Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU nach 2020 - Stand der Verhandlungen aus Naturschutzsicht - Naturschutztage
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Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU nach 2020 Stand der Verhandlungen aus Naturschutzsicht KONSTANTIN KREISER Leiter Globale und EU-Naturschutzpolitik NABU-Bundesverband Naturschutztage am Bodensee, 5.Januar 2019
Gliederung des Vortrags 1. Die Krise der Artenvielfalt und was die Landwirtschaft damit zu tun hat. 2. Wie die GAP vom Problem zur Lösung werden könnte. 3. Die GAP-Verhandlungen – wo stehen wir, was geht noch? 4. Was können wir gemeinsam tun? 2
Das große Sterben – und Schweigen Das Verschwinden der Turteltaube in Europa (1980-2015) Foto Turteltaube: David King 3
Typische Verlierer: Weitverbreitete Feldvögel (c) NABU/K. Kleinke (c) NABU/C. Hektor (c) NABU/U. Doll Kiebitz Rebhuhn Feldlerche - 75% - 94% - 34% Zeitraum 1990-2009 Quelle: Sudfeldt C. et al, 2014.: Vögel in Deutschland 2013
Hauptproblem: Die Intensivierung der Landwirtschaft 120 100 Erträge 1949-2011 80 Winterweizen Sommerweizen Ertrag [dt/ha] Roggen 60 Wintergerste Sommergerste 40 Hafer Körnermais 20 Raps und Rübsamen 0
Welche Aspekte der Intensivierung sind schuld am Rückgang von Vogelarten? Pestizide Verlust von Brachen Verlust von extensivem Grünland Düngung von Grünland Häufigeres und früheres Mähen Rückgang der Anbauvielfalt Größere Schläge Verlust von Hecken, Büschen, Bäumen Vegetation zu dicht und zu hoch Rückgang der Viehhaltung Mangel an Nistplätzen Zunahme von Prädation 11
Erstes Zwischenfazit: Unsere Landwirtschaft muss sich ändern! • Wir haben es mit dramatischen Verlusten an Vielfalt und Anzahl von Tieren und Pflanzen in der „Normallandschaft“ zu tun. • Die Regelungen des Naturschutzes sind essentiell, erfolgreich und müssen weiter ausgebaut werden. Gegen die Intensivierung der Landwirtschaft konnten sie bisher aber nichts ausrichten. • Verpflichtende Anforderungen UND ökonomische Anreize für die Landwirtschaft müssen grundlegend verändert werden – EU-weit! 12
Was bewegt die Landwirtschaft? Naturraum, Gesetze & Handel & GAP Kapital, Regeln Verbraucher Wissen Landwirtschaftliche Praxis Zustand von Natur & Umwelt
Woher kommt das Einkommen der Betriebe? Handel GAP /Verbraucher (Steuergeld) (Markt) 50% 50% Einkommen der Betriebe
Wie funktioniert die GAP? fast 60 Mrd. EUR/Jahr 114 EUR pro EU-Bürger/in Kaum Anreize für Naturverträglichkeit! Kaum Investitionen in Umstellung! Vorteile für Intensivproduktion, „Zulieferer“, Grundeigentümer! 12 Mrd. EUR Erste Säule Zweite Säule „ELER“ (45 Mrd. EUR) (14 Mrd. EUR)
Zu wenig Geld für den Von den 114 „GAP- Naturschutz! Euro“ jedes EU- Bürgers fließen weniger als 5 EUR in den Naturschutz. © NABU/Klemens Karkow ELER (324 Mio. EUR) Bedarf Deutschland: EFRE EMFF 1,4 Mrd. EUR/Jahr LIFE Andere Quellen Verfügbar: (212 Mio. EUR) Bund /Länder 536 Mio. EUR/Jahr Stiftungen Bedarf EU: 20 Mrd. EUR/Jahr NICHT FINANZIERT (864 Mio. EUR) Verfügbar: Antwort der Bundesregierung auf Anfrage von BÜNDNIS90/DIE 2-3 Mrd. EUR/Jahr GRÜNEN am 28.05.2018 (5/223); Horlitz et al (2018) EU-Zahlen: Schätzung von BirdLife International 18
Die (letzte?) Chance: Die GAP könnte… Landwirten helfen, sich auf kommende schärfere Standards (u.a. bei Pestiziden, Düngung, Klimaschutz, Tierwohl) einzustellen; die europäische Landwirtschaft zurück in ökologisch vertretbare Grenzen führen; Landwirte bei der Umstellung auf ein System zu unterstützen, dass ihnen faire Preise zahlt und besondere Leistungen für die Gesellschaft zusätzlich attraktiv mit Steuergeld honoriert; zu einer gesünderen und ökologisch verträglichen Ernährung von uns allen beitragen; diese Transformation europaweit anschieben – und die EU zum wieder zum globalen Vorreiter machen! 20
Zweites Zwischenfazit: Die GAP muss und kann sich jetzt ändern! • Wir brauchen ausreichende verbindliche Umwelt- standards für die Landwirtschaft – wie für jeden anderen Sektor auch. • Die schwindenden GAP-Gelder müssen genutzt werden, um die notwendige Transformation von Landwirtschaft und Ernährung zu fördern und sozialverträglich zu gestalten. • Wir müssen 15 Mrd. EUR jährlich für die Honorierung von Naturschutzleistungen zweckbinden – EU-weit! 21
Alle 7 Jahre wieder: GAP-Reform 2021-2027 Mai/Juni 2018: Gesetzesvorschläge der EU-Kommission (EU-Haushalt und GAP) Verhandlung der Regierungen (Rat) Verhandlung des EU-Parlaments (EP) „Trilog“ Rat/EP/Kommission Ausgestaltung in Bund und Ländern (beginnt bereits jetzt!) Fotos: EU, Wikipedia 22
Der lange Weg zur neuen GAP 2021-2027 Verhandlungen EU-Regierungen Konsultation Vorschläge EU-Kommission EU-Kommission Verhandlungen Verhandlungen EU-Parlament EU-Parlament Umsetzung > Förderung 2017 2018 2019 2020 2021 29.3. 26.5. 1.11. Deutsche BREXIT Neue EU EU KOM Präsidentschaft WAHL Verhandlungen über EU- Finanzrahmen 2021-2027 GAP- Ausgestaltung in Bund und Ländern 23
Licht und Schatten: Der KOM-Vorschlag Kürzung der GAP um ca. 10 %, v.a. auf Kosten Zweiter Säule Direktzahlungen bleiben, müssen aber „programmiert“ werden Greening durch „erweiterte Grundanforderungen“ ersetzt (diese aber nicht ausreichend klar formuliert) Erste Säule muss „Ecoschemes“ enthalten – für diese aber kein Mindestbudget, ebenso wenig für Naturschutz insgesamt Förderung benachteiligter Gebiete nicht mehr anrechenbar als „Umweltschutz“ (in zweiter Säule) „Neues Umsetzungsmodell“ mit mehr Freiheiten: EU- Kommission soll Ergebnisse kontrollieren, nicht Maßnahmen; es fehlt an klaren Regeln, Indikatoren, Sanktionen, Mitsprache GAP bekommt ein explizites Naturschutzziel 24
Die Positionen der EU-Regierungen Viele EU-Agrarminister gegen Kürzungen und für Erhalt der Direktzahlungen mit möglichst wenig Auflagen Manche fürchten Wettbewerbsnachteile durch Abwärtsspirale bei Standards (Niederlande, Frankreich, Skandinavien), Forderung nach Mindestbudgets für Umweltausgaben Hauptkonflikt: Angleichung der Flächenprämien und mögliche Kappung von Direktzahlungen Einigung erst Ende 2019/Anfang 2020 erwartet. Fotos: Agrarheute. ZEIT-online 31
Die Position(en) der Bundesregierung ?? „Direktzahlungen sind unabdingbar als wirtschaftliche Sicherung der Landwirte“ "Mir ist es bitterernst mit der Vereinfachung der GAP!“ Mehr Umweltschutz braucht ausreichend Geld – und muss für Landwirte machbar sein. Fotos: Agrarheute, BMU. 32
Die Positionen im Europäischen Parlament Agrarausschuss mehrheitlich für Verwässerung des Kommissionsvorschlags: weniger Auflagen, „mehr Gießkanne“. Abstimmung erwartet am 6.März 2019. Umweltausschuss progressiver, wichtige Änderungsanträge liegen bereits vor (Abstimmung Ende Februar) Februar/März 2019: Debatte und Abstimmung über tausende Änderungsanträge – wichtige erste Etappe für uns! 26.Mai 2019: Europawahl – extrem wichtig, danach werden Karten neu gemischt, unklar wo danach die Verhandlungen wieder aufgenommen werden! 33
Drittes Zwischenfazit: Noch ist alles offen, Agrarlobby stark, aber in der Defensive •Schwacher Kommissionsvorschlag droht verwässert zu werden •Umweltminister und EP-Umweltausschuss kämpfen um Mitsprache – Umweltaspekte dominieren in den Medien •Agrarlobby in der Defensive, viel zu verlieren, macht keine konstruktiven Vorschläge •Chance über EP-Ausschüsse (Februar/März 2019!) •Entscheidung liegt v.a. bei Regierungschefs – EU-Gipfel im Herbst 2019 und Agrarrat 2019/2020 34
Was können wir tun? GAP zum Thema machen : Leserbriefe, Veranstaltungen, Pressearbeit, Artikel und Posts. MdEPs vor Ort ansprechen : Anrufe, Briefe, Termine. Gemeinsam Druck auf die Entscheider: Online- Aktionen, Demonstrationen, Briefe an Minister etc. Lokale Aktionen und eigenes Verhalten: „Tu Gutes und rede darüber“ - Politik in Verantwortung nehmen! 35
Demo „Wir haben es satt“ am 19.1.2019 in Berlin Foto: NABU 36
„Meine 114 EUR“ – offline, online und mit VIPs www.NeueAgrarpolitik.eu - Infos und Anregungen bei allen NABU-Landesverbänden! Foto: NABU 37
Am 26. Mai 2019 wählen gehen! Unser Europa und unsere Natur retten! Lasst das Europaparlament nicht in die Hände derer fallen, die die EU, den Frieden und die erreichten Umweltstandards zerstören wollen! 38
Dran bleiben! GAP-Ticker: blogs.NABU.de/naturschaetze-retten Twitter: @NABU_biodiv #FutureOfCAP 39
FAZIT: Jetzt gilt's! Konstantin.Kreiser@NABU.de 40
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