Die Klimakrise als Krise der psychischen Gesundheit für Kinder und Jugendliche - Allum

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Die Klimakrise als Krise der psychischen Gesundheit für Kinder und Jugendliche - Allum
Pädiatrische Allergologie » 03 / 2021 » Umweltmedizin      59

UMWELTMEDIZIN

Die Klimakrise als Krise der psychischen
Gesundheit für Kinder und Jugendliche
Felix Peter, Halle (Saale) und Katharina van Bronswijk, Hamburg

Die Klimakrise birgt für den Menschen viele Risiken. Noch viel zu selten werden dabei die psychischen Konsequenzen in den Blick genommen –
weder die von akuten Umweltstressoren noch jene der kognitiven Auseinandersetzung mit der Bedrohung durch die menschengemachte Erd­
erhitzung. Wir wollen beides im folgenden Beitrag am Beispiel der Risikogruppe der Kinder und Jugendlichen anreißen und dabei exemplarisch
auf die potenziellen psychischen Folgen von Pandemien, Luftverschmutzung und „Klimasorgen“ eingehen.

Klimakrise:
Globale Perspektive
und Risikogruppen

Die Klimakrise ist in Europa angekommen
und auch in Deutschland längst präsent
(vgl. [7, 25]). Sie betrifft uns nicht erst in ei-
nigen Jahrzehnten, sondern jetzt. Weltweit
sind im Jahr 2019 Millionen junger Men-
schen auf die Straße gegangen, um jene
Erwachsenen aufzurütteln, die über die
Lebensbedingungen von morgen entschei-
den. Und dies war und ist auch notwendig,
denn die derzeitigen politischen Weichen-
stellungen weisen trotz des Pariser Klima-
abkommens in eine deutlich über 3°C hei-             Neben regionalen Unterschieden gibt          die Zukunft und das Wohlbefinden gan-
ßere Zukunft zum Ende des Jahrhunderts               es somit Risikogruppen, die besonders        zer Generationen bedrohen [36].
(z. B. [37]). Dabei wurde als Ziel vereinbart,       anfällig für die negativen Folgen der
deutlich unter 2°C zu bleiben, um eine Ka-           Erd­
                                                        erhitzung sind (vgl. [1, 10, 31, 42]):    Schon lange ist klar, dass – global gese-
tastrophe abwenden zu können.                        Menschen mit geringeren finanziellen         hen – Menschen in Entwicklungsländern
                                                     Ressourcen, ältere und somatisch oder        und jüngere Kinder durch die Folgen der
Nicht alle Menschen sind von der Kli-                psychisch erkrankte Menschen, natur-         Klimakrise überproportional betroffen
makrise gleichermaßen betroffen. Die                 verbundene Gemeinschaften, oder Kin-         sein werden [23]. Bereits 2008 hat die
Auswirkungen werden regional sehr un-                der und Jugendliche. Gerade letztere         Entwicklungswissenschaftlerin             Sheri-
terschiedlich ausfallen. So wurden kürz-             nehmen unter den Risikogruppen eine          dan Bartlett umfassend dargestellt, wel-
lich erst, zwischen September 2020 und               herausgehobene Rolle ein, weil sie auf       chen multiplen Risiken Kinder in Ländern
Februar 2021, weltweit über 10 Millionen             den Umgang mit Krisen und einschnei-         mit mittleren und niedrigen Einkommen
Menschen durch Erscheinungsformen                    denden Umweltveränderungen in vieler-        ausgesetzt sind [4]: z. B. erhöhen Hitze-
der Klimakrise wie Überflutungen oder                lei Hinsicht nicht vorbereitet sind. Und     wellen das Risiko für Hitzestress, Atem-
Dürre vertrieben, 60 % davon allein im               sie sind auch aufgrund ihrer Abhängig-       wegserkrankungen, Zoonosen und Man-
asiatischen Pazifikraum [16]. Jüngere                keit von Erwachsenen besonders vulne-        gelernährung; Starkniederschläge mit
Kinder, Frauen und ältere Menschen sind              rabel. Somit bergen Klima- und Umwelt-       anschließenden Überflutungen setzen
durch solche extremen Ereignisse am                  stressoren   erhebliche   Entwicklungs­      Kinder einer größeren Lebensgefahr aus,
stärksten gefährdet [4].                             risiken für junge Menschen und können        erhöhen das Risiko für Mangelernährung
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und    Infektionskrankheiten;      Entwick-     Belastungen und Entwicklungsrisiken            ebensowenig wie jene für Kinder, die nahe
lungsrisiken werden durch ausbleiben-           zur Folge haben. In diesem Sinne führt         Angehörige verloren haben – für die USA
den Schulbesuch, fehlende soziale Inter-        uns die Pandemie vor Augen, inwieweit          z. B. wird geschätzt, dass bislang rund
aktionen, Obdachlosigkeit und Migration         die komplexen Folgen von Umweltkri-            40.000 Kinder ein Elternteil infolge einer
sowie familiäre Stressoren größer.              sen nicht nur über direkte physikalische       COVID-19-Erkrankung verloren haben [19].
                                                Effekte, sondern auch über sekundäre
In den epidemiologischen Modellrech-            soziale Konsequenzen spürbar Wirkung           International wird diskutiert, dass das
nungen zu den gesundheitlichen Folgen           entfalten können.                              Risiko für weitere Pandemien infolge der
der Klimakrise kommen psychische Be-                                                           Erderhitzung zunehmen könnte [8]. Die
lastungen sowie Entwicklungsrisiken,            So zeigt die COPSY-Studie des Universi-        exemplarischen Folgen von „nur“ einem
die sich nicht zuletzt auch über mehrere        tätsklinikums Hamburg-Eppendorf, dass          Jahr Corona-Pandemie zeigen auf, wo-
Generationen fortsetzen können, im Ge-          über zwei Drittel der von den Forschenden      rauf sich Gesellschaften und Institutio-
gensatz zu körperlichen Erkrankungen            befragten Kinder und Jugendlichen bereits      nen künftig einstellen müssten, sollte der
noch zu kurz [29]. Solche Risiken für die       in der ersten Corona-Welle im Frühjahr         aktuelle Pfad der fortschreitenden Erder-
Gesundheit und Entwicklungsperspekti-           2020 eine hohe Belastung durch die Pan-        hitzung nicht verlassen werden.
ve von Kindern und Jugendlichen dürfen          demie erlebt hatten; im gleichen Zeitraum
jedoch nicht unterschätzt werden.               sei die „Prävalenz für psychische Auffällig-   Psychische Belastungen
                                                keiten von 17,6 % […] auf 30,4 %“ gestiegen    durch Veränderungen
Corona-Pandemie:                                [35]. In der zweiten Welle über den Jahres-    der Luftqualität
Beispiel für die psychischen                    wechsel 2020/21 habe die psychische Be-
Folgen von Umweltkrisen                         lastung weiter zugenommen oder sich auf        Eine weitere psychische Konsequenz
                                                hohem Niveau stabilisiert [34].                der Klimakrise hat mit der Luftqualität
Die Klimakrise ist längst nicht die einzige                                                    zu tun. Mehrere wissenschaftliche Ar-
ökologische Krise, die sich die Mensch-         Schon in kurzer Zeit nahmen in der Co-         beiten weisen auf den positiven Zusam-
heit selbst geschaffen hat. Das Arten­          rona-Pandemie emotionale und Verhal-           menhang zwischen höheren Temperatu-
sterben oder die Zerstörung von Ökosys-         tensprobleme sowie Einsamkeitserleben          ren und einer schlechteren Luftqualität
temen sind weitere. Doch ihre für den           zu; dies muss im Zusammenhang mit              aufgrund stärkerer Konzentrationen an
konkreten Lebensalltag in Mitteleuropa          den Veränderungen des Lebensalltags            Luftschadstoffen hin [1, 9, 21, 39, 42]. Und
bislang vergleichsweise wenig sicht- und        durch die Eindämmungsmaßnahmen, wie            eine schlechtere Luftqualität wird wie-
spürbaren Auswirkungen machen es                Schulschließungen und Abstandsrege-            derum z. B. für die Zunahme von allergi-
schwierig, hierzulande die sich aus der         lungen, gesehen werden (vgl. [6, 20]). Auf     schen Erkrankungen bei Kindern verant-
schleichenden Entwicklung der Klima­            längere Sicht müssen für schulpflichtige       wortlich gemacht [13, 18].
krise ergebenden Konsequenzen für die           junge Menschen „erhebliche Konsequen-
psychische Gesundheit wahrzunehmen              zen für die Lebenszeitperspektive […]          Doch nicht nur das: So verweisen die
und einzuschätzen. Vor diesem Hinter-           (z. B. ungünstige Schullaufbahnentwick-        Psychiaterin Lise van Susteren und der
grund lohnt sich ein Blick auf die Coro-        lung, Bildungsabschlüsse mit geringeren        Epidemiologe Wael Al-Delaimy [42] auf
na-Pandemie als sehr akutes Beispiel            Arbeitsmarktchancen,       gesundheitliche     den Zusammenhang zwischen Luftver-
weltweiter Umweltkrisen.                        Beeinträchtigungen etc.)“ angenommen           schmutzung und neurologischen Entzün-
                                                werden [28].                                   dungen, die wiederum für verschiedene
Wie unter einem Brennglas zeigt die                                                            psychische    Erkrankungen     verantwort-
Pandemie in nur einem Jahr auf, wie             Gerade gesellschaftlich benachteiligte         lich gemacht werden. Luftschadstoffe
tiefgreifend ein Impuls aus einer sich          Kinder und Jugendliche werden signifi-         können die neurologische Entwicklung
verändernden Umwelt menschliche Le-             kant stärker von solchen Belastungen           beeinträchtigen [21] und schon geringe
bensbedingungen       beeinflussen     kann     betroffen sein (vgl. [34, 35]). Die psychi-    Verschmutzungsgrade in der Luft der
und dabei neben Belastungen für die kör-        schen und biografischen Konsequen-             Wohnumgebung können bei Kindern und
perliche Gesundheit auch soziale Verän-         zen, die allein den pandemiebedingten          Jugendlichen mit einem erhöhten Risiko
derungen auslöst, die wiederum für viele        Schulschließungen zugerechnet werden           für psychische Erkrankungen einhergehen
Menschen ganz konkrete psychische               müssen, sind noch gar nicht absehbar;          [26]. Bereits eine stärkere pränatale Expo-
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sition gegenüber bestimmten Luftschad-
stoffen – in diesem Fall polyzyklische aro-
matische Kohlenwasserstoffe, die sich un-
ter anderem an verkehrsreichen Straßen
anreichern können – kann zu psychischen
Problemen wie Aufmerksamkeitsdefiziten
oder Symptomen einer Angsterkrankung
oder Depression im Grundschulalter füh-
ren [27]. Dies geschieht also zu Beginn
einer Entwicklungsphase, in der emotio-
nal-soziale Schwierigkeiten einen großen
Risikofaktor für soziales und schulisches
Lernen darstellen (für einen Überblick zur
physiologischen Wirkung von Luftschad-
stoffen vgl. [22]).                            die Klimakrise kann auf Dauer und ohne        Ein relativ neuer Begriff, der eng mit
                                               wirksame Ventile zu signifikanten psy-        Desillusionierung verbunden ist, ist je-
Aber auch somatische Erkrankungen,             chischen Beeinträchtigungen führen.           ner der Solastalgie, eine Wortneuschöp-
wie durch eine geringere Luftqualität in-                                                    fung, die Nostalgie, Trostlosigkeit und
folge der Klimakrise begünstigte Allergi-      In der 18. Shell-Jugendstudie benann-         Sehnsucht nach Trost vereinen soll –
en oder allergisches Asthma, sind nicht        ten junge Menschen zwischen 12 und            eine besondere Form von ökologischem
nur in ihren physischen Folgen zu be-          25 Jahren die Umweltverschmutzung             Kummer [32]. Dieses stressauslösende
trachten, sondern bergen ebenso Risiken        als ihre Hauptsorge – und 65 % machten        Gefühl des unwiederbringlichen Verlusts
für das psychische Wohlbefinden, nicht         sich Sorgen wegen der Erderhitzung [2].       von etwas, das mitunter noch (in Teilen)
zuletzt durch den damit verbundenen            Umwelt- und Klimaschutz gehört für jun-       da oder zumindest noch nicht so lange
Verlust an Lebensqualität [14].                ge Menschen zu den wichtigsten Proble-        verloren ist, betrifft v. a. umweltverbun-
                                               men unserer Zeit [5].                         dene Menschen und Gemeinschaften.
Ständige Sorge ums Klima                                                                     Dies ist vielleicht ein Grund dafür, warum
kann psychische Folgen haben                   Eine sorgenvoll-ängstliche Reaktion kann      dieser Begriff sich hierzulande im öffent-
                                               mit Blick auf das Ausmaß der Klimakrise       lichen Diskurs noch nicht ebenso stark
Und es gibt noch weitaus mehr Möglich-         durchaus als adaptiv angesehen wer-           durchgesetzt hat, wie jener der „Klima-
keiten, wie die Klimakrise sich auf die        den, da sie zu entschlossenerem Klima-        angst“.
psychische Gesundheit niederschlagen           schutzverhalten motivieren kann [30].
kann: Direkt erlebte Extremwettereig-          Insbesondere Empörung bzw. Wut über           Psychische Überlastung
nisse können z. B. zu posttraumatischen        mangelnden Klimaschutz können hier die        versus Selbstwirksamkeit
Belastungssymptomen, Suizidalität oder         Brücke zur Handlung schlagen (vgl. [38]).
Aggressionen führen; und psychische            In der Auseinandersetzung mit der schier      Die Klimakrise wird in Form verschie-
Beeinträchtigungen können auch indi-           unfassbaren Größe des Problems und            dener, seriell oder parallel auftretender
rekte Folge von Erscheinungsformen             mit der Notwendigkeit eines weitgehen-        „kleinerer“ Krisen – z. B. in Form von Pan-
der Klimakrise, z. B. durch Mangelernäh-       den und tiefgreifenden Wandels ökono-         demien, Naturkatastrophen, Verlust von
rung, häusliche Konflikte, anhaltende          mischer und sozialer Beziehungsweisen         Lebensräumen etc. – immer stärker zu-
Unsicherheit, chronischen Stress, Migra-       kann es jedoch auch zu Enttäuschung           tage treten. Emotionale Reaktionen wie
tionserfahrungen, Verlust von Angehöri-        und Frustration kommen. In einer Studie       Ängste und Sorgen werden deshalb auch
gen etc. sein [36]. Und diese sekundäre        der FU Berlin mit über 2500 deutschen         in Mitteleuropa eine zunehmende Rolle
psychische Belastung kann sich wieder-         Jugendlichen und jungen Erwachsenen           spielen. Noch ungeklärt und im Verlauf
um längerfristig auf die Entwicklung und       gaben 50 % der Befragten an, dass ihnen       der nächsten Jahrzehnte zu beantwor-
psychische Gesundheit auswirken (vgl.          Nachhaltigkeit zwar wichtig ist, sie je-      ten ist die Frage, welche Auswirkungen
[9, 42]). Und selbst die alleinige kognitive   doch gleichzeitig desillusioniert und pes-    die kognitive Beschäftigung mit einer
Beschäftigung mit der Bedrohung durch          simistisch auf die Zukunft schauen [14].      solchen chronischen, endlos erscheinen-
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den und die Kräfte einzelner Menschen           Im     psychotherapeutischen      Setting    gungskompetenzen) und soziale Risi-
deutlich übersteigenden Krise und einer         nimmt die Klimakrise in Deutschland          kofaktoren   (z. B.   Lebensverhältnisse,
chronisch      pessimistischen    Zukunfts-     nach eigenen Erfahrungen noch wenig          sozioökonomischer Status) sowie deren
vorstellung auf die Psyche und Persön-          Raum ein: Das Thema „Klimasorgen“            Interaktion zu beachten. Kontextuelle
lichkeitsentwicklung heranwachsender            ist dabei eines unter vielen Themen, mit     Belastungsfaktoren können solche Risi-
Menschen haben wird.                            denen sich ängstliche oder depressive        kofaktoren sowohl physisch (z. B. Verlet-
                                                Patientinnen und Patienten auseinander-      zung durch Unfälle, materielle Schäden
Von vergangenen und gegenwärtigen               setzen. Mit Blick auf Erfahrungen aus an-    durch Unwetter, Virusinfektion) als auch
Krisen ist bekannt, dass diese mit hö-          deren Ländern (vgl. z. B. [43]) und zuneh-   psychosozial (z. B. Trauma nach Unwet-
heren Prävalenzen für Depressionen,             mend spürbaren Klimafolgen in Deutsch-       ter, emotionaler Stress durch Verlust von
Angststörungen und Suizidalität einher-         land ist jedoch von einer Zunahme kli-       Angehörigen, Entwicklungsrisiken durch
gehen können (z. B. Corona-Pandemie:            maassoziierter psychischer Belastungen       Schulausfall) verstärken.
[34, 35] oder Wirtschaftskrisen: z. B.          in den nächsten Jahren und einem damit
[40]). Darüber hinaus ist in Krisenzei-         einhergehenden Anstieg therapeutischer       Menschen, die Krisen und deren konkrete
ten im Zuge stressauslösender Gefühle           Anfragen auszugehen. Insbesondere im         Stressoren erfolgreich meistern, werden
wie Ängsten und Unsicherheit mit einer          Klimaschutz engagierte Menschen sind         als resilient bezeichnet. Resilienzförder-
Zunahme an Prozessen der Realitäts-             hier sensibilisiert und vulnerabel, dies     liche Ressourcen finden sich wiederum
verweigerung zu rechnen – wie z. B. der         zeigt sich z. B. in der Resonanz für das     auf der biologischen, sozialen und psy-
Glaube an Verschwörungserzählungen,             Beratungsangebot der Psychologists/          chischen Ebene. Dabei ist zwischen rela-
die einer schwer fassbaren Lage eine            Psychotherapists for Future [33, 44].        tiv stabilen Schutzfaktoren (z. B. Famili-
nachvollziehbare Bedeutung geben und                                                         enkonstellation, genetische Disposition)
die wahrgenommene Kontrolle erhöhen             Ausblick: Klimaresilienz                     und dynamischeren Resilienzmechanis-
können [41].                                                                                 men zu unterscheiden [17]. In der Arbeit
                                                Die vielen systemischen Verschachte-         mit jungen Menschen sind v. a. solche
Generell sind Kontrollerleben und Selbst-       lungen und Wirkungspfade lassen es gar       psychosozialen Resilienzmechanismen
wirksamkeit wichtige individuelle Res-          nicht zu, alle gesundheitlichen Folgen       von Interesse, die durch Lernen veränder-
sourcen in Krisen. Sie geben uns das            der Klimakrise im Detail abzuschätzen,       bar sind [29]; die es ermöglichen, dass
Gefühl, nicht nur Spielball äußerer Um-         weder die körperlichen noch die psychi-      Krisen nicht nur negative Auswirkungen
stände zu sein und etwas (wirksam) tun          schen – und am ungenauesten wird sich        mit sich bringen, sondern auch Entwick-
zu können. Doch selbst bei jenen jungen         in Modellen wohl die Lebenszeitperspek-      lungschancen.
Menschen, die ein hohes Maß an Selbst-          tive abbilden lassen. Nichtsdestotrotz
wirksamkeit in der Klimakrise an den Tag        muss ein Umgang damit gefunden wer-          Mit Blick auf die historische Dimension
legen, die sich z. B. bei den Fridays for Fu-   den. Deshalb sollten künftig noch stärker    der Klimakrise unterscheiden wir eine
ture engagieren, sind mit der Zeit psychi-      jene Ressourcen in den Blick genommen        adaptive und eine transformative Di-
sche Überlastungserscheinungen oder             werden, die es Menschen ermöglichen,         mension von Resilienz, sowohl auf der
Demotivation zu befürchten bzw. zu be-          Krisen gesund zu bewältigen.                 individuellen Ebene als auch auf der Ebe-
obachten, insbesondere dann, wenn die                                                        ne von Gruppen und Systemen ([30; vgl.
politischen Erfolge auszubleiben schei-         Ein bewährtes Konzept ist jenes der          Abb. 1). Denn das Anthropozän mit sei-
nen (vgl. z. B. [44]). Umso wichtiger ist       Resilienz, das einen dynamischen An-         nen menschengemachten Umweltkrisen
die Partizipation in Gruppen, da sie zum        passungs-     und    Entwicklungsprozess     erfordert eine doppelte Resilienzanstren-
einen die (wahrgenommene) Wirksam-              in   Interaktion    zwischen   Individuum    gung:
keit durch kollektives Handeln erhöht           und kontextuellen Belastungsfaktoren         ❙ erstens, angesichts der bereits auftre-
(vgl. [11]); zum anderen ist der Anschluss      beschreibt [12]. Nach dem biopsycho-           tenden Krisen gesund zu bleiben (ad-
an eine Gruppe eine wichtige soziale Res-       sozialen Modell menschlicher Gesund-           aptive Resilienz), und,
source, um drohender Überforderung mit          heit sind dabei aufseiten des Indivi-        ❙ zweitens, sich an gesellschaftlichen
den emotionalen Konsequenzen der Be-            duums biologische (z. B. genetische            Transformationsprozessen zu betei-
drohung durch die Klimakrise psychisch          Disposition, Körperfunktionen), psychi-        ligen und diese bewältigen zu können
adaptiv begegnen zu können [30].                sche (z. B. Verhaltensmuster, Bewälti-         (transformative Resilienz).
Pädiatrische Allergologie » 03 / 2021 » Umweltmedizin                 63

  Abbildung. Vier-Felder-Modell zur Klimaresilienz (Beispiel Schule)

                                                                   Adaptive Resilienz                                Transformative Resilienz
                                                                 (Kapazität, sich an die Folgen                   (Kapazität, an transformativen Prozessen
                                                                 der Erderhitzung anzupassen:                           zur Eindämmung der Klimakrise
                                                            „gesund und handlungsfähig bleiben“)                     teilzuhaben und diese zu bewältigen)

          Individuelle Ebene                                 Kompetenzen entwickeln,                                         Kompetenzen
                 (Resilienz                               Stresssituationen zu reflektieren                          zur Problemlösung entwickeln
        als psychosoziale Ressource                     und angemessen auf sie zu reagieren                                  und erproben;
              zur Bewältigung                                  (z. B. Selbstregulation,                            schulische Angebote mitgestalten
          von Belastungsfaktoren)                                Stressbewältigung)                                      (p Selbstwirksamkeit)

            Kollektive Ebene                                Unterrichtsformen und -inhalte,                                  Lokale Behörden
          (Resilienz als Ressource                              die bei der Entwicklung                                ermöglichen Schulprojekte
         von Gruppen, Institutionen                        adaptiver Resilienzmechanismen                             für nachhaltigen öko-sozialen
           und sozialen Systemen                                     unterstützen                                        Wandel in der Gemeinde
           zur Krisenbewältigung)                            (z. B. Umgang mit Gefühlen)                                (p kollektive Wirksamkeit)

  Vier-Felder-Modell zur Klimaresilienz am Beispiel von Klimabildung und Resilienzentwicklung in der Schule (nach Peter et al., im Druck). Das Modell ist als praxis-
  orientiertes Hilfsmodell zur Gestaltung von Resilienzplänen für verschiedene Ebenen der Gesellschaft und verschiedene Bereiche des Zusammenlebens zu ver-
  stehen. Für jedes der Felder können Ansätze zur Stärkung psychosozialer Resilienzmechanismen entwickelt werden. Die einzelnen Felder sind eng miteinander
  verbunden und sollten immer in Bezug zueinander gesehen werden.

                                                                                                                Copyright: Psychologists for Future (Lizenz: CC BY-SA)

Neben individuellen Resilienzmechanis-                  sein, dass sie auch in Krisenzeiten ihren
                                                                                                                     Dr. Felix Peter …
men, wie z. B. emotionalen und sozialen                 Aufgaben nachkommen können. Gleich-
Kompetenzen         sowie      Selbstwirksam-           zeitig sollten sie sich stärker zu Orten                     … ist Dipl.-Psych. und arbeitet als Schul­
keitsüberzeugungen, werden kollektive                   entwickeln, an denen psychosoziale Re-                       psychologe in Sachsen-Anhalt. Er ist Mitglied

Resilienzfaktoren, wie etwa eine verbes-                silienzmechanismen             gezielt     gestärkt          im Presse-Team der Psy4F (Psychologists for
                                                                                                                     Future) sowie in der Arbeitsgruppe „Psycho­
serte    (gesundheitliche)        Versorgungs­          werden (vgl. [30], Abb.) und transforma-
                                                                                                                     logie & Klima“ im Berufsverband Deutscher
infra­
     struktur (z. B. [25]) und Möglich-                 tives Lernen stattfindet [15]; sei es z. B.                  Psychologinnen und Psychologen (BDP).
keiten zu Partizipation und politischer                 durch die Förderung von Reflexionsfä-
Teilhabe, wichtige Bausteine zur Gesund­                higkeiten und Handlungskompetenzen
                                                                                                                     Katharina van Bronswijk …
erhaltung der Bevölkerung sein (vgl. z. B.              oder durch konkrete Partizipationsange-
[10]). Wie entscheidend solche Faktoren                 bote, die individuelle und kollektive Wirk-                  … ist Psychologin, als Psychologische Psy-
auf der Systemebene sind, zeigen die                    samkeitserfahrungen ermöglichen. Ge-                         chotherapeutin in der Lüneburger Heide

Auswirkungen         der    Corona-Pandemie             lingt zudem der Transfer aus dem schu-                       niedergelassen und als Dozentin tätig. Seit
                                                                                                                     April 2019 ist sie Sprecherin der Psy4F, pub-
sehr deutlich, z. B. auf die Gesundheits-               lischen in den gesamtgesellschaftlichen
                                                                                                                     liziert und hält Vorträge zur Psychologie der
versorgung oder das Bildungssystem.                     Kontext, können Bildungseinrichtungen                        Klimakrise.
                                                        zu entscheidenden Institutionen zur Ein-
Für Kinder und Jugendliche ist v. a. ein                dämmung der Klimakrise und anderer
                                                                                                                     Für Rückfragen:
resilientes und resilienzförderndes Bil-                ökologischer Krisen sowie zur Unterstüt-
dungssystem        essenziell:      So     sollten      zung erforderlicher gesellschaftlicher                       presse@psychologistsforfuture.org
Schulen so ausgestattet und konzipiert                  Transformationsprozesse werden.
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                                                                                                                            gists/Psychotherapists for Future. 2021 E https://
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  COVID-19-Pandemie als Herausforderung für die psy-           kindsein-in-zeiten-von-corona-studienergebnisse.
                                                                                                                            Germany: Results of a Two-Wave Nationally Repre-
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                                                                                                                            Gesundheit und psychische Belastungen von Kin-
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