Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion

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Die Ausgleichszulage als Instrument
zur Armutsreduktion
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Medieninhaber und Herausgeber:
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK)
Stubenring 1, 1010 Wien

Verlags- und Herstellungsort: Wien
Wien, 2021

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Seite 2                                         Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Inhalt

Vorbemerkung ............................................................................................................... 4

1 Armutsgefährdung ..................................................................................................... 5
1.1 Messung von Armutsgefährdung .................................................................................... 5
1.2 Armutsgefährdungsquote nach Haushaltstyp ................................................................. 6
1.3 Armutsgefährdung und Pensionsbezug........................................................................... 7
1.4 Armutsgefährdung im EU-Länder Vergleich (gemäß EU SILC) ...................................... 11
1.5 Messung von Armutsgefährdung im Kontext des EU 2020 Ziels zur Armutsreduktion:
der AROPE-Indikator............................................................................................................. 12
1.6 AROPE-Indikator nach Alter und Geschlecht ................................................................. 13
1.7 AROPE-Indikator nach Haushaltstyp.............................................................................. 14

2 Einkommensungleichheit.......................................................................................... 17
2.1 Durchschnittliche Einkommen nach Haushaltstyp ........................................................ 17
2.2 Verteilung auf die Quintile............................................................................................. 18
2.3 Einkommensarten in den Quintilen ............................................................................... 20
2.4 Einkommensanteile S80/S20 ......................................................................................... 21

3 Die Ausgleichszulage ................................................................................................ 23
3.1 Anzahl der Ausgleichzulagenbezieher:innen ................................................................. 23
3.2 Armutsgefährdung und Ausgleichszulagenbezug ......................................................... 25
3.3 Ausgleichszulage und Familienbeihilfenbezug .............................................................. 28
3.4 Ausgleichszulage und Pflegegeldbezug ......................................................................... 29
3.5 Die Armutslücke ............................................................................................................. 30

4 Fazit ......................................................................................................................... 32

Tabellenverzeichnis...................................................................................................... 36

Abbildungsverzeichnis.................................................................................................. 37

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                                     Seite 3
Vorbemerkung

Das Armutsverständnis ist oft durch mangelnde Befriedigung von Grundbedürfnissen wie
Nahrung, Wohnung, Kleidung, sozialen Kontakten oder Gesundheit geprägt.

Häufig definiert sich der Begriff ausschließlich über den Lebensstandard. Dieser wird durch
finanzielle Möglichkeiten verwirklicht. Armut ist ein soziales Phänomen, welches als Zu­
stand maßgeblicher sozialer Benachteiligung verstanden wird.

Die Armutsgefährdungsquote lag in Österreich laut Statistik Austria im Jahr 2020 bei 13,9
%. Das entsprach in etwa 1,2 Mio. Menschen.

Zu den besonders von Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung betroffenen Personen zäh­
len Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Langzeitarbeitslose, geringqualifizierte Perso­
nen und Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft.

Die Wirksamkeit des Sozialstaates wird am Anteil armutsgefährdeter Menschen an der Be­
völkerung sichtbar. Ein Maßstab zur Messung von Armut ist typischerweise das Einkom­
men.

Wichtige sozialpolitische Instrumente sind Umverteilungsmaßnahmen, sowie Sozial- und
Pensionsleistungen, die zu einer deutlichen Reduktion armutsgefährdeter Personen füh­
ren. Ein Instrument gegen Armutsgefährdung im Alter ist die Ausgleichszulage.

Im vorliegenden Bericht wird der Zusammenhang zwischen Armutsgefährdung und Aus­
gleichszulage untersucht. Im Anhang findet sich ein umfassendes Tabellenset. Sofern nicht
anders angegeben, sind alle Daten dem EU-SILC1 Datensatz entnommen.

1
    European Union Statistics on Income and Living Conditions

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1 Armutsgefährdung

1.1 Messung von Armutsgefährdung

Gemäß dem EU-SILC Messkonzept gelten Personen als armutsgefährdet, deren Äquiva­
lenzeinkommen unterhalb von 60 % des mittleren Einkommens (= Medianeinkommen)
der Gesamtbevölkerung liegt.2 Im EU-SILC wird dafür der Indikator AROP („at risk of
poverty“) verwendet. Dieser zeigt daher jene Haushalte, deren Einkommen unterhalb der
Armutsgefährdungsschwelle von 60% des nationalen Einkommensmedians leben.

Dieser Grenzwert wird als die Armutsgefährdungsschwelle („at risk of poverty threshold“)
bezeichnet. Die Armutsgefährdungsschwelle lag im Jahr 2020 bei EUR 15.933 bei einer
Person.

Die Armutsgefährdungsquote entspricht daher jenem Anteil der Bevölkerung, dessen
Äquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt.

Gemäß EU-SILC waren 2020 in Österreich 13,9 % der Gesamtbevölkerung armutsgefähr­
det. Das betraf 2020 rund 1.222.000 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Armutsge­
fährdungsquote damit um 0,6 Prozentpunkte gestiegen.

14,3 % der Frauen und 13,6 % der Männer waren 2020 von Armut bedroht. Das entsprach
634.000 Frauen und 587.000 Männer.

Während bei den Frauen mit steigendem Alter auch ein Anstieg der Armutsgefährdung zu
verzeichnen ist, verhält es sich bei den Männern genau umgekehrt.

16,9 % der über 65-jährigen Frauen und 17,7 % der über 75-Jährigen Frauen galten 2020
als armutsgefährdet. Das entsprach rund 145.000 der über 65-Jährigen und 72.000 der
über 75-Jährigen Frauen.

2
 AROP ist die „at risk of poverty rate“(AROP). Bei der Betrachtung wird das Gesamteinkommen nach Erhalt
von etwaigen Sozialleistungen.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                           Seite 5
Bei den Männern zählten im Jahr 2020 10,5 % der über 65-Jährigen und 10,0 % der über
75-Jährigen zu armutsgefährdeten Personen. Das entsprach 71.000 der über 65-Jährigen
und 29.000 der über 75-Jährigen.

Abbildung 1 Armutsgefährdungsquoten nach Altersgruppen, Österreich 2020

                                                          17,7%
20,0%

                                            16,9%
18,0%

                                                                                                14,5%
                                                                     14,3%

                                                                                      14,1%

                                                                                                        13,9%
                              13,6%

16,0%
14,0%
            10,5%

                      10,0%

12,0%
10,0%
 8,0%
 6,0%
 4,0%
 2,0%
 0,0%
                    Männer                           Frauen                                   Gesamt
                                      65+           75+           gesamt

Quelle: EU SILC 2020

1.2 Armutsgefährdungsquote nach Haushaltstyp

2020 galt rund ein Viertel der alleinstehenden Personen (23,2 %) und rund ein Drittel der
Haushalte alleinstehender Personen mit Kindern (32,2 %) als armutsgefährdet. Absolut be­
trachtet, entsprach dies 349.000 Alleinstehenden und 31.000 Haushalten, die aus einem
Alleinstehenden mit Kindern bestand.

Familien mit zwei oder mehr Kindern waren ebenfalls besonders häufig von Armut be­
droht. 30,6 % dieser Haushalte galten als armutsgefährdet, das entsprach 44.000 Haushal­
ten.

Bei den Haushalten ohne Kinder lagen 13,2 % und bei den Haushalten mit Kindern 14,8 %
unter der Armutsgefährdungsgrenze. Das entsprach 390.000 Haushalten ohne Kinder und
153.000 Haushalten mit abhängigen Kindern.

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Abbildung 2 Armutsgefährdungsquote nach Haushaltstyp 2009 - 2000

 40,0

 35,0

 30,0

 25,0

 20,0
          14,5     14,7       14,5    14,4      14,4   14,1   13,9    14,1     14,4     14,3              13,9
                                                                                                   13,3
 15,0

 10,0

  5,0

  0,0
          2009    2010       2011     2012      2013   2014   2015    2016     2017    2018     2019      2020

                          Insgesamt                            Ein Erwachsener jünger als 65 Jahre
                          Ein Erwachsener 65 Jahre und mehr    Alleinstehende Person mit Kindern
                          Alleinstehende Frau                  Alleinstehender Mann
                          Zwei Erwachsene                      Zwei Erwachsene mit einem Kind
                          Zwei Erwachsene mit zwei Kindern     Drei oder mehr Erwachsene

Quelle: EU SILC 2020

1.3 Armutsgefährdung und Pensionsbezug

Haushalte mit Pensionsbezug

Von jenen Personen die im Jahr 2020 in einem Haushalt lebten, dessen Einkommen über­
wiegend aus Altersleistungen bestand, lag die Armutsgefährdungsquote bei rund 13 %.
Von den insgesamt 1.618.000 Personen, die in diese Personengruppe fallen, galten somit
rund 213.000 als armutsgefährdet. 2010 waren es noch insgesamt 15 % der Personen, die
in einem Haushalt mit Pension lebten, armutsgefährdet. Dies entsprach 251.000 Perso­
nen.

Der Begriff „Haushalte mit Pensionsbezug“ ist sehr weitreichend gefasst. Gemäß EU-SILC-
Definition fallen unter diesen Begriff jene Haushalte, deren Einkommen zumindest zu 50 %

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                     Seite 7
aus Altersleitungen stammt. Zu den Altersleitungen zählen alle Alterspensionen sowie In­
validitätspensionen, Unfallrenten, und Pflegegeld ab dem Erreichen des Regelpensionsal­
ters (60 Jahre für Frauen und 65 Jahre für Männer).3

Allerdings zählen Haushalte, die den überwiegenden Teil ihres Einkommens aus Hinter­
bliebenenpensionen beziehen gemäß EU-SILC nicht zu den Pensionierten-Haushalten. Dies
ist verständlich, da Hinterbliebene in einigen EU-Ländern nicht über die gesetzliche Pensi­
onsversicherung, sondern stattdessen über andere Sozialleistungen versorgt werden.

In Österreich ist die Hinterbliebenenpension eine Pensionsleistung, Bezieher:innen von
Hinterbliebenenpensionen werden also zur Berechnung der Armutsquote bei den Pensio­
nierten inkludiert. Geschieht das nicht, besteht die Gefahr, dass die Armutsquote bei den
Pensionierten unterschätzt wird.

In Abbildung 3 und 4 wird dies illustriert: Bei den Alleinlebenden, vor allem bei den Frauen
wird die Zahl der Pensionierten deutlich unterschätzt. Die Abweichung bei den alleinle­
benden Männern beträgt 8.000 Personen, bei den alleinlebenden Frauen sind es 125.000
Personen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Armutsquote: Inkludiert man Bezieher:in­
nen von Hinterbliebenenpensionen bei den Pensionist:innen so erhöht sich deren Armuts­
quote um 0,9%.

Von den alleinlebenden Pensionistinnen waren laut EU-SILC 82.000 armutsgefährdet, was
25,2 % der alleinlebenden Pensionistinnen entsprach. Bei den alleinlebenden Pensionisten
waren es rund 18,7 % und somit 24.000 Männer. Inkludiert man die Bezieher:innen von
Hinterbliebenenpensionen, lag die Armutsquote bei alleinlebenden Pensionierten tatsäch­
lich etwas höher: bei den Frauen waren es 25,5%, bei den Männern 19,1%.

Die Armutsgefährdung der Mehrpersonenhaushalte mit Pensionsbezug lag je nach Be­
rechnungsmethode bei 9,2 bzw. 8,8% und war damit deutlich geringer als die der Alleinle­
benden.

3
 Vice versa werden jene Haushalte bei denen Altersleistungen weniger als 50% des Einkommens ausmachen
als „Haushalte ohne Pension“ definiert.

Seite 8                                              Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Abbildung 3 Anzahl der Personen nach Haushaltstyp nach Klassifizierung gemäß EU-SILC
und mit Inkludierung von Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen als Pensionierte,
ausgewählte Haushaltstypen

Quelle: EU SILC 2020

Abbildung 4 Armutsgefährdung nach Berechnungsmethode EU-SILC und mit Inkludierung
von Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen als Pensionierte, Österreich, 2020
                                                                                                 25,2%

 30,0%                                                                                                   25,5%
                                                                                    19,1%
                                                                            18,7%
                        13,9%

                                                                  14,1%
                                     14,0%

 20,0%
                13,9%

                                             13,8%

                                                          13,2%

 10,0%

  0,0%
          Gesamtbevölkerung       HH ohne Pension      HH mit Pension     Alleinleb. Männer Alleinleb. Frauen mit
                                                                             mit Pension           Pension

                            Armutsgefährdungsquote EU-Silc
                            Armutsgefährdungsquote mit Hinterbliebenenpensionen als Pensionen

Quelle: EU SILC 2020

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                          Seite 9
Haushalte ohne Pensionsbezug

Bei jenen Haushalten deren Einkommen nicht überwiegend durch Pensionsleistungen be­
stritten wurde, galten laut EU SILC im Jahr 2020 1.008.000 Personen und damit 14,0 % als
armutsgefährdet. Damit war die Personengruppe ohne Pensionsbezug laut EU SILC gering­
fügig stärker (+ 1 %) von Armut betroffen, als jene ohne Pensionsbezug.

Bei den Alleinerziehenden lag die Armutsgefährdungsquote bei 31 % und damit am höchs­
ten. Dies betraf 78.000 Personen und entsprach einem Rückgang im Vergleich zum Vor­
jahr, als noch 37 % der Alleinerziehenden unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze lagen.

Bei den Haushalten mit Kindern galten insgesamt rund 605.000 Personen und somit 15 %
in dieser Haushaltsform als armutsgefährdet. Am wenigsten von Armut bedroht waren
Mehrpersonenhaushalte. Darunter fielen sowohl Haushalte ohne Kinder (7 % Armutsge­
fährdung) sowie jene mit einem oder zwei Kindern (jeweils 10 % Armutsgefährdung).

125.000 alleinlebenden Frauen galten laut EU-SILC als von Armut bedroht. Dies entsprach
25 %. Demgegenüber standen 119.000 und damit 22 % alleinlebende Männer, die als ar­
mutsgefährdet galten.

Beim Vergleich der Daten, die sich aus der Kategorisierung von Bezieher:innen von Hinter­
bliebenenpensionen als „Haushalte ohne Pension“ (EU SILC) oder „Haushalte mit Pension“
(eigene Berechnungen) ergeben, ergeben sich vor allem bei der Gruppe der alleinleben­
den Frauen große Differenzen. Im EU-SILC Datensatz werden rund 125.000 Frauen als
„ohne Pension“ kategorisiert, obwohl sie Hinterbliebenenpensionen erhalten.

Daher weicht die von uns errechnete Armutsquote von der des EU-SILC etwas ab: sie ent­
spricht bei den alleinlebenden Frauen ohne Pension 23,8%, ist also niedriger als von EU-
SILC angenommen. Damit ist auch die Armutsquote bei der Bevölkerung ohne Pension et­
was niedriger: sie beträgt laut unseren Berechnungen 13,8%. Damit ergibt sich für Haus­
halte ohne Pension eine etwas niedrigere (- 0,3 %) Armutsgefährdung als für Haushalte
mit Pension.

Seite 10                                       Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
1.4 Armutsgefährdung im EU-Länder Vergleich (gemäß EU SILC)

2020 galten in Österreich 13,9 % der Bevölkerung als armutsgefährdet. Das entsprach
rund 1.222.000 Personen. In der EU-27 lag dieser Wert bei 17,1 %, das waren rund
75.258.000 Menschen. Damit ist die Armutsgefährdungsquote sowohl in Österreich als
auch im EU-27-Schnitt im letzten Jahr angestiegen und zwar um 0,6 Prozentpunkte.

Bei den über 65-Jährigen in Österreich war der Anstieg von 0,2 Prozentpunkten im vergan­
genen Jahr geringer und lag 2020 bei 14,1 % (rund 216.000 Personen). In der EU-27 waren
17,3 % (rund 15.469.000 Personen) der über 65-Jährigen von Armut bedroht. Damit ist die
Armutsgefährdungsquote in dieser Altersgruppe um 1,2 Prozentpunkte angestiegen.

In der Altersgruppe der über 75-Jährigen lag die Armutsgefährdungsquote in Österreich
bei 14,5 % (rund 101.000 Menschen) und im EU-27-Schnitt bei 19,0 % (rund 7.856.000
Personen). In Österreich ist die Quote damit sogar um 0,1 Prozentpunkte zurückgegangen,
im EU-27-Schnitt um 1,8 Prozentpunkte angestiegen.

Abbildung 5 Armutsgefährdungsquote gesamt Österreich und ausgewählte EU-Länder,
2020
                                                                                                                         21,7%

 25,0%
                                                                                                                                 21,0%
                                                                                                                 20,2%
                     19,2%
                             18,5%

                                                                                                                                                 17,8%
             17,7%

                                                                                                 17,2%

                                                                                                                                                         17,1%
 20,0%
                                                                                                                                         16,3%
                                                                                                         16,1%
                                                                                         15,0%
                                                                        14,3%
                                                                                13,9%
                                                                13,6%
                                     12,4%

                                                     12,2%
                                             12,1%

 15,0%

 10,0%

  5,0%

  0,0%
            Deutschland               Finnland                 Österreich                Schweden                 Spanien                   EU-27

                                                             Männer             Frauen      Gesamt

Quelle: EU SILC 2020

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                                                                          Seite 11
Abbildung 6 Armutsgefährdungsquote der 65+ Jährigen Österreich und ausgewählte EU-
Länder, 2020

                      22,6%
 25,0%

                              20,6%

                                                                                                                           20,6%
                                                                                                   19,7%

                                                                                                                                                   19,7%
                                                                                                                                   18,8%
              18,2%

                                                                                                                                                           17,3%
                                                                        16,9%
 20,0%

                                                                                                                   16,4%
                                              15,9%

                                                                                                           15,3%

                                                                                                                                           14,2%
                                                                                14,1%
                                                      13,9%
 15,0%
                                      11,3%

                                                                10,5%

                                                                                           10,2%
 10,0%

   5,0%

   0,0%
             Deutschland               Finnland                 Österreich                 Schweden                 Spanien                   EU-27

                                                              Männer            Frauen        Gesamt

Quelle: EU SILC 2020

1.5 Messung von Armutsgefährdung im Kontext des EU 2020 Ziels
zur Armutsreduktion: der AROPE-Indikator

Eine weitere Möglichkeit zur Messung von Armut ist der AROPE-Indikator. In der Europäi­
schen Säule für soziale Rechte bekennt sich die EU unter anderem zum Ziel der Armutsbe­
kämpfung. Bis Ende 2020 sollte die Zahl derjenigen die von Armut und sozialer Exklusion
betroffen sind EU-weit um 20 Millionen (im Vergleich zu 2008) reduziert werden. Umge­
rechnet auf Österreich entsprach das 235.000 Personen. Bis Ende 2030 soll die Zahl der
Menschen die von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen sind noch einmal um 15
Millionen verringert werden.

Evaluiert wird dieses Ziel anhand des AROPE-Indikators. Dabei steht AROPE für „At risk of
poverty or social exclusion“. Unter AROPE (Definition bis 2020) fallen Haushalte, die

    •      armutsgefährdet sind, also unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle von 60% des
           nationalen Einkommensmedians leben (AROP-Indikator) ODER
    •      erheblich materiell depriviert sind (4 von 9 Merkmalen) ODER
    •      in einem Haushalt mit niedriger Erwerbsintensität leben

Seite 12                                                                                Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Während der AROP-Indikator, der im vorangehenden Kapitel besprochen wurde also die
relative Armut misst, bezieht materielle Deprivation absolute Armut mit ein. Hierbei wird
evaluiert, welche materiellen Güter sich ein Haushalt leisten, beziehungsweise nicht leis­
ten kann. Ein Haushalt wird als materiell depriviert betrachtet, wenn er sich 4 von 9 essen­
ziellen Gütern nicht leisten kann. Zu diesen Gütern zählen unter anderem die Fähigkeit,
für Miete und Energiekosten aufzukommen, sich eine adäquate Ernährung leisten zu kön­
nen oder einmal im Jahr für eine Woche in den Urlaub fahren zu können.

Ein Haushalt wird als niedrig erwerbstätig eingestuft, wenn die volljährigen Mitglieder des
Haushalts (im Alter von 18 bis 59 Jahren) zusammen weniger als 20% ihres Arbeitspotenti­
als erwerbstätig sind.

Weiterentwicklung des Indikators

Der oben beschriebene AROPE-Indikator kam in den Jahren 2008 bis 2020 zu Anwendung,
um die Erreichung des EU 2020 Ziel der Armutsreduktion zu erfassen. Für das neue Ziel für
2030 wurde der Indikator geringfügig angepasst.

1.6 AROPE-Indikator nach Alter und Geschlecht

Betrachtet man materielle Notlagen durch die Linse des AROPE-Indikators, so waren in Ös­
terreich im Jahr 2020 rund 1,5 Mio. Menschen von Armut oder sozialer Exklusion betrof­
fen. Dies entspricht in etwa 17% der Gesamtbevölkerung. Im Vergleich zum Vorjahr stieg
die Zahl der Betroffenen um 0,6% was exakt der Steigerung des AROP-Indikators ent­
spricht. Ebenso wie bei der Betrachtung der Armutsgefährdung, steigt bei Frauen mit dem
Alter die Armutsgefährdung. Für die ältere Bevölkerung ist die Altersgruppe 55+ darge­
stellt.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                               Seite 13
Abbildung 7 AROPE nach Alter und Geschlecht, Österreich 2020

 20,0%

 15,0%

                                             18,5%

                                                          17,9%

                                                                                              17,5%
 10,0%

                            17,0%

                                                                                 15,9%
                12,8%

   5,0%

   0,0%
                   Männer                        Frauen                              Gesamt

                                       55+           Gesamt

Quelle: EU SILC 2020

1.7 AROPE-Indikator nach Haushaltstyp

Abbildung 8 zeigt die AROPE-Quote für das Jahr 2020 nach Haushaltstypen, wobei die
erste die Haushaltsdefinition laut EU-SILC abbildet und die zweite Datenreihe Bezieher:in­
nen von Hinterbliebenenleistungen als Pensionierte zählt.

Erwartungsgemäß ist auch hier der Anteil der Armutsgefährdeten bei den Alleinerziehen­
den – und zwar unabhängig vom Geschlecht – am höchsten. Rund die Hälfte der Alleiner­
ziehenden ist von Armut oder sozialer Exklusion betroffen. Die AROPE-Quote in der Ge­
samtbevölkerung beträgt 16,9% und ist damit etwas höher als der AROP-Indikator, der bei
13,9% liegt.

Auch Ein-Personen-Haushalte sind stark von Armut und sozialer Exklusion betroffen. Dies
gilt sowohl für die Gruppe der Erwerbstätigen als auch für Pensionierte. Während die Ge­
fährdung in der Gesamtbevölkerung bei 17% liegt, liegt sie bei alleinlebenden Männern im
Erwerbsalter bei 27% und bei alleinlebenden Frauen bei 29%.

Betrachtet man die Gruppe der Pensionierten fällt wiederum die leichte Unterschätzung
der Armutsquote in der Berechnung laut EU-SILC auf: Diese beträgt laut EU-SILC 14,7%. In­
kludiert man die Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen als Pensionierte, dann be­
trägt die Armutsquote unter den Pensionierten 15,8%.

Seite 14                                                Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Sowohl alleinlebende Pensionisten mit 19,8% (EU-SILC) bzw. 20,1% (inkl. Hinterbliebenen­
pensionen) als auch Pensionistinnen 27,8% (EU-SILC) bzw. 28,0% (inkl. Hinterbliebenen­
pensionen) sind auch erheblich gefährdet.

Abbildung 8 AROPE nach Haushaltstyp, verschiedene Klassifizierungen, Österreich 2020

                                                           51,3%
                                                           51,3%
   60,0%

                                                                   44,0%
                                                                   43,7%
   50,0%

   40,0%
                                       28,6%
                                       28,6%

                                                                                                    28,0%
                                                                                                    27,8%
                               27,4%
                               27,4%

   30,0%

                                                                                            20,1%
                                                                                            19,8%
                      17,4%
                      17,2%

                                                                           17,1%
                                                                           17,1%
             16,9%
             16,9%

                                                                                    15,8%
                                                                                   14,7%
                                                 11,0%

   20,0%

                                                                                                            10,5%
                                                                                                            10,5%
                                                9,4%

   10,0%

    0,0%

                         AROPE-Quote, Definition EU-Silc
                         AROPE-Quote, Pensionierte inkl. Beziehende von Hinterbliebenleistungen

Quelle: EU SILC 2020

Für Personen, die sich nicht mehr im Erwerbsalter befinden, entfällt der dritte Indikator.
Aufgrund dieser unterschiedlichen Messung sind AROPE-Raten zwischen der erwerbstäti­
gen und der älteren Bevölkerung auch nicht direkt vergleichbar.

Aus Policy-Perspektive ist auch eine Betrachtung der Gesamtzahl der AROPE-Personen in­
teressant. Hier zeigt sich, dass trotz der erhöhten Gefährdung der Alleinlebenden und Al­
leinerziehenden, die größte Zahl der gefährdeten Menschen in Mehrpersonenhaushalten
lebt.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                     Seite 15
Abbildung 9 AROPE, Anzahl der Personen nach verschiedenen Klassifizierungen, Öster­
reich 2020

                                                                           628.664
                                                                           628.664
  700.000
  600.000
  500.000
  400.000

                                      204.381
                                      200.067
               149.086
               146.931

                           144.628

                                                                                                       126.313

                                                                                                                 121.977
                                                                                                                 114.809
  300.000
                          109.107

                                                                                                      90.791
                                                               90.515
                                                               90.515
  200.000

                                                                                       27.190
                                                                                       25.035
                                                  21.363
                                                  21.363
  100.000
           ­

                         AROPE, Personen, Definition EU-Silc
                         AROPE, Personen, Pensionierte inkl. Beziehende von Hinterbliebenleistungen

Quelle: EU SILC 2020

Seite 16                                                   Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
2 Einkommensungleichheit

Das durchschnittliche Einkommen von Pensionist:innen liegt deutlich unter dem der Er­
werbsbevölkerung. Trotzdem ist die Armutsgefährdung in dieser Gruppe (je nach Berech­
nungsmethode) etwa gleich wie die der Haushalte ohne Pension. Eine Ursache dafür ist,
dass auch die Ungleichheit in der älteren Bevölkerung niedriger ist als in der Bevölkerung
im erwerbsfähigen Alter. Das folgende Kapitel ist diesem Phänomen gewidmet.

2.1 Durchschnittliche Einkommen nach Haushaltstyp

Abbildung 10 Durchschnittseinkommen nach Haushaltstyp, äquivalisiertes Jahreseinkom­
men, 2020
                                                        36.567
                                                        36.905

         40.000
                            30.090
                            29.953
                   29.527
                   29.527

                                                                                                                       29.006
                                                                                                                       28.861
                                     28.756
                                     28.659

                                                                                            27.647
                                                                                   27.345
                                                                                   27.345

                                                                                            27.319
                                               27.220

                                                                                                     27.136
                                                                                                     26.616
         35.000
                                              26.197

                                                                                                              23.718
                                                                                                              23.539
         30.000
                                                                          21.081
                                                                          21.081
                                                                 20.515
                                                                 20.515

         25.000
   EUR

         20.000
         15.000
         10.000
          5.000
             ­

                      Durchschnitteinkommen, Definition EU-Silc
                      Durchschnittseinkommen, Pensionierte inkl. Beziehende von Hinterbliebenleistungen

Quelle: EU SILC 2020

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                           Seite 17
Das Durchschnittseinkommen der Erwerbsbevölkerung ist im Schnitt um rund EUR 2.000
höher als das der Pensionierten. Im Jahr 2020 lag das durchschnittliche Einkommen bei
29.503 EUR und damit um rund 900 EUR höher als im Jahr 2019. Die niedrigsten Einkom­
men waren bei Alleinerziehenden zu finden (~21.000 EUR), gefolgt von alleinlebenden
Frauen mit Pension (~24.000 EUR). Die höchsten Einkommen erzielten Mehrpersonen­
haushalte ohne Kinder.

2.2 Verteilung auf die Quintile

Eine Darstellung der Bevölkerung nach Einkommensquintilen kann einen besseren Über­
blick über die Verteilung von Einkommen liefern. Das erste Quintil stellt dabei die Ärmsten
20% der Bevölkerung dar. Das durchschnittliche Einkommen der untersten 20% liegt mit
rund 13.000 EUR unter der Armutsgefährdungsschwelle von rund 16.000 EUR.

Tabelle 1 Durchschnittliches äquivalisiertes Einkommen und Einkommensobergrenze in
Euro nach Einkommensquintilen

 Einkommen                •     Quin      •     Quin         •    Quin         •    Quin          •   Quin
                                til             til               til               til               til

 Obere Einkom­         18.120          24.052           29.662             38.532            -
 mensgrenze

 Durchschnittliches    13.020          21.238           26.714             33.538            53.115
 Einkommen
Quelle: EU SILC 2020

Wie im vorangehenden Abschnitt besprochen, liegen die Durchschnittseinkommen der
Pensionierten unter denen der jüngeren Bevölkerung. Dies führt aber nicht zu einer er­
höhten Armutsgefährdung in der Gruppe der Pensionierten. Das liegt unter anderem da­
ran, das Einkommen bei den Pensionierten insgesamt gleichmäßiger verteilt sind, als in
der Erwerbsbevölkerung. So entfallen bei den Pensionierten (unter Einbezug der Empfän­
ger:innen von Hinterbliebenenpensionen) insgesamt 66% auf die mittleren Quintile, in der
Erwerbsbevölkerung nur 59%. Bei den alleinlebenden Frauen in Pension befinden sich hin­
gegen 36% im unteren Einkommensfünftel.

Seite 18                                               Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Abbildung 11 Quintilsschichtung, Haushalte im Erwerbsalter, 2020

                                                                                                  52%
     60%

                                                                                                                     44%
     50%

                                                                                      36%
                                                     34%

                                                                                                         32%
     40%

                                                                                                                       28%
                                                                                 26%
                                          26%

                                                                                                                                             23%
                                                                                                                                             23%
                                                                                                                                            22%
                21%

                                        20%
                                        20%
               20%

               20%
     30%
               19%
               19%

                                                             19%

                                                                                                                                           18%
                                       18%

                                                            17%
                                                            17%
                                      16%

                                                                                                                                          15%
                                                                               15%
                                                           14%

                                                                              13%

                                                                                                                              13%
                                                                                                    11%

                                                                                                                             10%
     20%

                                                                             10%

                                                                                                                           5%
                                                                                                            3%
     10%

                                                                                                           2%
       0%

Quelle: EU SILC 2020

Abbildung 12 Quintilsschichtung, Pensionist:innen-Haushalte inkl. Empfänger:innen von
Hinterbliebenenpensionen, 2020
                                                                                     36%

 40%

 35%
                                                           26%

 30%
                                                                                                                                         25%
                          23%

                                               23%

                                                                                                                                   23%
                                                                                            23%
                    23%

                                                                                                                                               21%

 25%
                                                                 20%
                                20%
              19%

                                                     19%

                                                                                                   17%

                                                                                                                                                     17%

 20%
                                      15%

                                                                                                          15%

                                                                                                                             14%
                                                                       12%

 15%
                                                                                                                9%

 10%

  5%

  0%
            HH mit Pension gesamt           Alleinlebende Männer mit Alleinlebende Frauen mit Mehrpersonen-Haushalte
                                                     Pension                  Pension              mit Pension

Quelle: EU SILC 2020

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                                                               Seite 19
2.3 Einkommensarten in den Quintilen

Laut dem Datensatz EU-SILC bezogen Haushalte in Österreich durchschnittlich 14% ihres
Einkommens aus Sozialtransfers und 21% aus Pensionen. Die restlichen 65% bezogen sie
aus anderen Einkommensquellen, also aus Erwerbsarbeit, aber auch zum Beispiel aus der
Vermietung von Immobilien. Bei Haushalten mit niedrigem Einkommen bilden erwar­
tungsgemäß Sozialtransfers eine wichtige Einkommensquelle. Sie machen im ersten Quin­
til 34% und im zweiten Quintil noch 16% des Gesamteinkommens aus.

Abbildung 13 Einkommensarten nach Quintilen, 2020

 100%

                                                                                                                   79%
                                                                                                 73%
                                                                           66%
            65%

   80%
                                                  60%
                                44%

   60%
                                      34%

                                                                                       24%
                                                              24%

   40%
                                            21%
                        21%

                                                                                                            20%

                                                                                                                              17%
                                                        16%
                  14%

                                                                                 10%

   20%

                                                                                                       7%

                                                                                                                         4%
    0%
           Durchschitt          1. Quintil        2. Quintil                3. Quintil            4. Quintil       5. Quintil

                                 Sonstiges Einkommen                Sozialtransfers          Pensionen

Quelle: EU SILC 2020

Abbildung 14 Einkommensarten nach Quintilen für Haushalte ohne Pension, 2020
                                                                                                 88%

                                                                                                                   90%
                                                                           83%

 100%
            79%

                                                  77%

   80%
                                56%
                                      43%

   60%
   40%
                                                        20%
                  17%

                                                                                 12%

                                                                                                       8%

                                                                                                                              6%

   20%
                                                                                       4%

                                                                                                                         4%
                                                                                                            4%
                        4%

                                                              3%
                                            2%

    0%
           Durchschnitt         1. Quintil        2. Quintil                3. Quintil            4. Quintil       5. Quintil

                        Anteil Sonstiges Einkommen            Anteil Sozialtransfers            Anteil Pensionen

Quelle: EU SILC 2020

Seite 20                                                               Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Bei den Pensionierten fällt auf, dass der Anteil der Sozialtransfers in allen Quintilen sehr
gering ist. Auch im ersten Quintil liegt er lediglich bei 4%. Dies lässt darauf schließen, dass
das Pensionssystem für einen Großteil der Bevölkerung und auch für diejenigen, die im
Laufe ihres Erwerbslebens in schwierigen Arbeits- und Lebenssituationen waren, zugäng­
lich ist. Nur wenige Pensionierte fallen aus dem Pensionssystem ganz hinaus und sind zu­
sätzlich auf Sozialtransfers angewiesen.

Abbildung 15 Einkommensarten nach Quintilen für Haushalte mit Pension, 2020

                              Einkommensarten nach Quintilen,
                                     HH mit Pension
                                       94%

                                                       92%

                                                                           91%
                      90%

                                                                                            88%

                                                                                                               85%
 100%

  80%

  60%

  40%

                                                                                                    13%
                                                                                 10%
  20%
                                                                 7%
            7%

                                             5%
                                  4%

                                                  3%
                 3%

                                                                      2%
                             2%

                                                                                       2%

                                                                                                          1%
    0%
           Durchschnitt      1. Quintil      2. Quintil           3. Quintil     4. Quintil         5. Quintil

                  Anteil Sonstiges Einkommen           Anteil Sozialtransfers    Anteil Pensionen

Quelle: EU SILC 2020

2.4 Einkommensanteile S80/S20

Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung von Einkommensverteilungen ist der S80/S20-
Indikator. Dieser stellt das Einkommen des obersten Quintils, also der reichsten 20% der
Bevölkerung im Verhältnis zu dem des untersten Quintils dar. In Österreich hatten die
obersten 20% der Bevölkerung im Durchschnitt ein rund 4-mal so hohes Einkommen wie
die untersten 20%. Bei den Pensionierten ist auch dieser Indikator mit 3,7 etwas niedriger.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                                              Seite 21
Abbildung 16 Einkommensanteile S80/S20, Österreich 2020

                         Einkommensanteile S80/S20

    Alle Pensionierten               3,7

 Ohne Pension/Aktive                                            4,2

  Gesamtbevölkerung                                       4,1

Quelle: EU SILC 2020

Seite 22                                        Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
3 Die Ausgleichszulage

Über die Ausgleichszulage wird Pensionsbezieherinnen und -beziehern, die in Österreich
leben, ein bestimmtes Mindesteinkommen gesichert.

Sofern das Gesamteinkommen, d.h. die Pension inklusive sonstigem Nettoeinkommen und
eventueller Unterhaltsansprüche, unter dem gesetzlich festgelegtem Mindestbetrag (dem
Richtwert) liegt, wird zur Pension eine Ausgleichszulage gewährt. Das heißt die Ausgleichs­
zulage gebührt in Höhe der Differenz zwischen Ausgleichszulagenrichtsatz und Summe der
Pension und sonstigem anrechenbaren Nettoeinkommen und Unterhaltsansprüchen.

2021 beträgt der Richtsatz für Alleinstehende EUR 1.000,48 und der Richtsatz für Ehe­
paare bzw. eingetragene Partner:innen EUR 1.578,36.

Für ein Kind, für das Anspruch auf Kinderzuschuss besteht und dessen Einkommen unter­
halb von EUR 367,98 (2021) liegt, gebührt ein Erhöhungsbetrag von EUR 154,37.4 Bei Er­
füllung der Voraussetzungen wird auch zu einer Witwen- oder Waisenpension eine Aus­
gleichszulage ausbezahlt.

3.1 Anzahl der Ausgleichzulagenbezieher:innen

Im Dezember 2020 bezogen insgesamt 198.378 Personen eine Ausgleichzulage. Davon wa­
ren 133.545 Frauen und 64.833 Männer.

4
 Der Kinderzuschuss beträgt EUR 29,07 monatlich. Er kann von einem Elternteil geltend gemacht werden
und gebührt zur Pension und zu den Pensionssonderzahlungen. Der Kinderzuschuss wird nicht auf die Aus­
gleichszulage angerechnet. Sofern der Erhöhungsbetrag gebührt wird er um den Kinderzuschuss vermindert.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                         Seite 23
Tabelle 2 Stand der Ausgleichszulagenbezieher:innen, Dezember 20205

 Anzahl der Ausgleichzulagen­     Männer         Frauen                    Gesamt
 bezieherinnen

 Alleinstehend                    42.248         126.624                   168.872

 Ehepaar/eingetragene Partner     22.585         6.921                     29.506

 Gesamt                           64.833         133.545                   198.378
Quelle: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, eigene Berechnun­
gen

Da bei den Ausgleichszulagen, die Ehepaaren gewährt werden, jeweils zwei Personen ein­
kommensmäßig bessergestellt werden, umfasst der durch die Ausgleichszulagen abge­
deckte Personenkreis insgesamt 227.884 Personen (2 mal 29.506 Ehepaare plus 168.872
Einzelrichtsatzbezieher:innen).

Von den insgesamt 198.378 gewährten Ausgleichszulagen (Dezember 2020) gebührte sie
am häufigsten, nämlich 109.126-mal zu einer Direktpension. Am zweithäufigsten, nämlich
45.365-mal wurde die Ausgleichszulage zu einer Witwer- bzw. (mehrheitlich) zu einer Wit­
wenpension ausbezahlt.

Abbildung 17 Ausgleichszulagen und Art der Pensionsleistung, Stand Dezember 2020

                                                     Alleinstehende/r mit
                                                     Direktpension
                   29.506
                                                     Witwen/Witwer
                 14.381

                 45.365         109.126              Waise

                                                     Ehepaare

Quelle: Pensionsversicherung – Jahresstatistik, eigene Berechnungen

Seite 24                                      Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Zusätzlich zur Ausgleichszulage wurde in 6.539 Fällen ein oder mehrere Erhöhungsbeträge
für ein bzw. mehrere Kinder gewährt.

Der Erhöhungsbetrag wurde zuzüglich zur Ausgleichszulage in der Höhe von EUR 149,15
für jedes Kind ausbezahlt. Vorausgesetzt, das monatliche Einkommen des Kindes lag un­
terhalb von EUR 355,54 (Werte 2020).

Im Dezember 2020 wurde der Erhöhungsbetrag 4.651-mal zur Ausgleichszulage für jeweils
ein Kind und 1.287-mal wurden Erhöhungsbeträge für jeweils zwei Kinder ausbezahlt. In
601 Fällen wurden Erhöhungsbeträge für drei oder mehrere Kinder gewährt.

Von den insgesamt 6.539 Fällen in denen ein oder mehrere Erhöhungsbeträge gewährt
wurden, waren 1.545 Ausgleichszulagenbezieher:innen über 65 Jahre alt. Davon waren
insgesamt 1.103 Männer und 442 Frauen. Männer im Alter 65+ erhielten damit rund dop­
pelt so häufig einen oder mehrere Erhöhungsbeträge zuzüglich zur Ausgleichszulage.

Dies ist in erster Linie jenem Umstand geschuldet, dass insgesamt rund die Hälfte der Er­
höhungsbeträge bei den über 65-Jährigen, nämlich in 760 Fällen, an Ehepaare/eingetra­
gene Partner:innen ausbezahlt wurde und der Großteil der Bezieher:innen des Ehericht­
satzes (und somit auch der allfälligen Erhöhungsbeträge) Männer waren.

3.2 Armutsgefährdung und Ausgleichszulagenbezug

Im Folgenden werden den jeweiligen Armutsgefährdungsgrenzen die Ausgleichszulagen­
richtsätze gegenübergestellt.

Die Armutsgefährdungsgrenze wird abhängig von der Haushaltszusammensetzung berech­
net. In der EU-SILC-Statistik werden zur Berechnung der jeweiligen Armutsgefährdungs­
grenzen Gewichtungen herangezogen:

Die erste Person, die in einem Haushalt lebt und 14 Jahre oder älter ist, wird mit dem Fak­
tor 1,0 gewichtet. Jede weitere Person, die 14 Jahre oder älter ist, fließt mit dem Faktor
0,5 in die Berechnung ein. Personen, die zwischen 0 und 13 Jahren alt sind, erhalten einen
Gewichtungsfaktor von 0,3.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                Seite 25
Bei den Ausgleichszulagenrichtsätzen wurden zum Zweck der Vergleichbarkeit jährliche
Nettowerte, d.h. der Bruttoausgleichszulagenrichtsatz abzüglich 5,1 % Krankenversiche­
rungsbeitrag, herangezogen.

Bei der Berechnung der Ausgleichszulagenrichtsätze wurde bei drei Erwachsenen der Fa­
milienrichtsatz und der Erhöhungsbetrag für ein Kind herangezogen und bei vier Erwach­
senen der Familienrichtsatz zuzüglich zwei Mal der Erhöhungsbetrag für ein Kind.

     Erklärung: Es wurde die Annahme getroffen, dass die dritte bzw. dritte und vierte
     Person im Haushalt über 13 Jahre alt ist. Bei der Berechnung der
     Armutsgefährdungsgrenze fließen sie daher mit dem gleichen Gewichtungsfaktor
     ein, wie ein Erwachsener, bei der Gewährung der Ausgleichszulage zählen sie als
     Kinder für die ein Erhöhungsbetrag gebührt.

Seite 26                                        Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Tabelle 3 Armutsgefährdungsgrenze und Ausgleichszulagenrichtsätze, jährliche Werte für
das Jahr 2020

 Haushaltszusammensetzung             Armutsgefähr­       Ausgleichszulagen-   in % der Armuts­
                                      dungsgrenze in      richtsatz netto      gefährdungs­
                                      EUR                 (AZ) in EUR          grenze

 1 Erwachsener                        15.933              13.292               81%

 1 Erwachsener und 1 Kind             20.713              15.343               72%

 1 Erwachsener und 2 Kinder           25.493              17.394               66%

 1 Erwachsener und 3 Kinder           30.273              19.445               62%

 1 Erwachsener und 4 Kinder           35.053              21.496               59%

 2 Erwachsene                         23.900              20.970               82%

 2 Erwachsene und 1 Kind              28.679              23.021               75%

 2 Erwachsene und 2 Kinder            33.459              25.072               70%

 2 Erwachsene und 3 Kinder            38.239              27.123               67%

 2 Erwachsene und 4 Kinder            43.019              29.174               64%

 3 Erwachsene                         31.866              23.021               68%

 4 Erwachsene                         39.833              25.072               59%
Quelle: EU-SILC 2020, eigene Berechnungen

Ein alleinstehende:r Ausgleichszulagenbezieher:in erreichte 2020 ein Niveau von 81 % und
zwei erwachsene Ausgleichszulagenbezieher:innen ein Niveau von 82 % der Armutsge­
fährdungsschwelle.

Nicht berücksichtigt wird in dieser Darstellung allerdings, dass bei Ausgleichszulagenbezie­
her:innen bestimmte Einkünfte außer Betracht bleiben. Dazu zählen unter anderem Pfle­
gegeld, Wohnbeihilfe, Familienbeihilfe, Studienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld.

Ausgleichszulagenbezieher:innen können auch bestimmte Befreiungen erhalten: Dazu
zählen die Rundfunkgebühren und/oder die Rezeptgebührenbefreiung.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                           Seite 27
Seit 2020 gibt es zudem einen Bonus für all jene Pensionistinnen bzw. Pensionisten, die
trotz langer Erwerbstätigkeit eine geringe Pension beziehen. Der Pensions- bzw. Aus­
gleichszulagenbonus wird zusätzlich an jene Personen ausgezahlt, die zumindest 30 bzw.
40 Jahre an Erwerbstätigkeit vorweisen können.

Mit Stand Dezember 2020 erhielten 15.858 Personen einen Ausgleichszulagenbonus und
9.850 Personen einen Pensionsbonus.

3.3 Ausgleichszulage und Familienbeihilfenbezug

Zuzüglich zur Ausgleichszulage gebührt für jedes Kind Familienbeihilfe. Die Höhe der Fami­
lienbeihilfe ist abhängig vom Alter des Kindes und der Anzahl der Kinder insgesamt (Mehr­
kindzuschlag), die in einem Haushalt leben. Bei der Berechnung der Höhe der Familienbei­
hilfe wurde die Annahme getroffen, dass alle Kinder zwischen 10 und 16 Jahren alt sind.

Die Höhe der Familienbeihilfe wurde seit 2018 nicht angehoben, allerdings wurde auf­
grund der Covid-19-Krise 2020 für jedes Kind für das die Familienbeihilfe bezogen wurde,
eine einmalige Auszahlung von EUR 360 gewährt.

Damit konnte 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 eine höhere finanzielle Absicherung bei
Familienbeihilfenbezieher:innen erreicht werden.

Bspw. erreichte ein erwachsener Ausgleichszulagenbezieher mit zwei Kindern 2020 84 %
der Armutsgefährdungsschwelle und damit ein Plus von 3 Prozentpunkten gegenüber dem
Vorjahr.

Seite 28                                       Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
Tabelle 4 Armutsgefährdungsgrenze und Ausgleichszulagenrichtsätze inkl. Familienbeihilfe
für das Jahr 2020

 Haushaltszusammensetzung             Armutsgefähr­       Ausgleichszulagen-    in % der Ar­
                                      dungsgrenzen in     richtsatz (AZ)        mutsge-fährdungs­
                                      EUR                 netto inkl. Famili­   grenze
                                                          enbeihilfe in EUR

 1 Erwachsener                        15.933              12.843                81%

 1 Erwachsener und 1 Kind             20.713              16.983                82%

 1 Erwachsener und 2 Kinder           25.493              21.293                84%

 1 Erwachsener und 3 Kinder           30.273              25.888                86%

 1 Erwachsener und 4 Kinder           35.053              30.673                88%

 2 Erwachsene                         23.900              19.557                82%

 2 Erwachsene und 1 Kind              28.679              23.697                83%

 2 Erwachsene und 2 Kinder            33.459              28.007                84%

 2 Erwachsene und 3 Kinder            38.239              32.602                85%

 2 Erwachsene und 4 Kinder            43.019              37.387                87%

 3 Erwachsene                         31.866              23.697                74%

 4 Erwachsene                         39.833              28.007                70%
Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen

3.4 Ausgleichszulage und Pflegegeldbezug

Zuzüglich zu einer Ausgleichszulage kann bei Erfüllung der Voraussetzungen auch Pflege­
geld bezogen werden. Pflegegeld gebührt 12-mal jährlich und wird abhängig vom Grad der
Pflegebedürftigkeit in sieben Stufen eingeteilt. Ab 2020 erfolgt die Valorisierung des Pfle­
gegeldes mit dem Pensionsanpassungsfaktor.

Nachstehend wurde bei zwei Erwachsenen die Annahme getroffen, dass nur einer von bei­
den Pflegegeld bezieht.

Tabelle 5 Armutsgefährdungsgrenze und Ausgleichszulagenrichtsätze inkl. Pflegegeldbe­
zug für das Jahr 2020

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                             Seite 29
Art der Leistung              1 Erwachsener   in % der          2 Erwachsene         in % der
                               Betrag in EUR   Armutsgefähr-     Betrag in EUR         Armutsge-
                                               dungsgrenze                            fährdungs­
                                                                                      grenze

 AZ                            12.843          81%               19.557               82%

 AZ inkl. Pflegegeld Stufe 1   14.764          93%               21.478               90%

 AZ inkl. Pflegegeld Stufe 2   16.385          103%              23.099               97%

 AZ inkl. Pflegegeld Stufe 3   18.362          115%              25.076               105%
Quelle: EU-SILC 2020, eigene Berechnungen

Sofern es sich um einen Erwachsenen handelt, wird bei Bezug von Pflegegeld der Stufe 2
ein Gesamteinkommen über der Armutsgefährdungsgrenze erzielt. Bei zwei Personen, die
gemeinsam in einem Haushalt leben, wird bei Bezug des Familienrichtsatzes und Pflege­
geld der Stufe 3 (bei einem Erwachsenen) ein Niveau erreicht, das über der Armutsgefähr­
dungsschwelle liegt.

3.5 Die Armutslücke

Durch die Differenz zwischen Ausgleichszulagenrichtsatz bzw. der gewährten Pension inkl.
Ausgleichszulage einerseits und der Armutsgefährdungsgrenze andererseits entsteht die
sogenannte Armutslücke:

Für eine alleinstehende Pensionistin bzw. einen alleinstehenden Pensionisten betrug diese
im Jahr 2020 19 % und war damit um einen Prozentpunkt geringer als im Vorjahr.

Die Armutslücke zeigt die prozentuelle Abweichung des Median-Einkommens der armuts­
gefährdeten Personen und der Armutsgefährdungsschwelle.

Für alle in der EU-SILC-Statistik erfassten Personen ergab dies – hochgerechnet auf die ge­
samte Wohnbevölkerung Österreichs im Jahr 2020 – im Alter von 65+ eine durchschnittli­
che Armutslücke von 20,6 %.

Während ein Wert von 20,6 % für die Altersgruppe 65+ nicht unplausibel erscheint, sind
die geschlechtsspezifischen Zeitreihen der Armutslücke im Alter 65 + der EU-SILC-Stich­
probe doch interpretationsbedürftig. Sinnvoller bzw. beinahe geboten wäre in diesem Be­

Seite 30                                          Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
reich das Abstellen auf mehrjährige Durchschnittsbetrachtungen bei denen auch eventu­
elle Ausreißer außer Betracht bleiben. Diese Berechnungen könnten validere Daten lie­
fern, als die jährlichen EU-SILC Stichprobendaten.

Die nachfolgende Tabelle illustriert die Armutslücke der Altersgruppe 65+:

Tabelle 6 Relative Armutslücke der Altersgruppe 65+, Österreich

              2009     2010     2011    2012     2013     2014   2015   2016   2017   2018   2019   2020

 Gesamt       17,4     18,6     19,1    19,0     20,7     19,6   17,8   16,1   18,0   19,3   19,6   20,6

 Männer       18,3     18,6     19,9    21,8     24,0     18,2   17,9   18,3   17,0   21,3   24,2   25,2

 Frauen       16,8     18,6     19,0    18,9     19,8     20,1   17,8   13,9   18,8   18,7   18,1   17,1
Quelle: Eurostat, EU-SILC

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                             Seite 31
4 Fazit

Im Jahresdurchschnitt 2020 waren rund 1.712.000 Personen in Österreich im Alter 65+.
Das waren 19,2 % der Bevölkerung.

Davon waren 216.000 Personen, das sind 14,1 % dieser Altersgruppe, armutsgefährdet.
Ihr äquivalisiertes Haushaltseinkommen war niedriger als 60% des Medians der Einkom­
men. Im Jahr 2020 lag diese sogenannte Armutsgefährdungsschwelle bei einem äquivali­
sierten Jahreseinkommen von EUR 15.933 (netto).

Von diesen 216.000 Personen im Alter 65+ waren rund 71.000 Männer und 145.000
Frauen. Dies ergibt Armutsgefährdungsquote von 10,5 % für alleinlebende Männer und
16,9 % für alleinlebende Frauen. Mit diesen Daten liegt Österreich deutlich unter dem EU-
Durchschnitt, der einen Wert von 14,2 % für Männer und einen Wert von 19,7 % für
Frauen aufweist.

Berechnet man die Armutsgefährdung nicht nach Alter, sondern nach Haushaltstyp ergibt
sich auch hier eine etwas niedrigere Armutsgefährdung für ältere Menschen: von den
Haushalten mit Pension waren laut EU SILC Datensatz 13,2% armutsgefährdet, gegenüber
13,9% bei der Gesamtbevölkerung.

Allerdings weißen die Daten des EU SILC Datensatzes eine Ungenauigkeit auf, die darauf
zurückzuführen ist, das im EU SILC sehr unterschiedliche Pensionssysteme in Bezug gesetzt
werden. Zur besseren Vergleichbarkeit der Pensionssysteme in verschiedenen EU-Mit­
gliedsländern behandelt EU SILC Einkommen aus Hinterbliebenenpensionen nicht als Pen­
sionseinkommen, was sich auch auf die Kategorisierung als Pensioniertenhaushalt aus­
wirkt. Bezieht man die Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen mit ein, dann liegt
die Armutsgefährdung der Menschen mit Pension etwas höher, nämlich bei 14,1% und da­
mit auch um 0,2% höher als in der Gesamtbevölkerung.

Im Kontext des EU-Ziels bis 2020 den Anteil der armutsbetroffenen Menschen deutlich zu
reduzieren, wird ein weiterer Indikator zur Armutsmessung herangezogen. Der AROPE-In­
dikator misst außer der relativen Armutsgefährdung auch materielle Deprivation und ge­
ringe Erwerbstätigkeit eines Haushaltes. Gemäß des AROPE-Indikators waren 2020 14,7%

Seite 32                                       Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
(laut EU-SILC) bzw. 15,8% (inkl. Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen als Pensio­
nierte) der Pensioniertenhaushalte armutsgefährdet.

Das Durchschnittseinkommen der Erwerbsbevölkerung ist im Schnitt jährlich rund EUR
2.000 höher als das der Pensionierten. Trotzdem ist die Armutsgefährdung in dieser
Gruppe (je nach Berechnungsmethode) etwa gleich wie die der Haushalte ohne Pension.
Ein Grund dafür ist, dass auch die Ungleichheit in der Gruppe der Pensionierten etwas
niedriger ist. So entfallen bei den Pensionierten (unter Einbezug der Empfänger:innen von
Hinterbliebenenpensionen) insgesamt 66% auf die mittleren Quintile, in der Erwerbsbe­
völkerung nur 59%. Bei den alleinlebenden Frauen in Pension befinden sich hingegen 36%
im unteren Einkommensfünftel. Der größte Anteil der Bevölkerung im Alter 65+ wird
durch die öffentlichen Pensionssysteme auf der Haushaltsebene einkommensmäßig ver­
sorgt. Der Anteil des Pensionseinkommens (inkl. Ausgleichszulage) am Einkommen liegt
bei den Pensionierten bei 90%, nur durchschnittlich 3% des Einkommens beziehen Pensio­
nierte aus Sozialtransfers. Auch im untersten Quintil ist der Anteil an Sozialtransfers mit
4% sehr gering.

Wenn nun 14,1 % der Bevölkerung im Alter 65 + als armutsgefährdet gelten, sind dies in­
folgedessen beinahe ausschließlich Pensionsbezieher:innen und deren Angehörige.

Im Rahmen der gesetzlichen Pensionsversicherung gibt es seit Jahrzehnten das Instrument
der Ausgleichszulage zur Bekämpfung der Altersarmut: Liegt das gesamte Nettoeinkom­
men eines Pensionisten(-haushalts) unterhalb des anzuwendenden Ausgleichszulagen­
richtsatzes, wird die Pension durch die Gewährung der bedarfsorientierten Ausgleichszu­
lage auf die Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes aufgestockt.

Die Ausgleichszulage ist keine Pension und damit keine Versicherungsleistung. Sie ist eine
Sozialleistung und wird zur Gänze aus dem Bundeshaushalt aus Steuermitteln finanziert.
Als Sozialleistung wird sie nur an Personen mit einem Wohnsitz im Inland ausbezahlt:

Zu Jahresende 2020 bezogen rund 129.000 Personen im Alter 65 + eine derartige Leistung.
Berücksichtigt man die Tatsache, dass es dabei rund 22.000 Bezieher:innen mit dem sog.
Familienrichtsatz gibt, waren rund 151.000 Personen durch die Gewährung einer Aus­
gleichzulage einkommensmäßig bessergestellt: 42.000 Personen davon waren Männer
und 109.000 Frauen.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                                Seite 33
Selbst wenn man annimmt, dass alle Bezieher:innen einer Ausgleichzulage gleichzeitig als
armutsgefährdet gelten – was aber nicht immer der Fall ist (z. B. beim Zusammentreffen
einer Pension, Ausgleichszulage und Pflegegeld mit höherer Stufe) – gibt es damit eine Lü­
cke von offenbar mehr als 65.000 Personen, die keine Ausgleichzulage beziehen und laut
EU-SILC-Statistik zusätzlich als armutsgefährdet gelten.

Für diese „Lücke“ gibt es mehrere Gründe:

    •      Bei der Gewährung bzw. Berechnung einer Ausgleichszulage werden andere Ein­
           kommen berücksichtigt als bei der Berechnung der Armutsgefährdungsschwelle:
           Beispielsweise werden Pflegegelder oder Unfallrenten bei der Berechnung einer
           Ausgleichzulage außer Acht gelassen, diese werden aber bei der Berechnung der
           Armutsgefährdung sehr wohl berücksichtigt.
    •      Einige Einkommensbestandteile bleiben umgekehrt bei der Ermittlung der Armuts­
           gefährdung gänzlich unberücksichtigt: Dazu zählen insbesondere ausländische Pen­
           sionsleistungen, die nicht wenige Pensionsbezieher:innen im Inland erhalten und
           die bei der allfälligen Gewährung oder Nichtgewährung einer Ausgleichszulage zu
           berücksichtigen sind.
    •      Die Armutsgefährdungsschwelle lag im Jahr 2020 für einen Einpersonenhaushalt
           bei EUR 15.933 netto pro Jahr. Der analoge Ausgleichszulagenrichtsatz lag bei EUR
           12.843. Es ist daher zu vermuten, dass die Lücke zwischen Ausgleichszulagenbezie­
           her:innen und armutsgefährdeten Personen im Alter 65+ insbesondere aus Perso­
           nen besteht, deren Nettoeinkommen über dem Ausgleichszulagenrichtsatz und un­
           ter der Armutsschwelle liegt.
    •      Durch die Differenz zwischen Ausgleichszulagenrichtsatz bzw. der gewährten Pen­
           sion und der Armutsschwelle entsteht eine sogenannte Armutslücke: Für eine al­
           leinstehende Pensionistin bzw. einen alleinstehenden Pensionisten betrug diese im
           Jahr 2020 19 %. Für alle in der EU-SILC-Statistik erfassten Personen ergab dies –
           hochgerechnet auf die gesamte Wohnbevölkerung Österreichs – im Alter von 65+
           eine durchschnittliche Armutslücke von 20,6 %.
    •

Dessen ungeachtet ist wohl die überproportionale Erhöhung der Ausgleichszulagen-Richt­
sätze kurz- und mittelfristig die wirksamste Maßnahme im Bereich der Armutsbekämp­
fung im Alter: Dies verringert zwar nicht die Armutsgefährdungsquote, kann aber bereits
in kurzer Zeit die sogenannte Armutslücke substantiell verringern (selbst wenn sich dies in

Seite 34                                            Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion
den EUSILC Stichprobendaten aufgrund der erheblichen Stichprobenschwankungen nicht
oder nicht sofort manifestiert).

Die Pensionsanpassungen 2021 und 2022 mit den überproportionalen Erhöhungen der
Ausgleichszulage sind dafür als Beispiel zu nennen. Auch der 2020 neu eingeführten Pensi­
ons- bzw. Ausgleichzulagenbonus, der Pensionistinnen bzw. Pensionisten mit langen Er­
werbsphasen zugutekommt sowie der per 1.1.2022 eingeführte Frühstarterbonus sollten
ebenfalls zu einer Verkleinerung der Armutslücke beitragen.

Die Ausgleichszulage als Instrument zur Armutsreduktion                            Seite 35
Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Durchschnittliches äquivalisiertes Einkommen und Einkommensobergrenze in
Euro nach Einkommensquintilen ......................................................................................... 18
Tabelle 2 Stand der Ausgleichszulagenbezieher:innen, Dezember 2020 ............................ 24
Tabelle 3 Armutsgefährdungsgrenze und Ausgleichszulagenrichtsätze, jährliche Werte für
das Jahr 2020 ........................................................................................................................ 27
Tabelle 4 Armutsgefährdungsgrenze und Ausgleichszulagenrichtsätze inkl. Familienbeihilfe
für das Jahr 2020 .................................................................................................................. 29
Tabelle 5 Armutsgefährdungsgrenze und Ausgleichszulagenrichtsätze inkl.
Pflegegeldbezug für das Jahr 2020....................................................................................... 29
Tabelle 6 Relative Armutslücke der Altersgruppe 65+, Österreich ...................................... 31

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Armutsgefährdungsquoten nach Altersgruppen, Österreich 2020 ................... 6
Abbildung 2 Armutsgefährdungsquote nach Haushaltstyp 2009 - 2000 ............................... 7
Abbildung 3 Anzahl der Personen nach Haushaltstyp nach Klassifizierung gemäß EU-SILC
und mit Inkludierung von Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen als Pensionierte,
ausgewählte Haushaltstypen ................................................................................................. 9
Abbildung 4 Armutsgefährdung nach Berechnungsmethode EU-SILC und mit Inkludierung
von Bezieher:innen von Hinterbliebenenpensionen als Pensionierte, Österreich, 2020 ...... 9
Abbildung 5 Armutsgefährdungsquote gesamt Österreich und ausgewählte EU-Länder,
2020 ...................................................................................................................................... 11
Abbildung 6 Armutsgefährdungsquote der 65+ Jährigen Österreich und ausgewählte EU-
Länder, 2020 ......................................................................................................................... 12
Abbildung 7 AROPE nach Alter und Geschlecht, Österreich 2020 ....................................... 14
Abbildung 9 AROPE nach Haushaltstyp, verschiedene Klassifizierungen, Österreich 2020 15
Abbildung 10 AROPE, Anzahl der Personen nach verschiedenen Klassifizierungen,
Österreich 2020 .................................................................................................................... 16
Abbildung 11 Durchschnittseinkommen nach Haushaltstyp, äquivalisiertes
Jahreseinkommen, 2020 ...................................................................................................... 17
Abbildung 13 Quintilsschichtung, Haushalte im Erwerbsalter, 2020................................... 19
Abbildung 14 Quintilsschichtung, Pensionist:innen-Haushalte inkl. Empfänger:innen von
Hinterbliebenenpensionen, 2020......................................................................................... 19
Abbildung 15 Einkommensarten nach Quintilen, 2020 ....................................................... 20
Abbildung 16 Einkommensarten nach Quintilen für Haushalte ohne Pension, 2020 ......... 20
Abbildung 17 Einkommensarten nach Quintilen für Haushalte mit Pension, 2020 ............ 21
Abbildung 18 Einkommensanteile S80/S20, Österreich 2020 ............................................. 22
Abbildung 19 Ausgleichszulagen und Art der Pensionsleistung, Stand Dezember 2020..... 24

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