Die EU-Verfassung und die Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela

Die Seite wird erstellt Malin Grimm
 
WEITER LESEN
Die EU-Verfassung und die
Verfassung der Bolivarischen
Republik Venezuela
Zwei unterschiedliche Einstellungen zum
Menschen
Von Elke Zwinge-Makamizile *......................................................................

Einleitung

Den EU-Verfassungsvertrag mit der bolivarischen Verfassung Venezuelas in
Beziehung zu setzen, mag manchem so seltsam erscheinen, als wolle man Äpfel
mit Birnen vergleichen. Schon die äußere Gestalt beider Dokumente könnte nicht
unterschiedlicher sein: hier ein Konvolut von mehreren hundert Seiten mit
umfangreichen Anhängen und protokollarischen Notizen, die sich nur Fachleuten
erschließen - dort ein handliches Büchlein, das die wesentlichen Grundsätze und
Regeln für das gesellschaftliche Leben des Landes enthält; hier ein bislang
gescheitertes Unternehmen, nachdem die EU-Verfassung in Referenden Frankreichs
und der Niederlande 2005 abgelehnt worden waren – dort ein Verfassungstext, der
nicht nur formal verabschiedet wurde, sondern offenbar auch den Willen einer
großen Bevölkerungsmehrheit zum Ausdruck bringt.............................................

Wenn auch der EU-Verfassungsvertrag (EU-VV) nach seiner Niederlage 2005 in
Frankreich und den Niederlanden nicht realisiert werden dürfte, lohnt es sich doch,
ihn zu beleuchten, um deutlich zu machen, welche Interessen er verfolgt und
welche politischen Realitäten ihm längst zu Grunde liegen. In den herrschenden
Medien wird der EU-VV weitgehend positiv bewertet. Dagegen erfährt der neue Weg
Venezuelas negative Beurteilungen. Die Medien haben sich auf Hugo Chavez als Ex-
Putschisten, Populisten und Autokraten eingeschossen. Da kann es nicht aus-
bleiben, wenn die Verfassung, „seine“ Verfassung, ähnlich negativ bewertet wird.
Ich möchte im Folgenden fragen, ob diese Betrachtungen gerechtfertigt sind oder
ob die venezolanische Verfassung nicht adäquater Ausdruck der gesellschaftlichen
Realitäten und der konsensualen gesellschaftspolitischen Werte und Zielsetzungen
des Volkssouveräns ist.....................................................................................

Fragestellungen

Verfassungen und andere Rechtsgrundlagen widerspiegeln bei ihrer Entstehung die
machtpolitischen Verhältnisse sowie die im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft
aufgehobene Erfahrung der eigenen Geschichte..................................................

Dies wird im Einzelnen deutlich bei der Behandlung folgender Fragen:

   •   Welche gesellschaftlichen Kräfte waren bei der Entstehung beteiligt?
•   Wie ist eine Verfassung in der Bevölkerung verankert? (Bekanntheits- und
       Zustimmungsgrad)
   •   Welche Zielvorgaben leisten sie für eine Umsetzung in die Realität?
   •   Welche bestehenden rechtlichen Grundlagen werden übernommen, welche
       sind neu?
   •   Wem nutzt sie?

Unter den o.g. Fragestellungen vergleiche ich kursorisch und in thematischer Aus-
wahl – sozusagen als Diskussionsanstoß- die beiden Verfassungen in Hinblick auf

   •   ihre demokratische „Potenz“,
   •   die sozialen und wirtschaftlichen Grundaussagen sowie
   •   Sicherheitspolitik in Anbindung an das Völkerrecht.

Historische Einbettung des EU-VV................................................................

Der Gedanke eines vereinten Europas ist nicht neu, im Manifest von Ventotene
wurde 1941 das Programm eines sozialistischen Europas formuliert. Das Potsdamer
Abkommen von 1945 speiste sich noch aus den Erfahrungen des Faschismus und
des Krieges. Mit dem Abwurf der Atombombe jedoch begann der Kalte Krieg.

Die römischen Verträge von 1957 legten den Grundstein für ein Markt orientiertes
Europa in Konkurrenz zum sozialistischen Lager. Die Verabschiedung des Euratom-
Vertrages, die Remilitarisierung Deutschlands und der Beitritt in die NATO, das
damit einhergehende KPD-Verbot, die im Jahr 1999 verabschiedete neue NATO-
Doktrin, welche völkerrechtswidrige weltweite Interventionen und den Einsatz von
Atomwaffen auch gegen Nichtatom-Staaten legalisierte, wie auch der völker-
rechtswidrige Jugoslawien-Krieg mit seiner vermeintlich integrativen Wirkung für
ein gemeinsames europäisches Handeln, aber auch die Verträge von Maastricht
(1993), Amsterdam (1999) und Nizza (2000) bereiteten den Humus für diese
Europäische Verfassung. Auch der 11. September 2001 wurde genutzt, um im
Fahrwasser der US- amerikanischen Politik den Terrorismus zur Begründung von
Interventionen in die EU-Verfassung mit hinein zu nehmen (Art.III-309).

Entstehung des EU-VV..................................................................................

105 Politiker der EU, vornehmlich aus dem bürgerlichen Spektrum und fast
ausschließlich Männer, entwarfen, einen 500 Seiten umfassenden Text von 5 Teilen,
wobei Teil 3 mit konkreten Politikanweisungen im Verfassungskonvent nicht einmal
diskutiert wurde. Die Öffentlichkeit, sprich Zivilgesellschaft, durfte sich in einem
unverbindlichen Internet-Forum zu Wort melden, die Gewerkschaften als solche
waren im Konvent ebenso wenig vertreten wie die sozialen Bewegungen oder gar
die Friedensbewegung. Das Resultat der Arbeit des Konvents zeichnet sich aus
durch juristische und für die Allgemeinheit schwer verständliche Formulierungen,
durch angehängte Erläuterungen, welche die vorausgegangenen Rechte der ersten
Teile negieren oder relativieren, so z.B. Aussagen zum europaweiten Streikrecht,
zur Todesstrafe und zur sozialen Verantwortung des Staates.................................

Die mangelnde Transparenz während der Entstehungsphase setzte sich fort in der
fehlenden substanziellen oder falsch dargestellten Bekanntmachung in den Medien.
Bei Podiumsdiskussionen und Anhörungen im Bundestag konnte ich feststellen,
dass die Politiker der bürgerlichen Parteien zwar von großer Unkenntnis getrübt
waren, die Verfassung aber teilweise inbrünstig bejahten – wohl in ihrem grenzen-
losen Vertrauen in Konventsmitglieder, die alle bis auf zwei Frauen sich dem
herrschenden Wirtschaftssystem als bestem aller Möglichkeiten verpflichtet fühlten.
In Deutschland war die Zustimmung durch das Parlament beschlossene Sache.

Einige Parlamentarier scherten trotzdem aus und fragten u. a. nach der
Verträglichkeit des EU-VVs mit dem Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht
hat diese brisante Frage nie geklärt und damit auch die Ratifizierung des EU-VVs
durch das Parlament juristisch nicht blockiert.................................................

Die Bevölkerung durfte in einigen Ländern über ein Referendum abstimmen.
In Spanien wussten laut Umfragen 90% der Bevölkerung nicht über die Inhalte der
Verfassung Bescheid. Die Zeitungen, auch eher linksgerichtete wie „El Pais“,
betonten die Vorzüge eines vereinten, starken Europas mit friedenspolitischem
Impetus. Die Bevölkerung stimmte mehrheitlich mit Ja, allerdings bei einer lausigen
Wahlbeteiligung von nur 42 Prozent. Nachdem in Frankreich eine intensive
Aufklärung und Diskussion über die Verfassung seitens der Zivilgesellschaften
erfolgte, stimmte die Bevölkerung mehrheitlich mit Non. Es war ein sehr
repräsentatives Ergebnis: Die Wahlbeteiligung betrug 69 Prozent. Wenige Tage
nach Frankreich stimmten auch die Niederlande mit Nee, obwohl die herrschenden
Medien massiv für den EU-VV die Werbetrommel gerührt hatte..........................

Entstehung der Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela (VV)

In Venezuela hatte Hugo Chavez vor seinem Wahlsieg 1998 eine neue Verfassung
versprochen, um dem Transformationsprozess von der alten durch Oligarchien
bestimmte Gesellschaft in eine neue, bolivarische Republik – so genannt nach dem
antikolonialen Freiheitskämpfer Simon Bolivar- eine unverrückbare Grundlage zu
geben. Unter der neuen Regierung wurde die verfassungsgebende Versammlung
gewählt. Im Dezember 1999 wurde die Verfassung über ein Referendum mit 72%
angenommen. Die Bevölkerung hat einmal durch ihre gewählten Repräsentanten
aus der Bauernschaft, der indigenen Bevölkerung, der Studenten, der Wissenschaft,
der Kulturschaffenden, der Gewerkschaften, der Frauenverbände, der Unternehmer
und der Kirche in der verfassungsgebenden Versammlung wie auch mittels
intensiver Diskussionen in Organisationen und auf der Straße, die Verfassung zur
Abstimmung gebracht, die sie nun allen Grund hat als die ihrige zu empfinden.

Im missglückten, vom CIA unterstützten Putsch von 2002 zeigte sich das
Bewusstsein der Bevölkerung von ihren verfassungsmäßigen Rechten, die sie mit
allem Mut gegen die Putschisten einforderten und diese auch zum Sturz brachten.

Was ist das Besondere an der Verfassung, dass sie so verteidigt und mehr noch,
dass die in ihr enthaltenen Handlungsaufforderungen in einem voranschreitenden
Prozess in gesellschaftliche Realität umgesetzt werden sollen und wollen?
Bei diesen Überlegungen darf die Bewusstseinsbildung der Bevölkerung an Hand
der Verfassung nicht gering geschätzt werden. Viele Menschen entwickelten durch
sie einen emanzipativen Standpunkt, der ihnen in der Vergangenheit vorenthalten
wurde, so dass man heute von einer hoch politisierten Bevölkerung sprechen kann.

Die demokratischen Rechte im Vergleich...................................................

In der Verfassung Venezuelas (VV) ist die Teilhabe des Volkes bei der Gestaltung
der Gesellschaft in Form einer partizipativen und nicht allein repräsentativen
Demokratie ein zentrales Recht und zugleich eine Aufforderung. Dem Volk wird eine
aktive Rolle bei der Entstehung und Ausübung von gesellschaftlichen Funktionen,
wie bei der Kontrolle und Abwählbarkeit von Amtsinhabern zugewiesen (Art.62,
70).Ein noch nie da gewesenes Recht besteht darin, dass Amtsinhaber jeder Ebene
nach der Hälfte ihrer Amtszeit über ein Referendum abgewählt werden können.
Die Wahlberechtigten haben das Recht, dass ihre Repräsentanten öffentlich und
nachvollziehbar Rechenschaft über ihre Amtsführung gemäß dem vorgestellten
Wahlprogramm ablegen(Art.66). Neben den klassischen drei Gewalten - Legislative,
Exekutive und Judikative- werden als verfassungsmäßiges Novum und
demokratische Erweiterung die Bürgergewalt und die Wahlgewalt hinein
genommen.

Der EU-VV verengt die Mitbestimmung mit Hilfe der Zuständigkeit der Institutionen.
Die Gesetzesinitiative liegt ausschließlich bei der Kommission. Sie muss sich keiner
öffentlichen Wahl stellen. Sie erhält Befugnisse, die es den Kommissaren
ermöglicht, eigenständig multilaterale Handelsverträge (GATS) zu verhandeln. Der
Ministerrat und nicht das weiter gefasste EU-Parlament treffen Entscheidungen zur
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), unter die Auslandseinsätze,
sprich Entscheidungen über Krieg und Frieden, fallen..........................................

Mit den turbomäßig voranschreitenden Privatisierungen und dem Sozialabbau -
interessanterweise verstärkt seit dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers -
geht ein rapider Abbau von gesellschaftlicher Mitgestaltung und Mitbestimmung
seitens der Arbeitnehmer einher. Industrie und Wirtschaft begrüßten verständ
licherweise den EU-VV, haben sie doch auch über den Einfluss der neo-liberalen
think tanks wie der Mont-Pèlerin-Gesellschaft und des ERT daran mitgewirkt.

Soziale und wirtschaftliche Rechte im Vergleich..........................................

Viele Artikel der VV formulieren Zielvorgaben und Prinzipien. Sie benennen, wohin,
mit wem und zu welchem Nutzen der Prozess der Transformation hin orientiert.
Das aktive Volk ist das entscheidende Subjekt der Erneuerung (Art.5, 62, 63, 66,
70-74 ). Der Staat gewährleistet umfassende bürgerliche, soziale, wirtschaftliche
und kulturelle Rechte. Die VV orientiert auf Ziele hin, wie diese in Art.3 genannt
sind, "...der Schutz und die individuelle Entwicklung des Menschen, die
demokratische Ausübung des Volkswillens, der Aufbau einer gerechten und
friedliebenden Gesellschaft, die Förderung des Wohlstandes des Volkes….“ Dieser
Wortlaut scheint vergleichbar mit Art. 1-3 des EU-VVs: „Ziel der Union ist es, den
Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen der Völker zu fördern“ Im gleichen Artikel
heißt es jedoch weiter: Die Union bietet ihren BürgerInnen „einen Binnenmarkt mit
freiem und unverfälschten Wettbewerb“. In der Grundrechtecharta wird noch
ergänzend das Grundrecht der unternehmerischen Freiheit hinzugefügt (Art.II-76).

Im Gesamttext der Europäischen Verfassung wird die Unterordnung der sozialen
Rechte unter die Rechte des freien Marktes deutlich. Erhärtet wird dies u.a. an den
verabschiedeten und geplanten Gesetzen wie die zur Dienstleistungsrichtlinie und
der Standortfreiheit für Unternehmen mit allen für sie vorteilhaften Bedingungen.

Es ist in der EU-VV keine Rede mehr von der Sozialpflichtigkeit des Eigentums wie
es unser Grundgesetz formuliert. Diese und andere progressive Artikel, entstanden
unter dem Einfluss der Erfahrungen des Faschismus und des 2. Weltkrieges, wären
juristisch hinfällig bei Zustandekommen des EU-VV.........................................

Die Europäische Zentralbank (sie und die "Bank" werden in der EU-VV 176 mal
genannt) ist den Regierungen nicht einmal rechenschaftspflichtig. Sie ist Hüterin
der Preisstabilität (Art.I-30), die auf Kosten sozialer Sicherheit eingehalten wird.
Die EZB handelt allein im Interesse der Kapitalakkumulation................................

Die Zentralbank Venezuelas dagegen unterliegt dem Grundsatz der öffentlichen
Verantwortlichkeit. Sie legt vor der Nationalversammlung Rechenschaft ab und ist
den sozialen Zielen der Verfassung verpflichtet (Art.319). Die Vergabe von
Kleinkrediten mit niedrigen Zinsen ist eine ihrer Aufgaben. Eine Bank des Südens
(Banco de Sur) ist anvisiert, die die Integration Lateinamerikas im Sinne einer
sozialen Gerechtigkeit fördert und unterstützt.................................................

Venezuela ist nicht mehr abhängig von der Weltbank und vom IWF.

Weitere wirtschaftliche Charakteristika, die den Weg in einen Sozialismus des
21. Jahrhunderts ebnen helfen, sind das Verbot von Monopolbildung (Art.113), die
Förderung von alternativen Wirtschaftsformen, Genossenschaften, Kollektiven und
Sparkassen (Art.118). Die Hausarbeit ist anerkannt als eine Wirtschaftstätigkeit
und deshalb sozial versichert (Art.88).Die Feststellung, dass der Großgrundbesitz
gegen das gesellschaftliche Interesse verstößt (Art.307), war Grundlage für das
2002 erlassene Bodengesetz. (Im selben Jahr erfolgte der Putschversuch). Die
Einnahmen aus der Ausbeutung der Bodenschätze (vor allen Dingen Öl) werden zu
Investitionen im Bildungs- und Gesundheitswesen genutzt (Art.311). Ausländische
Unternehmen dürfen keine günstigeren Bedingungen erhalten (Art.301). Wasser ist
öffentliches Gut (Art.304). Die Registrierung von Patenten ist verboten (Art.124).

Zu den Zielen der sozialen Rechte in Venezuela zählen: Schaffen von Arbeits-
plätzen, Arbeitszeitverkürzung, Gewährleistung eines sicheren und hygienischen
Wohnraums,      Auf-    und   Ausbau       des       staatlichen         Gesundheits-           und
Bildungssystems.(Art.83, 84,102).....................................................................

Die bisher gemachten Erfolge zeigen, dass es sich in Venezuela nicht um eine so
genannte populistische Politik handelt, die die VV als totes Papier betrachtet,
sondern es wurden und werden über zum Teil selbst organisierte "Missionen"
handfeste Resultate erzielt wie der Aufbau von Schulen und Universitäten, die
kostenlose Gesundheitsversorgung bis in die „barrios“ hinein, Beseitigung des
Analphabetismus (letztere beiden mit personeller Unterstützung kubanischer
Fachkräfte), die Realisierung der speziellen Rechte der indigenen Bevölkerung
(Art.119-124), Minderung der Armutsrate um 32 Prozent, Minderung der
Arbeitslosenrate u.v.a.m..................................................................................

Sicherheitspolitik und internationales Recht im Vergleich.......................

In der VV sind Souveränität, Nichteinmischung und Selbstbestimmung der Völker
eine dem Völkerrecht entsprechende herausragende Maxime. Das Militär dient allein
der Landesverteidigung. Deshalb braucht es in der VV auch keiner Formulierungs-
schlichen wie Interventionen zu begründen wären. Ausländische Militärstützpunkte
sind verboten (Art.13). (Zum Vergleich: In der BRD sind 73 US-amerikanische
Militärstützpunkte. Einige werden für völkerrechtswidrige Kriegsflüge in den Irak
und für CIA-Flüge mit Verschleppungen genutzt. Auf deutschem Territorium lagern
150 US-amerikanische Atomwaffen)..................................................................

Der Staat Venezuela verhindert die Herstellung und Gebrauch von ABC-Waffen
(Art.129), er unterstützt die nukleare Abrüstung (Präambel). Die Einbettung der
Verfassung Venezuelas in das internationale Recht wird bekräftigt. „Die von
Venezuela    unterzeichneten   und    ratifizierten Abkommen,    Verträge   und
Konventionen zu den Menschenrechten genießen Verfassungsrang…“(Art.23).

Das europäische Militärbündnis kann laut EU-VV außerhalb seines Territoriums
agieren, ein Mandat der UN wird nicht vorausgesetzt. „Präventive“ „Verteidigung“
im Sinne der US-amerikanischen Nationalen Sicherheitsdoktrin sind mit Art. III-309
möglich. Vorbereitet wurde dies durch die Neue NATO- Doktrin.............................

Ein militärisches Sonderbündnis (Kerneuropa) kann ungehindert durch andere
europäische Staaten in einer „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ agieren
(Art. III-312). Die Mitgliedstaaten werden zur Verbesserung der militärischen
Fähigkeiten verpflichtet und eine Verteidigungsagentur ist eingerichtet (Art. I-41).

Diese Aufrüstungsverpflichtung ist ein absolutes Novum in einer Verfassung und
muss als verfassungsunwürdig bezeichnet werden............................................

Der Verfassungs-Konvent nahm nicht das Urteil des Internationalen Gerichtshofs
von Den Haag von 1996 zum Verbot der Herstellung und Weiterverbreitung
atomarer Waffen - wie dies von der Zivilgesellschaft (IPPNM; IALANA u.v a.)
gefordert wurde - in den EU-VV auf, genauso wenig wie den Ausstieg aus dem
Euratom-Vertrag.

Der Frieden bleibt ein auf Europa bezogenes, aber nicht globales Projekt wie durch
die UNO-Charta festgelegt. Die direkte Anbindung an die UNO-Charta wird
gemieden, wie sie noch eindeutig im Grundgesetz der BRD und der Pariser Charta
von 1990 vorgenommen wurde.......................................................................
Fazit

Der EU-VV manifestiert den sozialen und demokratischen Rückschritt, fördert
Privatisierungen durch die Maxime des unverfälschten Wettbewerbs, gibt dem
Kapital Vorrecht vor den Interessen der breiten Bevölkerung und schreibt die
verfassungskonforme Möglichkeit aggressiver Außenpolitik, d.h. Möglichkeiten
militärischer Interventionen außerhalb des EU-Territoriums ohne UNO-Mandat fest.

In der Verfassung der bolivarischen Republik Venezuela ist das Volk das handelnde
Subjekt. Der Staat schützt und fördert Aktivitäten, die der VV entsprechen. Dazu
gehören kollektive, solidarische Wirtschaftsformen, die Nutzung des staatlichen und
privaten Eigentums (anhand einer sozialen Steuerpolitik) zum sozialen,
wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau des Landes, ein friedliches Zusammenleben
innerhalb des Landes und gegenüber anderen Nationen entsprechend dem
Völkerrecht. Die VV befindet sich in Übereinstimmung mit den sozialen und
bürgerlichen Menschenrechten 3-er Generationen.............................................

Wenn die im Geiste der VV Handelnden ihre Geschicke, ungestört durch aggressive
Störmanöver der nationalen und internationalen Ewiggestrigen, fortführen können,
kann die Morgendämmerung (span. ALBA, wie die bolivarische Alternative in
Lateinamerika heißt) nun aus dem Süden kommend, immer mehr an Leuchtkraft
gewinnen. Die Bevölkerung Venezuelas kennt die Gefahr und wappnet sich. Sie ist
gestärkt durch die Solidarität anderer Länder wie der einer breiten anti-
imperialistischen, antineoliberalen Bewegung. Venezuela wiederum stärkt ideell und
finanziell Unterpriviligierte (auch in den USA) und baut zusammen mit anderen
Staaten an der Vision Simon Bolivars "unser Amerika".....so wie wir an einem
"Europa von unten"........................................................................................

Literatur:

   •    Dario Azzellini: Venezuela Bolivariana
   •    „EU global-fatal!?“ Textsammlung zur Europakonferenz März 2005, Stuttgart
   •    Elke Zwinge-Makamizile: „Europa in schlechter Verfassung“, Dokumentarfilm,
        2005
   •    Elke Zwinge-Makamizile: „Venezuela in guter Verfassung“, Dokumentarfilm,
        2006 (Bestellung über attac).

* Elke Zwinge-Makamizile ist Dipl.Pädagogin und lebt in Berlin; aktives Mitglied bei
attac, „Achse des Friedens“ Berlin, Internationale Liga für Menschenrechte und
Bundesausschuss Friedensratschlag.
Sie können auch lesen