eine         gründen, haben die Jesuiten das Kon-           und gefördert. Regelmässig organisie-
sehr gute Vorbereitung auf staatliche Auf-    zept der Lernzentren entwickelt und            ren die Kinder Auftritte für die Dorfge-
tritte. «Durch die Wettbewerbe und Auf-       eingeführt.                                    meinschaft. Vierteljährlich erscheint ein
tritte habe ich kritisches Denken gelernt.       Tagsüber besuchen die Kinder eine           Magazin mit Geschichten, Gedichten
Ich habe gelernt, wie ich Probleme kreativ    öffentliche Schule und am späteren             und Bildern, gestaltet von den Kindern.
lösen kann.» Das öffentliche Auftreten und    Nachmittag kehren sie zurück in ihre           Mehrmals pro Jahr finden auch Wettbe-
Sprechen an den Wettbewerben gibt den         Dörfer. Dort treffen sich alle Kinder im       werbe statt, bei denen sich die Kinder
Kindern Selbstvertrauen. Sie lernen, in       Gemeindesaal oder auf dem Dorfplatz.           aus mehreren Lernzentren in einer Re-
Gruppen zusammenzuarbeiten, und fin-          Der Raum wird von den Dorfgemein-              gion treffen und Erlerntes zeigen. In
den ihre versteckten Talente.                 schaften zur Verfügung gestellt. Wäh-          kleinen Gruppen beantworten sie Fra-          05
   Die zehnjährige Shanti aus Andhra Pra-     rend drei Stunden am Abend, von Mon-           gen zu unterschiedlichen Themen, füh-
desh hat im Lernzentrum ihre Leiden-          tag bis Samstag, werden sie durch eine         ren wissenschaftliche Experimente
schaft für die Malerei entdeckt. «Meine       Animatorin oder einen Animator aus             durch und zeigen ihre Kreativität bei
Lehrerin ermutigt mich dazu, viel zu ma-      ihrem eigenen Dorf betreut. Der Schul-         gemeinsamen Auftritten.
len. Hier habe ich meine Kreativität ent-     stoff wird repetiert und verinnerlicht.
deckt und ich habe den Mut gefunden,          Die Kinder erhalten Raum, um ihre
meine Bilder den anderen Kindern zu zei-      Hausaufgaben konzentriert zu erledi-
gen. Bei Ausstellungen für die Eltern be-     gen und Fragen zu stellen. Jedes Lern-
komme ich immer sehr viel Lob. Das gibt

                                                                                                                   L I N K S: Im Lern­
                                                                                                                   zentrum Hotor in
                                                                                                                   Jharkhand lernt
                                                                                                                   Praveen Guria (8)
                                                                                                                   das Alphabet in
                                                                                                                   Englisch und in
                                                                                                                   Hindi.
                                                                                                                   Bild: TRDSW

                                                                                                                   R ECH T S: Unterstüt­
                                                                                                                   zung bei den Haus­
                                                                                                                   aufgaben im Lern­
                                                                                                                   zentrum Hotor in
                                                                                                                   Jharkhand. Der
                                                                                                                   Animator Sako
                                                                                                                   Bengra und Kinder
                                                                                                                   seines Dorfes.
                                                                                                                   Bild: TRDSW
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INDIEN

     mir Selbstvertrauen und erfüllt mich mit       ren. Ich habe zwei jüngere Geschwister.         Schulbildung eine bessere Zukunft haben
     Stolz.»                                        Ich möchte ihnen eine gute Bildung er-          können.
        Die gemeinsamen Wettbewerbe und             möglichen, so dass sie später eine gute
     Auftritte stärken das ganze Dorf. «Das gan-    Arbeitsstelle finden. Im Lernzentrum kann       Ein Schlüssel in Indien und der
     ze Dorf hilft mit, wenn ich Wettbewerbe        ich das Leben meiner Geschwister und            Schweiz
     organisiere oder Auftritte der Kinder vor-     von allen Kindern in meinem Dorf ver­           Das Konzept von Hausaufgabenhilfe für
     bereite. Diese Energie und Fröhlichkeit zu     ändern.»                                        benachteiligte Kinder ist nicht auf Indien
     spüren, diese Gemeinsacht, das ist der            Miss Baby aus Chennai absolviert das         beschränkt. Auch in der Schweiz gab es
     glücklichste Moment für mich», sagt Mrs.       12. Schuljahr. «Während meiner obligato-        diesen Ansatz bereits ab den 1960er-Jah-
     Ilavarasi, Animatorin in Madurai. Lernzen-     rischen Schulzeit gab es dieses Angebot         ren, als viele Gastarbeiterinnen und Gast-
     tren fördern das Dorfleben der ganzen          in meinem Dorf noch nicht. Ich musste alle      arbeiter in unser Land kamen. Auch bei
     Gemeinschaft. Sie sind gemeinschaftsbil-       Hausaufgaben allein lösen und hatte             uns waren es damals die Kirchen und Pfar-
     dend und befähigen die ganze Gemein-           Mühe zu lernen. Ich möchte den Kindern          reien, die den Kindern dieser Familien ei-
     schaft, nicht nur die Kinder, die Zukunft zu   eine Unterstützung in ihrer Schulbildung        nen Raum für Hausaufgaben sowie
     gestalten.                                     bieten, so wie ich sie nie hatte.» Die Arbeit   Deutschunterricht anboten und so ihr
                                                    der Animatorinnen und Animatoren mit            Potenzial förderten. Das gleiche Konzept,
     Motivation der Lehrpersonen                    den Kindern verändert auch ihr eigenes          wie es in Indien erfolgreich angewandt
     Zu sehen, wie sich die Kinder voller Freude    Leben. Sie wachsen als verantwortungs-          wird, half vielen Kindern, die Schule erfolg-
     und Neugierde auf die verschiedenen Auf-       bewusste Führungspersonen in ihren Dör-         reich abzuschliessen, eine Lehrstelle zu
     gaben vorbereiten ist eine Quelle der Mo-      fern und entwickeln ihre Persönlichkeit         finden und sich eine gute Zukunft auf­
06   tivation für alle Lehrpersonen der Lernzen-    weiter. Auch sie entdecken stets neue Ta-       zubauen.
     tren. Einige von ihnen sind noch in            lente, die sie mit ihren Kindern teilen kön-
     Ausbildung oder haben diese bereits ab-        nen. Ihr Selbstvertrauen wächst zusam-
     geschlossen. Andere besuchen selbst            men mit dem der Kinder und sie lernen
     noch die Schule oder arbeiten tagsüber in      die Bedürfnisse der eigenen Gemeinschaft
     einem anderen Beruf.                           besser kennen. Allen Lehrpersonen der
        Sako Bengra, Animator von Praveen           Lernzentren ist gemeinsam, dass sie sich
     Guria in Hotor, bewirtschaftet tagsüber        voller Leidenschaft für die Lehrtätigkeit
     ein kleines Stück Land. «Ich bin dafür         mit den Kindern einsetzen. Sie alle wün-
     ­verantwortlich, meine Familie zu ernäh-       schen sich, dass die Kinder durch eine gute

          L I N K S: Bei Quiz-
     Wettbewerben tref­
      fen sich die Kinder
     aus mehreren Lern­
      zentren und beant­
      worten in Gruppen
       eine Auswahl aus
        über 600 Fragen.
        Bild: Provinz Madurai

        R ECH T S: Jeden Tag
       eine halbe Stunde
      spielen. Physische
       Bewegung fördert
         die Entwicklung
            und stärkt die
         Konzentrations­
                   fähigkeit.
                Bild: Provinz
              Andhra Pradesh
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Der Gesellschaft etwas zurückgeben
Interview mit Mr. Udhyamoorthy

                        Was ist das              sich markant. Für einige von ihnen weckt     zu teilen. Ich kann der Gesellschaft etwas
                        ­Spezielle an den        erst der Besuch im Lernzentrum das In­       zurückgeben.
                         Lernzentren?            teresse am Lernen. In Dörfern mit Lern­
                         Wir ermächtigen         zentren sehen wir eine klare Reduktion       Was geben die Kinder dank den Lern­
                         Kinder aus armen        von Schulabbrüchen und Kinderarbeit.         zentren an die Gesellschaft zurück?
                         Familien durch Bil-     Und es werden weniger Kinderehen ge-         Die Lernzentren arbeiten für das Wohler-
                         dung und fördern        schlossen.                                   gehen der Kinder. Sie vermitteln qualitativ
                         eine Kultur des Ler-                                                 gute Schulbildung, moralische Werte und
                         nens. Die Kinder        Was war ein besonderer Moment für            Motivation. Sie sind für alle Kinder da.
                         und ihr Wohlerge-       Sie als Koordinator?                         Dank den Lernzentren werden die Kinder
Mr. Udhyamoorthy         hen stehen bei uns      Wenn ich ein Lernzentrum besuche, erzäh-     zu sozial verantwortungsbewussten Frau-
koordiniert die Ak­      an erster Stelle. Un-   len mir die Kinder voller Freude, wie viel   en und Männern, die sich für die Gemein-
tivitäten von rund       sere Lernzentren        sie gelernt haben und wie gut ihre Prü-      schaft engagieren. An den Wochenenden
20 Lernzentren in        fördern die Kinder      fungsergebnisse in den Schulen sind. Sie     organisieren die Animatorinnen und Ani-
Madurai, im Süden        in ihrer Ganzheit:      sind voller Fragen und Neugierde. Manche     matoren Aktivitäten mit den Kindern. Sie
Indiens.                 Bildung, Persön-        Fragen sind schwierig, manche lustig. Es     pflanzen Bäume, säubern Strassen und
                         lichkeit und Ge-        erfüllt mich mit Stolz und Freude, wenn      Dorfplätze. In jedem Lernzentrum bildet
meinschaft. Wir bieten Raum für die Ent-         ich sehe, wie interessiert die Kinder sind   sich ein Kinderparlament. Die Kinder wer-
wicklung der Kreativität der Kinder. Bei         und das ganze Wissen aufsaugen. Ich darf     den zu Führungspersonen ausgebildet
einem Volleyballspiel am Abend, bei einer        miterleben, wie sich die Kinder entwickeln   und setzen sich auf lokaler Ebene für das
Tanzaufführung am Samstag oder bei ei-           und Selbstbewusstsein aufbauen.              Wohlergehen der Dorfgemeinschaft ein.         07
ner Ausstellung von wissenschaftlichen              Die Eltern und Dorfältesten zeigen mir    Viele unserer Animatoren und Animato-
Experimenten lernen alle Kinder ihre ver-        immer wieder ihre Unterstützung. Es er-      rinnen haben früher selbst Lernzentren
steckten Talente kennen. Diese Aktivitäten       füllt mich mit Freude, wenn sie mir zum      besucht. Heute arbeiten sie für die Lern-
geben ihnen Selbstvertrauen und Mut              guten Gelingen der Lernzentren gratulie-     zentren und geben den Kindern und der
und unterstützen sie bei ihrer persön­           ren und ihre Dankbarkeit zeigen. Ich habe    Gesellschaft wieder etwas zurück.
lichen Entwicklung zu sozial verantwor-          das Bedürfnis, mich in der Gesellschaft                            Janina Emmenegger
tungsbewussten Persönlichkeiten. Die             einzusetzen. Die Arbeit mit den Lernzen-
Kinder entwickeln sich in ihrer Persönlich-      tren gibt mir die Möglichkeit, mein Wissen
keit, und ihre Schulleistungen verbessern        und meine Erfahrungen mit den Kindern

                                                                                                                    Animatorinnen
                                                                                                                    und Animatoren
                                                                                                                    treffen sich zum
                                                                                                                    Austausch und zur
                                                                                                                    Weiterbildung.
                                                                                                                    Bild: Provinz Madurai
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LAIENHELFERINNEN

08   Die jungen Frauen wurden zu Festen in den Dörfern eingeladen, wo bis in die Nacht getrommelt und gesungen wurde. Aus afrikanischen
     Stoffen liessen sie sich Kleider nähen. Johanna Dannacher sitzt vorne am Boden. Bild: Johanna Dannacher

     Laienhelferinnen in der Missionsarbeit
     Drei Porträts – stellvertretend für viele

     Von jeher sind mehr Frauen als                 Josepha Pfister (1932–2021) – «Sie hat         te sie in einem neu erbauten Generatio-
     Männer im Missionseinsatz. Frauen              die Menschen wirklich geliebt.»                nenhaus der Geschwister Pfister. Nach der
     spielten aber in der Missionsarbeit            «Meine Tante war eigenständig, selbst­         Schliessung des Spitals Wald 1989 arbeite-
                                                    bewusst und hatte einen grossen Gerech-        te sie bis zu ihrer Pensionierung im Bezirks-
     immer eine untergeordnete Rolle:               tigkeitssinn», sagt Alois Pfister, Käser in    gefängnis Urdorf. In den letzten Jahren
     Für Taufen und Kirchengründungen               Goldingen, über die 2021 verstorbene           ihres Lebens wurde sie zunehmend de-
     sowie weitreichende Entscheide                 Krankenschwester Josepha Pfister. Sie sei      ment, doch sie bewahrte ihren Humor und
     waren die Missionare zuständig.                durchaus imstande gewesen, einen Chef-         ihr Lachen, mit denen sie ein Leben lang
     Ordensschwestern führten die                   arzt zurechtzuweisen, der sich negativ         offen auf alle Menschen zugegangen war
                                                    über eine allgemein versicherte Patientin      und machte ihren Betreuungspersonen
     grossen Haushalte auf den abge­                äusserte: «Alle Menschen haben das Recht       das Leben leicht. Schliesslich starb sie im
     legenen Stationen, pflegten die                auf die gleiche Behandlung.»                   Januar 2021 an den Folgen von Covid-19.
     Kranken oder unterrichteten                       Josepha Pfister wuchs als das elfte von     Ein gewöhnlicher Lebenslauf einer allein-
     Frauen und Kinder.                             zwölf Kindern in der Käserei in Goldingen      stehenden Frau im Übergang vom 20. ins
                                                    auf. Nach der Volksschule absolvierte sie      21. Jahrhundert – wären da nicht ihre vie-

     I
          n diesem Artikel stellen wir drei Frau-   ein Welschlandjahr, danach half sie fast       len zusätzlichen Engagements gewesen:
          en vor, deren Arbeit noch weniger         zehn Jahre ihrem Vater in der Käserei. Von     – Bereits 1964 reiste sie – zusammen mit
          erwähnt wird: Laienhelferinnen, wel-      1958 bis 1961 lernte sie Pflegerin für Ge-        ihrem Bruder Willi – für ein halbes Jahr
     che nach dem Zweiten Weltkrieg die Ar-         müts- und Nervenkranke in der Heilanstalt         als Krankenschwester nach England, um
     beit der Missionsorden unterstützten, zum      in Cazis, ein Jahr später schloss sie in Lu-      die Sprache zu lernen.
     einen durch kurze und lange Einsätze vor       zern eine Hebammenausbildung ab. 1965          – 1968 flog sie zum ersten Mal mit der
     Ort, zum anderen durch jahrzehntelange         begann sie im Landspital Wald zu arbeiten.        Swissair nach Nairobi/Kenia und weiter
     finanzielle Unterstützung.                     Mit ihrem Vater und zwei Schwestern leb-          nach Tansania. Alois Pfister nimmt an,
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LAIENHELFERINNEN

    dass sie den Goldinger Kapuzinerpater      – Während rund 30 Jahren begleitete sie          die vernachlässigte Buchhaltung der Schu-
    Haimo Schirmer auf der Missionsstation       als Krankenschwester Wallfahrten ihrer         len in Mbarara/Uganda kümmern könnte.
    in Kwiro besuchte.                           Pfarrei nach Lourdes.                          Donzé erhielt – ungewöhnlich für die Zeit
–   Von 1971 bis 1995 flog sie regelmässig       Sie sei eine lebensfrohe, oft auch unkon-      – neun Monate Urlaub vom Elektrizitäts-
    in die USA, wo sie in Janesville/Wiscon-   ventionelle Frau gewesen, erinnert sich          werk Basel. Anfang April 1964 flog sie mit
    sin eine weitere Goldingerin, Schwester    Alois Pfister. Ihre zahlreichen Einsätze als     einem Spezialflug von Raptim für Missio-
    Sigolena Vettiger, besuchte und da je-     Krankenschwester erklärt er sich damit,          narinnen und Missionare von Amsterdam
    weils im Altersheim St. Elizabeth mit­     dass Josepha im engen Rahmen des Dor-            aus nach Uganda. In Rom gab es einen
    arbeitete. Ihr letzter Besuch war 1995.    fes Goldingen allein wohl nicht glücklich        Zwischenhalt, wo Papst Paul VI. die Reisen-
–   1972 weilte sie 3 Monate in Indien. Hier   gewesen wäre: Sie habe diese «Auszeiten»         den zur Audienz empfing – ein wichtiges
    besuchte sie einen weiteren Goldinger      gebraucht und immer gerne davon er-              Treffen für Donzé, weil sie da spürte, dass
    Missionar, Bruder Otto Widmer SJ, in       zählt. In ihrem Testament bedachte Jose-         sie nicht allein unterwegs war, sondern als
    Shrirampur und arbeitete in Shevgaon/      pha Pfister die Stiftung Jesuiten weltweit.      Teil einer grossen Bewegung.
    Maharashtra als Hebamme und Kran-                                                              In Mbarara kümmerte sie sich um die
    kenschwester im Spital Nitya Seva, das     Irène Donzé (*1932) – «Es bruucht au             Buchhaltung und besorgte Einkäufe für
    von Jesuiten initiiert und unterstützt     Laie, wo guet sin.»                              die Schulen. Aber die Arbeit mit Menschen
    wurde. Fast zehn Jahre später, von No-     Irène Donzé wuchs mit zwei Geschwistern          interessierte sie mehr: Gerne arbeitete sie
    vember 1981 bis Januar 1982, machte        in Zürich und Basel auf. Ihre Familie gehör-     bei den Dispensaires in Ibanda und Ruga-
    sie einen weiteren Einsatz in Shevgaon.    te der lebendigen katholischen Pfarrei St.       zi, wo Kranke mit Medikamenten versorgt
–   1984 arbeitete sie ein weiteres Mal in     Marien an, und sie machte in Binningen bei       wurden. Während der Sommerferien fuhr
    Ashanti/Ghana im Spital von Agogo, das     den Pfadfindern mit. Früh schon interessier-     Donzé in einem VW-Käfer zusammen mit            09
    von der Basler Mission gegründet wor-      te sie sich für die Geschichten von «Heiden-     einem Deutschen und einer Irin nach Ifa-
    den war.                                   kindern», die ihre Religionslehrerin erzählte.   kara/Tansania. Da hatte bis zu ihrem Tod
–   1973 bis 1986 war sie Mitglied des            1951 besuchte sie die Schule der              1963 eine Cousine von Donzés Vater, die
    Schweizerischen Katastrophenhilfskorps     «Daughters of Mary and Joseph» in Guild-         Baldegger Schwester Arnolda Kury, ge-
    der Deza und leistete mehrere humani-      ford/GB und lernte Ordensfrauen kennen,          wirkt und sich als Kennerin lokaler Arznei-
    täre Einsätze, unter anderen 1976 nach     die später in Burundi und Uganda als Mis-        pflanzen einen Namen gemacht. Diese
    dem Erdbeben in Friaul/Italien. Dafür      sionarinnen wirkten. Zwölf Jahre später          Reise über fast 3000 Kilometer auf unbe-
    wurde sie jeweils von der Arbeit in Wald   fragte eine der Schwestern, ob Donzé sich        festigten Strassen war ein äusserst aben-
    freigestellt.                              als ausgebildete Direktionssekretärin um         teuerliches Unterfangen.

                                                                                                                        LI N K S: Josepha
                                                                                                                      ­P fister 1984 bei
                                                                                                                       ­ihrem Aufenthalt im
                                                                                                                        Spital von A   ­ gogo
                                                                                                                        mit ghanaischen
                                                                                                                        Kolleginnen. Die
                                                                                                                        Krankenschwester-
                                                                                                                        Uhr trug sie oft
                                                                                                                        auch ausserhalb der
                                                                                                                      ­Arbeitszeit.
                                                                                                                       Bild: Josepha Pfister

                                                                                                                       R ECH T S: Josepha
                                                                                                                       Pfister – Porträt
                                                                                                                       von der Dank­
                                                                                                                       sagung.
                                                                                                                       Bild: Josepha Pfister
Der Schlüssel für eine Zukunft - LERNZENTREN 3 SELIG - Stiftung Jesuiten weltweit
LAIENHELFERINNEN

        Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz nutz-     Jesuiten überzeugt hat, unterstützt Irène         Tansania. Die Schiffsreise führte von Vene-
     te Irène Donzé ihr persönliches Netzwerk        Donzé auch die Stiftung Jesuiten weltweit.        dig durch den Suezkanal nach Daressalam.
     und sammelte in den nächsten vierzig                                                              Geleitet wurde das Spital in Ifakara damals
     Jahren namhafte Beträge für das Waisen-         Johanna Dannacher-Perrig (*1942) –                von Dr. Schöpf, einem Österreicher. Bis zu
     haus, die Spitäler und Schulen der «Daugh-      «Ich bin toleranter geworden.»                    acht Krankenschwestern aus der Schweiz
     ters of Mary and Joseph». Dies alles neben      Wie Donzé ist Johanna Dannacher mit ihren         sowie ausgebildete Krankenpfleger und
     ihrer anspruchsvollen Arbeit als persön­        vier Geschwistern in Basel sehr behütet auf-      -schwestern aus Tansania arbeiteten unter
     liche Sekretärin von zwei aufeinander­          gewachsen. Und auch ihre Familie war Mit-         der Leitung der Ordensschwestern. Schwes-
     folgenden Basler Regierungsräten und als        glied einer sehr aktiven Pfarrei: Heiliggeist.    ter Bernardina Allensbach war als Ärztin für
     Betreuerin ihrer betagten Eltern bis zu         Beide Eltern stammten aus kinderreichen           das eigens für Tuberkulose-Patienten und
     deren Tod. Sie reiste noch mehrmals nach        Walliser Familien. Ihr Onkel Josef Guntern        -Patientinnen errichtete Spital zuständig.
     Uganda: 1968 zur Eröffnung des Kinder-          arbeitete als Immenseer Missionar in Tai-           Elektrizität im Spital und in den Unter-
     heims und 1971 zur Eröffnung des Spitals        wan, ihre Tante, Schwester Berchmans Gun-         künften wurde noch von einem Generator
     in Ibanda. Als sie 1995 wiederkam, stand        tern, gehörte 1920 zu den ersten Missions-        erzeugt. In den Dörfern hatten die Leute
     die Arbeit gegen HIV/Aids und die Betreu-       schwestern von Baldegg in Ifakara/Tansania.       keinen Strom, sie holten das Wasser am
     ung von Aidswaisen im Zentrum. 2008 war         Die Berichte der beiden weckten früh              Brunnen und kochten auf offenem Feuer.
     sie zum letzten Mal da.                         ­Johanna Dannachers Interesse für ferne           Während der Regenzeiten war Ifakara vom
        «Dieser Einsatz hat mein ganzes Leben         ­Länder und Kulturen.                            Hinterland abgeschnitten, nur Einbäume
     geprägt», sagt Irène Donzé. Sie erzählt von          Sie besuchte erst die Katholische Schule     konnten den Fluss Kilombero überqueren.
     der Herzlichkeit ihrer ugandischen Kolle-         in Basel und war danach zwei Jahre im Ins-        Rückblickend sagt auch Dannacher, dass
10   ginnen, für welche die Begrüssung jeweils         titut in Baldegg, wo sie die 3. Sek und einen   die drei Jahre in Tansania sie stark geprägt
     so wichtig gewesen sei. Am Ende habe sie          Haushaltungskurs abschloss. Von 1962 bis        hätten: Sie habe erfahren, dass das Leben
     nicht mehr wahrgenommen, dass diese               1965 machte sie die Krankenschwesteraus-        nicht nach einem bestimmten Schema ab-
     schwarz gewesen seien, man habe gleich-           bildung in Sursee. Bereits im Hinblick auf      laufen müsse, und sei tolerant geworden
     berechtigt zusammengearbeitet. In den             einen Einsatz in einem Missionsland ging        andern Menschen gegenüber. Und sie habe
     Orden einzutreten hingegen, sei für sie nie       sie danach für fast ein Jahr nach London,       bei den Menschen in den benachbarten
     in Frage gekommen.                                wo sie die Sprache lernte und in einem Spi-     Dörfern erlebt, wie man auch mit wenig
        Seit sie eine Reise in die Philippinen vor     tal arbeitete. Im März 1967 war es so weit:     Besitz gut leben kann.
     14 Jahren, unter der Leitung von Toni Kur-        Mit einer Gruppe Baldegger Schwestern             Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz im
     mann SJ, von der Qualität der Arbeit der          und Kapuzinermissionaren reiste sie nach        September 1970 beschloss Johanna Dan-

         L I N K S: Die vielen
      sterbenden Kinder,
          die Irène Donzé
         1964 in Uganda
         sah, waren eine
      starke Motivation,
        sich in den kom­
              menden Jahr­
        zehnten stark für
             die Arbeit des
         ­Missionsordens
                einzusetzen.
            Bild: Irène Donzé

             R ECH T S: Irène
             Donzé heute.
       Bild: Blanca Steinmann
LAIENHELFERINNEN

                                                  LAIENHELFERINNEN UND -HELFER
                                                  IN DEN 60ER-JAHREN ...
                                                  Der Zweite Weltkrieg war zu Ende,    Pfarreien, im Religionsunterricht
                                                  Reisen war einfacher geworden,       oder von in der Mission tätigen
nacher zu bleiben. Ins Kloster eintreten          die Kommunikation dank Telefon­      Verwandten hatten sie packende
wollte sie nicht – und da sie als Laienhelfe-     netzen leichter. Mittels Missions­   Geschichten über fremde Länder
rin neben Reise, Kost und Logis nur ein Ta-
                                                  zeitschriften und -kalendern war­-   und Kulturen gehört. Auch die
schengeld verdiente, würde sie später keine
                                                  ben Missionsorden in Europa um       katholischen Jugendorganisatio­
Altersversorgung haben. Sie lernte ihren
Mann kennen, zog nach Dietikon und arbei-         finanzielle Unterstützung und        nen weckten das Interesse für die
tete weiter als Krankenschwester. Die Arbeit      um Nachwuchs für ihre Arbeit in      Kirchen in den eben unabhängig
der Baldegger Schwestern verfolgt sie wei-        Afrika, Asien und Lateinamerika.     gewordenen Staaten in Afrika
terhin interessiert und gemeinsam mit ih-         Gleichzeitig war es die Zeit des     und Asien.
rem 2021 verstorbenen Mann unterstützte           Zweiten Vatikanischen Konzils,
sie auch die Stiftung Jesuiten weltweit.          und die 68er-Bewegung lag in der     ... UND HEUTE
   Heute fragt sich Dannacher, ob es nicht        Luft: Den Missionsorden fehlte es    www.comundo.org: Comundo (aus
schon in den 60er-Jahren möglich gewe-
                                                  an Nachwuchs, auf den grossen        Interteam und Bethlehem Mission
sen wäre, die Verantwortung stärker der
                                                  Missionsstationen fehlten Arbeits­   Immensee entstanden) vermittelt
lokalen Bevölkerung zu übergeben und
den Schwerpunkt der Arbeit auf Prävention         kräfte. Laienhelferinnen und -hel­   Fachpersonen mit Kompetenzen
zu legen. Vor allem die Situation der man-        fer waren zunehmend gefragt.         in Management, Kommunikation,
gelernährten Kinder ging den Schweizer                                                 Umweltfragen, Kinderschutz oder
Schwestern sehr nahe: Manchmal kauften            Neben der christlichen Grundhal­     Aus- und Weiterbildung von Lehr­
sie von ihrem eigenen Geld Fisch, um kleine       tung waren es auch Neugierde,        personal.
Patientinnen und Patienten mit Eiweiss zu                                                                                                11
                                                  ein gutes Stück Abenteuerlust und    www.voyage-partage.ch: Bei
versorgen. Auch andere Krankheiten wie            Freiheitsdrang, welche junge Men­    Voyage-Partage können sich junge
Malaria, Brechdurchfälle oder Tuberkulose
                                                  schen dazu brachten, ihre Kompe­     Menschen ab 18 Jahren in einem
hätte man vermeiden oder früher erkennen
                                                  tenzen und ihre Arbeitskraft den     Projekt in Osteuropa, Asien, Afrika
und behandeln können. Als Dannacher
2004 noch einmal mit einer Gruppe nach            Missionsorden zur Verfügung zu       oder Südamerika engagieren.
Tansania reiste, stellte sie erfreut fest, dass   stellen. Viele der Helferinnen und   www.jesuit-volunteers.org: Das
inzwischen die Afrikanisierung der Arbeit         Helfer stammten aus kinderreichen    Freiwilligenprogramm der Jesuiten
in den Spitälern stattgefunden hatte.             Familien. In aktiven katholischen    bietet Einsatzstellen in Europa an.
                           Blanca Steinmann

                                                                                                             LI N K S: Vor der Abfahrt
                                                                                                            in Luzern 1967: Die
                                                                                                            Reisegruppe von
                                                                                                           ­Johanna Dannacher
                                                                                                            bestand aus zwei
                                                                                                            ­Kapuzinern und vier
                                                                                                             Baldegger Schwes­
                                                                                                             tern. Wie die Reise­
                                                                                                             gruppe von Irène
                                                                                                             Donzé wurden sie
                                                                                                             von Papst Paul VI.
                                                                                                             in Rom empfangen
                                                                                                             und zum Einsatz im
                                                                                                             Dienste der jungen
                                                                                                             Kirchen in Afrika
                                                                                                             ermutigt.
                                                                                                           Bild: Johanna Dannacher

                                                                                                           R ECH T S: Johanna
                                                                                                           Dannacher heute.
                                                                                                           Bild: Blanca Steinmann
CH-8001 Zürich
                                                                                                                                                     PP/Journal

                                                                                                                                                        AZBResponse Zentral
                                                                                                                                                              Post CH AG
+ + + Veranstaltungen im Mai 2022 + + + Indienreise im November
2022 + + +             Seligsprechung von Pater Rutilio Grande SJ + + +
Lernzentren in Indien + + + Drei Porträts von Laienhelferinnen + + +

Ihr Beitrag ist von unschätzbarem Wert                                                                                Impressum

                                                         Auch künftig sind die weltweit tätigen Werke der Je-         Herausgeberin:
                                                                                                                      Stiftung Jesuiten weltweit Schweiz
                                                         suiten auf Ihr Mitwirken angewiesen. So können Sie
                                                                                                                      Hirschengraben 74
                                                         uns weiter unterstützen:
                                                                                                                      CH-8001 Zürich
                                                         Neue Leserinnen und Leser gewinnen: Kennen Sie               Telefon: 044 266 21 30
                                                         Menschen, die an unserem vierteljährlichen Magazin           Mail: magazin@jesuiten-weltweit.ch
                                                         Jesuiten weltweit interessiert sind? Die Genannten er-       Website: www.jesuiten-weltweit.ch
                                                         halten eine Probenummer von uns. Das Magazin kann
                                                                                                                      IBAN: CH51 0900 0000 8922 2200 9
                                                         jederzeit wieder abbestellt werden.
                                                         Spenden statt schenken: Haben Sie auch schon                 Das Magazin erscheint viermal im
                                                         daran gedacht, bei einer Feier in Ihrem Leben statt
                                                                                                                      Jahr. Das Jahresabonnement kostet
                                                                                                                      8 Franken. Bezüglich Adress­
Das Engagement der Jesuiten basiert seit 2019 auf        Geschenke zu erhalten, Menschen in Not ein grosses
                                                                                                                      änderungen, Abonnementen und
vier Apostolischen Präferenzen, auch für unsere Stif-    Geschenk zu machen?
                                                                                                                      Leserbriefen wenden Sie sich bitte
tung sind sie leitend.                                   Sammeln an einem Anlass: «Spenden statt schen-               an obige Adresse.
Einen Weg zu Gott finden helfen, durch spirituelle       ken» könnte auch die Losung sein an Ihrem Anlass in
                                                                                                                      Redaktion: Dana Zumr
Übungen und Glaubensvermittlung, durch Reflexion         Firma, Verein, Pfarrei oder Kirchgemeinde.
und Unterscheidung der Geister.                          Trauerspende: Hinterbliebene setzen ein Zeichen              Grafik: Othmar Wirth (lichtermeer),
An der Seite der Benachteiligten stehen, der Ver-        der Hoffnung und ermöglichen hilfsbedürftigen                Herisau
worfenen der Welt, der in ihrer Würde Verletzten,        Menschen einen Weg aus Misere und gesellschaftli-            Lektorat: Kathrin Graffe (Text perfekt),
                                                                                                                      Zug
gesandt zu Versöhnung und Gerechtigkeit.                 cher Ächtung.
                                                                                                                      Druck und Versand: Cavelti AG, Gossau
Mit jungen Menschen unterwegs sein, Jugendliche          Legat: Ihr humanitäres Engagement geht mit einem
                                                                                                                      Papier: aus verantwortungsvollen
und junge Erwachsene bei der Gestaltung einer hoff-      Legat über den Tod hinaus. Wir setzen uns anver-             Quellen, FSC C021085
nungsvollen Zukunft begleiten.                           traute Gelder mit grossem Respekt in Ihrem Sinne
                                                                                                                      Autorinnen und Autoren dieser
Für und mit der Schöpfung leben, in der Sorge für        ein.
                                                                                                                      Ausgabe: Christoph Albrecht SJ,
das gemeinsame Haus mit allen Menschen guten Wil-
                                                                                                                      Janina Emmenegger, Esther Schmid,
lens zusammenarbeiten.                                   Weitergehende Fragen beantworten P. Toni Kurmann             Blanca Steinmann, Toni Kurmann SJ,
Mit Ihrem Interesse für diese Zeitschrift, mit der An-   SJ, Missionsprokurator, und Dr. Dana Zumr, Geschäfts-        Dana Zumr
teilnahme am Leben von marginalisierten Menschen,        führerin Stiftung Jesuiten weltweit. Sie erreichen uns per
                                                                                                                      Bildnachweise: siehe Bildlegenden
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