Welpenhandel Millionengeschäft - Tier im Recht

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Welpenhandel Millionengeschäft - Tier im Recht
FOKUS                                                                                                      FOKUS

                                     Millionengeschäft
Welpenhandel
           Nebst Waffen und Drogen gehören Tiere zu den lukrativsten europäischen
           Handelswaren. Einen bedeutenden Teil nimmt der illegale Handel mit
           Welpen ein. Es geht um Gewinne in Millionenhöhe, das Leid der Tiere
           ist dabei immens. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, was die
           Verschärfung der Schweizer Tierschutzverordnung bringt. Und machen
           Sie sich selbst ein Bild über das Elend der Welpen und Hundemütter.

                                                                                                                         Bild: © larstuchel / shutterstock.com
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Welpenhandel Millionengeschäft - Tier im Recht
FOKUS                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    FOKUS

Ware Hund,
wahres Leid
Hundemütter werden als Gebärmaschinen ausgelaugt, Welpen
kommen in desolatem Zustand in den Handel. Das Leid der Tiere ist
unvorstellbar, aber solange die Welpenmafia Millionengewinne
generiert, ist dem zwielichtigen Business kaum Einhalt zu gebieten.
Auch die Schweiz ist davon betroffen. VON REGINA RÖTTGEN

A
        llein im Kanton Zürich wurden ver-        dem Ausland stammenden Tiere illegal im-
        gangenes Jahr in 128 Fällen die ge-       portiert seien, lasse sich nicht sagen. Eine
        setzlichen Vorschriften für den Im-       Kontrolle bei der Registrierung gibt es nicht,
port von Hunden missachtet. 25 der Vierbei-       überkantonale Statistiken fehlen.
ner stammten aus Tollwut-Risikoländern. Auf          Meist stammen die Welpen aus dubiosen
die Tiere wartet ein ungewisses Schicksal:        Orten. Sie kommen aus verdächtigen Hinter-
Entweder muss ein Hund für 120 Tage in            hof- oder Massenzuchten in der Tschechi-
Quarantäne oder ins Ursprungsland zurück –        schen Republik, Ungarn, Polen, Rumänien
beides auf Kosten des Besitzers. Möchte die-      oder der Slowakei. Auf engstem Raum in bis
ser lieber nicht zahlen, wird der Vierbeiner      auf die Wände mit Urin und Kot verdreckten,
eingeschläfert. So wie 2017 in neun Fällen in     dunklen Ställen und Kellern sind dort Mut-
Zürich geschehen.                                 tertiere und Welpen eingepfercht. Als Futter
   Einzelfälle? «Keineswegs», meint Lucia         dienen verschimmelte Essensabfälle. Impfun-
Oeschger von der Tierschutzorganisation Vier      gen und veterinärmedizinische Versorgung
Pfoten. «Der Trend, sich einen Hund aus dem       gibt es nicht, denn diese kosten Geld.
Ausland zu beschaffen, steigt stetig. Insbeson-
dere bei Rassewelpen boomt der Handel in          Laufen können sie meist nicht mehr
der Schweiz.» Zwar gebe es seriöse Züchter        Die Hündinnen fristen ein Leben als Wurf-
im Ausland, die ihre Welpen legal in die          maschinen: Mit drei bis fünf Wochen werden
Schweiz verkaufen. In Anbetracht der Zahlen-      die Welpen verkauft, damit ihre Mütter durch
divergenz bei Neuregistrierungen wird aller-      Medikamente in neue Läufigkeit versetzt und
dings schnell deutlich, dass diese die Nach-      gedeckt werden können. Drei Würfe pro Jahr
frage nicht decken können. «Rund die Hälfte       sind so möglich, faustgrosse Gesäugetumore
der jährlich neu in der Hundedatenbank Ami-       schon in jungen Jahren die Regel. Sind die
cus registrierten Hunde stammt nicht aus der      Hündinnen körperlich wie seelisch am Ende,
Schweiz», sagt Stefan Kunfermann vom Bun-         werden sie getötet oder ausgesetzt. Laufen
desamt für Lebensmittelsicherheit und Vete-       können sie meist nicht mehr, zu lange haben                                                                                         Welpen warten auf ein neues Zuhause mit mehr Sozialkontakten und weniger Papierschnipseln.
rinärwesen. Wie viele der circa 25 000 aus        sie ohne Bewegung auf wenigen Quadratme-
                                                  tern gehaust.
                                                     Die Welpen erwartet ebenfalls ein grausa-      die Fahrer die nötigen Einfuhrgenehmigun-                                         Welpen unter die Würfe der dortigen Mutter-      Tiere sind geschwächt, von Würmern und         Texte mit schönen Bildern wecken bei ihr
                                                  mes Schicksal. Zwei Tage vor dem Transport        gen, noch sind die Tiere vorschriftsgemäss                                        hündinnen gemischt werden. In Belgien ein-       Krankheiten geplagt, sodass es schnell gehen   umgehend Zweifel: «Decken mit Herzen oder
UMFRAGE                                           werden die Kleinen mit Antibiotika und Auf-       gegen Tollwut geimpft. Die Transporte zu                                          getroffen, erhalten die Welpen neue Papiere      muss. Wöchentlich kommt «lebender Nach-        Sternchen sind typisch. Angepriesen werden
                                                  putschmitteln aufgepäppelt, damit sie den         schnappen ist schwierig, da Grenzkontrollen                                       und eventuelle Mikrochips werden durch           schub», der Verkauf läuft pausenlos.           die Welpen als liebevoll in der Familie aufge-
Worauf achten Sie beim                            Transport überhaupt überleben. Verkauft           nur stichprobenartig durchgeführt werden.                                         hiesige ausgetauscht. Die eigentliche Herkunft                                                  zogen, stubenrein, gut sozialisiert, zückersüss
Welpenkauf?                                       werden die Tiere meist für 20 bis 80 Euro bar     Zudem sind Strafen im Vergleich zum Gewinn                                        der Welpen ist nicht mehr nachvollziehbar.       Dubiose Parkplätze als Verkaufsort             und mit Alltagsgeräuschen vertraut», sagt die
                                                  auf die Hand. «Ladenhüter» werden ertränkt        gering: Bis zu 3000 Euro pro Fahrt verdienen                                         Das Netz der Händler, die mit den Welpen      Dass die Hunde aus zweifelhaften Quellen       Tierschützerin.
> Dass der Anbieter seriös ist – das             oder – wie ein Aussteiger berichtete – in Polen   die Transporteure laut besagtem Insider.                                          aus Belgien oder direkt aus Osteuropa belie-     stammen, ist für den Käufer nicht zu erken-       Die Plattform Anibis, auf der neben
   ist mir am wichtigsten.                        auch mal in den Schredder geworfen. Für alle         Auch in Holland und Belgien produzieren                                        fert werden, erstreckt sich über ganz Europa.    nen. Die Zeiten, als schlechte Sprache und     tutti.ch die meisten Tiere im Schweizer
> Dass ich den Hund an der Zucht­                anderen geht es im Kofferraum oder im Trans-      über 600 Betriebe mit jeweils bis zu 1200 Hun-                                    «Auch in der Schweiz gibt es solche Mittels-     Dumping-Preise dubiöse Verkäufer preisga-      Onlinemarkt angeboten werden, verlangt seit
   stätte sehen und abholen kann.                 porter ohne Futter und Wasser ab in das           den legal Nachwuchs. Die beiden Länder                                            männer», warnt Lucia Oeschger. Vier Pfoten       ben, sind vorbei. Auch die Preise von 1200     Längerem die Angabe des Mikrochips bei
                                                                                                                                                     Bilder und Grafik: Vier Pfoten

> Ich vermeide es, Tiere                         Abnehmerland. Bis zu 50 Tiere pro Fahrt sind      haben sich zum führenden Umschlagsplatz                                           seien Importeure bekannt, die über bestimm-      bis 2000 Franken geben keinen Hinweis auf      Hundeinseraten. Eine sinnvolle, wenn auch
   übers Internet zu kaufen.                      die Regel.                                        entwickelt. Die Nachfrage an Welpen in Euro-                                      te Schweizer Familien Welpen verkauft hät-       die Herkunft der Welpen. Gefälschte Impf-      gesetzlich noch nicht verankerte Massnahme.
                                                     Zwei Drittel aller illegalen Welpentrans-      pa ist aber so gross, dass legal mit Importge-                                    ten. Meist werden die Welpen übers Internet      pässe und oft sogar Ahnentafeln gibt es        Denn grundsätzlich dürfen nur gechippte
       Stimmen Sie ab:                            porte gehen laut Deutschem Tierschutzbund         nehmigung aus osteuropäischen Ländern                                             angeboten. Betroffen sind mittlerweile alle      inklusive. Oeschger erkennt unseriöse Händ-    Hunde aus dem Ausland eingeführt werden.
       www.tierwelt.ch                            nach oder über Deutschland. Weder haben           massig zugekauft wird, und die zugekauften                                        Rassen, selbst Mischlinge sind darunter. Die     ler trotzdem auf den ersten Blick. Blumige     Für den Käufer kann die Kontrolle der Chip-

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FOKUS

nummer über die Website von Europetnet         sich um eine Übergabe an Raststätten oder       Seit dem 1. März dürfen Online-Hundehänd-
eindeutige Hinweise auf die Herkunft des       Parkplätzen im grenznahen Ausland han-          ler hierzulande nur noch unter Angabe ihres
Tieres liefern: «Chips dürfen bei uns nur      delt.» Denn: Parkplatzverkäufe sind in der      echten Namens und ihrer Adresse Hunde
durch zugelassene Tierärzte implantiert wer-   Schweiz verboten. Zudem umgeht der Ver-         verkaufen (siehe Seite 18). Auch die Online-
den. Den kann man kontaktieren und im          käufer so die unrechtmässige Einfuhr in die     Plattformen werden in die Pflicht genommen;
Rahmen des Datenschutzes Informationen         Schweiz und wälzt die rechtlichen Risiken des   sie müssen sicherstellen, dass die Angaben
über den Welpen einholen», sagt Oeschger.      illegalen Imports auf den Käufer ab.            der Verkäufer vollständig sind.
   Handle es sich um eine ausländische Chip-       Möglich waren solche Verkäufe bisher auf-
nummer oder sei das Alter des Tieres unkor-    grund mangelhafter Regelungen und der           Literaturtipp:
rekt, dann rät Oeschger zur äussersten Vor-    Anonymität von Verkäufern auf Onlineplatt-      Christopher Posch, Gerda Melchior, Volker
sicht. Zudem sind die Welpen laut Anzeigen-    formen. Der Bundesrat hat mittlerweile die      Schütz, «Die Welpenmafia – Wenn Hunde
text oft in der Schweiz. «Erst bei             Notwendigkeit erkannt, etwas gegen den          nur noch Ware sind», Hansanord Verlag,
Kontaktaufnahme stellt sich heraus, dass es    anonymen Welpenhandel zu unternehmen.           ISBN: 978-3-940873-44-6, ca. Fr. 34.–

Die Welpen fristen ein übles Dasein in dreckigen, engen Ställen
Osteuropas (auf der Karte rot markiert). Die Handelswege
erstrecken sich über Europa bis in einige arabische Staaten.

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FOKUS

Zu schwach und ausgetrocknet
         Nachdem Julika Fitzi die kleine Hela erhielt, begann ein Wettlauf gegen die Zeit.
         Die Tierärztin konnte dem Chihuahua nicht mehr helfen, zu krank war er. Hela wurde
         sechs Wochen alt. Ein Schicksal, das viele Importwelpen erleiden. VON REGINA RÖTTGEN

D
         er Chihuahua-Welpe Hela wurde            auf den Impfpass darf man sich nicht verlas-    wir impfen, werden gleich mitgezüchtet», sagt
         grenznah auf deutschem Boden von         sen, der kann samt Impfkleberli gefälscht       Fitzi. Durch Stress bei der viel zu frühen Tren-
         Händler Norbert Kuzma an die Vete-       sein», warnt Fitzi. Bei der Übergabe sind die   nung von der Mutter und dem anstrengenden
rinärin Julika Fitzi übergeben. Es war der        künftigen Halter meist ahnungslos. «Nur Tier-   Transport, bei dem die Welpen auf kleinstem
dritte Chihuahua-Welpe des slowakischen           ärzte können in der Regel die Anzeichen         Raum zusammengepfercht sind, sacke das
Händlers, den Fitzi zu retten versuchte. Zuvor    schwerer Krankheit erkennen.» Oft wird          Immunsystem zusammen. Krankheiten kön-
hatte eine Tierhalterin ihren kranken             somit die Freude über den Familienzuwachs       nen plötzlich ausbrechen oder der Hund stirbt
Chi­huahua-Welpen Gioia in Fitzis Tierarztpra-    zur kostspieligen Trauer. Der niedliche Welpe   an einer bakteriellen Infektion. Wie Hela sind
xis in der Nähe von St. Gallen gebracht. Jede     entpuppt sich als schwer traumatisiert und      die Welpen in derart katastrophalem Gesund-
Hilfe kam zu spät. Die Besitzerin hielt es für    todkrank.                                       heitszustand, dass ihnen selbst ein Tierarzt
einen tragischen Zufall und kaufte beim glei-        Welpen wie Hela stammen meist aus ost-       nicht mehr helfen kann.
chen Händler – ganz seriös mit Internetauf-       europäischen Massenproduktionen. «Alle
tritt – einen weiteren Welpen. Als auch Josie     potenziell tödlichen Krankheiten, gegen die     Folgen der Inzucht, Qualen ohne Ende
wenige Tage später schwächelte, kam sie wie-                                                      Das pathologische Institut des Tierspitals Zü-
der zu Fitzi. Trotz intensiver Behandlung starb                                                   rich untersuchte Helas Todesursache. Bereits
auch dieser Welpe innert weniger Tage.                                                                  zum Zeitpunkt der Übergabe war sie laut
    Daraufhin wagte die Tierärztin einen                                                                    Bericht todkrank; Durchfall, Brust-
mutigen Schritt: Sie gab sich als                                                                               fellentzündung und eine eitrige
fingierte Käuferin bei Kuzma aus                                                                                     Lungenentzündung:           So
und fuhr in Begleitung eines                                                                                          konnte der Chihuahua-
TV-Teams zur Übergabe über                                                                                              Welpe nicht überleben.
die Grenze. Als sie Kuzma den                                                                                           Virale Krankheiten , die sie
kleinen weissen Chihuahua aus                                                                                           zudem noch hatte, konn-
den Händen nahm, konnte dieser                                                                                         ten nicht mehr nachgewie-
kaum mehr die Augen offen halten,                                                                                     sen werden. «Hela hatte
so schlecht ging es ihm bereits. Hela                                                                                selbst für einfache Bluttests
starb Fitzi förmlich unter den Fingern weg.                                                                        nicht mehr ausreichend Blut
                                                                                                                   im Körper», sagt Fitzi.
Krankheiten gleich mitgezüchtet                                                                         Nur wenige Welpen überleben – sehr oft
Zehn Jahre sind seitdem vergangen.                                                                    jedoch mit Folgeschäden. «Welpen aus
Ebenso lange arbeitet Fitzi heute beim                                                                Produktionsstätten sind prädestiniert für
Schweizerischen Tierschutz. Der qual-                                                                ewiges Leiden. Denn die meisten dieser
volle Handel mit Welpen wie Hela hat                                                                  Krankheiten kann man nicht komplett
jedoch nicht abgenommen. Im Gegen-                                                                     heilen; sie verursachen oft lebenslangen
teil: «Wöchentlich gelangen rund                                                                       chronischen Durchfall oder ziehen All-
400 Welpen legal oder illegal über die                                                                 ergien nach sich», sagt Fitzi. Doch nicht
Schweizer Grenzen», sagt die Tierärz-                                                                 genug: Nach ein bis zwei Jahren offenba-
tin und Juristin. Die Händler würden                                                                  ren sich Probleme der Extrem- und
mit solch raffinierten Methoden arbei-                                                                Inzucht. Daher rät Fitzi: «Käufer sollten
ten, dass Welpen in schlechtem                                                                       sich unbedingt den Hund vor dem Kauf
Gesundheitszustand mittlerweile zur                                                                  und in der Zucht anschauen.»
traurigen Routine von Tierärzten
gehören, sagt sie. Bei Modehunden
wie dem Chihuahua sei das Problem
gravierend.
   Die meisten Hunde werden
                                                                                                                                                       Bild: © Scorpp / shutterstock.com

über das Internet ver- und ge-
kauft. Vielfach stehen unkorrek-
te Angaben dabei. Die Doku-                                                                                            Für Laien schwer erkenn-
mente suggerieren dem                                                                                                  bar: Welpen aus illegaler
Käufer, dass alles in                                                                                                  Zucht sind gesundheit-
Ordnung sei. «Sogar                                                                                                    lich meist angeschlagen.

16   TIERWELT 35 | 30. AUGUST 2018
Welpenhandel Millionengeschäft - Tier im Recht
FOKUS                                                                                                                                                                                                                                                                FOKUS

Was das verschärfte
                                                                                                                                                                      «NUR SINKENDE NACHFRAGE KANN IMPORT MINIMIEREN»
                                                                                                                                                                      «Es ist erfreulich, dass alle Anbieter jetzt ihre Adresse angeben müssen. SKG- / FCI-Züchter
                                                                                                                                                                      haben damit keine Probleme, denn sie sind ohnehin bei ihrem Rassenklub als Züchter
                                                                                                                                                                      aufgelistet. Die meisten haben zudem ihre eigenen Homepages. Um das Problem der illegal

Gesetz bringt                                                                                                                                                         importierten Welpen in den Griff zu bekommen, reicht die Gesetzesänderung jedoch leider
                                                                                                                                                                      nicht aus, denn es ist einfach, eine Kontaktperson mit Schweizer Adresse und Schweizer
                                                                                                                                                                      Telefonnummer anzugeben, insbesondere, wenn die Angaben nicht überprüft werden.
                                                                                                                                                                      Der illegale Import kann nur durch sinkende Nachfrage minimiert werden.»

Seit März gilt: Hundeverkäufer müssen ihre Identität preisgeben. Damit soll                                                                                           Yvonne Jaussi Schweizerische Kynologische Gesellschaft SKG
dem illegalen Handel ein Riegel vorgeschoben werden. Wie Expertinnen aus
Zuchtverbänden, Bundesamt, Veterinärmedizin und Tierschutz die Wirkung
der Gesetzesverschärfung beurteilen. VON REGINA RÖTTGEN
                                                                                                                                               «CHIPNUMMER MUSS ANGEGEBEN WERDEN»

S
      eit Hundeanbieter in der Schweiz ihren        Als weitere Massnahmen könnte eine Ve-
      echten Namen samt Adresse und das         rifizierungspflicht der Verkäuferangaben                                                       «Generell stellen wir eine positive Entwicklung fest: Einige Online-Plattformen haben die
      Herkunftsland des Tieres angeben müs-     seitens der Plattformen möglichen Falsch­                                                      Kategorien ‹Hunde› oder ‹Tiere› komplett abgeschafft. Bei anderen scheint die Anzahl
sen, haben es Händler von illegalen Welpen      angaben zuvorkommen. Zudem könnte eine                                                         der Hundeinserate gesunken zu sein. Dies zeigt, dass viele dubiose Welpen­verkäufer sich
aus dubiosen Quellen schwerer. Doch in der      Pflicht zur Angabe der Chipnummer insbe-                                                       davor scheuen, ihren Namen preiszugeben. Gut ist, dass Internetplattformen nun in die
Praxis gibt es noch Unklarheiten zu Umset-      sondere dem Käufer die Kontrolle des Hun-                                                      Pflicht genommen werden, die Vollständigkeit der Angaben sämtlicher Hunde-Anbieter
zung und Kontrolle der Verordnungsände-         des erleichtern. Denn es gilt weiterhin: Die                                                   sicherzustellen – allerdings nur ‹mit angemessenen Mitteln›. Wir halten eine wasserdichte
rung. Zwar liegt der Vollzug bei den kanto-     Hundekäuferinnen und -käufer sind gefor-                                                       Verifizierung dieser Angaben, zum Beispiel via Überprüfung von Kreditkartenangaben,
nalen Veterinärbehörden, derzeit scheinen       dert. Zwei Websites vermitteln wertvolle                                                       und eine Pflicht zur Angabe der Chipnummer für dringend nötig.»
jedoch vor allem nicht staatliche Tierschutz-   Informationen:
Organisationen die Umsetzung der Regulie-                                                                                                      Lucia Oeschger Tierschutzorganisation Vier Pfoten
rungen zu überprüfen. Um den skrupellosen       www.hundekauf.ch
Welpenhandel komplett zu unterbinden,           www.europetnet.com (Hier kann die
reichen diese aber nicht aus.                   Chipnummer des Hundes überprüft werden)

                                     «DIE HAUPTVERANTWORTUNG BLEIBT BEI DEN KÄUFERN»                                                                                  «BESTIMMUNGEN AUF ALLE TIERE AUSWEITEN»
                                     «Die neue Gesetzesgrundlage erlaubt den Internetplattformen oder Zeitschriften eine                                              «Die Neuregelung ist zwar ein guter Anfang, allerdings werden gerade beim illegalen
                                     Handhabung zur Auswahl seriöser Inserate. Seit der Inkraftsetzung scheint es deutlich                                            Tierhandel oft falsche Angaben in Bezug auf Adresse und Herkunft der Tiere gemacht. Daher
                                     weniger Inserate zu geben. Allerdings haben wir keine Zahlen. Werden unrechtmässige                                              wäre es zwingend notwendig, die Richtigkeit der gemachten Angaben zu überprüfen. Leider
                                     Inserate entdeckt oder falsche Angaben in Inseraten vermutet, muss das direkt den                                                wurde die Anwendbarkeit der Bestimmung auf Hunde beschränkt. Diese sollte unbedingt
                                     betreffenden Plattformen / Zeitschriften gemeldet werden. Bei Wiederholung werden diese                                          auf sämtliche Tiere ausgeweitet werden. Denn auch der immer stärker wachsende Handel
                                     Anbieter blockiert oder können strafrechtlich verfolgt werden. Dies alleine reicht jedoch                                        mit exotischen Tieren und Katzen stellt aus Tierschutzsicht ein Problem dar. Viele Betreiber
                                     nicht aus, um das Problem zu lösen. Die Hauptverantwortung bleibt bei den Käufern.»                                              von Inserateplattformen sind allerdings um Verbesserungen bemüht und informieren sich
                                                                                                                                                                      bei unserem Rechtsauskunftsdienst über die gesetzliche Regelung.»
                                     Eva van Beek Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV
                                                                                                                                                                      Bianca Körner Stiftung für das Tier im Recht

           «WENDEN SIE SICH AN IHREN TIERARZT»                                                                                                 «WERBUNG MIT HUNDEN IST PROBLEMATISCH»
           «Es gibt immer noch viel Betrug bei Tierverkäufen per Anzeigenportale im Internet.                                                  «Die Neuregelung ist zwar ein Fortschritt, Händler von illegalen Tieren finden aber leider
           Wir hatten bereits einen Hund mit falschen Angaben. Unter anderem war das Herkunftsland                                             immer wieder ein ‹offenes Türli›. Leider ist auch die Werbung mit Hunden problematisch.
           nicht wie angegeben die Schweiz, sondern Bulgarien. Auch die angegebene Chip-Nummer                                                 Sie ist eine Art Bumerang für unsere Rasse. So werden zum Beispiel oft Bullys in Fehlfarben
           war nicht korrekt. Die Meldung solcher Inserate hilft zwar dem neuen Halter nichts, ist                                             wie Blau und Silber abgebildet. Einen solchen Hund werden sie bei unseren Züchtern
           aber ein deutlicher Hinweis auf Betrug und kann zur Verurteilung dieser Verkäufer führen.                                           natürlich nicht finden – der potenzielle Käufer aber schaut erneut im Internet nach seinem
           Deshalb ist es wichtig, dass neue Besitzer sich zum Beispiel an ihren Tierarzt wenden,                                              Traumhund. Bei Problemen werden wir anschliessend wieder um Hilfe gebeten, um ihn als
           sollten sie eine entsprechende Situation erleben.»                                                                                  Notbully zu platzieren. So schliesst sich der Kreis leider wieder zum Nachteil der Rasse.»
                                                                                                                                 Bilder: zVg

           Marie Müller-Klauser Schweizerische Vereinigung für Kleintiermedizin                                                                Gaby Heimann Vizepräsidentin des Schweizerischen Klubs für Französische Bulldoggen

18   TIERWELT 35 | 30. AUGUST 2018                                                                                                                                                                                                           TIERWELT 35 | 30. AUGUST 2018   19
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