Die Goldenen 20er Unser Gemeindebrief Mitteilungen, Nachrichten, Beiträge aus Bodelshofen Unterboihingen Wendlingen
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3|2021 Die Goldenen 20er Unser Gemeindebrief Mitteilungen, Nachrichten, Beiträge aus Bodelshofen Unterboihingen Wendlingen
MONATSSPRÜCHE Monatsspruch September Ihr sät viel und bringt wenig ein; ihr esst und werdet doch nicht satt; ihr trinkt und bleibt doch durstig; ihr kleidet euch, und keinem wird warm; und wer Geld verdient, der legt‘s in einen löchrigen Beutel. Haggai 1,6 2 Monatsspruch Oktober Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken. Hebräer 10,24 Monatsspruch November Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus. 2. Thessalonicher 3,5
EDITORIAL der Schwarze Freitag samt Inflation Die gold‘nen 20er Jahre... und dramatischer Armut. Ihnen fällt bestimmt noch viel mehr Über welche sprechen wir denn? dazu ein. Vielleicht haben Sie als Von den schillernden 20ern des ver- Kind manches erlebt oder erzählt gangenen Jahrhunderts oder von bekommen? den aktuellen, die wir selbst gerade prägen? Spannend wird es, wenn wir aufs Heute und auf uns schauen: Was Als die Goldenen 20er werden in ist jetzt dran? Welche Chancen Deutschland die Jahre zwischen und welche Gefahren prägen unse- 1924 und 1929 bezeichnet. Kaum re Zeit? Was bauen, malen, schrei- ein Zeitalter vermag mehr Assozi- ben wir anders? Wie gestalten und ationen in uns zu wecken als dieses prägen wir denn die gegenwärtigen „Jahrfünft“: Hörbar waren Igor Stra- 20er? winsky und Paul Hindemith in der Klassik, die Comedian Harmonists, 3 Louis Armstrong im Jazz, getanzt wurde Charleston, Tango, Rumba, Shimmy. Sichtbar wurden in Kunst, Architektur und Literatur das Art Deco und die Neue Sachlichkeit: Bertold Brecht und Thomas Mann, Ernst Barlach und Käthe Kollwitz, Bauhaus mit Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe. Frau- en bekamen 1919 das Wahlrecht, trugen Kurzhaarfrisuren, eroberten neue Berufsfelder. Für die einen war Oder mal ganz konkret: Wie bringe das die Befreiung von lästigen Fes- ich mein persönliches Kolorit ein? seln — für die anderen Kulturverfall. Wo trage ich Verantwortung? Was gestalte ich mit an diesem Jahr- zehnt? Woran werden die Kinder- und En- kelgenerationen merken, dass ich in den aktuellen goldenen 20ern zwi- schen 2020 bis 2030 auf der Welt war? Ich wünsche Ihnen Neugier und Mut, diesen Fragen nachzugehen. Mit der Weimarer Republik entstand Ihre in dieser Zeit die erste deutsche De- mokratie. Zugleich lieferten die Gol- denen 20er den Nährboden für den aufkommenden Nationalsozialismus mit allem Schrecken, der damit ver- Sigrid Schöttle bunden war. Gegen Ende dieser Ära Wir freuen uns auf Ihre Veranstaltungshinweise, Beiträge und Anregungen. So können Sie uns erreichen: Redaktionsteam, c/o Gemeindebüro, Im Städtle 6, 73240 Wendlingen, Tel. 7220, pfarramt.wendlingen-am-neckar.nord@elkw.de
FUNDRAISING Fundraising - mal Beleuchtetes Johannesforum andersherum betrachtet – verheißungsvoller Blick in Mittlerweile haben wir in unserer unsere Zukunft Kirchengemeinde einen schönen Gut 100 Besucherinnen und Besu- Strauß an Fundraisingprojekten, um cher haben am Freitag, 23.7., und (im Schwerpunkt) für unser Johan- Samstag, 24.7., einen Eindruck von nesforum Spenden zu sammeln. dem bekommen, was ab Mai 2022 Ein buntes und funktionierendes in der Stadtmitte auf uns wartet. Fundraising ist jedoch auch Aus- Buntheit und Begegnung, Gesprä- druck einer vielfältigen, gabenori- che und Musik, Raum für Bewährtes entierten Kirchengemeinde: Fund- und Neues. Die Baustelle am Jo- raisingprojekte brauchen Mut und hannesforum war bunt erleuchtet. den Glauben. Mut, auch Geld für 48 farbige Strahler ließen sowohl Ideen auszugeben, bei denen nicht die Räume als auch die anwesenden sicher ist, ob und wie sie spenden- Personen in einem ganz besonderen 4 wirksam sind. Glaube vor allem Licht erscheinen. Markus Lange am an die Menschen, die ihre Energie Saxophon und Urs Bicheler am Pia- in solche Projekte stecken, weil sie no sorgten für den guten Ton und überzeugt sind: „Das fliegt!“ Das hat die Musik vom Wendlinger Som- viel mit Gabenorientierung einer merdorf in der Nachbarschaft mach- Kirchengemeinde zu tun. Jede(r) ist te uns deutlich, wo wir zukünftig mit den Fähigkeiten willkommen, präsent sein werden. Mitten in der die sie/er gottgegeben mit einbringt. Stadt und mitten im Leben! Hier und da braucht es auch ein Während Ute Schwarzkopf-Bin- „über den eigenen Schatten sprin- der und Sonja Weiblen das Kon- gen“ bei jedem: Pfarrern, Gremien, zept des Unterstützungszentrums Ehrenamtlichen. Dass dies in unse- der Bruderhausdiakonie vorstellten, rer Kirchengemeinde funktioniert, wo zukünftig 23 Menschen mit Be- macht mir persönlich täglich Freude hinderung Heimat finden werden, und erzeugt Zuversicht. erläuterten Hans-Georg Class, Di- Fühlen Sie sich also ermutigt, Ihre akonin Bärbel Greiler-Unrath und Ideen einzubringen und darüber ein Pfarrer Peter Brändle, wie das Jo- Teil z.B. unseres Johannesforums zu hannesforum von Seiten der Evan- sein. gelischen Kirchengemeinde mit Le- Hans-Georg Class ben erfüllt werden wird. Sekt und Selters am Ende jeder Füh- rung ermöglichten, was hier künf- tig selbstverständlich sein soll: Dass Menschen einander begegnen und Ideen entwickeln. Ein Leuchtkreuz im zukünftigen großen Saal wies auf den hin, der dieses Gebäude mit seiner Gegen- wart prägen will. Ein herzlicher Dank geht an alle, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben. Nicht zuletzt auch an die Pfadfinder, welche die Nachtwache übernommen haben. Pfarrer Peter Brändle
AKTUELL Der 3zehn16-Jugendgottesdienst fand am 18. Juli zum ersten Mal in Wendlingen statt - ein echtes Erlebnis! Ein Team aus 12 Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie Diakon Matthias Kunz (EJBN) und Pfarrer Paul-Bernhard Elwert hat den Gottesdienst geplant und durchgeführt. Kantor Bicheler bot mit Jugendchor und Band tolle Musik. Das Dekoteam hatte Schwimmringe und Luftmatratzen aufgehängt, Fischernetze, Muscheln und Liegestühle verteilt, durch 'Algengirlanden' 5 konnte man ins Kirchenschiff hineintauchen. Ole hatte zuhause einen riesigen Leuchtturm mit Licht gebaut. Der passte zwar kaum durch die Kirchentür, aber dafür umso besser zu Anspiel & Predigt. Das Anspielteam hatte ein eigenes kleines Theaterstück über Verzweiflung und Rettung und die Kraft des Gebets geschrieben und dafür ein großes Schlauchboot neben die Kanzel gestellt. Auch im Leben kann's stürmisch zugehen und Orientierung abhandenkommen. In der Predigt war es mir wichtig zu zeigen, dass das mit den beiden Menschen auf hoher See mehr als eine Geschichte war. Durch einen Unfall war ich mal in eine ähnliche Lage gekommen und hatte ganz verzweifelt gebetet. Gott schickte mir da neue Orientierung, Hoffnung und Rettung. Mit einfühlsamen Fürbitten des Gebetsteams und dem Segenslied endete der 3zehn16-JuGo. Draußen wartete das Bistro- team mit Wassereis, Keksen und Getränken für die gut 100 Besucher*innen. Ein toller Auftakt für unsere Jugendgottesdienste, herzlichen Dank an alle Mitwirkenden! Pfarrer Paul-Bernhard Elwert
GEISTLICHES WORT Kultur oder den eigenen Gefühlen Göttlich oder saugut? Göttliches zu finden. „Göttlich, diese Soße“, so ein guter Gerade das machte Karl Barth spä- Bekannter bei einem gemeinsamen ter so wertvoll. Als es nämlich da- Essen im Pfarrhaus. Offensichtlich rum ging, der Nazi-Ideologie einer hatte ihm das, was aus rein irdischen übermenschlichen Herrenrasse ent- Zutaten gerührt wurde, himmlisch gegenzutreten, da widersprach er so gut geschmeckt. deutlich und scharf wie kaum ein anderer und stand dabei auf festem Immer wieder bemühen wir Gott Boden seiner theologischen Über- in unseren Redewendungen: wenn zeugung. wir etwas besonders gut finden oder einer Aussage besonderes Gewicht Im Jahr 1922 schrieb er: „Wir sollen verleihen wollen. Damit stellen wir als Theologen von Gott reden. Wir eine direkte Verbindung zwischen sind aber Menschen und können als unserer menschlichen Erfahrung solche nicht von Gott reden. Wir 6 und unserer Vorstellung von Gott sollen beides, unser Sollen und un- her. ser Nicht-Können wissen, und eben damit Gott die Ehre geben.“ Diese Ich möchte Sie heute mit dem Den- demütige Haltung gefällt mir. ken eines Menschen bekannt ma- chen, der gegenüber dieser unmit- Ich meine, dass Karl Barth bis heute telbaren Verbindung zwischen uns eine wichtige Stimme in der Wahr- Menschen und Gott skeptisch war: nehmung und Einordnung unserer Karl Barth. Pfarrer und Theologie- menschlichen Erfahrungen bleibt professor aus Basel. und deshalb all denen etwas zu sa- Er setzte in den 1920er Jahren vie- gen hat, die von Gott reden. les daran, gängige Denkbewegun- Er stellt sich noch eine andere, ent- gen und Überzeugungen in Theolo- scheidende Frage: Wie reden wir gie und Kirche zu erschüttern. Sein von Gott? Grundgedanke war, dass das Handeln Gottes sich wesentlich vom Handeln Der noch junge Kommunikationsbe- des Menschen unterscheidet. rater Erik Flügge macht dafür den praktischen Vorschlag: „Sprecht Warum diese so doch einfach über Gott, wie ihr bei scharfe Trennung? einem Bier sprecht. Dann ist das Hatte Barth etwas vielleicht noch nicht modern, aber gegen die Men- immerhin mal wieder menschlich, schen und diese nah und nicht zuletzt verständlich.“ Erde? Nein, im Gegen- Wie recht Flügge hat! teil. Er war in ver- Wie eine Soße im Himmel schmeckt, schiedener Hin- werden wir dereinst hoffentlich er- Karl Barth sicht ein höchst leben. Auf der Erde aber trifft wo- diesseitig orien- möglich das „saugut“ — aus dem tierter Mensch. Aber er wurde nicht Herzen gesprochen — vielleicht bes- müde zu betonen, dass wir Gott ser, als wenn wir den Himmel bemü- ‚Gott‘ und den Menschen ‚Mensch‘ hen, um unserer irdischen Begeiste- sein lassen sollten und beides nicht rung Ausdruck zu verleihen. miteinander vermischen. Während sich nicht wenige deutsche Das meint Ihr Dichter und Denker im Ersten Welt- krieg am Erlebnis von Gemeinschaft und ewiger Unendlichkeit berausch- ten, trat der Schweizer Theologe allen Versuchen entgegen, in der Pfarrer Peter Brändle
AKTUELL „Letzte-Hilfe-Kurse“ zuzuwenden. Denn Zuwendung ist Am Ende wissen, wie es geht das, was wir alle am Ende des Le- bens am meisten brauchen. Das Lebensende und Sterben macht uns als Mitmenschen oft hilflos. Ur- Kursthemen sind u.a. altes Wissen zum Sterbegeleit ist mit • Woran erkenne ich, dass ein der Industrialisierung schleichend Mensch stirbt? verloren gegangen. In unseren „Let- • Wie wichtig sind Essen und ze-Hilfe-Kursen“ lernen interessier- Trinken am Lebensende? te Bürgerinnen und Bürger, was sie • Was ist eine Patientenverfügung? für die ihnen Nahestehenden am • Wie kann ich einem Trauernden Ende des Lebens tun können. hilfreich zur Seite stehen? Wir vermitteln Basiswissen, Ori- Zertifizierte „Letzte-Hilfe-Kurs“-Lei- entierung und einfache Hand- tung: Angelika Bauer und Sandra griffe. Sterbebegleitung ist keine Beck, Koordination AG Hospiz Kirch- Wissenschaft, sondern praktizier- heim; Reinhilde Kohnle-Vöhringer, te Mitmenschlichkeit, die auch in 7 Krankenschwester, Palliativ Care der Familie und der Nachbarschaft möglich ist. Wir möchten Ihnen Grundwissen an die Hand geben 23.11.2021, 14.00 -18.00 Uhr und Sie ermutigen, sich Sterbenden Ev. Gemeindehaus, Kirchheimer Str. 1 Teilnahmebeitrag: 20 EUR Anmeldung und Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft Hospiz Kirch- heim/T., Tel. 07021-9209227 oder info@hospiz-kirchheim.de Wenn mich die Erinnerung Ja. Das kann er nämlich. Und das nicht täuscht... — Böses be- sollten auch wir manchmal, um im halten, Gutes vergessen ? Hier und Jetzt glücklich zu werden. „Ich weiß noch genau….“, nein, ge- nau wissen wir es nie. Unser Ge- dächtnis sortiert Eindrücke und Erlebnisse nach ihrer Gefühlsinten- sität. Schöne Urlaube werden in der Erinnerung immer schöner, unan- genehme Menschen immer schur- kischer. Mein Lebens- und Selbstwertgefühl Andreas Malessa hängt u.a. davon ab, wie ich meine prägenden Erfahrungen in Erinne- Hierzu spricht Andreas Malessa, rung habe. Frühe Kindheit, Schule, Hörfunkjournalist und Buchautor der erste Kuss, das erste Kind… Was aus Hochdorf im Horizonte Gottes- habe ich behalten, was würde ich dienst am 24.10., 18.30 Uhr. Herzli- gerne loslassen und wie vermeide che Einladung! ich es, „nachtragend“ zu werden? In den Psalmen der Bibel steht oft: „Herr, gedenke nicht mehr….“ Gott wird aufgefordert, zu verges- sen?!
AKTUELL Tanz und ein freizügiges, ausgelas- Musik in den 20ern senes Nachtleben prägen die Gesell- schaft. Glenn Miller „In the mood“ 8 Comedian Harmonists Es ist vor allem das blühende kul- turelle Leben voller Zuversicht und In Deutschland kommt es zu einer Lebensfreude, das den 1920er Jah- Blüte des deutschen Schlagers. Die ren ihren goldenen Ruf verschafft. Comedian Harmonists sind hierbei Aus den USA schwappt die Charles- eines der wenigen Ensembles, die ton-Welle nach Europa und bringt es mit Liedern wie „Ein Freund, ein die Musik des Jazz und später des guter Freund“ oder „Veronika, der Swing über den großen Teich. Lenz ist da“ auch zu internationaler Bekanntheit bringen. Charleston Party (1926) Comedian Harmonists „Veronika, der Lenz ist da“ Inspiriert vom Dadaismus und der losgelösten gesellschaftlichen Grundstimmung entstehen neben zahlreichen Nonsens-Liedern, wie „Wer hat bloß den Käse zum Bahn- hof gerollt?“ oder — auch interes- sant — „Du bist als Kind zu heiß ge- badet worden“, zahlreiche Schlager, mit teilweise ganz schön frivolen Texten, die vor allem die freizügige Moral des Nachtlebens zum Aus- druck bringen. Auch aktuelle Themen finden sich Duke Ellington at the Harrington Club, 1943 humorvoll eingebracht in den Lied- Namen wie Glenn Miller, Benny texten der damaligen Schlagermu- Goodman oder Duke Ellington ste- sik wieder. Seien es technische Er- hen für die wohl populärste Stilrich- rungenschaften, wie beispielsweise tung des Jazz, den Swing, der Mitte der neue Tonfilm in „Mein Bruder der 20er Jahre seinen Ursprung hat. macht im Tonfilm die Geräusche“ Titel wie „In the mood“ mit ihrem oder der Blick in die sich öffnende typischen Big-Band-Sound sind große weite Welt mit „Was macht Ausdruck der Tanzmusik Amerikas der Mayer am Himalaja“ oder „Ich in den 20er und den 30er Jahren. fahr mit meiner Clara in die Sahara“.
AKTUELL Besonders plastisch wird dieser Übergang von spätromantisch-im- pressionistischer Tradition zur neuen, reduzierteren neo-klassizis- tischen Kompositionstechnik bei- spielsweise in den Werken von Igor „Wer hat bloß „Mein Bruder macht im Strawinsky (1882-1971) oder Paul den Käse zum Tonfilm die Geräusche“. Hindemith (1895-1963). Bahnhof gerollt“ Version von Max Raabe und dem Palast Orchester, die noch heute insbesondere die Unterhaltungsmusik der Igor Strawinsky 1920er am Leben erhalten „Pulcinella“ (1920) Auch die Kirchenmusik der 1920er Jahre geht neue Wege. Sie distan- ziert sich von den monumentalen, Allen entstehenden Bewegungen der schwülstigen und hoch emotio- 1920er Jahre ist eines gemeinsam: nalen Klangidealen der Romantik es geht um die Infragestellung bis- 9 mit ihrer differenzierten Harmonik, heriger Wertvorstellungen und die den ausufernden Orchester- und Hinwendung zu neuen Idealen der Chorbesetzungen sowie den großen Lebensgestaltung. Themen und Fra- Konzertorgeln. Charakteristisch ist gen, die auch heute gesellschaftlich vielmehr die Entstehung von zahl- aktueller nicht sein könnten. In Zei- reichen neuen Bewegungen, wie ten von Corona kommt einzig das beispielsweise der Singbewegung blühende, unbeschwerte kulturelle oder Jugendmusikbewegung, die li- Leben zu kurz. turgische, die ökumenische oder die Ein Blick auf die Titel der deutschen Orgelbewegung. Die Kirchenmusik Charts (am heutigen 29.07.2021) fasst dieser Zeit wird transparenter, emo- die aktuelle gesellschaftliche Stim- tional geradezu asketisch und tonal mung ganz trefflich zusammen — deutlich progressiver. Komponisten auch wenn man über die Texte und wie Heinrich Kaminski (1886-1946) die Musik geteilter Meinung sein darf: oder der spätere Stuttgarter Profes- sor für Komposition Johann Nepo- Da ist die Rede vom Ablegen un- muk David (1895-1977) prägen das serer schlechten Gewohnheiten kirchenmusikalische Schaffen. (Platz 1: Ed Sheeran „Bad Habits“), vom Betteln um Anerkennung und Heinrich Kaminski: dem Kampf um Selbst-behauptung Toccata über den (Platz 2: Måneskin „Beggin“), von Choral „Wie schön der Hoffnung auf eine Zukunft ohne leucht’t uns der Corona und die damit verbundenen Morgenstern“ (1923) Einschränkungen (Platz 4: RAF Ca- mora „Zukunft“). Ed Sheeran „Bad Habits“ Ich wünsche uns, dass wir in den nächsten Jahren etwas von der Un- beschwertheit der 1920er wieder aufleben lassen können und die Hinwendung zu neuen Idealen der Lebensgestaltung beibehalten, damit auch die 2020er ein goldenes Jahr- zehnt werden können. Paul Hindemith, 1923 Urs Bicheler
AKTUELL JETZT S VORM CHON E 18.-2 RKEN. 0. No vemb er ze.de) mas-put rt (tho r, Stuttga Grafike Ihre und hauer ze, Bild uns über Put Thomas mber gen • Grafik: chterdin felden-E r eze lingen a.N. e n e, Lein u Gemeind 23. D 01.le–nde f r e ge lag Jun Wir • © Ver lender entska ska iger Adv Wen hal- kgaben! Lebend dudnvgent deren Ha)u!s in vom ir d 10 rzlicnd h eiEg e in laA r n 0 shan2 a h pe mitbnrin! Ak2es1 W gen! tu- Erntedan Leebe Uhr v auc se e m irche Pr or ein d H g un um 18tlich henlafend e Eusebiusk 0-12 Uhr e Au n sieh e n f se m - h Bitte Tasusfe udn em au ättle und au f (Adres eckar f 02.10., 1 d Aben jeden o d T a scL Wen dlinge n am N a , i e a B l e Kirch engem einde Abg a b e S ten S gen i m r: Evan gelisch fos fol che talte Verans r elle In epage. Jakobskir 2 .10 ., 10-12 Uh a , 0 der Ho m Abgabe S „Blick zurück: Weißt du noch…?“ Seniorennachmittag Shalom! Komm, wir am 7. Oktober, 14.30 Uhr, suchen Frieden! Ev. Gemeindehaus, Kinderbibeltage Kirchheimer Str. 1 22.-24. Oktober 2021 Nähere Infos folgen im „Blättle“. Abend gotte sdien st am 2 4. Euseb 10.21, 18 iuskir .30 U che hr „ Gutes v Böses ergessen, behalt mit en?“ An loge u dreas Male nd Pu s blizist sa, Theo- , Hoc hdorf Bibelgesprä Für die Win chskreis te rmonate – N sprächskreis ovember bis mit Pfarrer März - ist w dem Mitteil Moser gepla ieder ein Bib ungsblatt o nt. Näheres elge- der der Hom entnehmen epage unse Sie bitte rer Kirchen gemeinde.
KASUALIEN TAUFEN 11 TRAUUNGEN BESTATTUNGEN
GOTTESDIENSTE SEPTEMBER 5. September 14. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 10.00 Uhr Gottesdienst (Elwert) „Feuer fangen und zündende Ideen“ Sommerpredigtreihe 14:00 Uhr Taufgottesdienst (Moser) 12. September 15. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 10.00 Uhr Gottesdienst (Moser) „Sturmstillung“ Sommerpredigtreihe 14. September 12 • St. Kolumban 07.50 Uhr Schulanfangsgottesdienst für alle Klassen des RBG (Brändle) 15. September • Eusebiuskirche 16.30 Uhr Ökumenischer Einschulungsgottesdienst Gartenschule (Elwert/Schmieder) 18.00 Uhr Ökumenischer Einschulungsgottesdienst Gartenschule (Elwert/Schmieder) 16. September • St. Kolumban 16.30 Uhr Ökumenischer Einschulungsgottesdienst LUS/AFS (Kunz/Schmieder) 18.00 Uhr Ökumenischer Einschulungsgottesdienst LUS/AFS (Kunz/Schmieder) 19. September 16. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Gottesdienst Pro Indonesia (Elwert) 26. September 17. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Gottesdienst (Brändle) • Jakobskirche 10.45 Uhr Gottesdienst (Brändle) OKTOBER 3. Oktober 18. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Erntedankgottesdienst (Elwert) 14.00 Uhr Taufgottesdienst (Brändle) • Jakobskirche 10.45 Uhr Erntedankgottesdienst (Brändle) 10. Oktober 19. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 10.00 Uhr Gottesdienst mit Konfirmanden- vorstellung (Brändle/Elwert) 17. Oktober 20. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Bezirksmännergottesdienst (Brändle)
GOTTESDIENSTE OKTOBER 24. Oktober 21. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Gottesdienste zum Abschluss der Kinderbibeltage (Elwert) 18.30 Uhr Abendgottesdienst Horizonte • Jakobskirche 10.45 Uhr Gottesdienst (Greiler-Unrath) 31. Oktober 22. Sonntag nach Trinitatis • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Gottesdienst (Moser) NOVEMBER 7. November Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres • Eusebiuskirche 13 09.30 Uhr Gottesdienst mit Taufen (Moser) 14. November Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Gottesdienst (Brändle) • Jakobskirche 10.45 Uhr Gottesdienst (Brändle) 17. November Buß- und Bettag • Eusebiuskirche 19.00 Uhr Gottesdienst (Greiler-Unrath) 21. November Ewigkeitssonntag • Eusebiuskirche 9.30 Uhr Gottesdienst (Elwert) 28. November 1. Sonntag im Advent • Eusebiuskirche 09.30 Uhr Gottesdienst (Moser) • Jakobskirche 10.45 Uhr Gottesdienst (Moser) Änderungen möglich - bitte Informationen im Blättle und auf der Homepage beachten.
GEBURTSTAGE SEPTEMBER 14 OKTOBER NOVEMBER Auszeit Pfarrer Moser spiratio auf dem Schwanberg. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen Pfarrer Hans-Peter Moser ist vom in dieser Zeit an das geschäftsfüh- 13. September bis 22. Oktober zu ei- rende Pfarramt, Pfarrer Brändle, ner begleiteten Auszeit im Haus Re- Tel.: 07024-7220.
BRUDERHAUSDIAKONIE Unterstützungszentrum wohner*innen so viel wie möglich Wendlingen im Johannesforum mitbestimmen. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, „Die Zukunft ist weit offen. Sie hängt dass wir die Wohnungen und Grup- von uns ab; von uns allen. Sie hängt penräume nicht im Vorfeld ausge- davon ab, was wir und viele ande- stalten. Jede*r Bewohner*in wird re Menschen tun und tun werden; selbst nach eigenen Vorstellungen heute und morgen und übermorgen. den persönlichen Lebensbereich ein- Und was wir tun und tun werden, richten. Hierfür erstellen wir einen das hängt wiederum von unserem kleinen Möbelkatalog aus dem Bett, Denken ab; und von unseren Wün- Schrank und weitere Möbel indivi- schen, unseren Hoffnungen, unse- duell ausgewählt werden können. ren Befürchtungen. Es hängt davon Die Gruppenräume werden dann ge- ab, wie wir die Welt sehen; und wie meinsam gestaltet, sodass alle sich wir die weit offenen Möglichkeiten damit identifizieren können. der Zukunft beurteilen!“ 15 Dieses Zitat von Sir Karl Raimund Popper (* 28. Juli 1902 in Wien; † 17. September 1994 in London, ös- terreichisch-britischer Philosoph) beschreibt sowohl die „Goldenen 20er“ als auch das Jahr 2022. Nach Zeiten des Verzichts und der Ein- samkeit möchten wir wieder aktiv in die Zukunft schauen und ge- meinsam etwas Neues gestalten. Nachdem der Rohbau des Unterstüt- zungszentrums erstellt ist, geht es um die Gestaltung der Innenräume und den Einbezug der zukünftigen Normalität vor Ort leben Mieter*innen des Unterstützungs- Die künftigen Bewohner‘innen sol- zentrums. len so aktiv wie möglich am gesell- Individueller Wohnraum für Men- schaftlichen Leben teilhaben. Dabei schen mit Behinderung wollen wir die bestehende Infra- struktur der Stadt Wendlingen nut- In Wendlingen werden 23 Wohn- zen. plätze in verschiedenen Wohnein- heiten angeboten, so dass hier Ein Besuch beim Friseur, sonntags Menschen mit unterschiedlichen die Frühstücksbrötchen bei der Bä- Wohnwünschen und Betreuungs- ckerei holen, abends mit Freunden bedarfen leben können. So gibt es etwas trinken gehen oder ein Re- neben zwei Wohngemeinschaften zept beim Hausarzt abholen – das auch sieben Wohnplätze speziell für alles sollte für jeden Menschen eine Menschen mit einem hohen päd- Selbstverständlichkeit sein. agogischen Unterstützungsbedarf. Wenn Sie noch Fragen haben, wen- Fünf Einzelappartements mit Kü- den Sie sich gerne an mich: chenzeile entstehen für Personen, die Unterstützung benötigen, aber Julianna Toldi selbständig leben möchten. Auch Einrichtungsleitung USZ Wendlingen zwei Wohneinheiten für Paare gibt BruderhausDiakonie es. Telefon 0151 44848708 Bereiche selbst gestalten julianna.toldi@bruderhausdiakonie.de Im Unterstützungszentrum Wend- lingen sollen die künftigen Be-
AKTUELL darauf gelegt. Sowohl auf unse- Erinnerungen an die 20er Jahre re deutschen Wurzeln als auch auf unsere Konfession. Von Geburt an 93, 97 und 99 Jahre haben sie wurde uns mitgegeben, dass sich durchlebt. Fast ein ganzes Jahrhun- unser Glaube auf das Augsburger dert: Hildegard Metz, die früher in Bekenntnis und die Reformation der Höhenstraße und jetzt im Haus gründet. Natürlich gingen wir in die Taläcker lebt, Margarete Speidel aus Deutsche Evangelische Schule. Ich Pfullingen, die Mutter unseres Re- erinnere mich daran, dass sehr vie- daktionsmitglieds Iris Schade, und le jüdische Kinder bei uns in dieser Augusta Haas aus der Neuburgstra- Schule waren. Das war ganz normal. ße, die mir auch als gute Katholikin gerne von ihrer Kindheit in Wiesen- War die Tschechoslowakei damals steig erzählte. ein multikultureller Staat ? Hildegard Metz – in der Slowakei Ja, das könnte man vielleicht schon gegründet auf das Augsburger Be- sagen. Mit Tschechen, Slowaken, 16 kenntnis Deutschen, Ungarn und Ruthenen waren wir schon so was wie ein Vor mir sitzt Hildegard Metz, gebo- Vielvölkerstaat und unser erster ren 1924 in Modra in der heutigen Staatspräsident Masaryk hat das Slowakei. Befragt nach ihrer Kind- auch unterstützt. Und im Wesentli- heit, beginnt sie zu erzählen. Davon, chen hat es funktioniert. Natürlich dass sich viel auf der Straße abge- war für uns Deutsche z.B. in der spielt hat und es immer ein Fest war, Musik immer Mozart die Nr. 1 und wenn es etwas Gutes zu essen gab. weniger Smetana oder Dvorak. Aber „Insgesamt haben wir sehr gut ge- größere Probleme hatten wir nicht lebt damals.“ miteinander. Haben Sie von den gesell- schaftlichen Aufbrüchen der 1920er Jahre etwas mitbekommen? Na ja, ich weiß noch, dass in den Wäldern viele Mit- glieder der Wandervo- gelbewegung unterwegs waren und „Frischluft- genießer“, die gehörten auch zu dieser Bewegung. Die waren oft unbekleidet unterwegs. Ihr Credo lau- Angesprochen auf die wirtschaftli- tete ja auch „zurück zur che Situation sagt sie: Natur“. Meine Tanten haben furcht- Ja, es war für uns wirklich eine sehr bar geschimpft. Aber unser Pfarrer gute Zeit. Wir hatten von allem ge- hat diese Bewegung unterstützt. nug. Mein Vater betrieb eine kleine Und da war das Geschrei natürlich Spedition und dadurch, dass aus un- groß. serer Gegend viel Wein und andere Güter verschickt wurden, gab es im- Augusta Haas – von Matrosen in mer genug Arbeit. Wiesensteig und der Zentrumspartei Wie war Ihre Situation als Deutsch- im Landtag stämmige in der damaligen Tschecho- „Mehr als Pfarr und Bürgermeister slowakei? gilt da unser Malermeister…“, mit Wissen Sie, wir gehörten ja zur diesen Worten beschreibt die heu- Deutschen Evangelischen Gemein- te 99-Jährige Augusta Haas, geb. de. Und da haben wir schon Wert Herbster, die Reputation ihres Va-
AKTUELL ters, der in Wiesensteig ein Malerge- (hochwertige Trachtenmode). Das schäft betrieb und bis weit über die war etwas ganz Besonderes. Die Grenzen der Stadt hinaus tätig war. hatten einen Chauffeur und ein vor- Angesprochen auf die angespannte nehmes Haus, mit einer Hausdame, wirtschaftliche Situation sagt sie: einer Köchin und einem Elfenbein- salon. Ich war für das Servieren zu- Gut war, dass sich mein Vater ger- ständig und ab und zu durfte ich mit ne auch in Naturalien bezahlen ließ. ins Theater und in die Oper. Bevor er mit einem Auftrag anfing konnte er zu seiner Kundschaft, oft Bauern auf der Alb sagen: „Jetzt gibsch mir erscht amol a halbe Sau ond no sieht mr weiter…“ So hat- ten meine acht Geschwister und ich genug zu essen und Not war kaum spürbar. Überhaupt war mein Vater ein sehr umtriebiger Mensch Ein 17 Unternehmer im besten Sinne. Spä- ter hat er noch eine Tankstelle eröff- net. Und für das jährliche Kinderfest hat er immer ein großes Schiff ge- baut. Da waren dann viele Kinder als Matrosen und sangen: „Ja, das ist die Liebe der Matrosen…“ — alle trugen einen Matrosenanzug. Und die Mädchen einen blauen Falten- rock und eine Matrosenbluse. Das hört sich nach einer ziemlich glücklichen Kindheit an? Augusta Emilie Haas Wir hatten eine wunderbare Kind- Frau Haas, wenn ich es recht weiß, heit. Besonders gerne erinnere ich war einer Ihrer Onkel für die Zent- mich daran, dass wir mit Waschzu- rumspartei im Landtag von Würt- bern die Fils hinuntergefahren sind. temberg, stimmt das? Das war eine Riesengaudi! Ja, wissen Sie, meine Mutter stamm- Ich komme nochmal auf den Matro- te aus der Familie Bidlingmaier. Da senanzug zurück. Erinnern Sie sich gab es allerhand gebildete Leute. noch an die Mode in dieser Zeit? Eine Tante war als Lehrerin tätig zu Also wie gesagt, wir Kinder trugen einer Zeit, in der das etwas ganz Be- diese Matrosentracht, wenn etwas sonderes war. Auch stammen meh- Besonderes war und meine Mut- rere katholische Pfarrer aus unserer ter hatte eigentlich immer ziemlich Familie. Und ein Onkel war eben hochwertige Kleider an. Sie war so- Landtagsabgeordneter. In unserer wieso eine feine Dame. In die Klei- Familie waren alle gegen die schon der wurde oft so ein Einlegekragen, in den 20er Jahren aufkommende ein Chapeaukragen, eingeknöpft. NSDAP. Aber natürlich hat auch die Mit einem Kittelschurz wäre meine Zentrumspartei am Ende zu wenig Mutter nie aus dem Haus gegangen. gegen die Nazis getan. Sie war vor ihrer Heirat bei einem Gab es damals Juden in Ihrem Hei- Grafen in Frankreich in Stellung. matort? Da hat sie einiges mitbekommen, Also ich wüsste nicht, dass in Wie- auch was die Mode angeht. sensteig Juden lebten. Aber ich er- Waren Sie später auch in Stellung? innere mich, dass immer wieder Ju- Ja, ich war schon mit 15 bei einer den an der Tür Textilien verkauften. Fabrikantenfamilie in München, Schürzen, Unterwäsche und Socken. den Inhabern der Firma Lodenfrey Das war sehr hochwertige Ware und
AKTUELL wir haben oft etwas gekauft. Meine wir schon ganz gut leben. Aber na- Mutter sagte immer: „Diese Leute türlich wurde auch gespart. Ich weiß muss man unterstützen.“ Wir haben noch, dass ich mich immer geärgert da oft etwas gekauft. Meine Mut- habe, dass die Stoffe der Stuttgarter ter sagte immer: „Diese Leute muss Traditionsfirma Bleyle so eine gute man unterstützen.“ Qualität hatten. Als jüngste von fünf Mädchen musste ich immer die alten Margarete Speidel - Freiheitsliebe, Kleider auftragen, weil die einfach CVJM und Bohnerwachs nicht kaputt gingen. Und wenn die Ärmel zu kurz waren, dann wurde Mit einem „gnitzen“ Lächeln im Ge- noch „angestrickt“. sicht betont Margarete Speidel, ge- borene Braun, die 1928 in Stuttgart das Licht der Welt erblickte, gleich zu Beginn unseres Gesprächs: „Wis- sen Sie, ich war schon immer ein 18 sehr freiheitsliebender Mensch.“ Auf meine Frage, wie sich diese Frei- heitsliebe denn in ihrer Kindheit aus- gewirkt hat, erzählt sie: Ich musste immer mit meinem Vetter an der Hand in den Kindergarten ge- hen. Das gefiel mir nicht so gut. Lie- ber wäre ich alleine gegangen. Sonst ging ich eigentlich gerne in den Kin- dergarten. Der war damals sehr von der freien Pädagogik Fröbels ge- prägt. Er war der Überzeugung, dass die Bildung eines Kindes von ihm selbst gesteuert wird und nicht von Margarete Speidel geb. Braun an ihrem außen aufgedrängt werden kann. 93. Geburtstag am 14.5.2021 Die Kinder sollen zu selbsttätig den- Und wie lief so der Alltag ab, damals? kenden Menschen erzogen werden. Die Kindergartentanten waren zum Ja, es hatte schon alles seine Ord- großen Teil Absolventinnen des Frö- nung. Montags zum Beispiel war bel-Seminars, einer besonderen Er- Waschtag. Berge von am Vortag zieherinnenschule. Das freie Spielen eingeweichter Wäsche warteten in war schon damals ein wesentlicher großen Holzzubern. Und die gute Bestandteil der Bildung im Kinder- Seifenbrühe war danach zur Reini- garten. gung des Bodens nützlich. Samstags war Back- und Badetag. In der Woh- Frau Speidel, Sie sind in einem gro- nung roch es nach einer Mischung ßen „Geschäftshaushalt“ aufge- aus frisch gebackenem Hefezopf, wachsen, insgesamt hatten Sie zehn Bohnerwachs und im Winter auch Geschwister. Wie gelang es Ihren El- Sauerkraut, das uns allen nicht so tern, die vielen Mäuler zu stopfen? sehr schmeckte. Und gegen Abend Dadurch, dass meine Eltern selbstän- kamen alle in die Badewanne, ich dig waren und eine Küferei und einen hätte mir da gerne mehr Zeit gelas- Weinhandel betrieben – da brachten sen, aber das war nicht drin. Nach die Stuttgarter noch ihr Obst zum dem Baden gab es dann den Hefe- Abliefern mitten in die Stadt, heute zopf und warmen Kakao. Sonntags unvorstellbar – und mein Vater zu- gingen wir alle in die Kirche. Die sätzlich noch Kellermeister im kö- Kinder ins Furtbachhaus vom CVJM niglichen Hofkeller und Betreuer des und die Eltern in die Leonhards- städtischen Ratskellers war, konnten oder die Stiftskirche. Dort predigte
AKTUELL immer wieder auch der Landesbi- Ja, meine Brüder waren auch im schof Theophil Wurm. Und jeden Posaunenchor. Und als die Kirchen- Sonntag gab es Braten, Kartoffelsa- glocken während des Krieges nicht lat, Nudeln und grünen Salat. mehr da waren, weil sie zu Muni- tion verarbeitet wurden, da stand Und wie kann man sich die Verkehrs- einer meiner Brüder immer auf der situation vorstellen? Plattform des Hinterhauses und hat Na ja, das meiste wurde zu Fuß er- mit der Trompete die Gemeinde zum ledigt. Ein Auto, das war schon was Gottesdienst „gerufen“, obwohl der ganz Besonderes. Man hat regel- Posaunenchor eigentlich verboten mäßig Pferdefuhrwerke der Braue- war. rei Dinkelacker gesehen. Und mein Vater hatte einen „Elektrowagen“, 93 Jahre Leben, gibt es ein Motto, mit dem er Transporte durchführte. dass Sie über ihr Leben stellen ? Das ging nur langsam vorwärts, war Ja, genau genommen eigentlich aber eine große Hilfe. Und heute ist zwei. Das erste ist: „Ich freu mich, das ja wieder „modern“. In der Zei- dass ich geboren bin.“ Und das zwei- 19 tung von heute steht, dass sogar der te: „Lobe den Herrn meine Seele und Daimler bis zum Jahr 2030 komplett vergiss nicht, was er dir Gutes getan auf E-Fahrzeuge umstellen will. Man hat.“ könnte also sagen, mein Vater war (Psalm 103, 1) seiner Zeit voraus. 1929 begann der Karlshöher Diakon Hermann Mühleisen im württem- Die Interviews führte Pfarrer Peter bergischen Jungmännerwerk eine Brändle, der sich an dieser Stelle Posaunenarbeit aufzubauen. Können ganz herzlich bei seinen Gesprächs- Sie sich daran erinnern? partnerinnen bedankt. Jeder ist ein Künster - du jungen Talentes, des fünfjährigen auch! Manuel Rechsteiner, der (mit elter- licher Unterstützung) ein Kunstwerk Auf der Kinderseite unserer vorletz- mit dem Titel „Manuels Abenteuer- ten Gemeindebriefausgabe hatten spielplatz — LEBEN — pulsierendes wir dazu aufgerufen, wie Joseph Leben“ geschaffen hat. Lieber Ma- Beuys selber künstlerisch tätig zu nuel, ein ganz tolles Bild, danke fürs werden. Hier sehen Sie das Bild eines Mitmachen!
AKTUELL Dieses Verteilblatt gibt es bis heute, 100 Jahre Evangelische natürlich in veränderter Form. Am Kinderkirche Wendlingen 9. April 1921 ist vermerkt: „Lokal im Pfarrhaus zur Vorbereitung be- Aus der Gründerzeit der Kinderkir- zogen. 1 Abend kostet für elektrisch che vor 100 Jahren Licht 50 Pfennig.“ Die Kinderkirche Wendlingen fei- Schon ab dem Gründungsjahr gab ert in diesem Jahr ein besonderes es eine Weihnachtsfeier, jeweils am Jubiläum: 100 Jahre. Wie einem 4. Advent. Die Kinder wurden be- handschriftlich verfassten Büch- schenkt mit einer Tüte gefüllt mit lein, geschrieben vom Mitbegrün- Weihnachtsbildchen, einer religi- der und damaligen Kirchengemein- ösen Schrift, Mitschele und Leb- derat Adolf Kaiser, zu entnehmen kuchen, manchmal mit Farbstiften ist, begann alles am Sonntag, den oder einem Stofftaschentuch. Im 20. Februar 1921. Damals hielt der Jahr 1931 ist verzeichnet, dass die Missionar Glöckel aus Anlass einer 20 Kinder mit einer großen Brezel be- Evangelisation in der Eusebiuskir- schenkt wurden. Von Lydia Kaiser, che einen Kindergottesdienst ab, der Tochter des Gründers, erfuhren der von etwa 400 Kindern besucht wir, dass die Backzutaten jeweils in wurde. Danach beschloss der Kir- der Adventszeit von den Helfer/in- chengemeinderat für die Kinder eine nen in der Gemeinde mit einem Lei- freiwillige Sonntagsschule zu grün- terwägelchen eingesammelt wurden, den und suchte dafür Helfer/innen. um dann in einem Privathaushalt „Diejenigen, welche Lust und Liebe Brezeln für manchmal 300 Kinder zur Sache hätten, um Jesu Willen an zu backen. Die Tradition der Weih- den Kinderherzen zu dienen, möch- nachtsbrezeln hat sich bis heute ten sich melden.“ Es meldeten sich 8 gehalten, allerdings werden diese Personen, 6 Frauen und 2 Männer. inzwischen von einem Bäcker geba- Bald kamen weitere Helfer/innen cken. hinzu. So gab es also von nun an eine Sonntagsschule, die meist von Seit Januar 1931 führt die Sonntags- mehr als 200 Kindern besucht wur- schule offiziell den Namen „Evan- de. Besondere Höhepunkte waren gelische Kinderkirche Wendlingen“. kleine Ausflüge nach Bodelshofen Immer wieder ist in dem histori- zum Kirchlein, es wurde gesungen schen Büchlein zu lesen, dass auch und gespielt und zum Abschluss der Helferkreis gemeinsam Ausflüge an der Eusebiuskirche „Nun danket unternommen hat, so zum Beispiel alle Gott“ gesungen. Um für die zur Landeskonferenz nach Ulm. Verkündigung eine Hilfe zu haben, Hier lesen wir: „Morgens ½ 5 ge- wurden 300 Exemplare des Verteil- hen wir zu siebt in kühler Morgen- blattes „Der Jugendfreund“ bestellt. nacht nach Plochingen. Um 6 Uhr Helferkreis um 1931
AKTUELL fahren wir die Fils entlang bis Ulm.“ die Kinderkirche seit der Gründung Und abends ging es nach einem an- im Jahr 1921 bis heute gehalten hat. strengenden Tag wieder zu Fuß von Vom Anfang wissen wir nur deshalb Plochingen nach Wendlingen. Da- so viel, weil Adolf Kaiser damals mals selbstverständlich! dieses Büchlein im Tagebuchstil geschrieben hat. Leider ist über die Jahre danach nichts dokumentiert, außer einem Kassenbuch, das zeigt, dass die Kinderkirche auch über die Jahre des zweiten Weltkriegs statt- gefunden hat. Wie viele Kinder mö- gen wohl in all den Jahren gekom- men sein? Wie viele Helfende waren es? Wir wissen es nicht. Erstaunlich ist, dass immer Menschen bereit wa- ren, das Evangelium an die nächste Generation weiterzutragen. 21 Kirchenmodell Seit dem Jahr 2013 hat sich auf- Als die Kinderkirche um eine Spen- grund der Fusion der beiden Evan- de für das Gustav-Adolf-Fest ge- gelischen Kirchengemeinden, die beten wurde, hat Adolf Kaiser aus Ev. Kinderkirche Wendlingen mit Steichholzschachteln ein Modell der der Ev. Kinderkirche der Johannes- Eusebiuskirche gebastelt und die- kirche Unterboihingen zusammen- se mit 10erle gefüllt, die die Kinder geschlossen. Diese wurde Anfang gesammelt hatten. Weil die Kirche der achziger Jahre von Aidlinger nicht zerstört werden sollte, hat Diakonissen gehalten, die im Kirch- man das Geld darin belassen und die heimer Krankenhaus arbeiteten. Ab Kirchenpflege hat einen Geldbetrag den neunziger Jahren übernahmen extra gespendet. Dieses Modell wur- wieder Mitglieder der Evangelischen de im Jahr 1996 aus Anlass des 75 Kirchengemeinde Unterboihingen die- jährigen Jubiläums der Kinderkirche se Aufgabe. völlig verstaubt von der Kirchen- bühne geborgen und gereinigt und Wie sich die Kinderkirche heute ge- nach dem Jubiläum an das Stadt- staltet ist im nächsten Gemeinde- museum in Unterboihingen gege- brief zu lesen. ben, wo es heute besichtigt werden Elisabeth Schoch-Fischer kann. Es ist erstaunlich, dass sich Kinderkirche 1994 Kinderkirche 1994
KINDERSEITE »Schalom« stammt aus der altorien- Frieden weltweit talischen Umwelt der Bibel und be- zeichnet den Zustand des »Heilseins« Die Sehnsucht der Menschen nach und des Wohlergehens. Frieden ist in den 2020er Jahren so Die Menschen des Alten wie auch groß wie eh und je. Was ist das aber des Neuen Testaments begrüßen und Frieden? verabschieden sich, indem sie ein- In der Bibel bedeutet »Frieden« (Heb- ander »Frieden« wünschen. räisch: »Schalom«) nicht einfach die Im Folgenden findest du das Wort Abwesenheit von Krieg, sondern viel „Frieden“ in verschiedenen Spra- mehr: umfassendes Glück, Gesund- chen. Ordne die Wörter den jeweili- heit und Wohlergehen des Einzelnen gen Sprachen zu. und der Gemeinschaft, gutes Leben in guten Beziehungen – zu anderen Viel Spaß beim Rätseln, Menschen, zu sich selbst und zu Gott Sylvia Aldinger 22 (vgl. besonders Psalm 72). Das Wort 2 Tü h 9. Lateinisch rkis sc Spa nisch ch ngli 5 He 12. Zulu 1 4E 3 Französisch bräis 6. F 7. Japa ch innis nisch ch 8. Italienisch 10. Griechisch 11. Isländisch ή νη . ειρ E .B p aix .平 C H. amani z 和 . pa F. pace rış G L. Ba A. לש ָׁ םֹוSh a lom e D. pax J. peac uhaa K. friður I. ra Lösungen: 1G, 2L, 3B, 4J, 5A, 6I, 7c, 8F, 9D, 10E, 11K, 12 H
SERVICE Wir sind gerne für Sie da: Gemeindebüro Im Städtle 6, Martina Mang mo - fr 8-12 Uhr, Tel. 7220, pfarramt.wendlingen-am-neckar.nord@elkw.de Kirchenpflege Zollernstraße 5 Iris Hettinger (Finanz- und Bauwesen) Termine nach Vereinb., Tel. 7280, iris.hettinger@elkw.de oder kirchenpflege.wendlingen@elkw.de Elke Hahn (Kindergarten und Personal) di 8.30-11.30, do 8-11 Uhr, Tel. 7280, elke.hahn2@elkw.de Pfarrer Peter Brändle 23 Pfarramt Nord, Im Städtle 6, Tel. 7220, peter.braendle@elkw.de Pfarrer Hans-Peter Moser Pfarramt Ost, Zollernstr. 5, Tel. 6881, hans-peter.moser@elkw.de Pfarrer Paul-Bernhard Elwert Pfarramt Süd, Zollernstr. 5, Tel. 969432, paul-bernhard.elwert@elkw.de Hans-Georg Class, 2. Vorsitzender des Kirchengemeinderats Starenweg 7, Tel. 0151-15846400, class@evkwn.de Kantor Urs Bicheler Tel. 0179-2642631, bicheler@evkwn.de Diakonin Bärbel Greiler-Unrath Kirchheimer Str. 1, Tel. 0152-29509529, baerbel.greiler-unrath@elkw.de Posaunenchorleitung Elisabeth Gall Tel. 929885, gall@pc-wendlingen-zizishausen.de Besuchsdienst Ansprechperson: Pfarrer Hans-Peter Moser, Ev. Pfarramt Ost, Zollernstr. 5, 73240 Wendlingen a.N., Tel. 6881, hans-peter.moser@elkw.de Impressum Herausgeber: Ev. Kirchengemeinde Wendlingen a.N., Im Städtle 6, 73240 Wendlingen, Tel. 07024-7220, pfarramt.wendlingen-am-neckar.nord@elkw.de V.i.S.d.P: Pfarrer Peter Brändle, Im Städtle 6, 73240 Wendlingen a. N., Tel. 07024-7220 Bankverbindung: KSK Esslingen-Nürtingen, Spendenkonto: IBAN DE16 6115 0020 0048 9009 42, BIC ESSLDE66XXX „Dank für den Gemeindebrief” Redaktion: Sylvia Aldinger, Peter Brändle, Dr. Andrea Fausel, Martina Mang, Iris Schade, Sigrid Schöttle Layout: Martina Mang Redaktionsschluss für Ausgabe Dezember 2021 bis Februar 2022: Freitag, 22.10.2021 Druck: Stoll Farbtreu Druckerei GmbH, An den Kiesgruben 18, 73240 Wendlingen. Der Ge- meindebrief wird auf Recycling-Papier gedruckt. Bild- und Textnachweis: BruderhausDiakonie (S. 15), Dienst (S. 4), Elwert (S. 5), Malessa (S. 7), pixabay (S. 1,3,8,10,11,22), Privat (S. 5,16,17,18,19,20,21,24), Thomas (S. 6), wikipedia (S. 1,8,9)
24 Der Pfau Ich bin ein Pfau. In meinen weißen Schwingen fängt sich das Schleierlicht der Sonne ein. Und alle Frauen, die vorübergingen, liebkosten mit dem Blick den Silberschein. Ich weiß, dass ich sehr schön bin. Meine Federn auf meinem Kopf stell ich oft kapriziös ... Ich hab das weißeste von allen Pfauenrädern; ich bin sehr teuer, selten und nervös. Ich habe leider ziemlich große Krallen, und wenn ich fliege, sieht es kläglich aus. Doch, wer mich liebt, dem werde ich gefallen, und alle Welt steht vor dem Vogelhaus. Klug bin ich nicht. Klugheit ist nicht bei allen, viel liegt nicht hinter meiner Vogelstirn. Ich will gefallen – immer nur gefallen – Ich bin ein schöner Pfau. Ich brauche kein Gehirn. Nur singen darf ich nicht. Das ordinäre Gekrächz ist nicht zu sehen – wie mein Bildnis zeigt. Ich bin ein Pfau. Und eine schöne Lehre: Wer dumm und schön ist, setzt sich. Siegt. Und schweigt. Kurt Tucholsky, 1927
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