"Der Winter wird heiß" - Berlins Anarchoszene rüstet auf: 111 Autos brannten dieses Jahr aus, jüngst gab es sogar Straßenkämpfe im ...

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"Der Winter wird heiß" - Berlins Anarchoszene rüstet auf: 111 Autos brannten dieses Jahr aus, jüngst gab es sogar Straßenkämpfe im ...
Deutschland

                                                              PROTESTE

                         „Der Winter wird heiß“
         Berlins Anarchoszene rüstet auf: 111 Autos brannten dieses Jahr aus, jüngst gab es sogar
           Straßenkämpfe im Glamourstadtteil Mitte. Nun droht ausgerechnet dem bekannten
       linken Kultprojekt „Köpi“ die Räumung. Die Polizei fürchtet Krawalle wie in Kopenhagen.

S
      ie saßen zusammen wie in jeder Wo-      Hausbesetzer-Metropole. Selbst zum Post-                      katen besonders präsent, einige junge Sym-
      che, doch die Stimmung war anders       kartenmotiv hat es das Haus gebracht,                         pathisanten hatten sich gar mit Helm und
      als sonst: nervös, angespannt, aber     dank eines in riesigen weißen Lettern auf                     Schild als „Köpi-Ritter“ verkleidet.
auch ein bisschen aufgekratzt. „Wie nach      die Außenwand gepinselten Slogans: „Die                          So aktuell wie jetzt war der Köpi-Slogan
einer Schlacht“, sagt einer, der am vorver-   Grenze verläuft nicht zwischen den Völ-                       nie. Freiräume verteidigen, das heißt seit
gangenen Wochenende dabei war.                kern, sondern zwischen oben und unten.“                       dem Frühjahr ganz konkret: Räumung
   Das Bild ist nicht weit hergeholt. Neun       Rein bautechnisch ist die Köpi ein Hin-                    verhindern. Denn bei einer Zwangsver-
Autos brannten in jener Nacht und viele       terhaus aus der vorletzten Jahrhundert-                       steigerung im Mai ging die Köpi samt
Müllcontainer. Es gab ein Riesenpolizei-      wende samt zweier Seitenflügel und von                        zweier benachbarter Grundstücke unter
aufgebot und mehr als 50 Festnahmen, die      außen betrachtet in einem erbarmungs-                         dubiosen Umständen an einen noch du-
„Bild“ sprach schon vom „Chaoten-Krieg“       würdigen Zustand. Direkt daneben liegt                        bioseren Käufer.
mitten im Szenestadtteil Berlin-Mitte.        der „Köpiwagenplatz“, mit Wohnwagen                              Im Landeskriminalamt registrieren die
   Bei der Demonstration, über die das        und Zelten. Für die Bewohner und die                          Beamten seither, dass die Berliner
bunte Plenum am Tag danach Manöver-           große Sympathisantenszene ist der Bau al-                     Anarchoszene zur Abwehrschlacht rüstet.
kritik abhielt, ging es um „autonome          lerdings weitaus mehr – er ist ein Symbol,                    Im Laufe des Jahres brannten in der
Freiräume“. Sie richtete sich gegen den       eine Art Rest-Refugium für alternative Le-                    Hauptstadt schon 111 Autos, vom Mini bis
Siegeszug des Kapitalismus („Smash Capi-      bensentwürfe. Die Gemeinschaft funktio-                       zur Nobellimousine – oft sind es Firmen-
talism“), der sogar die bettelarme Haupt-     niert selbstverwaltet, das sonntägliche Ple-                  fahrzeuge, von Siemens etwa oder der
stadt verändert – langsam, aber sichtbar,     num ist die zentrale Instanz. Nur Bewohner                    Bahn. Der Staatschutz ermittelt, die Täter,
besonders in Mitte und Prenzlauer Berg.       dürfen teilnehmen sowie Delegierte der                        daran hat dort niemand Zweifel, kommen
   Die vertrauliche Runde tagte nicht ir-     zahlreichen Kultur- und Kneipenprojekte,                      aus dem linksextremistischen Milieu.
gendwo, man saß im Versammlungsraum           die in der Köpi Unterschlupf gefunden ha-                        Seit der Randale-Nacht von Mitte macht
„Aquarium“ in der Köpenicker Straße 137       ben und das Areal beleben; Fremde haben                       in Berliner Sicherheitskreisen düster das
zusammen – also mitten in einem jener         keinen Zutritt, Handys sind nicht erlaubt –                   Menetekel „Dänemark“ die Runde: In Ko-
selbstdefinierten Freiräume, um die es in     aus Angst vor Lauschern vom Staatsschutz.                     penhagen war es im Dezember 2006 und im
der Krawallnacht ging. In der Hauptstadt         Am Tag nach der Schlacht gab es aus ge-                    darauffolgenden März wegen der Räumung
und weit darüber hinaus ist das Areal nur     gebenem Anlass eine Art Zählappell, den                       des linken Jugendzentrums Ungdomshuset
als „Köpi“ bekannt. Die Köpi, das war 1990    Test also, ob auch Köpi-Leute unter den                       zu Krawallen und Barrikadenkämpfen ge-
eines der ersten besetzten Häuser im Osten    Verhafteten waren. Ergebnis: offenbar nicht.                  kommen – unter den vielen Festgenomme-
der Stadt; inzwischen ist es das wichtigste   Die Demo wurde also als Erfolg gewertet.                      nen waren auch zahlreiche eigens angereis-
linke Wohnprojekt in der ehemaligen           Der Slogan „Köpi bleibt“ war auf den Pla-                     te Angehörige der Berliner Szene. Mit der
                                                                                                            Demo vom vorvergangenen Wochenende
                                                                                                            beging die den ersten Jahrestag.
                                                                                                               Die Furcht vor dänischen Verhältnissen
                                                                                                            ist begründet, denn seit ein paar Tagen la-
                                                                                                            den die Berliner europaweit Gesinnungs-
                                                                                                            genossen zum Gegenbesuch: Rund um den
                                                                                                            31. Mai des kommenden Jahres soll es eine
                                                                                                            „Aktionswoche“ samt „Straßenfest“ an
                                                                                                            der Köpi geben.
                                                                                                               Auch dieses Datum ist kein Zufall, denn
                                                                                                            an diesem Tag, so wünscht es der neue Ei-
                                                                                                            gentümer, soll ihm das Haus übergeben
                                                                                                            werden – geräumt, besenrein, samt aller
                                                                                                            Schlüssel. Im Mai war der vermeintliche
                                                                                                            Investor vor dem Amtsgericht Mitte erst-
                                                                                                            mals öffentlich in Erscheinung getreten,
                                                                                                            pünktlich zum Versteigerungstermin. Der
                                                                                                            großgewachsene Mann mit der auffallen-
                                                                                                            den frontalen Zahnlücke kam mit Leib-
                                                                                                            wächtern und stellte sich der Rechtspflege-
                                                                                                            rin als Besnik Fichtner vor, Geschäftsführer
                                                                                             SUEDRAUMFOTO

                                                                                                            einer Gesellschaft mit dem phantasievollen
                                                                                                            Namen „Plutonium 114“.
                                                                                                               Alles Gejohle, alle Einschüchterungs-
Autonomen-Demonstration in Berlin-Mitte: „Köpi bleibt Risikokapital“                                        und Störversuche der rund 70 Köpianer,
54                                                  d e r   s p i e g e l   5 1 / 2 0 0 7
"Der Winter wird heiß" - Berlins Anarchoszene rüstet auf: 111 Autos brannten dieses Jahr aus, jüngst gab es sogar Straßenkämpfe im ...
MAURICE WEISS

                Köpi-Aktivisten: „Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten“

                die es bis in das Gericht geschafft hatten,     männer, wieder andere betreuen die pro-         Oran
                                                                                                                            ienbu
                beeindruckten den ehemaligen Fliesenle-         fessionell gemachte Internet-Seite.                              rger
                                                                                                                                        Str.

                                                                                                               Friedrichs
                ger aus dem Kosovo wenig. Am Ende ging             Beim Ortstermin im „AKZ“, dem „aso-                                                Alexander- Ka
                                                                                                                                                                    rl-M
                                                                                                                                                         platz           arx-
                das Areal für 835 000 Euro an die von           zialen Kulturzentrum“ im Köpi-Keller, sind                                                                    Alle
                                                                                                                                                                                   e
                ihm vertretene Firma. Das ist gerade mal        alle ganz friedlich, ja mild gestimmt. De-

                                                                                                                  tr.
                                                                                                                            Lind e        n
                die Hälfte des Verkehrswerts, also ein          mian ist da, ein sympathischer 29-Jähriger        Unter den
                Schnäppchen. Auch die beiden benach-            mit raspelkurzen Haaren, er ist einer der                                                     Spree
                barten Grundstücke sicherte er sich, für        PR-Beauftragten. Und natürlich ist auch

                                                                                                                                                                       tr.
                zusammen 900 000 Euro.                          „Blase“ gekommen, der mit seinen wal-

                                                                                                                                                                      ne-S
                   In den Kündigungsschreiben, die seit         lenden weißen Haaren und dem Vollbart                          r Str.
                                                                                                                   Leipzige

                                                                                                                                                                  -Hei
                kurzem am grünen Brett im Köpi-Haus-            schon optisch wie der Häuptling der Kö-

                                                                                                                                                                rich
                flur hängen, ist von Plutonium nicht mehr       pianer wirkt, er könnte gut Demians                         Kochstr.           Oran

                                                                                                                                                               Hein
                die Rede, dafür schreibt eine „Joles            Großvater sein. Blase heißt eigentlich Pe-                                         iens
                                                                                                                                                        tr.                  Köpenicker
                GmbH“ mit Sitz in der Kosovo-Metropole          ter Rösch, in der DDR war er ein mutiger                     500 m                                           Str. 137
                Pristina. „Nach Räumung aller noch von          Oppositioneller, und im Prinzip ist er sich
                Mietern innegehaltener Wohnungen“,              und seinem obrigkeitskritischen Kurs treu
                heißt es dort, werde „mit den baulichen         geblieben. Er wohnt nicht im Gebäude,          politischer. Seinen Kampf für die Köpi
                Maßnahmen“ begonnen. Bauliche Maß-              aber in einem anderen, ehemals besetzten       führte er lange in „Rundtischgesprächen“
                nahmen, das ist allen klar, heißt Abriss.       Haus in der Nähe. Die Köpi, das ist sein       mit dem Bezirksbürgermeister und Se-
                   Aus Sicht der Alternativen ist das Schrei-   großes Thema, seine Aufgabe, die er im         natsvertretern. In den Umbruchzeiten An-
                ben eine einzige Provokation, eine Kampf-       Unterschied zu anderen friedlich lösen will.   fang der neunziger Jahre erstritten Blase
                ansage. Für sie hat sich der Slogan auf ih-        Demian und Blase versuchen im fens-         und seine Freunde Mietverträge, auf die
                rer eigenen Hauswand, oben gegen unten,         terlosen Keller mit Tresen zu erklären,        sie bis heute pochen. Als ein Investor an-
                mal wieder bestätigt; Autonome gegen            wofür sie kämpfen, was die Köpi für sie        fing, direkt an den Köpi-Mauern ein Al-
                Spekulanten, die Schlachtordnung ist klar.      ausmacht: Neben dem „AKZ“ gibt es mit          tenpflegeheim hochzuziehen und dabei
                An der Fassade des Köpi-Haupthauses flat-       dem „Koma F“ eine Cocktailbar, die auch        den legendären Oben/unten-Schriftzug zu-
                tern jetzt schwarze Fahnen. „Der Winter         für Konzerte genutzt wird. Es gibt einen       baute, musste er sich verpflichten, den Slo-
                wird heiß“ steht drauf, und: „Köpi bleibt       mit Matratzen ausgelegten Kletterraum,         gan am Altenheim anzubringen – in adä-
                Risikokapital“.                                 eine Metallwerkstatt und eine Siebdrucke-      quater Größe.
                   Solidaritätsbekundungen gibt es inzwi-       rei, und in der Sporthalle trainiert der          Für einen weniger moderaten Kampf-
                schen bundesweit, auf Demo-Plakaten, an         „Köpi Fight Club“ Kampfsportarten.             kurs der Köpianer könnte der wasserstoff-
                Hauswänden oder im Internet. Die neue              In der DDR beherbergte der Komplex          blonde Frank stehen: Er hat das Haus in der
                Berliner Shopping-Mall „Alexa“ hatte erst       unter anderem Kegelvereine und einen           Wendezeit mit ausgesucht, kann sich gut
                ein paar Minuten ihre Tore geöffnet, da         Tischtennisclub; über der Tür prangt noch      erinnern an jenen Freitag im Februar 1990,
                prangten schon die ersten „Köpi bleibt“-        der Schriftzug „Weiter auf dem Weg des         als er mit der ersten Vorhut einstieg, noch
                Graffiti an den Wänden.                         Sozialismus“. Aus Sicht von Demian und         bevor die letzten Mieter und Sportclubs
                   Für ihren Kampf haben sich die Köpi-         Blase ist das Haus inzwischen wirklich         das Haus verlassen hatten. Frank war dabei,
                Bewohner viel einfallen lassen: Eine Grup-      Volkseigentum. Der Köpi-PR-Mann spricht        als drei Bergsteiger sich an der Hauswand
                pe hat die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit    von „gelebter Utopie“, einer alternativen      abseilten und den berühmten Schriftzug
                übernommen, eine recherchiert über den          Form des Zusammenlebens jenseits der           aufmalten – den Spruch hatte das Plenum
                mysteriösen Käufer und dessen Hinter-           Kleinfamilie. Blase sieht die Sache deutlich   ausgewählt, damals schon. Frank wurde in
                                                                      d e r   s p i e g e l   5 1 / 2 0 0 7                                                                            55
"Der Winter wird heiß" - Berlins Anarchoszene rüstet auf: 111 Autos brannten dieses Jahr aus, jüngst gab es sogar Straßenkämpfe im ...
Deutschland

seiner Köpi-Zeit Vater und feierte dort die    erfahrenen Anwalt; ihr Rechercheteam                                        „im Hinblick auf ihre charmanten Nut-
Kindergeburtstage seiner Tochter, bis sie      holte Erkundigungen bei Behörden und                                        zungsmöglichkeiten durch Mischnutzun-
zehn wurde. Dann zog er aus, aber nie          Gerichten ein, besorgte sich Handelsregis-                                  gen von Wohnen und Gewerbe zuneh-
richtig weg. Frank ist heute Vereinsvor-       terauszüge über das Nehls-Imperium. Es                                      mend an Bedeutung gewinnen werden“.
sitzender, er gehört zum engsten Unter-        dauerte nicht lange, und der wirkliche                                         Auch zu den Gründen für die abstruse
stützerkreis und ist praktisch bei jeder       Neu-Eigentümer war enttarnt.                                                Plutonium-Joles-Vitalis-Kaufkonstruktion
Aktion dabei.                                     Schon eine Woche nach der Versteige-                                     wird Position bezogen: „Eine Auflösung
   Es gibt in der Köpi mehrere Fraktionen,     rung stand eine Köpi-Abordnung in einem                                     dieses Zentrums stellt auch aus Sicht des
die sich durch die Haltung zur Gewaltfra-      Berliner Vorort bei den Eltern von Siegfried                                Landeskriminalamts eine nicht unerhebli-
ge unterscheiden. Ein starker Flügel ist der   Nehls im Vorgarten. Nehls’ Vater zeigte sich                                che Gefährdung dar.“ Trotz der Abwick-
Meinung, dass die Köpi nur so lange über-      offen, bat sogar eine Delegation ins Haus,                                  lung über den Treuhänder „wurden unser
lebt hat, weil ihre Bewohner als unbere-       doch der Bruder rief die Polizei. Mehrere                                   Büro sowie Beschäftigte und Familienan-
chenbar gelten. Im Internet jedenfalls wird    der ungebetenen Besucher kassierten eine                                    gehörige des Geschäftsführers persönlich
für den Fall der Räumung schon unver-          Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und                                        bedroht“. Sogar über die geplante Nut-
hohlen gedroht: „Wenn Fichtner meint, das      wurden sogar kurzzeitig festgenommen.                                       zung gibt die Vitalis erstmals detailliert
                                                                                                                           Auskunft: Danach plant sie auf den drei er-
                                                                                                                           worbenen Grundstücken „ca. 150 Woh-
                                                                                                                           nungen mit fast 12 600 Quadratmeter
                                                                                                                           Wohnfläche“, wobei davon auszugehen
                                                                                                                           sei, „dass die vorhandene Altbausubstanz
                                                                                                                           nicht erhalten werden kann“.
                                                                                                                              Der Mann, der beim Berliner Senat für
                                                                                                                           das Management derartiger Problemfälle
                                                                                                                           zuständig ist, heißt Ralf Hirsch. Er verant-
                                                                                                                           wortet das Projekt „Soziale Stadt“ – und
                                                                                                                           wirkt reichlich hilflos. Hirsch wurde von
                                                                                                                           den Versteigerungsplänen so kalt erwischt
                                                                                                                           wie die Köpi-Bewohner. Er lud Nehls und
                                                                                                                           dessen Anwälte zu einem Vorgespräch,
                                                                                                                           aber er hatte als Moderator wenig zu bie-

                                                                                              SABINE SAUER / DER SPIEGEL
                                                                                                                           ten. „Die einzige Alternative wäre gewe-
                                                                                                                           sen“, sagt Hirsch, „das Land oder die Be-
                                                                                                                           wohner hätten selbst gekauft.“
                                                                                                                              Aber Berlin ist pleite. Den Millionen-
                                                                                                                           topf, mit dem der Senat früher, als es noch
                                                                                                                           mehr als hundert besetzte Hauptstadthäu-
Spekulationsobjekt Köpi: Rest-Refugium für alternative Lebensentwürfe                                                      ser gab, so manchen Eigentümer durch Zu-
                                                                                                                           schüsse besänftigen konnte, gibt es nicht
Mietverhältnis beenden zu müssen, been-           Dabei sind nicht nur die Hausbesetzer                                    mehr. Bezahlen, das schwant allen Betei-
den wir den Waffenstillstand.“                 im Visier der Ermittler, auch der neue                                      ligten, wird Berlin dennoch: Schon jetzt
   Bislang hat diese Strategie der Ein-        Hausbesitzer ist justizbekannt. Seit Ende                                   gehen die Kosten für die Polizeieinsätze in
schüchterung funktioniert: Mehr als 50 In-     der neunziger Jahre hagelte es Anzeigen                                     die Hunderttausende Euro. Zumindest ei-
teressenten und Anfragen habe es über die      gegen Nehls – von Handwerksbetrieben                                        nes hofft Hirsch verhindern zu können:
Jahre für das Grundstück in Mitte gege-        und von vielen Käufern seiner Eigentums-                                    Einzelräumungen, also Wohnung für Woh-
ben, heißt es beim Berliner Senat; doch        wohnungen. Gleich mehrere Verfahren sei-                                    nung, Mieter für Mieter. „Das würde Dauer-
alle winkten schnell wieder ab, mehrere        en anhängig und jetzt zusammengezogen                                       krieg bedeuten.“
Versteigerungstermine platzten.                worden, heißt es in der Berliner Staatsan-                                     Das Szenario mag er sich lieber gar nicht
   Der neue Eigentümer setzte deshalb auf      waltschaft, der Vorwurf laute auf Betrug.                                   vorstellen, das sieht man ihm an. Er hat die
eine List: Er schickte jenen Besnik Fichtner   Nehls und seine Partner sollen Baubetrie-                                   Stadt bei den jahrelangen Rundtischge-
vor, samt seiner beeindruckenden Body-         be um ihre Einkünfte geprellt haben – was                                   sprächen vertreten, ist den Bewohnern
guards, die gesamte Anwaltskorrespon-          sie bestreiten. Einen Monat nach der Köpi-                                  näher, als viele denken. Blase kennt er
denz erfolgt aus dem Kosovo. Albaner           Versteigerung rückten Dutzende Beamte                                       noch aus DDR-Zeiten, sie kommen beide
könnten den Anarchos vielleicht Respekt        zu einer Razzia in Nehls’ Büros und seine                                   aus der Oppositionsszene.
einflößen, Einschüchterung gegen Ein-          Privatwohnung ein, auch bei Fichtner und                                       „Eigentlich“, sagt Hirsch, „eigentlich
schüchterung, das war der Plan.                in weiteren rund 20 Wohnungen und Büros                                     wünschen sich doch alle, dass es so bleibt,
   Dass die Köpi wirklich in das Kosovo        gab es Durchsuchungen.                                                      wie es ist.“ Für Demian und die anderen,
verkauft wurde, das glaubte in der Szene          Immobilien-Mann Nehls ist ein Hüne,                                      die für das Gruppenfoto den weißen
niemand. Und tatsächlich ist Fichtner nur      verfügt über einen Reibeisenbass, der ihn                                   Häuptling Blase in die Mitte nehmen, gilt
Treuhänder, der wahre neue Eigentümer          zum Synchronsprecher prädestinieren                                         das bestimmt; für den Mann mit der Reib-
residiert nur ein paar Kilometer entfernt in   würde. Doch er zieht es vor, Anfragen des                                   eisenstimme gilt es sicher nicht.
opulenten Büroräumen am Kurfürsten-            SPIEGEL schriftlich zu beantworten. Die                                        Und so zittert die Stadt wohl noch un-
damm: Er heißt Siegfried Nehls, 43, führt      Stellungnahme kommt von einer „Vitalis                                      ruhigeren Zeiten entgegen – normal gilt
ein „Dr.“ vor dem Namen und ist ein alter      Beteiligungsgesellschaft für Altbauten                                      der 1. Mai hier als „heißer Termin“. Nächs-
Hase im Berliner Altbausanierungsge-           mbH“, als deren Geschäftsführer Nehls                                       tes Jahr, fürchten viele, könnte es der 31.
schäft, das er über ein Geflecht unter-        eingetragen ist. Erklärt wird die Kauflust                                  werden: Das Köpi-Kino hatte aus aktuel-
schiedlicher Firmen betreibt.                  an der Köpenicker Straße 137 in schönstem                                   lem Anlass zuletzt eine Filmreihe ins Pro-
   Nehls und seine Partner haben die Sze-      Maklerdeutsch damit, dass es sich „um ein                                   gramm genommen. Es ging um „Befrei-
ne unterschätzt. Die Bewohner beschäfti-       hochinteressantes Viertel“ handle, dessen                                   ungskämpfe“.                    Stefan Berg,
gen mit Moritz Heusinger nicht nur einen       Grundstücke in den kommenden Jahren                                                                   Marcel Rosenbach

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