DIE LINKE in der Bürgerschaft: Unsere Anträge vom 12. Juli

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DIE LINKE in der Bürgerschaft: Unsere
Anträge vom 12. Juli

Am 12. Juli tagt wieder die Hamburgische Bürgerschaft. Diesmal fordert DIE
LINKE, dass der Senat eine ehrliche Bilanz des G20-Gipfels vorlegt – außerdem
unterstützen wir, gemeinsam mit anderen Fraktionen, eine Bewerbung Hamburgs
um den EuroPride 2020.

Zur Bürgerschaftssitzung am 12. Juli wird der G20-Gipfel eine knappe Woche
her sein. Schon im Vorfeld zeichnete sich ab, dass die Entscheidung, den
Gipfel in die Freie und Hansestadt Hamburg zu holen, zu massiven
Einschränkungen für viele Bürger_innen unserer Stadt, zu Schließungen von
Bildungseinrichtungen, zu Einnahmeausfällen für Gewerbetreibende, zu immensen
Kosten für die Stadt und zu Einschränkungen des Demonstrationsrechts führen
wird.

Notwendig ist eine ehrliche Bilanz des Hamburger Senates über den G20-Gipfel
in Hamburg, seinen möglichen Nutzen, vor allem aber auch zu seinen realen
Kosten für die Freie und Hansestadt Hamburg und ihre Bewohnerinnen und
Bewohner. Der Umgang mit dem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit, von der
Verweigerung notwendiger Kooperationsgespräche mit Demo-Anmelder_innen über
die 38 Quadratkilometer große Demo-Verbotszone bis hin zu dem Streit um das
Heiligengeistfeld, ist ebenfalls auszuwerten.

WAS FORDERT DIE LINKE?

Der Senat wird aufgefordert…

 1. zu berichten, wie viele Polizeibeamt_innen jeweils aus welchen regulären
    Einheiten und welchen Sondereinheiten während des Gipfels in Hamburg im
    Einsatz waren (aufgeschlüsselt nach Polizist_innen aus Hamburg, anderen
    Bundesländern und Polizeikräften aus dem europäischen Ausland) und
    welche Kosten dadurch im Einzelnen dem Bund, gegebenenfalls den Ländern
    sowie der Stadt Hamburg entstanden sind;
 2. zu berichten, wie vielen ausländischen Sicherheitskräften Genehmigungen
    zum Tragen von Schusswaffen erteilt wurden (aufgeschlüsselt nach den
    einzelnen Staaten);
 3. offenzulegen, wie viele und welche Amtshilfeersuchen es an die
    Bundeswehr gab, wie viele Bundeswehrsoldat_innen, welche Einheiten und
    welche Bun- deswehreinsatzmittel /-equipments zu welchem Zweck an
    welchem Ort, zu welcher Zeit und auf welcher Rechtsgrundlage während des
    G20 eingesetzt wurden;
 4. offenzulegen, welche Veranstaltungen mit Demonstrations- oder
    Veranstaltungscharakter während der Gipfeltage verboten worden sind;
 5. offenzulegen, wie viele Demonstrant_innen zu welchem Zeitpunkt und unter
    welchen Vorwürfen für welche Dauer in Sicherheitsgewahrsam genommen
    beziehungsweise verhaftet worden sind, wie viele davon sich gegenwärtig
noch in Untersuchungshaft befinden und in welche Haftanstalten diese aus
    den Gefangenensammelstellen verlegt worden sind

 6. offenzulegen, wie viele Platzverweise, Durchsuchungen, Feststellungen
    der Personalien es in der 38 Quadratkilometer großen
    Versammlungsverbotszone gab;
 7. offenzulegen, wie viele Leicht- und Schwerverletzte bei Polizei,
    Demonstrant_innen und Unbeteiligten zu beklagen sind;
 8. offenzulegen, an welchen öffentlichen oder allgemein zugänglichen
    Plätzen und Orten die (Video-)Überwachung (temporär) ausgeweitet wurde
    und welche groß angelegten Überwachungsmaßnahmen in welchen Stadtteilen
    aus der Luft stattgefunden haben;
 9. zu berichten, welche realen Kosten durch den G20-Gipfel insgesamt
    entstanden sind und wie viel davon auf den Hamburger Haushalt entfällt;
10. offenzulegen, welche Schulen, Kitas und sonstige Bildungseinrichtungen
    auf- grund des Gipfels geschlossen werden mussten oder Unterrichts-
    beziehungs- weise Betreuungsausfälle zu verzeichnen hatten;
11. offenzulegen, welche Einnahmeausfälle den Hamburger Gewerbetreibenden
    entstanden sind, ob von ihnen Schadenersatzforderungen erhoben wurden
    und inwieweit eine Entschädigung geleistet wird;
12. offenzulegen, welche Ausfälle bei den Hamburger Verkehrsunternehmen zu
    verzeichnen waren und wie viele Menschen davon betroffen waren;
13. zu den Punkten 1. bis 12. der Bürgerschaft bis zum 31.10.2017 zu
    berichten.

Bürgerschaft und Senat setzen sich seit vielen Jahren engagiert für die
Rechte und die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und
Intersexuellen (LSBTI) ein. Dazu gehörte unter anderem das 1999 von der
Bürgerschaft beschlossene Gesetz über die Eintragung gleichgeschlechtlicher
Partnerschaften (Drs. 16/2297), die soge- nannte Hamburger Ehe. 2007 wurde in
der Bürgerschaft das Gesetz zur Anpassung des Hamburgischen Landesrechts an
das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes beschlossen (Drs. 18/5321). Zu
Beginn der 21. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft wurde die
Entwicklung eines Aktionsplans zur Akzeptanz und Anerkennung der
geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt vereinbart, dessen erster Entwurf
bereits in der 20. Legislaturperiode in der Behörde für Justiz und
Gleichstellung erfolg- te. Für die Erarbeitung des Aktionsplans wurde durch
die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG) ein
umfangreicher Beteiligungsprozess initiiert, den viele Akteurinnen und
Akteure der LSBTI-Community eng begleitet haben. Im Januar 2017 erfolgte dann
die Präsentation des vom Senat beschlossenen Aktionsplans, der elf
Handlungsfelder mit 90 konkreten Einzelmaßnahmen umfasst (Drs. 21/7485).
Dieser Plan wird auch in Zukunft weiter entwickelt.

Da sich die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) seit jeher als weltoffene,
liberale und tolerante Stadt versteht, erfolgte im Juli 2016 der Beitritt zum
internationalen Rainbow-City-Netzwerk, dem zum Beispiel auch die Städte Wien,
Amsterdam, Madrid,
Berlin und München angehören. Im Rahmen dieses Netzwerks verpflichteten sich
die Partnerstädte, somit auch Hamburg, sich für eine aktive LSBTI-
Gleichstellungspolitik zu engagieren und LSBTI-Themen in ihre allgemeine
städtische strategische Ausrichtung einzugliedern. Darüber hinaus unternehmen
Bürgerschaft und Senat vielfältige Anstrengungen, um LSBTI-Geflüchtete, die
zu der Gruppe besonders Schutzbedürfti- ger gehören, angemessen
unterzubringen und entsprechende Beratung zu gewährleisten (siehe Drs.
21/3310 und 21/7993).

Insbesondere die aktuellen Geschehnisse in Europa fordern dazu auf, dass die
Freie und Hansestadt Hamburg, die sich intensiv für die Rechte von LSBTI
engagiert und sich gegen Diskriminierung und Homo-, Bi- und Transphobie
stellt, diese Werte auch europaweit transportiert und sich deshalb um die
Ausrichtung des EuroPride 2020 bewerben sollte. Das Jahr 2020 bietet sich
mehr als jedes andere an, denn dann feiert der Hamburger Christopher Street
Day (CSD) sein 40. Jubiläum.

Der CSD findet seit 1980 in der Freien und Hansestadt Hamburg statt und setzt
jährlich mit seinen Kundgebungen und Demonstrationsparaden ein Zeichen für
die Akzep- tanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und protestiert gegen
die Diskriminierung sowie Ausgrenzung von LSBTI. 2016 stand der CSD in
Hamburg unter dem Motto „Normal ist, wer Menschen achtet!“, ein Leitspruch,
der weit über die Anliegen der LSBTI-Community hinausgeht. Damit appellierte
der CSD, die Menschen in ihrer Viel- falt zu akzeptieren – unabhängig davon,
welchen ethnischen, kulturellen oder religiösen Hintergrund sie haben und
unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. Darüber
hinaus stellt der CSD jedes Jahr einen Forderungskatalog für die Politik auf.
2016 gehörten zum Beispiel eine menschenwürdige Behandlung und Unterbringung
von LSBTI-Geflüchteten in Hamburg, die Entschädigung und bundesweite
Rehabilitierung der nach § 175 verurteilten Homosexuellen sowie die Öff- nung
der Ehe und das volle Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare zu den
Forderungen.

Zum CSD (auch „Hamburg Pride“ genannt) gehört ein vielseitiges
Veranstaltungsprogramm, das innerhalb der Pride-Week stattfindet: die
Verleihung des Pride-Award, die CSD-Parade, Vorträge, Lesungen, Info-
Veranstaltungen, ein Straßenfest und zahlreiche Partys. Die Pride-Week in
Hamburg gewinnt jährlich an Besucherinnen und Besu- chern dazu und ist eine
überregional gefragte Veranstaltung. So nahmen 2016 rund 150.000
Besucherinnen und Besucher die Angebote der Pride Week und des CSD wahr. Ein
europaweit ausgerichteter CSD in Hamburg, der EuroPride, würde die Han-
sestadt, die bereits jetzt schon als weltoffene Stadt ein beliebtes
touristisches Ziel der LSBTI-Community ist, noch bekannter machen und als
Destination – nicht nur bei der Community – fest etablieren.

Das 40-jährige CSD-Jubiläum in Hamburg im Jahr 2020 ist ein denkwürdiger
Anlass, um den EuroPride in der Hansestadt auszurichten. Der EuroPride steht
für ein vielfäl- tiges und solidarisches Europa und sorgt für Begegnung,
Austausch sowie gegensei- tiges Lernen und leistet einen wichtigen Beitrag
für den Zusammenhalt in Europa. Neben der politischen Parade ist die
Ausrichtung einer internationalen Menschenrechtskonferenz fester Bestandteil
des EuroPride und für die Ausrichterstadt obligatorisch. Auch wird der
EuroPride in der Regel nur an Städte vergeben, die über eine erfahrene
Community und über Pride-Veranstalter mit entsprechender Infrastruktur
verfügen, um die politische Relevanz der Veranstaltung zu gewährleisten sowie
die entsprechende öffentliche Wirkung sicherzustellen. Hamburg hatte sich
bereits erfolgreich um die Ausrichtung des EuroPride 2004 beworben und sich
damit als geeignete Ausrichterstadt der Veranstaltung präsentiert.

In Hamburg richtet der Verein Hamburg Pride e.V., der 2003 gegründet und 2010
als gemeinnützig anerkannt wurde, seit 2003 den jährlichen CSD aus. Der
Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die in der Öffentlichkeit bestehenden
Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- oder
Intersexuellen abzubauen und die volle rechtliche Gleichstellung dieser
Gruppen in allen Lebensbereichen zu för- dern. Hamburg Pride e.V. hat im
Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens bei der European Pride Organisers
Association (EPOA), die Lizenzgeber des EuroPride ist, einen Letter of Intent
(LOI) eingereicht. Ein erster Entwurf eines Konzepts für die Gestaltung einer
EuroPride-Week in Hamburg ist bereits von Hamburg Pride e.V. erstellt worden.

Die EPOA wurde 1991 gegründet und ist das europaweite Netzwerk sowie die
Inte- ressenvertretung der lokalen Pride-Veranstalter. Die EPOA setzt sich
für die Stärkung der Rechte von LSBTI auf gesamteuropäischer Ebene ein, sie
unterstützt die lokalen Pride-Organisatoren bei ihrer Arbeit sowie
Veranstaltungsplanung, sie vernetzt die verschiedenen Organisationen
miteinander und organisiert jährliche Treffen mit Mit- gliederversammlungen
und Workshops.

Für die Ausrichtung des EuroPride 2020 fallen laut Veranstalterangaben
Gesamtkos- ten in Höhe von 997.000 Euro an. Der Veranstalter Hamburg Pride
e.V. wird laut Budgetplanung durch Sponsorengelder, Einnahmen aus
Gastronomie, Standmieten des Straßenfestes, Eintrittsgeldern für die
verschiedenen Events sowie einem Eigenanteil des Vereins insgesamt 497.000
Euro der Gesamtkosten einbringen. Die weiteren Mittel in Höhe von 500.000
Euro sollen, verteilt auf die Jahre von 2018 bis 2020, von der Freien und
Hansestadt Hamburg eingebracht werden. Die Mittel sollen für die
Menschenrechtskonferenz, Werbekampagnen, ein Magazin, das Pride Village, das
Straßenfest und verschiedene Festivitäten verwendet werden.

Die Durchführung in Hamburg ist eine gute Möglichkeit, die gesellschaftlichen
und politischen Anliegen von LSBTI-Personen einer breiteren Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Zielsetzung des
Aktionsplans für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt zu befürworten. Mit
dem Aktionsplan soll die Thematik in allen gesellschaftlichen Bereichen
verankert werden.

Mit dem EuroPride 2020 in Hamburg kann sich die Stadt der europäischen
Öffentlich- keit auch als „Tor zur Welt“ für LSBTI präsentieren und sich
damit für ein freies und tolerantes Europa einsetzen, das sich der Wahrung
der Menschenrechte verpflichtet sieht.

Die Bürgerschaft möge beschließen…
Der Senat wird ersucht,

 1. die Bewerbung Hamburgs um den EuroPride 2020 zu unterstützen,
 2. im Falle einer erfolgreichen Bewerbung und damit eines Zuschlags für den
    EuroPride 2020 im Jahr 2018 der Bürgerschaft zu gegebener Zeit einen
    Finanzie- rungsvorschlag zu unterbreiten,
 3. gemeinsam mit dem Veranstalter Hamburg Pride e.V. und dem Bezirk Mitte
    darauf hinzuwirken, dass die Veranstaltung EuroPride 2020 außerhalb der
    Schul- ferien stattfindet, um allen Hamburgerinnen und Hamburgern eine
    Teilnahme an dieser Veranstaltung zu ermöglichen, und
 4. der Bürgerschaft bis zum 31.12.2017 über die Möglichkeiten der
    Unterstützung zu berichten.

Fotos: Fraktion DIE LINKE / DLG Images/Flickr (CC BY 2.0)
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