DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen

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DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
109-605
            DGUV Regel 109-605

            Branche Wärmebehandlung
            von Metallen

März 2019
DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
kommmitmensch ist die bundesweite Kampagne der gesetzlichen Unfallversicherung
in Deutschland. Sie will Unternehmen und Bildungseinrichtungen dabei unterstützen
eine Präventionskultur zu entwickeln, in der Sicherheit und Gesundheit Grundlage
allen Handelns sind. Weitere Informationen unter www.kommmitmensch.de

Impressum

Herausgegeben von:
Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung e.V. (DGUV)

Glinkastraße 40
10117 Berlin
Telefon: 030 13001-0 (Zentrale)
Fax: 030 13001-9876
E-Mail: info@dguv.de
Internet: www.dguv.de

Sachgebiet Maschinen, Robotik und Fertigungsautomation,
Fachbereich Holz und Metall der DGUV

Ausgabe: März 2019

DGUV Information 109-605
zu beziehen bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungs-
träger oder unter www.dguv.de/publikationen

Bildnachweis
Titelbild: © Aichelin Holding GmbH;
Abb. 1, 4, 8, 13, 14, 18, 19, 21, 22, 41, 44: © BGHM; Abb. 2: © Zink Power Ros-
tock GmbH & Co. KG; Abb. 3: © Jutec Hitzeschutz und Isoliertechnik GmbH;
Abb. 5: © davis - Fotolia; Abb. 7: © D+V GmbH; Abb. 16, 30-32: © Daimler AG;
Abb. 24,25: © Schick Gruppe GmbH&Co.KG; Abb. 33, 45: © Burgdorf GmbH &
Co. KG; Abb.37, 38: © Reintjes GmbH; Abb. 11, 17, 36, 43: © IVA Schmetz
GmbH; Abb. 12,35: © Ipsen International GmbH;

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DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
Branche Wärmebehandlung
von Metallen

DGUV Regel 109-605 März 2019
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DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
Inhaltsverzeichnis

                                                                                                  Seite                                                                                                Seite

1        Wozu diese Regel?................................................................ 5                  3.3.5   Entleeren und Reinigen der Salzbäder.........                                           81
                                                                                                              3.3.6   Instandhaltungsarbeiten und Prüfungen
2        Grundlagen für den Arbeitsschutz......................... 6                                                  an Salzbädern.............................................                              83
2.1      Was für alle gilt!....................................................................... 6          3.3.7   Prozessgasöfen mit Salzabschreckbädern...                                               85
                                                                                                              3.3.8   Besondere Anforderungen bei der
3        Arbeitsplätze und Tätigkeiten:                                                                               Wärmebehandlung von Aluminium oder
         Gefährdungen und Maßnahmen..............................                                        10           Aluminiumknetlegierungen in nitrit-/
3.1      Generelle Gefährdungen und Maßnahmen                                                                         nitrathaltigen Salzbädern............................                                   86
         in Wärmebehandlungsbetrieben.............................                                       10
3.1.1    Qualifikation aller Beteiligten......................                                           10   4       Weitere Informationsquellen......................................                       87
3.1.2    Persönliche Schutzausrüstung....................                                                12   4.1     Literaturhinweise....................................................................   87
3.1.3    Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren –                                                                4.2     Anhang: Bauliche Anforderungen aus
         Psychische Belastung..................................                                          15           DGUV Regel 109-007 ­„Richtlinien für
3.1.4    Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren –                                                                        die Wärmebehandlung von Stahl und
         Gesundheit im Betrieb.................................                                          18           anderen Schwermetallen in Salzbädern“
3.1.5    Befähigung, Qualifikation, Vorsorge,                                                                         (bisher BGR 153)....................................................................    90
         Eignung.......................................................                                  19   4.3     Anhang: Bauliche Anforderungen aus
3.1.6    Brandschutz................................................                                     22           DGUV Vorschrift 59 ­„Wärmebehandlung von
3.1.7    Zwischenlagern von Härtegut und                                                                              Aluminium oder Aluminiumknetlegierungen
         manueller Transport....................................                                         26           in Salpeterbädern“ (bisher BGV D14)..................                                   92
3.1.8    Flurförderzeuge...........................................                                      30
3.1.9    Krane..........................................................                                 32
3.1.10   Wartung und Instandhaltung.......................                                               34
3.1.11   Prüfungen an Wärmebehandlungsanlagen...                                                         38
3.2      Gefährdungen und Maßnahmen bei der
         Wärmebehandlung in ­Industrieöfen mit
         Luft- oder Prozessgasatmosphäre...........................                                      40
3.2.1    Arbeitsräume und Arbeitsbereiche..............                                                  40
3.2.2    Energie- und Medienversorgung..................                                                 44
3.2.3    Methanoltank..............................................                                      47
3.2.4    Ammoniakversorgung.................................                                             50
3.2.5    Flüssiggastank............................................                                      53
3.2.6    Flüssigstickstofftank...................................                                        55
3.2.7    Lagern und Nachfüllen von Abschreckölen...                                                      57
3.2.8    Abführen von Abgasen................................                                            59
3.2.9    Betreiben von Ofenanlagen.........................                                              61
3.2.10   Umgang mit Härtegut und
         Chargengestellen........................................                                        64
3.2.11   Bildung explosionsfähiger Atmosphäre.......                                                     66
3.2.12   Heiße Oberflächen und tiefkalte Gase.........                                                   69
3.2.13   Betreiben von Ölbädern..............................                                            72
3.3      Gefährdungen und Maßnahmen bei
         Salzbädern...................................................................................   75
3.3.1    Anforderungen an Arbeitsräume und
         -bereiche....................................................                                   75
3.3.2    Umfeld von Salzbädern...............................                                            77
3.3.3    Lagern von und Tätigkeiten mit
         Wärmebehandlungssalzen..........................                                                78
3.3.4    Umgang mit Salzschmelzen.........................                                               80

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DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
1 Wozu diese Regel?

Was ist eine DGUV Regel?                                    An wen wendet sich diese DGUV Regel?
Arbeitsschutzmaßnahmen passgenau für Ihre Branche           Mit dieser DGUV Regel sind in erster Linie Sie als Unter-
– dabei unterstützt Sie diese DGUV Regel. Sie wird daher    nehmerin oder Unternehmer angesprochen. Denn Sie
auch „Branchenregel“ genannt. DGUV Regeln werden von        sind für die Sicherheit und Gesundheit Ihrer Beschäftigten
Fachleuten der gesetzlichen Unfallversicherung sowie        verantwortlich. Durch den hohen Praxisbezug bietet die
weiteren Expertinnen und Experten zum Arbeitsschutz         DGUV Regel aber auch großen Nutzen für alle weiteren
verfasst, die den betrieblichen Alltag in Unternehmen       Akteurinnen und Akteure in Ihrem ­Unternehmen, etwa
Ihrer Branche kennen und wissen, wo die Gefahren für        Ihrem Personal- und Betriebsrat, Ihren ­Fachkräften für
Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten liegen.         Arbeitssicherheit, Ihren Betriebsärztinnen und -ärzten
                                                            sowie Ihren Sicherheitsbeauftragten.
DGUV Regeln helfen Ihnen, staatliche Arbeitsschutzvor-
schriften, Unfallverhütungsvorschriften, Normen und viele   Die vorliegende DGUV Regel bietet konkrete Hilfestellun-
verbindliche gesetzliche Regelungen konkret anzuwen-        gen bei den Arbeitsschutzmaßnahmen im Rahmen der
den. Daneben erhalten Sie auch zahlreiche praktische        Wärmebehandlung von Metallen. Sie umfasst die wich-
Tipps und Hinweise für einen erfolgreichen Arbeitsschutz    tigsten Präventionsmaßnahmen, um die gesetzlich vorge-
in Ihrem Unternehmen. Als Unternehmerin oder Unterneh-      schriebenen Schutzziele für Ihr Unternehmen und Ihre
mer können Sie andere Lösungen wählen. Diese müssen         Belegschaft zu erreichen.
aber im Ergebnis mindestens ebenso sicher sein.

                                                                                                                     5
DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
2 Grundlagen für den Arbeitsschutz
2.1 Was für alle gilt!

Von der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung über die
­Unterweisung und Gefährdungsbeurteilung bis hin zur Ersten Hilfe: Wer die
 ­Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter systematisch
  in allen Prozessen berücksichtigt und diese dabei beteiligt, schafft eine solide
  Basis für einen gut organisierten Arbeitsschutz.

        §   Rechtliche Grundlagen                              Als Unternehmerin oder Unternehmer sind Sie für die Si-
                                                               cherheit und Gesundheit Ihrer Beschäftigten in Ihrem Un-
    •   Arbeitsschutzgesetz                                    ternehmen verantwortlich. Dazu verpflichtet Sie das Ar-
    •   Arbeitssicherheitsgesetz                               beitsschutzgesetz. Doch es gibt viele weitere gute Gründe,
    •   Arbeitsstättenverordnung                               warum Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in Ihrem
    •   Betriebssicherheitsverordnung                          Unternehmen wichtig sein sollten. So sind Beschäftigte,
    •   Gefahrstoffverordnung                                  die in einer sicheren und gesunden Umgebung arbeiten,
    •   PSA-Benutzungsverordnung                               nicht nur weniger häufig krank, sie arbeiten auch enga-
    •   Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge           gierter und motivierter. Mehr noch: Investitionen in den
                                                               Arbeitsschutz lohnen sich für Unternehmen nachweislich
    •   DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“          auch ökonomisch.
    •   DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für
        Arbeitssicherheit“                                     Die gesetzliche Unfallversicherung unterstützt Sie bei der
                                                               Einrichtung des Arbeitsschutzes in Ihrem Unternehmen.
    •   „Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbe-      Der erste Schritt: Setzen Sie die grundsätzlichen Präven-
        dürftigen Anlagen“ (Technische Regel für Betriebssi-   tionsmaßnahmen um, die auf den folgenden Seiten be-
        cherheit, TRBS 1201)                                   schrieben sind. Sie bieten Ihnen die beste Grundlage für
    •   „Befähigte Personen“ (TRBS 1203)                       einen gut organisierten Arbeitsschutz und stellen die Wei-
    •   „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten“          chen für weitere wichtige Präventionsmaßnahmen in Ih-
        (Technische Regel für Arbeitsstätten, ASR V3a.2)       rem Unternehmen.
    •   „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeich-
        nung“ (ASR A1.3)
    •   „Maßnahmen gegen Brände“ (ASR A2.2)                           Verantwortung und Aufgabenübertragung
    •   „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungs-              Die Verantwortung für die Sicherheit und Gesund-
        plan“ (ASR A2.3)                                       heit Ihrer Beschäftigten liegt bei Ihnen als Unternehmerin
    •   „Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur       oder Unternehmer. Das heißt, dass Sie die Arbeiten in
        Ersten Hilfe“ (ASR A4.3)                               Ihrem Betrieb so organisieren müssen, dass eine Gefähr-
                                                               dung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird
                                                               und die Belastung Ihrer Beschäftigten nicht über deren
        i   Weitere Informationen
                                                               individuelle Leistungsfähigkeit hinausgeht.

                                                               Diese Aufgabe können Sie auch schriftlich an andere zu-
    •   DGUV Information 204-022 „Erste Hilfe im Betrieb“      verlässige und fachkundige Personen im Unternehmen
    •   DGUV Information 205-023 „Brandschutzhelfer“           übertragen. Sie sind jedoch dazu verpflichtet, regelmäßig
    •   DGUV Information 250-010 „Eignungsuntersuchun-         zu prüfen, ob diese Personen ihre Aufgabe erfüllen. Legen
        gen in der betrieblichen Praxis“                       Sie bei Bedarf Verbesserungsmaßnahmen fest. Insbeson-
                                                               dere nach einem Arbeitsunfall oder nach Auftreten einer
                                                               Berufskrankheit müssen deren Ursachen ermittelt und die
                                                               Arbeitsschutzmaßnahmen angepasst werden.

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DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
Grundlagen für den Arbeitsschutz

     Betriebsärztliche und sicherheitstechnische                Das heißt, Sie müssen zuerst technische (T), dann organi-
     Betreuung                                                  satorische (O) und erst zuletzt personenbezogene (P)
Unterstützung bei der Einrichtung von sicheren und ge-          Maßnahmen festlegen und durchführen. Mit der anschlie-
sunden Arbeitsplätzen erhalten Sie von den Fachkräften          ßenden Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung kom-
für Arbeitssicherheit, Betriebsärztinnen und Betriebsärz-       men Sie nicht nur Ihrer Nachweispflicht nach, sondern
ten sowie Ihrem Unfallversicherungsträger. Die DGUV Vor-        erhalten auch eine Übersicht der Arbeitsschutzmaßnah-
schrift 2 gibt vor, in welchem Umfang Sie diese betriebsärzt-   men in Ihrem Unternehmen. So lassen sich auch Entwick-
liche und sicherheitstechnische Betreuung gewährleisten         lungen nachvollziehen und Erfolge aufzeigen.
müssen.

                                                                    Arbeitsmedizinische Maßnahmen
    Sicherheitsbeauftragte                                          Ein unverzichtbarer Baustein im Arbeitsschutz Ihres
     Arbeiten in Ihrem Unternehmen mehr als 20 Beschäf-         Unternehmens ist die arbeitsmedizinische Prävention.
tigte, müssen Sie zusätzlich Sicherheitsbeauftragte be-         Dazu gehören die Beteiligung des Betriebsarztes oder der
stellen. Sicherheitsbeauftragte sind Mitarbeiterinnen und       Betriebsärztin an der Gefährdungsbeurteilung, die Durch-
Mitarbeiter Ihres Unternehmens, die Sie ehrenamtlich            führung der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung
neben ihren eigentlichen Aufgaben bei der Verbesserung          sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge mit individueller
der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes unter-        arbeitsmedizinischer Beratung der Beschäftigten. Ergibt
stützen. Sie achten z. B. darauf, dass Schutzvorrichtungen      die Vorsorge, dass bestimmte Maßnahmen des Arbeits-
und -ausrüstungen vorhanden sind und weisen ihre Kolle-         und Gesundheitsschutzes ergriffen werden müssen, so
ginnen und Kollegen auf sicherheits- oder gesundheits-          müssen Sie diese für die betroffenen Beschäftigten in die
widriges Verhalten hin. So geben sie Ihnen verlässliche         Wege leiten.
Anregungen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes.

                                                                      Unterweisung
       Qualifikation für den Arbeitsschutz                              Ihre Beschäftigten können nur dann sicher und
       Wirksamer Arbeitsschutz erfordert fundiertes Wis-        gesund arbeiten, wenn sie über die Gefährdungen an
sen. Stellen Sie daher sicher, dass alle Personen in Ihrem      ihrem Arbeitsplatz sowie ihre Pflichten im Arbeitsschutz
Unternehmen, die mit Aufgaben im Arbeitsschutz betraut          informiert sind und die erforderlichen Maßnahmen und
sind, ausreichend qualifiziert sind. Geben Sie diesen Per-      betrieblichen Regeln kennen. Hierzu gehören auch die
sonen die Möglichkeit, an Aus- und-Fortbildungsmaßnah-          Betriebsanweisungen. Deshalb ist es wichtig, dass Ihre
men teilzunehmen. Die Berufsgenossenschaften, Unfall-           Beschäftigten eine Unterweisung möglichst an ihrem Ar-
kassen und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung          beitsplatz erhalten. Diese kann durch Sie selbst oder eine
bieten hierzu vielfältige Seminare sowie Aus- und Fortbil-      von Ihnen beauftragte zuverlässige und fachkundige Per-
dungsmöglichkeiten an.                                          son durchgeführt werden. Setzen Sie Beschäftigte aus
                                                                Zeitarbeitsunternehmen ein, müssen Sie diese so unter-
                                                                weisen wie Ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
      Beurteilung der Arbeitsbedingungen und                    Betriebsärztin, -arzt oder Fachkraft für Arbeitssicherheit
      Dokumentation (Gefährdungsbeurteilung)                    können hierbei unterstützen. Die Unterweisung muss
Wenn die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit am              mindestens einmal jährlich erfolgen und dokumentiert
Arbeitsplatz nicht bekannt sind, kann sich auch niemand         werden. Bei Jugendlichen ist dies halbjährlich erforder-
davor schützen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Ar-           lich. Zusätzlich müssen Sie für Ihre Beschäftigten eine
beitsschutzes ist daher die Beurteilung der Arbeitsbedin-       Unterweisung sicherstellen
gungen, auch „Gefährdungsbeurteilung“ genannt. Diese            • vor Aufnahme einer Tätigkeit,
hat das Ziel, für jeden Arbeitsplatz in Ihrem Unternehmen       • bei Zuweisung einer anderen Tätigkeit,
mögliche Gefährdungen für die Sicherheit und Gesund-            • bei Veränderungen im Aufgabenbereich und Verände-
heit Ihrer Beschäftigten festzustellen und Maßnahmen zur           rungen in den Arbeitsabläufen.
Beseitigung dieser Gefährdungen festzulegen. Beurteilen
Sie dabei sowohl die körperlichen als auch die psychi-              Gefährliche Arbeiten
schen Belastungen Ihrer Beschäftigten. Beachten Sie                  Manche Arbeiten in Ihrem Unternehmen sind beson-
Beschäftigungsbeschränkungen und -verbote, z. B. für            ders gefährlich für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Jugendliche, Schwangere und stillende Mütter, insbeson-         Sorgen Sie in solchen Fällen dafür, dass eine zuverlässi-
dere im Hinblick auf schwere körperliche Arbeiten sowie         ge, mit der Arbeit vertraute Person die Aufsicht führt. Ist
den Umgang mit Gefahrstoffen. Es gilt: Gefahren müssen          nur eine Person allein mit einer gefährlichen Arbeit be-
immer direkt an der Quelle beseitigt oder vermindert wer-       traut, so sind Sie verpflichtet, für geeignete technische
den. Wo dies nicht vollständig möglich ist, müssen Sie          oder organisatorische Schutzmaßnahmen zu sorgen, z. B.
Schutzmaßnahmen nach dem T-O-P-Prinzip ergreifen.               Kontrollgänge einer zweiten Person, zeitlich abgestimmte

                                                                                                                             7
DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
Grundlagen für den Arbeitsschutz

Telefon-/Funkmeldesysteme oder Personen-Notsignal-An-          Mit Gebotszeichen zur Sicherheits- und Gesundheits-
lagen. Ihr Unfallversicherungsträger berät Sie dazu gerne.     schutzkennzeichnung können Sie die Beschäftigten dar-
                                                               auf hinweisen, an welchen Arbeitsplätzen PSA benutzt
                                                               werden müssen.
       Zugang zu Vorschriften und Regeln
        Machen Sie die für Ihr Unternehmen relevanten
Unfallverhütungsvorschriften sowie die einschlägigen                Brandschutz- und Notfallmaßnahmen
staatlichen Vorschriften und Regeln an geeigneter Stelle              Im Notfall müssen Sie und Ihre Beschäftigten
für alle zugänglich. So sorgen Sie nicht nur dafür, dass       schnell und zielgerichtet handeln können. Daher gehören
Ihre Beschäftigten über die notwendigen Präventions-           die Organisation des betrieblichen Brandschutzes, aber
maßnahmen informiert werden, Sie zeigen ihnen auch,            auch die Vorbereitung auf sonstige Notfallmaßnahmen,
dass Sie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ernst         wie zum Beispiel die geordnete Evakuierung Ihrer Arbeits-
nehmen. Bei Fragen zum Vorschriften- und Regelwerk hilft       stätte, zum betrieblichen Arbeitsschutz. Lassen Sie daher
Ihnen Ihr Unfallversicherungsträger weiter.                    so viele Beschäftigte wie möglich zu Brandschutzhelferin-
                                                               nen und Brandschutzhelfern ausbilden, empfehlenswert
                                                               sind mindestens fünf Prozent der Belegschaft. Empfeh-
      Persönliche Schutzausrüstungen                           lenswert ist auch die Bestellung einer Mitarbeiterin oder
      Wenn durch technische und organisatorische Maß-          eines Mitarbeiters zum Brandschutzbeauftragten. Das
nahmen Gefährdungen für Ihre Beschäftigten nicht ausge-        zahlt sich im Notfall aus. Damit Entstehungsbrände wirk-
schlossen werden können, sind Sie als Unternehmerin            sam bekämpft werden können, müssen Sie Ihren Betrieb
oder Unternehmer verpflichtet, ihnen kostenfrei persönli-      mit geeigneten Feuerlöscheinrichtungen, wie zum Bei-
che Schutzausrüstungen (PSA) zur Verfügung zu stellen.         spiel tragbaren Feuerlöschern, ausstatten und alle Mitar-
Bei der Beschaffung ist darauf zu achten, dass die PSA         beiterinnen und Mitarbeiter mit deren Benutzung durch
mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist. Welche PSA            regelmäßige Unterweisung vertraut machen.
dabei für welche Arbeitsbedingungen und Beschäftigten
die richtige ist, leitet sich aus der Gefährdungsbeurteilung
ab. Vor der Bereitstellung sind Sie verpflichtet, die Be-          Erste Hilfe
schäftigten anzuhören.                                               Die Organisation der Ersten Hilfe in Ihrem Betrieb
                                                               gehört zu Ihren Grundpflichten. Unter Erste Hilfe versteht
Zur Sicherstellung des Schutzziels ist es wichtig, dass die    man alle Maßnahmen, die bei Unfällen, akuten Erkran-
Beschäftigten die PSA entsprechend der Gebrauchsanlei-         kungen, Vergiftungen und sonstigen Notfällen bis zum
tung und unter Berücksichtigung bestehender Tragezeit-         Eintreffen des Rettungsdienstes, eines Arztes oder einer
begrenzungen und Gebrauchsdauern bestimmungsge-                Ärztin erforderlich sind. Dazu gehört zum Beispiel: Unfall-
mäß benutzen, regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen             stelle absichern, Verunglückte aus akuter Gefahr retten,
Zustand prüfen und Ihnen festgestellte Mängel unverzüg-        Notruf veranlassen, lebensrettende Sofortmaßnahmen
lich melden. Die bestimmungsgemäße Benutzung der               durchführen sowie Betroffene betreuen. Den Grundbedarf
PSA muss den Beschäftigten im Rahmen von Unterwei-             an Erste-Hilfe-Material decken der „Kleine Betriebsver-
sungen vermittelt werden. Durch die Organisation von           bandkasten“ nach DIN 13157 bzw. der „Große Betriebsver-
Wartungs-, Reparatur- und Ersatzmaßnahmen sowie                bandkasten“ nach DIN 13169 ab. Zusätzlich können ergän-
durch ordnungsgemäße Lagerung tragen Sie dafür Sorge,          zende Materialien aufgrund betriebsspezifischer
dass die persönlichen Schutzausrüstungen während der           Gefährdungen erforderlich sein.
gesamten Nutzungsdauer gut funktionieren und sich in
hygienisch einwandfreiem Zustand befinden.                     Je nachdem wie viele Beschäftigte in Ihrem Unternehmen
                                                               arbeiten, müssen Ersthelferinnen und Ersthelfer in ausrei-
Werden in Ihrem Unternehmen PSA zum Schutz gegen               chender Anzahl zur Verfügung stehen. Diese Aufgabe kön-
tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden            nen alle Beschäftigten übernehmen. Voraussetzung ist
eingesetzt (z. B. PSA gegen Absturz, Atemschutz), müssen       die erfolgreiche Fortbildung in einem Erste-Hilfe-Lehrgang
zusätzliche Maßnahmen beachtet werden. So müssen               und die regelmäßige Auffrischung alle zwei Jahre ­(Erste-
Unterweisungen zur bestimmungsgemäßen Benutzung                Hilfe-Fortbildung). Die Lehrgangsgebühren werden von
dieser PSA praktische Übungen beinhalten. Weitere Maß-         den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen getragen.
nahmen können z. B. die Planung und sachgerechte               Beachten Sie, dass auch im Schichtbetrieb und während
Durchführung von Rettungsmaßnahmen, Überprüfung der            der Urlaubszeit genügend Ersthelferinnen und -helfer an-
Ausrüstungen durch einen Sachkundigen oder die Erstel-         wesend sein müssen.
lung von speziellen Betriebsanweisungen betreffen.

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DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
Grundlagen für den Arbeitsschutz

  ?     Wie viele Ersthelferinnen und Ersthelfer?              aus – sowohl für die Beschäftigten als auch den Betrieb.
1. Bei 2 bis zu 20 anwesenden           eine Ersthelferin     Dazu gehören die Gestaltung sicherer und gesunder Ar-
   Versicherten                          bzw. ein Ersthelfer   beitsplätze und ein Betriebliches Eingliederungsmanage-
                                                               ment (BEM). Auch die Stärkung eines gesundheitsbe-
2. Bei mehr als 20 anwesenden                                 wussten Verhaltens Ihrer Beschäftigten und die Schaffung
   Versicherten
                                                               gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen tragen zur
   a) in Verwaltungs- und               5%
                                                               Gesundheit Ihrer Beschäftigten bei. Ein Tipp: Ihre Mitar-
      Handelsbetrieben
                                                               beiterinnen und Mitarbeiter wissen oft am besten, was sie
   b) in sonstigen Betrieben             10 %
                                                               an ihrem Arbeitsplatz beeinträchtigt. Beziehen Sie sie
                                                               daher in Ihre Überlegungen für Verbesserungsmaßnah-
                                                               men mit ein. Das sorgt auch für motivierte Beschäftigte.
        Regelmäßige Prüfung der Arbeitsmittel
        Schäden an Arbeitsmitteln können zu Unfällen
führen. Daher müssen die in Ihrem Unternehmen einge-                    Fremdfirmen, Lieferanten und Einsatz auf
setzten Arbeitsmittel regelmäßig kontrolliert und je nach               fremdem Betriebsgelände
Arbeitsmittel geprüft werden. Vor der Verwendung eines         Auf Ihrem Betriebsgelände halten sich Fremdfirmen und
Arbeitsmittels muss dieses durch Inaugenscheinnahme,           Lieferanten auf? Hier können ebenfalls besondere Gefähr-
ggf. durch eine Funktionskontrolle, auf offensichtliche Män-   dungen entstehen. Treffen Sie die erforderlichen Regelun-
gel kontrolliert werden, die so schnell entdeckt werden        gen und sorgen Sie dafür, dass diese Personen die be-
können. Neben diesen Kontrollen müssen Sie für wieder-         trieblichen Arbeitsschutzregelungen Ihres Unternehmens
kehrende Prüfungen in angemessenen Zeitabständen sor-          kennen und beachten.
gen. Wie, von wem und in welchen Abständen dies gesche-
hen soll, beschreiben die TRBS 1201 und die TRBS 1203          Arbeiten Sie bzw. Ihre Beschäftigten auf fremdem Be-
(siehe Infobox „Rechtliche Grundlagen“). Im Einschichtbe-      triebsgelände, gilt dies umgekehrt auch für Sie: Sorgen
trieb hat sich bei vielen Arbeitsmitteln ein Prüfabstand von   Sie auch in Sachen Arbeitssicherheit für eine ausreichen-
einem Jahr bewährt. Die Ergebnisse der Prüfungen müssen        de Abstimmung mit dem Unternehmen, auf dessen Be-
Sie mindestens bis zur nächsten Prüfung aufbewahren.           triebsgelände Sie im Einsatz sind.

     Planung und Beschaffung                                            Integration von zeitlich befristet
      Es lohnt sich, das Thema Sicherheit und Gesundheit                Beschäftigten
von Anfang an in allen betrieblichen Prozessen zu berück-      Die Arbeitsschutzanforderungen in Ihrem Unternehmen
sichtigen. Wenn Sie schon bei der Planung von Arbeits-         gelten für alle Beschäftigten – auch für Mitarbeiterinnen
stätten und Anlagen sowie dem Einkauf von Arbeitsmit-          und Mitarbeiter, die nur zeitweise in Ihrem Betrieb arbei-
teln und Arbeitsstoffen an die Sicherheit und Gesundheit       ten, wie zum Beispiel Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeit-
Ihrer Beschäftigten denken, erspart Ihnen dies (teure)         nehmer sowie Praktikantinnen und Praktikanten. Stellen
Nachbesserungen.                                               Sie sicher, dass diese Personen ebenfalls in den betrieb-
                                                               lichen Arbeitsschutz eingebunden sind.

      Barrierefreiheit
      Denken Sie auch an die barrierefreie Gestaltung der
Arbeitsräume in Ihrem Unternehmen. Barrierefreiheit                 i   Allgemeine Informationen
kommt nicht nur Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
mit Behinderung zugute, Ihre gesamte Belegschaft kann           •   Datenbank Vorschriften, Regeln und Informationen
davon profitieren. So können zum Beispiel ausreichend               der gesetzlichen Unfallversicherung:
breite Wege oder Armaturen, Lichtschalter und Türgriffe,              www.dguv.de/publikationen
die gut erreichbar sind, sowie trittsichere Bodenbeläge         •   Kompetenz-Netzwerk Fachbereiche Prävention:
Unfallrisiken senken und zu weitaus geringeren Belastun-              www.dguv.de (Webcode: d36139)
gen und Beanspruchungen führen.                                 •   Datenbank der gesetzlichen Unfallversicherung zu Bio-
                                                                    und Gefahrstoffen (GESTIS):
                                                                      www.dguv.de (Webcode: d3380)
       Gesundheit im Betrieb                                    •   Arbeitsschutzgesetz und -verordnungen:
       Gesundheit ist die wichtigste Voraussetzung, damit             www.gesetze-im-internet.de
Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zum Rentenalter       •   Technische Regeln zu Arbeitsschutzverordnungen:
beschäftigungs- und leistungsfähig bleiben. Frühzeitige               www.baua.de
Maßnahmen, die arbeitsbedingte physische und psychi-
sche Belastungen verringern helfen, zahlen sich doppelt

                                                                                                                             9
DGUV Regel 109-605 - Branche Wärmebehandlung von Metallen 109-605 - DGUV Publikationen
3 Arbeitsplätze und Tätigkeiten:
  Gefährdungen und Maßnahmen
3.1 Generelle Gefährdungen und Maßnahmen in
    Wärmebehandlungsbetrieben

3.1.1 Qualifikation aller Beteiligten

Es ist gesetzlich festgelegt, dass Sie nur diejenigen Ihrer Mitarbeiter und Mit­
arbeiterinnen mit einer Arbeit beauftragen dürfen, die auch in der Lage sind, die
Arbeit sicher auszuführen. Qualifizieren Sie daher Ihre Beschäftigten entspre-
chend den aufgabenspezifischen Anforderungen.

          Sicherheitshinweis                                                           Sicherheitshinweis

                                                                                     Beschäftigte der Härterei                                20.9%VOL

                                                                                     müssen ein CO-Warngerät mit                              +          OK

                                                                                     sich führen.                                                 O2

                                                                                     Abteilungsfremde und externe
                                                                                     Dienstleistende,
                                                                                     die sich außerhalb der Geh- und Fahrwege
                                                                                     aufhalten, müssen ein CO-Warngerät mit
                                                                                     sich führen.
                Das Betreten der Härterei                                            Besucher und Besucherinnen
                    ist nur befugtem                                                 dürfen nur in Begleitung von befugten
                  Personal gestattet!                                                Beschäftigten die Härterei betreten.

      Abteilungsfremde, externe Dienstleistende & Besucher und Besucherinnen         Abteilungsfremde, externe Dienstleistende & Besucher und Besucherinnen
      melden sich bitte an bei:                                                      melden sich bitte an bei:
      Ernst Mustermann – Meister:                 Tel.: 12345                        Ernst Mustermann – Meister:                 Tel.: 12345
      Gruppensprecher(in) Schicht A, B:           Tel.: 6789                         Gruppensprecher(in) Schicht A, B:           Tel.: 6789
                                                                                                                                                              Abb. 1
                                                                                                                                                              Beispiel für Zugang Härterei mit
                                                                                                                                                              Hinweisen für Betriebsfremde

      §
000567.09.18 © BGHM

              Rechtliche Grundlagen
                                                                               000566.09.18 © BGHM

                                                                                                                                    Gefährdungen

  •   DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“                                                                Bei Wärmebehandlungsanlagen handelt es sich nicht um
      § 7 „Befähigung für Tätigkeiten“                                                                             Maschinen im klassischen Sinne (auch wenn sie in den
                                                                                                                   Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen), sondern
                                                                                                                   um verfahrenstechnische Anlagen. Das bedeutet, dass
      i       Weitere Informationen
                                                                                                                   die Gefährdungen anders als bei Maschinen nicht haupt-
                                                                                                                   sächlich von mechanischen Bewegungen oder Energie
                                                                                                                   ausgehen, sondern von physikalischen Größen, wie Tem-
  •   DGUV Information 215-830 „Einsatz von Fremdfirmen                                                            peratur, Druck, und von chemischen Eigenschaften der
      im Rahmen von Werkverträgen“                                                                                 verwendeten Stoffe, wie (extrem/leicht) entzündbar, ex-
  •   Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werk-                                                                plosiv, akut toxisch, mit hautätzender Wirkung.
      stofftechnik e.V. (AWT) „Bausteine für die Qualifizie-
      rung von Mitarbeitern in der Härterei (Stand 11/2014)“                                                       Eine Maschine kann in der Regel sehr schnell zum Still-
        https://www.awt-online.org > fachausschuesse >                                                             stand gebracht werden. Auch mechanische Bewegungen
      Fachausschuss 8 Sicherheit in Wärmebehandlungs-                                                              in verfahrenstechnischen Anlagen können sehr schnell
      betrieben                                                                                                    angehalten werden. Dagegen ist ein Ofen auch nach
                                                                                                                   ­einem Halt der mechanischen Bewegungen noch auf

10
Arbeitsplätze und Tätigkeiten: Gefährdungen und Maßnahmen

Temperatur und eventuell mit brennbaren giftigen Gasen       einzelnen Tätigkeiten in Wärmebehandlungsbetrieben
gefüllt, die beim Mischen mit Luft eine gefährliche explo-   festzustellen. Diese Qualifikationsmatrix hängt ab von der
sionsfähige Atmosphäre bilden können. Daher können           betrieblichen Organisation sowie den jeweiligen Anlagen
manuelle Eingriffe nötig sein, um die Störung zu beheben     und Prozessen. Hierbei sind auch Personen, die nicht zum
oder die Anlage herunterzufahren. Bei diesen manuellen       Personal der Wärmebehandlung gehören, zu berücksichti-
Eingriffen kommt es immer wieder zu schweren Unfällen.       gen (z. B. Fremdfirmen, Leiharbeiterinnen, Besucher, …).

Manuelle Eingriffe in einen verfahrenstechnischen Pro-       Die Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werk-
zess erfordern ein umfassendes Wissen über diesen Pro-       stofftechnik e.V. (AWT) hat in ihrem Fachausschuss 8, der
zess. Leider gibt es die Ausbildung zum Universalhärter      sich mit der Sicherheit in Wärmebehandlungsbetrieben
nicht mehr, die dieses verfahrenstechnische Wissen ver-      beschäftigt, die Schrift „Baustein für die Qualifizierung
mittelt hat. In der Ausbildung zum Werkstoffprüfer oder      von Mitarbeitern in der Härterei“ erarbeitet. Sie zeigt
zur Werkstoffprüferin, Fachrichtung Wärmebehandlungs-        ­exemplarisch die Aufgabenspektren und die dazugehöri-
technik, werden die verfahrenstechnischen Grundlagen          gen Anforderungsprofile für Beschäftigte in einer Härterei
behandelt, der Schwerpunkt liegt aber im Bereich der          auf.
Materialkunde und der Werkstoffprüfung.
                                                             Mit Hilfe der von Ihnen erstellten Qualifikationsmatrix
Verstärkt wird diese Problematik durch die moderne           können Sie entscheiden, welche Weiterbildungs- oder
­Steuerungstechnik. Eingriffe des Bedienpersonals sind im    Qualifizierungsmaßnahmen für Ihre Beschäftigten not-
 Normalbetrieb nur in geringem Umfang erforderlich. Eine     wendig sind. So bieten zum Beispiel die Berufsgenossen-
 Routine im verfahrenstechnischen Steuern einer Anlage       schaften eine Vielzahl kostenfreier Seminare an. Nutzen
 kann sich daher nicht oder nur in geringem Maß ausbilden.   Sie aber auch die Angebote der Hersteller oder Verbände
                                                             zur Weiterentwicklung der Qualifikation Ihrer Mitarbeiter
Daher bleiben die verfahrenstechnische Ausbildung oder       und Mitarbeiterinnen.
Qualifikation und das Training im Umgang mit nicht alltäg-
lichen Betriebszuständen, zum Beispiel Störungen, eine              Zugang in den Wärmebehandlungsbereich
wichtige Aufgabe Ihres Betriebs.
                                                              Für den Zugang in Wärmebehandlungsbereiche haben
                                                              sich folgende Maßnahmen bewährt:
       Maßnahmen                                              • Der Zugang zum Wärmebehandlungsbereich muss
                                                                geregelt werden. So ermöglicht zum Beispiel eine
Die Qualifikation für eine Tätigkeit erlangen Beschäftigte      Anmeldung oder Registrierung von Betriebsfremden
im Wesentlichen durch:                                          einen Überblick, wer sich im Bereich aufhält und ob
• Einweisung                                                    die nötige Qualifikation (Einweisung vor Ort) gegeben
• Unterweisung                                                  ist.
• bisherige berufliche Tätigkeit                              • Wenn Personen eigenständig im Bereich unterwegs
• berufliche Ausbildung                                         sind, müssen sie über spezifische Gefahren, Erste
• Seminarbesuche                                                Hilfe, Fluchtwege und Rettungskonzept unterwiesen
                                                                sein.
Beschäftige sollen die Gefahren bei ihren Tätigkeiten ken-    • Besteht die Möglichkeit der gegenseitigen Gefähr-
nen, gefährliche Situationen eigenständig erkennen kön-         dung von Betriebspersonal und Fremdfirmen, ist eine
nen und wissen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind.             Koordination der Arbeiten erforderlich.
Dies gilt insbesondere auch für den Fall von Störungen
und unvorhergesehenen Betriebsbedingungen.                    Weitergehende Information enthält die DGUV Infor-
                                                              mation 215-830 „Einsatz von Fremdfirmen im Rahmen
Um festzustellen, welche Qualifikationen für welche Tätig-    von Werkverträgen“.
keiten in Wärmebehandlungsbetrieben notwendig sind,
empfiehlt es sich, eine Qualifikationsmatrix zu erstellen.
In dieser Matrix ist die notwendige Qualifikation für die

                                                                                                                           11
3.1.2 Persönliche Schutzausrüstung

Ziel der persönlichen Schutzausrüstungen ist es, Restgefährdungen, die durch
technische und organisatorische Schutzmaßnahmen nicht abgedeckt werden, zu
reduzieren. Dabei haben technische und organisatorische Schutzmaßnahmen Vor-
rang vor der Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung.

Als Unternehmer und Unternehmerinnen sowie als Vorgesetzte sind Sie verpflich-
tet, dafür zu sorgen, dass Ihre Beschäftigten die in Ihrer Gefährdungsbeurteilung
festgelegte persönliche Schutzausrüstung benutzen.

     §   Rechtliche Grundlagen
                                                                i   Weitere Informationen

 •   DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ Vier-    •   DGUV Information 212-013 „Hitzeschutzkleidung“
     ter Abschnitt „Persönliche Schutzausrüstungen“         •   DGUV Information 240-300 „Handlungsanleitung für
 •   DGUV Regel 112-189 und 112-989 „Benutzung von              die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufs-
     Schutzkleidung“                                            genossenschaftlichen Grundsatz G 30 „Hitze“
 •   DGUV Regel 112-190 „Benutzung von
     Atemschutzgeräten“
 •   DGUV Regel 112-191 und 112-991 „Benutzung von Fuß-
     und Knieschutz“
 •   DGUV Regel 112-192 und 112-992 „Benutzung von
     Augen- und Gesichtsschutz“
 •   DGUV Regel 112-193 und 112-993 „Benutzung von
     Kopfschutz“
 •   DGUV Regel 112-194 „Benutzung von Gehörschutz“
 •   DGUV Regel 112-195 und 112-995 „Benutzung von
     Schutzhandschuhen“
 •   DGUV Regel 112-198 „Einsatz von persönlichen
     Schutzausrüstungen gegen Absturz“
 •   DGUV Regel 112-199 „Retten aus Höhen und Tiefen
     mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen“

                                                           Abb. 2     Flammenhemmend ausgerüsteter Arbeitsanzug

12
Arbeitsplätze und Tätigkeiten: Gefährdungen und Maßnahmen

       Gefährdungen                                       Außerdem sorgen Sie bei der Verwendung von persön­
                                                          licher Schutzausrüstung dafür, dass
Mit der Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen     • die Beschäftigten in der Benutzung der persönlichen
sollen Restgefährdungen abgedeckt werden, die nach           Schutzausrüstungen unterwiesen werden,
Ausschöpfen der technischen und organisatorischen         • persönliche Schutzausrüstungen an einem dafür vorge-
Maßnahmen noch vorhanden sind. Die notwendige per-           sehenen Ort sachgerecht aufbewahrt werden,
sönliche Schutzausrüstung ermitteln Sie im Rahmen der     • persönliche Schutzausrüstungen vor Gebrauch geprüft
Gefährdungsbeurteilung Ihres Betriebs. In der Wärmebe-       und nach Gebrauch gereinigt werden,
handlung ergeben sich aufgrund von physikalischen Grö-    • schadhafte persönliche Schutzausrüstungen vor erneu-
ßen und Eigenschaften der verwendeten Medien bei der         tem Gebrauch ausgebessert oder ausgetauscht werden.
Wärmebehandlung spezifische Anforderungen an persön-
liche Schutzausrüstungen.                                 Zur Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für die
                                                          besonderen Anforderungen in der Wärmebehandlung im
Einige Beispiele:                                         Folgenden noch einige Tipps:
• Hohe Temperaturen der Prozesse bzw. offene Flammen
• Hohe Wärmestrahlung                                     Im Umfeld von und für Tätigkeiten an Salzbädern:
• Hohe Durchdringungsgeschwindigkeit von Methanol         • Gesichtsschutzschirme aus Polykarbonat
  und dadurch kurze Verwendungsdauer bei vielen           • Mehrlagige Schutzkleidung/Kleidung zum Schutz gegen
  Handschuhmaterialien                                      Verbrennungen durch flüssiges Salz. Die Schutzklei-
• Ätzende Eigenschaften von Ammoniak oder anderen           dung sollte aus chemischreinigungsbeständigem und
  Stoffen                                                   gegen Brand imprägniertem festem Baumwollgewebe
• Toxizität einiger Härtesalze                              bestehen. Schutzkleidung aus Synthetikfasern ist unge-
• Abplatzende Teile von Werkstücken oder abplatzender       eignet. Auch Unterkleidung sollte nicht aus Synthetik­
  Zunder                                                    fasern bestehen.
• Nicht gekennzeichnete heiße Teile im Umfeld             • Mehrlagige leicht abwerfbare Fausthandschuhe aus
                                                            dichtem Baumwollgewebe mit Stulpe, deren äußere
                                                            Lage bei Kontakt mit heißer Schmelze wegbrennt und
       Maßnahmen                                            abfällt
                                                          • Knöchelhohe Schutzschuhe (Gießereistiefel)
Generell wird in Bereichen der Wärmebehandlung das Tra-   • Bei Tätigkeiten mit akut toxischen Gefahrstoffen muss
gen von Kleidung aus Naturfasern, besonders aus Baum-       Arbeitskleidung und private Kleidung getrennt aufbe-
wolle, empfohlen. Kleidung aus synthetischen Fasern         wahrt werden.
schmilzt bei höheren Temperaturen und ist leichter ent-   • Bei Wartungs- und Instandhaltungstätigkeiten können
flammbar als Baumwolle. Das Tragen von Naturfasern bie-     zusätzliche oder andere persönliche Schutzausrüstun-
tet einen zusätzlichen Schutz gegen Brandverletzungen.      gen erforderlich sein, zum Beispiel Atemschutz.

Sie müssen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die
jeweils erforderliche persönliche Schutzausrüstung kos-
tenfrei zur Verfügung stellen und gegebenenfalls eine
arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten oder veranlassen.

Bestehen auch bei Benutzung von persönlicher Schutz-
ausrüstung Hautbelastungen, müssen in Zusammenarbeit
mit dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin weitere
Schutzmaßnahmen festgelegt werden; zum Beispiel Er-
stellung eines Hautschutzplans.

                                                                                                                       13
Arbeitsplätze und Tätigkeiten: Gefährdungen und Maßnahmen

                                                               Bei Tätigkeiten mit hoher Wärmebelastung oder Kontakt
                                                               mit Flammen muss Schutzkleidung getragen werden,
                                                               zum Beispiel:
                                                               • Schwer entflammbare Schutzkleidung nach EN ISO
                                                                 14116. Achten Sie darauf, dass bei der Reinigung dieser
                                                                 Schutzkleidung die schwere Entflammbarkeit der Klei-
                                                                 dung nicht beeinträchtigt wird.
                                                               • Hitzeschutzkleidung aus aluminiumkaschiertem Mate-
                                                                 rial bietet einen noch besseren Schutz, z. B. bei direk-
                                                                 tem Arbeiten an der offenen Ofentür. Sie sollte Körper
                                                                 und Gesicht schützen.
                                                               • Temperaturbelastbare Schutzschuhe bei Arbeiten auf
                                                                 Ofenanlagen (speziell bei älteren Anlagen mit geringer
                                                                 Wärmedämmung)

                                                               An Arbeitsplätzen mit sehr hoher Infrarotbelastung (z. B.
                                                               durch hellrot-, gelb- und weißglühendes Material) müssen
                                                               Schutzbrillen getragen werden. Erhöhte langjährige Ein-
                                                               wirkung von Infrarotstrahlen kann Grauen Star verur­
                                                               sachen (Feuerstar/Glasmacherstar).

Abb. 3     Aluminisierter Hitzeschutzmantel, hier kombiniert
mit Hand- und Kopfschutz

14
3.1.3 Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren – Psychische Belastung

     §   Rechtliche Grundlagen                                     Gefährdungen (psychische Belastung)

 •   Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)                          Tabelle 1 Merkmalsbereiche und Inhalte der Gefähr-
 •   Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)                   dungsbeurteilung für psychische Belastung
 •   Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
     (ArbMedVV)                                             1. Merkmalsbereich:       Mögliche kritische Ausprägung
 •   DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“             Arbeitsinhalt/
 •   DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für       Arbeitsaufgabe
     Arbeitssicherheit“                                     1.1.Vollständigkeit der   Tätigkeit enthält:
                                                                Aufgabe                • nur vorbereitende oder
                                                                                       • nur ausführende oder

     i   Weitere Informationen
                                                                                       • nur kontrollierende Handlungen

                                                            1.2 Handlungsspielraum Der/die Beschäftigte(n) hat/haben
                                                                                   keinen Einfluss auf:
 •   Informationen der DGUV zur Psychischen Belastung:
                                                                                   • Arbeitsinhalt
       www.dguv.de (Webcode: d57373)
                                                                                   • Arbeitspensum
 •   Informationen der BGHM „Psychische Belastung und
                                                                                   • Arbeitsmethoden/-verfahren
     Beanspruchug“
                                                                                   • Reihenfolge der Tätigkeiten
       www.bghm.de (Webcode 234)
                                                            1.3 Variabilität       Einseitige Anforderungen:
                                                                (Abwechslungsreich- • wenige, ähnliche Arbeitsgegen-
Die tätigkeitsbezogene, objektive Erfassung relevanter          tum)                  stände und Arbeitsmittel
psychischer Belastungsfaktoren ist Teil der Gefährdungs-                            • häufige Wiederholung gleicharti-
beurteilung.                                                                          ger Handlungen in kurzen Takten

                                                            1.4 Information/          • zu umfangreich (Reizüberflutung)
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen psy-                Informations­          • zu gering (lange Zeiten ohne
chisch relevante Einwirkungen aus Arbeitsinhalt/Arbeits-        angebot                  neue Information)
aufgabe, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung und so-
                                                                                       • ungünstig dargeboten
zialen Beziehungen systematisch ermittelt und analysiert
                                                                                       • lückenhaft (wichtige Informatio-
werden.
                                                                                         nen fehlen)

Psychische Belastung resultiert aus vielen Aspekten einer   1.5 Verantwortung          • unklare Kompetenzen und
beruflichen Tätigkeit. Wesentliche Merkmale arbeitsbe-                                   Verantwortlichkeiten
dingter psychischer Belastung sowie mögliche kritische      1.6 Qualifikation          • Tätigkeiten entsprechen nicht
Ausprägungen haben BMAS*) und Sozialpartner in ihrer                                     der Qualifikation der Beschäftig-
gemeinsamen Erklärung zur psychischen Gesundheit in                                      ten (Über-/Unterforderung)
der Arbeitswelt 2013 veröffentlicht.                                                   • unzureichende Einweisung/
                                                                                         Einarbeitung in die Tätigkeit
*) BMAS und Sozialpartner: Gemeinsame Erklärung ­
                                                            1.7 Emotionale            • durch das Erleben emotional
   zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt,
                                                                Inanspruchnahme          stark berührender Ereignisse
   BMAS, 2013
                                                                                         (z. B. Umgang mit schwerer
                                                                                         Krankheit, Unfällen, Tod)
                                                                                       • durch das ständige Eingehen auf
                                                                                         die Bedürfnisse anderer
                                                                                         Menschen
                                                                                       • durch permanentes Zeigen gefor-
                                                                                         derter Emotionen unabhängig
                                                                                         von den eigenen Empfindungen
                                                                                       • Bedrohung durch Gewalt durch
                                                                                         andere Personen

                                                                                                                          15
Arbeitsplätze und Tätigkeiten: Gefährdungen und Maßnahmen

 2. M
     erkmalsbereich:       Mögliche kritische Ausprägung        4. Merkmalsbereich:      Beispiele für negative Wirkungen
    Arbeitsorganisation                                             Arbeitsumgebung
 2.1 Arbeitszeit            • wechselnde oder lange              4.1 Physikalische und    • Lärm
                              Arbeitszeit                            chemische Faktoren    • unzureichende Beleuchtung
                            • ungünstig gestaltete Schichtar-                              • Gefahrstoffe
                              beit, häufige Nachtarbeit
                                                                 4.2 Physische Faktoren    • ungünstige ergonomische
                            • umfangreiche Überstunden
                                                                                             Gestaltung
                            • unzureichendes Pausenregime
                                                                                           • schwere körperliche Arbeit
                            • Arbeit auf Abruf
                                                                 4.3 Arbeitsplatz- und    • ungünstige Arbeitsräume, räum-
 2.2 Arbeitsablauf          • Zeitdruck/hohe Arbeitsintensität
                                                                     Informations­           liche Enge
                            • häufige Störungen/                     gestaltung            • unzureichende Gestaltung von
                              Unterbrechungen
                                                                                             Signalen und Hinweisen
                            • hohe Taktbindung
                                                                 4.4 Arbeitsmittel         • fehlendes oder ungeeignetes
 2.3 Kommunikation/        • isolierter Einzelarbeitsplatz                                  Werkzeug bzw. Arbeitsmittel
     Kooperation            • keine oder geringe Möglichkeit                               • ungünstige Bedienung oder
                              der Unterstützung durch Vorge-                                 Einrichtung von Maschinen
                              setzte, Kolleginnen und Kollegen
                                                                                           • unzureichende
                            • keine klar definierten                                         Softwaregestaltung
                              Verantwortungsbereiche
 3. M
     erkmalsbereich:       Mögliche kritische Ausprägung        5. Merkmalsbereich:      Beispiele für negative Wirkungen
    Soziale Beziehungen                                             Neue Arbeitsformen
 3.1 Kollegen               • zu geringe/zu hohe Zahl sozialer   Diese Merkmale sind       • räumliche Mobilität
                              Kontakte                           nicht Gegenstand des      • atypische Arbeitsverhältnisse,
                            • häufige Streitigkeiten und         Aufsichtshandelns,          diskontinuierliche
                              Konflikte                          spielen aber für die        Berufsverläufe
                            • Art der Konflikte: Soziale         Belastungssituation der   • zeitliche Flexibilisierung, redu-
                              Drucksituationen                   Beschäftigten eine          zierte Abgrenzung zwischen
                                                                 Rolle.                      Arbeit und Privatleben
                            • fehlende soziale Unterstützung

 3.2 Vorgesetzte            • keine Qualifizierung der           Quelle: GDA Broschüre: „Empfehlungen zur Umsetzung der
                              Führungskräfte                     Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ (2. erweiter-
                            • fehlendes Feedback, fehlende       te Ausgabe, Januar 2016)
                              Anerkennung für erbrachte
                              Leistungen
                            • fehlende Führung, fehlende
                              Unterstützung im Bedarfsfall

                                                                 Zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung gibt
                                                                 es ein breites Spektrum an Instrumenten und Verfahren,
                                                                 die verschiedenen betrieblichen Gegebenheiten und Be-
                                                                 dürfnissen Rechnung tragen.

16
Arbeitsplätze und Tätigkeiten: Gefährdungen und Maßnahmen

Psychische Belastung kann im Rahmen der Gefährdungs-              Maßnahmen
beurteilung anhand von Analyseworkshops, Beobach-
tungsinterviews oder Beschäftigtenbefragung erfasst und    Folgende allgemeine Maßnahmen der Arbeitsgestaltung
beurteilt werden. Jede dieser Vorgehensweisen hat spezi-   haben sich zum Schutz und zur Stärkung der Gesundheit
fische Stärken, aber auch spezifische Voraussetzungen      bei arbeitsbedingter psychischer Belastung bewährt:
und Grenzen, die abzuwägen sind (siehe Übersicht „Stär-    • Vielfältige Aufgabenanforderungen und Informationen
ken und Grenzen der Vorgehensweisen im Überblick“ in       • Ermüdung durch die Entkopplung taktgebundener Auf-
Anlage 2 „Empfehlungen und Prüffragen zur Auswahl von        gabenerfüllung vermeiden mithilfe von Puffern und die
Instrumenten/Verfahren“ der GDA Broschüre: Empfehlun-        dadurch zunehmende Autonomie.
gen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychi-       • Arbeitswechsel im Sinne von: Wechsel der Arbeitsauf-
scher Belastung“ (2. erweiterte Ausgabe, Januar 2016)).      gaben und Arbeitsorte (Job-Rotation)
                                                           • Arbeitserweiterung durch quantitative Erweiterung der
                                                             Aufgaben (Job-Enlargement)
                                                           • Arbeitsbereicherung durch Zusammenfassen von
                                                             ­Arbeitsaufgaben zu einer größeren Aufgabe
                                                              (Job-Enrichment)
                                                           • Erweiterung der Handlungsoptionen in Arbeitsgruppen
                                                              durch Übertragen der Planungs-, Entscheidungs- und/
                                                              oder Kontrollfunktionen bei fehlenden Gestaltungsmög-
                                                              lichkeiten der Arbeitsaufgabe durch technische oder
                                                              organisatorische Maßnahmen: Mechanisierung oder
                                                              Automatisierung repetitiver Funktionen mit eng einge-
                                                              schränkten Aufgabenanforderungen
                                                           • Erleichterung/Unterstützung der Kommunikationsmög-
                                                              lichkeiten unter den Beschäftigten

                                                           Die Beschäftigten sollten unbedingt in den Bewertungs-
                                                           prozess der psychischen Belastungsfaktoren und in die
                                                           Ableitung der Schutzmaßnahmen einbezogen werden, um
                                                           positive Effekte erzielen zu können.

                                                                                                                        17
3.1.4 Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren – Gesundheit im Betrieb

     §   Rechtliche Grundlagen                                      Maßnahmen

 •   Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)                         •   Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wissen oft am
 •   Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)                      besten, was sie an ihrem Arbeitsplatz beeinträchtigt
 •   Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge              oder krankmacht. Beteiligen Sie Ihre Beschäftigten
     (ArbMedVV)                                                ­aktiv an einer Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung
 •   DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“              und beziehen Sie sie in Ihre Überlegungen zu Arbeitsge-
 •   DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für        staltungsmaßnahmen ein. Das sorgt für eine höhere
     Arbeitssicherheit“                                         Akzeptanz und motiviert die Beschäftigten.
                                                           •    Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung unter-
                                                                stützen im Einzelfall Ihre Mitglieder und Unternehmen
     i   Weitere Informationen
                                                                bei der Organisation und dem Angebot von Maßnah-
                                                                men zur Gesundheitsförderung.
                                                           •    Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden,
 •   Informationen der DGUV: Fachbereich „Gesundheit            indem die Gesundheit der im Betrieb Beschäftigten
     im Betrieb“:                                               durch entsprechende Maßnahmen erhalten und ge-
        www.dguv.de (Webcode: d138325)                          stärkt wird, hat sich insbesondere in folgenden The-
 •   Informationen der BGHM „Psychische Belastung und           menbereichen bewährt (siehe auch DGUV Fachbereich
     Beanspruchung“:                                            „Gesundheit im Betrieb“):
        www.bghm.de (Webcode 234)                               –– Arbeiten im demografischen Wandel
                                                                –– Arbeitsorganisation/gesundheitsgerechte Gestaltung
                                                                   der Arbeitsaufgaben
                                                                –– Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
         Gefährdungen                                           –– Förderung der Bewegung
                                                                –– Förderung gesunder Ernährung
Physische, physikalische, chemische, biologische und            –– Gesundheitsförderliches Führungsverhalten
psychische Einwirkungen bei der Arbeit können die Ge-           –– Gewaltprävention
sundheit der Beschäftigten beeinträchtigen oder schädi-         –– Interkulturelle Aspekte der Prävention
gen (Hinweise z. T. in anderen Kapiteln).                       –– Psychische Belastung und Beanspruchung
                                                                –– Suchtprävention

18
3.1.5 Befähigung, Qualifikation, Vorsorge, Eignung

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen müssen bei besonders gefährdenden Tätigkei-
ten – um die Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit Beschäftigter bei der
­Arbeit zu vermeiden − spezifische Rechte und Pflichten beachten, die sich aus
 Gesetzen, Verordnungen, sonstigem Regelwerk sowie arbeitsvertraglichen, tarif-
 vertraglichen Regelungen oder Betriebsvereinbarungen ergeben können.

Dabei sind unter anderem Regelungen und/oder Verein-
                                                                    i   Weitere Informationen
barungen zur Befähigung, Qualifikation, Vorsorge und
Eignung zu beachten, die auf unterschiedlichen Rechts-          •   Arbeitsvertragliche, tarifvertragliche Regelungen
grundlagen beruhen können und deren Beachtung oder                  oder Betriebsvereinbarungen
Nichtbeachtung verschiedene Rechtsfolgen haben kön-
nen. Außerdem haben Verantwortlichkeiten aufgrund von
Führungsaufgaben, z. B. im Rahmen der Pflichtenübertra-        Befähigung, Qualifikation
gung, Delegation oder Führungspraxis vor Ort, in diesem        Die Vorgesetzten müssen die Befähigung eines oder einer
Zusammenhang einen hohen Stellenwert. Auch die Be-             Beschäftigten für eine bestimmte Tätigkeit prüfen. Neben
schäftigten haben hier die Pflicht mitzuwirken.                der formalen Qualifikation (Ausbildung, Führerschein, Un-
                                                               terweisung) müssen Vorgesetzte sich auch von der körper-
Betriebliche Akteurinnen und Akteure nehmen in den vier        lichen Verfassung der Beschäftigten ein Bild machen. In
Bereichen der Befähigung, Qualifikation, Vorsorge und          der Regel geschieht dies zu Arbeits-/Schichtbeginn.
Eignung hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit Beschäf-
tigter bei der Arbeit ihre jeweiligen Verantwortlichkeiten      § 7 (1) DGUV Vorschrift 1: „Bei der Übertragung von Auf-
wahr.                                                           gaben auf Versicherte hat der Unternehmer je nach Art
                                                                der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten
Eine Ärztin oder ein Arzt mit der Qualifikation als Fachärz-    befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesund-
tin oder Facharzt für Arbeitsmedizin oder mit der Zusatz-       heitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden
bezeichnung „Betriebsmedizin“ nimmt eine besondere              Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. Der Un-
Rolle ein, da sie oder er je nach betrieblichen Randbedin-      ternehmer hat die für bestimmte Tätigkeiten festgeleg-
gungen in den vier Handlungsfeldern in direktem Kontakt         ten Qualifizierungsanforderungen zu berücksichtigen.“
mit den einzelnen Beschäftigten steht. Um diese Aufga-          § 7 (2) DGUV Vorschrift 1: „Der Unternehmer darf Versi-
ben wahrnehmen zu können, muss die Betriebsärztin               cherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit
oder der Betriebsarzt die Arbeitsplatzverhältnisse persön-      ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit
lich kennen.                                                    dieser Arbeit nicht beschäftigen.“

 § 6 ArbMedVV (1) „… Vor Durchführung der arbeitsmedi-
 zinischen Vorsorge muss er oder sie sich die notwendi-        Konkretisierungen hinsichtlich der Definition, der Ermitt-
 gen Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse              lung, des Zeitpunkts der Ermittlung und der besonderen
 verschaffen.“                                                 Anforderungen an Befähigung sowie hinsichtlich der Qua-
                                                               lifikation sind in der DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der
                                                               Prävention“ erfolgt.
     §   Rechtliche Grundlagen                                 Auch im Rahmen der regelmäßigen Arbeitsschutz-Unter-
                                                               weisung können Vorgesetzte die Befähigung der Beschäf-
 •   Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge              tigten überprüfen. Gegebenenfalls können dabei prakti-
     (ArbMedVV)                                                sche Übungen den Qualifikationsstand oder vorhandene
 •   DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“             technische oder körperliche Defizite erkennbar machen.
                                                               Zum Beispiel können bei Übungen zum Einsatz von

                                                                                                                        19
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