Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction

 
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Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction
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     Design-Diplomatie
     Die Schweiz hat als Exportgut weitaus mehr zu bieten als Taschenmesser und Käse: Helvetische
     Designprodukte überzeugen nicht nur durch beste Qualität, sondern auch durch ihre Formgebung
     und Funktionalität. Vier Beispiele aus London, Mexico City, Kopenhagen und Tokyo zeigen, wie
     Design-Diplomatie funktioniert

     TEXT S U S A N N A K O E B E R L E"FOTOS V O R N A M E N A M E , P D

                                                          Typische Schweizer Produkte? Uhren, Schokolade und Taschenmesser werden
                                                          häufig genannt. Wenn es hochkommt, noch Typografie. Und das Label «Swiss
                                                          Made» gilt als Qualitätssiegel. Aber wie sieht es sonst aus mit Schweizer Design?
                                                          Wie werden Schweizer Designprodukte im Ausland wahrgenommen? Und was
                                                          tun Schweizer Gestalter und Gestalterinnen oder Institutionen, um diese Wahr-
                                                          nehmung zu beeinflussen? Oder um Schweizer Design im Ausland zu fördern?
                                                          Wie kann Design überhaupt Schweizer Identität vermitteln?
                                                              Solchen Fragen musste sich die Schweizer Designkuratorin Giovanna Lisig-
                                                          noli stellen, als sie von der Schweizer Botschaft angefragt wurde, für die erste
                      OBEN Traditionelles                 Design Biennale in London den Schweizer Auftritt zu kuratieren. Das Thema der
                      mexikanisches                       London Design Biennale 2016 lautete «Utopia by Design». Was zur Frage führte:
                      Handwerk, Schweizer                 Was ist die Rolle von Design in unserer Gesellschaft? Was kann Design bewir-
                      Design: Diese Lampe
                                                          ken? Für Lisignoli hiess dies auch, sich mit der Identität ihres Herkunftslandes
                      entstand 2017 in der
                      mexikanischen Künst-                zu befassen. Im Rahmen der Recherche zum Projekt stiess Lisignoli, die seit
                      lerresidenz Casa Wabi.              zwanzig Jahren in London lebt, immer wieder auf die eingangs erwähnten

                                                                            Schweizer Design
Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction
Z                                                                                                                                       45

                                                                                                      LINKS UND UNTEN Die
                                                                                                      Schweizer Designer
                                                                                                      Nicolas Le Moigne
                                                                                                      und Julie Richoz
                                                                                                      arbeiteten 2017 in
                                                                                                      der Künstler-Residenz
                                                                                                      Casa Wabi in Mexiko
                                                                                                      mit einheimischen
                                                                                                      Strohwebern zusammen.

                                                                                                                 FR ANCISCO TORRES
                                                                                                                 studierte Produktdesign
                                                                                                                 an der ECAL (Lausanne).
                                                                                                                 Nach seinem Studium
                                                                                                                 zog es ihn zuerst nach
                                                                                                                 New York, später nach
                                                                                                                 Mexiko. Dort war Torres
                                                                                                                 als Designer und Galerist
                                                                                                                 tätig, bevor er als erster
                                                                                                                 Schweizer Designattaché
                                                                                                                 überhaupt an die
                                                                                                                 Schweizer Botschaft in
Klischees, was die Wahrnehmung von Schwei-        und Pragmatismus brilliert. Die Gründlichkeit,                 Mexico City wechselte.
zer Design angeht. «Weniger ein bestimmter        mit der die Beteiligten ans Werk gingen, stuft
Stil, sondern vielmehr ein Wettbewerbsvorteil     sie aber als durchaus schweizerisch ein. Das
wie Qualität, Präzision und Verlässlichkeit von   Publikum der London Design Biennale gou-
Produkten und Herstellungsverfahren werden        tierte den Auftritt mit der Bemerkung «very
als typisch schweizerisch angesehen», sagt sie.   swiss», was zum einen an der sorgfältigen Sze-
     Diesen Eigenschaften, die sich in der        nografie und typografischen Präsentation lag,
Schweiz auch im Bereich Forschung positiv nie-    wie Lisignoli vermutet. Zum anderen auch am
derschlagen, wollte sie durch die Perspektive     Thema des Auftritts, das die Schweizer Neutra-
Design auf die Spur kommen. Quasi als Versuch,    lität zum Ausgangspunkt nahm: «In-between:
diese versteckten Expertisen durch Design         The Utopia of the Neutral» machte sich das Fun-
sichtbar zu machen, und Utopien mittels Design    dament schweizerischer Aussenpolitik zunutze
mit Realitäten zu verknüpfen. Sie kontaktierte    und versuchte, diesen Grundsatz als offenen,
sieben spezialisierte Schweizer Industrie-        kreativen Raum zu verstehen.
betriebe und brachte diese mit Schweizer Desi-         Den Hauptteil der Finanzierung übernah-
gnern und Designerinnen zusammen. Jörg            men Pro Helvetia und Präsenz Schweiz. Den-
Boner, Stéphanie Baechler, Dimitri Bähler, Ku-    noch war die Eigeninvestition der Beteiligten
eng Caputo, PlueerSmitt, Adrien Rovero und        bei diesem Projekt relativ hoch. Dass dieser Auf-
Sibylle Stoeckli sagten zu.                       tritt immerhin von einer internationalen Jury
     «Mir ging es bei diesem Austausch auch       mit dem renommiertenPreis «Jaguar Innova-
darum, neue Schnittstellen zwischen Industrie     tion Medal» ausgezeichnet wurde, habe aber in
und Design zu bearbeiten, die Lücke zwischen      der Schweiz wenig Beachtung gefunden, stellt
dem Wissen der Betriebe und dem Können der        Lisignoli fest. Liegt das vielleicht an einer
Designer zu bespielen und neuen Allianzen         gewissen helvetischen Bescheidenheit? Als
Raum zu geben», ergänzt Lisignoli. Das primäre    «subtile und eindrückliche Interaktion zwi-
Ziel der gemeinsamen Arbeit war dabei nicht ein   schen Technologie und Design», bezeichnete
fertiges Objekt, vielmehr war sie als Keim für    Jurymitglied Paola Antonelli (MoMA New York)
Prozesse und mögliche weitere Kollaborationen     die Schweizer Installation. Das könnte fast als
gedacht. Diese Herangehensweise empfindet die     Zauberformel für eine knackigere Markeniden-
Kuratorin allerdings als untypisch für Schwei-    tität des doch etwas braven Brands «Swiss
zer Design, das vielmehr durch Sachlichkeit       Made» hinhalten.

                                                                        Schweizer Design
Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction
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                                                                                                                   2   3

                                                                                                                                                                 4

                                                                         1

                              HIER BITTE EINEN TITEL   1   MEXIKO                      2   LONDON                          3   KOPENHAGEN               4   JAPAN
                              THE RED FOX WAS HERE.
                              THE RED FOX WAS HERE.    Die Schweiz wa 2017            Blindtext Blindtext Blind-           Blindtext Blindtext Blind-   Blindtext Blindtext Blind-
                              THE RED FOX WAS HERE.    Gastland an der Mexico         text Blindtext Blindtext             text Blindtext Blindtext     text Blindtext Blindtext
                              ETR ATEW AEWT            Design Week. lindtext          Blindtext Blindtext                  Blindtext Blindtext          Blindtext Blindtext
                                                       Blindtextland fasdf asdf       Blindtextland fasdf asdf             Blindtextland fasdf asdf     Blindtextland fasdf asdf

                                                                     Eines der identitätsstiftenden Symbole, die                       «Design ist ein diplomatisches Werkzeug»,
                                                                 man bei Schweizer Produkten als Branding-                        glaubt Torres. Er engagierte sich schon früher
                                                                 merkmal vorfindet, ist das Schweizer Kreuz.                      für einen interkulturellen Austausch zwischen
                                                                 Stellt man dieses schräg, hat man ein X. «In                     Mexiko und der Schweiz. Er hielt auch schon
                                                                 Mexiko ein symbolträchtiger Buchstabe», wie                      Vorträge an einer mexikanischen Universität
                                                                 Francisco Torres bemerkt. Und schon war ein                      zum Thema Designdiplomatie. Ohne seine
Statt sich in seiner schicken                                    Logo geboren für das Format «Swiss Design                        Kenntnis der lokalen Szene wäre sein Engage-
                                                                 Mexico». Dem an der Ecal ausgebildeten Desi-                     ment aber wohl kaum so effektiv. Die für das
Residenz zu verschanzen,                                         gner, der seit neun Jahren in Mexiko lebt, über-                 Gastland-Programm adaptierte Ausstellung
veranstaltet Benedikt Wechsler,                                  trug die Schweizer Botschaft den Posten eines                    «100 Jahre Schweizer Design» (Museum für Ge-
                                                                 Designattachés – erstmals in der Geschichte der                  staltung) im «Museo de Arte Moderno» sei er-
Schweizer Botschafter in                                         Schweizer Vertretungen. Torres war zuständig                     staunlich gut und von einem breiten Publikum
Kopenhagen, Pop-up-Events                                        für das Programm des Schweizer Auftritts an
                                                                 der «Design Week Mexico» 2017, zu der die
                                                                                                                                  besucht gewesen. «Bei allen Beiträgen steht der
                                                                                                                                  Dialog zwischen beiden Kulturen im Zentrum.
in der Stadt.                                                    Schweiz als Gastland eingeladen worden war. In                   Es gibt trotz der stark differierenden Mentalitä-
                                                                 Zusammenarbeit mit Pro Helvetia konzipierte                      ten auch eine gemeinsame Geschichte, gerade,
                                                                 die Schweizer Botschaft vor Ort verschiedene                     was Design betrifft», sagt Torres.
                                                                 Darbietungen. Da Mexico City dieses Jahr                              Eine Premiere war die Residenz von Desi-
                                                                 «World Design Capital» ist, wird «Swiss Design                   gnern in der von Künstler Bosco Sodi gegrün-
                                                                 Mexico» auch heuer weitergeführt – basierend                     deten Stiftung «Casa Wabi», von der letztes Jahr
                                 Installation «In-between:
                                 The Utopia of the Neutral»      auf den letztjährigen Erfahrungen und ergänzt                    die beiden Schweizer Designer Julie Richoz und
                                 an der Design Biennale          mit neuen Programmpunkten.                                       Nicolas Le Moigne profitieren konnten. Fünf
                                 London 2016.                                                                                     Wochen lang wohnten sie in der von Tadao
                                                                                                                                  Ando erbauten Anlage im Süden von Mexiko
                                                                                                                                  und erarbeiten mit Palmblatt-Handwerkern aus
                                                                                                                                  der Gegend verschiedene Objekte. Dass diese
                                                                                                                                  Form des Austausches weitergeführt wird, ist
                                                                                                                                  sinnvoll. Denn nur längerfristige Projekte kön-
                                                                                                                                  nen Spuren hinterlassen, auch wenn sich der
                                                                                                                                  konkrete Nutzen nicht direkt messen lässt. Dass
                                                                                                                                  die Distanz zur Heimat und das Eintauchen in
                                                                                                                                  ein fremdes Universum fruchtbar gewesen
                                                                                                                                  seien, bekräftigten beide Designer sowohl wäh-
                                                                                                                                  rend als auch nach ihrem Aufenthalt. Das Bun-
GIOVANNA LISIGNOLII                                                                                                               desamt für Kultur (BAK) wir dieses Jahr aus den
studierte Visuelle                                                                                                                Gewinnern des «Swiss Design Award» erneut
Kommunikation an der                                                                                                              für die Residenz in der Casa Wabi eine Designe-
Hochschule der Künste                                                                                                             rin oder einen Designer auswählen. Francisco
in Zürich. Nach dem                                                                                                               Torres ist zufrieden mit der Zusammenarbeit
Abschluss zog sie nach                                                                                                            mit den Schweizer Institutionen wie Pro Helve-
London, wo sie für nam-
                                                                                                                                  tia, BAK oder Präsenz Schweiz. Die Schweizer
hafte Kreativagenturen
                                                                                                                                  Botschaft in Mexico City sei zwar im Vergleich
im Branding tätig war.
Seit ihrem MA in                                                                                                                  zu Vertretungen anderer Länder vor Ort klein,
Curating Contemporary                                                                                                             aber konnte in den letzten zwei Jahren im Be-
Design an der Kingston                                                                                                            reich Design doch einiges ausrichten.
University in London                                                                                                                   Einiges erreicht hat auch Benedikt Wechs-
arbeitet sie als freischaf-                                                                                                       ler, der seit Mitte 2015 Schweizer Botschafter in
fende Kuratorin und
                                                                                                                                  Kopenhagen ist. «Open Embassy» lautet seine
Design-Beraterin.
                                                                                                                                  Interpretation einer Botschaft. Mit diesem un-
                                                                                                                                  gewöhnlichen Ansatz hat er Erfolg, gerade auch,
                                                                                                                                  indem er Design als Mittel der Kommunikation
                                                                                                                                  und als Türöffner einsetzt. «Ich musste mir

                                                                              Schweizer Design
Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction
Z                                                                            ZENIT                                                                                      47

                                                                                                                    LINKS Für sein              GANZ LINKS UND
                                                                                                                    Projekt «Sumida             UNTEN Traditionelle
                                                                                                                    Contemporary» bringt        Handwerkstechniken
                                                                                                                    der Schweizer Desi-         wie Urushi, die
                                                                                                                    gner David Glättli          japanische Lack-
                                                                                                                    (ganz links) japani-        kunst, treffen auf
                                                                                                                    sche Handwerker und         die Ideen von
                                                                                                                    internationale              Designern aus der
                                                                                                                    Designer zusammen.          ganzen Welt.

                                                                                                                    überlegen, wie ich die Dänen am besten errei-
                                                                                                                    chen kann. In einem designaffinen Land wie
                                                                                                                    Dänemark schien mir Design ein geeignetes
                                                                                                                    Feld», sagt er. Sein Konzept scheint aufzugehen:
                                                                                                                    Im Herbst 2016 erhielt er mit «Open Embassy»
                                                                                                                    den «Danish Design Award», bei dem er in der
                                                                                                                    Kategorie «Game Changer» nominiert war. Man
                                                                                                                    kann durchaus sagen, dass Wechsler mit seiner
                                                                                                                    Idee einer offenen Botschaft, die Spielregeln
                                                                                                                    und das klassische Bild einer Botschaft, bezie-
                                                                                                                    hungsweise eines Botschafters, verändert hat.
                                                                                                                    Statt sich in seiner in einem schicken Quartier
                                                                                                                    gelegenen Residenz zu verschanzen, geht
                                                                                                                    Wechsler mit verschiedenen Pop-up-Events in
                                                                                                                    die Stadt, trägt er Botschaften hinaus – auch sol-
                                                                                                                    che, die Schweizer Design zum Thema machen.
                                                                                                                    Doch nicht nur Design, auch die Disziplinen
                                                                                     DAVID GLAETTLI                 Architektur, Mode, Grafik oder Kunst sowie ein
                                                                                     studierte Japanologie,         Austausch zwischen Gestaltern, Unternehmen
                                                                                     bevor er sich am Istituto      und Hochschulen gehören als Strategie dazu.
                                                                                     Europeo di Design              Regelmässig mischt er bei lokalen Veranstaltun-
                                                                                     (Milano) und an der            gen wie etwa bei «3 Days of Design» mit. Und er
                                                                                     ECAL (Lausanne) zum            gewährt bei solchen Gelegenheiten wiederholt
                                                                                     Produktdesigner ausbil-        auch Einlass in seine Botschaft.
                                                                                     den liess. Fünf Jahre
                                                                                                                        Auch damit hat er ein Statement gesetzt.
                                                                                     nach seinem Abschluss
                                                                                     zog er nach Japan. Dort
                                                                                                                    Denn er beauftragte keinen Geringeren als den
                                                                                     gründete er ein Studio         Designer Alfredo Häberli mit der Einrichtung
                                                                                     für Designberatung,            der Residenz. Häberli ist in Dänemark kein Un-
                                                                                     Art Direction und              bekannter und steht für Wechsler zudem für ein
                                                                                     Designmanagement.              demokratisches und offenes Verständnis
                                                                                                                    von Design, schliesslich half der Designer auch
                                                                                                                    jüngeren Berufskollegen bei «Atelier Pfister»,
                                                                                                                    erste Objekte auf den Markt zu bringen. In den
                                                                                                                    Köpfen vieler, nicht nur in Dänemark, ist
                                                                                                                    Schweizer Design nämlich vor allem teuer.

    Sylvain Gardel                          Was sind die Stärken von Schweizer       SG Originalität, Exzellenz und Markt-    Swissnex, Swiss Business Hubs und
    Der studierte Kunstmanager leitet       Design jenseits des Labels «Swiss        tauglichkeit sowie die Eignung für das   Swiss Global Entreprise. Die Zusam-
    bei der Schweizer Kulturstiftung        Made»?                                   jeweilige Land und die Plattform, wo     menarbeit kann sehr unterschiedlich
    Pro Helvetia den Schwerpunkt            SG Schweizer Design überzeugt durch      die Produkte präsentiert werden.         ausfallen, wir definieren diese je nach
    Kultur & Wirtschaft. Derzeit arbeitet   seine Funktionalität, schlichte Form-                                             Projekt und Markt. Mit den Swiss
    er an der Umsetzung der Kulturbot-      gebung und Qualität. Im Ausland          Wie wichtig ist dabei der Austausch      Business Hubs beispielsweise arbei-
    schaft 2016-2020. Diese zielt unter     verbindet man damit generell Schwei-     mit lokaler Kultur?                      ten wir mehrheitlich im Hinblick auf
    anderem auf eine markorientierte und    zer Qualität und Tradition, angelehnt    SG Es braucht eine gewisse interkul-     die Matchmaking-Formate zusam-
    koordinierte Förderung von Design       an die bekannte Schweizer Grafik und     turelle Kompetenz der Akteure, denn      men, die wir für Designer anbieten.
    und interaktiven Medien in der          Typographie, aber auch Produkt- und      sie sollen durch Marktauftritte Indus-   Wir profitieren von deren Netzwerken
    Schweiz ab.                             Möbeldesign etwa von Max Bill oder       triepartner finden. Über Atelierauf-     in der Industrie vor Ort und können
    prohelvetia.ch                          Trix und Robert Hausmann.                enthalte in den Aussenstellenländern     so den Designerinnen und Designern
                                                                                     oder Auslandprogramme erhalten           massgeschneiderte Treffen mit
                                            Seit 2016 erprobt Pro Helvetia ein       ausgewählte Designerinnen und            potentiellen Produzenten oder Retai-
                                            neues Fördermodell in den Bereichen      Designer auch die Möglichkeit            lern anbieten.
                                            Design und interaktive Medien. Was       für vertieften Austausch sowie
                                            ist der Fokus dieser Strategie?          Recherchen in einem anderen kultu-       Wie beurteilen Sie das Budget für
                                            SG Der Fokus liegt auf der individuel-   rellen Kontext.                          Design im Vergleich mit anderen
                                            len Förderung von qualitativ hoch-                                                Sparten?
                                            stehendem und innovativem Design         Welche Formen der Zusammenarbeit         SG Wir haben aktuell die Mittel, um
                                            von jungen Talenten und dessen           mit öffentlichen Institutionen und       «Best Practices» zu etablieren. Inwie-
                                            nachhaltiger Etablierung auf dem         privaten Partnern im Ausland sind        fern die Mittel für die Förderung von
                                            nationalen und internationalen           sinnvoll?                                jungen Schweizer Designer ausrei-
                                            Markt.                                   SG Grundsätzlich arbeiten wir im         chend sind, lässt sich zum heutigen
                                                                                     Ausland mit diversen Partnern zu-        Zeitpunkt noch nicht abschliessend
                                            Was sind die Kriterien für eine          sammen, die je nach Kontext und          beantworten.
                                            Förderung von Schweizer Design im        Zielen variieren: Unsere Aussenstel-
                                            Ausland?                                 len, Präsenz Schweiz, Botschaften,       Interview: Susanna Koeberle

                                                                        Schweizer Design
Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction
48                                                                                                                                   Z

         In der Wahrnehmung vieler
         Menschen ist Schweizer Design
         vor allem eines: teuer.

                           Diese Wahrnehmung – die durchaus auch ihre
                           Berechtigung hat – will der Diplomat ändern.
                           Innovativ, nachhaltig, originell: So sieht Wech-
                           ler Schweizer Design. Und diese Sicht will er
                           auch in Kopenhagen fördern. Seine Aktivitäten
                           haben einen Dialog zwischen den beiden Kultu-
                           ren zum Ziel. Dabei geht es weniger um Reprä-
                           sentation als vielmehr um einen produktiven
                           Austausch, der wirtschaftlich, kulturell sowie
                           auf einer politischen Ebene Früchte tragen soll.
                           «Die Umsetzung eines solchen Vorhabens funk-
                           tioniert nicht überall und der Aufbau braucht
                           seine Zeit», so Wechsler. Offensichtlich lebt die-
                           ses ambitionierte Unterfangen aber auch stark
                           vom Engagement einer Person, die mit unkon-
                           ventionellen Ideen Handelsförderung betreibt.
                           Nicht zuletzt, weil Wechsler Zeit ins Fundrai-
                           sing investiert, denn erst dank der finanziellen
BENEDIKT WECHSLER
                           Unterstützung unterschiedlicher Partner sind
trat nach dem Studium
                           längerfristige Projekte wie dieses realisierbar.
der Betriebswissenschaft
und Politologie in
St. Gallen 1996 den
Dienst beim Eidgenössi-
schen Departement für
auswärtige Angelegen-
heiten (EDA) an. Wechs-
ler vertritt seit Sommer
2015 die Schweiz in
Kopenhagen und führte
dort das Konzept der
«Open Embassy» ein.

                               Das Fördern internationaler Zusammen-            16 internationale Designer und Designerinnen
                           arbeit zwischen seiner Wahlheimat Japan und          einlud, in Zusammenarbeit mit lokalen Kera-
                           der Schweiz waren auch für David Glättli das         mikmanufakturen in der Kleinstadt Arita je eine
                           Ziel bei seinem neusten Designprojekt. Für           Kollektion zu gestalten. «Die Reichweite von
                           «Sumida Contemporary» lud er mehrere Schwei-         solchen interkulturellen Kollaborationen ist
                           zer Studios ein. Der Ecal-Abgänger, der seit zehn    gross. Die Stücke von Big-Game etwa sind mitt-
                           Jahren in Japan lebt, pflegt regen Kontakt mit       lerweile nicht nur in japanischen Haushalten,
                           Gestaltern aus der Schweiz – privat und beruf-       sondern auch in Restaurants, Cafés, Museen
OBEN Die Schweizer
                           lich. Nach einer ersten erfolgreichen Zusam-         oder Läden zu finden. Ich finde es spannend,
Botschaft in
Kopenhagen steht           menarbeit mit dem befreundeten Designer-Trio         wenn zwei Kulturen aufeinanderstossen», er-
der Öffentlichkeit         Big-Game, das verschiedene Stücke für das von        klärt Glättli. Gerade in Japan, einem Land, das
immer wieder offen.        Glättli geführte Label «Karimoku New Stan-           zur Isolation neige, sei ein solcher Austausch
Eingerichtet wurde
                           dard» entworfen hatte, lag es deswegen nahe,         wichtig, findet er.
sie vom Schweizer
Designer Alfredo           solche Kollaborationen zu intensivieren. So zum          Die Sorge um die negativen Folgen von
Häberli.                   Beispiel mit «2016/Arita», für das Glättli           Monokultur – die sich auch im Bereich Hand-
                                                                                werk bemerkbar machen – bewog ihn vor einem
                                                                                Jahr dazu, «Sumida Contemporary» zu initiie-
                                                                                ren. Angefragt wurde er von der lokalen Stadt-
                                                                                verwaltung, die für das Projekt ein kleines Bud-
                                                                                get zur Verfügung stellte. Wie es scheint, hat
                                                                                sich Glättli in Japan als Vermittler bereits einen
                                                                                Namen gemacht. Die Idee des Projekts ist, acht
                                                                                mittlere und kleinere Manufakturen im Sumida

                                                                      Schweizer Design
Design-Diplomatie - Glaettli Design Direction
Z                                               ZENIT                                                                       49

                                                        LINKS Blindtext,
                                                        dann wieder hier
                                                        noch und längerer
                                                        wieder Gestern
                                                        Blindtext, dann
                                                        wieder und längerer
                                                        wieder Gestern dann
                                                        und längerer wieder
                                                        Gestern.              die Handwerker überzeugt. Die Erwartungen
                                                                              sind diesbezüglich in Japan sehr hoch», berich-
                                                                              tet er. Eine erste Präsentation des Projekts in
                                                                              einem Pop-up-Shop mit Stücken der involvier-
                                                                              ten Handwerker und Designer wurde positiv
                                                                              aufgenommen. Glättli sieht im Format
                                                                              «Designed in Switzerland – Made in Japan»
                                                                              grosses Potenzial; er hofft auf weitere Koopera-
    District im Nordosten von Tokyo mit internatio-                           tionen. Die Gestaltungskulturen der beiden
    nalen und japanischen Designern zusammen-                                 Länder haben gewisse Ähnlichkeiten und euro-
    zubringen und gemeinsam Objekte zu kreieren,                              päisches Design wird in Japan geschätzt. «Lokal
    welche die hohe handwerkliche Expertise in                                produziertes Schweizer Design bringt Kulturen
    Sumida widerspiegeln. Nebst fünf japanischen                              zusammen», glaubt Glättli.
    Designern, dem Briten Jasper Morrison und                                      Die unterschiedlichen Auftritte von Schwei-
    dem Amerikaner Leon Ransmeier sind als                                    zer Designschaffen in London, Mexico City,
    Schweizer wieder Big-Game dabei, neu hinzu                                Kopenhagen oder Tokyo zeigen: Design kann
    kamen Dimitri Bähler und Carlo Clopath. Der                               als Interface zwischen Kulturen agieren. Das
    Schweizer Grafiker Sebastian Fehr ist zudem für                           Potenzial von kulturenübergreifenden Design-
    den grafischen Auftritt der Plattform zuständig.                          projekten ist gross. Nicht nur, was die Markt-
    David Glättli selber amtet als Creative Director.                         aspekte betrifft, denn diese unterstehen häufig
    Dank der Teilnahme von Schweizer Designern                                einer eigenen Logik und sind meist lediglich als
    sei auch die Schweizer Botschaft in Tokyo auf                             sekundäre Resultate von solchen Vorhaben
    das Projekt aufmerksam geworden und beteiligt                             messbar. Solche Dialoge haben auch Auswir-
    sich ein Stück weit über eine von der Botschaft                           kungen auf einer gesellschaftlichen Ebene, auch
    verwalteten Stiftung an der Finanzierung.                                 wenn diese schwieriger zu greifen sind. Das
        Am Anfang habe eine gewisse Nervosität                                bedeutet zugleich, dass der Zeitrahmen für Aus-
    seitens der Handwerker geherrscht, so Glättli.                            tauschprogramme weit gesteckt werden muss.
    Schliesslich bilden solche Austauschprojekte                              Erst eine nachhaltige und vernetzte Art von För-
    eher die Ausnahme in Japan. Da ja das Vorhaben                            derung, die entweder Anschluss an bestehende
    mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, die krän-                           Strukturen vor Ort ermöglicht oder neue Kolla-
    kelnden Betriebe zu unterstützen, gehörte eine                            borationsmuster erlaubt, kann das Bewusstsein
    Portion Offenheit aber schon zum Konzept. «Die                            für die Vielfalt von Schweizer Design schärfen.
    Seriosität und das Können der Designer haben                              Das Label «Swiss Made» ist nur ein Teil dieser
                                                                              Identität.
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