Deutscher Gehörlosen-Bund e. V.

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Deutscher Gehörlosen-Bund e. V.
Deutscher Gehörlosen-Bund e. V.
    Interessenvertretung der Gehörlosen und anderer Menschen mit Hörbehinderung in Deutschland

Berlin, 02.12.2021

Stellungnahme 06/2021

Mehr kommunikative Barrierefreiheit durch Gebärdensprache wagen!
Kommentar des Deutschen Gehörlosen-Bundes zum Koalitionsvertrag

Am 24.11.2021 haben die drei Parteien der Ampel-Koalition, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP,
den 177-seitigen Koalitionsvertrag1 unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit,
Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ als Arbeitsgrundlage der neuen Bundesregierung für die 20. Legis-
laturperiode (2021–2025) vorgestellt.

Die Förderung der kommunikativen Barrierefreiheit, die kontinuierliche Verbesserung der Lebenssitu-
ation von gehörlosen Menschen, die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten sowie die Förderung
der Gebärdensprache und Gehörlosenkultur bilden Schwerpunktthemen der Arbeit des Deutschen
Gehörlosen-Bundes (DGB).

Barrierefreiheit heißt nicht nur, dass mit Hilfe einer Rampe bauliche Barrieren überwunden werden
können, die Türen breiter sind oder ein Fahrstuhl vorhanden ist. Barrierefreiheit ist weitaus mehr als
das. Ein barrierefreies Umfeld besteht nicht nur aus baulichen Veränderungen. Im Behindertengleich-
stellungsgesetz (§ 4 BGG) steht, dass bei der Definition Barrierefreiheit nicht nur die baulichen Barri-
eren berücksichtigt werden. Vielmehr beinhaltet der Begriff ebenso den Zugang zu Verkehrsmitteln,
technischen Gebrauchsgegenständen, Systemen der Informationsverarbeitung, akustischen und visu-
ellen Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie anderen gestalteten Lebensberei-
chen. Es gilt, in allen Lebensbereichen Barrierefreiheit zu schaffen, die für alle Menschen gleicherma-
ßen nutzbar ist.

Der DGB hat die im Koalitionsvertrag behandelten Themen Behinderten- und Sprachpolitik (siehe
Spalte links/Koalitionsvertrag) wie folgt analysiert und bewertet und kommt zu folgender Stellung-
nahme:

    Koalitionsvertrag                                                   Kommentar des Deutschen Gehörlosen-
                                                                        Bundes
    Seite 9–10:
    Lebendige Demokratie                                                Das wurde vom DGB als positiv aufgenommen.
    Die Barrierefreiheit in den Angeboten von Bun-                      Bisher hat der Bundestag am Donnerstag- und
    destag und Bundesregierung werden wir aus-                          Freitagvormittag die Kernzeitdebatten in Sit-
    bauen.                                                              zungswochen und auch zusätzlich Themen be-
    Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestel-                       züglich der Behindertenpolitik live in Deutscher
    lungen durch den Bundestag einsetzen und or-                        Gebärdensprache (DGS) und mit Untertiteln
    ganisieren. Dabei werden wir auf gleichberech-                      (UT) übertragen.
    tigte Teilhabe achten.                                              Das Bundeskanzleramt unter Bundeskanzlerin
                                                                        Angela Merkel hat seit dem 11.03.2020 viele
                                                                        Videofilme in DGS und mit UT zur Verfügung
                                                                        gestellt.
                                                                        Somit würde dieses Angebot noch weiter aus-
                                                                        gebaut, was sehr begrüßenswert ist.

1
    Koalitionsvertrag unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf [Stand: 25.11.2021]
                          Deutscher Gehörlosen-Bund e. V., Prenzlauer Allee 180, 10405 Berlin, www.gehoerlosen-bund.de
                  Präsidium: Helmut Vogel, Elisabeth Kaufmann, Hans-Jürgen Kleefeldt, Michael Wohlfahrt und Dr. Ulrike Gotthardt
Seite 18:
Digitale Infrastruktur                              Das bewertet der DGB als positiv.
Unser Ziel ist die flächendeckende Versorgung       Das schnelle Internet und die zügige Schlie-
mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunk-           ßung bestehender Funklöcher und weißer Fle-
standard …                                          cken beim Mobilfunk sind unabdingbar, die
Wir prüfen Wege hin zu einer besseren digita-       Qualität der Kommunikation in Gebärdenspra-
len Teilhabe für alle, z. B. durch Barrierefrei-    che per Videochat zu verbessern. Das Daten-
heit.                                               volumen im Mobilfunk darf nicht beschränkt
                                                    oder durch zusätzliche Kosten belastet werden,
                                                    da dies gehörlose Menschen sonst von der di-
                                                    gitalen Teilhabe ausschließt.

Seite 48–50:
Mobilität                                           Der DGB bewertet den Ausbau der barriere-
Wir wollen die 2020er Jahre zu einem Auf-           freien Mobilität als positiv. Durch den Ausbau
bruch in der Mobilitätspolitik nutzen und eine      der barrierefreien Mobilität nach dem Zwei-
nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelli-    Sinne-Prinzip (auditiv-visuell) und DIN 18040-3
gente, innovative und für alle bezahlbare Mobi-     wird die Teilhabe behinderter Menschen am
lität ermöglichen.                                  Leben in der Gesellschaft deutlich erhöht, da
Wir werden ein Programm „Schnelle Kapazi-           selbstbestimmt andere Orte mit öffentlichen
tätserweiterung“ auflegen, Barrierefreiheit und     Verkehrsmitteln aufgesucht werden können,
Lärmschutz verbessern, Bahnhofsprogramme            ohne dass man von anderen Menschen abhän-
bündeln und stärken, das Streckennetz erwei-        gig ist. In diesem Zusammenhang ist es uner-
tern, Strecken reaktivieren und Stilllegungen       lässlich, dass Angebote geschaffen werden, die
vermeiden und eine Beschleunigungskommis-           gehörlosen Personen wichtige Informationen in
sion Schiene einsetzen.                             Echtzeit übermitteln (ob der Zug Verspätung
Intermodale Verknüpfungen werden wir stär-          hat/Gleiswechsel etc.). Ebenfalls müssten die
ken und barrierefreie Mobilitätsstationen för-      Bahnhöfe barrierefreier ausgebaut werden und
dern.                                               ein System geschaffen werden, dass es Gehör-
                                                    losen ermöglicht, die am Bahnhof erfolgten
                                                    mündlichen Bahnansagen in Echtzeit wahrneh-
                                                    men zu können. Diese barrierefreien Angebote
                                                    sollten jedoch nicht nur von der Deutschen
                                                    Bahn umgesetzt werden, sondern diese Pflicht
                                                    sollte auch für privatwirtschaftliche Verkehrs-
                                                    unternehmen gelten, damit eine flächende-
                                                    ckende Barrierefreiheit im öffentlichen Nah-
                                                    und Fernverkehr besteht.

Seite 78–80:
Inklusion                                           Der DGB begrüßt das Vorhaben, die kommuni-
Wir wollen, dass Deutschland in allen Berei-        kative Barrierefreiheit in allen Bereichen des
chen des öffentlichen und privaten Lebens, vor      öffentlichen und privaten Lebens zu verwirkli-
allem aber bei der Mobilität (u. a. bei der Deut-   chen und drei Gesetze (BGG, BFSG und AGG)
schen Bahn), beim Wohnen, in der Gesundheit         zu überarbeiten bzw. nachzubessern.
und im digitalen Bereich, barrierefrei wird. Wir
setzen dafür das Bundesprogramm Barriere-
freiheit ein. Dazu überarbeiten wir unter
anderem das Behindertengleichstel-
lungsgesetz und das Barrierefreiheits-
stärkungsgesetz sowie das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz. Wir setzen uns
das Ziel, alle öffentlichen Gebäude des Bundes
umfassend barrierefrei zu machen.

                                           Seite 2 von 10
Wir verpflichten in dieser Wahlperiode            Der DGB hält den Auftrag für richtig, die Ver-
private Anbieter von Gütern und Dienst-           pflichtung zur Barrierefreiheit im privatwirt-
leistungen, innerhalb einer angemesse-            schaftlichen Bereich zu verankern. Kein Prüf-
nen Übergangsfrist zum Abbau von Barri-           auftrag!
eren oder, sofern dies nicht möglich oder         Unklar bleibt aus unserer Sicht, was hier genau
zumutbar ist, zum Ergreifen angemesse-            unter der „angemessenen Übergangsfrist“ zu
ner Vorkehrungen. Wir legen entspre-              verstehen ist. Wie lange ist diese definiert?
chende Förderprogramme auf und bauen              Wird die Übergangsfrist auf fünf Jahre ge-
die Beratungsarbeit der Bundesfachstelle          kürzt? Ebenfalls bleibt im Koalitionsvertrag of-
Barrierefreiheit aus.                             fen, wie die wirksamen Sanktionsmechanismen
                                                  bei der Verletzung der Rechte auf Barrierefrei-
                                                  heit und wie diesbezüglich angemessene Vor-
                                                  kehrungen aussehen. Dieses ist aus Sicht des
                                                  DGB dringend im Vorfeld zu klären.
                                                  Der DGB begrüßt den Ausbau der Beratungsar-
                                                  beit der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.

Wir werden die Ausnahmemöglichkeiten des          Der DGB bewertet es als sehr erfreulich und
Personenbeförderungsgesetzes (ÖPNV) bis           positiv, Pressekonferenzen und öffentliche Ver-
2026 gänzlich abschaffen. Darüber hinaus          anstaltungen sowie Informationen in Gebär-
sorgen wir baldmöglichst dafür, dass              densprache und mit Untertiteln bereitzustellen
Pressekonferenzen und öffentliche Ver-            und einen Sprachdienst in einem eigenen Bun-
anstaltungen von Bundesministerien und            deskompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebär-
nachgeordneten Behörden sowie Infor-              densprache einzurichten. Die Bündelung ist
mationen zu Gesetzen und Verwaltungs-             wichtig für die Vermittlung des Wissens, den
handeln in Gebärdensprache übersetzt              Austausch von Informationen für Wirtschaft,
und untertitelt werden sowie die Ange-            Öffentlichkeit, Verbände etc.
bote in leichter bzw. einfacher Sprache           Daher ist der DGB als Experte in eigener Sache
ausgeweitet werden. Dazu richten wir ei-          gesprächsbereit für die Einrichtung eines Bun-
nen Sprachendienst in einem eigenen               deskompetenzzentrums Leichte Sprache/Ge-
Bundeskompetenzzentrum Leichte Spra-              bärdensprache.
che/Gebärdensprache ein.

Wir legen den Schwerpunkt auf die Arbeits-        Der DGB begrüßt die Einführung der 4. Stufe
marktintegration von Menschen mit Behinde-        der Ausgleichsabgabe und bewertet die ge-
rungen. Wir werden die neu geschaffenen ein-      plante Genehmigungsfiktion der Anträge auf
heitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber wei-   die Arbeitsassistenzleistungen vom Integrati-
terentwickeln und eine vierte Stufe der Aus-      onsamt nach sechs Wochen als positiv.
gleichsabgabe für jene einführen, die trotz Be-   Hingegen fehlt unserer Ansicht nach noch die
schäftigungspflicht keinen Menschen mit Be-       Erhöhung der Beschäftigungsquote von
hinderungen beschäftigen. Vollständig an          schwerbehinderten Menschen im Allgemeinen
das Integrationsamt übermittelte An-              auf 6 Prozent und die weitere Verbesserung
träge gelten nach sechs Wochen ohne               der bedarfsgerechten Arbeitsassistenzleistun-
Bescheid als genehmigt (Genehmigungs-             gen, um gehörlosen, taubblinden und anderen
fiktion). Wir werden das Budget für Arbeit        Menschen mit Hörbehinderungen gleiche
und das Budget für Ausbildung weiter stärken      Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu sichern.
und ausbauen. Die Mittel aus der Ausgleichs-      Die Antragsstellung bzw. das Antragsverfahren
abgabe wollen wir vollständig zur Unterstüt-      soll vereinfacht werden. Bei der Erstellung ei-
zung und Förderung der Beschäftigung auf          ner BIH-Empfehlung für Gebärdensprachdol-
dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzen. Wir       metscherleistung oder Arbeitsassistenz bzw. ei-
wollen alle unsere Förderstrukturen darauf        ner Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen
ausrichten, dass Menschen so lange und inklu-     für Gebärdensprach- und Schriftdolmetschleis-
siv wie möglich am Arbeitsleben teilhaben. Das    tungen im Rahmen der begleitenden Hilfe im
Betriebliche Eingliederungsmanagement wollen      Arbeitsleben muss die Beteiligung nach dem
wir als Instrument auf Arbeitgeber- und           Prinzip „Nichts über uns ohne uns“ von
                                         Seite 3 von 10
Arbeitnehmerseite stärker etablieren mit dem       gehörlosen Experten bzw. Gehörlosenverbän-
Ziel, es nach einheitlichen Qualitätsstandards     den mitberücksichtigt werden.
flächendeckend verbindlich zu machen (Bei-         Die Einsätze von Präsenzdolmetscher/-innen
spiel „Hamburger Modell“). Dabei setzen wir        im Arbeitsleben sollten weiterbestehen, da
auch auf die Expertise der Schwerbehinderten-      Ferndolmetschen via Bildschirm keine vollwer-
vertrauenspersonen.                                tige Alternative zu einem Dolmetschereinsatz
                                                   vor Ort im Raum des Gespräches ist.
                                                   Das Wunsch- und Wahlrecht der Gehörlosen
                                                   soll mitberücksichtigt werden.

                                                   Es ist sicherzustellen, dass gehörlosen Men-
                                                   schen eine Berufsausbildung in einem Beruf ih-
                                                   rer Wahl ermöglicht wird und nicht auf eine
                                                   beschränkte Anzahl von Berufen oder auf eine
                                                   Ausbildung in einer Einrichtung für behinderte
                                                   Menschen verwiesen wird. Daneben muss eine
                                                   unproblematischere Förderung von Zweitaus-
                                                   bildungen oder Umschulungen stattfinden, da
                                                   diese bislang häufig an der Dolmetscherkos-
                                                   tenübernahme scheitern und gehörlosen Men-
                                                   schen somit eine berufliche Neuorientierung
                                                   massiv erschwert wird.

Die Angebote von Werkstätten für behinderte        Die Absicht, die Förderung der in WfbM Be-
Menschen (WfbM) werden wir stärker auf die         schäftigten verstärkt am ersten Arbeitsmarkt
Integration sowie die Begleitung von Beschäfti-    auszurichten, wird vom DGB sehr positiv be-
gungsverhältnissen auf den allgemeinen Ar-         wertet.
beitsmarkt ausrichten. Wir werden das Beteili-     Gefordert wird dazu, dass auch gehörlose Be-
gungsvorhaben zur Entwicklung eines transpa-       schäftigte in WfbM zur Sicherstellung der Kom-
renten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Ent-      munikation am Arbeitsplatz, wie bereits jene
geltsystems in den WfbM und deren Perspekti-       auf dem ersten Arbeitsmarkt, die Möglichkeit
ven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fortset-      erhalten, Gebärdensprachdolmetscher/-innen
zen und die Erkenntnisse umsetzen. Darüber         durch das Integrationsamt finanziert zu be-
hinaus entwickeln wir die Teilhabeangebote         kommen.
auch für diejenigen weiter, deren Ziel nicht
oder nicht nur die Teilhabe am Arbeitsleben
ist. Wir werden Inklusionsunternehmen stär-
ken, auch durch formale Privilegierung im Um-
satzsteuergesetz.

Im Rahmen des regelmäßigen Um-                     Der DGB hält die Umstellung des Schwerbehin-
tauschs des klassischen Schwerbehinder-            dertenausweises auf den digitalen Teilha-
tenausweises wird dieser auf den digita-           beausweis für interessant. Jedoch fehlt es bis-
len Teilhabeausweis umgestellt. Wir neh-           lang an konkreten Vorschlägen, wie dieser di-
men die Evaluation des Bundesteilhabegeset-        gitale Teilhabeausweis genau aussehen soll.
zes ernst und wollen, dass es auf allen staatli-   Zudem sind Datenschutzaspekte zu beachten.
chen Ebenen und von allen Leistungserbrin-         Der DGB weist darauf hin, dass die Umsetzung
gern konsequent und zügig umgesetzt wird.          sehr problematisch ist, da viele gehörlose Seni-
Übergangslösungen sollen beendet und büro-         oren keine Smartphones haben und insofern
kratische Hemmnisse abgebaut werden. Wir           weiter auf den Schwerbehindertenausweis als
werden Hürden, die einer Etablierung und Nut-      Plastikkarte angewiesen sind. Insofern sollte
zung des Persönlichen Budgets entgegenste-         der klassische Schwerbehindertenausweis auf
hen oder z. B. das Wunsch- und Wahlrecht un-       keinen Fall gänzlich aufgegeben werden, der
zulässig einschränken, abbauen. Aufbauend          digitale Ausweis eher als Ergänzung angeboten
auf der Evaluierung wollen wir weitere Schritte    werden.
                                          Seite 4 von 10
bei der Freistellung von Einkommen und Ver-       Der DGB begrüßt die Nachbesserungen des
mögen gehen. Wir werden verbindlichere Maß-       Bundesteilhabegesetzes sehr, besonders die
nahmen zur Verhinderung von Gewalt voran-         soziale Teilhabe (§§ 76–84 SGB IX) und die
treiben.                                          Freistellung bzw. Unabhängigkeit von Einkom-
                                                  men und Vermögen.
Wir werden das Verhältnis von Eingliederungs-     Die Finanzierung der Dolmetscherleistungen
hilfe und Pflege klären mit dem Ziel, das für     für DGS und Deutsch und der Assistenzleistun-
die betroffenen Menschen keine Lücken in der      gen (Taubblindenassistenz) in allen (öffentli-
optimalen Versorgung entstehen. Wir werden        chen, privaten und ehrenamtlichen) Lebensbe-
ein Maßnahmenpaket schnüren, um im Sinne          reichen sollte unserer Expertise nach klar ge-
der Leistungsberechtigten zu schnelleren, un-     setzlich geregelt sein. Zudem sollte es keine
bürokratischeren und barrierefreien Antrags-      Einschränkungen geben. Die Formulierung
verfahren zu kommen. Wir werden ein Assis-        „aus besonderem Anlass“ in § 82 SGB IX „Leis-
tenzhundegesetz schaffen. Die im Teilhabebe-      tungen zur Förderung der Verständigung“ ist
stärkungsgesetz beschlossene Studie erweitern     zu streichen.
wir um den Aspekt der Kosteneinsparung. Zu
ihrer Durchführung und Ausweitung legen wir       In einigen Bundesländern gibt es das Gehörlo-
ein Förderprogramm auf. Wir prüfen die Regel-     sengeld, durch das behinderungsbedingte
bedarfsstufe 1 in besonderen Wohnformen.          Nachteile und Mehraufwendungen gehörloser
                                                  Menschen ausgeglichen werden. Um die
Wir werden für mehr Teilhabe und politische       Selbstbestimmung zu stärken und gleiche Le-
Partizipation von Menschen mit Behinderungen      bensbedingungen in Deutschland herzustellen,
an wichtigen Vorhaben auf Bundesebene sor-        muss ein bundeseinheitliches Teilhabe- bzw.
gen. Die Mittel des Partizipationsfonds wollen    Gehörlosengeld eingeführt werden.
wir erhöhen und verstetigen. Wir stärken die
Inklusion im Sport, unter anderem das Projekt     Der DGB begrüßt die schnelleren und unbüro-
„InduS“ und inklusive Ligen. Wir unterstützen     kratischeren Antragsverfahren zur Eingliede-
die Vorbereitung und Durchführung der Special     rungshilfe und Pflege.
Olympics World Games 2023 in Berlin. Wir prü-
fen eine Reform der Strukturen der Contergan-     Der DGB bewertet die Verbesserung der Teil-
Stiftung, die den Betroffenen mehr Mitsprache     habe und politischen Partizipation von Men-
ermöglicht.                                       schen mit Behinderungen, die Erhöhung der
                                                  Förderung der Partizipation (§ 19 BGG) und die
                                                  Mitsprache von Contergan-Betroffenen als po-
                                                  sitiv.

Seite 80–88
Pflege und Gesundheit                             Die Bemühungen um eine Stärkung von Ge-
Alle Menschen in Deutschland sollen gut ver-      sundheit und Pflege werden vom DGB begrüßt.
sorgt und gepflegt werden – in der Stadt und      Nach wie vor fordert der DGB jedoch eine Ver-
auf dem Land. Wir wollen einen Aufbruch in        ankerung der Bedarfe gehörloser Menschen in
eine moderne sektorenübergreifende Gesund-        der pflegerischen und medizinischen Ausbil-
heits- und Pflegepolitik und ziehen Lehren aus    dung sowie anderen medizinischen Helferberu-
der Pandemie, die uns die Verletzlichkeit unse-   fen.
res Gesundheitswesens vor Augen geführt hat.
Wir sorgen für eine bedarfsgerechte Gesund-
heitsversorgung und eine menschliche und
qualitativ hochwertige Medizin und Pflege. Wir
verbessern die Arbeitsbedingungen der Ge-
sundheitsberufe und Pflegekräfte. Wir ermögli-
chen Innovationen und treiben die Digitalisie-
rung voran. Grundlage für all dies ist eine auf
lange Sicht stabile Finanzierung des Gesund-
heitswesens und der Pflege.

                                          Seite 5 von 10
Digitalisierung im Gesundheitswesen                Die Pandemie hat zu ersten, kleinen Verbesse-
In einer regelmäßig fortgeschriebenen Digitali-    rungen bezüglich Information und Aufklärung
sierungsstrategie im Gesundheitswesen und in       gehörloser Menschen geführt. Hierfür fordert
der Pflege legen wir einen besonderen Fokus        der DGB eine Nachhaltigkeit, d. h. Erhalt der
auf die Lösung von Versorgungsproblemen und        erreichten Informations- und Aufklärungsange-
die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer. In     bote sowie deren schrittweisen Ausbau.
der Pflege werden wir die Digitalisierung u. a.    Bestehende Defizite sollten in Zusammenarbeit
zur Entlastung bei der Dokumentation, zur För-     mit dem DGB zeitnah abgebaut werden, u. a.
derung sozialer Teilhabe und für therapeuti-       fehlt eine Corona- bzw. Gesundheitshotline für
sche Anwendungen nutzen. Wir ermöglichen           gehörlose Menschen, ebenso müssen Anbieter
regelhaft telemedizinische Leistungen inklusive    von Online-Sprechstunden verpflichtet werden,
Arznei-, Heil- und Hilfsmittelverordnungen so-     die Möglichkeit zu bieten, Gebärden- oder
wie Videosprechstunden, Telekonsile, Telemo-       Schriftsprachdolmetscher/-innen hinzuziehen
nitoring und die telenotärztliche Versorgung.      zu können.

Wir beschleunigen die Einführung der elektro-      Bei der einzuführenden Telematikinfrastruktur
nischen Patientenakte (ePA) und des E-Rezep-       sind nicht akustische Möglichkeiten für den Zu-
tes sowie deren nutzenbringende Anwendung          gang gehörloser Menschen dringend zu be-
und binden beschleunigt sämtliche Akteure an       rücksichtigen.
die Telematikinfrastruktur an.

Durch ein Bürokratieabbaupaket bauen wir
Hürden für eine gute Versorgung der Patient/-
innen ab. Die Belastungen durch Bürokratie
und Berichtspflichten jenseits gesetzlicher Re-
gelungen werden kenntlich gemacht. Wir ver-
stetigen die Verfahrenserleichterungen, die
sich in der Pandemie bewährt haben. Sprach-
mittlung auch mit Hilfe digitaler Anwendungen
wird im Kontext notwendiger medizinischer Be-
handlung Bestandteil des SGB V.

Ambulante und stationäre Gesundheits-              Die Bemühungen um eine Verbesserung der
versorgung                                         ambulanten Versorgung werden vom DGB als
Um die Ambulantisierung bislang unnötig stati-     positiv gewertet.
onär erbrachter Leistungen zu fördern, setzen      Die bisherigen Möglichkeiten des Gebärden-
wir zügig für geeignete Leistungen eine sekto-     sprachdolmetschereinsatzes erfolgen in einem
rengleiche Vergütung durch sogenannte Hyb-         auf hörende Menschen ausgerichteten medizi-
rid-DRG um.                                        nischen System. Da dieses die psychosozialen
                                                   und kulturellen Faktoren bei gehörlosen Men-
Für ein diverses, inklusives und barrierefreies    schen jedoch nicht berücksichtigt, fordert der
Gesundheitswesen erarbeiten wir mit den Be-        DGB zur Verbesserung der Versorgungssitua-
teiligten bis Ende 2022 einen Aktionsplan, stär-   tion mehrere auf Deutschland verteilte medizi-
ken die Versorgung schwerstbehinderter Kin-        nische, somatisch-psychiatrische, Versorgungs-
der und entlasten ihre Familien von Bürokratie.    zentren für gehörlose Menschen.
Die Medizinischen Behandlungszentren für Er-
wachsene mit geistiger Behinderung oder
schweren Mehrfachbehinderungen sowie die
Sozialpädiatrischen Zentren bauen wir in allen
Bundesländern aus.

Wir berücksichtigen geschlechtsbezogene Un-
terschiede in der Versorgung, bei Gesundheits-
förderung und Prävention und in der For-
schung und bauen Diskriminierungen und
                                          Seite 6 von 10
Zugangsbarrieren ab. Die Gendermedizin wird
Teil des Medizinstudiums, der Aus-, Fort- und
Weiterbildungen der Gesundheitsberufe wer-
den.

Wir starten eine bundesweite Aufklärungskam-      Aus der Sicht des DGB ist die Verbesserung der
pagne zur Entstigmatisierung psychischer Er-      psychotherapeutischen Versorgung sehr zu be-
krankungen. Wir reformieren die psychothera-      grüßen. Ist damit auch geplant, den besonde-
peutische Bedarfsplanung, um Wartezeiten auf      ren Behandlungsbedarf gehörloser Menschen
einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kin-     zu berücksichtigen? Dieser ist defizitär und es
der und Jugendliche, aber auch in ländlichen      muss festgeschrieben werden, dass Psychothe-
und strukturschwachen Gebieten deutlich zu        rapeuten, die erfahren in der Behandlung und
reduzieren. Wir verbessern die ambulante psy-     Kommunikation mit gehörlosen Menschen sind,
chotherapeutische Versorgung insbesondere         die Niederlassung i.R. des Sonderbedarfs für
für Patienten mit schweren und komplexen Er-      gehörlose Menschen erleichtert wird.
krankungen und stellen den Zugang zu ambu-
lanten Komplexleistungen sicher. Die Kapazitä-    Die stationäre psychiatrisch-psychotherapeuti-
ten bauen wir bedarfsgerecht, passgenau und       sche Versorgung für gehörlose Menschen ist in
stärker koordiniert aus. Im stationären Bereich   Deutschland nicht festgeschrieben und weiter-
sorgen wir für eine leitliniengerechte psycho-    hin dem Goodwill von Kliniken überlassen. Hier
therapeutische Versorgung und eine bedarfs-       muss staatlich eine Versorgungsverpflichtung
gerechte Personalausstattung. Die psychiatri-     für zwei psychiatrische Versorgungsstandorte
sche Notfall- und Krisenversorgung bauen wir      für gehörlose Menschen vorgegeben werden.
flächendeckend aus.                               Zudem ist auf der Basis der UN-BRK eine psy-
                                                  chiatrisch-psychotherapeutische Komplexbe-
Rechte von Patientinnen und Patienten             handlung als OPS-Ziffer über das InEK durch-
Die Unabhängige Patientenberatung (UPD)           zusetzen, was bisher nicht gelang.
überführen wir in eine dauerhafte, staatsferne
und unabhängige Struktur unter Beteiligung
der maßgeblichen Patientenorganisationen.

Mit einer Reform des G-BA beschleunigen wir
die Entscheidungen der Selbstverwaltung, stär-
ken die Patientenvertretung und räumen der
Pflege und anderen Gesundheitsberufen wei-
tere Mitsprachemöglichkeiten ein, sobald sie
betroffen sind. Der Innovationsfonds wird ver-
stetigt. Für erfolgreiche geförderte Projekte,
wie die der Patientenlotsen werden wir einen
Pfad vorgeben, wie diese in die Regelversor-
gung überführt werden können.

Bei Behandlungsfehlern stärken wir die Stel-
lung der Patientinnen und Patienten im beste-
henden Haftungssystem. Ein Härtefallfonds mit
gedeckelten Ansprüchen wird eingeführt.

Schutz vor Gewalt
Die Istanbul-Konvention setzen wir auch im di- Der DGB begrüßt die Verbesserung und Hilfen
gitalen Raum und mit einer staatlichen Koordi- für Frauen, queere Menschen und andere vul-
nierungsstelle vorbehaltlos und wirksam um.       nerable Gruppen.
Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt        Hierbei sind auch die Zugangsmöglichkeiten
für jede Frau und ihre Kinder absichern und ei- betroffener gehörloser Menschen aus diesen
nen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für          Personengruppen zum Hilfesystem sicherzu-
eine verlässliche Finanzierung von                stellen. Sie dürfen nicht, wie in der
                                          Seite 7 von 10
Frauenhäusern sicherstellen. Wir bauen das        Vergangenheit wiederholt geschehen, z. B. von
Hilfesystem entsprechend bedarfsgerecht aus.      Frauenhäusern aufgrund mangelnder Kommu-
Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzie-     nikation abgewiesen werden.
rung. Dies gilt auch für bedarfsgerechte Unter-
stützung und Zufluchtsräume für männliche
Opfer von Partnerschaftsgewalt. Wir berück-
sichtigen die Bedarfe vulnerabler Gruppen wie
Frauen mit Behinderung oder geflüchteter
Frauen sowie queerer Menschen.

Seite 94–97
Bildung und Chancen für alle                      Der DGB begrüßt den Fokus auf Chancen-
Wir wollen allen Menschen unabhängig von ih-      gleichheit und Sicherung der inklusiven Bil-
rer Herkunft beste Bildungschancen, Teilhabe      dung. Für eine chancengleiche inklusive Be-
und Aufstieg ermöglichen und durch inklusive      schulung ist es unerlässlich, dass gehörlosen
Bildung sichern. … Kinder verdienen beste Bil-    Schulkindern oder in der Ausbildung befindli-
dung. Jedes Kind soll die gleichen Chancen ha-    chen gehörlosen Schüler/-innen ein/eine Ge-
ben. Diese Chancengleichheit ist aber noch        bärdensprachdolmetscher/-in für den Schulun-
lange nicht Realität.                             terricht bewilligt wird und die Kosten übernom-
Dazu wollen wir diese Schulen mit einem In-       men werden. Der DGB weist ausdrücklich da-
vestitionsprogramm für moderne, klimage-          rauf hin, dass dieser Bewilligungsprozess ver-
rechte, barrierefreie Schulen mit einer zeitge-   einfacht und entbürokratisiert werden muss.
mäßen Lernumgebung und Kreativlaboren un-         Unerlässlich ist eine klare gesetzliche Festle-
terstützen. Wir stellen diese Schulen ein Chan-   gung der Vergütung, um Streitigkeiten des
cenbudget zur freien Verfügung, um Schule,        Leistungsträgers und Leistungserbringers zu
Unterricht und Lernangebote weiterzuentwi-        vermeiden. Denn dieser Streit wird auf Kosten
ckeln und außerschulische Kooperationen zu        der gehörlosen Schüler/-innen und ihrer Bil-
fördern.                                          dungschance ausgetragen. Chancengleichheit
                                                  und inklusive Beschulung liegt nur dann vor,
                                                  wenn ein gehörloser Schüler ohne Kommunika-
                                                  tionsbarrieren am Schulunterricht teilnehmen
                                                  kann.

                                                  Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat am
                                                  07.10.2021 in Potsdam beschlossen, dass
                                                  Deutsche Gebärdensprache (DGS) als Wahl-
                                                  pflichtfach in den Bundesländern eingeführt
                                                  werden kann. Durch die Empfehlungen zu cur-
                                                  ricularen Vorgaben eines kompetenzorientier-
                                                  ten Wahlpflicht- oder Wahlfaches „DGS“ für die
                                                  Sekundarstufe I sollen in den 16 Bundeslän-
                                                  dern Lehrpläne erarbeitet und angepasst wer-
                                                  den. Zudem sollen den Schulen mehr ge-
                                                  schulte gebärdensprachkompetente Lehrer/-in-
                                                  nen zur Verfügung gestellt werden. „Diese
                                                  Empfehlungen sind ein großer Schritt zur
                                                  Gleichstellung der Gebärdensprache mit ande-
                                                  ren Sprachen“, betonte die Präsidentin der Kul-
                                                  tusministerkonferenz Britta Ernst.
                                                  Der DGB begrüßt diesen Beschluss der KMK
                                                  sehr und unterstützt die Empfehlungen aus-
                                                  drücklich. Dass das Unterrichtsfach DGS an
                                                  den Schulen für Gehörlose und Schwerhörige
                                                  und als Fremdsprachen-Wahlpflichtfach an den
                                                  allgemeinbildenden Schulen bundesweit
                                          Seite 8 von 10
eingeführt wird und bimodale und bilinguale
                                                  Bildungsangebote in DGS und deutscher Laut-
                                                  /Schriftsprache verstärkt werden, hat der DGB
                                                  viele Jahrzehnte lang gefordert. Diese überfäl-
                                                  lige Forderung des DGB ist nun endlich umge-
                                                  setzt und erfüllt worden.
                                                  Die DGS wird als „reguläre Fremdsprache“ der-
                                                  zeit nur in wenigen Bundesländern (Berlin,
                                                  Branden-burg, Hamburg und Hessen) angebo-
                                                  ten. Deshalb sollen Maßnahmen unterstützt
                                                  werden, um die DGS als Fremdsprache in allen
                                                  Bundesländern zu verankern. Hierfür soll Inte-
                                                  resse geweckt und Werbung gemacht werden.
                                                  Die Zahl gebärdensprachkompetenter Lehr-
                                                  kräfte an allgemeinbildenden Schulen und
                                                  Schulen für Gehörlose und Schwerhörige sowie
                                                  die Zahl der Gebärdensprachdozent/-innen sol-
                                                  len erhöht werden.

Seite 117:
Migration, Teilhabe und Staatsangehörig-          Der DGB kritisiert, dass die Deutsche Gebär-
keitsrecht                                        densprache in diesem Kontext fehlt. Sie wird
Die nationalen Minderheiten – die dänische        bisher als eine Kommunikationshilfe eingeord-
Minderheit, die friesische Volksgruppe, die       net sowie als spezielle Hilfs- und Ausdrucks-
deutschen Sinti und Roma sowie das sorbische      sprache. Das ist unzureichend. Sie ist eine
Volk – sind selbstverständlicher Teil unserer     komplett eigenständige und vollwertige Spra-
vielfältigen Gesellschaft. Das Gleiche gilt für   che mit einer dazugehörigen Kultur. Wir sind
das kulturelle Erbe der Vertriebenen, Aussied-    der Ansicht, dass gehörlose Menschen nicht
lerinnen und Aussiedler sowie der Spätaussied-    nur ein Teil der Gruppe von Menschen mit Be-
lerinnen und Spätaussiedler.                      hinderungen, sondern auch Mitglieder einer
                                                  sprachlichen und kulturellen Minderheit sind,
Seite 121:                                        da die Gebärdensprache die Voraussetzungen
Die Initiative Minority SafePack unterstützen     bzw. Merkmale einer Minderheitensprache im
wir proaktiv und setzen sie in Deutschland um.    Sinne der Europäischen Charta der Regional-
Projekte für den Erhalt und die Entfaltung der    oder Minderheitensprachen erfüllt.
Minderheiten, ihrer Sprachen und Kultur bauen
wir aus.                                          Die Deutsche Gebärdensprache muss als kultu-
                                                  relle Minderheitensprache im Sinne der Euro-
                                                  päischen Charta der Regional- oder Minderhei-
                                                  tensprachen in gesellschaftlichen Bereichen
                                                  (Sprache, Bildung, Kultur und Medien) aner-
                                                  kannt, bewahrt, geschützt, gefördert und ge-
                                                  stärkt werden.

Seite 121:
Antidiskriminierung                                Der DGB bewertet es als positiv, die finanziel-
Wir stellen die Unabhängigkeit der Antidiskri-     len und personellen Ressourcen für die Antidis-
minierungsstelle des Bundes sicher, statten sie kriminierungsstelle des Bundes auszubauen
angemessen mit Personal und Budget aus und und das AGG zu evaluieren und zu überarbei-
stärken ihre Kompetenzen. Ihre Leitung wird        ten.
vom Bundestag gewählt. Mit den Ländern wer-
den wir das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Be-
ratungsstellen gegen Diskriminierung flächen-
deckend ausbauen und nachhaltig finanzieren.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
                                           Seite 9 von 10
(AGG) werden wir evaluieren, Schutzlücken
 schließen, den Rechtsschutz verbessern und
 den Anwendungsbereich ausweiten.

 Seite 124:
 Medien                                                            Der DGB begrüßt den weiteren Ausbau der
 Wir wollen Kultur in ihrer Vielfalt als Staatsziel                barrierefreien Medienangebote. Alle öffentlich-
 verankern und treten für Barrierefreiheit,                        rechtlichen und privaten Fernsehsendungen im
 Diversität, Geschlechtergerechtigkeit und                         linearen Fernsehen müssen zu 100 Prozent mit
 Nachhaltigkeit ein.                                               Untertitelung und zu mindestens 5 Prozent mit
                                                                   Deutscher Gebärdensprache bereitgestellt wer-
 Freie und unabhängige Medien sind in einer                        den. Die derzeit einzige vollständige inklusive
 Demokratie unverzichtbar. Dazu gehören pri-                       Fernsehsendung im linearen TV-Programm
 vate und öffentliche Medien. Sie sichern Plura-                   „Sehen statt Hören“ muss erhalten bleiben. In
 lität und Vielfalt und müssen barrierefrei sein.                  den Fernsehräten bzw. Rundfunkräten müssen
 …                                                                 betroffene Menschen mit Hörbehinderungen,
 Wir werden die Machbarkeit einer technologie-                     die Deutsche Gebärdensprache verwenden,
 offenen, barrierefreien und europaweiten Me-                      vertreten sein. Anstatt einer Untertitel-App
 dienplattform prüfen.                                             oder -Brille muss die offene, feste Untertite-
                                                                   lung von Kinofilmen in Kinos verpflichtend an-
                                                                   geboten werden.

Allgemein bewertet der DGB die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag als erfreulich und zufriedenstel-
lend.

Ein paar wichtige Punkte sollen hier für das Arbeitsprogramm der Bundesregierung für die 20. Legis-
laturperiode ergänzt werden:

    •    Erneuerung eines Nationalen Aktionsplans 3.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon-
         vention
    •    Ansiedlung des Amts der oder des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinde-
         rungen (§ 17 BGG) beim Kanzleramt
    •    Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes, um gleichwertigen und barrierefreien Zu-
         gang zu Telefon- und Notrufdiensten für gehörlose, taubblinde und andere Endnutzer/-innen
         mit Hörbehinderungen sicherzustellen

Der DGB freut sich auf die Zusammenarbeit mit den drei Regierungsparteien (SPD, Bündnis 90/Die
Grünen und FDP) und zwei Oppositionsparteien (CDU/CSU und Die Linke) sowie mit dem „Südschles-
wigschen Wählerverband“ (SSW), um die Lebenssituation von Gehörlosen und anderen Menschen
mit Hörbehinderungen signifikant zu verbessern und mehr Fortschritt, mehr kommunikative Barriere-
freiheit und mehr Gebärdensprache zu wagen.
 Über den Bundesverband
 Der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V. versteht sich als sozial- und gesundheitspolitische, kulturelle und berufliche Interessenvertretung
 der Gebärdensprachgemeinschaft, also der Gehörlosen und anderer Menschen mit Hörbehinderung, die sich in derzeit 26 Mitgliedsver-
 bänden mit ca. 28.000 Mitgliedern, darunter 16 Landesverbänden und zehn bundesweiten Fachverbänden, zusammengeschlossen ha-
 ben. Insgesamt zählen dazu mehr als 600 Vereine. Unser Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der Lebenssituation von Gehörlosen
 durch den Abbau von kommunikativen Barrieren und die Wahrung von Rechten, um eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft
 zu ermöglichen.

 Kontakt
 Daniel Büter
 Referent für politische Arbeit
 E-Mail: d.bueter@gehoerlosen-bund.de

 Wille Felix Zante
 Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
 E-Mail: w.zante@gehoerlosen-bund.de

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