DER ÖSTERREICHISCHE TOURISMUS - in der Corona- und Klimakrise - WIRTSCHAFTSPOLITIK - AK Niederösterreich

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DER ÖSTERREICHISCHE TOURISMUS - in der Corona- und Klimakrise - WIRTSCHAFTSPOLITIK - AK Niederösterreich
DER ÖSTERREICHISCHE
     TOURISMUS
    in der Corona- und Klimakrise

WIRTSCHAFTSPOLITIK                  noe.arbeiterkammer.at
DER ÖSTERREICHISCHE TOURISMUS - in der Corona- und Klimakrise - WIRTSCHAFTSPOLITIK - AK Niederösterreich
| Wohin geht die Reise?

Informationen
Kammer für Arbeiter und Angestellte
für Niederösterreich
Abteilung Wirtschaftspolitik
AK-Platz 1
3100 St. Pölten

Tel. 05 7171-24533
wirtschaftspolitik@aknoe.at
noe.arbeiterkammer.at

Autor:     Sandra Dohr, Abteilung Wirtschaftspolitik der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich
Stand:     September 2020

Impressum: Eigentümer, Her­­aus­geber und Ver­leger: Kam­mer für Arbeiter und An­ge­stellte für NÖ, 3100 St. Pölten, AK-Platz 1,
                                                                                                                                                        1
Tel.: 05 7171. Eigenvervielfältigung. Titelbild: © Niederösterreich Werbung / Andreas Hofer
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Vorwort | Wohin geht die Reise?

Vorwort

Der Tourismussektor erwirtschaftet 16 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Diese
wirtschaftlich enorm bedeutende Branche steht nicht nur durch die Corona-Pandemie unter großem
Druck, wie diese umfassende Branchenanalyse darstellt. Auch die Klimaerwärmung sorgt mit insta-
bileren und veränderten Wetterlagen für ungünstigere Bedingungen. Gleichzeitig zeigt sich, dass der
Tourismussektor ein wesentlicher Verursacher von Treibhausemissionen und damit der Klimaerwär-
mung ist.

Diese umfassende Analyse beleuchtet auch die Arbeitsbedingungen in der Branche. Sie sind geprägt
von ungünstigen Arbeitszeiten, niedrigen Löhnen und hoher Fluktuation. Betroffen sind vor allem Frau-
en, MigrantInnen und Teilzeitbeschäftigte.

Mit ihren unterschiedlichen Blickwinkeln ermöglicht diese Branchenanalyse auch einen Ausblick auf
mögliche weitere Entwicklungen, hin zu einem nachhaltigeren und sozial verträglicheren Tourismus
und zeigt auf, welche Weichenstellungen für eine solche Entwicklung notwendig sein könnten.

Markus Wieser                                            Mag. Bettina Heise
Präsident                                                Direktorin

                                                                                                                          3
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Inhalt | Wohin geht die Reise?

Inhalt
Einleitung                                             7

Überblick über den Tourismus in Österreich             8
 Ankünfte und Nächtigungen                             8
 Quellmärkte                                           9
 Tourismusintensität und Aufenthaltsdauer             10
 Beherbergungskapazitäten                             11
 Wirtschaftliche Rolle und Position weltweit          11
 Beschäftigung im Tourismus                           12

Wechselwirkung zwischen Klimawandel und Tourismus     16
 Auswirkungen auf den Tourismus                       17
 Tourismus als Treiber des Klimawandels               18

Megatrend Nachhaltigkeit                              19
 Einfluss des Tourismus                               19
 Good-Practice Beispiele aller Welt                   20

Der Tourismus in der Corona-Krise                     22
 Auswertungen der bisherigen „Corona-Saisonen“        23
 Hoffnungsschimmer                                    25

Weitere Herausforderungen des 21. Jahrhunderts        26

Handlungs- und Lösungsansätze                         27

Zusammenfassung                                       28

Referenzen                                            29

                                                                                5
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Einleitung | Wohin geht die Reise?

Einleitung

Der Tourismus zählt seit Jahren zu den wich-          Im Fokus der vorliegenden Analyse steht der ös-
tigsten Wirtschaftsfaktoren weltweit. Die Bran-       terreichische Tourismus. Allgemeine statistische
che trägt maßgeblich zur Armutsbekämpfung             Kennzahlen und Beschäftigungsmerkmale wer-
bei und repräsentiert eine der stärksten Wachs-       den dabei genauso thematisiert, wie die Aus-
tumsbranchen mit nach wie vor hohem Entwick-          wirkungen der Coronavirus-Pandemie und des
lungspotenzial. Auch in Österreich gewinnt der        Klimawandels sowie der Nachhaltigkeitstrend.
Tourismus jährlich an Bedeutung. In über 90.000
Betrieben sind rund 300.000 Menschen direkt           Zum Einstieg ins Thema wird die österreichi-
oder indirekt (Vollzeitäquivalent) in der österrei-   sche Tourismuswirtschaft und deren Bedeutung
chischen Tourismuswirtschaft beschäftigt. Die         erläutert. Statistische Kennziffern wie Nächti-
Tourismus- und Freizeitwirtschaft trägt mit ei-       gungen, Tourismusintensität und touristische
nem BIP-Anteil von ungefähr 16 % maßgeblich           Einnahmen werden kurz umrissen, während das
zur Wirtschaftsleistung Österreichs bei. Beson-       Teilkapitel über die Arbeitswelt im Fokus steht.
ders in alpinen Gegenden ist man in Österreich        Im darauffolgenden Kapitel wird der Klimawan-
vom Tourismus abhängig.                               del, dessen Rolle für den Tourismus und vice
                                                      versa dargestellt.
Das 21. Jahrhundert hält für die Tourismuswirt-
schaft viele Herausforderungen bereit. Der Kli-       Anschließend steht die Thematik Nachhaltigkeit
mawandel droht wortwörtlich alle Hoffnungen           im Zentrum. Der österreichische Tourismus hat
für den in einigen Regionen überlebenswichtigen       hierbei große Herausforderungen, aber auch
schneebasierten Wintertourismus zu schmel-            zahlreiche Chancen. Im nächsten Kapitel dreht
zen, während das Coronavirus die letzte Chance        sich alles um das Coronavirus und die Betroffen-
auf erneute Sommerfrische verwehrt hat. Laut          heit des Tourismus, es ist einer der am stärksten
Experten*innen und Forschern*innen werden             betroffenen Wirtschaftssektoren. Auf Beispiele
beide Krisen einschneidende Konsequenzen für          weiterer Herausforderungen für die österreichi-
die österreichische Tourismuswirtschaft haben,        sche Tourismuswirtschaft folgen Handlungs-
doch es gibt auch Grund zur Hoffnung dank des         und Lösungsansätze sowie offene Fragen. Die
aufstrebenden „sanften Tourismus“.                    Analyse schließt mit einer Zusammenfassung.

                                                                                                                            7
DER ÖSTERREICHISCHE TOURISMUS - in der Corona- und Klimakrise - WIRTSCHAFTSPOLITIK - AK Niederösterreich
Überblick über den Tourismus
                                        in Österreich
                                        Ankünfte und Nächtigungen                                    negative Entwicklung des Nächtigungsmarkt-
                                                                                                     anteils seit 2000 verzeichnen. Das Bundes-
                                        Im Kalenderjahr 2019 verzeichnete die öster-                 land Wien hingegen konnte einen Gewinn von
                                        reichische Tourismuswirtschaft erneut Höchst-                +4,73 % erzielen.2
                                        werte mit 152,7 Millionen Nächtigungen, davon
                                        74 % aus dem Ausland kommend. Dies zeigt                     Die von Saisonalität geprägte Tourismusbran-
                                        ein Wachstum von +1,9 % zum Vorjahr. Der An-                 che verzeichnet vor allem im Kernwinter und
                                        stieg hat sich jedoch verlangsamt, so hatte das              Hochsommer Spitzenwerte. Während der
                                        Kalenderjahr 2018 noch ein Plus von +3,7 %.                  Schultersaisonen flachen die Nächtigungszah-
                                        Die Ankünfte beliefen sich auf 46,2 Millionen,               len meist stark ab. Inländische Gäste sind in Ös-
                                        was ein Wachstum von +3,0 % darstellt.1 Tirol                terreich im Sommer wesentlich präsenter als in
                                        liegt mit einem Marktanteil von 32,7 % klar an               den anderen Saisonen, während der Winter vor
                                        der Spitze der nächtigungsstarken Bundeslän-                 allem auf ausländisches Klientel angewiesen ist.
                                        der, zu denen auch Salzburg und Wien zählen.                 Die nächtigungsschwächsten Monate sind April
                                                                                                     und November während der nächtigungsstärks-
                                        Niederösterreich liegt mit einem Anteil von                  te Monat der August ist. Auch der Februar ist
                                        5,0 % lediglich vor dem Burgenland. Langfristig              insbesondere für ausländische Besucher*innen
                                        betrachtet bleibt Niederösterreich somit kon-                ein nächtigungsstarker Monat.3
                                        stant, während Tirol und Oberösterreich eine

                                            Abbildung 1: Regionale Nächtigungsmarktanteile 2000/2019

                                                                   Marktanteile 2019 in %                                       Veränderung des Marktanteils
                                                                                                                                2000/2019 in Prozentpunkten
                                                                     2,1 %
                                                          5,0 %                                        6
                                                                                                           Tirol

                                                                                                                   Salzburg

                                                                                                                              Wien

                                                                                                                                     Kärnten

                                                                                                                                               Steiermark

                                                                                                                                                            Vorarlberg

                                                                                                                                                                         Oberösterreich

                                                                                                                                                                                          Niederösterreich

                                                                                                                                                                                                             Burgenland
                                                5,6 %
                                                                                            32,7 %     5
                                            6,0 %
                                                                                                       4
n    Tirol
n    Salzburg                         8,7 %                                                            3
n    Wien
n    Kärnten
                                                                                                       2
n
                                                                                                           -2,65

                                                                                                                   1,22

                                                                                                                              4,73

                                                                                                                                     -2,55

                                                                                                                                               0,45

                                                                                                                                                            -0,8

                                                                                                                                                                          -0,31

                                                                                                                                                                                             0

                                                                                                                                                                                                               -0,08

     Steiermark
n    Vorarlberg                        8,7 %                                                           1
n    Oberösterreich
n    Niederösterreich
                                                                                                       0
n    Burgenland
                                                    11,5 %                       19,6 %
                                                                                                      -1

                                                                                                      -2

Quelle: Fritz, Ehn-Fragner, Laimer,                                                                   -3
Ostertag-Sydler & Weiß, 2020

                                        1
                                          Österreich Werbung, 2020
                                        ² Fritz, Ehn-Fragner, Laimer, Ostertag-Sydler & Weiß, 2020
8                                       ³ Statistik Austria, 2019
Überblick über den Tourismus in Österreich | Wohin geht die Reise?

Quellmärkte                                                     Abbildung 2: Nächtigungsverteilung im Kalenderjahr 2018

Der Binnenmarkt, welcher 2019 nur 26 % der                       Übernachtungen 2018 = 1.200 Indexpunkte
Nächtigungen ausmachte, wächst in der Nach-
frage tendenziell langsamer als das internati-                  180
onale Segment. Umso wichtiger ist es für den
                                                                160
österreichischen Tourismus verlässliche, finanz-
starke Quellmärkte zu haben. Österreichs wich-                  140
tigster Quellmarkt ist Deutschland mit einem
Anteil der ausländischen Nachfrage von knapp                    120
über 50 %. Ebenfalls wichtig sind die Nieder-                                                                                              Durchschnitt
                                                                100
lande (9,2 %), Schweiz mit Lichtenstein (4,4 %)
sowie das Vereinigte Königreich (3,3 %).                         80

Außerdem zählt neben einigen Nachbarländern                      60
auch die USA zu den Top 10 Quellmärkten Ös-
                                                                 40
terreichs. Obwohl Deutschland nach wie vor den
überwiegenden Teil an ausländischen Gästen                       20
stellt, nimmt dessen Bedeutung seit 2000 ab.
Osteuropa und Spanien hingegen gewinnen seit                      0
                                                                       Jän.
                                                                              Feb.
                                                                                     März
                                                                                            Apr.
                                                                                                    Mai
                                                                                                          Jun.
                                                                                                                  Jul.
                                                                                                                         Aug.
                                                                                                                                Sep.
                                                                                                                                       Okt.
                                                                                                                                              Nov.
                                                                                                                                                      Dez.
diesem Zeitraum an Bedeutsamkeit. Österreich
hofft vor allem auf einen Marktanteilsgewinn
asiatischer Länder wie Südkorea und Indien,                           n       inländische Gäste                  n       Ausländische Gäste
welche sogar als Hoffnungsmärkte bezeichnet
werden, da man in großen Teilen Asiens großes
                                                                Abbildung 3: Marktanteilsentwicklung
Potenzial sieht.4
                                                                der internationalen Nächtigungen

                                                                                                 Deutschland                -13,14
                                                                                                                                                                 Veränderungen insgesamt in Prozentpunkten
                                                                                        Niederlande                                                 0,25
                                                                          Schweiz und Lichtenstein                                                  0,87
                                                                              Vereinigtes Königreich                        -0,45
                                                                             Tschechische Republik                                                  2,09
                                                                                             Belgien                                                0,10
                                                                                              Italien                       -0,51
                                                                                               Polen                                                0,99
                                                                                             Ungarn                                                 0,98
                                                                                                 USA                        -0,46
                                                                                          Frankreich                        -0,17
                                                                                          Dänemark                                                  0,40
                                                                                          Rumänien                                                  0,85
                                                                                            Spanien                                                 0,38
                                                                                          Schweden                                                  0,03
                                                                                           Slowakei                                                 0,59
                                                                                               Israel                                               0,52
                                                                                              Japan                         -0,25
                                                                                           Südkorea                                                 0,41
                                                                                          Slowenien                                                 0,20
                                                                          Arabische Länder in Asien                                                 0,28                                                                          Quellen:
                                                                                                                                                                                                                  Statistik Austria, 2019,
                                                                                        Südostasien                                                 0,23                                                     Fritz, Ehn-Fragner, Laimer,
                                                                                                                                                                                                               Ostertag-Sydler & Weiß,
                                                                -14   -12      -10          -8       -6          -4       -2           0        2            4                                                                       2020

 4
     Fritz, Ehn-Fragner, Laimer, Ostertag-Sydler & Weiß, 2020
                                                                                                                                                                                                                                       9
Tourismusintensität und Aufenthaltsdauer                     Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer hat sich
                                                                                                   in den letzten Jahren weiter verringert und liegt
                                      Der Westen mit Vorarlberg, Tirol und Salzburg ist            nun bei 3,5 Nächten für ausländische bzw. 2,8
                                      sowohl im Winter- als auch im Sommerhalbjahr                 Übernachtungen für inländische Gäste. Dieser
                                      die tourismusintensivste Region in Österreich.               Rückgang lässt sich durch die zunehmende
                                      Vor allem der alpine Westen des Landes ist vom               Beliebtheit von Kurzurlauben und häufigeren
                                      (Wintersport-) Tourismus abhängig, in Obertau-               Orts- und Unterkunftswechseln während ei-
                                      ern wurde ein Höchstwert von 1.327 Übernach-                 nes Urlaubs erklären. Niederösterreich liegt
                                      tungen pro Einwohner erreicht.1 Mit 14,2 Über-               mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdau-
                                      nachtungen pro Einwohner*in liegt Österreich                 er von 3,0 Nächten im guten Schnitt.3 Durch
                                      außerdem über der durchschnittlichen Touris-                 die Corona-Krise hat sich das Reiseverhalten
                                      musintensität von 6,4 in der EU.2                            der Österreicher*innen geändert und so ist die
                                                                                                   durchschnittliche Aufenthaltsdauer auf 3,65
                                                                                                   Nächte angestiegen.4

                                          Abbildung 4: Tourismusintensität –
                                          Winterhalbjahr 2018/19

                                                            Übernachtungen je Einwohner

                                                                                                    Abbildung 5: Tourismusintensität –
                                                                                                    Sommerhalbjahr 2019

                                                                                                                      Übernachtungen je Einwohner

                                      Höchstwert: Obertauern 1.327
                                      Durchschnitt Österreich insgesamt: 9,1

                                           keine Tourismusgemeinde
                                      n    ≥0–
Überblick über den Tourismus in Österreich | Wohin geht die Reise?

Beherbergungskapazitäten                                      Abbildung 6: Bettenauslastung nach Unterkunftsart
                                                              im Tourismusjahr 2018/19
In Österreich fallen ungefähr ¾ aller Beherber-
gungsbetriebe in das Segment der gewerblichen
Betriebe, während der Rest zu privaten Unter-
                                                                    5-/4-Stern-Hotels
künften zählen. Im Tourismusjahr5 2018/2019
konnte die österreichische Tourismuswirtschaft
                                                                       3-Stern-Hotels
1,13 Millionen Betten (ohne Camping) zur Ver-
fügung stellen. Neben dem langjährigen 5- und
                                                                    2-/1-Stern-Hotels
4-Stern Boom zeichnet sich in den letzten Jah-
ren auch eine Tendenz zu autarkerem Wohnen                       Gewerbliche Ferien-
ab. So haben besonders die Segmente der Pri-                     wohnungen/-häuser
vatquartiere und gewerblichen Ferienwohnun-
gen starke Zuwächse verzeichnet. Langfristig                     Übrige gewerbliche
gibt es auch hohe Kapazitätszuwächse in der                   Beherbergungsbetriebe
Wiener Hotellerie. Anzumerken ist außerdem,
dass die Hälfte aller Betten in den Bundeslän-                         Privatquartiere
dern Tirol und Salzburg zur Verfügung stan-
den. Die Auslastung betrug im Winter 2018/19                 Private Ferienwohnungen
37,7 % während sie im Sommer 2019 um nur                                     /-häuser
1,2 % niedriger ausfiel. 5- und 4-Stern Betriebe
konnten sogar eine Auslastung von über 50 %                                Insgesamt
in beiden Saisonen erzielen.6

                                                                                 in % 0    10       20       30   40        50         60
Niederösterreich konnte im Tourismusjahr
2018/19 70.798 Beherbergungsbetriebe (ohne                                                      n   Winter        n     Sommer
Camping) zählen, ein Plus von + 0,8 % zum Vor-
jahr. Dies entspricht ungefähr 6 % aller Betten                                                                    Quelle: Statistik Austria, 2020
in Österreich und macht Niederösterreich nach
dem Burgenland zum bettenärmsten Bundes-
land.7

Wirtschaftliche Rolle und                                    gesamt Tourismus- und Freizeitwirtschaft trägt
Position weltweit                                            sogar fast 16 % zum BIP bei.8

Die österreichische Tourismuswirtschaft hat                  Aufgrund der hohen Internationalität der Gäste
2019 38,1 Milliarden Euro durch touristischen                gibt es auch zahlreiche multinationale Investo-
Konsum erwirtschaftet. Dies stellt ein Plus von              ren: Starwood, Accor, Motel One Group, Fal-
+ 2,9 % zum Vorjahr dar und spiegelt die gene-               kensteiner, Hilton, Landal Green Parks und viele
relle, positive Entwicklung des Tourismus über               mehr.9
die letzten Jahrzehnte wider. In Niederösterreich
stiegen die Tourismuseinnahmen überdurch-                    Österreich hatte 2019 4,84 % nominellen Markt-
schnittlich stark an. Die direkte Wertschöpfung              anteil der EU-28 Einnahmen. Spanien, Frank-
durch den österreichweiten Tourismus inklusive               reich und Italien waren die einnahmestärksten
Geschäftsreisen betrug 23,5 Milliarden Euro.                 Tourismusländer der EU-28 mit jeweils über
Zählt man die indirekte Wertschöpfung laut Tou-              10 % Marktanteil. Im nominellen Tourismusex-
rismus-Satellitenkonto TSA hinzu, macht dies                 porte-Ranking von 42 Staaten steht Österreich
einen nominellen BIP-Beitrag von 7,3 %. Die                  hingegen ganz weit oben. Seit 2016 liegt Ös-

5
  November bis Oktober
6
  Statistik Austria, 2020
7
  Statistik Austria, 2020
8
  Fritz, Ehn-Fragner, Laimer, Ostertag-Sydler & Weiß, 2020
9
  ABA Invest in Austria, 2020                                                                                                                        11
terreich mit 2.291 €/Kopf an 5. Stelle, davor lag            ständig beschäftigten Ausländern*innen, davon
     es langjährig auf Platz 4. Nur Kroatien, Zypern,             11.197 in Niederösterreich tätig, ist die Touris-
     Malta und Island können höhere Pro-Kopf-Ein-                 musbranche im Vergleich stark von ausländi-
     nahmen im internationalen Reiseverkehr (ohne                 schen Arbeitskräften abhängig.3
     internationalen Personentransport) aufweisen.
     Im Kalenderjahr 2018 konnte Österreich 3,8 %                 Entwicklungen der letzten Jahre
     der Gesamtnächtigungen in allen Unterkunfts-                 Die Branche der Gastronomie und Beherber-
     arten (ohne Privatquartiere) der EU-28 erwirt-               gung kann repräsentativ für einen Großteil der
     schaften, wobei durchschnittlich 14,2 Über-                  Tourismusbranche analysiert werden, da ¾ aller
     nachtungen auf je eine/-n Einwohner*in fallen.               Beschäftigten im Tourismus in dieser Branche
     Somit liegt Österreich an vierter Stelle nach Kro-           tätig sind.
     atien, Malta und Zypern.1 Das „World Economic
     Forum“ reiht Österreich auf Platz 12 von 140 in              Die Branche ist von starkem Wachstum in den
     Sachen Attraktivität und Entwicklungspotenzial.              letzten Jahren charakterisiert. 2003 waren es
     Bezüglich der Tourist Service Infrastruktur wird             noch 140.000 Beschäftigte, bis 2017 ist die-
     Österreich sogar als Weltspitze auf Platz Eins               se Zahl um + 40 % auf 210.000 gestiegen. Mit
     gekürt. Im Vergleich genießt Österreich zudem                einem Frauenanteil von fast 70 % ist die Gas-
     den Ruf als sicheres Reiseziel.2                             tronomie und Beherbergung außerdem eine
                                                                  klassische Frauenbranche. Es ist jedoch anzu-
                                                                  merken, dass in den letzten Jahren der Männe-
     Beschäftigung im Tourismus                                   ranteil leicht anstieg. Die grenzüberschreitende
                                                                  Arbeitsmigration ist vor allem in der Branche
     In Österreich waren im Jahr 2019 5,7 % bzw.                  des Tourismus bzw. der Gastronomie und Be-
     7,8 % aller Beschäftigten direkt bzw. indirekt               herbergung zu spüren. Der Anteil der beschäf-
     im Tourismus tätig. 2019 waren dies 220.420                  tigten Migranten*innen ist mit 45 % überdurch-
     Personen, davon 11,3 % in Niederösterreich.                  schnittlich hoch und hat sich seit 2003 mehr als
     Zusätzlich waren 55.049 Personen geringfügig                 verdoppelt. Dies ist vermutlich auch auf die EU-
     im Fremdenverkehrsbereich beschäftigt. ¾ aller               Osterweiterung 2004 und 2007 zurückzuführen.
     Beschäftigten sind in der Gastronomie- und Be-               Überdurchschnittlich hoch im Vergleich zum
     herbergungsbranche tätig. Die restlichen ¼ der               Gesamtarbeitsmarkt ist auch der Anteil an Teil-
     Beschäftigten teilen sich auf Personentrans-                 zeitbeschäftigten von 35 %, trotz allgemeinem
     port (14,2 %), Kultur; Sport und Unterhaltung                Trend zu mehr Teilzeit- und weniger Vollzeitar-
     (7,1 %) sowie Reisebüros o.ä. (5,6 %) auf. Die               beit. Für die Tourismusbetriebe ist die Entwick-
     Mehrheit der in Gastronomie und Beherbergung                 lung zu vermehrter Teilzeitarbeit allerdings oft
     Beschäftigten kann zur Kernbelegschaft gezählt               vorteilhaft, da es den Betrieb wesentlich flexi-
     werden, 27 % sind Saisonarbeiter*innen und zur               bler gestaltet.4
     temporären Belegschaft zählen etwa 24 %. Die
     Zahl der vorgemerkt Arbeitslosen in der Branche              Des Weiteren war in den letzten Jahren eine Li-
     sank 2019 österreichweit um - 4,1 % auf 36.508               beralisierung des Gewerbes wahrzunehmen. Es
     Personen. Im Fremdenverkehrsbereich gab es                   ist vor allem für Laien leichter geworden in die
     zudem 9.575 offene Stellen, was ein Plus zum                 Branche einzusteigen und „es einmal zu pro-
     Vorjahr darstellt. In Niederösterreich lag dieses            bieren“, dies wirkt sich jedoch negativ auf jene
     Plus bei überdurchschnittlichen + 8,7 %. Mehr                aus, die tatsächlich von dieser Branche leben
     als 70 % der Tourismusbetriebe suchten 2019                  wollen, da ein erhöhter Kostendruck verursacht
     allerdings keine neuen Mitarbeiter.                          wird. Auch die steigende Arbeitsintensität hängt
                                                                  aufgrund von Personaleinsparungen damit zu-
     Die Mehrheit gab außerdem an, dass die                       sammen. Anzumerken ist außerdem, dass die
     Mitarbeiter*innensuche heute schwerer ist als                Erwartungshaltung an Mitarbeiter*innen gestie-
     noch vor 3 bis 5 Jahren. Mit 114.038 unselbst-               gen ist.5

     1
       Fritz, Ehn-Fragner, Laimer, Ostertag-Sydler & Weiß, 2020
     2
       ABA Invest in Austria, 2020
     3
       AMS, 2019
     4
       Krings et al., 2020
12   5
       Krings et al., 2020
Überblick über den Tourismus in Österreich | Wohin geht die Reise?

         Abbildung 7: Branchenentwicklung von 2003 bis 2017

80

70

60

50

40

30

20

10                                                                                                                                                                               n    EU-SILC 2003
                              24 %
                                     33 %
                                            35 %
         76 %
                67 %
                       65 %

                                                   27 %
                                                          35 %
                                                                 32 %

                                                                        73 %
                                                                               65 %
                                                                                      68 %

                                                                                             11 %
                                                                                                    14 %
                                                                                                           11 %

                                                                                                                  24 %
                                                                                                                         35 %
                                                                                                                                45 %

                                                                                                                                       11 %
                                                                                                                                              12 %
                                                                                                                                                     18 %

                                                                                                                                                            29 %
                                                                                                                                                                   44 %
                                                                                                                                                                          44 %
                                                                                                                                                                                 n    EU-SILC 2008
 0                                                                                                                                                                               n    EU-SILC 2017

            Vollzeit             Teilzeit            Männer-               Frauen­            Befristung           MigrantIn-             Männer                   Frauen
                                                      anteil                anteil                                 nenanteil              Teilzeit                 Teilzeit      Quelle: Krings et al, 2020

     Branchenstruktur                                                                        „„Schlechte Work-Life-Balance und fehlende
     „„„Einsteiger*innen Branche“ wegen ge-                                                    Karriereaussichten verstärken Fluktuation.
        ring eingeschätztem Qualifikationsniveau.                                            „„Auch für Arbeitgeber*innen ist hohe Fluktu-
        Könnte den bereits erwähnten hohen                                                     ation nicht unbedingt profitabel, wird größ-
        Migranten*innen-Anteil erklären.                                                       tenteils dennoch akzeptiert. Nur größere
     „„Kleinteilige Struktur mit überwiegend
Abbildung 8: Ausbildungsniveau im Tourismus                                    Schutz. Da ein geringer gewerkschaftlicher Or-
                                                                                    ganisationsgrad besteht, nicht zuletzt gerade
                                           alle             Gastronomie             wegen der fehlenden Sprachkenntnisse und
                                     unselbstständig            und
                                                                                    ausbleibender Zukunftsplanung, ist der Kollek-
                                      Beschäftigten        Beherbergung
                                                                                    tivvertrag der Branche eher bescheiden. Zwar
     in Ausbildung		                                              7,0 %             steigt der KV-Mindestlohn seit einigen Jahren,
     SchülerInnen, StudentInnen,                                                    andere Bestandteile des Kollektivvertrags sind
     PraktikantInnen		                                            4,8 %             jedoch nur sehr schwach ausgeprägt. Man kann
     Höchster Bildungsabschluss		                                                   somit behaupten, dass der Tourismus eine von
       Pflichtschule             8,3 % 24,2 %                                       prekären Verhältnissen betroffene Branche ist.1
       Lehre                    39,1 % 36,1 %
       BMS                      14,1 % 14,4 %                                       Die Tourismusbranche ist zusätzlich von
       Matura                   18,0 % 19,0 %                                       schlechter werdendem Arbeitsklima geplagt.
       Universität              17,8 %  5,0 %                                       Vor allem Zeiteinteilung, Einkommen, Karrie-
       anderer Abschluss                                                            reerwartungen und Innovationsstress sind Ur-
       nach Matura               2,5 %  1,3 %                                       sachen für zunehmenden Pessimismus am Ar-
                                                                                    beitsplatz. Diese wachsende Unzufriedenheit
                                                       Quelle: Krings et al, 2020
                                                                                    hat auch Gesundheitsfolgen, wie etwa vermehr-
                                                                                    te Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Mat-
                                                                                    tigkeit zur Konsequenz.2

               Arbeitsbedingungen
               Die Gastronomie und Beherbergung ist vom ge-                         Niedriglohnbeschäftigung
               nerellen Trend der Schnelllebigkeit geprägt. Die                     Der Mindestlohn für die geringste Qualifika-
               Branche arbeitet nach dem uno-actu Prinzip                           tionsstufe in der Gastronomie und Beherber-
               und Arbeitszeiten richten sich danach, wann die                      gungsbranche liegt seit Mai 2019 bei 1540 €
               Gäste konsumieren wollen. Das uno-actu Prin-                         brutto. Dieser ist über die letzten Jahre zwar
               zip ist charakteristisch für Dienstleistungen, Pro-                  vergleichsweise stark gestiegen, aber es ist
               duktion und Konsum finden hier zeitgleich statt.                     oftmals keine Selbstverständlichkeit, dass die-
               Das hat azyklische bzw. asymmetrische Arbeits-                       ser auch verlässlich ausbezahlt wird. Die Tou-
               zeiten, Saisonbeschäftigungen und hohe nume-                         rismusbranche ist vermehrt von Einkommen-
               rische Flexibilität zur Folge. Zusätzlich tragen                     sunsicherheiten betroffen. Obwohl quasi ein
               niedrige Löhne zu eher schlechten Arbeitsbedin-                      Arbeitnehmer*innen-Arbeitsmarkt besteht, wel-
               gungen im Tourismus bei. Für Familienplanung                         cher gewöhnlich zu höheren Löhnen führt, ist
               und das soziale Leben ist ein Job in der Gastro-                     der Tourismus und vor allem die Gastronomie
               nomie und Beherbergung eher nachteilig. Auch                         und Beherbergungsbranche stark von schlech-
               psychisch und physisch wird Beschäftigten viel                       ter Entlohnung betroffen. Laut der ILO und der
               abverlangt und die Belastung ist oft durch stres-                    OECD liegt die Niedriglohngrenze bei 2/3 des
               sige Arbeit weiter gesteigert. Aufgrund dünner                       Medianlohns, in Österreich sind das 9,45€ pro
               Personaldecken, die dem erhöhten Wettbe-                             Stunde. 2019 lag die Niedriglohnquote des
               werbsdruck zugrunde liegen, und steigender                           gesamten österreichischen Arbeitsmarktes
               Erwartungen der Konsumenten*innen wird die                           bei 13,9 %. Im Tourismus liegt dieser Wert bei
               Arbeit immer intensiver. Zudem ist die unglei-                       45,1 %, die Branche hat somit einen sehr großen
               che Verteilung der Arbeit am Tag bzw. im Jahr                        Niedriglohnsektor. Festzustellen ist, dass mehr
               oftmals Grund für soziale Ausgrenzung. Wegen                         Frauen als Männer von Niedriglöhnen betroffen
               sprachlicher Hindernisse oder schlichtweg feh-                       sind und 51,1 % der betroffenen Beschäftigten
               lendem Wissen über Gesetze kommt es immer                            geringfügig tätig sind. Mittel- oder langfristig
               wieder zu Missständen in Bezug auf Arbeits-                          kann ein Niedriglohneinkommen zu schlechte-
               zeiten, Entlohnung und Arbeitnehmer*innen-                           ren Sozialleistungen und einem geringen Versi-

               1
                   Krings et al., 2020
14             3
                   Michenthaler, 2019
Überblick über den Tourismus in Österreich | Wohin geht die Reise?

          Abbildung 9: Niedriglohn in Gastronomie und Beherbergung
%
              48,0 %

                                39,2 %

                                          46,0 %

                                                     41,0 %

                                                                 30,4 %

                                                                                    46,7 %

                                                                                               36,0 %

                                                                                                                49,9 %
60

50

40

30

20

10                                                                                                                       n    alle unselbstständig
                                                                                                                              Beschäftigten
 0
             Frauen            Männer    Teilzeit   Vollzeit   befristet           unbe­     im Inland          Neue
                                                                                   fristet    geboren           EU 13    Quelle: Krings et al, 2020

     cherungsniveau führen. Als Einflussfaktoren für           Abbildung 10: Lehrlinge nach Lehrberufen
     Niedriglöhne gelten Geschlecht, Herkunft, Qua-
     lifikation, Wochenarbeitszeit und die Form der
     Erwerbsarbeit. Beschäftigte in Kleinstbetrieben                            1,9% 1,6% 1,6%
     und bestimmten Branchen, darunter auch das                              1,8%
     Beherbergungs- und Gaststättenwesen, gelten                           2,4%                                          n    Koch

     als Risikogruppen. Mittlerweile schützt selbst                   4,1%                                               n    Restaurantfachmann

     Qualifikation nicht mehr vor Niedriglöhnen.3
                                                                                                                         n    Gastronomiefachmann
                                                               4,8%                                                      n    Hotel- und
                                                                                                                              Gastgewerbeassistent

     Ausbildung                                                                                         32,5%            n    Sonstige

     Österreich bietet ein umfassendes Aus- und
                                                                                                                         n    Systemgastronomie­-
                                                                                                                              fachmann
     Weiterbildungsprogramm im Bereich der Tou-                           14,6%
     rismuswirtschaft. Im Ausbildungsbereich Frem-
                                                                                                                         n    Fitnessbetreuung

     denverkehr wurden 2018 1.642 Schüler*innen
                                                                                                                         n    Reisebüroassistent

     in mittleren Schulen ausgebildet, 6.682 haben
                                                                                                                         n    andere Doppellehren

     höhere Schulen besucht. Niederösterreich zählt                               14,0%          20,6%                   n    Hotelkaufmann

     mit Wien zu den ausbildungsstärksten Bundes-                                                                        n    Bürokaufmann
     ländern für die Branche. Im Jahr 2019 waren
                                                                                                                         Quelle: WKO, 2020
     zusätzlich 8.910 Lehrlinge in Ausbildung, 8,2 %
     aller Lehrlinge Österreichs. Zu den beliebtesten
     Lehrberufen zählen Köchin, Restaurantfach-
     frau und Hotel- und Gastgewerbeassistentin für
     Frauen während Koch in dieser Branche der at-
     traktivste Lehrberuf für Männer ist.4

     3
         Krings et al., 2020
     4
         WKO, 2020                                                                                                                                    15
Wechselwirkung zwischen
                                         Klimawandel und Tourismus
                                         Österreich ist wie die gesamte europäische Al-                    schnittstemperatur in Österreich lag im Mittel
                                         pinregion überdurchschnittlich stark vom Kli-                     über die letzten 10 Jahre bei rund 7,9 °C. Ein
                                         mawandel betroffen. Seit 1880 stieg die Welt-                     weiterer Temperaturanstieg von + 1 bis + 2 °C
                                         temperatur um + 1 °C an während der Anstieg                       bis zur Mitte dieses Jahrhunderts ist zu erwar-
                                         für denselben Zeitraum in Österreich doppelt                      ten.“2 Für Österreich könnte dies einen Anstieg
                                         so hoch war.1 „Verantwortlich dafür ist einer-                    von + 4 °C bedeuten. Wie gravierend dieser
                                         seits, dass sich die Luft über Landflächen                        minimale Temperaturunterschied ist, zeigt die
                                         generell rascher erwärmt als über Ozeanen                         letzte Eiszeit, welche vor ungefähr 11.700 Jah-
                                         und andererseits wird als mögliche Ursache                        ren zu Ende ging. Damals herrschten Tempe-
                                         die Nordwärtsverlagerung des subtropischen                        raturen von nur durchschnittlich 12 °C weniger
                                         Hochdruckgürtels diskutiert. Innerhalb von                        als heute.3 Zudem können bei minimalen Tem-
                                         Österreich verläuft der Temperaturanstieg rela-                   peraturschwankungen sogenannte Kipppunkte
                                         tiv homogen, d. h., die Temperatur ist auf dem                    erreicht werden, welche irreversible Folgen und
                                         Sonnblick (3.100 m Seehöhe) wie auch in Wien                      Änderungen mit sich bringen, wie etwa das Ab-
                                         um über + 2 °C gegenüber dem vorindustriellen                     schmelzen des Grönland Eisschildes.4
                                         Niveau gestiegen. Zum Vergleich: Die Durch-

                                                 Abbildung 11: Entwicklung der mittleren Jahrestemperatur weltweit

                                                                                                 1850 –2019 (violett) und in Österreich 1768–2019 (rot)
     Abweichung der jährlichen Temperatur (°C)

                                                  2

                                                  1

                                                  0

                                                 -1

                                                 -2
                                                      1760

                                                             1780

                                                                    1800

                                                                           1820

                                                                                  1840

                                                                                          1860

                                                                                                    1880

                                                                                                              1900

                                                                                                                     1920

                                                                                                                            1940

                                                                                                                                   1960

                                                                                                                                          1980

                                                                                                                                                 2000

                                                                                                                                                        2020

                                         Der Anstieg der Temperatur bedingt                                „„Häufung extremer Wetterereignisse > Rut-
                                         beispielsweise:                                                     schungen, Muren und Steinschlag
                                         „„Zunahme von Trockenheit und Hitzeperio-                         „„Veränderung der Landschaft: Verschiebung
                                            den im Sommerhalbjahr > Vegetation, Tier-                        der Baumgrenze, Gletscherschmelze und
                                            welt und Menschen leiden                                         Auftauen des Permafrostbodens
                                         „„Waldbrandgefahr nimmt zu                                        „„Wechselwirkungen mit anderen Sektoren
                                         „„Vegetationsperiode verlängert sich                                (schwierig zu prognostizieren)5
                                         „„Vermehrung wärmeliebender Schädlinge

                                         1
                                           Fleischhacker, 2018
                                         2
                                           Umweltbundesamt, 2019, S.23/24
                                         3
                                           https://climate.nasa.gov/effects/
                                         4
                                           Umweltbundesamt, 2019
16                                       5
                                           Fleischhacker, 2018
Wechselwirkung zwischen Klimawandel und Tourismus | Wohin geht die Reise?

„Aufgrund der besonderen Sensibilität der (al-                  Abbildung 12: Künstliche Beschneiung
pinen) Naturräume, aber auch der technischen
Eingriffe in die natürliche Umgebung, werden
selbst bei Erfolg der globalen Klimaschutzmaß-
nahmen weitgehende Anpassungsmaßnahmen
an den Klimawandel unumgänglich sein.“6

Neben den unzähligen ökologischen Auswir-
kungen hat der Klimawandel auch Einfluss auf
die österreichische Ökonomie. Tourismus, die
Land-, Forst- und Energiewirtschaft und das
Gesundheitswesen werden unter anderem stark
betroffen sein. „Das Projekt COIN7 zeigt, dass
die gesellschaftlichen Schäden – zunächst für
ein mittleres Klimawandelszenario bis zur Jahr-
hundertmitte – auf durchschnittlich jährlich 4,2–
5,2 Mrd. € (heutiges Preisniveau) steigen wer-
den, wobei sich dieser Wert bei einem höheren                 Natürliche Schneesicherheit nimmt stetig ab.        ©stock.adobe.com
Temperaturanstieg auch auf etwa 8,8 Mrd. Euro/
Jahr erhöhen kann.“8                                          Energie- und Wasserverbrauch. Die Rentabilität
                                                              der Betriebe steht daher in Frage, auch weil die
                                                              Preise für Konsumenten*innen nicht viel weiter
Auswirkungen auf den Tourismus                                angehoben werden können, ohne maßgeblich
Der Tourismus zählt mit beispielsweise der                    an Attraktivität zu verlieren. Aber auch in der
Forstwirtschaft zu den Wirtschaftssektoren, die               Sommersaison hinterlässt der Klimawandel
am stärksten vom Klimawandel betroffen sind,                  bereits seine Spuren. So hat ein zunehmen-
auch wegen der hohen Wetter- und Umweltab-                    der Rückgang der Gletscher das Auftauen des
hängigkeit. Zu dem kommen Feedback-Effekte                    Permafrostbodens zur Folge. Dadurch können
auf weitere Wirtschaftszweige. Nicht zuletzt                  sich Geröll und Gesteinsbrocken lösen und
aufgrund der Notwendigkeit dem Klimawandel                    eine Gefahr für den Alpintourismus darstellen.
gegenüber zu treten, entstand das Konzept des                 Auch infrastrukturelle Schäden müssen erwar-
nachhaltigen bzw. sanften Tourismus.                          tet werden. In den Städten bewirkt der Klima-
                                                              wandel vermehrte Hitzewellen, Schwüle und
Besonders der schneebasierte Wintersporttou-                  Unwetter. Eine Verlängerung der Badesaison
rismus ist stark vom Klimawandel betroffen.                   dank steigender und länger anhaltender war-
Steigende Temperaturen tragen zu einem An-                    mer Wassertemperaturen hingegen begüns-
stieg der Schneefallgrenze und einer Abnahme                  tigt die Lage des Seentourismus in Österreich.
der Schneesicherheit unter 2000 m bei. Dies                   Der Kontrast Österreichs zur heißer werdenden
wiederum hat zur Folge, dass immer weniger                    Mittelmeerregion als willkommene Abkühlung
Frosttage auftreten und die natürliche Schnee-                mit dennoch warmen Temperaturen in Luft und
sicherheit weiter abnimmt. Zudem verkürzt der                 Wasser wird allerdings kleiner und weniger ent-
Klimawandel die Wintersaison um einige Tage,                  scheidend ausfallen als bislang vermutet.9 Die
besonders das Weihnachtsgeschäft wird im-                     tatsächlichen, langfristigen Auswirkungen des
mer kritischer. Konsequenz davon sind stei-                   Klimawandels auf den österreichischen Touris-
gende Betriebskosten aufgrund zunehmender                     mus können jedoch nur ungenau prognostiziert
künstlicher Beschneiung der Pisten. Vermehrte                 werden, da der weitere Verlauf und die Intensität
künstliche Beschneiung wiederum verursacht                    des Klimawandels momentan noch vom Men-
Klima-Rückkopplungseffekte durch den hohen                    schen beeinflusst werden können.10

6
  Umweltbundesamt, 2019, S.5
7
  https://www.klimafonds.gv.at/press/klimawandel-verursacht-jaehrlich-bis-zu-88-mrd-euro-schaden-bis-2050/
8
  Umweltbundesamt, 2019, S.26
9
  CCCA, 2018
10
   Fleischhacker, 2018                                                                                                         17
Abbildung 13: THG Emissionen nach Urlaubstypen

                                                                                                kg CO2-eq Emissionen je Person und Tag
                                                                                                                                   454
                           450

                           400

                                                                                                                    159
                           150

                           100
                                            20           33             15             32             41
n    Aktivitäten            50
n    Unterkunft
n    Anreise                 0
Quelle: Umweltbundesamt,
                                        Schiurlaub    Schiurlaub     Sommer-        Sommer-       Sommerur-       Sommer­-         Flug-
2018                                    AUT Bahn       AUT PKW      urlaub AUT     urlaub AUT     laub Italien      ur­laub      Fernreise
                                                                       Bahn           PKW            PKW         Spanien Flug   Langstrecke

                                 Tourismus als Treiber des Klimawandels                  können auf Beherbergungsbetriebe zurückge-
                                 Der Tourismus ist einer der Sektoren, die gravie-       führt werden. Weitere 38 % sind durch den tou-
                                 rend vom Klimawandel betroffen sind, er trägt           ristischen Verkehr entstanden. Diese hohe Zahl
                                 jedoch auch maßgeblich dazu bei. Aufgrund               kommt daher, dass die meisten Urlauber*innen
                                 steigender internationaler Ankünfte werden              es bevorzugen, mit dem Auto anzureisen und
                                 auch die CO2-Emissionen durch den verstärkten           nur ein geringer Anteil beispielsweise mit dem
                                 Flugverkehr immer mehr. Der Anteil des globa-           Zug in das Skigebiet reist. Oft ist dies allerdings
                                 len Tourismus wird auf 5 bis 8 % der weltweiten         nicht nur der Gemütlichkeit der Urlauber*innen
                                 CO2-Emissionen geschätzt. ¾ davon entfallen             zu verschulden, sondern liegt auch an der eher
                                 auf den Touristentransport während 21 % auf             schlecht ausgebauten Infrastruktur zum und im
                                 Beherbergungsstätten zurückzuführen sind. Ös-           Skiort. Im Sommer hingegen ist besonders der
                                 terreichs Wintertourismus beispielsweise emit-          vermehrte Flugverkehr für die hohen Emissio-
                                 tiert jährlich 3,9 Mio. Tonnen CO2. 58 % davon          nen im Transportsegment verantwortlich.1

18                               1
                                     Steiger, 2015
Megatrend Nachhaltigkeit | Wohin geht die Reise?

    Megatrend Nachhaltigkeit

Der Gedanke der Nachhaltigkeit hat sich in den                  heute, aber auch in Zukunft Einkommen
letzten Jahren mehr oder weniger in unserer                     sichern. Tourismus trägt entscheidend zur
Gesellschaft etabliert. So konnte sich ein neues                Armutsbekämpfung bei und schafft bzw. si-
Segment der Tourismusnachfrage entwickeln:                      chert Arbeitsplätze. Diese müssen langfris-
der nachhaltige Tourismus. Im Vordergrund                       tig bestehen bleiben und rentabel gestaltet
steht zwar nach wie vor das Erlebnis des Rei-                   werden.
senden, es werden jedoch wesentlich mehr As-                  „„Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit
pekte berücksichtigt. Nachhaltiger Tourismus                    beschäftigt sich mit der Zufriedenheit der
beachtet auch die Förderung einer intakten und                  Reisenden sowie der Bereisten, interkultu-
sauberen Natur und Umwelt, sicherer und fai-                    rellem Austausch und der Stärkung schwa-
rer Arbeitsbedingungen sowie eines nachhalti-                   cher Regionen. Die Gewährleistung eines
gen Ausbaus des lokalen Wohlstandes und der                     lebenswerten Umfelds für Einheimische
sozialen Gerechtigkeit. Im Vergleich zum Mas-                   und die Erhaltung der kulturellen Identität
sentourismus ist es zudem möglich, tiefer in die                ist ebenso wichtig wie die Verbesserung der
Kultur und Lebensweise des Landes oder der                      Arbeitsbedingungen im Tourismus.2 3
Region einzutauchen.1 Es ist ein Paradigmen-
wechsel, nicht mehr bloß der Gast steht im Mit-               Einfluss des Tourismus
telpunkt, sondern auch die Unternehmer*innen,                 Österreichs Tourismus wird im internationalen
Mitarbeiter*innen, die heimische Bevölkerung                  Vergleich oft als nachhaltig bezeichnet. Tat-
sowie die Umwelt.                                             sächlich hat Tourismus hierzulande auch posi-
                                                              tive Auswirkungen. Touristen*innen wollen zum
Nachhaltigkeit wird in Österreich großgeschrie-               Beispiel saubere Flüsse und Seen, Authentizität
ben. Immer mehr Menschen und Betriebe wer-                    und regionale Produkte ausprobieren und tra-
den auf diesen „Megatrend“ aufmerksam. Tat-                   gen somit zum positiven Einfluss auf die Des-
sächlich ist jedoch nur eine kleine Minderheit                tination bei. Oftmals entstehen in touristischen
der touristischen Betriebe wirklich nachhaltig                Destinationen Schutzgebiete oder National-
und es besteht dringender Handlungsbedarf                     parks, welche an der Erhaltung von Vegeta-
angesichts des voranschreitenden Klimawan-                    tion und Tierwelt beteiligt sind. Zudem fließen
dels. Bei nachhaltigem Tourismus sind die drei                die hohen Einnahmen der Tourismuswirtschaft
Säulen der Nachhaltigkeit weitgehend berück-                  auch in nachhaltige Initiativen.4 Dennoch sind
sichtigt und ausgeglichen.                                    die Auswirkungen des Tourismus, im speziellen
                                                              des Massentourismus, auf die Zieldestination
„„Die ökologische Dimension ist jene, mit der                 überwiegend negativ. Der Begriff des Massen-
  die meisten Menschen den Begriff Nachhal-                   tourismus, in manchen Gegenden ausartend in
  tigkeit assoziieren. Er umfasst den Umwelt-                 den „Overtourism“, ist allen ein geläufiger und
  und Ressourcenschutz bzw. deren Scho-                       für die lokale Bevölkerung eine enorme Belas-
  nung und den Grundgedanken, welcher zu                      tung. Abgesehen von den unzähligen ökologi-
  allen Dimensionen passt: man nimmt sich                     schen Eingriffen, wie der Verschmutzung von
  nur so viel, dass andere Generationen auch                  Luft und Wasser, Müllbergen, die Zerstörung
  noch etwas davon haben. Die Qualität der                    von Flora und Fauna, Bodenversiegelung, Ero-
  Umwelt, der Landschaft und der Biodiver-                    sion und vielem mehr, hat der Massentourismus
  sität sind unverzichtbare Elemente für den                  auch Effekte auf die ansässige Bevölkerung. Oft
  Tourismus. Daher dürfen gesetzte Maßnah-                    verdrängen luxuriöse Hotels die urigen Cafés,
  men die Grundlagen für den Tourismus auch                   Lebenshaltungskosten steigen ins Unermess-
  in Zukunft nicht zerstören. Betriebe müssen                 liche und die „Dorfstruktur“, welche das Ge-
  vor allem hinsichtlich den Themen Energie                   meinschaftsleben, das soziale Miteinander und
  und Abfall verbessert werden.                               Sitten und Bräuche beschreibt, geht verloren,
„„Der Fokus der ökonomischen Dimension                        weil man sich an die touristischen Bedürfnis-
  liegt auf langfristigem Erfolg. Reisen soll                 se anpassen muss. Zudem ist die Infrastruktur

1
  Nachhaltiger Tourismus, 2017
2
  Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, 2019
3
  Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, 2018
4
  Augsbach, 2020                                                                                                                 19
aufgrund der Menschenmassen meist überlas-              Good-Practice Beispiele aller Welt
                             tet.1 Weiters wird, mehr im Aus- als im Inland,         Einige Betriebe haben es bereits geschafft oder
                             die Problematik der sexuellen Ausbeutung,               sind zumindest auf gutem Wege, das Ziel der
                             insbesondere von Kindern, auch oft in Zusam-            Nachhaltigkeit zu erreichen. Dabei sind die je-
                             menhang mit Tourismus gebracht.2 Leider sind            weiligen Konzepte sehr individuell und den ent-
                             Destinationen, die unter dem überzogenen Tou-           sprechenden Gegebenheiten und Möglichkei-
                             rismus leiden, meist auch abhängig von eben             ten angepasst. Das Boutiquehotel Stadthalle in
                             jenem und so ergibt sich ein Teufelskreis, der          Wien beispielsweise ist Europas erstes Stadtho-
                             nur schwer durchbrochen werden kann.                    tel mit Null-Energie-Bilanz. Durch eine Photovol-
                                                                                     taikanlage, eine Grundwasserwärmepumpe, die
                                                                                     Nutzung von Solarenergie und die Einsparung
                                                                                     bei großen Energiefressern wie einer Minibar
 Abbildung 14: Getreidegasse in Salzburg                                             in jedem Hotelzimmer kann das Hotel genauso
                                                                                     viel Strom produzieren wie es verbraucht. Des
                                                                                     Weiteren hat das Boutiquehotel Stadthalle zahl-
                                                                                     reiche Extras wie Ökoduschköpfe, LED Glüh-
                                                                                     birnen und Bio-Frühstück integriert, um noch
                                                                                     einen nachhaltigen Schritt weiter zu gehen.3
                                                                                     Das Naturhotel Edelweiss in Wagrain hingegen
                                                                                     ist das erste Green SPA Europas. 2010 wurde
                                                                                     ein Wellnessbereich im Passivhausbau dem ur-
                                                                                     sprünglichen Hotel angefügt. So hat das Green
                                                                                     SPA nur 25 % Energieverbrauch eines ver-
                                                                                     gleichbaren Wellnessbereichs und ist auf dem
                                                                                     höchsten Stand energieeffizienter Bauweise.4
                                                                                     Weitere österreichische Beherbergungsstätten,
                                                                                     die Nachhaltigkeit weitgehend in den Betrieb
                                                                                     integriert haben, sind das Naturhotel Outside5,
                                                                                     das Biohotel Grafenast6 und das Naturhotel
© FMT-Pictures                   Massentourismus zerstört die „Dorfstruktur“         Waldklause7.

                                                                                     Auch im Ausland sind bereits viele Betriebe und
 Abbildung 15: Innenhof des Boutiquehotel Stadthalle                                 sogar Ketten auf den Trend Nachhaltigkeit auf-
                                                                                     merksam geworden, die Banyan Tree Hotels und
                                                                                     Resorts Gruppe zum Beispiel. Ausgedrückt wird
                                                                                     dies so: „As a socially responsible business,
                                                                                     Banyan Tree was founded with the core value
                                                                                     of driving sustainable development. A global
                                                                                     hospitality group operating in diverse locations,
                                                                                     Banyan Tree’s concept of sustainability seeks
                                                                                     to create long term value for multiple stakehol-
                                                                                     ders and destinations”. Die Banyan Tree Glo-
                                                                                     bal Foundation ist der CSR-Zweig der Gruppe
                                                                                     und zuständig für die soziale, ökonomische und
                                                                                     ökologische Nachhaltigkeit innerhalb des Un-
                                                                                     ternehmens.8 Auch die Soneva Luxury Resorts
                                                                                     sind überzeugt, dass ein Unternehmen für mehr
                                                                                     als nur Shareholder Return existiert. Jährlich
© www.a-list.at            Europas erstes Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz         werden „Total Impact Assessments“ gemacht,

                             1
                               Kearsley, Aures & Pfaff, 2012     6
                                                                   https://www.grafenast.at/
                             2
                               Augsbach, 2020                    7
                                                                   https://www.waldklause.at/,
                             3
                               https://www.hotelstadthalle.at/     https://www.greenpearls.com/de/
                             4
                               https://www.mein-edelweiss.at/    8
                                                                   https://www.banyantree.com/en
20                           5
                               https://www.hotel-outside.com/
Megatrend Nachhaltigkeit | Wohin geht die Reise?

um die sozialen und ökologischen Auswirkun-                        Abbildung 16: Zeavola Resort auf Koh Phi Phi Don
gen der Resorts direkt, aber auch indirekt durch
die Lieferkette und den Gastflugverkehr einzu-
schätzen. Durch die Soneva Foundation werden
zahlreiche Projekte, vor allem in Asien, zum The-
ma Nachhaltigkeit finanziert und organisiert.9

Ein weiteres Beispiel ist das Zeavola Luxury Ba-
refoot Resort auf Koh Phi Phi Don in Thailand.
Wie in „Zeavola’s Little Green Book“ ausführ-
lich beschrieben wird, bedeutet Nachhaltigkeit
für dieses Resort respektvoll mit der Tier- und
Pflanzenwelt umzugehen, die einheimischen
Chao Ley zu unterstützen, Lebensmittelabfälle
und Müll entsprechend zu verwerten, Wasser als
wertvolles Gut zu betrachten und dementspre-
chend sparsam und effizient damit umzugehen,
Plastikmüll zu vermeiden, Gäste für die Unter-                   Vorzeigeresort für Nachhaltigkeit                         © www.zeavola.com
wasserwelt zu sensibilisieren, Produkte von
lokalen Händlern*innen zu beziehen und den
Zusammenhalt der Mitarbeiter*innen zu stär-                      tet. Beides sind „dial a bus“ Prinzipe, die so auf
ken. Zeavola ist in vielen Aspekten ein perfektes                Nachfrage reagieren können. Ein ähnliches Prin-
Vorzeigeresort der Nachhaltigkeit. Besonders                     zip ist das DefMobil in Defereggen Österreich
der soziale Aspekt wird hier noch einmal stark                   bei dem ein Anruf-Sammeltaxi Touristen*innen
hervorgehoben. Jährlich finden zahlreiche Fes-                   zu ihrem Zielort bringt. Häufig wird dies aber
te für Mitarbeiter*innen und Projekte zur Unter-                 auch von Einheimischen genutzt. Auch das
stützung heimischer Stämme, Kinder und Tiere                     Car-Sharing FLUGS in Lienz ist ein gelunge-
statt.10                                                         nes nachhaltiges Projekt der Last Mile Aktion.
                                                                 Auch in Spanien wurde, um kleinere Bahnhöfe
Ein weiteres Good-Practice Beispiel ist das Last                 zu befahren ohne dabei viel Zeit zu verlieren, ein
Mile Projekt der EU. Es hat das Ziel, einen lü-                  nachfrageabhängiges System entwickelt. Der
ckenlosen Transportweg für Touristen*innen zur                   Zug von Lleida nach La Pobla de Segur hält nur
Destination zu gewährleisten und insbesondere                    dann, wenn ein Fahrgast auf den Stoppknopf
„die letzten Meter“ zu ermöglichen. In Luxem-                    drückt oder jemand am Gleis wartet. Dadurch
burg beispielsweise wurde im Zuge des Projekts                   wurde das lokale Transportsystem immens ver-
der Night Rider und der Bummelbus eingerich-                     bessert.11

9
     https://soneva.com/
10
     Hallermann, 2019
11
     Agency for the Support of Regional Development Košice et al, 2020                                                                   21
Der Tourismus in der Corona-Krise

     Aufgrund der Coronavirus-Pandemie gibt es             Dienstleistungen angewiesen. Experten*innen
     massive Einschränkungen auf der Angebots-             erwarten, dass sich die Inlandsnachfrage we-
     seite, wie etwa behördliche Schließungen der          sentlich schneller erholt als die ausländische.
     Beherbergungsbetriebe. Auch die in- sowie aus-        Niederösterreich hat dank des hohen Anteils
     ländische Nachfrage ist unter anderem wegen           inländischer Gäste somit gute Chancen auf
     Grenzschließungen und Einschränkungen der             schnelle Erholung. Obwohl für ganz Österreich
     Bewegungsfreiheit stark eingebrochen. Das Aus-        eine relativ schnelle Erholung prognostiziert
     maß der Verluste ist noch nicht einzuschätzen         wird, nicht zuletzt wegen des Rufs als sichere
     und hängt von einer Vielzahl von Aspekten ab.         Destination, sind dennoch außerordentliche Ein-
                                                           bußen in Hinblick auf Nächtigungs- und Über-
     „„Beispielsweise wird der Zeitpunkt der Auf-          nachtungszahlen sowie touristische Einnahmen
       hebung verschiedenster Beschränkungen               zu erwarten.3
       maßgeblich bestimmen, wie sich die Krise
       auf das gesamte Tourismusjahr 2020/21               Für die nachhaltige Erholung des österreichi-
       auswirkt.                                           schen Tourismus ist einerseits der Inlandstou-
                                                           rismus sehr wichtig, andererseits sind auch
     „„Auch die Erholung der Nachfrage ist ent-            Nahmärkte wie Deutschland, Schweiz, Tsche-
       scheidend. Hierbei spielen Faktoren wie             chien und die Niederlande von großer Bedeu-
       zeitliche und finanzielle Ressourcen eine           tung.4 Nicht zu unterschätzen ist allerdings der
       Rolle, denn aufgrund des Lockdowns ha-              potenzielle Imageschaden Tirols, der sich auf
       ben viele Menschen nun weniger Spielraum            ganz Österreich verallgemeinern lassen könnte.
       für Urlaub. Auch die Bewegungsfreiheit, die         Es ist zu erwarten, dass sich der Inlandstouris-
       Möglichkeiten des Reisens, sind entschei-           mus wesentlich schneller erholen wird als der
       dend dafür, wie schnell sich die in- und aus-       Auslandstourismus. Dies liegt vor allem daran,
       ländische Nachfrage erholt. Das persönliche         dass ausländische Destinationen oft stärker
       Sicherheitsgefühl hat ebenfalls Bedeutung,          von der Krise betroffen sind, eine unzureichen-
       ob und wann Menschen wieder reisen.1                de oder unsichere medizinische Versorgung im
                                                           Ausland Österreicher*innen dazu animiert im
     „Es geht nicht nur um die Herstellung der Reise-      eigenen Land zu bleiben und die Urlaube wahr-
     freiheit, sondern auch um die Veränderung der         scheinlich in verkürzter Form und näher am
     Verbraucher- und Reisegewohnheiten, wie etwa          Wohnort stattfinden werden.5
     den Massentransport, das Aufsuchen überfüll-
     ter Restaurants, Konzerte, Geschäftsreisen etc.       Zu Österreichs Hauptzielmärkten gehören Ita-
     Auch die nachhaltigen wirtschaftlichen Aspekte        lien, Deutschland, Kroatien, Spanien und Grie-
     gilt es zu bedenken, etwa Einkommensausfälle,         chenland. Von derzeitigen Reisewarnungen
     die Aussetzung von Steuerreformen, Einsparun-         oder zumindest Einschränkungen betroffen sind
     gen bei Transferzahlungen, Vorsichtssparen der        fast alle diese Länder, was ein weiterer Grund
     Menschen sowie Einbußen bei den Urlaubsbud-           für den Urlaub in Österreich ist. Auch anzuneh-
     gets.“2                                               men ist, dass sich die Urlaubsreisenachfrage
                                                           gegenüber jener für Geschäftsreisen wesentlich
     Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise          schneller erholen wird. Das technische Know-
     sind österreichweit sehr unterschiedlich, da re-      How wurde durch den Lockdown bereits erwor-
     gionale und lokale Unterschiede in der Abhän-         ben und es ist in vielerlei Hinsicht günstiger und
     gigkeit vom Tourismus bestehen. Besonders der         praktischer zum Beispiel eine einfache Bespre-
     alpine Raum ist auf die Erbringung touristischer      chung virtuell zu veranstalten.6

     1
       Fritz, Corona-Shutdown, 2020
     2
       Smeral, 2020
     3
       Fritz, Der ö. Tourismus in der Corona Krise, 2020
     4
       Fritz, Der ö. Tourismus in der Corona Krise, 2020
     5
       Fritz, Corona-Shutdown, 2020
22   6
       Fritz, Der ö. Tourismus in der Corona Krise, 2020
Der Tourismus in der Corona-Krise | Wohin geht die Reise?

Auswertungen der bisherigen                        eigenen Land bereits stark anstieg. Gäste aus
„Corona-Saisonen“                                  Fernmärkten blieben beinahe gänzlich aus (teil-
                                                   weise - 99 %), was besonders den Städtetou-
Erste Auswertungen der Wintersaison 2019/20        rismus hart trifft. Auch aus europäischen Quell-
zeigen die Auswirkungen der Pandemie bereits       märkten kamen deutlich weniger Besucher (- 55
deutlich. Während die Vor- und Hauptsaison         bis - 90 %). Deutsche und Schweizer besuch-
noch sehr erfolgreich waren, gab es im letzten     ten Österreich allerdings nach wie vor häufig mit
Saisondrittel massive Einbrüche. Die Ankünfte      nur sehr geringen Nachfrageeinbußen. Über-
gingen um - 80 % zurück und auch die Nächti-       raschend hoch ist der Einbruch der Nachfrage
gungszahlen sanken um - 72,1 %. Die gesamte        durch osteuropäische Quellmärkte (- 34 %).
Saison fiel dank der anfänglichen Gewinne noch     Somit hat sich die Gewichtung der einzelnen
halbwegs glimpflich aus. Vergleichbar sind die     Quellmärkte durch die Coronavirus-Pandemie
Ankunfts- und Nächtigungszahlen mit jenen          wesentlich verändert. Auch die Gästestruktur
aus 2006/07. Verglichen zum Vorjahr sanken         sowie das Reiseverhalten hat sich gewandelt.
die Gästeankünfte um - 22 % und die Über-
nachtungen auf 59,7 Millionen, damit fehlen        So konnte die Binnennachfrage im Juli bereits
über 13 Millionen, um das Niveau des Vorjahres     wieder ein leichtes Plus verzeichnen und die
zu erreichen. Die Einnahmen belaufen sich auf      durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist auf 3,65
12,32 Milliarden €, etwa die Hälfte der touris-    Nächte gestiegen. Die Ankunfts- und Näch-
tischen Einnahmen der Saison 2018/19. Auch         tigungszahlen sind von Mai bis Juli 2020 um
Niederösterreich schrieb pandemiebedingt ein       etwa die Hälfte eingebrochen. Auch die Touris-
großes Minus in der Wintersaison. Anzumerken       museinnahmen sind um - 44,1 % auf 3,95 Mrd.
ist jedoch, dass Niederösterreich bereits vor      € geschrumpft, wobei Wien den stärkten Verlust
der Krise eher schwach performte, möglicher-       mit - 85,7 % zu verkraften hat. Niederösterreich
weise aufgrund der spürbaren Auswirkungen          liegt hier leicht über dem Durchschnitt mit Ver-
des Klimawandels. Auch in Wien, Burgenland         lusten von - 48,2 %. Die Übernachtungszahlen
und Oberösterreich gab es überdurchschnittlich     liegen in Österreich bei - 36,9 % inländischer
schlechte Zahlen. Im Bereich der Unterkunftsar-    und - 67,9 % ausländischer Gäste. Zu erwähnen
ten mussten sowohl gewerbliche als auch priva-     ist, dass Niederösterreich und Wien als einzige
te Ferienwohnungen und –häuser die gerings-        Bundesländer auch im Juli noch ein Minus in
ten Einbußen mit etwas über -10 % verkraften.      Bezug auf die Inlandsnachfrage verzeichneten.
Hotellerie und Privatquartiere hatten ungefähre    In Hinblick auf die Unterkunftsarten konnten die
Verluste von 1/5.7                                 Ferienwohnungen und -häuser mit - 2,0 bzw.
                                                   - 3,1 % (gewerblich bzw. privat) das geringste
Auch die vorläufige Auswertung der Sommersai-      Minus erwirtschaften, während die Hotellerie mit
son von Mai bis Juli 2020 zeigt negative Ergeb-    - 51,6 % die größten Einbußen hatte. Geht man
nisse. In der Sommervorsaison gab es massive       von einem juli-ähnlichen August und einer abfla-
Einbußen von ungefähr - 70 %. Im Sommermo-         chenden Nachfrage im Herbst aus ergibt sich für
nat Juli waren die Verluste zwar schwächer, aber   das Kalenderjahr 2020 ein Nächtigungsverlust
immer noch bei - 17 bis - 26 %. Die internatio-    von rund - 30 %. Die Einnahmeverluste werden
nale Nachfrage ist weiterhin rückläufig, während   wohl noch höher ausfallen, da ausgabefreudige
die Reisetätigkeit der Österreicher*innen im       Ausländer weitgehend ausbleiben werden.8

7
    Fritz, Tourismusanalyse Wintersaison, 2020
8
    Fritz, Tourismusanalyse Mai – Juli, 2020

                                                                                                                      23
Abbildung 17: Übernachtungen im Juli 2020

                                          Österreich      Bgl.       Ktn.             NÖ         OÖ          Slb.        Stm.          T          Vbg.        Wien
                                          15,5 Mio.     448.000    2,7 Mio.      693.000       958.000     2,9 Mio.    1,6 Mio.     4,8 Mio.     912.000     444.000
                                          - 3.3 Mio.   + 17.000    + 4.000     - 195.000     - 192.000   - 789.000    + 32.000    - 804.000    - 804.000   - 1,2 Mio.

                                           +15%
                                                            +4%         +0,1%                                               +2%
n    ausländische Gäste
n    inländische Gäste
n    insgesamt                                                                                                                          -14%        -11%
                                               -17%                                   -22%        -17%         -21%
                                      -29%

Quelle: Statistik Austria
http://www.statistik.at/web_de/
statistiken/wirtschaft/tourismus/
beherbergung/index.htmlStatistik
                                                                                                                                                                 -73%

                                      Besonders angeschlagen ist die Flugindustrie                        es ungefähr halb so viel geplante Flugstarts wie
                                      mit Verlusten in Milliardenhöhe und zahlreichen                     letztes Jahr, im Mai wurde ein Tiefpunkt von fast
                                      erwarteten Konkursen in den folgenden Jahren.                       - 70 % erreicht. Auch der Klimawandel verlangt
                                      Die ohnehin wettbewerbsintensive Branche ist                        eine langfristige Struktur- und Umfangsände-
                                      schwer getroffen. Weltweit wird für 2020 ein                        rung der internationalen Flugindustrie.1
                                      Passagierrückgang von - 38,1 % prognostiziert.
                                      Viele Airlines mussten ihr Angebot drastisch mi-                    Die Arbeitslosigkeit in der Tourismusbranche ist
                                      nimieren oder ganz einstellen. Im August gab                        rasant angestiegen. Die Arbeitsmarktdaten für
                                                                                                          das erste und zweite Quartal 2020 lassen bereits
                                                                                                          Rückschlüsse auf die Auswirkungen der Covid-
                                                                                                          19-Pandemie ziehen. Die österreichweite Ar-
                                                                                                          beitslosenzahl im Fremdenverkehrsbereich stieg
             Abbildung 18: Arbeitslose im Juli 2020
                                                                                                          um + 131,3 %, davon wurden 7.642 in Niederös-
            Bestand                                                             Veränderung               terreich verzeichnet. Die Beschäftigungszahlen
          		                                                                    zum Vorjahr               sanken österreichweit um über - 20 % und auch
          		                                                                absolut      relativ          die Zahl der offenen Stellen ist um drastische
             Arbeitslose Personen gesamt                 371.893            92.772           33,2%        - 41,7 % eingestürzt. Niederösterreich ist zum
             Herstellung von Waren                        31.102              7.806          33,5%        österreichischen Durchschnitt in dieser Hinsicht
             Bau                                          21.267              5.852          38,0%        vergleichsweise wenig betroffen.2
             Handel                                       57.291            14.242           33,1%
             Verkehr und Lagerei                          21.505              7.327          51,7%
                                                                                                          Die Gastronomie und Beherbergungsbranche
                                                                                                          (stellt 3/4 der Tourismusbeschäftigten) hat im
             Beherbergung und Gastronomie                 45.947            17.516           61,6%
                                                                                                          Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren über-
             Gesundheits- und Sozialwesen                 11.681              2.253          23,9%
                                                                                                          durchschnittlich viele Arbeitslose zu verzeich-
             Arbeitskräfteüberlassung                     36.968              8.081          28,0%
                                                                                                          nen. 3
             Quelle: AMS, Übersicht
             August, 2020

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                                        Keller, 2020
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                                        AMS, Fremdenverkehrsbereich, 2020
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                                        AMS, Übersicht August, 2020
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