Der Weg zur Smart City - Städtedigitalisierung 12 - Schweizerischer Städteverband
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Computerworld 4/2019 www.computerworld.ch 13 Wien, London und das kanadische St. Albert sind die Spitzen- reiter der Smart-City-Welt. Sie setzen ihre Strategien längst in die Tat um. Wie so oft geht es in der Schweiz gemächlicher voran. Hier liegt die Smart-City-Strategie bei manchen Städten zwar schon auf dem Tisch, viele feilen aber noch daran. Von George Sarpong und Luca Perler Wien, die Hauptstadt unseres Nachbarlandes, gilt gemäss dem Smart City Index 2019 von Roland Berger als die smarteste Stadt der Welt
14 Auftakt Titelstory D ie digitale Transformation betrifft nicht nur ein- Studie kommen insgesamt zum Schluss, dass Wien aktuell zelne Firmen oder Branchen. Sie erfasst die ge- die smarteste Stadt der Welt ist. In die Top 15 schaffen es samte Wirtschaft und Gesellschaft. Auch unsere neben der Donau-Metropole europäische Städte wie Lon- Lebensräume werden digitalisiert. Verwaltung, Umwelt, don, Birmingham, Paris oder auch Santander. Städte aus Wohnquartiere, Mobilität werden mittels digitaler Technik dem asiatischen Teil der Welt – darunter Seoul, Singapur, und unter Einbezug der Bevölkerung weiterentwickelt. Guangzhou, Shanghai und Shenzhen – sind darin ver- Städte wandeln sich auf diese Weise zu Smart Cities. E-ID, gleichsweise am stärksten vertreten. elektronisches Patientendossier, Online-Umzugsmeldun- Haben also Schweizer Städte und Gemeinden die Di gen, die Vernetzung von Stadtteilen oder autonome Busse: gitalisierung verschlafen? Im Gegenteil, meint Renate Die heimischen Beispiele sind zahlreich, wie auch die Vor- Amstutz, Direktorin des Schweizerischen Städteverbands. stösse von Akteuren auf kommunaler, staatlicher und wirt- «Die Smart City ist längst zuoberst auf der politischen schaftlicher Ebene. Doch, reicht das? In Basel treffen sich Agenda angekommen. Beim Städteverband geniesst das dieses Jahr zum dritten Mal Fachleute, Entscheider und Dossier ebenfalls hohe Priorität. Wir haben beispielsweise Wirtschaftsvertreter, um an der Konferenz Smart Suisse 2017 eine nationale Tagung zum Thema Digitalisierung in über Smart-City-Projekte zu diskutieren. Bei der Premiere den Städten durchgeführt. Darauf folgend haben wir die vor zwei Jahren war zu hören, dass der Stadt-Staat Singa- Arbeitsgruppe Digitalisierung eingesetzt, in der sich un- pur die Schweiz lange Zeit als Vorbild in Sachen Smart City sere Mitglieder austauschen, voneinander lernen und – im angesehen habe. Doch inzwischen sei man weiter und habe Idealfall – auch zusammenarbeiten können. Denn es ist die Schweiz hinter sich gelassen. Das ist insofern bemer- nicht im Interesse der öffentlichen Hand, dass jede Stadt kenswert, als die Schweiz bei globalen Innovations-Ran- für sich allein nach Lösungen sucht und nur schon eine kings stets auf den Podestplätzen wiederzufinden ist. eigene App programmieren lässt», argumentiert Amstutz. Schweizer Städte im Smart-City-Mittelfeld Verein soll für Schub sorgen Auch die jüngste Ausgabe des Smart City Strategy Index Auch der Bundesrat drückt aufs Gas und verabschiedete des Beratungshauses Roland Berger zeigt auf: Schweizer letztes Jahr die Strategie «Digitale Schweiz». Neben den Städte haben im Bereich Smart City noch Potenzial. Unter Bereichen Infrastruktur, Mobilität und E-Government, die den 153 Städten, die im Rahmen der Untersuchung welt- wesentliche Elemente von Smart-City-Strategien bilden, weit analysiert wurden, finden sich vier aus der Schweiz – setzte der Bundesrat auch explizit Smart City auf die es sind Basel, Genf, St. Gallen und Bern. Am besten schnit- Agenda. Hierfür lud der Bund verschiedene Akteure ein, die ten in der Studie die Ostschweizer ab. St. Gallen liegt ge- sich in dem im Sommer letzten Jahres konstituierten Ver- mäss den Experten von Roland Berger im weltweiten Ver- ein «Smart City Hub Switzerland» vernetzen und austau- gleich im oberen Mittelfeld. Basel, Bern und Genf ordnen schen. Der Verband wird in verschiedenen Arbeitsgruppen sich hingegen im unteren Mittelfeld der Rangliste ein. Aus- gemeinsame Lösungen erarbeiten. Eine zentrale Aufgabe schlaggebend für die Platzierung innerhalb des Rankings des Smart City Hubs Switzerland ist es, seine Mitglieder sind die Smart-City-Strategien, die von den untersuchten bei der Umsetzung öffentlicher wie privater Vorhaben zu Städten vorgelegt wurden. Deren «Smartness» ermittelte unterstützen. Dass das Thema Smart City aktueller und in das Beratungshaus anschliessend anhand eines Modells immer mehr Kommunen bearbeitet werde, weiss Verbands- mit zwölf Faktoren (vgl. Kasten Seite 15). Die Autoren der geschäftsführer Benjamin Szemkus. «Wir sehen insbeson- Anzeige LCP LCP DXDX 3535 kWkW - - Kühlung Kühlung nach nach Bedarf Bedarf Ideal ■ Ideal zur Kühlung zur Kühlung von kleinen von kleinen und mittleren und mittleren Rechenzentren Rechenzentren Bilder: Smart City Hub Switzerland; Schweizerischer Städteverband ■ ■ Geringe ■ Geringe Leistungsaufnahme Leistungsaufnahme durchdurch Inverter Inverter geregelten geregelten Kompressor Kompressor ■ Einsparung ■ Einsparung von Betriebskosten von Betriebskosten durchdurch den Einsatz den Einsatz indirekter indirekter freierfreier Kühlung Kühlung ⊳ Mehr ⊳ Mehr Informationen Informationen unterunter www.rittal.ch www.rittal.ch
Computerworld 4/2019 www.computerworld.ch 15 dere im Bereich der Städte, dass das Thema Fahrt auf genommen hat. Ein deutlicher Hinweis darauf ist auch die Die smartesten Städte der Welt Gründung unseres Verbandes und die vermehrten Initiati- Das Beratungshaus Roland Berger hat 4 Singapur ven in ausgewählten Städten der Schweiz», sagt Szemkus. in seinem Smart City Strategy Index Derzeit baue man in den Regionen Strukturen auf und ar- 5 Chicago (Vereinigte Staaten) 2019 die smartesten Städte der Welt beite an der internen Organisationsentwicklung, wie etwa ermittelt. Ausschlaggebend für die 6 Shanghai (Volksrepublik China) dem Erarbeiten von Massnahmenplänen oder der Etablie- Bewertung der einzelnen Strategiepa- rung von Smart City Labs wie in der Stadt Basel auf dem 7 Birmingham (UK) piere war ein «Assessment Framework» Wolf-Areal. Im Zentrum der Strategien stünden oft die The- – ähnlich des Smart City Wheel von 8 Chongqing (Volksrepublik China) menfelder Mobilität, Umwelt und Verwaltungsservices. Smart City Hub (vgl. Grafik S. 16). Stadtbewohner wünschten sich Mitsprachemöglichkeiten, 9 Shenzhen (Volksrepublik China) Das Modell von Roland Berger basiert unkomplizierte Dienstleistungen und eine hohe Lebens- jedoch auf 3 Smart-City-Dimensionen, 10 Paris (Frankreich) qualität. Die Einwohner seien daher mehrheitlich offen für 12 Kriterien und 31 Subkriterien. smarte Entwicklungsschritte. Allerdings ist man sich bei 11 Dalian (Volksrepublik China) Smart City Hub auch im Klaren darüber, dass noch viel Auf- Die Auswertung der Experten ergab klärungsarbeit geleistet werden muss. 12 Seoul (Südkorea) folgendes Ranking: 13 Santander (Spanien) 1 Wien (Österreich) Es bewegt sich was in Schweizer Städten Wie eine Recherche zeigt, haben erste Städte eine Smart- 2 London (UK) 14 Guangzhou (Volksrepublik China) City-Strategie verabschiedet oder feilen noch daran: Lu- 3 St. Albert (Kanada) 15 Davanagere (Indien) gano erarbeitet derzeit ein Konzept und will dieses in den «nächsten Monaten präsentieren», wie es auf Anfrage hiess. In Luzern muss man nach Kritik im Stadtparlament den Strategieentwurf überarbeiten. Mit am weitesten sind St. Areal mit Ansätzen für die Stadtentwicklung der Zukunft. Gallen und Winterthur, die nicht nur fertige Strategien vor- Ende März präsentierte die Stadtverwaltung zudem das weisen können, sondern für deren Umsetzung sogar Digi- E-Konto, einen Online-Schalter für die Abwicklung von Be- talchefs eingestellt haben. Nachdem in Winterthur Inte- hördengängen. Bis Ende des Jahres soll ein Grossteil der be- rims-CDO Christoph Zech während der letzten Jahre mit viel reits verfügbaren Online-Dienstleistungen über das E-Konto Engagement vorgespurt hat, sucht die Stadt derzeit nach zugänglich gemacht werden. Überdies will man im Stadt- einem Nachfolger, um die nächsten Schritte auf dem Weg Kanton das E-Gov-Angebot schrittweise ausbauen. zur Smart City zu gehen. Die Bundesstadt Bern verabschie- In der Wirtschaftsmetropole Zürich verabschiedete der dete vergangenes Jahr die «Digitalstrategie Stadt Bern Stadtrat Ende des letzten Jahres eine Smart-City-Strategie, 2021», in der erste Smart-City-Projekte wie die E-Partizi- mit der die künftigen Anforderungen der Bevölkerung ge- pation vorgesehen sind. Daneben gibt es Initiativen wie bündelt und Innovationen gefördert werden sollen. Sie zielt Smart City Bern, womit diverse Akteure entsprechende Pro- darauf ab, folgende Ziele zu erreichen: Chancengleichheit jekte vernetzen wollen. Basel plant die smarte Stadt unter und hohe Lebensqualität für alle, Ressourcenschonung und dem regionalen Dach von Smart Regio Basel. Die Stadt der nachhaltige Entwicklung, Innovation und attraktiver Wirt- Life Sciences experimentiert beispielsweise auf dem Wolf- schaftsstandort. Zur Erreichung dieser Ziele setzt Smart Anzeige
16 Auftakt Titelstory City Zürich für die nächsten Jahre drei strategische Schwer- Kleine Städte preschen vor punkte: «Zukunftsformen der integrierten öffentlichen Zürich ist eine Wirtschaftsmetropole. Doch Smart City muss Mobilität», «Smarte Partizipation» und «Digitale Stadt». Für nicht unbedingt nur ein Thema für grosse Städte sein. «Das Letztere zeichnet die Organisation und Informatik der Stadt Smart-City-Konzept ist für Städte und Gemeinden jeder Zürich (OIZ) verantwortlich, wie deren Leiter Andreas Né- Grösse geeignet», betont Amstutz vom Schweizerischen meth erklärt. Bei den Projekten werden die Anwender, also Städteverband. Derselben Ansicht ist Vicente Carabias-Hüt- die Stadtbevölkerung, einbezogen. «Im Schwerpunkt Digi- ter, Koordinator der ZHAW-Plattform Smart Cities & Regions, tale Stadt beziehen wir die Bevölkerung in verschiedenen der zusammen mit seinem Team und Partnern Anwendun- Arbeitsschritten ein, etwa bei der Entwicklung neuer Ser- gen, Innovationssystemanalysen, Leitfäden, Modelle, vices oder bei Usability-Tests», sagt Németh weiter. Zum Nachhaltigkeitsbeurteilungen und Tools für die Realisie- Bereich der digitalen Stadt zählen der Ausbau des städti- rung von Smart Cities entwickelt. Er meint, dass die The- schen Online-Zugangs «Mein Konto» und die Entwicklung matik für sämtliche Städte und Gemeinden von Interesse neuer Online-Services, beispielsweise bei den Steuern. Die ist, die an Smart-City-Entwicklungspfaden interessiert digitale Infrastruktur in den Schulen soll weiter moderni- sind, eine ICT-Strategie verfolgen oder sogenannte Ener- siert werden, verwaltungsinterne Prozesse optimiert und giestädte sind. Letztere würden aufgrund ihrer bisherigen, konsequent digital gestaltet werden. Technologien wie das oft langjährigen überdurchschnittlichen Aktivitäten in der Internet der Dinge will man stadtweit nutzen. Zusätzlich Energie- und Klimapolitik auch bereits eine gute Basis auf- würden Instrumente zur Innovationsförderung eingeführt, weisen, um Projekte nach dem Smart-City-Konzept auf- heisst es im Strategiepapier. Zu den Instrumenten gehören zugleisen und umzusetzen, ist der Wissenschaftler über- Kredite für Anschubfinanzierungen innovativer Projekte zeugt. «Es ist bemerkenswert, wie sie es trotz limitierter der Stadtverwaltung, insbesondere wenn sie von verschie- Ressourcen bei verschiedenen Themenbereichen geschafft denen Dienstabteilungen gemeinsam eingereicht werden haben, sich immer wieder mit passenden Partnern zusam- und Pilotcharakter aufweisen. Mit einer sogenannten menzutun und so smarte Lösungen zu implementieren.» Innovationsbox für Mitarbeitende der Stadtverwaltung Renate Amstutz nennt Beispiele wie das Crypto-Valley erhalten diese die Möglichkeit, eigene Ideen auszuarbei- in Zug, das Mobilitätsprojekt in Pully, smarte Quartiere in ten und sich auf diese Weise an einem offenen Innovations St. Gallen, smarte Strassenbeleuchtungen wie in Wädens- prozess zu beteiligen. Die Stadt verfolgt damit auch das wil oder Melde-Apps für Schäden wie in Winterthur. «Diese Ziel, einen Kulturwandel zu fördern, hin zu einem verstärk- Liste lässt sich beliebig erweitern», betont Amstutz. Natür- ten ziel- und kundenorientierten, innovativen und interdis- lich seien ausreichende Ressourcen nötig, um einen Chief Der Urbanitäts- ziplinären Denken und Handeln. Ob sich alle Vorhaben um- Digital Officer anzustellen – wie dies etwa St. Gallen getan und Klima-Stratege setzen lassen, ist noch nicht ganz klar. Denn die Smart-City- hat – oder um ein Open-Government-Portal zu betreiben Boyd Cohen schuf mit Strategie muss noch durch den Zürcher Gemeinderat ver- wie die Stadt Zürich. Aber auch kleine, relativ einfache Pro- dem Smart City Wheel abschiedet werden. Human-Centered Smart City Wheel jekte ebneten den Weg zur Smart City. Sie erlaubten es eine Grundlage für die auszuprobieren und wenn nötig anzupassen, ohne viele Strategieentwicklung. Ressourcen zu binden. Kleineren Städten biete sich zudem Smart City Hub hat der Vorteil, agil zu sein, etwa dank der kurzen Wege zwi- ein Smart City Wheel s A c schen den involvierten Personen, Dienststellen und Part- io n tion für Schweizer Städ- Act s nern. «So beobachtet zum Beispiel die Waadtländer Stadt te abgeleitet, Pully mit 18 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Mo- ns mit den Men- bilität mittels verknüpfter Daten – Big Data für die kleine t io c Spaces uc Smart Governm ntr schen im Stadt also», fasst Amstutz zusammen. Möglich würden Ope Co Co t al n& Zentrum solche Projekte auch durch Kooperationen mit Hoch- ing Smar t Publi lla ig i L ink bo &D l ann Di g e Go ra schulen und Telekomanbietern. gs tiv ed i t a ver an P t din n en t me l S nm Ci t Da t uil ge Kleinere und mittlere Städte und Gemeinden er Ur b yI na tB v ic en t n fr a a ar as eM e& will Carabias-Hütter künftig mit einem Leitfaden Sm Inclu tru rc si ve ctu s ou o m y & Su re Smart Smart s n Re E co s t ain able Governance Environment Sha ring zur Umsetzung von Smart-City-Initiativen unter S oc l ar & iet y d Sm C ir c u die Arme greifen, den er gemeinsam mit seinem erTeCITY WarHt nAt R tion Team derzeit an der ZHAW erarbeitet. Dieser Social Parti n & Collabora CEEitL cipation tio Human-CSMe Open In no va solle sie dabei unterstützen, sich in diesem Um- y Wheel Actions Smart Smart Actions People Economy Bilder: Smart City Hub Switzerland; Schweizerischer Städteverband Ed uc at ion Sm ar t Wo rk & Worksp feld zu orientieren und ihnen mögliche Wege Learning & HU ace MA N-CEN T ER ED aufzeigen, wie ein praktischer Transformations- t S t ar men t- U p Dev elop E co s prozess zu einer Smart City aussehen könnte. Smart Smart ys te ch & ion Sm m& e ar tat Mobility Living ar Gr e Re s or tH om en G p row ra ns e th Das machen die Vorreiter besser y Sm ili t &T ar ob cs ilit y Woran liegt es nun, dass die grössten Schweizer S afe tH s ti lM Tourism Culture, Cr gi ea mob da Lo ty & lth Städte trotz ihres Efforts nicht mit der Smart-City- mo &E ou s er S ec In t lde Weltspitze mithalten können? «Internationale Spit- nom ur i t rly eativ ity & Ca Auto y zenreiter verfolgen umfassendere und ambitioniertere re d& Ansätze als die Schweizer Städte», lautet das deutliche h ar e Community Fazit von Matthias Hanke, Transport- und Tourismus-Ex- n, S Clea s Act perte sowie Senior Partner bei Roland Berger in Zürich. Laut ion ion Act s dem Experten betrifft dies sämtliche relevanten Anwen- dungsbereiche wie Bildung, Gesundheit, Gebäudeinfra-
Computerworld 4/2019 www.computerworld.ch 17 struktur, Mobilität, IT-Infrastruktur und Regulatorik. Hanke sieht aber noch ein weiteres Problem: «Insgesamt verfügen die Schweizer Städte noch nicht über ausreichend detail- lierte Strategien, die digitale Lösungen in allen relevanten Dimensionen einer Smart City mit detaillierten Zielen und Aktivitäten abdecken.» Anders sieht es beispielsweise in Wien aus, der laut Studie smartesten Stadt weltweit. Thilo Zelt, Roland-Berger-Partner und Autor des Smart City Stra- tegy Index, erklärt: «Die österreichische Hauptstadt über- zeugt mit ihrer ganzheitlichen Rahmenstrategie und inno- vativen Lösungen für Mobilität, Umwelt, Bildung, Gesund- heit und Verwaltung sowie einer Fortschrittskontrolle der einzelnen Projekte.» Carabias-Hütter von der ZHAW stellt fest, dass die Vor- reiter im Vergleich zur Schweiz schon deutlich weiter sind. Wien positionierte sich gemäss seinen Angaben bereits 2010 als Smart City, die spanische Stadt Santander star- tete noch früher: Bereits 2008 lancierten dort der Bürger- meister, ein grosses Telekomunternehmen und die örtliche Universität eine Smart-City-Initiative. Innerhalb der Stadt- verwaltung sei dabei eine Stabsstelle geschaffen und mit «Es ist wichtig, dass die Kompetenzen im Bereich Innovation, Change Management sowie IoT ausgestattet worden. «Santander hat damit eine ICT-Strategie verfolgt, mit der über die Jahre eine umfas- Bevölkerung den digitalen sende digitale Infrastruktur entstanden ist.» Die durch Sensoren und weitere Quellen generierten Daten würden Services vertraut» nun auf einer Smart-City-Plattform aggregiert und ermög- Renate Amstutz, Schweizerischer Städteverband lichten so das Management verschiedener Infrastrukturen und Datenkombinationen. «Santander hat sich dadurch als eine Testumgebung für innovative Pilotprojekte posi- von Roland Berger meint, dass vor allem Start-ups mobili- tioniert», erklärt der Forscher. siert werden sollten – etwa, indem die Politik Anreize für Im Vergleich dazu steht man hierzulande also noch eher die finanzielle Förderung von Innovationsprogrammen am Anfang. «Das allgemeine Interesse an Smart-City-Pro- schaffe. «Allerdings ist eine Smart City keine reine Sache jekten nimmt in der Schweiz zurzeit deutlich zu, jedoch ist von Innovationen», ist er überzeugt. «Wenn die Städte die für die meisten Gemeinden noch unklar, welche Use Cases bereits verfügbaren Lösungen konsequent einsetzen wür- einen lokalen Mehrwert und unmittelbaren Nutzen gene- den, wäre schon viel erreicht.» rieren können. Häufig wissen die Städte nicht, mit welchen Die Direktorin des Städteverbands weist auf eine wei- Schritten sie beginnen sollen und welche Pilotprojekte für tere Dimension der Smart-City-Entwicklung hin: das sie am meisten Sinn machen», findet Carabias-Hütter. So Change Management. «Es ist nicht damit getan, einen ana- erfolge die Umsetzung bisher erst in wenigen Städten und logen Prozess zu digitalisieren. Ein elektronisches Formu- häufig nur versuchsweise. Als Gründe hierfür nennt er un- lar ist nicht automatisch ein besseres Formular. Die Pro- ter anderem fehlende Kenntnisse und Erfahrungen bezüg- zesse dahinter muss man im Zuge der Digitalisierung eben- lich des Zusammenspiels der verschiedenen städtischen falls betrachten – die Chance einer Verwaltungsreform und Handlungsbereiche sowie anstehender Herausforderungen eines neu gestalteten Einbezugs der Bevölkerung sollte un- einer Stadt. Auch mangle es im Gegensatz zu Megacities – bedingt genutzt werden», mahnt Amstutz an. Auch der Um- zumindest im Moment noch – am Handlungsdruck. gang mit der Datenhoheit sei für Städte und Gemeinden noch eine Herausforderung. Wichtig sei daher, dass die Be- Wie weiter? völkerung Vertrauen in die digitalen und smarten Dienst- Die Digitalisierung schreitet mit schnellen Schritten voran, leistungen der Stadt und die Datensicherheit behielten, ins- die Umsetzung erfordert rasches und agiles Handeln der besondere in Zeiten immer neuer und raffinierterer Hacker öffentlichen Hand. Ein wichtiger Aspekt ist für Carabias- angriffe. Auch Benjamin Szemkus von Smart City Hub Swit- Hütter eine gute technologische Grundausstattung, bei- zerland betont, wie wichtig es sei, die Bevölkerung in die spielsweise mit Sensoren, Datenbanken und Software. Erst Smart-City-Entwicklung einzubeziehen. Denn die Digitali- wer über eine solche Grundlage verfüge, könne bestehende sierung ist ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck, um die Prozesse effizienter abwickeln, Informationen innovativ Lebensqulität der Bewohner zu steigern. So stehen auch im kombinieren und neue Prozesse und Dienstleistungen an- Smart City Wheel des Verbands Menschen in der Mitte des bieten. Zudem benötige die Umsetzung einer Smart-City- Rads. Verbesserte Verwaltungsservices werde es insbeson- Initiative ein unterstützendes Innovationssystem, in dem dere durch die verstärkte Teilhabe der Bevölkerung und wei- Akteure wie die Zivilgesellschaft, Stadtverwaltung, Unter- terer Partner geben. «Damit werden unsere Städte nach wie nehmen oder Hochschulen neue Kooperationen eingehen vor eine hohe Lebensqualität haben und die Chance des di- und Netzwerke aufbauen. «Im Rahmen dieser Netzwerke gitalen Wandels vermehrt und punktuell nutzen. Die Schwei- können anschliessend Projekte umgesetzt und Dienstleis- zer Städte werden sich im internationalen Vergleich sicher tungen erbracht werden», sagt der Forscher. Matthias Hanke vom Mittelfeld ins obere Drittel bewegen.»
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